Tattoos für Christen? (1/5)

Die Gültigkeit alttestamentlicher Gesetze
Jürgen Fischer
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Serie | 5 Teile

Tattoos für Christen?

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Gelten die Gesetze aus dem Alten Testament noch für Gläubige heute? Anhand des Beispiels von Tattoos (Tätowierungen) zeigt Jürgen Prinzipien zum Umgang mit dem Alten Testament.


Auf der einer Bibelschule dieses Jahr wurde ich nach Tattoos gefragt. Und weil ich damals zugeben musste, dass ich mir dazu noch nicht genügend Gedanken gemacht hatte, habe ich mein Versäumnis jetzt nachgeholt.

Fünf Episoden zum Thema Tattoos bzw. zu der Frage, wie man ethische Prinzipien aus dem Alten Testament ableitet. Denn darum wird es diese Woche gehen. Oder um ein bisschen genauer zu werden: Wenn in 3Mose 19,28 steht: "...und geätzte (o. tätowierte) Schrift sollt ihr an euch nicht machen. Ich bin der HERR."

Aber es steht doch in der Bibel …

Ist damit nicht alles gesagt? Und um das voraus zu schicken: Es gibt ganz grundsätzlich im Umgang mit Gott das Prinzip, dass wir unser Gewissen nicht einfach übergehen dürfen. Auch dann nicht, wenn es „schwach“ ist, also an Stellen anschlägt, wo keine Sünde vorliegt. Das ist deshalb wichtig, weil unser Gewissen als Werkzeug kaputt geht, wenn man es einfach übergeht. Deshalb schreibt Paulus im Blick auf Christen, die davon ausgehen, dass man als Christ nicht alles essen darf, obwohl der Herr Jesus alle Speisen für rein erklärt hat (Markus 7,19), folgendes: "Wer aber zweifelt, wenn er isst, der ist verurteilt, weil ⟨er es⟩ nicht aus Glauben ⟨tut⟩. Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde." (Römer 14,23)

Wer also glaubt, dass – egal, was ich in den nächsten Episoden behaupten werde – es für ihn eine Sünde wäre, sich tätowieren zu lassen, der soll bitte auf sein Gewissen hören! Was man nicht aus Glauben tun kann, ist für einen selbst nicht dran! Soviel vorweg.

Aber kommen wir zu den Tattoos. Wie gesagt, es gibt im Alten Testament eine Stelle, die man als ein ganz klares Verbot von Tattoos auslegen kann. Geätzte (o. tätowierte) Schrift sollt ihr an euch nicht machen. Und deshalb möchte ich zuerst einmal die Frage stellen, wie wir als Christen grundsätzlich mit Geboten aus dem Alten Testament umgehen sollen.

Welche Bedeutung haben gerade alttestamentliche Verbote für uns heute noch? Und Paulus schreibt dazu im 1. Timotheus folgendes: "Wir wissen aber, dass das Gesetz gut ist, wenn jemand es gesetzgemäß gebraucht," (1. Timotheus 1,8)

Das mosaische Gesetz - voll gut …

Das mosaische Gesetz ist also nicht einfach weg, eine Sache von gestern oder Teil eines alten, abgeschafften Bundes, sondern etwas, das gut ist, wenn man – Vorsicht! – es gesetzmäßig gebraucht. Es gibt also für Christen einen rechten Gebrauch des mosaischen Gesetzes.

Wie sieht der aus? In 1. Timotheus 1,9a steht dazu: "...indem er dies weiß, dass für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist, sondern für Gesetzlose und Widerspenstige, für Gottlose und Sünder,…" Spannende Formulierung – oder? Das Gesetz ist nicht für den Gerechten bestimmt. Warum nicht? Weil es nicht gerecht machen kann. Das kann nur der Glaube.

Mehr Regeln helfen dem Menschen nicht,.. sondern das mosaische Gesetz ist für Gesetzlose, Widerspenstige, Gottlose, Sünder und die Aufzählung geht sogar im Text noch weiter. Warum ist das Gesetz für Sünder? Weil es Sünde offenbart. In Vers 8 hieß es: “das Gesetz ist gut, wenn jemand es gesetzmäßig gebraucht.” Und was ist das, ein gesetzmäßiger Gebrauch? Der gesetzmäßige Gebrauch des mosaischen Gesetzes besteht darin, dass ich seine Gebote verwende, um Sünde aufzudecken.

An anderer Stelle schreibt Paulus: "So ist also das Gesetz heilig und das Gebot heilig und gerecht und gut." (Römer 7,12) Halten wir fest: Gott ist ein heiliger Gott. Und wenn ein heiliger Gott ein Bundesgesetz erlässt, dann ist das auch heilig. Und weil die Gebote des mosaischen Gesetzes heilig sind, deshalb helfen sie uns, Sünde zu erkennen. Bis dahin ist die Sache relativ einfach.

… aber nicht immer voll einfach

Jetzt machen wir es ein wenig komplizierter. Es gibt nämlich ganz unterschiedliche Gebote im mosaischen Gesetz und nicht alle helfen uns in gleicher Weise, Sünde zu erkennen. Ich mag der Einfachheit halber drei Sorten von Geboten unterscheiden. Ich nenne sie mal: situativ, rituell und dauerhaft.

I. Zeitgebundene, situative Gebote
Es gibt Gebote, die sind zeitgebunden. Die haben mit uns heute nichts mehr zu tun, weil sie kulturell verankert sind und man beim bloßen Lesen schon merkt. Das ist nicht mehr relevant. Ein Beispiel aus 5. Mose 23,13: "Und du sollst einen Platz außerhalb des Lagers haben, dahin kannst du hinausgehen⟨, um auszutreten⟩."

Und der nächste Vers macht dann noch deutlich, dass man seine Ausscheidung bitteschön vergraben soll. Muss ich das heute auch noch so machen? Nein, musst du nicht! Ein Autor nennt es die „Hermeneutik des gesunden Menschenverstandes“, die deutlich macht, dass wir es hier mit einem situativen, zeitgebundenen Gebot zu tun haben.

II. Rituelle Gebote
Auch die rituellen Gebote, also alle Gebote, die mit Opfern, Priestern, Speisevorschriften oder ritueller Unreinheit zu tun haben, sind erledigt. Sie waren, wie ich schon öfter gesagt habe, Hinweiszeichen auf den Messias. Jesus hat sie mit seinem Kommen erfüllt und die Apostel greifen sie nirgends wieder auf.

III. Dauerhafte, ethische Gebote
Was dann noch übrig bleibt, das sind die dauerhaften oder ethischen Gebote. Diese Gebote stehen im mosaischen Gesetz, weil sie die Heiligkeit Gottes offenbaren. Sie spiegeln den Charakter Gottes wider. Man könnte auch formulieren: Die ethischen Gebote konkretisieren das Liebesgebot. Und das ist auch der Grund dafür, dass sie bereits vor dem mosaischen Gesetz galten und auch heute noch gelten.

AT-Gesetze? Relevant!

Nun zum Problem: Diese dauerhaften oder ethischen Gebote kommen leider auf ganz unterschiedliche Weise daher. Es gibt die mit den offensichtlichen Prinzipien, die man liest und die Richtung ist klar. Beispielsweise Gebote wie “Du sollst nicht ehebrechen” oder “Du sollst nicht stehlen” (2Mose 20,14.15). Nicht dass damit schon alles gesagt wäre, aber die Richtung ist klar.

Und dann gibt es Gebote, deren Prinzipien erschließen sich nicht sofort, sondern man muss mehr darüber nachdenken. So steht zum Beispiel in 5. Mose 22,6.7a: "Wenn sich zufällig ein Vogelnest vor dir auf dem Weg findet, auf irgendeinem Baum oder auf der Erde, mit Jungen oder mit Eiern, und die Mutter sitzt auf den Jungen oder auf den Eiern, dann darfst du die Mutter auf den Jungen nicht nehmen. Du sollst die Mutter unbedingt fliegen lassen, die Jungen aber magst du dir nehmen," Prinzip klar? Genau. Wir nennen das heute “Sustainable Developement” oder “Nachhaltige Entwicklung”. Hier werden Schleppnetze verboten, obwohl es um Vögel geht.

So, jetzt wissen wir, dass Gebote aus dem Alten Testament heute durchaus noch relevant sind, aber eben nicht alle. Und wo wir unsere Stelle aus 3Mose 19,28 einsortieren müssen, damit werden wir uns dann in der nächsten Episode beschäftigen.

Anwendung

Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir zu den drei Arten von Geboten noch ein paar Beispiele aus der Bibel heraussuchen!

Hinweise

Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

Seine App “Frogwords” gibt’s für Android und iOS.

Jürgens aktuellste Gebets-Infos gibt’s hier zum Lesen und Abonnieren.