
Wir haben heute Morgen einen wunderschönen roten Faden, der sich durch den Gottesdienst zieht. Diesen Faden hatten wir so nicht geplant, aber wir wissen, dass Gott alles in seiner Hand hält.
Heute Morgen haben wir bereits von Johannes gehört und möchten uns nun den dritten Johannesbrief anschauen. Ihr könnt ihn gerne schon einmal aufschlagen.
Vorhin haben wir von meinen Schwiegereltern eine herzliche Einladung an alle gehört. Jeder ist eingeladen, nach Budapest zu kommen, um sie zu besuchen. Allerdings nicht alle auf einmal – danke, Michael. Das wäre, glaube ich, gut für sie, wenn nicht alle gleichzeitig kämen.
Was sehen wir hier? Wir sehen Gastfreundschaft, und das ist das Thema des dritten Johannesbriefes oder zumindest ein wesentliches Thema: Gastfreundschaft. Und...
Ich möchte mit ein paar Fragen beginnen, bevor wir gemeinsam den Brief lesen. Wie sieht für dich persönlich Gastfreundschaft aus? Würdest du dich selbst als gastfreundlich bezeichnen? Wenn ja, wann hast du das letzte Mal jemanden bei dir zu Hause aufgenommen?
Ab wann gilt für dich jemand als gastfreundlich? Wie viele Personen muss jemand im Monat bei sich zu Hause haben, damit er als gastfreundlich gilt? Gibt es vielleicht jemanden in deinem Umfeld, von dem du sagst: „Der ist einfach gastfreundlich, da bin ich gern bei ihm, da fühle ich mich wohl. Er ist ein guter Gastgeber.“?
Was macht diese Person zu einem guten Gastgeber? Was zeichnet in deinen Augen echte Gastfreundschaft aus? Was kennzeichnet wahre Gastfreundschaft?
Der dritte Johannesbrief wird von Johannes an einen Mann namens Gaius geschrieben, der überall für seine Gastfreundschaft bekannt ist. Die Fragen, die wir uns stellen möchten, sind: Was macht ihn zu einem so gastfreundlichen Menschen? Und warum schreibt Johannes einen Brief an einen Mann, der bereits gastfreundlich ist, um ihn dazu aufzufordern, gastfreundlich zu bleiben?
Warum also schreibt Johannes diesen Brief? Was macht die Gastfreundschaft von Gaius so besonders?
Wir möchten gemeinsam den ganzen Brief lesen. Es sind nur fünfzehn Verse, der dritte Johannesbrief, und darin heißt es:
Der Älteste! Dem geliebten Gaius, den ich in der Wahrheit liebe.
Geliebter, ich wünsche, dass es dir in allem wohlgeht und du gesund bist, so wie es deiner Seele wohlgeht. Denn ich habe mich sehr gefreut, als Brüder kamen und Zeugnis ablegten von deinem Festhalten an der Wahrheit, wie du in der Wahrheit wandelst.
Ich habe keine größere Freude als diese, dass ich höre, dass meine Kinder in der Wahrheit wandeln.
Geliebter, treu tust du, was immer du an den Brüdern tust, und zwar an Fremden, die von deiner Liebe Zeugnis abgelegt haben vor der Versammlung. Du wirst gut daran tun, wenn du sie auf eine gotteswürdige Weise leitest, denn für den Namen sind sie ausgegangen und nehmen nichts von denen aus den Nationen.
Wir nun sind schuldig, solche aufzunehmen, damit wir Mitarbeiter der Wahrheit werden.
Ich schrieb etwas an die Versammlung, aber Diodrephes, der gern unter ihnen der Erste sein will, nimmt uns nicht an. Deshalb, wenn ich komme, will ich an seine Werke erinnern, die er tut, indem er mit bösen Worten gegen uns schwatzt. Und sich hiermit nicht begnügend, nimmt er die Brüder nicht an und wehrt auch denen, die es wollen, und stößt sie aus der Versammlung.
Geliebter, ahme nicht das Böse nach, sondern das Gute.
Wer Gutes tut, ist aus Gott; wer Böses tut, hat Gott nicht gesehen.
Dem Demetrios ist Zeugnis gegeben worden von allen und von der Wahrheit selbst. Aber auch wir geben Zeugnis, und du weißt, dass unser Zeugnis wahr ist.
Ich hätte dir vieles zu schreiben, aber ich will dir nicht mit Tinte und Feder schreiben. Ich hoffe, dich bald zu sehen, und wir wollen mündlich miteinander reden.
Friede sei dir! Es grüßen dich die Freunde. Grüße die Freunde mit Namen.
Dieser Brief ist der letzte uns überlieferte Brief von Johannes im Wort Gottes. Er ist zugleich der letzte und kürzeste Brief von Johannes. Wahrscheinlich schrieb Johannes ihn gegen Ende seines Lebens, etwa um das Jahr 90 nach Christus, also kurz nach der Abfassung des Johannesevangeliums.
Der Brief ist, ähnlich wie der zweite Johannesbrief, einer der kürzesten Briefe im Neuen Testament. Beide haben im Griechischen weniger als 300 Wörter, was bedeutet, dass sie auf einem kleinen Blatt Papyrus Platz fanden. Man kann sich den Brief als eine Art Postkarte von Johannes an Gaius vorstellen.
Diese Parallele zum zweiten Johannesbrief endet hier jedoch nicht. Beide Briefe verfolgen eine ähnliche Richtung und haben im Wesentlichen dasselbe Thema im Fokus. Während der zweite Johannesbrief davor warnt, falsche Lehrer nicht aufzunehmen und keine Gastfreundschaft gegenüber denen zu zeigen, die etwas Falsches verkündigen, zeigt uns Johannes in diesem Brief einen Mann namens Gaius, der bereitwillig Prediger, Evangelisten und Missionare aufnimmt, die die Wahrheit verkündigen.
Johannes lobt Gaius für seine selbstlose Gastfreundschaft und fordert ihn gleichzeitig auf, diese auch weiterhin zu praktizieren. Damit richtet er auch eine Aufforderung an uns, seinem Beispiel zu folgen.
Im zweiten Teil des Briefes wird der Grund deutlich, warum Johannes Gaius schreibt: Er soll weiterhin gastfreundlich sein. Dennoch ist diese Aufforderung, so wichtig sie auch ist, nicht das Hauptthema des Briefes. Es ist ein wesentliches Thema, aber nicht das übergeordnete.
Welche Worte fallen euch vielleicht auf, die immer wieder in diesem Brief vorkommen? Es sind zwei Worte, die Johannes ständig in seinen Schriften verwendet: Wahrheit und Liebe. Wahrheit und Liebe.
Allein in den ersten drei Versen kommen beide Worte jeweils dreimal vor. Das Wort Wahrheit erscheint sieben Mal im Brief, der nur 15 Verse umfasst. Das Wort Liebe kommt sechs Mal vor. Diese beiden Begriffe sind die Schlüsselworte für diesen Brief.
Das Thema dieses Briefes ist allgemein formuliert: der Wandel in der Wahrheit, das Leben in der Wahrheit. Wie sich das im praktischen Leben zeigt, zum Beispiel in der Gastfreundschaft, wird ebenfalls thematisiert.
Die Formulierung „Wandel in der Wahrheit“ finden wir sowohl in Vers drei als auch in Vers vier. Dort lobt Johannes Gaius für eben diesen Wandel, für dieses Leben in der Wahrheit. Deshalb ist das auch das Thema für heute: Lebe in der Wahrheit, lebe in der Wahrheit.
Wir sehen in diesem Brief vier Vorbilder: drei davon sind Vorbilder für ein Leben in der Wahrheit, und auf der anderen Seite gibt es einen Mann namens Diotrephes, der ebenfalls ein Vorbild ist – allerdings für ein Leben fern der Wahrheit.
Zunächst sehen wir Johannes, einen vorbildlichen Leiter in der Wahrheit. Dann begegnen wir Gaius, einem selbstlosen Gastgeber in der Wahrheit. Weiterhin gibt es Diotrephes, einen herrschsüchtigen Leiter, der fern der Wahrheit lebt. Am Schluss des Briefes lesen wir außerdem von Demetrius, einem nachahmenswerten Diener in der Wahrheit.
Johannes selbst nennt sich in diesem Brief kein einziges Mal mit Namen. Er spricht niemals von sich als „Johannes“. Er beginnt, wie im zweiten Johannesbrief, mit den Worten „der Älteste“. Das bedeutet nicht nur, dass er alt ist, sondern bezieht sich auch auf seine Position als geistlicher Leiter und geistliche Autorität in der frühen Christenheit.
Er spricht von sich als „dem Ältesten“. Als letzter noch lebender Apostel – was Johannes zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich war – war er nicht einfach irgendein Ältester. Er war der Älteste, nicht irgendein Ältester irgendeiner Gemeinde.
Wenn Gaius diesen Brief öffnete und „Der Älteste an den geliebten Gaius“ las, wusste er sofort, von wem der Brief kam. Trotzdem zeigt sich hier auch die Demut von Johannes. Er beginnt seinen Brief nicht mit den Worten: „Hier ist Johannes, der letzte noch lebende Apostel Jesu Christi.“ Er nennt sich kein einziges Mal mit Namen, denn es geht nicht um ihn. Er steht nicht im Fokus.
In Vers 8 lesen wir: Als Johannes Gaius dazu auffordert, gastfreundlich zu sein, sagt er, dass wir es schuldig sind, solche aufzunehmen. Er stellt sich dabei auf dieselbe Ebene wie Gaius. Johannes kommt nicht von oben herab und sagt: „Ich bin jetzt hier der letzte noch lebende Apostel, und du hast bitteschön gastfreundlich zu sein.“ Nein, er nimmt sich selbst mit hinein und tritt nicht von oben herab auf.
Johannes ist ein vorbildlicher Leiter in der Wahrheit. Das sehen wir nicht nur an seiner Demut, sondern vor allem an seiner Liebe. Davon lesen wir in Vers 1, wo es heißt: „Der Älteste dem geliebten Gaius, den ich liebe in der Wahrheit.“ Mit „in der Wahrheit lieben“ meint Johannes nicht einfach nur, dass er Gaius wirklich liebt. Es ist keine bloße Bekräftigung, wie wir sie manchmal verwenden, wenn wir sagen: „Ich meine das wirklich so.“ Johannes spricht hier von einer Liebe, die untrennbar mit der Wahrheit verbunden ist.
Die Liebe, die Johannes meint, ist eine besondere Liebe, die Gläubige zu denen haben, die in der Wahrheit leben. Das heißt, zu denen, die in Christus sind, denn Jesus sagte: Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Diese Liebe ist eine Liebe um der Wahrheit willen.
Den Unterschied sehen wir deutlich, als Johannes auf Diotrephes zu sprechen kommt. Über Diotrephes kann er nicht sagen: „Ich liebe ihn in der Wahrheit.“ Nein, denn Diotrephes lebt nicht in der Wahrheit, im Gegensatz zu Gaius.
Diesen Unterschied erkennen wir auch im zweiten Johannesbrief. Dort fordert Johannes dazu auf, falschen Lehrern gegenüber nicht gastfreundlich zu sein und solche nicht aufzunehmen, die nicht die Wahrheit verkündigen.
Wahre Liebe ist also untrennbar von Wahrheit – und zwar von Gottes Wahrheit, wie sie in seinem Wort offenbart wird, wie sie im Evangelium sichtbar wird und wie sie in Christus lebendig wird. Liebe in Wahrheit ist eine Liebe, die in Christus wurzelt. Es ist eine Liebe zu denen, mit denen man in Christus verbunden ist, denn er ist die Wahrheit.
Und die Liebe von Johannes zeigt sich ganz praktisch in seinem Gebet für Gaius. Schaut mal in Vers 2, da heißt es: Geliebter, ich wünsche, dass es dir in allem wohlgeht und du gesund bist, wie es deiner Seele wohlgeht.
Dieses Wünschen ist nicht einfach nur eine Floskel. Es ist nicht einfach ein „Ja, ich hoffe, dir geht’s gut“. Nein, dieses Wünschen meint eigentlich ein betendes Wünschen. Es ist ein Wunsch für den anderen, den man ganz konkret im Gebet vor Gott bringt.
Das Gebet von Johannes für Gaius ist, dass es ihm gesundheitlich genauso gut geht, wie es ihm geistlich gut geht. Der geistliche Zustand von Gaius ist einwandfrei. Wir sehen das in seinem vorbildlichen Verhalten und in seinem Leben in der Wahrheit. Ihm geht es geistlich gesehen blendend. Sein neues Leben in Christus wird in seinem Leben sichtbar.
Also geistlich gesehen geht es ihm super, aber gesundheitlich offensichtlich nicht. Wir wissen nicht, was Gaius hat, aber ich denke nicht, dass das von Johannes hier einfach nur eine Floskel ist, dass er sich gesundheitliches Wohlergehen wünscht.
Deswegen ist der Wunsch und das Gebet von Johannes, dass es ihm gesundheitlich genauso gut geht, wie es ihm geistlich schon geht. Er möchte, dass sein leiblicher Zustand seinem geistlichen Zustand entsprechen soll.
Nun würden wir uns wünschen, dass unser körperlicher, gesundheitlicher Zustand unserer geistlichen Verfassung entspricht. Würdest du dich freuen, wenn jemand das für dich betet, was Johannes betet?
Es gibt einen englischen Pastor, der einmal zu diesem zweiten Vers schrieb: Es wäre nicht gut, wenn wir den Wunsch aus Vers zwei auf all unsere Freunde ausdehnen würden. Denn wenn ihre leibliche Verfassung ihrem geistlichen Zustand entsprechen würde, dann würden sie recht plötzlich krank werden.
Wie würde es dir also gehen, wenn dieser Wunsch von Johannes auf dein Leben zutreffen würde? Gleichzeitig müssen wir feststellen: Der leibliche Zustand ist keine direkte Folge des geistlichen Zustands.
Was bedeutet das technisch ausgedrückt? Unsere Beziehung zu Jesus hat keinen direkten Einfluss auf unsere Gesundheit. Natürlich kann Sünde dazu führen, dass wir krank werden. Das sehen wir zum Beispiel bei den Korinthern, wo Paulus ihnen das explizit sagt.
Sünde kann also dazu führen, dass wir gesundheitliche Probleme bekommen. Es kann, muss aber nicht so sein. Es ist keine zwingende Folge, und das sehen wir am Beispiel von Gaius. Wenn ein Christ krank ist, heißt das nicht automatisch, dass er einen schwachen Glauben hat oder in Sünde lebt.
Ich weiß, dass es einige Christen gibt, die der Meinung sind, der gesundheitliche Zustand sei eine direkte Folge des geistlichen Zustands. Das heißt, wenn ein Christ krank ist, muss er irgendwie in Sünde leben oder eine Sünde begangen haben. So haben die Pharisäer gedacht. Aber wie erklärt man dann den Zustand von Gaius?
Das Gleiche sehen wir übrigens auch bei Paulus, der von sich spricht, dass er einen „Pfahl im Fleisch“ hat, was vermutlich ein körperliches Leiden meint. Wir sehen das auch bei Epaphroditus im Philipperbrief, der todkrank wurde. Es war keine Folge davon, dass er in Sünde lebte, sondern er war ein Diener der Wahrheit.
Dasselbe sehen wir bei Gaius, der gesundheitlich angeschlagen war, obwohl es ihm geistlich sehr gut ging.
Bevor wir zu Johannes kommen, wollen wir noch einen weiteren Punkt betrachten, bei dem wir das Leben und den Wandel in der Wahrheit erkennen, wie Johannes es beschreibt. Dieses Leben zeigt sich in seiner Demut, seiner Liebe und seiner Freude in der Wahrheit.
Schauen wir in Vers 4: Dort heißt es: „Ich habe keine größere Freude als dies, dass ich höre, dass meine Kinder in der Wahrheit wandeln.“
Was wäre wohl deine größte Freude? Was würde dich mehr als alles andere erfreuen? Vielleicht ist es das neue Auto, der Erfolg bei der Arbeit oder der Wunsch, einen Partner zu finden. Was würde dir die größte Freude bereiten?
Wahrscheinlich würden wir bei Johannes etwas anderes erwarten. Vielleicht etwas wie: „Es gibt keine größere Freude für mich, als dass ein Mensch zum Glauben an Jesus kommt.“ Oder: „Es gibt keine größere Freude, als wenn ein Mensch sich zu Jesus bekehrt.“ Oder auch: „Es gibt keine größere Freude für mich, als wenn ein Mensch seinen Glauben in der Taufe bekennt.“ Vielleicht hätten wir so etwas erwartet. Doch warum lesen wir hier nichts davon?
Warum ist die größte Freude für Johannes nicht, wenn ein Mensch sich bekehrt? Warum ist es nicht die größte Freude, wenn jemand zum Glauben kommt? Warum schreibt er nicht: „Ich habe keine größere Freude als dies, dass ein Mensch sich taufen lässt, seinen Glauben bekennt und sich zu Jesus bekehrt“?
Jeder, der schon einmal miterlebt hat, wie ein Freund oder ein nahestehender Mensch scheinbar zum Glauben kommt, Buße tut, sein Leben Jesus übergibt und sich sogar taufen lässt, weiß, wie enttäuschend es sein kann, wenn dieser Mensch sich später wieder vom Glauben abwendet. Wenn er immer seltener in die Gemeinde kommt und schließlich nichts mehr von Jesus hören möchte.
Wer das erlebt hat, kann nachvollziehen, was Johannes hier schreibt. Die größte Freude ist nicht, dass ein Mensch seine Bekehrung bezeugt. Die größte Freude ist, dass das neue Leben, die Wiedergeburt, im Leben dieses Menschen sichtbar wird und aufblüht.
Das neue Leben, das Leben in der Wahrheit, zeigt, dass dieser Mensch aus Gnade errettet wurde. Ein Leben in der Wahrheit zeigt, dass dieser Mensch aus der Sklaverei der Sünde befreit wurde, dass er eins ist mit Christus, dass er in Christus ist und Christus in ihm.
Johannes hat miterlebt, dass sich manche Menschen von der Wahrheit abgewendet haben. Damit wurde deutlich, dass sie nie wirklich errettet waren. Im ersten Brief schreibt er: „Doch sie haben sich von uns getrennt, damit jedem klar würde, dass sie nie zu uns gehörten.“
Aber nicht so bei Gaius. Im Leben von Gaius wird das neue Leben in Christus sichtbar.
Ein Leben in der Wahrheit zeigt sich bei Gaius vor allem in seiner selbstlosen, selbstaufopfernden Liebe als Gastgeber. Gaius ist ein selbstloser Gastgeber, der in der Wahrheit lebt. Sowohl Vers 3 als auch Vers 4 bezeugen dies.
In Vers 3 heißt es: „Denn ich habe mich sehr gefreut, wieder diese Freude von Johannes, worüber als Brüder kamen und Zeugnis ablegten von deinem Festhalten an der Wahrheit, wie du in der Wahrheit wandelst.“ Wörtlich steht hier nicht, dass sie Zeugnis von deinem Festhalten an der Wahrheit geben, sondern: „Ich habe mich sehr gefreut, als Brüder kamen und deiner Wahrheit Zeugnis gaben.“ Sie gaben also Zeugnis von Gaius’ Wahrheit.
Wie ist das zu verstehen? Wie kann Johannes von „deiner Wahrheit“ sprechen? Ist es nicht Gottes Wahrheit, ist es nicht Gottes Evangelium? Was meint er also, wenn er von „deiner Wahrheit“ spricht?
Ich denke, es ist am besten so zu verstehen, wie David in Psalm 23, wenn er sagt: „Der Herr ist mein Hirte.“ Damit will er nicht sagen, dass er den Hirten gemacht hat oder dass es sein persönlicher Besitz ist. Vielmehr identifiziert er sich mit dem Hirten, vertraut ihm, folgt ihm und hat eine persönliche Beziehung zu ihm. Er hat den Hirten in sein Herz geschlossen.
Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen Psalm 23 zu kennen und den Hirten zu kennen. Es ist ein großer Unterschied zu sagen: „Der Herr ist ein Hirte, der gute Hirte“, oder zu sagen: „Der Herr ist mein Hirte.“
Auf ähnliche Weise kann Gaius sagen: „Es ist meine Wahrheit“, weil er sie glaubt, ihr vertraut und sie festhält. Es ist die Wahrheit von Gaius, genauso wie Jesus sein Jesus ist, genauso wie Jesus sein guter Hirte ist. Gaius hat diese Wahrheit, das Wort Gottes, Jesus, der selbst die Wahrheit ist, in sein Herz geschlossen.
Deshalb kann Johannes sagen: „Es ist seine Wahrheit.“ Es macht einen himmelweiten Unterschied, ob du einfach nur die Wahrheit kennst oder ob es deine Wahrheit ist – dass du persönlich daran glaubst und sie in dein Herz geschlossen hast. Wenn du von dir sagen kannst: „Das ist meine Wahrheit, ich persönlich glaube an Gottes Wahrheit, wie er sie in seinem Wort offenbart hat, ich habe sie in mein Herz geschlossen.“
Dann kannst du sagen: „Es ist mein Jesus.“ Jesus selbst sagt von sich, dass er die Wahrheit ist. Gaius kann das sagen, aber er kann nicht nur sagen: „Es ist meine Wahrheit.“ Es zeigt sich auch in seinem Leben.
Ihm wird nicht nur das Zeugnis ausgestellt, dass es seine Wahrheit ist, dass er die Wahrheit glaubt und sie in sein Herz geschlossen hat. Nein, er lebt und wandelt in dieser Wahrheit. Das heißt, er lebt nach dem, was Gott möchte.
Ein Leben in der Wahrheit ist ein Leben, das von dem bestimmt wird, was Jesus will. Ein Leben, das widerspiegelt – wenn auch niemals vollkommen – die Liebe Jesu. Und auch das sehen wir bei Gaius.
Schaut in Vers 6. Dort spricht Johannes von denen, die ihm von Gaius berichtet haben. Im ersten Teil heißt es, dass diese Brüder von der Liebe Gaius vor der Versammlung Zeugnis abgelegt haben. Also nicht nur Johannes selbst, sondern die ganze Gemeinde, in der Johannes diente – wahrscheinlich war es zu diesem Zeitpunkt die Gemeinde in Ephesus.
Hört dieses Zeugnis über Gaius! Nun stellt sich die Frage: Was sind das für Brüder, die Gaius dieses gute Zeugnis ausgestellt haben? Was meint Johannes damit?
Schaut in Vers 7. Dort ist von diesen Männern die Rede, die Gaius das gute Zeugnis ausgestellt haben. In Vers 7 heißt es: „Denn für den Namen sind sie ausgegangen“, und wir wissen, wer damit gemeint ist – für den Namen Jesu. Außerdem nehmen sie nichts von denen aus den Nationen an.
Was sagt uns das? Diese Männer sind ausgegangen beziehungsweise wurden ausgesendet, möglicherweise von der Gemeinde in Ephesus, in der Johannes diente. Ähnlich lesen wir das auch schon früher, nämlich dass Männer ausgesendet werden. In Apostelgeschichte 13 lesen wir von der Gemeinde in Antiochia: Wen senden sie aus? Sie senden Paulus und Barnabas aus. Die zwei besten Pferde im Stall senden sie aus, um das Evangelium zu verbreiten, als Missionare zu dienen, als Reiseprediger.
Auch als es bis auf Johannes keinen Apostel mehr gab und er der letzte Apostel war, führten die Gemeinden das sofort fort. Sie sandten Leute aus, Prediger wurden ausgesendet. Diese Prediger folgten dem Beispiel von Paulus, und das haben wir in Vers 7 gelesen: Sie nehmen keine Unterstützung von denen an, denen sie das Evangelium verkünden.
In Vers 7 heißt es: „Sie nehmen nichts von denen aus den Nationen“ oder „Sie nehmen nichts von den Heiden.“ Sie nahmen keine Unterstützung von denen an, die noch nicht an Jesus glaubten. Sie wollten das Evangelium kostenlos zur Verfügung stellen. Sie nahmen keine materielle oder finanzielle Unterstützung von denen, denen sie das Evangelium brachten.
Und genau hier kommt Gaius ins Spiel. Gaius nahm diese Prediger in sein Haus auf. Das sehen wir in Vers 5: Egal, ob er sie kannte oder ob sie ihm völlig fremd waren – er nahm sie bereitwillig auf. Seine Tür stand offen für jeden, der die Wahrheit verkündigte. Das war die einzige Bedingung.
Und damit nicht genug: Er gab ihnen nicht nur ein Dach über den Kopf. Seine Liebe in der Wahrheit ging weit darüber hinaus. Schaut noch einmal in Vers 6, im zweiten Teil. Dort heißt es: „Und du wirst gut daran tun, wenn du sie auf eine gotteswürdige Weise geleitest, denn…“ Und das ist der Grund: „Denn für den Namen sind sie ausgegangen und nehmen nichts von den Nationen.“
Dieses Geleiten bedeutet nicht, dass er einfach nur ein Stück mit ihnen mitlief, bis ins nächste Dorf, um sie dann sich selbst zu überlassen. Vers 7 gibt den Grund an, warum er sie geleiten soll. Der Grund ist, dass sie mit Jesus unterwegs sind, für Jesus unterwegs, Jesus verkündigen und keine Unterstützung von denen annehmen, denen sie Jesus verkünden – also von denen, die noch nicht an Jesus glauben.
Deshalb soll er das tun. Dieses Geleiten kann auch mit „für die Reise ausstatten“ übersetzt werden. Die Neue Ostdeutsche Bibel macht das sehr deutlich. Sie übersetzt Vers 6 folgendermaßen: „Sie haben hier vor der ganzen Gemeinde von deiner liebevollen Freundlichkeit berichtet.“ Weiter schreibt sie: „Es ist gut und richtig und ehrt Gott, wenn du sie auch künftig mit allem versorgst, was sie für ihre Reise brauchen.“
Er gab ihnen also nicht nur ein Dach über den Kopf. Er versorgte sie nicht nur in der Zeit, in der sie bei ihm wohnten. Er versorgte sie auch darüber hinaus. Er gab ihnen materielle und finanzielle Unterstützung, damit sie das Evangelium kostenlos anbieten konnten. Er gab ihnen alles Nötige, damit sie die Reise fortsetzen und das Evangelium predigen konnten.
So wurde er selbst zum Mitarbeiter der Wahrheit. In Vers 8 heißt es: „Wir nun sind schuldig, solche aufzunehmen, damit wir Mitarbeiter der Wahrheit werden.“
Und nicht nur das: Jesus sagt in Matthäus 25: „Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt“ – damit sind alle seine Jünger gemeint – „das habt ihr mir getan.“ Jesus nimmt die Gastfreundschaft von Gaius persönlich an. Er nimmt die Gastfreundschaft, die Gaius diesen Missionaren gegenüber zeigte, persönlich.
So kommt es dazu, dass diese Männer, wie wir in Vers 3 gelesen haben, zurückkommen nach Ephesus und Johannes von diesem Mann Gaius berichten. Das Wort in Vers 3 „als Brüder kamen“ spricht nicht davon, dass es einmal passiert ist. Es zeigt, dass es immer wieder vorkam.
Genauso wie der Wandel in der Wahrheit nicht etwas ist, das einmal passiert, sondern etwas Kontinuierliches ist, kamen immer wieder Brüder zurück zu Johannes. Sie berichteten von Gaius und stellten ihm dieses beeindruckende Zeugnis aus.
Ich möchte jetzt nicht im Detail darauf eingehen, wie genau deine Gastfreundschaft auszusehen hat oder wie oft du jemanden einladen musst, damit du als gastfreundlich giltst. Das Einzige, was ich tun möchte, ist, anhand des Briefes aufzuzeigen, was die Gastfreundschaft von Gaius kennzeichnet. Vielleicht kannst du dir die eine oder andere Scheibe von Gaius abschneiden.
Was kennzeichnet also seine Gastfreundschaft?
Erstens: Seine Gastfreundschaft schloss jeden mit ein. In Vers 5 haben wir gelesen, dass er nicht nur die aufnahm, die er kannte, sondern auch diejenigen, die ihm völlig fremd waren. Es ging Gaius nicht darum, regelmäßig seine besten Freunde bei sich zu Hause zu haben. Die einzige Bedingung war, dass derjenige, der zu ihm kommt, ein echter Bruder oder eine echte Schwester in der Wahrheit ist. Nun, wer ist bei dir willkommen?
Zweitens: Seine Gastfreundschaft war eine grundlegende Haltung. Was meine ich damit? Gaius hat nicht wochenlang vorausgeplant. Er hat keinen Anruf von Johannes bekommen, der ihm gesagt hat: „Hey, in vier Wochen kommt ein Bruder, ein Missionar, kannst du ihn für ein Wochenende aufnehmen?“ Nein. Vielmehr standen die Reiseprediger spontan vor seiner Haustür, vielleicht mit einem Schreiben von Johannes, damit er wusste, wer das überhaupt ist. Diese Reiseprediger benötigten seine Unterstützung, und Gaius war sofort bereit, sie aufzunehmen: „Kommt rein!“ Es war kein wochenlanges Vorausplanen nötig. Er war jederzeit bereit, Geschwister bei sich aufzunehmen. Seine Gastfreundschaft war eine grundlegende Haltung.
Drittens: Seine Gastfreundschaft beschränkte sich nicht auf einen kurzen Zeitraum. Es ging nicht darum, dass jemand für ein Mittagessen am Sonntag vorbeikommt. Seine Gäste hatten eine lange, anstrengende Reise hinter sich und ruhten sich für einige Tage bei ihm aus. Vielleicht blieben sie sogar länger und kamen immer wieder zu ihm zurück, wenn sie das Evangelium verbreiteten. Sie wurden für eine gewisse Zeit Teil seines Lebens, Teil seines Alltags. Sie beeinflussten sein Alltagsleben und waren die ganze Zeit bei ihm zu Hause.
Nun, auf einer Skala von eins bis zehn: Wie unangenehm wäre es für dich, wenn ein Christ für ein paar Tage oder Wochen Teil deines Alltags wird?
Viertens: Seine Gastfreundschaft war großzügig. Er nahm diese Prediger nicht nur auf, sondern unterstützte sie auch darüber hinaus materiell und finanziell. Er gab ihnen das, damit sie das Evangelium kostenlos verbreiten konnten. Ich weiß, in Deutschland redet man nicht gern über Geld und schon gar nicht über Gehalt. Aber dein Umgang mit deinem Geld sagt sehr viel über deinen Charakter aus. Er sagt viel darüber aus, wer dein Herz regiert. Gaius war ein großzügiger, großherziger Mensch, der bereit war, seinen Besitz für die Wahrheit einzusetzen.
Fünftens: Seine Gastfreundschaft war weithin bekannt. Das war nur möglich, weil jeder, ob guter Freund oder völlig Fremder, bei ihm willkommen war. Jeder durfte kommen. Wenn deine Gastfreundschaft sich nur auf deinen engsten Freundeskreis beschränkt, wirst du niemals weithin bekannt sein für deine großherzige Gastfreundschaft.
Sechstens: Seine Gastfreundschaft war selbstlos. Es ging ihm nicht um ein gegenseitiges Einladen. Er nahm Reiseprediger auf, ohne etwas dafür zu erwarten oder eine Gegenleistung zu verlangen. Ganz im Gegenteil: Das Einzige, was er wahrscheinlich bekam, waren noch mehr Reiseprediger. Jeder hatte sein gutes Zeugnis gehört, jeder wusste: „Bei ihm bin ich willkommen, da kann ich jederzeit hingehen, er wird mich aufnehmen und unterstützen.“ Es war kein gegenseitiges Einladen und Eingeladenwerden, bei dem man ständig darauf achten muss, dass es sich irgendwie halbwegs im Gleichgewicht hält. Nein, Gaius war selbstlos in seiner Gastfreundschaft – ganz im Gegensatz zu Diotrephes.
Und damit kommen wir zum eigentlichen Grund, warum Johannes diesen Brief geschrieben hat. Gaius, wie wir gesehen haben, ist bereits ein selbstloser Gastgeber in der Wahrheit. Er lebt in Übereinstimmung mit der Wahrheit. Warum also ein Brief von Johannes an Gaius, in dem er ihn ermahnt, gastfreundlich zu sein? Einen Brief, in dem er Gaius auffordert, das zu tun, was er sowieso schon tut?
Der Grund liegt darin, dass es einen Mann in der Gemeinde von Gaius gab, der alles daran setzte, ihn daran zu hindern, weiterhin so gastfreundlich zu sein. Damit kommen wir zum dritten Punkt: Diotrephes, ein herrschsüchtiger Leiter fern der Wahrheit, den wir uns kurz anschauen möchten.
Johannes macht von Anfang an unmissverständlich klar, was diesen Diotrephes antreibt. In Vers 9 heißt es: „Diotrephes, der gerne unter ihnen der Erste sein möchte.“ Er ist also ein selbsternannter Herrscher. Diotrephes war in irgendeiner Weise ein Leiter in der Gemeinde, wahrscheinlich hat er diese Leiterschaft eher an sich gerissen. Er war ein Leiter, der sich viel zu hoch einschätzte – eher ein Diktator in der Gemeinde. Er war stolz, aufgeblasen, streitsüchtig und herrschsüchtig.
In diesen Versen sehen wir fünf Dinge oder fünf Schritte, die er unternimmt, um seine Macht in der Gemeinde und seine Rolle als selbsternannter Herrscher zu erhalten. Und nein, ich möchte nicht, dass du dir ein Vorbild an Diotrephes nimmst. Dennoch habe ich es ironisch formuliert als Aufforderung, wie du diesem Negativbeispiel Diotrephes folgen kannst. Also: Wie kann ich werden wie Diotrephes?
Erstens: Missachte die Autorität anderer. Das sehen wir in Vers 9. Dort lesen wir: „Ich schrieb etwas an die Versammlung, aber Diotrephes nimmt uns nicht an.“ Johannes hatte also zuvor einen Brief an die Gemeinde geschrieben. Wir wissen nicht, wo dieser Brief ist, wir haben ihn nicht. Was ist mit diesem Brief passiert? Das macht der zweite Teil von Vers 9 deutlich: Diotrephes hat dafür gesorgt, dass dieser Brief erst gar nicht vor der Gemeinde vorgelesen wird. Er ist der Meinung, dass niemand ihm etwas zu sagen hat – nicht einmal der letzte noch lebende Apostel.
Wenn du so sein willst wie Diotrephes, dann nimm auf gar keinen Fall Kritik an. Wenn du mit der Einstellung durchs Leben gehst, dass niemand dir etwas zu sagen hat, bist du auf dem besten Weg, ein Diotrephes zu werden.
Zweitens: Schalte die Konkurrenz, wenn möglich, aus. Das sehen wir in Vers 10, wo er mit bösen Worten gegen Johannes und andere schwatzt. Wenn du wie Diotrephes sein willst und besser dastehen möchtest als andere, dann ist es wichtig, möglichst viel schlecht über andere zu reden. Die Taktik von Diotrephes ist es, möglichst schlecht über andere zu sprechen – Johannes mit eingeschlossen –, damit er selbst in einem besseren Licht dasteht.
Drittens: Unterlasse die Unterstützung der Konkurrenz. Vers 10 sagt: „Und sich hiermit nicht begnügend nimmt er die Brüder nicht an.“ Während Gaius selbstlos und großherzig die Prediger unterstützt, die zu ihm kommen, will Diotrephes diese Männer erst gar nicht aufnehmen. Er möchte sie gar nicht bei sich haben und am liebsten sofort wieder loswerden. Er hat Angst, jemand könnte ihm Konkurrenz machen in seiner hohen Stellung als Leiter der Gemeinde, als der Erste von allen.
Wie könnte das praktisch bei uns aussehen? Du könntest dich zum Beispiel nur mit Leuten abgeben, die zu dir aufschauen und dich als ihren großen Meister sehen. Du könntest nur oberflächliche Gespräche führen, damit niemand hinter deine Fassade blickt. Nicht, dass noch jemand in dein Herz sieht und erkennt, dass dort einiges nicht in Ordnung ist. Das könnte ja deine Hochachtung, die man vor dir hat, schmälern.
Der vierte Schritt: Halte andere unter Kontrolle. Vers 10 zeigt, dass Diotrephes sogar diejenigen daran hindert, die gastfreundlich sein wollen. Er wehrt sich gegen diejenigen, die es versuchen. Wahrscheinlich hat er auch bei Gaius versucht, das zu verhindern.
Fünftens: Strafe den, der dich missachtet. Am Ende von Vers 10 heißt es: „Und stößt sie aus der Versammlung.“ Das ist der eigentliche Grund für den Brief: Johannes ermahnt Gaius, weiterzumachen, auch wenn das möglicherweise bedeutet, dass er von Diotrephes aus der Gemeinde ausgeschlossen wird.
Diotrephes ist ein Mann, der keinen Widerspruch duldet. Er möchte niemanden um sich haben, der etwas anders sieht oder tut, als er es möchte. Gibt es jemanden, der anders denkt oder handelt, wird er rausgeschmissen.
Ich habe das bewusst ironisch formuliert, und du sollst dir natürlich kein Beispiel an Diotrephes nehmen. Aber vielleicht kommt auch in deinem Leben manchmal so ein Diotrephes zum Vorschein: streitsüchtig, schlecht über andere redend, damit man selbst besser dasteht, kritikunfähig, jemand, der alles besser weiß und sich von niemandem etwas sagen lässt.
Das Leben von Diotrephes ist von so viel Bosheit durchzogen, dass es berechtigte Zweifel gibt, ob er überhaupt wiedergeboren war. Am Ende von Vers 11 schreibt Johannes: „Wer Böses tut“ – und damit meint er, wer beständig Böses tut, dessen Leben davon gekennzeichnet ist, Böses zu tun – „hat Gott nicht gesehen.“ Wenn dein Leben durchgehend nur davon geprägt ist, das zu tun, was Gott als böse bezeichnet, dann kennst du Gott nicht.
In Vers elf sehe ich eine Überleitung von Diotrephes zu Demetrios. Im ersten Teil des Verses heißt es: „Geliebter, ahme nicht das Böse nach, sondern das Gute.“ Damit ist gemeint, dass man nicht Diotrephes nachahmen soll, sondern das Gute.
Ich glaube, Johannes möchte damit indirekt Gaius auffordern, einem Mann wie Demetrios nachzueifern. Denn Johannes beschreibt direkt im Anschluss an Vers elf diesen Demetrios, der von allen ein gutes Zeugnis erhält.
Demetrios war wahrscheinlich der Überbringer des Briefes. Wir schauen uns ihn nur ganz kurz an, da nur ein Vers über ihn geschrieben wird. Demetrios ist ein nachahmenswerter Diener in der Wahrheit.
In Vers zwölf wird Demetrios von allen und von der Wahrheit selbst ein gutes Zeugnis ausgestellt. Auch Johannes und seine Begleiter geben Zeugnis dafür, und Gaius weiß, dass ihr Zeugnis wahr ist.
Was bedeutet es, dass die Wahrheit selbst ein gutes Zeugnis über Demetrios ausstellt? Ich denke, es ist am besten so zu verstehen, dass die Wahrheit Demetrios Zeugnis gibt, weil sein Leben widerspiegelt, was er mit dem Herzen glaubt. Sein Leben zeigt, dass er die Wahrheit des Evangeliums ergriffen hat und dass er in der Wahrheit, in Christus, lebt.
Nur die Wahrheit Gottes, nur die Wahrheit des Evangeliums, nur die lebendige Wahrheit, Christus selbst, kann das bewirken, was im Leben von Demetrios sichtbar wird. Die Wahrheit selbst, Christus in ihm, gibt Zeugnis, weil sein Leben eben diesen Jesus widerspiegelt. Die Übersetzung „Die Wahrheit, die sich in seinem Leben zeigt, stellt ihm das beste Zeugnis aus“ bringt das gut zum Ausdruck.
Das ist auf jeden Fall nachahmenswert. Paulus schreibt an die Korinther: „Seid meine Nachahmer, gleich wie auch ich Nachahmer des Christus bin.“
Paulus und Demetrios sind nicht mehr unter uns. Vielleicht denkt man, dass man in seinem Umfeld keinen hat, der so ist wie Paulus oder Demetrios. Man hat keinen, den man als Vorbild nehmen und dem man nachahmen kann.
Aber schaut man noch einmal in Vers elf, schreibt Johannes an Gaius: „Ahmt das Gute nach.“ Es geht also darum, das Gute nachzuahmen, das andere einem voraus haben.
Vielleicht ist es der junge, gerade erst wiedergeborene Christ, der sich in seinem kindlichen Glauben und seiner Freude am Wort Gottes nachahmenswert ist. Oder der reife Christ, der in seiner Standhaftigkeit und seinem festen Glauben ein Vorbild ist. Bei einem anderen ist vielleicht das Gebetsleben so vorbildlich, dass es nachahmenswert ist. Und wieder ein anderer ist großherzig und ein Vorbild in seiner Gastfreundschaft.
Ahmt das Gute nach, das andere euch voraus haben. Und das alles mit dem Ziel, dem ultimativen Vorbild ähnlicher zu werden, nämlich Christus selbst.
Paulus schreibt: „Seid meine Nachahmer, gleich wie auch ich Nachahmer des Christus bin.“ Er ist das Ziel. Oder wie er an die Galater schreibt: „Meine Kinder, um die ich noch einmal Geburtswehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinnt“, bis ihr ihm ähnlicher werdet.
Die Christusähnlichkeit ist das Ziel des Lebens eines Gläubigen. Ein Leben in der Wahrheit, ein Leben in Übereinstimmung mit der Wahrheit, ist gleichbedeutend mit Christusähnlichkeit. Denn Jesus ist nicht nur unser Vorbild, dem wir nachahmen sollen, er selbst ist die Wahrheit.
Wenn es also darum geht, ein Leben in der Wahrheit zu führen, dann heißt das, ein Leben in Christus zu führen. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Ein Leben in der Wahrheit kann nur der führen, der in Christus ist, der mit Christus gestorben ist und mit Christus auferweckt wurde. Nur der wird auch von Christus täglich erneuert. Nur der, der in Christus ist, kann Christusähnlichkeit hervorbringen.
Nun, der Name Jesus kommt kein einziges Mal in diesem dritten Johannesbrief vor, und trotzdem ist dieser Brief durchdrungen von Jesus.
Jesus ist die Wahrheit. Das haben wir auch in der ersten Stunde gesehen: Jesus ist die Wahrheit, die Johannes verändert hat. Sie hat ihn von einem Donnersohn zu einem demütigen, liebevollen Leiter gemacht, der sich über das geistliche Wohlergehen seiner Kinder, über das geistliche Wohlergehen seiner Geschwister freut.
Jesus ist die Wahrheit, die Gaius zu einem liebevollen, selbstlosen Gastgeber gemacht hat. Selbst dann noch, als Diotrephes ihm mit einem Rausschmiss aus der Gemeinde droht, hört er nicht auf, das Gute zu tun. Er hört nicht auf, Christus wiederzuspiegeln.
Jesus ist die Wahrheit, die Demetrios zu einem nachahmenswerten Diener gemacht hat, zu einem Mann, über den kein einziger ein schlechtes Zeugnis sagen konnte.
Und Jesus ist die Wahrheit, die dein Leben verändern kann. Jesus ist der Weg zum Vater. Er ist der einzige Weg zu Gott. Der einzige Weg ist Christus und Christus allein. Christus ist das Leben, er ist die Quelle des Lebens. Jeder, der Christus annimmt, hat ewiges Leben, weil er das Leben selbst ist.
Und Christus ist die Wahrheit. Nur in ihm können wir erkennen, wie Gott ist. Er ist die Wahrheit, die unser Leben verändert und uns ihm ähnlicher macht.
Amen.