Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt! Amen!
Wir wollten in diesen Septembersonntagen einige Worte aus dem 34. Psalm besprechen. Dabei stehen wir bei Vers 6: „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt, und ihr Angesicht wird nicht zu Schanden.“
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit! Dein Wort ist die Wahrheit! Amen!
Erinnerungen an die Macht der Massen und ihre Gefahren
In diesen Tagen sind die Zeitungen voll mit Berichten und Bildern von Volksmassen, die General de Gaulle und Bundeskanzler Adenauer zujubeln. Jeder hat solche Bilder gesehen: nicht nur Tausende Menschen, sondern alle schauen auf den einen General de Gaulle.
Für mich lösen diese Bilder quälende Vorstellungen aus. Als Junge habe ich erlebt, wie die Massen dem Kaiser Wilhelm zujubelten. Alle schauten auf ihn. Ähnlich war es bei Ebert und General Hindenburg. Auch Adolf Hitler, als er mit Mussolini nach Essen kam, wurde so empfangen.
Ich kann die Vorstellung kaum ertragen, jetzt einfach den Kopf von Adenauer durch den von Hitler zu ersetzen. Dann würde das Bild völlig dasselbe bleiben, nicht wahr? Wird einem dabei nicht unheimlich?
Ein anderer Gedanke quält mich sehr: Immer wenn das Geschrei, das Jauchzen und der Rausch beginnen, ist der Weg nicht mehr weit bis zu Trümmern, Krieg und Untergang.
Es gibt ein Wort in der Bibel, das mich in den letzten Tagen sehr begleitet hat. Es heißt: "Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und auf Fleisch vertraut. Er hält Macht für seine Stärke, und sein Herz wendet sich vom Herrn ab." Wörtlich steht da: "Er hält Macht für seine Stärke."
Mit dem Herzen vom Herrn weich zu werden, das ist nicht einfach. Dabei kann viel kirchliches Dekor eine Rolle spielen – Bischöfe und Erzbischöfe aller Konfessionen. Doch wenn das Herz vom Herrn weich wird, verändert sich vieles.
Die Bedeutung des Blicks auf Jesus im Gegensatz zu irdischer Macht
Sehen Sie, die ganze Zeit, jeden Morgen, wenn ich in der Zeitung diese Gefühle hatte, bewegte mich nun der Text von heute.
„Welche auf ihn sehen“ – das sind auch Menschen, die alle auf einen sehen. Wissen Sie, genau so: Die alle auf einen sehen, welche auf ihn sehen. Diese werden erquicket, und ihr Angesicht wird nicht zuschanden.
Das Wort stammt auch von einem Großen dieser Erde, der wusste, wie es ist, wenn die Menschen jauchzen und er im Mittelpunkt steht. Das hat König David gesagt. Er sagt: „Welche auf ihn sehen“ – und wen meint er mit „ihn“? Ich sagte Ihnen schon, dass Petrus in der Pfingstpredigt gesagt hat, dass dieser König David ein Prophet war und in seinem Psalm von Jesus sprach, dem Sohn Gottes.
„Welche auf ihn sehen“, sagt David, also auf den, der ans Kreuz geschlagen ist, auf den Geächteten mit der Dornenkrone. Es ist natürlich einfacher, wenn man rote Teppiche ausgerollt sieht, dick und allbrüllend. Aber David sagt: „Welche auf ihn sehen“, den mit der Dornenkrone, den Ausgestoßenen, die werden erquicket, und ihr Angesicht wird nicht zuschanden.
Verstehen Sie, das ist ein Schlag direkt ins Gesicht alles menschlichen Denkens. Es geht nicht nur darum, wortlos am Sonntagmorgen von halb neun bis neun Uhr fünfzehn zuzusehen, sondern das soll für unser Leben, für die Welt gelten.
Die Herausforderung des Wortes: Ist es nicht ein unmögliches Wort?
Ist das nicht ein unmögliches Wort? Das möchte ich als Überschrift über den Text und die Predigt schreiben: Ist das nicht ein unmögliches Wort?
„Welche auf ihn sehen, den Mann am Kreuz, die werden erquickt, und deren Ansicht wird nicht zu Schanden.“
Ist das nicht ein unmögliches Wort? Wir stellen drei Fragen an dieses Wort.
Erstens: Kann man Jesus überhaupt sehen? Habt ihr ihn schon einmal gesehen? Man hat viel von ihm gehört, aber gesehen?
Sehen Sie, Sie werden mir doch zustimmen, dass der Apostel Paulus etwas vom Christentum verstand, nicht wahr? Und er hat doch selbst gesagt: Wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen, nicht im Sehen.
Wie kann David also sagen: „Welche auf ihn sehen“? Kann man denn Jesus sehen?
Wenn wir das Wort verstehen wollen, dann müssen wir ein anderes Wort als das von Paulus heranziehen, nämlich das Wort aus dem 2. Korintherbrief: „Wir sehen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.“
Nun gebe ich zu, dass für Kritiker der Bibel dieses Wort erst recht verwirrend wirkt.
Was heißt das: „aufs Unsichtbare sehen“? Das ist doch der reine Unsinn, oder nicht? Das ist der reine Unsinn, oder nicht?
Die Bedeutung der inneren Augen für den Glauben
Was meint Paulus damit, wenn er sagt, wir sehen aufs Unsichtbare? Sie müssen verstehen, dass die Bibel andere Augen kennt als die Augen unseres Leibes, mit denen wir die sichtbare Welt sehen. Die Bibel spricht nur von anderen Augen. An verschiedenen Stellen wird von einem inwendigen Menschen gesprochen.
Das ist also nicht nur das Äußere, wie meine kümmerlichen Haare oder meine Nase, die vielen nicht gefallen hat. Das ist noch nicht alles, sondern es gibt einen inwendigen Menschen. Im Epheserbrief werden wir ermahnt, stark zu werden am inwendigen Menschen. Zum Starkwerden gehört offenbar, dass die Augen des inwendigen Menschen aufgetan werden.
Darum müssen inwendige Augen aufgetan werden, wenn wir begreifen wollen, was David sagt, der auf ihn sieht. Wissen Sie etwas von solchen inwendigen Augen? Die Bibel sagt uns ganz deutlich: Von Natur aus sind unsere inwendigen Augen blind. Ich will es Ihnen wörtlich sagen.
Gott dieser Welt – eine schauerliche Bezeichnung für den Teufel – hat den ungläubigen Sinn verblendet, sodass sie nicht das helle Licht sehen. Und sie geben dann noch an mit ihrer Blindheit und sagen, jetzt seien sie erst richtig hell geworden. Das ist fantastisch.
„Gott dieser Welt hat den ungläubigen Sinn verblendet, dass sie nicht sehen das helle Licht.“ In der Offenbarung spricht der erhöhte Herr Jesus einmal mit Leuten, die sich für Christen hielten, es aber nicht waren – vielleicht mit uns. Er sagt: „Ich weiß, du bist arm, jämmerlich und elend.“
Wer auf ihn sieht, der braucht andere Augen als die gewöhnlichen, die immer schlechter werden, weil man dauernd andere Brillen verbraucht. Es gehören andere Augen dazu, nämlich die Augen des inwendigen Menschen. Diese müssen aufgetan werden, dann kann man Jesus sehen.
Die Notwendigkeit der geöffneten inneren Augen
Wer auf ihn sieht, gehört eigentlich schon dazu. Es muss jedoch klar werden, dass man darüber hinausgehen muss. Ob es dazugehört oder nicht – es ist entscheidend, dass ihnen die Augen für Jesus geöffnet werden. Sie müssen ihn sehen und erkennen, wie wichtig das ist.
Gott hat durch den Propheten Jesaja deutlich gesagt: „Blickt auf mich, alle Weltenden!“ Jetzt folgt die Verheißung: „So werdet ihr errettet.“ Das bedeutet doch, dass ich verloren bin, solange mir nicht die Augen geöffnet sind und ich Jesus sehen kann – Jesus, der gekreuzigt wurde.
Verloren! Egal, wie viel Geld sie haben oder wie vital sie sind, egal, wie begabt sie sein mögen – sie sind verloren unter Gottes Zorn. Vom Kreuz Jesu her ruft es: „Blickt auf mich, alle Weltenden! So werdet ihr errettet.“
Wie wichtig ist es, dass uns die Augen geöffnet werden, damit wir auf ihn sehen können!
Jesus als Mittelpunkt des Glaubens
Ich muss noch einmal kurz erklären, was mit „ihn“ gemeint ist. Ich sagte also, die Bibel muss durch die Bibel ausgelegt werden. Das Neue Testament sagt uns, dass David in dem Psalm von Jesus spricht. Er war ein Prophet, heißt es, und sah den Auferstandenen. Er spricht also von dem, durch den der unbekannte Gott zu uns gekommen ist, von Jesus.
Reden Sie nicht von Gott, ohne von Jesus zu reden, sonst ist das wie ein Pfahl im Nebel. Der unbekannte Gott ist in Jesus zu uns gekommen.
Ich schaue gerne auf Jesus. Gott hat mir die Augen geöffnet, und ich sehe ihn gerne an. Zum Beispiel sehe ich im Geist, wie er im Sturm in dem kleinen Schiff steht, den Arm ausstreckt und zum Sturm sagt: „Schweig und verstumme!“ So sehe ich ihn gerne.
Ich weiß, unser Herr ist über alle Stürme – das habe ich erfahren. Ich sehe ihn gern, wie er die Toten, den Lazarus, aus dem Grab ruft. Und ich sehe ihn gern, wenn er den Aussätzigen, die jeder meidet, die Hand auf den Kopf legt. Diese warme, herzliche Hand – jeder stieß ihn weg, aber er legte die Hand auf den Kopf.
Ich sehe gerne auf Jesus, wie er eine in die Gosse getretene Dirne aufhebt und sagt: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Ich sehe gerne, wie er in den Tempel geht, die Käufer und Verkäufer hinaustreibt und sagt: „Versteht doch, dass es um Errettung geht und nicht um einen kirchlichen Laden!“
Oh, ich sehe Jesus gern, wie er am Ostermorgen aufersteht, so dass sogar starke Christknechte ohnmächtig werden und Pilatus erzittert. Und wenn jemand erzählt, das wäre nicht wahr und das Grab wäre nicht leer gewesen, dann kann er die Bibel zuklappen – dann gibt es kein Christentum mehr.
Ich sehe Jesus gern, wie er von den Toten auferstanden ist. Aber, meine Freunde, am liebsten sehe ich ihn an – merkwürdig – wie er da am Kreuz hängt: „O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn, o Haupt zum Spott gebunden mit einer Dornenkrone.“
Ein Liederdichter, dem es ähnlich geht wie mir, hat gesungen: „Alle Tage wird dies Bild schöner meinen Blick enthüllt.“ Aber es ist doch nunmehr glücklich, dass das Schönste das sein soll, wie er qualvoll in Sonnenglut am Kreuz verröchelt.
Und damit bin ich bei der zweiten Frage.
Die paradoxe Erquickung am Kreuz
Kann denn der Anblick eines Gehängten uns erquicken? Ich sagte: Ist das nicht ein unmögliches Wort? Sie sollen richtig kapieren, was wir wollen. Ist das nicht ein unmögliches Wort? Welche auf ihn sehen, die werden erquicken, ihr Angesicht bin ich zustanden.
Und wir hatten erstens die Frage gestellt: Kann man ihn denn sehen? Sage ich: Ja, wenn die Augen geöffnet sind.
Aber jetzt kommt die zweite Frage: Kann denn der Anblick eines Gerichteten uns erquicken? So sagt doch David, welcher auf ihn sehen – da spricht er von Jesus, dem Gekreuzigten. Kann einem das erquicken?
Sehen Sie, vor 30 Jahren wurde in Deutschland ein Buch viel gelesen, und vor 25 Jahren noch mehr. Da war es beinahe offiziell. Da sagte ein Mann, es wird höchste Zeit, dass endlich aus unseren Hirnen und Herzen das Bild des Gerichteten von Golgatha entfernt wird.
Denn so sagt der Mann – er ist Alfred Rosenberg, und die Alten erinnern sich an ihn – er sagt: Der Anblick eines, der am Kreuz verrostet, eines, bei dem alle Kräfte niederbrechen, dieser Anblick macht uns doch weich, der zerrüttet doch unsere Herzen und Sinne. Wie soll ein junger Mensch nicht Komplexe kriegen, wenn ihm dies wilddauernd vor die Augen gestellt wird?
Hat der Mann nicht recht?
Verstehen Sie, wir haben das Kreuz so, wie es glorifiziert wird, nicht wahr? Damen tragen sein Goldkettchen. Aber wenn Sie es mal richtig ernst nehmen: Hat der Mann nicht recht?
Bitte hören Sie mir jetzt weiter zu, damit nicht einer nach Hause geht und sagt: Pastor, es geht ins Kreuz Jesu. Das kann gar nicht vorsichtig genug sein.
Hat der Mann nicht recht?
Bitte fassen Sie das jetzt gut auf. Und ich muss sagen: Wenn ein Mensch die Augen geöffnet kriegt, dann erlebt er tatsächlich erst die Schrecken von Golgatha und keine Erquickung.
Als ich zum ersten Mal richtig mit geöffneten Augen Jesu Kreuz sah, da wusste ich: Nicht die Römer haben ihn dahingeschlagen, nicht die Juden, du musst Zeug, sondern ich und meine Sünden haben ihn dahingeschlagen ans Kreuz.
Nun, was du, Herr, erduldet hast, ist alles meine Last. Ich, ich habe es verschuldet, was du getragen hast, sagt Paul Gerhardt, dieser Liederdichter, als er die Schrecken des Kreuzes erlebt.
Wenn Ihnen Gott die Augen auftut, wenn euch Gott die Augen auftut, meine lieben Brüder, und ihr seht das Kreuz Jesu, dann kapiert ihr auf einmal: So viel ist mein Leben wert, auf das ich so stolz war – nur so viel, dass der Sohn Gottes dafür sterben musste. Das ist niederschmetternd.
Wir bilden uns so ein Stieblei ein, nicht? Das ist niederschmetternd: So viel ist mein Leben wert, dass der Sohn Gottes dafür sterben musste.
Der Trost des Kreuzes für das Gewissen
Wie kann David sagen, dass diejenigen, die auf ihn sehen, erquickt werden? Und doch, meine Freunde, hat er Recht! Wenn ich es jetzt klar machen könnte, wenn ich Ihre Aufmerksamkeit wecken könnte, wie man Bleichen anspitzt: David hat Recht!
Denn der Trost, der vom Kreuz Jesu ausgeht, berührt eine Provinz unseres Inneren, die wir sträflich vernachlässigen – unser Gewissen.
Was wisst ihr vom Gewissen? Ich lese gerade einen modernen französischen Roman von Martin Duran, „Die Thibaus“, so ein Riesenschmöker. Er schildert Menschen, wie sie sind: tapfer, phantastisch, tüchtig, einsam, im Grunde verloren in der Großstadt Paris, hungrig nach Liebe, immer verwirrt. Aber das Erschütternde ist: Auf sechshundert Seiten spielt das Gewissen überhaupt keine Rolle. Es kommt gar nicht ins Bewusstsein.
Und das könnten seine ganzen modernen Literaturen nachweisen, glaube ich. Ich weiß, ich gehe nicht ins Kino – da ist wahrscheinlich auch eine sträflich vernachlässigte Provinz unseres Inneren.
Und doch haben wir alle ein Gewissen. Und doch ist Gott da. Und doch gelten seine Gebote. Und alle Übertretungen seiner Gebote liegen wie Steine auf unserem Gewissen, auch wenn wir es gar nicht wissen oder nicht zugeben wollen.
Bei aller Ruhe haben wir ein verwundetes Gewissen. Jede Sünde gegen Gott, jede Übertretung seiner Gebote ist eine Wunde im Gewissen, auch wenn wir vom Gewissen nichts wissen wollen und es nicht zugeben.
Hier liegt die Ehre unseres Lebens. Und in diese vergessene Provinz hinein dringt der Trost, der vom Kreuz Jesu ausgeht. Denn der gekreuzigte Herr Jesus ist der Einzige im Himmel und auf Erden, zu allen Zeiten und an allen Orten und Kontinenten, der unser Gewissen heilen kann.
Er allein hat die Macht, Sünden zu vergeben.
Wenn ich das einhämmern könnte: Für alle Erdteile, alle Jahrhunderte und Jahrtausende ist Jesus der Einzige, der die Macht hat, unser Gewissen zu heilen, weil er Sünden vergeben kann.
Warum? Weil er unsere Sünden selbst hinaufgetragen hat an das Kreuz. Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden haben.
Wollen Sie nicht mit Jesus in Verbindung treten, ihm einmal Ihre Sünden hinlegen und endlich Ihr Gewissen heilen lassen?
„Das Blut Jesu Christi macht uns rein von aller Sünde“, sagt die Bibel. Gottes Wort: Das Blut Jesu Christi macht uns rein von aller Sünde.
Vom Kreuz her klingt unablässig der eine Satz: Dir sind deine Sünden vergeben.
Aber ich muss hören, ich muss als Sünder hinkommen und nicht sagen: Ich bin gerecht. Dann geht das nicht durch die Schicht, wissen Sie.
Hier, Jesus – dies ist ein Kreuz, das ist das Tor zu einem neuen Leben, wo man mit geheiltem Gewissen in wirklichem Frieden mit Gott leben kann.
Die Verheißung des Glanzes trotz Leiden und Scham
Aber jetzt muss ich noch ein drittes Mal fragen: Wir fragten, ist das nicht ein unmögliches Wort? „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt, um ihr Angesicht wirklich zu scheinen.“ Ist es nicht ein unmögliches Wort? Kann man denn Jesus sehen, ja, sagen wir, mit offenen Augen? Kann der Anblick eines Gerichteten tröstlich sein?
Jawohl, fürs Gewissen! Er hat meine Schuld weggetragen.
Und jetzt frage ich noch ein drittes Mal: Wird in den Worten nicht ein bisschen zu viel versprochen? Wird nicht ein bisschen zu viel versprochen? „Welche auf ihn sehen“ – nur etwas sehen, kann doch jeder. Deren Angesicht wird nicht zu schanden. Wird da nicht ein bisschen zu viel versprochen?
Also, vielleicht für ernste Bibelleser darf ich sagen, dass es wörtlich heißt: „Welche auf ihn sehen, deren Angesicht glänzt auf.“ Luther sagt ganz schön: „Die werden erquickt.“ Denn ich erglänze erst, wenn ich erquickt bin, und das Angesicht wird nicht zu schanden.
Ist da nicht zu viel versprochen, wenn es hier heißt: „Man wird nicht zu schanden, auf Jesus sehen, du wirst nicht zu schanden“?
Ach, meine Freunde, ich habe so viele Leute zu Schanden werden sehen: Millionäre in Frankfurt, die alles verloren haben; Göbbels, der in München Spargel quer essen konnte, zu Schanden geworden; nicht mehr. Was habe ich Leute zu Schanden werden sehen, nicht mit Macht, mit Redekunst.
Und es steht hier: „Welche auf ihn sehen, die werden nicht zu Schanden.“ So toll ist ja nicht so viel versprochen.
Denken Sie mal an die Märtyrer. Die haben auf Jesus gesehen, und dann wurden sie im römischen Zirkus von wilden Tieren zerrissen oder im Mittelalter von der römischen Kirche auf Scheiterhaufen verbrannt oder in der Gegenwart in Konzentrationslagern zu Tode gequält. Sind die nicht zu Schanden geworden? Sagen Sie, sind die nicht zu Schanden geworden?
Im Jahr 1956, jetzt gar nicht lange her, vor sechs Jahren, sind fünf junge amerikanische Missionare zum ersten Mal in den Urwald von Ecuador eingedrungen, zu dem wilden Stamm der Auca-Indianer, die noch kein Weißer besucht hatte, weil jeder wusste, das sei tot. Sie sind im Flugzeug gelandet, hatten die erste Berührung, und dann fand man sie alle fünf ermordet an dem Fluss da im Dschungel.
Sind sie nicht zu Schanden geworden? Sind sie nicht zu Schanden geworden?
In meiner Jugend gab es in Frankfurt einen Herrn de Neuwillich, ich habe ihn noch gekannt, ein prachtvoller Mann, der als junger Mann in Amerika seinen Heiland gefunden hat. Da brannte sein Herz, er sagte: „Ich möchte Frankfurt erobern für Jesus, das übrig gebliebene Vereinshaus, so wie das Weigelhaus, wo allerhand Leben pulsiert, aber Frankfurt erobern.“
Keine Rede! Sind sie zu Schanden geworden? Es sieht so aus, nicht?
Sehen Sie, überlegen Sie mal: Wenn wir jetzt in die Ewigkeit gehen könnten, den Schritt tun in die unsichtbare Welt – die leben ja, Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Denn einer erzählt, mit dem Tod wäre alles aus – glauben Sie ihm den Schwindel nicht! Gott ist ein Gott der Lebenden.
Wenn wir jetzt den Schritt tun könnten in die unsichtbare Welt und könnten die eben genannten Leute mal fragen: „Seid ihr zu Schanden geworden? Ihr habt auf Jesus gesehen, seid ihr zu Schanden geworden?“ Das sah so aus für uns.
Dann würden sie antworten: „Oh, wohl hat unser Herr durch unsere Pläne oft einen Strich gemacht. Wir haben uns ihm auf Leben und Tod ausgeliefert. Christenstandigst, als ich auf Leben und Tod dem Herrn gehöre und ihm Blankovollmacht, ihm ein Leben gebe, da durfte er auch einen Strich durch unsere Pläne machen. Aber zu Schanden geworden?“ Würden sie sagen: „Nein, nein, nein.“
Die Auca-Missionare würden sagen: „Weißt du, dieses jetzige Jahr später sind die ersten Christen unter den Aucas getauft worden. Wir waren Samenkorn, das in die Erde gelegt wurde, und nun kam die Frucht. Nein, zu Schanden geworden nicht.“
Sie würden sagen: „Wenn unser Herr zu klein war für seine großen Wege, dann hatte er uns das Kreuz vor Augen gestellt, und dann wussten wir: Wir sind erkauft und erlöst und gehören ihm, und dann ist alles gut.“
Und als es ernst wurde, als der Tod kam, da wurden wir nicht zu Schanden. Denn er nahm uns in der Hand und führte uns nach Hause.
Menschen verrecken, Menschen fahren zur Hölle! Aber wir nicht. Er nahm uns an der Hand und führte uns nach Hause.
Nein, wir wurden nicht zu Schanden. Und wenn das Großgericht kommt, werden wir nicht zu Schanden, weil wir dem gehören, der alle Sünde des Meeres Diebe geworfen hat. Ihm gehören wir an.
Wir werden im Gericht Gottes, wo Millionen zu Schanden werden, nicht zu Schanden. Nein, wenn es ernst wird, nein, das Wort ist wahr.
Aber, liebe Freunde, wir brauchen gar nicht in die Ewigkeit zu gehen. Sie dürfen ruhig hier fallen, dürfen mich fallen.
Bist du wusch, bist du ein alter Kerl geworden? In deiner Jugend, wie ich anfing, vielleicht am fünften Tag meines Hierseins, hat ein blinder Mann dieses Wort mir gesagt, ein blinder Mann: „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt.“ Altuxon? Nicht. „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt, und das Angesicht wird nicht zu Schanden.“ Hat mir einen tollen Eindruck gemacht.
Und du bist so vierzig Jahre Essenpfarrer und hat dich das Wort begleitet. Bist du zu Schanden geworden?
Ich sage, ich habe Gefängnisse von Ihnen gesehen in Essen, ich habe Feindschaft erlebt und Sportniederlagen, alles Mögliche. Aber zu Schanden? Nein, nein, nein, David hat Recht.
Und ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie dieses Wort wirklich erleben, erfahren: Welche auf ihn sehen, wie er für mich am Kreuz hängt, so dass mir die Augen aufgetan sind.
Die werden erquickt, und ihr Angesicht wird nicht zu Schanden, nie, nie.
Ermutigung für das Leben hier und heute
Aber, liebe Freunde, wir müssen gar nicht erst in die Ewigkeit gehen. Ihr dürft ruhig hier fallen, ihr dürft mich fallen lassen. Bist du müde, bist du ein älterer Mensch geworden?
In deiner Jugend, als ich anfing – vielleicht am fünften Tag meines Hierseins – hat ein blinder Mann mir dieses Wort gesagt: „Ein blinder Mann, welche auf ihn sehen, die werden erquickt.“ Nicht: „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt im Angesicht.“ Dieses Wort hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen.
Und du bist nun schon seit etwa vierzig Jahren Pfarrer in Essen, und dieses Wort hat dich begleitet. Bist du dadurch etwa zu Schanden geworden?
Ich sage dir: Ich habe Gefängnisse in Essen gesehen, ich habe Feindschaft erlebt, Sport, Niederlagen – alles Mögliche. Aber Scham? Nein, nein, nein! David hat recht.
Ich wünsche dir von Herzen, dass du dieses Wort wirklich erlebst und erfährst: Wer auf ihn sieht, wie er für mich am Kreuz hängt, dem werden die Augen geöffnet. Diese Menschen werden erquickt. Ihr Angesicht wird nicht zu Schanden, niemals, niemals!