Einführung: Persönliche Begegnung mit Jesus
Okay, geht dieses Mikrofon? Das ist mir lieber, ja, dann brauche ich es nicht zu halten, danke.
Das Thema heute lautet „Mit Jesus leben“. Geht das also? Ja, versteht man mich gut? Ich spreche übrigens auch Deutsch, so gut ich kann. Wenn ich meinen Dialekt spreche, habt ihr auch Probleme, oder? Wenn ihr dann sagt, ihr versteht nicht viel, geht es mir manchmal genauso, wenn ich in der Schweiz bin. In manchen Gegenden verstehe ich meine Bergführerkollegen auch nicht, aber das beruht auf Gegenseitigkeit.
So ist es doch gut, wenn man sich mit einem halbwegs verständlichen Deutsch in der Mitte trifft. Die Deutschen lachen, wenn ich sage, ich spreche Hochdeutsch, aber es genügt, um mich verständlich zu machen.
Herr Präsident! Das Thema „Mit Jesus leben“ ist ein sehr persönliches Thema. Mir gefällt dieses Thema, weil es heißt: „Nicht mit der Bibel leben, sondern mit Jesus leben.“ Ich lebe ja nicht mit einem Buch. Ich bin dankbar für die Bibel und glaube, dass das, was in der Bibel steht, die Wahrheit ist. Aber ich lebe nicht mit der Bibel, ich lebe mit Jesus, meinem Herrn.
Das zeigt bereits, dass es eine Person ist, an die wir glauben und mit der wir leben – keine Religion, kein System und auch kein Buch. In diesem Sinn wäre es falsch zu sagen, das Christentum sei eine Buchreligion. Es stimmt natürlich, dass im Buch die Wahrheit über Christus steht, aber wir leben nicht mit einem Buch.
Die Einladung Jesu zur Beziehung
Jesus – ich möchte vielleicht so anfangen – hat einmal in Matthäus 11,28 gesagt: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe geben.“
Er hat gesagt: „Kommt her zu mir.“ Er hat nicht gesagt: „Kommt zur Kirche“, nicht „kommt zum Pfarrer“ und nicht mal „kommt zur Bibel“, sondern „kommt zu mir“. Der Beginn allen christlichen Lebens ist, dass wir zu Jesus kommen und nicht zu irgendetwas anderem.
Ich habe mir angewöhnt, das zum Teil morgens zu tun. Wenn ich munter werde, komme ich zu Jesus. Nicht jeden Tag, aber oft. Wenn ich noch im Bett liege, sage ich: „Jesus, ich komme zu dir, ich bin bei dir, ich bin dein Kind.“
Dabei mache ich mir bewusst, dass er bei mir ist, sogar in mir wohnt und ich in ihm bin. Es geht um dieses Bewusstmachen seiner Gegenwart. Wenn du Christ bist, wenn du Jesus kennst, dann ist er ja sowieso immer bei dir. Aber es geht darum, sich diese Gegenwart bewusst zu machen, die dann meinen Tag ausfüllt und auch verändert.
Nun, es ist eine Sache, zu Jesus zu kommen, aber wir sollten nicht nur zu Jesus kommen, sondern auch in Jesus bleiben. Johannes 15 kennen wir alle: Dort sagt Jesus: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“
Wir haben oft gedacht: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ – das klingt ein bisschen übertrieben. Denn ich kann ohne Jesus durchaus vieles tun. Ich kann Bergsteigen, und ich habe Bergführerkollegen, die keine Christen sind. Die können auch Bergsteigen, sie können auch ihre Frau lieben – all das geht auch ohne Christus. Wir können viele Dinge ohne Christus tun.
Aber was wir nicht können, ist das, was Jesus meint: Frucht bringen, die bleibt. Wir können keine Frucht produzieren, die dauerhaft ist. Die Frucht, die bleibt, können wir ohne Jesus nicht hervorbringen. Das kann nur Christus schenken.
Bereits in diesen zwei Worten Jesu – „Kommt her zu mir“ und „Bleibt in mir, so wie ich in euch bleibe“ – erkennt man den Kern des ganzen Evangeliums, des ganzen Menschseins: Wir sind zur Beziehung geschaffen, zur Beziehung mit Gott und zur Beziehung untereinander, mit Jesus zu leben.
Unser Gott, an den wir glauben, ist ein absolut persönlicher Gott und ein absolut beziehungsorientierter Gott. Persönlichkeit und Beziehung – das macht unseren Gott aus.
Die Bedeutung der Dreieinigkeit für Beziehung und Liebe
Und darum nur ein kurzer Nebengedanke: Gott muss ein dreieiniger Gott sein. Wenn jemand nicht an den dreieinigen Gott glaubt, hat er ein großes Problem. Dann ist er genauso bankrott wie ein Atheist. Und zwar aus folgendem Grund:
Wir glauben, dass Gott Liebe ist. Die Bibel sagt das zweimal explizit: Gott ist die Liebe. Das ist, was er ist, das ist sein Wesen. Liebe ist keine Eigenschaft Gottes, sondern das Wesen Gottes selbst.
In der Bibel steht zum Beispiel nie, dass Gott Zorn ist. Ja, ein liebender Gott kann zornig sein, aber Gott ist nicht Zorn. Gott ist nur Liebe. Ein liebender Gott ist eifersüchtig, aber Gott ist nicht Eifersucht. Gott ist in seinem Wesen nur Liebe. Er hat viele Eigenschaften als dieses Wesen, die in der Bibel beschrieben sind.
Wenn wir also sagen, Gott ist Liebe, und die Bibel ernst nehmen, dann müssen wir das auch bekennen und sagen: Ja, die Bibel sagt, Gott ist die Liebe. Wir glauben als Christen auch, dass Gott in sich selbst vollkommen ist.
Nun, wenn Gott Liebe ist und vollkommen in sich selbst, dann geht das nur auf eine Weise: Er muss ein dreieiniger Gott sein.
Seht ihr, ich weiß nicht, ob du muslimische Freunde hast, aber es wäre schön, wenn du welche hättest. Wenn du muslimische Freunde hast, kannst du sie fragen: Ist Allah Liebe? Ist er barmherzig? Dann wird dein muslimischer Freund sagen: Ja, das ist er. Dann kannst du fragen: Ist Allah vollkommen in sich selbst? Dann wird er sagen: Selbstverständlich ist er vollkommen.
Dann kannst du fragen: Wenn Allah vollkommen ist und Barmherzigkeit und Liebe ist, wen hat Allah geliebt, bevor er den Menschen schuf? Darauf gibt es keine Antwort. Denn Allah ist ein absoluter Anämonade, ein alleiniger Gott. Er kann niemanden für sich alleine lieben. Und wenn er einen Menschen schaffen musste, um lieben zu lernen, dann ist er nicht vollkommen in sich selbst. Versteht ihr?
Das heißt, ein Gott, der Liebe ist und gleichzeitig vollkommen, muss ein dreieiniger Gott sein. Anders geht es nicht.
Seht ihr, Gott ist nicht Liebe nur wegen Johannes 3,16: „So sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Gott ist Liebe wegen Johannes 17,24, wo Jesus sagt: „Mein Vater hat mich geliebt vor der Erschaffung der Welt.“ Sie haben sich immer geliebt, weil es ein dreieiniger Gott ist.
Einer allein kann keine Liebe praktizieren. Wenn ein Mann oder eine Frau sagt: „Ich bin so verliebt“, dann ist die offensichtliche Frage: „In wen?“ Ohne ein Gegenüber gibt es keine Liebe. Wenn du Liebe praktizieren möchtest, brauchst du ein Gegenüber, sonst kannst du nicht lieben.
Gott musste also nicht den Menschen schaffen, um lieben zu lernen. Gott hat immer geliebt. Wie in der Dreieinigkeit – Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Es ist ganz wichtig zu erkennen: Ein Gottesbild, das keinen dreieinigen Gott kennt, ist in sich selbst bankrott.
Darum lesen wir im ersten Kapitel der Bibel, Genesis 1, wo Gott sagt: „Lasst uns Menschen schaffen zu unserem Bild.“ Das gibt uns bereits die Idee, wozu der Mensch geschaffen ist.
Was ist die Dreieinigkeit? Ein ganz persönlicher Gott, der auf Beziehung ausgelegt ist. Wenn wir in seinem Ebenbild geschaffen sind, dann sind wir persönliche Wesen und auf Beziehung ausgelegte Wesen. Und das ist der Inhalt unseres Lebens.
Die Bedeutung von Beziehung für den Menschen
Seht ihr, Beziehungen sind nicht nur ein Teil unseres Lebens – wir sind Beziehung. Ohne Beziehung existieren wir nicht als Menschen, höchstens als Säugetiere. Das ist auch interessant.
Wie stellt Gott sich uns in der Bibel vor? Er tut das immer durch persönliche Wörter. Er sagt: „Ich bin euer Vater.“ Die Bibel sagt auch, dass Gott uns wie eine Mutter tröstet. Weiter heißt es, dass Christus unser Bräutigam ist und Gott der Ehemann von Israel. Die Bibel sagt außerdem, dass er unser Freund und unser Bruder ist.
Wir erkennen: Du kannst ja nicht gleichzeitig Vater und Bruder sein. Gott ist viel mehr als nur Vater in unserem Verständnis – er ist ein Beziehungswesen. Darum geht die ganze Debatte, ob die Bibel zu maskulin ist, völlig am Ziel vorbei. Gott ist weder männlich noch weiblich, Gott ist Geist.
Und als Geist offenbart er sich uns mal als Vater, mal als Mutter, mal als Freund, mal als Bruder, mal als Ehemann, mal als Bräutigam und so weiter. All diese Begriffe sind Beziehungswörter, weil Gott uns zur Beziehung geschaffen hat.
Hier sind wir, ich glaube, die Männer noch mehr als die Frauen, sehr verarmt. Besonders in unserer Gesellschaft, die extrem individualistisch ist, sind wir verarmt in Beziehungen. Das ist unsere Not, das ist unsere größte Not – meine tiefe Überzeugung.
Kommunikation als Grundlage des Lebens mit Jesus
Aber nun die Frage: Wie leben wir mit Jesus?
Ich möchte mit einem Wort beginnen: Kommunikation. Wenn man miteinander leben will, braucht es Kommunikation. Man muss reden.
Was ist das größte Problem in Ehen? Sehr oft, wenn Frauen auch zur Seelsorge kommen, sagen sie: Er redet nicht. Das ist ein Problem. Wenn wir nicht reden, können wir keine Beziehung üben.
In den ersten Kapiteln der Bibel lesen wir immer wieder, dass Adam und Eva mit Gott wandelten. Auch Enoch wandelte mit Gott, ebenso Noah. Sie wandelten, lebten und sprachen mit Gott.
Übrigens glaube ich persönlich nicht, dass Adam Gott anfassen konnte, so wie wir das manchmal in Kinderbüchern sehen. Denn niemand hat Gott je gesehen. Aber die Gegenwart Gottes war so real, dass er jeden Tag mit Gott spazieren ging.
Nun, wie reden wir mit Gott? Das nennt man in der Bibel Gebet. Gebet ist ein Wort, das wir alle kennen. Aber ich glaube, wenn wir ehrlich sind, kämpft jeder von uns damit.
Sobald du über Gebet redest, kommt oft schlechtes Gewissen auf, weil du genau weißt: Ich tue es zu wenig und sollte es mehr tun. Ich habe noch keinen Christen getroffen, egal ob in charismatischen oder konservativen Kreisen, der gesagt hat: „Weißt du was, Hans Peter, ich brauche ein Seelsorgegespräch, ich habe ein Problem, ich bete zu viel.“ Das ist mir noch nie passiert.
Das scheint kein Problem zu sein. Was das Problem oft ist: Leute sagen erstens, sie beten zu wenig. Zweitens sagen sie oft, wenn sie beten, bringt es ihnen nichts. Sie beten und es geht nur bis an die Decke, oder sie beten und das Gebet kommt von der Wand zurück.
Dann sage ich ihnen: Das ist kein Problem, weil Gott unter der Decke ist, er ist hier drinnen. Du brauchst ja nirgends hin mit deinem Gebet.
Aber das ist auch ein Missverständnis, das wir haben. Früher, wenn ich hier drinnen war, habe ich mich oft richtig angestrengt, um mit meinem Gebet zu Gott durchzukommen.
Wo willst du denn mit deinem Gebet hin? Durch die erste Decke? Glaubst du, dass er dahinter ist? Oder durch die zweite oder durch die Ozonschicht? Wie weit soll dein Gebet kommen?
Gott lebt ja in uns, und wir sind in Christus. 196-mal steht das im Neuen Testament, ich weiß das genau, weil ein deutscher Theologe seine Doktorarbeit darüber gemacht hat: 196-mal „Christus in uns“ und „wir in Christus“. Er ist in uns. Du musst mit deinem Gebet nirgendswohin. Er ist näher, als du dir selbst bist.
Und das ist es, mit Christus zu leben, mit Jesus zu leben.
Die Kunst des Gebets: Übung und Gemeinschaft
Wenn man sich im Reden übt, Freunde, ist das eine Übung, die man nicht über Nacht lernt. Es ist ja auch nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Dann kommt es darauf an, wie man aufgewachsen ist. Wir haben das Reden oft nicht gelernt. Und die Schweizer sind da auch keine Weltmeister, die Österreicher schon gar nicht. Wir sind im Reden keine Weltmeister.
Wissen Sie, warum ich da viel gelernt habe von meinen nordamerikanischen Geschwistern? Die sind viel besser im Ermutigen und im Zusprechen von etwas Positivem als wir. Bei uns bin ich mit der Sache aufgewachsen: Nichts gesagt ist genug Lob. Nichts gesagt ist genug Lob. Das ist völlig unbiblisch. Das ist unsere Kultur, wir sind so aufgewachsen, aber das ist falsch. Und es hindert uns daran, normal, liebevoll und positiv miteinander zu reden. Da müssen wir etwas lernen.
Ich bin froh, dass ich lernen darf. Ich bin jetzt fünfzig und immer ein Lernender. Ich weiß nicht viel, ich lerne andauernd. Und das freut mich sehr. Ich will das hoffentlich bis zu meinem Sterbebett tun.
Wenn man lernt zu kommunizieren und sich auszutauschen, entsteht etwas, das tiefer ist als nur Kommunikation. Es entsteht Kommunion oder Gemeinschaft. Und Kommunion, Gemeinschaft ist mehr als nur Reden.
Der Unterschied ist folgender: Oft, wenn ich einen Tag zu Hause bin – was nicht allzu oft der Fall ist, aber es kommt vor, dass ich ganze Tage zu Hause bin – dann passiert Folgendes. Meine Frau und ich haben übrigens eine Frühstückspension, sie heißt Waldschlössel. Ich bin dort geboren und wohne immer noch im Haus, in dem ich geboren wurde. Ich habe es geerbt, weil mein älterer Bruder es nicht wollte, und ich war der Nächste.
Meine Frau führt die Frühstückspension und macht das ganz gerne. So hat sie etwas zu tun, wenn ich unterwegs bin. Wenn ich mal den ganzen Tag zu Hause bin, muss ich immer Dinge reparieren, ich bin natürlich der Hausmeister und erledige alles Mögliche.
Tagsüber redet man dann so lose Sätze. Man sagt zum Beispiel: „Kannst du mir da helfen?“ und sie sagt „Nein“ oder so ähnlich. Aber es ist immer interessant: Wenn ich zu Hause bin, dann passiert meistens um vier Uhr nachmittags Folgendes. Meine Frau sagt: „Ich trinke mir jetzt einen Kaffee.“ Und das hat eine Bedeutung.
Das ist nicht einfach nur Kaffee trinken, das machen wir auch. Kaffeetrinken heißt: Jetzt setzen wir uns hin und jetzt reden wir nicht nur über „Wo ist der Schraubenzieher?“ und so weiter, sondern jetzt reden wir richtig miteinander. Da sieht man sich an.
Wisst ihr, was der Unterschied ist? Da fragt man nicht: „Wie geht es den Kindern?“, „Wie schaut es auf dem Konto aus?“, „Wie geht es den Gästen?“, „Wie ist das Wetter?“ oder „Was lernen die Häuser?“. Sondern man fragt den anderen: „Wie geht es dir eigentlich?“
Viele von euch sind verheiratet. Wann hast du deine Frau das letzte Mal gefragt, wie es ihr geht? Im Haushalt: Wie geht es ihr? Dann kommst du auf eine andere Ebene des Gesprächs. Hier beginnt erst Gemeinschaft. Vorher nicht. Vorher ist Kommunikation wichtig. Aber es gibt verschiedene Stufen von Gemeinschaft.
Wenn du morgens aus dem Haus gehst und dein Nachbar geht vorbei, und du sagst „Guten Morgen“, das ist nett. Aber wenn das bei deiner Frau alles ist, dann ist es zu wenig. Es gibt verschiedene Tiefen der Gemeinschaft und der Kommunikation.
Jesus als Freund und Begleiter im Alltag
Das war interessant. Ich gehe gerne auf einen Kaffee oder auf ein Bier mit einem Freund. Im Jahr 2000 ist elf Jahre her. Ich habe mir da eine Notiz gemacht, sonst hätte ich das eh vergessen, wie so vieles andere.
Im Jahr 2000 ist mir aufgefallen, dass ich oft sage: Ich glaube, Jesus ist tatsächlich mein bester Freund, außer dass er auch mein Herr und mein Heiland ist. Aber ist er auch wirklich mein bester Freund? Dann fiel mir auf, dass ich Jesus noch nie auf einen Kaffee eingeladen habe. Seitdem habe ich damit begonnen. Im Durchschnitt würde ich sagen, dass ich einmal im Monat mit Jesus auf einen Kaffee gehe. Ich habe mir das so angewöhnt, dass ich meistens in ein Kaffeehaus gehe, wo mich niemand kennt. Zu Hause kennt mich jeder, und da sind wir nicht ungestört.
Also gehe ich in ein Kaffeehaus, setze mich hin und bestelle einen Kaffee. Ich bestelle übrigens nur einen, sonst ist die Kellnerin verwirrt. Dann rede ich einfach mit meinem Herrn. Ich muss ehrlich sagen, das ist eine meiner schönsten Zeiten in meinem Leben. Das wollte ich nie mehr missen. Denn sieh, das Größte, was du Gott geben kannst, ist deine Zeit. Das ist das Allergrößte.
Frag mal deine Frau, was sie von dir will, falls da noch Liebe da ist. Dann will sie deine Zeit. Gott hat uns jeden Tag sechzehn bis achtzehn Stunden gegeben, in denen wir wach sind. Die Frage ist – und das ist nicht gesetzlich gemeint, sondern ganz einfach aus der Beziehung heraus: Wie viel von dieser Zeit, wie viele Minuten verbringst du davon alleine mit Jesus?
Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: Es ist wichtiger, mit Gott über Menschen zu reden, als mit Menschen über Gott zu reden. Oft geht es mir beim Gebet so, wenn ich ehrlich bin: Ich habe nicht kapiert, warum ich überhaupt mit Gott reden soll. Er weiß ja sowieso alles schon, bevor ich es ihm sage. Wenn ich ihm jetzt Dinge erzähle oder ihn um Dinge bitte, die er sowieso schon weiß, dann ist das ja ein bisschen überflüssig.
Ich habe vor einigen Jahren einen Satz gelesen, der lautet: Welchen Sinn macht es, wenn wir Gott im Gebet Dinge erzählen, die er schon weiß, Fragen stellen, die er längst beantwortet hat, Bitten aussprechen, deren Erhörung er bereits eingeleitet hat? Abgesehen von seiner Liebe macht das keinen Sinn. Aber in Anbetracht seiner Zuneigung zu uns können wir gar nicht zu oft vor ihm treten, zu lange mit ihm sprechen und zu viel von ihm erbitten.
Denn Gott in seiner Liebe ist nicht darauf aus, nur Bitten zu erhören, sondern uns zu hören. Er möchte nicht etwas Neues von uns hören, er will uns hören – und das immer wieder aufs Neue. Seht ihr, das ist der Schlüssel.
Ein Beispiel vielleicht: Ich habe ja drei Kinder, viele von euch werden auch Kinder haben. Das hat mir geholfen, das zu verstehen. Es ist eine der schönsten Dinge, wenn die Kinder einfach mit dir reden. Ich erinnere mich an ein paar Jahre, Lukas ist jetzt 21. Als er damals den Führerschein gemacht hat, war ich gerade unterwegs, ein oder zwei Wochen, irgendwo auf Reisedienst.
Ich habe meiner Frau telefoniert, sie hat mir alles erzählt, wie es Lukas beim Führerschein ergangen ist, seine Probleme, dass er es dann geschafft hat usw. Also wusste ich, wie er den Führerschein bestanden hat. Nach zwei Wochen kam ich nach Hause, Lukas saß in der Küche und sagte: „Vati, ich musste dir unbedingt erzählen, wie es mit dem Führerschein war.“ Ich sagte: „Na, sei ruhig, das weiß ich schon.“ Natürlich nicht.
Es ist so schön, wenn dein Sohn mit dir redet und dir die Dinge erzählt, die ihn bewegen. Ob ich die schon weiß oder nicht, ist für mich völlig irrelevant. Denn siehe, ich will von Lukas nichts Neues hören, ich will nur ihn hören.
Im Gebet musst du Gott nichts Neues erzählen, aber er will dich hören, denn es geht um Gemeinschaft. Der dreieinige Gott, der Gott der Gemeinschaft, hat uns in seinem Ebenbild geschaffen, um nun in Gemeinschaft miteinander und mit ihm zu leben.
Zeugnisse und die Kraft der Begegnung mit Jesus
Vor ein paar Jahren war eine Frau bei uns im Sommerprogramm, das heißt Upward Bound – nicht Outward Bound, sondern Upward Bound. Denn wir sind nicht nach draußen gebunden, sondern nach oben. Das ist eine Bergbibelschule.
Diese Frau schrieb mir zwei, drei Jahre später, nachdem sie bei uns war, einen Brief. Ich lese nur ein, zwei Sätze daraus heraus:
„Während meiner Zeit am Tarnhof befolgte ich den Rat und unternahm Spaziergänge mit Jesus. Ich ging sogar auf einen Kaffee mit ihm. Ich bekam nicht, was ich erwartet hatte, aber was ich empfing, übertraf alles, was ich mir erträumt hatte. Auf einem dieser Spaziergänge öffnete der Heilige Geist mein Herz und ich erkannte Jesus. Es war kein bloßes Bescheidwissen über ihn, nein, ich erkannte ihn. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich keine Angst mehr vor ihm, meine Seele wurde ruhig. Mein Herz fand eine solche Freude in der Person Jesu, dass ich mir wünschte, ich könnte für immer dort bleiben.“
Sie schreibt weiter: „Upward Bound wäre nur ein wunderschöner Abenteuerurlaub gewesen ohne Jesus, aber wegen ihm ist mein Leben für immer anders geworden.“
Dann schreibt sie: „Als ich zum Tarnhof kam, wusste ich, was ich glaube? Als ich vom Bauernhof nach Hause fuhr, wusste ich, an wen ich glaube.“
Seht ihr, und das ist der Unterschied: Wir glauben nicht etwas, wir glauben an jemanden. Wir leben mit dem lebendigen Gott, der auferstanden ist und heute lebt.
Wenn man sich in dieser Kommunikation übt und die Verbindung vertieft, dann beginnt man, in Gemeinschaft zu leben. Dadurch entdeckt man das, wozu wir geschaffen sind, nämlich zur Einheit mit Christus.
Die Einheit mit Christus als Zeugnis der Welt
Im Johannes 17 lesen wir das hohepriesterliche Gebet, so wird es genannt. Jesus betet in diesem Gebet. In Johannes 17, Vers 20 sagt er: „Nicht für die alleine bete ich, nicht nur für meine Jünger, sondern für alle, die durch ihr Wort an mich glauben, das bist du und ich, damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, dass auch sie in uns seien.“
Er fährt fort: „Damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast, und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, dass sie eins seien, wie wir eins sind: ich in ihnen und du in mir, damit sie in uns eins vollendet werden, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie geliebt hast.“
Wie erkennt die Welt, dass Gott uns gesandt hat? Indem wir in Christus leben, er in uns, und dass wir miteinander in Liebe leben. Das ist das Zeugnis.
Nicht unser Glaubensbekenntnis ist das Entscheidende. Der Glaube an einen dreieinigen Gott ist völlig unbrauchbar, wenn wir nicht in Liebe miteinander leben. Denn der dreieinige Gott an sich ist die Liebe. Darum sagt Jesus: „Daran wird die Welt erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Nicht wenn ihr die richtige Erkenntnis der Dreieinigkeit habt.
Die Dreieinigkeit zeigt uns nur, dass wir für die Gemeinschaft geschaffen sind. Und der Grund der Gemeinschaft ist die Liebe.
Persönliche Erfahrungen und Herausforderungen im Gebet
Nun noch ein paar ganz persönliche Worte zum Gebet. Ich spreche sehr viel über das Gebet, habe Bücher darüber geschrieben – die sind auch draußen erhältlich, falls es jemanden interessiert. Wisst ihr, warum ich das tue? Weil ich ein schlechter Beter bin.
Wenn du die Schwäche des Predigers hier kennenlernen möchtest, dann höre darauf, was er dauernd betont – das ist sein Problem. Weil Gebet mein Problem ist, rede ich ständig darüber. Es ist nicht meine Stärke, im Gegenteil. Aber ich bin froh, dass ich es tue, denn wenn ihr heute nichts anderes mitnehmt, dann, dass ich mich wieder daran erinnert habe, wozu ich geschaffen bin – gerade weil es meine Schwäche ist.
Ich kann mich erinnern, als ich 15 Jahre alt war und zum Glauben an Jesus kam. Natürlich begann ich dann auch, die Bibel zu lesen, zur Jugendstunde zu gehen und so weiter. Dabei lernte ich, dass man nicht vor Leuten beten soll, sondern in ein Kämmerlein gehen und dort in der Stille mit Gott beten soll. Gott wird das sehen und so weiter.
Also ging ich in mein Kämmerlein und betete – doch ich sage euch ehrlich, das war eine Katastrophe. Es war fast immer dasselbe: Hände gefaltet, Augen zu, und dann sprach ich Hochdeutsch. Ich weiß nicht genau warum, aber es war so.
Ich begann immer so: „Lieber Vater im Himmel“. Nach spätestens dreißig Sekunden saß ich da und entweder schlief ich ein oder meine Gedanken waren ganz woanders – beim Klettern, Motorradfahren, einem Mädchen oder sonst etwas, aber sicher nicht mehr bei Gott. So saß ich da, drei, vier Minuten, dachte: „Ah ja, ich bete“, sprach wieder: „Lieber Vater im Himmel“ – und es ging von vorne los.
Für mich war Beten eine extrem frustrierende Sache. Dann dachte ich, vielleicht mache ich es falsch. Ich las weiter in der Bibel und sah, dass manche sich zum Beten auf den Boden legen. Das probierte ich – kannst du total vergessen. Dann kniete ich – auch das half mir nicht wirklich. Manchmal lief es ein bisschen besser, meistens war es aber katastrophal.
Später begann ich im christlichen Zentrum zu arbeiten und wusste immer noch nicht, wie man richtig betet. Also kaufte ich wieder Bücher über das Beten. In manchen Gebetsbüchern stand: Wenn du dich nicht konzentrieren kannst, schreibe dir eine Gebetsliste. Gute Idee, dachte ich, damit kann ich meine Gedanken besser ordnen.
So machte ich mit meiner Frau ein Gebetsbuch. Links standen alle Gebetsanliegen, zum Beispiel Missionare, rechts waren Bilder, damit sie nicht vergisst, wie sie aussehen. Jeden Tag beteten wir diese Liste durch – zwei Jahre lang.
Nach zwei Jahren sagte Gott zu mir, dass ihn diese Gebetsliste zu Tode langweilt. Und ich dachte dasselbe. Gebetslisten an sich sind nicht schlecht, aber wenn das das Einzige ist, was du über Gebet weißt, dann ist das eine Katastrophe.
Dann dachte ich: Ich kann doch nicht Bibelschulleiter sein und nicht wissen, wie man betet. Ich kaufte wieder Bücher, las über Martin Luther, George Müller und andere Gebetskämpfer. Martin Luther sagte zum Beispiel, er sei immer um fünf oder vier Uhr aufgestanden und brauche täglich drei Stunden in der Stille vor Gott. Wenn er viel zu tun habe, sogar vier Stunden.
Ich dachte: Super! Ab morgen stehe ich jeden Tag um fünf Uhr auf, egal was passiert. Am dritten Tag hat es mich umgebracht – ich habe es nicht geschafft. Übrigens, wisst ihr, warum die alle so früh aufgestanden sind? Ganz einfach: Sie hatten keinen Strom und gingen mit den Hühnern schlafen, also konnten sie auch früh aufstehen. Ich komme kaum vor Mitternacht ins Bett, Mitternacht ist bei mir das Früheste.
Vor etwa zwanzig Jahren arbeitete ich auf einem Dauernhof als Bergführer und Skilehrer. Eines Wintertages fuhr ich nach Hause, war frustriert über mein Gebetsleben und sagte: „Nein, ich gehe jetzt nicht ins Haus. Ich gehe nur spazieren.“
Ich ging spazieren und sprach mit Gott über meine Frustration, darüber, dass ich es nicht verstehe und es nicht funktioniert. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich unterwegs war – vielleicht ein oder zwei Stunden. Es war angenehm und gut.
Als ich nach Hause kam, verstand ich: Ich hatte einfach mit meinem Herrn geredet. Wisst ihr, wie das früher war? Ich hatte auch so ein Gebetsbüchlein, das sagte: Du sollst Fürbitte leisten, danken, Gott preisen und anbeten, dann ein Kapitel lesen und so weiter.
Ich begann also: „Fürbitte – für wen jetzt? Für die Eltern, die Frau, Missionare... jetzt wird es eng. Für wen noch? Ah ja, der Nachbar auch.“ Zwei Minuten waren vorbei. Was jetzt? „Anbeten – ja, ich bete dich an.“ Dreißig Sekunden vorbei. Was ist jetzt dran?
Das klingt vielleicht witzig, aber ich nehme an, für manche von euch ist es gar nicht witzig, weil ihr euch genau darin wiederfindet: Im Versuch zu beten, der einfach schwierig ist.
Ich muss ehrlich sagen: Als ich vor zwanzig Jahren aus Verzweiflung anfing, spazieren zu gehen, erkannte ich, was es bedeutet, „Ich atme auf in deiner Gegenwart“, wie wir gesungen haben.
Seitdem ist Gebet für mich ein Aufatmen. Es ist eines der schönsten Dinge, muss ich ehrlich zugeben. Nicht, dass ich ein Gebetskämpfer wäre – überhaupt nicht –, aber ich freue mich, wenn ich mir Zeit nehme, einfach für ihn allein.
Ich habe auch Gott nie viel Zeit gegeben, mit mir zu reden. Das war auch so: Die Gebetsbücher sagen heute, du sollst anbeten, die Bibel lesen, vielleicht drei Kapitel, dann kommst du in einem Jahr durch. Und am Schluss steht immer: „Hör noch auf Gott.“
Ich kann mich gut erinnern: Nach fünf Minuten war es schon gut, zehn Minuten richtig gut, wenn ich gebetet hatte. Dann sagte ich zum Schluss: „So Gott, jetzt rede du zu mir.“ Ich wartete dreißig Sekunden – nichts. Okay, bis zum Abend. So war das über viele Jahre.
Ich sagte „Amen“ – und „Amen“ war für mich Punkt. Später dann: „Wir reden wieder miteinander.“ „Amen“ war Punkt.
Ich habe aber gelernt, dass „Amen“ nicht Punkt bedeutet, sondern einfach „So ist es“. Deshalb heißt mein Buch „Nach dem Amen bete weiter“.
Das ist etwas, was ich euch heute mitgeben möchte: Versucht es mal! Ihr seid mehr oder weniger mit Christus verbunden, mit ihm unterwegs. Ihr werdet wahrscheinlich ein Gebet sprechen, mit ihm reden, vielleicht zu Mittag oder wann auch immer. Und dann sagt ihr wahrscheinlich „Amen“.
Die eine Herausforderung, die ich euch geben möchte, ist: Wenn ihr „Amen“ sagt, redet einfach weiter mit ihm. Und wenn ihr wieder „Amen“ sagt, redet einfach weiter.
Und wisst ihr, was ihr dabei merkt? Ihr betet ohne Unterlass. Das ist Beten – mit ihm reden.
Jesus im Alltag einbeziehen
Ich kann mich noch gut erinnern: Vor Jahren habe ich irgendwo in Österreich einen Vortrag gehalten. Nach meinem Vortrag kam ein ganz sympathischer Mann auf mich zu. Er war Skilehrer, Holzhacker und ein gläubiger Mensch. Er erzählte mir, dass er es ähnlich macht wie ich. Er geht auch spazieren im Wald, und das ist meistens sehr schön.
Doch es ist immer so verzwickt: Er geht spazieren und redet mit Jesus. Dann hört er plötzlich eine Motorsäge. Er liebt Motorsägen und muss wissen, was es ist. Ob es eine Husqvarna oder eine Stihl ist – das will er herausfinden. Dabei wird er immer wieder in seinem Gebet unterbrochen.
Dann erzählt er weiter: Wenn er wieder spazieren geht, hört er einen Traktor. Auch Traktoren liebt er. Er muss wissen, ob es ein Steyr, ein Ford oder ein Ferguson ist. Er muss hin und sich das anschauen.
Ich sagte zu ihm: Wenn das dein Problem ist, hast du eigentlich gar kein Problem. Beim nächsten Spaziergang mit Jesus, wenn du mit ihm über alles Mögliche redest und die Motorsäge hörst, dann sag einfach: „Herr Jesus, hörst du die Motorsäge?“ Dann antwortet Jesus: „Ja, ich bin nicht taub.“
Dann kannst du sagen: „Komm, Jesus, lass uns hingehen und uns die Motorsäge anschauen.“ So schaust du mit dem Herrn die Motorsäge an und besprichst sie mit ihm. Manchmal glauben wir, Jesus sei dumm. Entweder ist er dumm oder er ist nicht interessiert – beides ist falsch. Gott ist an allen Dingen interessiert, er weiß alles und kennt auch Motorsägen. Du kannst mit ihm darüber sprechen.
Wenn du einen Traktor hörst, sagst du zu Jesus: „Schau, der Traktor, schau mal hin, schau dir den Fahrer an.“ Warum solltest du plötzlich aufhören, mit Jesus zu reden, nur weil ein Traktor da steht? Du kannst ja mit ihm darüber sprechen und es dir anschauen.
Das ist, glaube ich, das Geheimnis des Gebets: Man lernt, Jesus einfach zum Gegenüber zu machen – in all meinen Gesprächen und Gedanken. Es ist ja keine Arbeit. Wenn ich einen Traktor anschaue – ich liebe Traktoren – dann gehen meine Gedanken automatisch dorthin. Ich bin übrigens auch Automechaniker, habe das mal vier Jahre lang gelernt. Wenn ich einen Traktor sehe, schaue ich, was mit dem Motor, dem Kühler oder dem Frontlader ist.
Warum also nicht diese Gedanken nehmen und mit Jesus besprechen? So lernt man, Jesus in alle Dinge des Lebens einzubeziehen. Manche Leute sagen: „Gott ist wirklich nicht interessiert an den Kleinigkeiten des Lebens.“
Dazu möchte ich etwas sagen: Wenn du Jesus aus den Kleinigkeiten deines Lebens ausschließt, schließt du ihn aus 95 Prozent deines Lebens aus. Denn 95 Prozent unseres Lebens bestehen aus Kleinigkeiten, und genau da will Jesus hinein.
Und das bedeutet es, mit Jesus zu leben.
Stille und Gemeinschaft im Gebet
Es ist oft so: Beim Gebet glauben wir, dass wir immer reden müssen. Das ist aber nicht der Fall. Ich weiß nicht, wie viele von euch sich an das erste Date erinnern, das erste Mal, als ihr ein Mädchen ausgeführt habt. Ich kann mich nur vage erinnern und weiß auch den Namen nicht mehr, tut mir leid. Aber eines habe ich gelernt: Später, wenn du ein Mädchen oder eine Frau triffst, die dir gefällt, und du sagst, „Geh mal auf einen Kaffee oder auf ein Bier“, und ihr geht zusammen in ein Café oder wohin auch immer, dann weißt du, was das Peinlichste ist? Wenn du das Mädchen nicht gut kennst und ihr sitzt einfach nur still da. Das ist extrem peinlich. Sie sieht zwar gut aus, aber sie sagt nichts. Und du sitzt da, und zwei Minuten Stille fühlen sich an wie drei Monate.
Darum sage ich jungen Leuten: Wenn du jemanden ausführen willst und du kennst sie nicht gut, dann geh irgendwo hin, wo es laut ist. Dort ist es nicht so peinlich. Wenn man sich nicht gut kennt, ist Stille sehr unangenehm. Aber wenn du, so wie ich, fünfundzwanzig Jahre verheiratet bist, dann ist eine Stunde Stille Gold wert. Und ich meine das nicht, wie ihr vielleicht denkt. Hannelore und ich kennen uns inzwischen so gut, dass wir eine Stunde nebeneinander sitzen können, ohne ein Wort zu sagen, und trotzdem total okay dabei sind, weil wir uns kennen.
Warum sage ich das? Oft ist es im Gebet ähnlich. Manchmal glauben wir, wir müssen immer die Luft mit Worten füllen, um zu beten. Wenn man Jesus besser kennenlernt, kannst du eine Stunde mit ihm spazieren gehen, ohne ein Wort zu sagen, und du genießt die Zeit. Es geht nicht immer ums Reden, sondern auch ums Zuhören.
Der ganze Punkt im Leben mit Jesus ist, dass wir uns bewusst machen, dass Jesus lebt, dass er in mir ist und ich in ihm. Er will nichts anderes als mich, mein Leben. Nicht meinen religiösen Dienst, nicht einmal meine Hingabe – er will viel mehr als das. Er will mich.
Übrigens: Jesus hat kein Interesse daran, die fünfte Priorität in deinem Leben zu sein. Und genauso wenig will er die erste Priorität in deinem Leben sein. Er möchte überhaupt keine Priorität sein, er möchte dein Leben sein.
Ich habe oft gehört: „Jesus zuerst, dann die Familie und so weiter.“ Das stimmt nicht. Wisst ihr, warum nicht? Weil Jesus der Erste sein will – in meiner Ehe, in meiner Arbeit, in meinem Sport. Er will einfach mit mir die Dinge tun. Aber wenn wir Prioritäten so setzen, dann sagen wir: „Den habe ich jetzt abgehakt, passt, jetzt komme ich zur zweiten.“ Nein! Du kannst Jesus nie abhaken. Er ist immer bei dir, in deinem Leben. Das ist das Geheimnis.
Vom Ich zum Wir: Gemeinschaft mit Christus leben
Und ich möchte noch mit einem Gedanken schließen: Wir sollen lernen, nicht im Ich zu leben, sondern im Wir. Theoretisch ist das ganz plausibel und klar. In der Praxis ist es wahrscheinlich die größte Herausforderung in unserem ganzen Leben.
Gerade weil wir so individualistisch geprägt sind, leben wir immer im Ich, Mich, Mein, Mir. Ich, Mich, Mein, Mir – Herr, segne diese vier! So sind wir es gewohnt, so sind wir aufgewachsen. Aber wisst ihr, was wir lernen müssen? Wir müssen lernen, im Wir, im Unser, in der Gemeinschaft zu leben.
Ich gebe euch jetzt ein Beispiel von mir, vielleicht ein etwas dummes, aber manchmal helfen auch solche Beispiele. Mir fällt kein besseres ein. In ein paar Minuten sind wir hier fertig. Dann werden wir alle aufstehen aus den Stühlen und keine Ahnung, was wir tun, vielleicht irgendwo hingehen, von mir aus einen Kaffee trinken.
Wenn du sagst: „Ich stehe jetzt aus meinem Stuhl auf und gehe zu meinem Auto“, dann lebst du eine Lüge. Wenn du aber sagst: „Herr Jesus, wir stehen aus unserem Stuhl auf und gehen in unser Auto“, dann lebst du in der Wahrheit. Ich weiß, das klingt extrem banal, aber Freunde, das ist Realität.
Eine Frage an dich: Wenn du gläubig bist, glaubst du, dass Christus in dir wohnt? Dann wirst du sagen: „Ja, das glaube ich.“ Wie viele seid ihr dann? Mindestens zu zweit. Wenn das die Wahrheit ist, dann müssen wir lernen, in dieser Wahrheit zu leben.
Der Grund, warum wir so verwirrt sind in unserem Christenleben, ist, dass wir andauernd eine Lüge leben. Wir leben ständig im Ich, Mich, Mir, Mein. Das ist eine Lüge. Die Wahrheit ist: Es sind wir und Christus in mir. Wir sind zu zweit. Er will mit mir leben und ich mit ihm.
Ich weiß, das klingt banal, aber ich glaube, so beginnt es. So können wir lernen, wirklich mit Jesus zu leben. Psychologisch ist das absolut korrekt. Gute Psychologen bestätigen, dass Menschen, die immer nur auf sich allein gestellt sind, in ihrem Denken oft krank werden.
Es gibt psychologische Übungen, bei denen du lernst, wenn du einen Raum betrittst und dort ein leerer Stuhl steht, dir vorzustellen, dass dort ein alter Mann oder Donald Duck sitzt – egal wer – und mit ihm zu reden. Das ist gut für die Seele.
Wisst ihr was? Ich bin so froh, dass ich nicht einen alten Mann oder Donald Duck haben muss, sondern einen lebendigen Gott.
Nur noch ein kurzer Unterschied, um das zu verdeutlichen: Es ist wie Tag und Nacht, ob ich im Ich oder im Wir lebe. Wenn ich im Ich lebe, sage ich zum Beispiel: „Ich habe solche Angst vor der Zukunft. Ich glaube, ich werde total versagen, ich werde draufgehen.“ So geht es uns manchmal, mir zumindest.
Wenn du dasselbe im Wir versuchst, sagst du: „Herr Jesus, wir haben solche Angst vor der Zukunft.“ Dann sagt Jesus: „Eigentlich nicht, denn sie ist in meiner Hand.“ „Wir werden total versagen?“ – „Na, ich habe gewonnen, ich habe den Tod besiegt.“ „Wir werden draufgehen?“ – „Nein, ich bin auferstanden.“
Siehst du, im Ich oder im Wir zu leben, ist wie Licht oder Dunkelheit – in Bezug auf deine Gemeinschaft mit Jesus und auf dein ganzes Leben. Darum ist es so wesentlich, mit Jesus zu leben.
Schlussgebet: Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott
Ich möchte noch gemeinsam beten.
Lieber Vater, es ist wirklich ein Vorrecht, dass du als der dreieinige Gott, der absolut persönliche und beziehungsfähige Gott, uns geschaffen hast im Bilde Gottes. Du hast uns in deinem Bild geschaffen, und darum sind wir für Gemeinschaft mit dir und mit anderen Menschen erschaffen.
Die bestimmende Qualität der Gemeinschaft ist die Liebe, die du erwiesen hast in deinem Sohn Jesus Christus. Sie ist sichtbar geworden und hat ihren Höhepunkt am Kreuz, wo du dein Leben für deine Freunde, für unsere Sünden, gegeben hast, damit wir leben können. Herr, dafür danke ich dir.
Danke, Herr, dass diese Trennung, dieses Weggehen von dir, die Sünde, aufgehoben ist. Wir dürfen wieder neu lernen, im Wir gemeinsam mit dir zu leben. Herr, dafür danke ich dir.
Ich danke dir jetzt für diesen Morgen, für all die Männer hier, Vater, die du so lieb hast und die du kennst. Wir wollen gemeinsam lernen, diese Liebe zu erwidern.
So wie du die Gemeinschaft zu uns für ewig fix gemacht hast durch Kreuz und Auferstehung, so wollen wir, Herr, unsere Gemeinschaft mit dir fest machen und lernen, jeden Tag neu zu leben, bis wir bei dir sind und dich so sehen, wie du wirklich bist.
So danke ich dir, Herr, jetzt für den Morgen, danke für dein Wort und für deinen Heiligen Geist, den du uns geschenkt hast. Er lehrt uns, führt uns in alle Wahrheit und befähigt uns, in und mit dir zu leben.
Dafür danke ich dir im Namen unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus. Amen.