Die innere Veränderung durch die Berufung zum Christen
Und der junge Mann deutet auf Napoleon und sagt: „Er hat es gesagt, er hat es gesagt.“
„Oh, Entschuldigung“, sagte der General. „Ich wusste nichts von Ihrer Beförderung.“
Das konnte er auch nicht wissen. Denn äußerlich betrachtet war der junge Mann immer noch ein Rekrut. Für das bloße Auge war er nicht als Offizier erkennbar. Er trug noch seine graue Uniform und zeigte die relativ unerfahrenen Gesichtszüge eines Rekruten.
Aber in seiner Stellung, in seiner rechtlichen Position hatte sich alles verändert. Er war jetzt wirklich Rittmeister mit allen Rechten, die dazugehören. Diese Veränderung stützte sich auf eine einzige Tatsache: Er hat es gesagt – dessen Wort das entscheidende Gewicht hatte, nämlich Napoleon selbst.
So geht es einem Menschen, wenn er Christ wird. Äußerlich ändert sich zunächst nicht sehr viel. Er ist kaum von dem Menschen zu unterscheiden, der er vorher war. Aber in der wichtigsten Frage, in seiner Stellung vor Gott, hat sich die Situation des Christen grundlegend verändert. Er ist jetzt Gottes Kind. Jesus hat ihn freigesprochen von seiner Schuld.
Und wenn einer sagen würde: „Ja, was willst du denn hier unter den Christen?“, dann kann der Christ sich darauf berufen und sagen: „Er hat es gesagt.“ Dessen Wort hat das entscheidende Gewicht – Jesus Christus selbst. Er hat mich freigesprochen von meiner Schuld, die mich von Gott trennte. Er hat mich versöhnt mit Gott. Und dadurch, dass ich an ihn glaube, darf ich jetzt auch dazugehören.
Wie viele ihn aber aufnahmen, heißt es im Johannes-Evangelium, denen gab er die Macht – oder man könnte auch sagen das Recht –, Gottes Kinder zu werden. Er hat es gesagt.
So, und das ist nun ein Grund, wenn auch keine Entschuldigung, aber ein Grund dafür, warum wir Christen uns manchmal äußerlich noch so wenig von Nichtchristen unterscheiden. Wir kommen aus derselben Welt. Und dadurch, dass wir jetzt Gottes Kinder sind, hat sich zwar die wichtigste Wirklichkeit unseres Lebens verändert, nämlich unsere Beziehung zu Gott. Wir sind versöhnt mit dem, der uns geschaffen hat.
Wir haben die Zusage, dass wir die Ewigkeit bei ihm in seinem Reich verbringen dürfen. Er ist unser Vater, er hat die Verantwortung für unser Leben übernommen. Die wichtigste Sache in unserem Leben hat sich geändert, aber sehr vieles an uns und in uns erinnert noch an das alte Leben – so wie die alte graue Uniform des Rekruten.
Wir tragen noch viele der alten Macken mit uns herum. Und das wird dann oft von Leuten, denen unser Christsein unbequem ist, auch entsprechend ausgeschlachtet. Sie sagen: „Du willst Christ sein und machst noch das, bist noch so, und dir unterläuft noch das.“
Verstehen Sie, das ist nicht verwunderlich. Der Rekrut war äußerlich noch ein Rekrut, obwohl er wirklich ein Garderittmeister gewesen ist. Und so ist es mit uns: Wir dürfen zu Jesus Christus gehören, wenn wir an ihn glauben, aber wir leben noch in dieser Spannung zwischen unserer neuen Stellung und den Kennzeichen unseres alten Lebens.
Die Bibel redet sehr nüchtern über diesen Befund. Sie sagt sehr deutlich, dass das so ist. Gleichzeitig macht sie aber klar: Es muss und es soll nicht dabei bleiben. Der lebendige Gott, der an der entscheidenden Stelle unser Leben verändert hat – nämlich im Herzen –, der uns die Einsicht gegeben hat, dass wir vor Gott als Sünder dastehen und Vergebung brauchen, der uns die Augen geöffnet hat, dass Jesus Christus auch für unsere Schuld am Kreuz gestorben ist, derselbe Gott will auch nach und nach die anderen Lebensbereiche ordnen, neu gestalten, prägen und verändern.
Ja, das will er tun, so dass wir immer mehr seinem Wesen entsprechen.
Dafür hatte Paulus auch gebetet, in dem Gebet, das unserem Predigttext unmittelbar vorausgeht. Das haben wir letztes und vorletztes Mal gesehen. In Epheser 3,14-21 betete Paulus in Vers 17 darum, dass Christus immer mehr in unserem Herzen wohnt – das heißt, dass er unser Lebenshaus immer mehr gestaltet, so dass es seinem Wesen entspricht.
Und da betete Paulus in Kapitel 3, Vers 19 darum, dass wir immer mehr hinwachsen zur Gottesfülle, wie es dort heißt. Das bedeutet, dass wir Gott immer ähnlicher werden. Kaum vorstellbar, aber darum betet Paulus.
Nun ist es Gottes Sache, die Gebete zu erhören, und er will das auch tun, wenn wir ihn darum bitten.
Aber die Frage an uns ist nun: Wie können wir das in der Praxis umsetzen? Gottes Sache ist es, das Gebet zu hören. Gottes Sache ist es, weiter an unserem Leben zu arbeiten. Aber er bezieht uns damit ein.
Wie kann das nun in der Praxis gelingen? Darum geht es ab Kapitel vier in unserer Predigtreihe.
Der Übergang zur praktischen Umsetzung des Glaubens
Wir können also mit Fug und Recht sagen: Heute beginnt in unserer Predigtreihe die zweite Halbzeit. Damit haben wir schon ein ganzes Stück geschafft. In den letzten Wochen und Monaten haben wir die erste Halbzeit des Epheserbriefes miteinander durchgearbeitet.
Wer einiges verpasst hat, kann auf unserer Homepage bibeltage.de die Kassetten beziehungsweise die MP3-Aufnahmen noch nachhören. Alternativ kann man sich von Herrn Jürgens entsprechende Auszüge geben lassen.
Die erste Halbzeit ist somit abgeschlossen, und heute beginnt mit Kapitel 4 die zweite Halbzeit des Epheserbriefs. Das ist nicht nur rechnerisch so, weil drei Kapitel geschafft sind und noch drei Kapitel vor uns liegen, sondern auch inhaltlich. Heute beginnt ein ganz neuer Abschnitt, den man zu Recht als Epheserbrief Teil 2 bezeichnen kann.
Wir haben gesehen, dass der erste Teil die Grundlagen der christlichen Lehre beschreibt. Was bedeutet es, Christ zu werden? Was heißt Erlösung? Was bedeutet Rettung? Was ist Gnade? Welche Zukunft erwartet den Christen? Worin besteht dieser unerhörte Reichtum des Glaubens, den Gott jedem Christen schenkt?
Deswegen hat man den Epheserbrief auch das "Scheckbuch des Christen" genannt, weil dieser Reichtum des Glaubens dort so großartig und klar dargestellt wird. Paulus hat in diesem ersten Teil erklärt, was die Grundlage der christlichen Gemeinde ist. Wie entsteht diese ganz neue Familie aus Juden und Heiden, die durch Christus in besonderer Weise miteinander verbunden sind?
Paulus schloss diesen großartigen Überblick über die christliche Lehre mit einem Gebet ab, das uns in den letzten beiden Sonntagen beschäftigt hat. Er betet dafür, dass unser Glaube wächst und dass unser Leben immer konsequenter von Christus geprägt und gestaltet wird.
Das war Teil eins. Nachdem Paulus all dies ausgeführt hat – was wir in etwa 23 Predigten Schritt für Schritt nachzuvollziehen und ein wenig auszuloten versucht haben – legt er den Stift nicht aus der Hand, sondern setzt neu an.
Er fragt sich: Was brauchen Sie jetzt noch? Was muss ich Ihnen jetzt noch schreiben? Was ist jetzt noch wichtig in diesem Zusammenhang? So fügt er den Teil 2 hinzu, der heute mit unserem Predigttext, Kapitel 4, beginnt.
Die Aufforderung zu einem würdigen Lebenswandel
Dieser Vers, Kapitel 4, Vers 1, ist gleichsam die Überschrift für den gesamten zweiten Teil. Der erste Vers, den Sie heute vor sich haben und der im Mittelpunkt unserer Betrachtung steht, ist nicht nur die Überschrift für unseren Text, nicht nur für das heute beginnende Kapitel 4, sondern auch für alles, was jetzt in den letzten drei Kapiteln des Epheserbriefes noch kommen wird.
Paulus beginnt so: „Ermahne ich euch nun, ich der Gefangene in dem Herrn, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, in aller Demut und Sanftmut, in Geduld einander ertragend, in Liebe und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit des Geistes durch das Band des Friedens.“
Das erste Wort ist schon wichtig. Paulus sagt es so. Martin Lloyd-Jones hat eine Predigt nur über dieses Wort gehalten. Das werde ich heute nicht tun, keine Sorge. Aber dieses Wort ist sehr bedeutend, weil es die Klammer darstellt zwischen dem ersten und dem zweiten Teil. Man könnte es im Englischen mit „therefore“, also „deshalb“ übersetzen. Es ist nicht einfach ein Füllwort, sondern die Verbindung zwischen diesen beiden großen Teilen.
So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr die Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen worden seid. Weil Kapitel 1 bis 3 für euch persönlich gilt, weil das wahr ist, darum sollt ihr nun alles daransetzen, liebe Leute, dass auch euer gelebtes Leben von dieser Wahrheit bestimmt wird – euer gelebtes Leben bis in den letzten Winkel, bis in den letzten Atemzug, bis in die letzte Faser hinein.
Sie merken, in diesem Vers baut der Apostel Paulus die Brücke zwischen Teil eins und Teil zwei. Teil eins beschrieb die neue Familie, die neue Gemeinde, die Gott auf so wunderbare Weise geschaffen hat. Teil zwei wird nun die neuen Standards, die neuen Maßstäbe beschreiben, die in dieser Familie gelten.
Teil eins beschrieb die biblische Lehre, Teil zwei sagt nun, wie das angewendet werden soll in den verschiedensten Lebensbereichen. In Teil eins ging es um die Prinzipien, in Teil zwei geht es um die Praxis. Teil eins schilderte die Theologie und entfaltete sie, Teil zwei beschreibt die konkreten Konsequenzen, die sich aus dieser Theologie ergeben.
Teil eins ist eine breite, differenzierte Unterweisung, und Teil zwei enthält nun die Aufforderung, die sich aus dieser Unterweisung ergibt. Deshalb fängt Paulus gleich mit diesem Wort „ermahnen“ an: „So ermahne ich euch.“
Im Griechischen ist das ein ganz auffälliges Wort, das eigentlich aus dem Bereich der Seelsorge kommt. Ermahnen heißt auch ermuntern. Es bedeutet nicht einfach, jemanden niederzudrücken, sondern zu trösten, zu ermuntern und zu motivieren. Wenn man das Wort genauer betrachtet, bedeutet es eigentlich, jemanden in die Nähe zu rufen, um ihm gut zuzureden, ihn zu ermutigen, ihn in einer guten Weise aufzurütteln, ihn anzustacheln und zu motivieren.
Man kann sich das vorstellen wie ein Trainer, der mitten im Spiel in einer kleinen Pause einen Spieler an die Seitenlinie ruft, ihm noch einmal Instruktionen gibt, Mut macht, etwas erklärt, ihm vielleicht auf den Rücken schlägt und sagt: „Und nun los, Junge!“ So ist das gemeint.
„So ermahne ich euch nun“, sagt Paulus. „Ich ermutige, ich will euch dringlich motivieren.“ Das signalisiert eine sehr starke innere Beteiligung dessen, der diese Ermahnung ausspricht. Und es ist ja wichtig, es geht ja um Gottes Standards.
Paulus sagt: Es ist ungemein wichtig, Leute, dass ihr das jetzt auch noch lest, dass ihr nicht erschöpft den Epheserbrief nach der Lektüre des ersten Teils zur Seite legt, sondern dass ihr jetzt weitermacht, dass ihr seht, wohin das führen soll, worauf das Ziel drängt.
Dann fährt er fort: „So ermahne ich euch nun, ich ermutige euch, ich, der Gefangene in dem Herrn.“ Paulus erinnert an dieser kritischen Stelle noch einmal an seine persönliche Situation. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran. Er hatte das in Kapitel 3, Vers 1, schon mal so genau gesagt: „Ich, Paulus, der Gefangene Christi.“
Damit meint er eigentlich zweierlei: Zum einen, ich bin gefangen um Christi willen. Ich bin gefangen, weil ich predige, ich bin inhaftiert wegen meines Glaubens. Zum anderen heißt der Begriff, der da steht, zugleich: Ich bin der Gefangene von Christus. Das heißt, ich stehe unter seiner Regie. Auch die Politiker und auch die Militärs können nur tun, was er zulässt. Ich bin sein Gefangener, er bestimmt über mein Leben, er behält die Kontrolle.
Auch die Machthaber haben keine wirkliche Macht über mich. Ich bin immer noch der Gefangene in dem Herrn, immer noch der Gefangene Jesu Christi.
Zugleich zeigt diese Erinnerung an seine Gefängnissituation – Paulus schreibt ja aus dem Gefängnis –, dass es zugleich etwas kosten kann, mit Jesus zu leben. Paulus macht damit gleichzeitig deutlich: Leute, der zu Jesus gehört, muss damit rechnen, dass es Konsequenzen gibt. Auch Konsequenzen, die uns auf den ersten Blick nicht bequem erscheinen.
Er erinnert noch einmal durch den Hinweis auf seine eigene Gefangenschaft. Er sagt: Leute, ich schreibe das nicht am grünen Tisch, ich weiß, wovon ich rede. Und liebe Leute, umso dringender möchte ich euch jetzt ermahnen, motivieren, ermutigen, aufrütteln.
Wozu? Damit ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid. Das ist das große Ziel. Das steht über allem, was jetzt in den nächsten Kapiteln kommt, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid.
Die Bedeutung der Berufung und des würdigen Wandels
Was meint Paulus, wenn er von Berufung spricht? Das ist bei Paulus eigentlich ganz einfach. Wenn er von Berufung spricht, meint er damit den gesamten Vorgang, durch den jemand Christ wird. Das Subjekt dieser Berufung, also derjenige, der aktiv ist, ist Gott. Gott ist der, der beruft.
Dazu gehört, dass Gott uns von Ewigkeit her auserwählt, unsere Herzen durch sein Wort öffnet, uns von unserer Schuld überführt, uns zur Bekehrung führt, uns bereit macht, ihm zu glauben, und uns so in seine Familie als Gotteskinder einweiht. All das gehört zum Begriff der Berufung.
Wenn Paulus den Begriff verwendet, meint er in der Regel genau das. Er sagt den Leuten in Ephesus: Ihr habt diese Berufung erfahren! Ihr durftet Christen werden! Die größte Karriere, die man auf dieser Erde machen kann, habt ihr gemacht. Das höchste Ziel, das man in dieser Welt erreichen kann, habt ihr erreicht: Ihr seid Gottes Kinder geworden! Damit habt ihr eine Stellung erhalten, die ihr euch niemals hättet verdienen oder erarbeiten können. Ihr seid in einen Adelsstand erhoben worden, der euch von Geburt an niemals zugänglich gewesen wäre. Vom Rekruten zum Rittmeister – das hat Gott mit euch getan. Er hat euch berufen.
Und nun gilt das alte Wort: Adel verpflichtet. Weil ich euch in diesen Stand erhoben habe, sagt Gott, ermahne ich euch leidenschaftlich und mit allem Nachdruck, zu dem ich fähig bin, durch Paulus, dass ihr dieser Berufung entsprechend nun auch würdig lebt. Im Griechischen steht hier eigentlich ein Wort, das man am besten mit „wandeln“ übersetzen kann. In vielen alten Übersetzungen heißt es: „Ihr sollt würdig wandeln.“
Würdig wandeln bedeutet nicht, mit weißem Stehkragen und durchgedrückten Knien steif durchs Leben zu gehen. Das hat nichts mit würdigem Wandel zu tun, sondern meint etwas anderes. Wandeln ist im Neuen Testament ein Wort, das nach Alltag riecht. Es meint unseren täglichen Lebensvollzug. Wandeln bedeutet, wie ich meinen Alltag gestalte, wie ich mich auf der Grasnarbe des ganz normalen Lebens bewege.
Wandeln betrifft die Frage, wie ich mit den tagtäglichen Herausforderungen umgehe, den großen und den kleinen, von Montag bis Sonntag. Und Sie werden in den nächsten Wochen merken, dass genau das die Themen der nächsten Kapitel sind: Wie bewähre ich mich als Christ im Alltag? Wie bewähre ich mich in der Gemeinde? Wie bewähre ich mich in der Familie? Wie bewähre ich mich in der Erziehung meiner Kinder oder von der Seite der Kinder aus? Wie bewähre ich mich in der Erziehung meiner Eltern, oder wie behandle ich meine Eltern richtig? Wie bewähre ich mich im Umgang mit meinen Untergebenen? Was bedeutet es, wenn ich als Christ einen Chef bei der Arbeit habe? Wie bewähre ich mich in den Auseinandersetzungen, die sich daraus ergeben, dass ich Christ bin und mich in der Öffentlichkeit dazu bekenne?
Verstehen Sie, wie soll es laufen an der Grasnarbe der Realität? Das sind die Themen der nächsten Abschnitte und Kapitel in den kommenden Wochen. Paulus sagt: Ihr sollt würdig leben.
Das ist nun ganz spannend, wenn man sich das Wort „würdig“ im Griechischen anschaut. Der Wortstamm hat etwas zu tun mit der Balance zwischen zwei Waagschalen. Würdig bedeutet, dass die eine Seite mit der anderen korrespondiert, dass sie zusammenpasst.
In der einen Schale liegt unsere Stellung als Christ, also der Rittmeister, wenn Sie so wollen. In der anderen Schale liegt unser praktisches Leben im Alltag. Paulus sagt, es ist Gottes Wille, dass das eine dem anderen würdig ist, dass es in angemessener Weise zusammenpasst, dass unser praktisches Leben mit der hohen Stellung korrespondiert, die wir haben, weil wir Gottes Kinder sind und an der Erbengemeinschaft mit Jesus Christus teilhaben, wie der Epheserbrief ja sagt. Wir werden mit Jesus Christus zusammen erben.
Paulus sagt also, es geht darum, dass euer praktischer Lebenswandel würdig ist, dass es eine Balance gibt, dass das Miteinander korrespondiert. Wenn Sie so wollen, spricht Epheser 1 bis 3 von der einen Waagschale – von unserer Stellung als Christen, von dem, was Gott uns schenkt, von dem, was er uns zurechnet, von der Gerechtigkeit, die er uns schenkt. Er erklärt uns für freigesprochen und zu seinen Kindern.
Epheser 4 bis 6 spricht von der zweiten Waagschale. Hier geht es darum, wie wir dem angemessen würdig wandeln können, wie wir ein Leben führen, das mit unserer Stellung als Christen zusammenpasst.
Jetzt wissen Sie, was das große Thema der nächsten drei Kapitel ist. Ich bitte uns, hier einen Moment innezuhalten. Dieser erste Vers an der Nahtstelle zwischen Kapitel drei und vier lehrt uns eine ganz grundlegende Wahrheit des christlichen Glaubens. Diese Wahrheit müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.
Sie hängt an diesem kleinen Wörtchen „so“, an dieser Verknüpfung von Teil 1 zu Teil 2. Die Lehre drängt ins Leben. Oft wird gesagt: „Ja, wenn sich jemand so sehr um Lehre kümmert, vergisst er das Leben.“ Das ist völlig falsch.
Wer die Lehre richtig versteht, merkt, dass sie mit aller Macht ins Leben hinein drängt. Und umgekehrt lebt das Leben von der Lehre, von der richtigen Lehre. Man darf diese beiden Teile nie auseinanderreißen.
Wenn Sie die Paulusbriefe daraufhin studieren, sehen Sie, dass es im Römerbrief ganz ähnlich ist: Erst der große Teil mit der Lehre bis Kapitel elf, dann ab Kapitel zwölf bis sechzehn die Anwendung auf das Leben. Im Galaterbrief des Paulus ist es ganz ähnlich, im Philipperbrief ebenso. Das ist ein Grundmuster seiner Schriften.
Paulus macht uns deutlich: Lehre und Leben gehören zusammen. Keiner dieser beiden Teile kann auf den anderen verzichten. Keiner darf sich verselbständigen. Wenn das geschieht, wird alles schief.
Ohne rechte Lehre kann es kein Leben geben, das Gott gefällt. Woher soll ich wissen, was Gott will? Woher soll ich wissen, wer Gott ist? Woher soll ich wissen, wie Gott als Schöpfer etwa Familie gedacht und konzipiert hat? Woher soll ich das wissen und entsprechend praktisch anwenden können, wenn ich die Lehre nicht habe?
Umgekehrt: Ohne gehorsames Leben machen wir Gottes Wahrheit zur Karikatur. Wenn wir meinen, wir hätten die Lehre und wüssten Bescheid, aber leben nicht danach, predigen wir mit unserem Leben: „Ja, ich kenne die Wahrheit schon, aber so wichtig ist sie nicht, dass ich sie unbedingt anwenden müsste.“
Verstehen Sie, ein Leben, das diese Wahrheit nicht widerspiegelt, macht die Wahrheit selbst zur Karikatur. Dadurch bringen wir Schande auf den Namen Jesu Christi, treten die Ehre Gottes mit Füßen und geben den Nichtchristen, die uns beobachten, den Eindruck, dass wir die Wahrheit, von der wir immer reden, selbst nicht ernst nehmen. Sie hätte keine Kraft, unser Leben wirklich zu gestalten.
Gott gegenüber dokumentieren wir: „Ja, lieber Gott, ich weiß genau, was du willst im Grunde genommen, aber es ist nicht nötig, auch so zu handeln.“
Das ist, denke ich, eines der Hauptprobleme vieler Christen: Sie lassen diese beiden Seiten oft auseinanderfallen. Das ist vielen nicht bewusst, aber es passiert häufig.
Manche nehmen scheinbar nur den ersten Teil ernst, sie sammeln viel Wissen an, aber es ist wenig Frucht in ihrem Leben. Damit schaden sie der Wahrheit, die sie zu glauben behaupten. Mit ihrem Leben predigen sie, dass diese Wahrheit keine Durchsetzungskraft hat und keine Konsequenzen fordert.
Im Grunde haben sie die Wahrheit auch nicht richtig verstanden, denn sonst hätten sie gemerkt, dass die Wahrheit immer ins Leben drängt und gestalten, verändern und verwandeln will. Diese Menschen landen in der Systemfalle, wie ich das gerne nenne. Die Folge ist viel Wissen, aber auch viel Halbwissen und wenig Frucht. Das dient nicht der Ehre Gottes.
Auf der anderen Seite gibt es Leute, die landen in der Pragmatismusfalle. Sie sind voller guten Willens und Begeisterung und strengen sich an, Gott zu dienen. Aber sie tun lauter Dinge, die gegen Gottes Ziele sind.
Warum? Weil sie nicht gründlich studiert haben, wie Gott die Dinge sieht, weil sie nicht wissen, was Gott wirklich von ihnen will. Sie fallen auf die neuesten Modelle herein, weil sie diese nicht von der Bibel her prüfen.
Man kann sagen, diese Leute reden und handeln, was eigentlich gut ist. Aber sie schalten vorher das Denken nicht ein. Oder sie denken vorher, bevor sie reden und handeln, doch vor dem Denken schlagen sie nicht die Bibel auf, sondern lassen sich von anderen Einflussfaktoren leiten.
Die Folge ist viel Betrieb, aber wenig Frucht. Auch das dient nicht der Ehre Gottes.
David F. Wells, einer der wichtigsten Theologen Amerikas zu dieser Zeit, hat eine Untersuchung über den Niedergang vieler evangelikaler Organisationen und Gemeinden angestellt. Er stellte fest: Das große Problem besteht nicht darin, dass diese Organisationen und Gemeinden die biblischen Lehren leugnen würden. Das tun sie nicht.
Sie halten an ihren alten Bekenntnissen fest, bestreiten sie nicht und reden sogar davon. Aber in der praktischen Arbeit – wie sie evangelisieren, Gemeinde aufbauen, Seelsorge machen – spielt das, was die biblische Lehre sagt, kaum noch eine Rolle.
Sie bekennen das theoretisch, leugnen es nicht. Aber in der praktischen Arbeit ist ihre Seelsorge oft viel stärker von Psychotherapie geprägt, und ihre Gemeindeaufbau-Konzepte orientieren sich an Marketingstrategien.
Das, was sie behaupten zu glauben, spielt praktisch kaum noch eine Rolle.
Was David F. Wells für Organisationen herausgefunden hat, kann genauso gut für den einzelnen Christen zutreffen.
Wir bestreiten die Wahrheiten, die der Epheserbrief in den ersten drei Kapiteln beschreibt, nicht. Wir stimmen ihnen sogar zu. Aber in der Art, wie wir unser Leben leben und die verschiedenen Bereiche unseres Alltags gestalten, richten wir uns oft nach ganz anderen Leitlinien und Faktoren aus.
Da wird es problematisch. Wo Lehre und Praxis nicht eng miteinander verzahnt sind, läuft unser Leben nicht in die Richtung, wie Gott es will.
Die Verbindung von Lehre und Leben als Grundlage geistlichen Wachstums
Ich möchte Ihnen das an einem ganz einfachen Beispiel verdeutlichen. Neulich hatten wir große Probleme mit unserer Servolenkung. Wir waren unterwegs, und plötzlich funktionierte sie nicht mehr richtig. Meine Frau Schommel sagte: Man kann kaum noch lenken, man muss sehr viel Kraft aufwenden. Wenden war fast unmöglich, es knirschte und knarrte, und außerdem zog der Wagen eine starke Ölspur hinter sich her. Mit Ach und Krach brachte ich das Auto noch in die Werkstatt.
Der Meister stellte sofort eine Diagnose. Er schaute natürlich zuerst in den Tank für die Ölversorgung der Servolenkung. Für die Servolenkung gibt es, wie ich mich belehren ließ, einen eigenen Ölkreislauf. Dafür wird ein bestimmtes Hydrauliköl benötigt. Der Tank für die Servolenkung war leer. Jetzt wusste ich auch, wo die Ölspur herkam. Weil dieser Servotank leer war, funktionierte die Lenkung nicht mehr. Die Leitung zur Zufuhr des Öls zum Lenkmechanismus war unterbrochen. Es klappte nicht mehr.
Der Meister fuhr den Wagen hoch und sagte: "Jetzt wollen wir mal sehen, wo das Problem liegt, wo das Öl wohl ausgelaufen ist." Dann gossen wir neues Öl ein, ließen den Motor an und sahen an einer Stelle, wie es tropfte. Dort kam das Öl heraus.
Was war das für eine Stelle? Es war eine ganz sensible Stelle, an der zwei Schläuche zusammentrafen und durch eine Schelle zusammengehalten wurden. Zwei Schläuche führten vom Öltank zum Lenkmechanismus. Der Punkt, an dem diese Schläuche mit einer Schelle verbunden waren, war unsichtbar. Dort leckte es. Die Schelle hatte irgendwie einen Schlag bekommen und war verrutscht. So tropfte das Öl an dieser Stelle heraus. Die Schelle war defekt.
In diesem Fall ließ sich das leicht reparieren. Es kostete keine dreizehn Euro. Es kam eine neue Schelle herum, die Leitungen wurden fest miteinander verbunden. Wir gossen wieder Öl ein, starteten den Motor, und es tropfte nicht mehr. Ich konnte wunderbar mit meiner Servolenkung weiterfahren.
Lehre und Leben müssen fest miteinander verbunden sein. Dieser Vers, Kapitel 4, Vers 1, ist die Schelle. Dieses Wort „so“ zeigt die Verbindung zwischen der Lehre und dem Leben. Wenn die Schelle nicht richtig sitzt, wenn Lehre und Leben nicht fest miteinander verbunden sind, dann wird unser geistliches Leben undicht.
Unsere Lehre muss wahr sein. Sie muss aus der Bibel stammen und unser Leben bestimmen. Diese Leitung darf nicht unterbrochen werden. Wenn dieser Zusammenhang aufgelöst wird, wenn die Schelle einen Schlag bekommt und nicht mehr hält, dann wird unser geistliches Leben undicht. Dann wird die Lenkung unseres Lebens nicht mehr von Gottes Wahrheit gespeist, und unser Leben als Christ und als Gemeinde gerät außer Kontrolle.
Es kann sein, dass jemand Sonntag für Sonntag im Gottesdienst sitzt und dem, was gesagt wird, zustimmt. Aber die Schelle sitzt nicht richtig, die Verbindung stimmt nicht. Deshalb kommt am Montag schon nichts mehr von dem an, was er am Sonntag gehört hat. Verstehen Sie? Das ganze schöne biblische Hydrauliköl, das am Sonntag gewissermaßen hineingeschüttet wird, läuft gleich wieder aus. So ziehen wir vielleicht eine geistliche Ölspur hinter uns her, bringen aber keine wirkliche Frucht.
Die Verbindung zwischen diesen beiden Teilen – zwischen Kapitel 1 bis 3 und Kapitel 4 bis 6 – ist entscheidend. So ermahne ich euch nun: Lebt der Berufung würdig! Die Verbindung zwischen Lehre und Leben muss bestehen.
Darum sagt Paulus hier in Vers 1: Seht zu, Leute, dass die Schelle sitzt. So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, dass ihr das, was ihr gehört habt und wovon ihr überzeugt seid, dass es wahr ist, auch in euer Leben übersetzt.
Die Verantwortung und der Prozess des geistlichen Wachstums
Und jetzt müssen wir zum Schluss noch eines sagen: Es geht nicht darum, dass wir aus eigener Kraft eine religiöse Leistung erbringen. Das wäre ein völliges Missverständnis nach dem Motto: Wir müssen das jetzt irgendwie hinkriegen, damit unser Leben besser wird.
Deshalb hat Paulus im Kapitel davor das Gebet eingeschaltet. Er hat gesagt: „Gott, ich bitte dich, gib ihnen die Kraft, dass sie immer mehr in ihrem Inneren verändert werden.“ Und er hat gebetet: „Herr, ich bitte dich, lass sie immer mehr die Liebe Jesu erkennen.“ Das hat er in Kapitel 3, Vers 19 gesagt, nämlich dass sie immer mehr erkennen, wie sehr und umfassend Jesus Christus uns liebt.
Denn je mehr sie das erkennen, desto mehr werden sie in ihrem geistlichen Leben reifen. Umso mehr werden sie erkennen, wer du bist, und umso eher werden sie so leben können, wie du es willst.
Schon in Kapitel 2, Vers 10 hat Paulus das ganz deutlich festgehalten. Dort sagt er: „Wir, wir Christen, wir sind Gottes Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.“
Paulus sagt also nicht, Gott schaut jetzt zu und sieht mal, wie gut wir das hinkriegen. Sondern er sagt: „Nein, du bist Gottes Werk, und Gott hat für dein Leben einen guten Plan. Er hat schon alle Dinge vorbereitet, die du jetzt tun und ausleben sollst. Er hat den Pfad für dich längst ausgetreten, und du sollst jetzt nur auf diesem Pfad weitergehen, den er für dich schon bereitet hat.“
Das heißt, du sollst deine Berufung leben. Verstehen Sie: Das hat nichts mit christlichem Leistungssport zu tun.
Manche Leute stellen sich das so vor: Du bist zum Glauben gekommen, und jetzt hat Gott sozusagen einen Zusatzmotor in dein Leben eingebaut. Jetzt musst du doppelt so schnell fahren wie vorher. Jesus hat so viel für dich getan, jetzt kannst du auch mal etwas für ihn tun. So wird es oft gesagt.
Dann rackern die Leute, merken aber nach einer Zeit, dass es nicht mehr klappt. Alles fährt sich tot, es wirkt nicht mehr glaubwürdig, und man beißt sich an dieser steilen Forderung die Zähne aus.
So ist es nicht gemeint. Paulus sagt: Leute, ihr seid jetzt mit Jesus Christus verbunden. Er wohnt durch den Glauben in eurem Herzen. Wenn ihr euch auf ihn verlasst und in Verbindung mit Jesus Christus lebt, werdet ihr zwar immer noch Fehler machen. Ihr werdet immer wieder in einzelne Sünden fallen.
Aber wenn ihr im Glauben an ihn lebt und Tag für Tag um seine Führung und Hilfe bittet, wird er euch schrittweise verändern. Er wird euch immer mehr zu dem Menschen machen, der ihr von eurer Stellung her schon seid – auch im Alltag.
Ihr seid Ritter, aber nun werdet ihr lernen, immer mehr als Ritter zu leben. Jesus wird euch die Hand halten, euch führen und bei euch sein.
Man kann sagen: Das christliche Leben ist ein Prozess, in dem wir immer mehr zu dem Menschen werden, der wir bei Gott und von unserer Stellung her schon sind. Das ist es: Wir werden immer mehr zu dem Menschen, der wir längst bei Gott und von unserer Stellung her sind.
Und wie gesagt, Jesus selbst will uns dahin bringen. Es ist nicht unsere Leistung. Aber – und das ist wichtig in diesem Erziehungsprozess – macht Jesus uns nicht zu Marionetten. Er nimmt uns voll in die Verantwortung mit hinein.
Er sagt: Weil ich dir die Kraft gebe, kannst du dich jetzt auch mit aller Kraft einsetzen.
Wir können sagen: So sehr Epheser 1 bis 3 Gottes Souveränität, Gottes Gnade, Gottes Kraft und Gottes Macht betont, so deutlich mahnt Paulus in Epheser 4 bis 6 auch unsere persönliche Verantwortung an.
Deshalb sagt er hier gleich zu Beginn: „Ich ermahne euch nun, dass ihr der Berufung würdig wandelt.“ Du trägst echte Verantwortung. Gott bezieht dich in seinen Weg mit ein.
Ausblick auf die praktische Umsetzung in verschiedenen Lebensbereichen
Nächsten Sonntag werden wir sehen, wie Paulus beginnt, die praktischen Lebensbereiche Schritt für Schritt zu behandeln. Der erste Bereich, der dann dran ist, ist für jeden Christen sehr wichtig, aber manchmal auch ziemlich schwierig zu bewältigen.
Es ist ein Bereich, der uns viel Freude bereitet, aber auch manchmal Ärger macht: der Lebensbereich Gemeinde. Interessanterweise fängt Paulus genau mit diesem praktischen Bereich Gemeinde an. Er erklärt, was es bedeutet, würdig zu leben, und wie sich das auf unser Zusammenleben innerhalb der Gemeinde auswirkt.
Gott hat uns in eine neue Familie gestellt, doch für diese Familie gibt er uns auch einen neuen Standard. Das erste Unterthema, das Paulus anschneidet – so viel verrate ich schon –, ist bereits in den Versen angedeutet: das hochaktuelle Thema Einheit. Paulus fragt, was es bedeutet, die Einheit in der Gemeinde zu bewahren und in der Einheit miteinander zu leben, die uns der Heilige Geist geschenkt hat.
Dabei geht es ziemlich ans Eingemachte. Ich hoffe, alle sind wieder dabei, wenn wir in den nächsten Wochen genauer betrachten, was es heißt, würdig zu wandeln – und zwar in den verschiedenen praktischen Bereichen unseres Lebens: in unseren Familien, in der Gemeinde, am Arbeitsplatz und überall dort, wo Gott uns hingestellt hat.
Praktische Anregung zur Reflexion des eigenen Lebenswandels
Trotzdem können wir schon in dieser Woche etwas tun. Wir können dafür sorgen, dass Gottes Wort immer mehr alle unsere Lebensbereiche durchdringt und dass dieser Vers 1 immer stärker Wirklichkeit in unserem Leben wird.
Der Rat, den ich Ihnen dafür geben möchte, ist folgender: Nehmen Sie sich in der nächsten Woche einmal eine ruhige Stunde und schreiben Sie alle Lebensbereiche und Aufgabenfelder auf, in denen Sie Verantwortung tragen. Das kann sein als Gemeindeglied, als Mutter oder Vater, als Tochter oder Sohn, als Lehrer, als Mitschüler, als Untergebener, als Nachbar oder als Kollege – was auch immer.
Überlegen Sie, in welchen Beziehungen Sie stehen und welche Aufgaben Sie haben. In welchen Bereichen tragen Sie Verantwortung? Stellen Sie sich dann vor Gott die Frage: Was bedeutet es für mich, etwa als Familienvater meiner Berufung würdig zu leben? Was bedeutet es für mich als Angestellter, meiner Berufung würdig zu leben? Was bedeutet es für mich als Student in meinem Umfeld, meiner Berufung würdig zu leben? Was bedeutet es für mich als Nachbar oder Kollege, meiner Berufung würdig zu leben?
Stellen Sie sich diese Frage für jeden Bereich Ihres Lebens und bitten Sie Gott darum, dass Sie ihm sagen: Herr, lass Deine Wahrheit mein ganzes Leben noch stärker verändern – alle Bereiche, in denen ich Verantwortung trage. Lass immer mehr geschehen, dass das Leben, das Du mir geschenkt hast, auch in meiner Alltagsrealität immer sichtbarer wird.
Zum Schluss möchte ich eine Erfahrung teilen, die der bekannte Pastor Ernst Modersohn einmal berichtet hat. Er kannte einen Bildhauer. Eines Tages kam er wieder in dessen Atelier und sah, wie gerade ein ziemlich großer Marmorblock in der Werkstatt abgeladen wurde. Er blieb stehen, erkannte den Bildhauer gut und fragte: „Was wollen Sie denn mit diesem Marmorblock machen, Meister Schmidt?“
Der Meister Schmidt antwortete: „Da sitzt eine Germania drin, also so eine antike Frauenfigur. In diesem Block steckt eine Germania, nur der Dreck muss noch weg.“ Nach einigen Tagen konnte man sich das schon vorstellen. In ersten groben Umrissen erkannte man einen Menschen und dann irgendwann eine weibliche Gestalt.
Pastor Modersohn kam dann wieder vorbei und sagte: „Na, Meister Schmidt, jetzt sind Sie ja wohl fertig.“ Der Bildhauer antwortete: „Nein, nein, jetzt kommen erst die Feinheiten dran.“ Er nahm nicht mehr den Meißel, sondern einen kleinen Kamm mit scharfen Zähnen und schliff die Feinheiten aus der Figur heraus.
Nach einigen Tagen kam er wieder und fragte: „Ja, aber Meister Schmidt, was machen Sie denn, wenn Sie mal irgendwo zu fest gehämmert haben und zu viel abgebrochen ist?“ Der Steinmetz sagte: „Das kommt nicht vor, das passiert nicht.“
Das ist im Grunde ein Bild dafür, wie Gott mit uns umgeht. Wir sind oft noch ein ziemlich grober, unbearbeiteter Marmorblock. Aber Gott sagt: Da steckt das Bild Christi drin, nur der Dreck muss noch weg. Und Gott bearbeitet uns.
Manchmal denken wir, jetzt hat Gott uns doch eigentlich genug bearbeitet. Ich habe mein christliches Leben jetzt so eingerichtet, und es verläuft doch in seinem Willen. Jetzt müsste Gott seine Arbeit an mir eigentlich getan haben. Aber Gott sagt: Jetzt geht es erst los, jetzt kommt der Feinschliff dran, meine Liebe. Jetzt bearbeite ich dich weiter bis in die Feinheiten deines Lebens hinein, damit das Bild Christi in dir immer deutlicher wird.
Manchmal haben wir vielleicht Angst und sagen: Mensch Gott, wenn Du mal zu viel abschlagen solltest, wenn Du uns etwas zumutest, was nicht wieder gutzumachen ist? Da sagt Gott uns genauso: Das kommt nicht vor, das kommt nicht vor.
Ich weiß nicht, ob dem Steinmetz das nicht vielleicht doch mal unterlaufen sein könnte, aber wir dürfen mit Sicherheit wissen: Bei Gott kommt es nicht vor. Er arbeitet an unserem Leben. Er will uns so umgestalten, dass wir immer mehr dahin kommen, würdig zu leben – entsprechend der großartigen Berufung, die er jedem seiner Kinder schenken will.
So wünsche ich Ihnen eine spannende Woche, eine Woche, in der Sie von Gott deutlich erkennen, was er an Ihrem Leben möglicherweise an der einen oder anderen Stelle bewegen und verändern will. Ich wünsche Ihnen ganz viel Mut, denn Jesus Christus hat versprochen, dass er niemanden überfordert, dass er bei uns ist und selbst dafür sorgt, dass unser Leben geborgen und sicher ans Ziel kommt.
Das Bild des Bildhauers als Ermutigung zum geistlichen Wachstum
Es scheint, dass kein Text zum Überarbeiten vorliegt. Bitte stellen Sie den Text bereit, den ich überarbeiten soll.
