Einführung in die geistliche Bekleidung
Unser Predigttext steht in Kolosser 3,12-17:
So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut und Geduld. Vertragt einander und vergebt euch untereinander. Wenn jemand Klage gegen den anderen hat, so vergebt einander, wie auch der Herr euch vergeben hat.
Über alles aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist. Der Friede Christi soll in euren Herzen regieren, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leib. Seid dankbar!
Lasst das Wort Christi reichlich in euch wohnen. Lehrt und ermahnt euch selbst in aller Weisheit mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern. Singt Gott dankbar in euren Herzen.
Und alles, was ihr tut – mit Worten oder mit Werken – das tut alles im Namen des Herrn Jesus. Dankt Gott, dem Vater, durch ihn.
Wir wollen nicht nur davon reden, sondern es auch erfahren. Hilf uns dazu! Amen!
Erinnerung an die Währungsreform als Bild für geistliche Werte
Ich vergesse nicht jenes Wochenende im Juni 1948, als es neues Geld gab. Als Kind konnte ich mir gar nicht richtig vorstellen, was das eigentlich bedeutete: Währungsreform!
Am nächsten Morgen ging meine Mutter mit den neuen Geldscheinen in die Stadt. Als sie nach Hause kam, waren wir fassungslos über die Schätze, die sie mitgebracht hatte. Richtige Tassen, aus denen man trinken konnte!
Wir waren sechs Kinder, und zu Hause ging es sehr wild zu. Wir hatten nur noch solche Knorpabbecher, die Risse hatten, aus denen wir morgens Kaffee tranken. Da musste man ganz schnell trinken, weil durch die Risse alles wieder herauslief. Dann hatte sie eine richtige Aluminiumkanne mitgebracht.
Plötzlich waren die Güter da und standen im Schaufenster. Man rätselte, wo sie nur zwei Tage vorher, am Samstag, gewesen waren. Man konnte sich gar nicht vorstellen, dass das alles irgendwo versteckt war, zum Beispiel im Ladenkeller.
Aber das war ja klar: Wer wollte denn diese wertvollen Dinge auch gegen schlechtes Geld verkaufen? Die Wirtschaftswissenschaftler verstehen das gut: Die richtige Währung ist nötig. Wenn man Vertrauen in die Währung hat, bekommt man auch die richtigen Dinge.
Geistliche Bekleidung als kostbare Gabe
Genau das Gleiche meine ich, wenn Paulus uns in dieses schicke Modegeschäft hineinführt, in diese nette Boutique. Er zeigt uns, welche wunderbar geschneiderten Kleider dort an der Stange hängen.
Man bekommt richtig Lust und denkt, dass selbst ich mit meinem dummen Gesicht darin ganz schön aussehen würde, wenn ich diese Kleider hätte. Sanftmut, Demut, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit – das würde mir doch gut stehen.
Nun stellt sich nur die Frage: Wie bekomme ich diese Sachen? Wie komme ich an diese schönen Kleidungsstücke heran? Gibt es überhaupt jemanden auf der Welt, der sich nicht danach sehnt, so schön bekleidet zu sein?
Sehnsucht nach dem Guten und die Realität des Mangels
Vor vielen Jahren musste ich eine Reise in den Ostblock unternehmen. Meine Freunde hatten mir vorher geschrieben, was ich mitbringen sollte. Es gab einige Wünsche zu erfüllen, aber bei einer Sache habe ich lange gezögert, ob ich den Wunsch erfüllen sollte: ein Neckermann-Katalog.
Wenn sie geschrieben hätten, ich solle christliche Liederbücher mitbringen, hätte ich das verstanden. Das hätte Sinn gemacht, und so wollten sie das auch. Aber ein Neckermann-Katalog? Ich brachte ihn trotzdem mit – so einen dicken, ganz großen. Er kam auch problemlos über die Grenze.
Dann fragte ich einen Christen dort: „Braucht ihr in eurer Gemeinde wirklich einen Neckermann-Katalog? Oder was soll das?“ Er antwortete: „Nein, der Katalog geht an den Parteivorsitzenden vor Ort. Der hat gesagt: Wenn du mal einen Besuch aus dem Westen hast, dann lassen wir uns einen Neckermann-Katalog mitbringen.“
Ich fragte weiter: „Was macht der damit? Er kann doch gar nichts kaufen.“ Er sagte: „Ja, aber das Fernsehprogramm ist so langweilig. Abends sitzen sie dann da und lesen den Neckermann-Katalog. Sie staunen über die schönen Dinge, die es überall auf der Welt zu kaufen gibt – nur nicht bei ihnen.“
So können wir es auch heute in der Predigt machen. Wir könnten sagen: „Es wäre schön, wenn man Liebe üben würde. Ach, da könnte man bewegt sein, wenn der Mensch verwandelt wäre, wenn wir untereinander anders miteinander umgehen würden.“ Dieses Wort sagen wir jedes Mal, bevor wir ein Brot teilen und segnen.
„Wie schön könnte eine Ehe sein, wenn wir jetzt darüber reden würden.“ Und doch starren wir nur wie ein Funktionär in einen Katalog hinein und wissen: „Ich kann es mir doch nicht kaufen, es ist für mich doch nicht da.“
Selbstreflexion und die Herausforderung der Umsetzung
Vielleicht denkt jemand: „Du, alles, was du jetzt sagst, geht ja eigentlich mich an. Die Leute, die mich näher kennen, sagen, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit und Demut stünden mir ganz gut, so wie ich vor ihnen auftrete.“
Das meint auch Paulus, wenn er sagt: „Vermahnt euch selbst!“ Was ich heute hier sage, geht zuerst mich an und dann euch.
Aber uns beschäftigt die Frage: Wie kommen wir an diese schönen Kleidungsstücke heran, dass wir sie anziehen? Was müssen wir an Geld oder Währung hinlegen? Wenn wir uns umhören und umschauen, wie die meisten Menschen sich vorstellen, wie man eine neue Ethik bekommt, eine neue Moral und ein besserer Mensch wird, dann sagen alle: Je mehr man sich müht, je mehr man sich anstrengt, je mehr man an sich arbeitet, desto näher kommt man an dieses Ziel heran.
Manche sagen: Lass dich nicht niederdrücken, du wirst das Ziel nie ganz erreichen, aber Hauptsache, du kommst ein Stück weit auf dieses Ziel zu.
Wir haben ja selbst in unserem Leben schon viel an uns gearbeitet. Und das macht uns immer verdrossener, weil wir merken, dass wir auf dieses Ziel eben nicht wirklich hinzukommen.
Je mehr wir solche Worte hören von diesem großen, leuchtenden Ziel, desto mehr will man gleich aufgeben und sagen: „Ich schaffe es ja doch nicht!“
Die Antwort des Paulus auf die Frage nach dem Weg
Darum wollen wir Paulus in diesem Abschnitt ganz genau befragen. Paulus, wie meinst du das? Wie bekommen wir diese Kleidungsstücke, wie gelangen wir daran? Gib uns doch ein paar Wegweisungen, gib uns Hilfen, mach es ganz praktisch!
Wenn man dann weiterliest, was steht denn dort? Der Friede Christi regiert in euren Herzen. Ein Prediger sagt, bei Paulus rutscht an dieser Stelle immer der Füllfederhalter aus. Wenn man Paulus nach praktischen Mahnungen fragt, rutscht der Füllfederhalter weg.
Dann kommt er immer wieder auf seine alte Spur zurück. Es folgt keine moralische Anweisung, sondern Paulus sagt: Der Friede Christi regiert in unseren Herzen. Da können wir doch gar nichts tun. Das ist keine Leistung von uns, kein Arbeiten an uns.
Dieser Paulus hat in seinem Leben so viel gestrebt. Er sagte, er sei einer der Spitzenleute dieser Welt gewesen, im Streben nach Gesetz, Moral und dem Guten in der Welt. Er hat gemerkt, damit kommt man vor Gott nicht an das große Ziel heran.
Darum hat er in seinem Leben umdenken gelernt. Das war die Wende seines Lebens. Er bekehrte sich, als er erkannte: Herr, du erforschst mich und kennst mich. Du siehst in mein Herz hinein. Ich bin nicht demütig, ich bin nicht sanftmütig, und ich erreiche dieses Ziel nicht.
Ich komme nur dahin, wenn ich den Frieden Christi annehme. Dass ich heute sagen kann: Er starb für meine Schuld, und er hat mir meinen Hochmut, mein hochtrabendes Wesen, meine Lieblosigkeit und meine Ungeduld vergeben.
Ich lebe täglich von diesem Wunder, dass Jesus Christus mir meine Schuld vergibt und für mich, den gescheiterten Menschen, eintritt. Solange ich in dieser Welt lebe, sagt Paulus, kann ich nichts anderes mehr rühmen.
Die Grundlage für die christliche Tugend
Jetzt ist natürlich wieder jemand enttäuscht und sagt: „Ich wollte doch wissen, wie man sein Leben vervollkommt.“ Paulus antwortet darauf: „Das wollte ich gerade beantworten.“
Man kommt überhaupt nur zur Demut, zur Sanftmut und zum herzlichen Erbarmen, wenn man den Frieden Christi in seinem Herzen ruhen und wohnen lässt. Ein Mensch wird erst demütig, wenn er sagen kann: „Mir ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung, deren ich nicht wert bin.“ Das ist das Wunderbare. Mein stolzes Herz hat das nie begehrt. Nun weiß ich das, bin erfreut und rühme die Barmherzigkeit.
Seit diesem Tag kenne ich die Demut etwas besser. Ich kann nie mehr große Worte machen darüber, was ich als Mensch bin oder machen könnte. Ich lebe ja vom Erbarmen Jesu. Und seitdem habe ich so viel Mitleid und Geduld mit jungen Menschen, die natürlich auch ihr altes, sündiges Wesen noch nicht besiegt haben. Denn ich weiß von mir selbst, wie lange ich dazu gebraucht habe.
Seitdem habe ich Geduld und herzliches Erbarmen. Seitdem kann ich einen Menschen auch über Jahre begleiten, selbst wenn er nicht zum Glauben kommt. Denn ich weiß ja selbst, wie lange es bei mir gedauert hat.
Die Rolle des Wortes Christi im Glaubensleben
Wenn man Paulus fragt, wie man zu diesem neuen Wesen kommt, sollte man immer daran denken, warum er an dieser Stelle seiner Schrift immer wieder betont: Es geschieht nicht durch menschliche Anstrengung, nicht durch Moral und auch nicht durch das Gesetz. Denn dadurch gerät man nur in ein verkrampftes Frömmigkeitsleben.
Die neuen Kleider bekommen wir dort, wo wir Jesu Erlösung annehmen und sagen: Mir gilt es, meinem Leben. Das soll von mir gesagt sein: Der Friede Christi regiere in euren Herzen. Wo der Friede Christi in unseren Herzen herrscht, da können Sanftmut, Erbarmen, Liebe und Geduld gedeihen.
Das muss ganz tief in unserem Herzen und Wesen verankert sein, ganz tief in uns drin, ohne eigenes Zutun. Es soll jeder wissen: Ich gehöre dem, der für mich starb. Und ich bin nur noch stolz darauf, ein Eigentum dieses Herrn Jesus zu sein, der mit mir fertig wird, mein Leben vollendet und aus mir etwas macht zum Lob seiner Herrlichkeit.
Doch nun könnte man sagen: Ich bin immer noch nicht ganz befriedigt. Es gibt ja Christen, bei denen sieht man trotzdem wenig von herzlichem Erbarmen, Demut und Sanftmut. Paulus gibt hier noch einen weiteren Ratschlag: Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen.
Wieder appelliert er daran, uns auf Vordermann zu bringen. Wieder geht es nicht um Anstrengung, nicht um das, was ich tun kann. Sondern: Lasst das Wort Christi reichlich in euch wohnen.
Was kann ich dafür tun? Ich kann nur mithelfen, dass das Wort Christi bei mir überhaupt Platz findet. Ich kann darauf achten, dass ich morgens Zeit für Stille habe, den Gottesdienst besuchen, in den Bibelhauskreis gehen. So kann ich das Wort reichlich wohnen lassen – genau das meint Paulus.
Und mit „reichlich“ meinen wir so etwas wie bei einem Mittagessen, wenn es Nachtisch gibt und die Hausmutter sagt: Nimm reichlich! Dann darf man ruhig dreimal nehmen. Nicht nur ein kurzes Losungswort am Morgen, sondern reichlich.
Warum? Dieses Wort, diese große Portion zeigt mir erst den Herrn, der in meinem Leben jetzt die Herrschaft übernehmen will. Für Paulus war das etwas Großes, als er an der Wende seines Lebens erkannte: Christus lebt, er ist der Herr.
Das ist etwas ganz anderes, als wenn wir uns nur am Riemen reißen. Wenn wir unser Leben in die Hand des Meisters legen, der unser deformiertes Leben neu ausrichtet, auf seine Gebote hin. Wenn Gott uns ein neues Herz gibt, wenn er uns – so sagt es die Bibel – bekehrt, uns in eine ganz neue Richtung bringt und uns auf seine wichtigen Aufgaben vorbereitet.
Genau hier, in diesem Abschnitt, wenn Paulus vom neuen Menschen spricht, sagt er: Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen.
Die Identität als Auserwählte und Geliebte Gottes
Und das sind ja die heimlichen großen Grundlagen eures Lebens. Hört das als die Auserwählten Gottes: Ihr seid die Elite Gottes, die von Gott in Beschlag genommenen Heiligen, aus denen er etwas zu seinem Lobe machen will – die Geliebten Gottes.
Darum gibt es bei uns einen neuen Anfang. Es tut mir leid, dass ich das einem Brautpaar am Tag der Trauung gar nicht erklären kann. Sie denken immer wieder: „Jawohl, weil die Minna mich so süß anlächelt, muss es ja gut gehen.“ Nein, da geht es nie gut.
Die einzige Grundlage für einen Bund von zwei Menschen – und das möchte ich sagen, wo heute so viele Ehebünde auseinanderbrechen – kann doch nur sein, dass ich es auf den Herrn hin wage. Dass er sagt: „Du bist mein Auserwählter, mein Geliebter und mein Heiliger. Und ich nehme dich in Beschlag.“
Dann sagt Paulus, dass man einander mit Psalmen und lieblichen Liedern vermahnen sollte. Ja, wenn ich heute eine schönere Stimme hätte, würde ich lieber singen. Singen müsste man können. Das tut schon ganz anders als so eine harte Rede. Das kommt viel besser an.
Man kommt ja auch bei seinem lieben Mitbruder in der Gemeinde nicht richtig an, wenn man sagt: „Du, hör mal, das war nicht recht und das war nicht recht“, während man mit dem Besenstiel auf dem Boden donnert. Sondern wenn man das so lieblich machen kann.
Paulus sagt, dass wir immer mehr lernen sollten, in dieser netten Weise einen anderen darauf aufmerksam zu machen und ihm Ideen zu geben, wie sein Leben noch umgeformt werden kann – mit Psalmen und lieblichen Liedern.
Die Bedeutung des Singens im Glaubensleben
Wir haben heute den Sonntag Kantate, und es stimmt wirklich, dass das Singen ein Kennzeichen des christlichen Lebens ist. In den letzten Jahren ist das Singen in den Gottesdiensten jedoch merkwürdig verklungen. Es ist, als würden die Ratten das sinkende Schiff verlassen. Wenn in den Kirchen nur noch so lispelnd gesungen wird, ist das ein Zeichen, dass der Tod ganz nah ist.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie fröhlich ich bei den ersten Gottesdiensten war, zum Beispiel hier in der Hofhagerkirche. Da haben einige richtig aus der Tiefe ihres Herzens losgeschmettert. Ich weiß, dass ich damit jetzt in Konflikt mit unseren Ästheten gerate, die sagen, es sei besser, den Mund zu halten, wenn die Stimme nicht ganz sauber klingt. Aber ich sehe das anders.
Ich meine, es gibt ein Singen, das dem Herrn zur Ehre geschieht, und das ist ein wichtiger Bestandteil unseres Gottesdienstes – nicht nur wegen der Ästhetik, sondern weil wir uns durch das Singen den Glauben ins Herz legen. Der große Aufbruch junger Menschen zum Glauben vor einigen Jahren begann mit einer großen Singebewegung und dem Liederbuch „Jesu Namen nie verklinget“. Sie nahmen Gitarren unter den Arm, sangen aus dem Herzen heraus und ermahnten einander. Darunter ist ihr Glaube gewachsen.
Ich kann mir kein Christenleben vorstellen, ohne dass man auch tagsüber singt und seinem Herrn zur Ehre singt, lehrt und sich selbst vermahnt.
Die Herausforderung der praktischen Umsetzung
Man musste sie also heute enttäuschen. Ich wollte ihnen immer praktische Ratschläge geben. Doch jetzt geht einer ärgerlich weg und sagt, er vertröste die Leute. Er sagt, sie sollen die Bibel lesen, sagt: „Unser Glaube“, und dann wird sich ein Leben ändern. Genau, dann hat er mich verstanden.
Nur wenn der Friede Christi in ihrem Leben und in ihrem Herzen regiert und wohnt, können sie ein neuer Mensch werden. Nur wenn das Wort Gottes in ihrem Leben beherrschend wird.
Ein Prediger hat ein eindrucksvolles Bild gebraucht. Er sagt, man solle hinunter auf die Neckarbrücke gehen und einmal in den Neckar schauen. Welch eine trübe Brühe, man sieht nicht den Grund. Das Wasser ist so dreckig, und unser eigenes Leben ähnelt einem solchen schmutzigen Fluss.
Wie anders ist dagegen ein Gebirgsbach, wo man die Steine sieht, sogar die Wasserpflanzen oder gar eine Forelle, die durchs Wasser springt – ganz klares Wasser. Und er sagt: In unserem eigenen Leben kann es sein, dass es so ist. Wenn wir Christen werden, ist es wie in solch einem Gebirgsbach. Da sieht man den Grund wieder.
Der Grund meines Lebens ist, dass ich wieder sehe, wo das Bachbett ist. Nämlich: Ich bin ein auserwählter Gottes. Das sagt mir nur das Wort Gottes: ein Geliebter und ein Heiliger.
Nun setzte der Prediger fort: Es kommt aber bei einem Bergbach auch mal vor, dass da ein Brett runterschwimmt oder Dreck oder eine tote Katze. Und er sagt: „Gott, das kann ja mal passieren.“ Deshalb sehe ich trotzdem noch den Grund des Flusses.
In unserem Leben gibt es das auch, dass Schmutz den Fluss herunterfließt. Wichtig ist, dass man den Grund noch sehen kann. Und den sehe ich nur dann, wenn ich das Wort Gottes reichlich in meinem Leben wohnen lasse.
In der Fülle meiner Tagesarbeit muss ich wissen: Ich bin ein auserwählter Gottes, weil er mich lieb hat. Und ich rufe mir die Verheißungen Gottes ins Gedächtnis: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst“, spricht der Herr, „ich habe dich bei deinem Namen gerufen.“
Das ist das klare Wasser, auch wenn mal Schmutz vorbeifließt. Darauf gründet mein Leben.
Die praktische Herausforderung des Anziehens
Aber nun wollen wir doch irgendwann einmal darauf zu sprechen kommen: Wie ist das eigentlich mit dem Anziehen der Kleider? Irgendwann muss es ja noch zur Sprache kommen.
Es gibt Christen, die all das wissen. Sie sagen: Mein Glaube stimmt, ich habe das Wort Gottes und lese es. Aber ich muss mich doch auch noch anziehen, richtig? Ja, ich muss mich auch noch anziehen.
Manche kennen das ja aus den Bekleidungshäusern: Wenn man nicht ganz die richtige Figur hat, holt man den Schneider. Dann wird unten zwei Zentimeter gekürzt, vorne etwas weiter gemacht und die Ärmel werden auch ein wenig kürzer geschnitten, so dass alles schön passt. Es ist immer schade um die maßvoll geschneiderte Kleidung, wenn sie noch zurechtgestutzt werden muss.
Aber Paulus meint, dass diese Kleider, die wie gegossen passen, nicht das Problem sind. Uns steht die Liebe, Sanftmut und Demut. Die Liebe ist wie das Band, das alles umschließt. Damit sind wir wohlgekleidet.
Doch woran liegt es dann, dass so viele immer noch nicht diese Kleider anziehen? Es liegt an einem Missverständnis. Die meisten wissen gar nicht, dass diese Eigenschaften, die Paulus hier nennt, nicht zu unserem Wesen gehören.
Es ist ja morgens ein Unterschied, wenn ich mich anziehe. Da muss ich das Hemd anziehen, einen Kittel anziehen, die Hose anziehen, die Krawatte anziehen. Aber einen Kopf muss ich nicht anziehen, den habe ich ja normalerweise auf meinem Körper. Der gehört zu mir, aber die Kleider gehören nicht zu mir.
Und dann sagt Paulus: Die Liebe muss man morgens anlegen, die hat man nicht einfach so. Und die Demut hat man auch nicht, auch nicht als Christ. Am Morgen des Tages muss man sie anziehen, man muss hineinschlüpfen.
Ich fürchte, dass viele Christen meinen, das sei in ihrem Wesen irgendwie schon fest verankert. Aber das stimmt nicht. Ich muss am Morgen diese einzelnen kostbaren Kleidungsstücke erst anlegen.
Es gibt so einen schönen Liedvers in einem Morgenlied: „O Jesus, schmücke mich! Mit Weisheit und mit Liebe, mit Keuschheit, mit Geduld durch deines Geistes Triebe, auch mit der Demut mich vor allem kleide an, so bin ich wohl geschmückt und köstlich angetan.“ Das soll unser Morgengebet sein.
Herr, ich möchte jetzt deine Gaben erst von der Stange nehmen und mich anziehen und dann im Spiegel betrachten. Da brauche ich Zeit, bis ich mich in diesen neuen Kleidern richtig wohlfühle.
Der Auftrag und die Ermutigung für das Leben in Christus
Ich hatte gestern Besuch von einem Journalisten, der mich für eine Nachrichtenagentur zum Gemeindetag interviewte. Dabei stellte er einige knifflige Fragen. Er wollte wissen, wie das mit dem Gemeindetag ist, ob das eine Anti-Veranstaltung zum Kirchentag sei, was das genau ist und was wir mit dem Thema bezwecken.
Ich habe versucht zu erklären, dass ein Christ sich nicht vorrangig mit solchen Fragen beschäftigt. Es gibt viel wichtigere Themen im Leben eines Christen als den Kirchentag oder kirchenpolitische Probleme. Zum Beispiel gibt es Mütter, die mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind und mit schwierigen Menschen zusammenleben. Dann gibt es einsame Menschen und solche, die in der Mühle ihres Berufs gefangen sind und nicht wissen, wie es mit ihrem Leben weitergehen soll.
An einem solchen Tag wollen wir ihnen sagen: Ihr gehört Christus! Ihr seid auserwählt. Hier hätte ich fast gesagt: Ihr seid auserwählte Gottes, ihr seid Heilige und Geliebte! Das kann ein Journalist oft nicht mehr verstehen.
Wenn das erkannt wird, gilt es in allen unseren verschiedenen Lebensbereichen. Deshalb haben wir so viele Bereiche, die uns interessieren. Überall, wo wir leben, gilt: Dieser große Herr Jesus Christus will uns gebrauchen. Die Felder, in denen wir leben und die uns vorher eine Qual waren – die Menschen, mit denen ich zusammen bin, und die Last meiner Berufsarbeit – werden plötzlich zu einem Feld, das mir gehört, zur Ehre Gottes!
Ich darf mich mit herrlichen Kleidungsstücken einkleiden und darin wirken, zur Ehre Gottes. Alles, was ihr tut – so endet Paulus – alles, was ihr tut, soll zur Ehre Gottes geschehen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass wirklich alles eingeschlossen ist, ob es Hausarbeit ist oder andere Tätigkeiten.
Ein Christ kann niemals sagen: „Das ist mir zu wenig“ oder „Nur Hausfrau zu sein, ist nichts wert.“ Die geringste Arbeit, der kleinste Knechtsdienst, in großer Demut ausgeführt, ist ein Dienst zur Ehre Gottes. Er bekommt vom Herrn her sein Gewicht und hat seinen Sinn durch den Herrn.
Alles, was ein Christ tut, sei es mit Worten oder mit Werken, sogar ein kleiner Schwatz mit dem Nachbarn – das alles soll zur Ehre Gottes geschehen. So möchte ich ein reiches Leben führen, in dem alles zur Ehre unseres Herrn eingesetzt werden kann und unser Leben dadurch reich wird. Amen.
Schlussgebet und Segen
Herr, du willst uns zu einem fröhlichen Glaubensleben führen. Wir danken dir, dass du uns immer wieder an dieser Verkrampfung treffen willst, wo wir in unserer eigenen Frömmigkeit etwas schaffen wollen, was wir doch nicht hinbringen. Dort, wo wir ringen und kämpfen und doch immer wieder erliegen.
Wir bringen jetzt alle diese Nöte zu dir, weil du uns allein heilen kannst. Wir wollen zuerst deinen Frieden für uns annehmen, deinen Frieden, wo wir unser von Sünde beladenes Leben dir hinbringen und du uns freisprichst und gerecht machst. Dann wissen wir, dass du viel stärker bist als unser eigener Wille und unsere eigenen Vorsätze. Nur wo du unser Herr bist, kann etwas aus unserem Leben werden, dir zur Ehre.
Gebrauche uns nun dazu, in all unseren Verpflichtungen und Aufgaben, in denen wir stehen. Nimm du alles dazu, was wir sind und was wir haben: unser häusliches Leben, unsere Berufsaufgaben, unsere Verpflichtungen im Freundeskreis, in unserem Volk und in unserer Stadt, damit wir dadurch etwas wirken können, dir zur Ehre.
Wir danken dir für diese große Ermutigung, die du uns heute gibst, dass alles in deinem Namen getan werden kann. Und wir wollen das auch anderen weitersagen, anderen bringen, die leiden müssen, die verzagt sind, die durch Krankheit gehen, die trauern. Dass auch diese Wegstrecken unseres Lebens in deinem Namen und dir zur Ehre gelebt werden können.
Ja, hilf uns dazu, dass wir unser Leben nicht nur für uns leben, für Nichtiges und für unsere Ziele, sondern dass es bedeutsam wird für deine große Ewigkeit.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Wir bitten um den Segen Gottes:
Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.