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Abraham - Wer macht reich? Überfluss im verheißenen Land

24.06.2011

Herr Präsident, herzlichen Dank für die Einladung. Das Büchlein wäre besser erst danach zu besprechen gewesen, aber wir machen es jetzt vorher. Es gibt nur einen Aspekt, den ich ansprechen möchte.

Die erste Fassung wurde bereits 1993 geschrieben. Helge Stadelmann und ich sind die Autoren. Es geht um neue Praktiken innerhalb der Pfingst- und charismatischen Bewegung. Wer den Namen Terry Jones kennt, weiß, dass er eine Zeit lang in aller Munde war. Am 11. September wollte er den Koran verbrennen. Daraufhin schrie man einmütig „Sektiererextremist“. Auch die Gemeinde in Köln distanzierte sich und sagte, eigentlich seien sie eine Sekte. Dabei verspürte ich eine gewisse Genugtuung, weil wir schon 1993 davor gewarnt hatten.

Inzwischen gibt es Updates. John MacArthur beklagte auf die Frage, was das Hauptproblem unserer Tage sei, die Durchblickslosigkeit. Es ist schade, dass man manche Dinge erst erkennt, wenn es zu spät ist.

Hier greift wieder meine Theologia agricultura, meine Landwirtschaftstheologie. Was haben Menschen und Kartoffeln gemeinsam? Beiden gehen die Augen auf, wenn sie im Dreck sitzen. Das ist die Geschichte des Homo sapiens. Der Mensch ist nicht mündig, sondern sündig. Weil wir gefallen sind, lernen wir durch Fehler. So ist es. Aber das ist nicht mein Thema.

Einführung und persönliche Anmerkungen zum Thema

Wir saßen bei einem Schoppen, und dabei wurden die einzelnen Räder verteilt. Ich habe mich gedrückt und es mehrmals geschafft, zu entkommen. Doch schließlich fiel der Blick doch auf mich.

Vor Jahrzehnten hatte ich ein Büchlein von Moody gelesen, das anders war, als sie dachten. Darin wird auch beschrieben, wie Abraham den vierfachen Verzicht bringt. Deshalb habe ich, als bei diesem Thema – Erste Mose 13 – gefragt wurde, mit etwas bangen Herzen zugesagt.

Ich hatte Angst, dass es mager wird. Doch mich tröstet die Vorstellung, dass ihr in der nächsten Runde dann euer Fett abbekommt. Die Steigerung von Fett ist „fetter“, haben wir festgestellt.

Der biblische Text: Abraham und Lot trennen sich

Ich lese den Text eingangs vor. Wir haben 1. Mose 13,5, eigentlich noch Vers 4, der darlegt, dass Abraham, damals noch Abram, an den Ort zurückkehrte, wo er den Altar errichtet hatte. Dort rief er den Namen des Herrn an. Name steht hier für die Person; er rief den Herrn an.

Jetzt ab Vers 5: Lot aber, der mit Abram zog, hatte auch Schafe, Rinder und Zelte. Das Land konnte es nicht ertragen, dass sie beieinander wohnten, denn ihre Habe war groß, und sie konnten nicht zusammen wohnen. Es war immer Zank zwischen den Hirten von Abrams Vieh und den Hirten von Lots Vieh. Zu der Zeit wohnten auch die Kanaanit­er und die Perisiter im Land.

Da sprach Abram zu Lot: „Lass doch nicht Streit sein zwischen mir und dir, zwischen meinen und deinen Hirten, denn wir sind Brüder! Stell dir das Land nicht alles offen, sondern trenne dich von mir! Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten, oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken.“

Da hob Lot seine Augen auf und besah die ganze Gegend am Jordan. Denn ehe der Herr Sodom und Gomorra vernichtete, war sie wasserreich bis nach Zoa, wie der Garten des Herrn, gleich wie das Ägyptenland. Lot erwählte sich die ganze Gegend am Jordan und zog nach Osten. So trennte sich ein Bruder vom anderen, sodass Abram im Land Kanaan wohnte und Lot in den Städten am unteren Jordan. Lot zog mit seinen Zelten bis nach Sodom.

Aber die Leute zu Sodom waren böse und sündigten sehr wider den Herrn. Als nun Lot sich von Abram getrennt hatte, sprach der Herr zu Abram: „Hebe deine Augen auf und sieh von der Stätte aus, wo du wohnst, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen. Denn all das Land, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben für alle Zeit. Ich will deine Nachkommen machen wie den Staub auf Erden. Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, so wird er auch deine Nachkommen zählen. Darum mache dich auf und durchziehe das Land in die Länge und Breite, denn dir will ich es geben.“

Abraham zog weiter mit seinem Zelt und kam und wohnte im Hain Mamre, der bei Hebron ist. Dort baute er dem Herrn einen Altar.

Soweit Gottes Wort. Hier werden uns zwei Personen vorgestellt: Abraham und Lot.

Abraham als Vorbild geistlicher Reife und Verzicht

Lot tritt nun in diese Szene ein und nimmt dabei einen gewissen Raum ein. Er ist auch charakteristisch für die Situation. Wir sehen hier bei Abraham seinen zweiten Verzicht. Dabei wird uns ein anderer Abraham gezeigt, als wir ihn gestern bei Eberhard gesehen haben. Dort wurde Abraham als jemand dargestellt, der Kompromisse eingeht. Hier gewinnt er geistliche Statur.

Das Erschreckende ist, dass Abraham dies nicht nur einmal getan hat. Er hat es bei Abimelech wiederholt, als er sagte: „Sie ist meine Schwester.“ Sein Sohn hat es ebenfalls getan. Was die Väter getan haben, können die Söhne oft noch viel besser. Bei Abraham war es noch eine halbe Wahrheit, denn sie war ja tatsächlich seine Schwester zur Hälfte. Es war also nicht ganz gelogen. Bei Isaak war es dann eine totale Lüge.

David hingegen beging den Ehebruch mit Bathseba noch im Verborgenen, doch sein Sohn Absalom tat es offen, auf den Dächern, vor den Augen Israels. Die Dinge, für die sich die Väter noch schämten, werden heute öffentlich gemacht und sogar gerühmt. Es ist also nichts Neues unter der Sonne.

Abraham ist hier, wie wir gestern gesehen haben, eigentlich jemand, der versagt hat. Ich bin dankbar, dass das so deutlich in der Bibel steht. Die Bibel ist kein Mythos, sie zeigt auch die Schwächen. Zum Beispiel heißt es, bevor unser Herr die Erde verlässt, in Galiläa: „Sie fielen vor ihm nieder, beteten ihn an, etliche zweifelten.“ So offen ist die Bibel.

Für einen Juden war es eine ungeheure Hemmschwelle, jemanden anzubeten, der sichtbar vor ihm stand. Die Bibel berichtet das, glorifiziert es aber nicht und übertreibt es nicht mit Titeln wie „Herr der Herrlichkeit“ usw. Nein, es steht so deutlich da. Ich bin auch deswegen dankbar, weil im Judentum die Überzeugung herrscht, Gott habe Abraham erwählt, weil er so ein gerechter und guter Mensch war. Das ist ihre Werkerei, ihr Glaube an die guten Werke, mit denen man vor Gott angenehm werden kann.

Damit musste sich Paulus schon herumschlagen. Und es steht ziemlich deutlich mehrmals, dass Abraham versagt hat. Er landet in Ägypten, was man auch bildlich auslegen kann. Er geht Kompromisse ein, aber er findet zurück. Er kehrt an die Stelle zurück, an der er dem Herrn den Altar errichtet hat. Er erlebt von diesem Rückfall eine Umkehr, er liefert sich neu dem Herrn aus und erhält geistliche Kraft. So wird er uns jetzt als der Abraham dargestellt, wie er in Kapitel 13 geschildert wird.

Hier ist er ein geistlicher Mann und wird zum Vorbild. Reichtum in der antiken Welt wurde besonders durch die Größe der Herden gemessen, neben Gold und Silber. Hier haben wir zwei wohlhabende Familien. Der Reichtum verhinderte jedoch ein friedliches Zusammenleben.

Das wäre auch fast ein Thema für sich. Vielleicht ist der Streit, der sich dann ergibt, auch eine Folge eines gewissen Kompromisses. Ich sage das nicht dogmatisch, aber als Gott Abram aus Ur in Chaldäa berief – das steht übrigens bei Nehemia nachzulesen –, sagte er: „Geh aus deiner Verwandtschaft!“ Nun nimmt Abram seinen Neffen mit.

Diese Ablösung geschieht nicht schlagartig, sondern allmählich. Es gibt Menschen, deren Bekehrung radikal ist. Manche knicken im positiven Sinne immer mehr ein, ganz allmählich. Gott erfasst sie neu, dann lassen sie wieder etwas los, geben an anderer Stelle wieder etwas auf und so weiter.

Der Geistliche und der Fleischliche: Abraham und Lot im Vergleich

Es entsteht dadurch Zank. Es heißt sogar immer Zank, es kam zum Streit. Und jetzt also bei Abraham ein vorbildlicher Zug, so eindrücklich, dass wir ihn als Beispiel eines geistlichen Gläubigen beziehungsweise Christen sehen können. Lot hingegen gilt als Typ eines fleischlichen Gläubigen. Wieso?

Abraham ergreift die Initiative. Er will nicht, dass Uneinigkeit und Zwietracht die Oberhand gewinnen. Und er ist zum Verzicht bereit. Das Land war nicht Lot verheißen, sondern Abraham. Er hätte sagen können: Erstens, ich bin der Ältere – das war in der antiken Welt ein ganz entscheidendes Kriterium. Zweitens: „Lot, du bist Mitläufer, ich bin der Verheißungsträger.“ Er hätte auf die Zusagen Gottes pochen können, doch er lässt los.

Wenn Zank unter Geschwistern besteht und Streit schwelt, muss ein Teil bereit sein, zu verzichten und nachzugeben. Das ist gewöhnlich der Geistlichere. Er ergreift die Initiative. Er kehrt es nicht unter den Teppich. Das ist jetzt aktuell für das, was sich oft in den Gemeinden abspielt – an Spannungen und so weiter. Er ergreift die Initiative, er geht auf den anderen zu. Er hätte sich nochmals auf sein Recht, auf die göttlichen Zusagen berufen und diese durchsetzen können. Doch das Kennzeichen eines geistlichen Menschen ist nicht Selbstbehauptung, sondern Selbstverleugnung.

Nicht zufällig wird Abraham in Römer 4 der Vater aller Gläubigen genannt. Und hier, in dieser Preisgabe seiner Vorrechte, in diesem Loslassen, ist er ein Vorbild für uns. Es erinnert auch an das, was Kurt eingangs vorgelesen hat: 2. Korinther 8,9. Wir haben ja das Thema, wer macht reich, Überfluss im verheißenen Land. Dort heißt es: „Denn ihr wisst die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass, obwohl er reich war, er arm wurde um eueretwillen, damit ihr durch seine Armut reich werdet.“

Dieses Loslassen darf nicht als Raub betrachtet werden. Gott gleich zu sein – das lesen wir ja in dem bekannten Hymnus aus dem Philipperbrief über unseren Herrn. Also schlägt Abraham die Trennung vor. Die Begründung: Wir sind Brüder, und Streit ist kein Zeugnis und keine Lebensweise.

Interessant ist, wie heute argumentiert wird: Wir sind Brüder, also müssen wir um jeden Preis vereint werden und bleiben. Nur die Einheit bewirke, dass sich Menschen bekehren, so heißt es in unseren Tagen immer öfter. Und der Lieblingsvers der Ökumene, „damit sie alle eins seien“ (Johannes 17,21), ist auf einmal eine vielstimmige Melodie im evangelikalen Lager geworden.

Ich habe das wirklich beobachtet. Jahrgang 1943, bin Achtundsechziger, ich habe mich 1968 bekehrt und werde jetzt 68 Jahre alt. Diese Dinge sind mit Vorsicht zu genießen – Randbemerkung. Damals war dieser Lieblingsvers der Ökumene kein Thema bei der Allianz. Mir sagte ein Mann in Amerika, der Lieblingsvers der Evangelikalen bis vor kurzem war Johannes 14,6. Was dort steht, wissen wir alle. Jetzt ist es Matthäus 7,1: „Richtet nicht.“ Also typisch diese Verlagerung vom Absolutheitsanspruch zum postmodernen Pluralismus.

Wolfgang nimmt dein Seminar schon vorweg. Wo ist der Wolfgang? Hier ganz links außen, jedenfalls aus meiner Perspektive. Das hat mich schon etwas nachdenklich gestimmt, wie man jetzt eigentlich so argumentiert wie noch vor einer Generation die Ökumene. Ich neige mehr zu Luther: Es ist ein betrügerischer und listiger Anlauf des Teufels, wenn man fordert, man solle nachgeben und einen Irrtum zugunsten der Einigkeit hinnehmen.

Das Wort schafft Einigkeit und Gemeinschaft. Wo diese sind, wird das andere folgen. Wo sie nicht sind, bleibt doch keine Einigkeit. Darum sage mir niemand etwas von Liebe oder Freundschaft, wo man etwas vom Wort abbrechen will. Hätte man nachgegeben, dann wären wir alle noch Götzendiener. Zitat von Spurgeon, den ich jetzt aus dem Englischen übersetze: „Getrennt sein ist Sünde. Hat nicht der Herr gebetet, dass wir alle eins werden, so wie wir eins sind?“

Ein Chor von ökumenischen Stimmen flötet heute die Einheitsmelodie. Was sie wirklich sagen, ist: Christen aller dogmatischen, lehrmäßigen Überzeugungen und Glaubenssätze müssen zusammenkommen in einer sichtbaren Organisation, unabhängig von den Lehren. „Vereint, vereint“ – solche Aussagen und solche Lehren sind falsch, rücksichtslos und gefährlich.

Die Wahrheit allein muss unsere Zugehörigkeit bestimmen. Die Wahrheit kommt vor der Einheit. Einheit ohne Wahrheit ist gefährlich. Das Gebet unseres Herrn in Johannes 17 muss in seinem ganzen Zusammenhang gelesen werden. Betrachtet man Vers 17: „Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit.“ Ohne Geheiligtsein durch das Wort Gottes gibt es keine wahre Einheit. Anders zu lehren heißt, das Evangelium zu verraten (Spurgeon in Essence of Separation).

Doch hier haben wir das Gegenteil, also in unserer heutigen Entwicklung. Weil wir Brüder sind, lasst uns zusammenziehen? Nein, nochmals das Vorbild von Abraham: Weil wir Brüder sind, lasst uns trennen. Es war offensichtlich der Geistlichere von den beiden, der diese friedliche Trennung vorschlug.

Ich kann beispielsweise Adventisten als meine Geschwister betrachten. Doch es wird sich vor Ort keine vernünftige Basis der Zusammenarbeit ergeben, wenn der eine auf dem Sabbat besteht und der andere sagt: „Nein, wir können uns auch, müssen uns nicht unbedingt am Sabbat treffen.“ Die Bibel im Neuen Bund erlaubt, jeden Tag gleich zu halten. Aber das funktioniert in der Praxis nicht.

Da muss man sich trennen – in Weisheit, in geistlicher Reife. Man kann sich als Geschwister stehen lassen, aber es funktioniert eben nicht in der Praxis.

Praktische Beispiele für geistliche Trennung

Kürzlich war ich in der Schweiz. Unser ehemaliges Pflegekind hat einen Schweizer geheiratet, und aus räumlichen Gründen waren sie dort im Berner Oberland in einer gemäßigten Pfingstgemeinde. Ich habe den Pastor auch kennengelernt. Er ist ein netter Kerl, eindeutig unser Bruder. Dann zeigte er mir den Glaubensgrundkurs.

Ich schaute mir an, wie es mit dem Empfang des Geistes und der Geistestaufe beschrieben wurde. Nachdem ich etwas hineingeschaut hatte, sagte ich: Lieber Bruder, das geht nicht. Es ist lehrmäßig einfach falsch. Sie sind unsere Geschwister, aber sorry.

Nun ist es wichtig, sich in Frieden und Liebe zu trennen – es sei denn, sie wären bereit, diese Irrlehren abzulegen. Wie bekommt man den Heiligen Geist? Man soll Buße tun, das ist richtig. Man soll an Jesus glauben, das ist richtig. Ich las dort aber, man müsse erst die Wassertaufe empfangen, und dann bekomme man womöglich den Heiligen Geist. Danach kommt auch noch die Geistestaufe.

Ich habe gesagt: Das geht nicht. Also, wir sind Geschwister, aber lasst uns trennen.

Lot als Beispiel des fleischlichen Christen

Doch jetzt zurück zu Lot. Warum ist er ein Typus für den fleischlichen Christen?

Zunächst zu Abraham, der uns zwei Grundstrukturen zeigt. Abraham wird uns in Kapitel 12 vorgestellt, aber nicht sehr beispielhaft. In Kapitel 13 zeigt er sich als Vorbild, denn er lässt los. Nun zu Lot: Er wählt nach dem Auge, als ihm Abraham dieses Angebot macht. Lot sagt nicht, wie wir es bei Abraham zuvor lesen, dass er den Herrn anrufen möchte. In Vers 4 kehrte Abraham zu seinem Altar zurück und rief den Herrn an. Lot hingegen hebt seine Augen, wählt nach dem Auge und fragt nicht den Herrn. Er orientiert sich letztlich an seinen eigenen Maßstäben.

Dann lesen wir in Vers 10: „Und Lot zog mit seinen Zelten bis nach Sodom.“ In Vers 10 hebt Lot erneut seine Augen auf und besieht die ganze Gegend am Jordan. Es zeigt sich eine Abwärtsentwicklung: In Kapitel 14, Vers 12 wohnt er in Sodom, und in Kapitel 19, Vers 1, sitzt er sogar in Sodom.

Im Englischen gibt es ein Wortspiel: „First we abhor, then we ignore, then we tolerate, then we participate.“ Zuerst sind wir entsetzt, dann ignorieren wir es, dann tolerieren wir es, und schließlich machen wir mit. Dieses moralische Gefälle der Welt hat sich so abgespielt. Man könnte die Menschen, die vor einer Generation verstorben sind, auferwecken und sie in unsere Zeit führen – es gäbe einen Aufschrei.

Wilhelm Busch hat 1962 schon gesagt, entschuldigen Sie, dass ich das als Österreicher sage: „Wir sind das dümmste Volk geworden.“ Die Deutschen haben Angst vor Arbeitslosigkeit, vor Krebs, vor der Atombombe. Diese Narren! Sie sollten Angst haben vor dem, der Macht hat, Leib und Seele in der Hölle zu verderben. „Wir sind das dämste Volk geworden“, so steigerte er sich richtig hinein. Das waren doch goldene Zeiten Anfang der sechziger Jahre. Wenn man damals gesagt hätte, man wolle Homosexuelle verheiraten, hätte man uns mit Blaulicht in die Klapsmühle gebracht. Heute bringen sie uns in die Klapsmühle, wenn wir dagegen sind.

Der geistliche Christ ist vom Wort des Herrn bestimmt, man könnte sagen vom Ohr her, der fleischliche vom Auge. Abraham richtete sich nach der Verheißung, also nicht nach seinen Sinnesorganen. Hier ist er wirklich vorbildlich; er wandelt sozusagen im Glauben. Denken wir nur an die Ermahnung: „Wer ein Ohr hat, der höre!“ Heute dominiert das Auge, und dementsprechend gibt es ein fleischliches Christentum.

Wie ist Lot geendet? Er endet in einer Höhle – das Gegenteil von dem weiten Raum, den Gott geben möchte. Wir haben den Gott der Bibel, von Jesus, der Sinne eingetauscht, und können nun Gott mit allen Sinnen wahrnehmen. Im Informationsdienst der Österreichischen Evangelischen Allianz heißt es unter der Überschrift „Wenn du Gott erfahren willst, öffne deine Sinne“: Anliegen der Veranstalter war es, Körperlichkeit und sinnliche Wahrnehmung als positive Elemente des christlichen Glaubens bewusst zu machen. Lot lässt herzlich grüßen.

So viel dazu. In der Woche ging es sowohl um Sinnlichkeit als auch um Besinnung und Fragen nach dem Sinn des Lebens. „Wer Gott erkennen will, muss zuerst sich selbst erkennen“, lautete das Credo – also genau verkehrt. Ähnlich wie Robel, aber das möchte ich dem Wolfgang überlassen. Wo ein Mensch lebendig ist und sich selbst spüren kann, kann er auch Gott erleben. Das ist die Evangelische Allianz Österreich. Zum Glück nicht alle.

Es erinnert mich wörtlich an Hundemann, der vor Jahrzehnten sagte: „Diese Generation kann einen nüchternen Glaubenswandel nicht mehr ertragen. Sie braucht eine religiöse Sinnlichkeit oder eine sinnliche Religiosität.“ Und genau das bekommen sie heute. Wir machen es wie Aaron, und diese Kreise haben unglaublichen Zulauf. Ich nenne jetzt keine Namen.

Gehen wir weiter: Das Auge fordert seinen Tribut. Denken wir an Achan’s Diebstahl, diesen Mechanismus: „Ich sah, es gelüstete mich, und ich nahm.“ So ging es David: Er sah, gelüstete und fiel. Ein Ältester in der Gemeinde von Alexander Strauch, der diese Gemeinde in Littleton bei Denver, Colorado leitete – ich weiß das von meinem Sohn, der dort dazugehört – sagte: „Unsere Jugend, und er meinte die fromme Jugend, geht zugrunde am Internet.“

Der Erste Johannesbrief gibt eine ähnliche Warnung für die Gläubigen: „Alles, was von der Welt ist, ist Fleisch, ist Lust, Augenlust. Hochwertiges Leben ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ Ich möchte mich hier auch einschließen: Wer da meint, so stehen sie hinzu, dass er nicht falle.

Nun ein Zitat von Tosa, das ich übersetze: Die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und hochwertiges Leben sind alles christianisiert worden, beklagte Tosa schon vor einer Generation. Der Mann war wirklich prophetisch. Nicht die Liberalen, nein, auf keinen Fall, sondern Evangelikale. All das wird jetzt mit Christus zusammen angeboten, für jeden, der glauben möchte.

Dieselben Werte, die Christus verachtet hat, werden jetzt verwendet, um Leute anzuziehen und sie fürs Evangelium zu gewinnen. Ein Kommentar in unserer Tageszeitung bezog sich auf die Demonstration in Persien, bei der eine Studentin, Neda, getötet wurde. Jemand filmte das mit seinem Handy. Ein Medienfachmann sagte dazu: „Dieses Video hat eine Eindrücklichkeit, die ich bisher nicht gesehen habe.“

Bilder – das ist die Welt, das ist kein Zitat aus einer frommen Ecke – Bilder hatten in Konflikten schon immer eine große Macht. Ein Video mit dieser starken Emotionalität ist aber bisher einmalig. Anders als Texte sprechen Bilder direkt die Gefühle der Menschen an, gehen ins Unterbewusste und wirken damit deutlich stärker. Bilder erscheinen uns immer als Realität, selbst wenn sie es nicht sind.

Deshalb sind Bilder ein sehr mächtiges Mittel, um Menschen zu manipulieren. Und das ist der Grund, warum die Bibel das ablehnt. Der Glaube kommt aus dem Hören, dem Gehörten, aus der Predigt, wie Luther übersetzt. Ich kann Menschen manipulieren, manchmal auch mit guten Motiven, aber das ist nicht das Wesen Gottes.

Beispiele aus der Bibel für fleischliches Verhalten

Ein weiteres Beispiel eines Gläubigen, der von seinen Augen bestimmt war, ist Simson, der stärkste Mann des Staates. Er sagt zu seinen Eltern: „Nehmt mir diese, sie gefällt meinen Augen“ – eine Tochter der Philister. So hat sich der Erwählte Gottes mit den Todfeinden des Volkes Gottes, den Philistern, gut arrangiert.

Der fleischliche Christ ist praktisch ohne Lohn, er wird wie durchs Feuer gerettet. Die Bibel, insbesondere das Neue Testament, unterscheidet nicht zwischen evangelikal und charismatisch, sondern zwischen fleischlich und geistlich.

Der Übergang von fleischlich zu geistlich ist nicht erst in 1. Korinther 12 bis 14 beschrieben, sondern bereits in Römer 6 bis 8, gewöhnlich durch Buße.

Lot konnte nicht einmal seine Frau mitnehmen. Als er jedoch seinen zukünftigen Schwiegersöhnen berichtete, dass Gott diese Städte vernichten werde, hielten sie es für lächerlich. Sein Zeugnis, das so sehr der Wahrheit entsprach, hatte keine Kraft.

Auch ich komme manchmal vor wie Lot, wenn ich den Leuten sagen möchte, dass das Gericht bevorsteht. Es wird gewöhnlich souverän lächelnd abgewiesen, obwohl manche Ereignisse, gerade in diesem Jahr, einige doch wieder nachdenklich gemacht haben.

Zurück zu Lot: Seine Töchter brachten den Geist Sodoms mit. Ihre Kinder, Moab und Ammon, waren oft genug Israels Todfeinde.

Heute gibt es viele geistliche Mischlinge, die den Heiligen Geist mit dem Zeitgeist vermählen wollen. Das Ergebnis ist nicht mehr Aktualität oder Effektivität – das wäre wörtlich die Emerging Church – sondern das genaue Gegenteil.

Durch solche Vermischungen entstehen Brückenköpfe zum echten Kern der Gemeinde, der dadurch oft genug geschwächt oder sogar zerstört wird.

Das erinnert an die Emerging Church. Sie bewirkt keinen Aufbruch mehr, sondern führt zu noch größerem Abfall. Sie beschleunigt nur den ohnehin schon stark um sich greifenden Niedergang.

Wir sollten nicht meinen, dass wir von diesen Geistordnungsprozessen verschont bleiben.

Aktuelle Herausforderungen und geistliche Gefahren

Liebe Freunde,

als das Christiwald in Bremen stattfand, wurde dort zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg eine christliche Veranstaltung physisch angegriffen. Damals stellte sich Wolfgang Huber, der Ratspräsident der EKD, hinter Christiweil. Anschließend suchte man noch eine Rückendeckung aus den Freikirchen. Es gibt ja den Bund der evangelischen Freikirchen, und nur die Freien evangelischen Gemeinden waren bereit, die Formulierung „Praktizierte Homosexualität ist Sünde“ zu unterschreiben. Die Methodisten und Baptisten wollten und konnten dies nicht mehr unterschreiben.

Dies zeigt, wie wir bei Lot bereits erwähnt haben, eine traurige Abwärtsentwicklung. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass das Neue Testament, wie wir bei Lot schon ausführlich gesehen haben, nicht gerecht ist. In 2. Petrus 2,6-7 heißt es: Gott hat die Städte Sodom und Gomorra zu Schutt und Asche gemacht und zum Untergang verurteilt. Damit setzte er ein Beispiel für die Gottlosen, die nachkommen würden. Gleichzeitig hat er den gerechten Lot errettet, dem die schändlichen Leute viel Leid antaten mit ihrem ausschweifenden Leben.

Lot wurde von diesen Leuten gequält. Er geriet immer mehr unter Druck, unter die Ansprüche und die Darstellung der Entartung. Das ist prophetisch. Das Neue Testament nennt ihn gerecht. Er ist ein Gerechter außerhalb der Segenslinie.

Liebe Freunde, Lot ist hier im Gegensatz zu Abraham das Vorbild eines geistlichen Menschen, während Abraham das Vorbild des Fleischlichen ist.

Persönliche Erfahrungen und Reflexionen

Ich habe von 1978 bis 1982 in der Schweiz gewohnt. Davor lebte ich in Kassel, in einer Mietwohnung direkt an der Straße. Dann besuchte ich jemanden in der Schweiz. Ich wollte weg, wegen des ganzen Erziehungssystems und so weiter.

Ich werde nie vergessen, wie mir die Frau eines Pastors einer FGG sagte, dass sie meine Tochter vor meinen Augen mit Sexualkunde „kaputt gemacht“ hätten – und das war damals erst der Anfang. Das hat mich doch einigermaßen bewegt. In der Schweiz war damals noch eine Art heile Welt, sozusagen.

Dann zeigte mir dieser Bruder eine Wohnung, falls ich eine suchte. Er zeigte mir eine Wohnung in Walzenhausen mit herrlichem Ausblick. Man nennt diesen Ort den Balkon vom Bodensee, da trifft sich die Grenze von Schweiz, Österreich und Deutschland in einer Linie.

In der Schweiz sind die Wohnungen komplett eingerichtet. Die Küche ist fertig ausgestattet, man kann einfach sein Bett aufstellen, und alles ist da. Das kannte ich aus Deutschland so nicht. Und die Berge – es war traumhaft schön.

Also zogen wir dorthin. Dabei musste ich immer an Loth denken. Wenn mich Leute fragten: „Alexander, was machst du dort? Ist das der Wille des Herrn?“ – war meine Antwort: „Ich weiß es nicht.“ Ich wurde ständig an Loth erinnert. Da steht jemand, der auch nicht viel besser ist.

Dann kam die Anfrage von der evangelischen Gesellschaft, ob ich mich als Evangelist anstellen lassen würde. Eigentlich wollte ich nicht so gerne loslassen. Es sah alles ruhig und friedlich aus. Die apokalyptischen, endzeitlichen Ereignisse konnte man von diesem Ort aus sehr gut beobachten und beurteilen.

Das Harmagedon war viel bequemer zu begutachten. Ich las dann mehr oder weniger ahnungslos in Johannes 21 und kam zu der Stelle, wo Jesus zu Petrus sagt: „Als du jung warst, gürtest du dich selbst und gingst hin, wohin du wolltest. Wenn du älter wirst, wird dich ein anderer gürten und führen, wohin du nicht willst.“

Als ich das las, saß das tief. Da packte ich meine Koffer.

Gottes Verheißung an Abraham als Antwort auf seinen Verzicht

Jetzt zurück zu Abraham, der damals noch Abram hieß. Kaum hatte er losgelassen, lesen wir in Vers 14: Als nun Lot sich von Abraham trennte, sprach Gott zu Abraham: Hebe deine Augen auf und sieh von der Stätte aus, wo du wohnst, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen.

Denn all das Land, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben für alle Zeit. Ich will deine Nachkommen machen wie den Staub auf Erden. Darum mache dich auf und durchziehe das Land in der Länge und in der Breite, denn dir will ich es geben.

Hier sehen wir, wie Abrahams Verzicht sofort von Gott belohnt wird. Sein größter Verzicht wird uns später Wolfgang darlegen, wenn er davon spricht, wie Abraham sein Allerliebstes, den Isaak, opfert. Dann wird Abraham wirklich zum Vorbild des Glaubens schlechthin.

Denn sofort kommt die Stimme Gottes: Weil du das getan hast und deinen einzigen Sohn nicht verschont hast. Wenn wir also loslassen, antwortet Gott sofort: Sieh hier das ganze Land! Abraham hatte es eigentlich Lot überlassen, doch jetzt geht er mit ihm entlang. Der Herr erneuert seine Bündnisverheißung. In alle Himmelsrichtungen wird das Land Abraham und seinen Nachkommen versprochen.

Lot endet hingegen in einer Höhle. Dort gab es nichts mehr links oder rechts, nichts mehr hinauf oder hinunter auszuschreiten. Es ist das Ende eines Lebens, das zwar gerecht ist, aber letztlich nur für sich selbst gelebt wird. Die Bibel nennt das einen fleischlichen Christen.

Statt Kommunikation herrscht Vereinsamung. Es ist Isolation. Viele Menschen sterben heute verbittert und vereinsamt. Mein Gebet ist, dass ich nicht so ende. Denn das Potenzial, so zu enden, ist da. Hier steht nicht jemand, der der Beste ist. Alles ist von Natur aus nur Gnade Gottes.

Das ist das Prinzip des Loslassens, das uns von Natur aus nicht immer leichtfällt. Die himmlische Belohnung sieht ganz anders aus. Paulus konnte sagen: Wir haben nichts und doch besitzen wir alles. Heute gewinnen viele immer mehr von der Welt und haben am Ende gar nichts mehr.

Die himmlische Mathematik, die göttliche Gleichung lautet: Sterben wir, so werden wir leben; dulden wir, so werden wir herrschen (2. Timotheus 2,11-12). Abraham verzichtet, Gott beschenkt ihn. Er hat eigentlich den besten Teil verschenkt, und doch erklärt Gott unmittelbar danach, dass er ihm das ganze Land geben wird.

Man kann Gott eigentlich nicht genug geben. Gott ist der wahre Lohn, wie es auch wörtlich in Kapitel 15, Vers 1 heißt: Fürchte dich nicht, Abraham, ich bin dein Schild und ein sehr großer Lohn. Sterben wir, so werden wir leben.

Es ist Gott, der reich macht und uns vor allem in Christus alles geschenkt hat. Der Preis ist das Loslassen. Fassen wir zusammen: Wir haben hier vier Punkte.

Zusammenfassung: Rückfall, Umkehr, Loslassen und Belohnung

Bei Abraham war Kapitel zwölf ein Rückfall. Er kehrt nach Ägypten zurück. Man könnte dies allegorisch so verstehen: Er findet zu dem Punkt zurück, an dem er sozusagen abgeglitten ist.

In Vers 4, wo er früher den Herrn angerufen und einen Altar errichtet hatte, ruft er den Herrn erneut an. Er tut Buße und sucht die Anrufung Gottes sowie geistliche Stärkung. Aus dieser geistlichen Stärkung war er dann bereit, loszulassen.

Am Ende von Kapitel 13 lesen wir, dass er einen Altar errichtete. Ein Altar steht für Hingabe. Gott beschenkt reich, damals noch sichtbar, heute unsichtbar.