Wer unter euch leidet, der bete. Wer fröhlich ist, der singe Lobgesang.
Wer krank ist, der rufe die Ältesten der Gemeinde zu sich, dass sie über ihn beten und ihn mit Öl salben im Namen des Herrn.
Das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten. Wenn er Sünden getan hat, werden sie ihm vergeben werden.
Bekennt also einander die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Viel vermag eines Gerechten Gebet in seiner Wirkung.
Ermutigung zum Gebet und zur Gemeinschaft in Krankheit und Freude
Leidet jemand unter euch, so bete er. Ist jemand guten Mutes, so singe er Psalmen.
Ist jemand krank unter euch, so rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich. Sie sollen über ihm beten und ihn mit Öl salben im Namen des Herrn. Das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten. Der Herr wird ihn aufrichten, und wenn er Sünden begangen hat, werden ihm diese vergeben.
Bekennt nun einander die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.
Dies ist übrigens die einzige Stelle im Neuen Testament, in der wir aufgefordert werden, einem Menschen Sünden zu bekennen. Sonst ist immer Gott der erste Ansprechpartner, die erste Anlaufstation. Hier jedoch werden wir auch aufgefordert, einem Menschen unsere Sünden zu bekennen.
Viel vermag das Gebet eines Gerechten in seiner Wirkung. Elija war ein Mensch mit denselben Gemütsbewegungen wie wir. Er betete inständig, dass es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. Wieder betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.
Damit wird ein weiteres Beispiel gegeben für ein ernstliches und auch sehr gesegnetes Gebet.
Heilung im heilsgeschichtlichen Kontext
Ich möchte heute Morgen mit dem Gedanken fortfahren, dass wir Heilung auch in heilsgeschichtlicher Sicht betrachten müssen. Dabei geht es nicht nur um die Krankheit selbst, sondern auch um die Heiligung.
Der Heilige Geist macht uns durch Jakobus darauf aufmerksam, dass der Kranke die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen soll. Warum nicht die Apostel? Warum soll er nicht begnadete Wundertäter rufen? Hier steht, dass er die Ältesten der Gemeinde rufen soll. Das zeigt eine heilsgeschichtliche Entwicklung.
Wir wollen uns das auch hier auf der Folie anschauen. Im Alten Testament kommt die Gabe der Krankenheilung nur bei herausragenden Persönlichkeiten vor, zum Beispiel bei Elija und Elisa. Diese heilten Kranke und erweckten sogar Tote zum Leben.
Im Neuen Testament heilte Jesus Christus sehr viele Kranke. In den Evangelien wird kein Fall berichtet, in dem ein Mensch den Messias um Heilung gebeten hätte und krank geblieben wäre. Er heilte alle, die zu ihm kamen.
Als Jesus dann die zwölf Apostel, die zwölf Jünger innerhalb Israels, aussandte – zunächst nur in Israel –, salbten diese viele Kranke mit Öl und machten sie gesund. So steht es in Markus 6. Dort begegnet uns schon die Krankensalbung mit Öl sowie das Gebet und die Heilung von Kranken.
Der Befehl zur Weltmission enthält ebenfalls den Hinweis auf den Dienst an den Kranken. In Markus 16 heißt es: „Auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird es ihnen besser gehen.“ Diesen Dienst praktizierten dann auch die Apostel, einschließlich des Apostels Paulus. Sie heilten viele Gebrechen.
Das begann schon mit dem Lahmen an der schönen Tür des Tempels in Jerusalem, der geheilt wurde. Dabei sagte Petrus: „Silber und Gold habe ich nicht, aber was ich habe, das gebe ich dir.“
Die Christenheit heute muss sagen: Silber und Gold habe ich jede Menge, aber krank lassen muss ich dich leider, gesund machen kann ich dich nicht mehr. Da hat sich etwas verändert. Und...
Entwicklung der Krankenfürsorge in der Gemeinde
In der Kraft des auferstandenen Christus wurde dieser Mann gesund. Mit dem zunehmenden Aufbau neutestamentlicher Gemeinden verlagerte sich die Krankenfürsorge mehr und mehr von den Aposteln auf die Ältesten der Gemeinden. Die Apostel hatten diese Fürsorge zunächst im Rahmen ihres Missionsauftrags ausgeübt.
Gemeinden entstanden, Älteste wurden eingesetzt, wuchsen heran und reiften in diesem Dienst. Nach und nach übernahmen sie immer mehr den Dienst der Krankenfürsorge.
Wir müssen dabei bedenken, dass es damals keineswegs ein medizinisches Versorgungsnetz gab, wie wir es heute kennen. Die Kranken hatten sicher alle Hände voll zu tun, und auch die Ältesten waren mit der Fürsorge für die vielen in Not befindlichen Menschen stark beschäftigt.
Es ist wichtig zu erkennen, dass es hier, auch im Hinblick auf Heilungen, eine Entwicklung gibt: von Jesus Christus über die Apostel hin zu den Ältesten der Gemeinde.
Die Initiative des Kranken und die Haltung Gottes
Dann wollen wir fragen: Wie sieht es mit der Initiative des Kranken aus? Es steht hier, dass die Ältesten vom Kranken gerufen werden sollen. Der Kranke soll also die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen. Es heißt nicht: Wenn jemand krank ist, dann schmolle er so lange in einer Ecke und denkt: „Jetzt will ich mal sehen, wie lange es dauert, bis endlich jemand auf die Idee kommt, mich zu besuchen.“ Das steht hier nicht.
Vielmehr steht hier: Wenn jemand krank ist, der rufe die Ältesten der Gemeinde zu sich. Das bedeutet, Gott möchte, dass die Initiative vom Kranken ausgeht, und das ist sehr wichtig. Der Kranke selbst soll sich nach der Hilfe des Herrn ausstrecken. Jesus Christus hat die Menschen auch immer gefragt: Willst du gesund werden? Das ist eigentlich eine fast sinnlose Frage, aber sie war nicht sinnlos. Jesus wollte sehen, ob überhaupt noch der Wunsch vorhanden war, ob die innere Haltung da war, gesund werden zu wollen.
Im Reich Gottes geschehen nur wenige Dinge automatisch. Gott liebt es, wenn sich seine Kinder in der Haltung Jakobs an ihn klammern. Jakob hat einmal gesagt: „Herr, ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Das war eine Initiative von Jakob: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ So dürfen auch wir uns an Gott wenden.
Zum anderen möchte Gott die heute leider weit verbreitete Praxis der sogenannten Heilungsversammlungen ausdrücklich nicht. Dort rufen angeblich begnadete Wunderheiler die Kranken zu offensichtlichen Schauwundern auf die Bühne. Hier steht aber nicht, dass der Wunderheiler die Kranken in Scharen nach vorne ruft. Stattdessen steht hier, dass der Kranke die Ältesten zu sich in stille Kämmerlein ruft. Das ist eine ganz andere Richtung.
Geistliche Erfahrungen und Haltung bei Heilungen
Die seelsorgerliche Erfahrung zeigt, dass solche Heilungen, die geschehen, weder von den Heilern noch von den Geheilten geistlich verkraftet werden. Der Hochmut sitzt uns dazu viel zu tief in den Knochen.
Das gilt auch für die Ältesten, die nach Jakobus 5 über die Kranken beten. Auch sie tun gut daran, eventuelle Heilungen nicht an die große Glocke zu hängen. Stattdessen sollten sie in solchen Fällen ein heiliges Schweigen üben. Dieses Schweigen schulden wir Gott, unserer eigenen Seele und auch den menschlichen Werkzeugen.
Ich kenne einen Bruder, und einige von euch kennen ihn auch, der die Gabe der Krankenheilung hat. Das habe ich selbst miterlebt. Er besitzt diese Gabe, aber ich bin mir nicht sicher, ob seine Frau davon weiß. Versteht ihr? Ich bin nicht sicher, ob seine Frau es weiß. So gebraucht ihn Gott in aller Stille. Er könnte Zulauf haben, der ihn überfordern würde, und er geht einen ganz anderen Weg. Dazu gehört innere Größe.
Erich Luban schreibt in diesem Zusammenhang: Heute gilt der biblische Grundsatz, dass Krankenheilung keine Massenerscheinung in Massenversammlungen und kein spektakuläres Ereignis ist. Vielmehr ist Krankenheilung ein individuelles Geschehen im Rahmen der Gemeinde der Berufenen zu sich. Dabei sind es auch nicht unbedingt der Pfarrer, der Pastor oder der Prediger, die diese Heilung bewirken.
Die Rolle der Ältesten in der Gemeinde
Nach dem Schriftzeugnis des Neuen Testaments tragen die Ältesten, im Griechischen Presbyteroi oder Aufseher, es Episkopoi genannt, die geistliche Verantwortung für die Gemeinde und damit für jeden einzelnen Gläubigen.
Es ist nicht unbedingt nötig, dass man unbedingt den Pastor oder den Missionar ruft, der gerade in einer besonderen Verantwortung steht. Die schlichten ältesten Brüder der Gemeinde können ebenfalls gerufen werden. Der Missionar oder der Pastor kann zu den Ältesten gehören, muss aber nicht unbedingt Teil dieser Gruppe sein.
Älteste sollen die Ansprechpartner sein. Nach dem Neuen Testament sind das Brüder, die eine bestimmte geistliche Qualifikation besitzen. Sie sind wiedergeboren, stehen im Glauben und haben auch charakterlich eine entsprechende Qualifikation. Sie sind keine Trinker oder Menschen, die sehr unbeständig sind, sondern entsprechen den Beschreibungen im Timotheusbrief und im Titusbrief.
Mindestens zwei Älteste sollen berufen werden. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt, aber in der Regel sind es wohl nicht mehr als vier oder fünf. Diese Ältesten sollen dann das Gebet des Glaubens praktizieren und die Kranken mit Öl salben.
Bedeutung der Salbung mit Öl
Was ist das jetzt wieder? Handelt es sich um ein Wundermittel oder um die sogenannte letzte Ölung?
Wenn die Ältesten zum Kranken gerufen werden, tun sie im Wesentlichen zwei Dinge: Sie beten und salben den Kranken mit Öl. Bleiben wir kurz beim Stichwort Öl. Hier ist nicht von der letzten Ölung die Rede. Die Lehre der römisch-katholischen Kirche weicht an dieser Stelle meilenweit von der Bibel ab.
Ich zitiere aus einer katholischen Schrift: Von der heiligen Ölung lehrt die katholische Kirche, sie sei ein wahres Sakrament, von Christus eingesetzt und vom heiligen Jakobus verkündet. Sie wird gespendet durch die von Gebet begleitete Salbung mit geweihtem Öl. Nur der Priester kann sie gültig spenden. Empfangen kann sie jeder Getaufte, der sich wegen Krankheit oder Alter in Lebensgefahr befindet. Man muss sich nicht in Lebensgefahr befinden, heißt es hier widersprüchlich. Sie wird als Kräftigung der Seele, oft auch des Leibes, und unter gegebenen Voraussetzungen als Nachlassung der Sünden verstanden.
Soweit die katholische Lehre dazu. Gemäß Jakobus 5 ist das Glaubensgebet der Brüder jedoch absolut kein Sakrament. Jeder geistlich qualifizierte Älteste darf dieses Gebet über den Kranken sprechen. Der Kranke muss sich dabei nicht in Lebensgefahr befinden.
Symbolik und Zweck der Ölsalbung
Was bedeutet Salbung mit Öl?
Zunächst wird Öl seit jeher in der Bibel als lindernde und erquickende Medizin verwendet. So gießt beispielsweise der barmherzige Samariter dem unter die Räuber gefallenen Mann Öl und Wein auf seine Wunden (Lukas 10).
Eine weitere Bedeutung ergibt sich aus dem Alten Testament: Die Priester und Könige von Israel wurden bei ihrer Einsetzung mit Öl gesalbt. In Israel wurde ein Priester oder König zu dem Zweck gesalbt, dass sein künftiges Leben ganz im Dienst des Herrn stehen sollte.
Der Kranke, der heute die Salbung begehrt, muss sich bewusst machen, dass er damit sein künftiges Leben ohne Einschränkung unter die Leitung des Herrn stellen will – so wie der Priester oder König in Israel damals.
Das Öl hat jedoch ganz sicher keinen mystisch-magischen Charakter. Es besitzt keine Zauberwirkung oder Ähnliches, sondern hat einen Zeichencharakter. Ähnlich wie Brot und Wein beim Abendmahl, beim Brotbrechen, steht auch das Öl symbolisch für etwas.
Adolf Schlatter erklärt, dass Jakobus die Ältesten mahnt, nicht nur das Wort zu verwalten, sondern dem Kranken eine zusätzliche Hilfe zu bieten, indem sie zum Wort ein Zeichen hinzufügen. Sie sollen dem Kranken sichtbar machen, dass Gott die heilende Macht besitzt, die seine Krankheit zum Leben wenden kann.
Dieser Aspekt verdient es, noch etwas vertieft zu werden. Gott weiß, wie wir Menschen beschaffen sind. Er kennt uns und weiß, dass wir mit unseren fünf Sinnen gewohnt sind, Dinge zu erfassen. Er weiß auch, wie schwer es uns fällt, geistliche Dinge allein aufs Wort hin zu glauben.
Deshalb hat er uns im Gedenken an die Erlösung Jesu am Kreuz Brot und Wein als Zeichen gegeben. Wenn nun seine geliebten Kinder in großer Leibesschwäche daliegen und die Ältesten im Glauben für sie beten, hat der treue Herr in der Salbung mit Öl eine geistliche Hilfe geschenkt, um diesen wichtigen Vorgang besser fassen zu können.
Dabei wird einfach ein gut riechendes Öl verwendet, zum Beispiel Lavendelöl. Es liegt jedoch nicht am Öl selbst; im Notfall geht es auch ohne Öl. Wir haben auch schon ohne Öl für Kranke gebetet. Der Schwerpunkt liegt auf dem Glaubensgebet der Brüder.
Das Gebet des Glaubens und seine Verheißungen
Dazu wollen wir jetzt kommen. Diesem besonderen Gebet sind nämlich drei ganz wichtige Verheißungen gegeben: Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, der Herr wird ihn aufrichten, und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden.
Zunächst fragen wir: Was ist ein Gebet des Glaubens? Jakobus spricht in seinem Brief zuvor, im ersten Kapitel, vom Gebet des Zweifels. Dieses Gebet darf keine Erhörung erwarten. Das Glaubensgebet hingegen ist ein festes Vertrauen auf die in der Schrift bezeugten Verheißungen Gottes.
Martin Luther sagt einmal, als sein wichtigster Mitarbeiter Melanchthon sterbenskrank war: „Ich habe unserem Herrgott im Gebet den ganzen Sack von Verheißungen vor die Füße geworfen.“ An einer anderen Stelle ist sogar überliefert, wie Luther in dieser Situation betete: „Haltet euch fest auf eurem Stuhl! Herr Gott, wenn du mir meinen Melanchthon sterben lässt, dann schmeiße ich dir den ganzen Kram vor die Füße, und du kannst selbst dein Luther sein.“
So betet man in dieser Situation. Das können wir nicht nachmachen. Das war Luther original. Es war nicht Ehrfurchtslosigkeit, sondern ein unwahrscheinliches Vertrauen, aus einem geistlichen Urgestein herausgebetet. Es war kein frommes, sanftes, säuselndes Gebet, sondern ein kerniges, mächtiges Gebet von Martin Luther.
Ein Gebet des Glaubens ist das Gebet von gerechten Brüdern, die gelernt haben, kindlich, vertrauensvoll und in den Linien der Bibel vor den Thron der Gnade zu treten. Der Glaube ist die Eiche, die in Gottes Wort wurzelt. An ihr rankt sich der Efeu, die Pflanze des Gebets, empor.
Dabei kennt das Glaubensgebet keinen Fanatismus, wohl aber Ehrfurcht und Demut.
Struktur eines biblischen Glaubensgebetes
Wie sieht die Struktur eines echten biblischen Glaubensgebetes aus? Ich glaube, man kann drei Dinge in der Schrift erkennen.
Der Glaube sagt: „Herr, du kannst!“ Dies habe ich aus Matthäus 8 entnommen. Gott kann jede Krankheit heilen – mit oder ohne Arzt, mit oder ohne Medikamente. Gott kann jede Krankheit heilen, sei es Krebs im letzten Stadium, Multiple Sklerose oder die schlimmsten Leiden. Gott kann, denn er ist der souveräne Gott. Er hat es schon oft genug bewiesen.
Die Ehrfurcht ergänzt: „Wenn du willst.“ Der Aussätzliche, der zu Jesus kommt, sagt: „Herr, willst du, so kannst du mich wohlreinigen.“ Du kannst, aber du musst nicht. Das ist der entscheidende Unterschied: Du musst nicht, sondern nur, wenn es in dieser Situation in deinen Plan passt.
Die Demut fügt hinzu: „Wenn du es tust, bin ich es gar nicht wert.“ So sagt der Hauptmann: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach kommst. Sprich nur ein Wort, dann wird mein Knecht gesund.“
Diese Haltung hat die katholische Liturgie wunderbar übernommen. Es ist etwas vom Schönsten, wenn ich in einem katholischen Gottesdienst bin und die Liturgie diese Stelle enthält: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst. Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“
Ja, das ist die Struktur eines biblischen Glaubensgebetes: Der Glaube sagt: „Herr, du kannst!“ Die Ehrfurcht ergänzt: „Wenn du willst.“ Die Demut fügt hinzu: „Wenn du es tust, bin ich es eigentlich gar nicht wert. Du tust es aus Gnade.“
Die dreifache Verheißung des Glaubensgebets
Dem Gebet ist eine dreifache Verheißung gegeben. Zunächst heißt es, es wird dem Kranken helfen. In der Elberfelder Bibel steht, es wird den Kranken retten. Das griechische Wort Sozo hat mehrere Bedeutungen. Die beiden wichtigsten lauten: vor natürlichen Gefahren und Nöten bewahren, aus ihnen erretten, zum Beispiel aus Tod, Krankheit oder dämonischer Besessenheit – in diesem Zusammenhang wird das Wort gebraucht.
Es bedeutet aber auch, vom ewigen Tod, vom Gericht und allem, was dazu führt, wie der Sünde, erretten oder bewahren. Somit bezieht sich das Retten, wo Gott will, auf den leiblichen Tod, in jedem Fall aber auf den ewigen Tod.
Das Beten der Brüder ist kein fanatisches Gesundbeten um jeden Preis. Es soll nicht mit Gewalt die äußere Heilung erzwingen. Das gläubige Gebet stellt sich bescheiden unter Gott, wartet auf seine Hilfe und ist mit Gottes Führung zufrieden, welchen Weg sie uns leitet. Die unnüchterne Linie setzt hier allerdings für helfen oder retten Heilung ein, was nicht dasteht. Das muss dann zwangsläufig zu Konflikten führen.
Hier steht nicht, dass das Gebet des Glaubens den Kranken in jedem Fall heilen wird. Das steht nicht da.
Als zweite Verheißung heißt es: Der Herr wird ihn, den Kranken, aufrichten. Sei es durch äußere Linderung und Heilung, eventuell sogar bis zur vollkommenen Genesung – dafür gibt es viele Beispiele. Oder sei es ein innerliches Aufgerichtetwerden, durch das der Kranke neu die Kraft bekommt, sein Leiden in Geduld und zu Gottes Ehre zu tragen.
Der Herr tut oft mehr durch Wunden als durch Wunder. Johannes Seitz bestätigt aus jahrzehntelanger seelsorgerlicher Erfahrung: Wenn auch nicht immer das leibliche Leiden hinweggenommen wird, so wird dem Betreffenden auf diesem Wege eine göttliche Kraft zuteil, das Leiden besser tragen zu können. Oder sei es sogar, dass der Kranke aufgerichtet wird, um getrost und unverzagt durch das Tal der Todesschatten zu gehen.
Als wir in Karlsruhe Dienst hatten, gab es einen unserer Ältestenbrüder dort, der seine Frau an Krebs verlor. Er ist Helmut Hein, ihr kennt ihn. Er erzählte mir, wie seine Frau die Brüder zum Gebet des Glaubens rief und sie über sie beteten. Gott heilte sie nicht, aber sie konnte bis zu ihrem letzten Lebenstag ohne schmerzstillende Medikamente auskommen, war ansprechbar und segnete noch auf dem Sterbebett ihre sieben Kinder.
Das war auch ein Aufgerichtetwerden, auch wenn Gott sie nicht heilte. Alle Ärzte schüttelten den Kopf, wie das möglich war, wo ihr die Nieren vom Krebs zerfressen waren und sie keine Schmerzen hatte. Das kann also auch aufrichtend sein.
Die dritte Verheißung lautet: Wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. Der Dienst der Ältesten ist nicht nur ein Dienst des Arztes. Wer nur möchte, dass er möglichst schnell seine Krankheit loswird, hat Jakobus 5 nicht richtig verstanden.
Wer aber seine gesamte Not mit den Brüdern vor Jesus bringt, dessen Leben wird auch im Gesamten in Ordnung gebracht. Es handelt sich also nicht nur um Leibsorge, sondern zugleich und vor allem um Seelsorge.
Es heißt hier: Wenn er Sünden getan hat. Das bedeutet, nicht in jedem Fall muss diesem Gebet der Brüder ein Sündenbekenntnis vorausgehen. Nur wenn der Kranke während seiner Krankheitszeit durch den Heiligen Geist auf Dinge in seinem Leben aufmerksam gemacht wurde, sollte er den Brüdern diese Dinge zuerst sagen. Sonst brauchen sie gar nicht beten.
Bei Gott geht innere Heilung immer vor äußerer Heilung. Wenn er nicht bereit ist, innen reinen Tisch zu machen, wird er keine Heilung erleben. Dann können die Brüder noch so gläubig und ernst für ihn beten.
Es heißt hier: Bekennt einander die Sünden. Es kann sogar sein, dass in dieser Situation auch die Ältesten, die am Bett sitzen, sagen: „Hör mal, ich habe in dem, was du jetzt nennst, schon genauso gefehlt.“ Dann wollen sie das auch bekennen.
Wir haben schon erlebt, dass wir gegenseitig Sünde bekannten – der, der im Bett lag, und die, die am Bett standen. Bekennt einander eure Sünden. Dann kann Gott in wunderbarer Weise eingreifen, so wie er es in diesem Fall für richtig hält.
Die Motive müssen lauter sein, das ist ganz klar. Der Kranke darf nur dann Hilfe von Gott erwarten, wenn seine Beweggründe rein sind. Dazu gehört, dass er bereit ist, mit Sünde und Eigenleben in jeder Form zu brechen und sich ganz neu dem Herrn zu weihen.
Ich habe einmal in ergreifender Weise miterlebt, wie ein Bruder, der uns zum Gebet rief, dieses wirklich nutzte, um sein Leben dem Herrn neu zu weihen. In dieser Stunde hat er das getan, und das wurde auch sichtbar in seinem Leben.
Johannes Seitz sagt noch einmal: Tausende von Erfahrungen bezeugen, dass viele Krankheiten überwunden werden, wenn der Kranke zu wahrer Buße, zur Reinigung des Gewissens und des Sinnes gebracht wird. Auch dahin, dass er mit allem, was er hat und isst, sich Gott völlig ausliefert und nicht mehr der Sünde, der Welt oder sich selbst, sondern dem lebt, der für uns gestorben und auferstanden ist.
Das sollte bei uns allen so sein und immer mehr so werden, nicht nur bei jemandem, der krank ist.
Gott schenkt jedoch gewiss keine Hilfe, wenn wir die Gesundheit wieder in der Sünde und im Egoismus verbrauchen wollen.
Aber auch die Ältesten müssen reine Motive haben. Sie dürfen nicht kommen, um jemanden gesund zu beten und sich dann eine Kerbe in ihren Revolver zu schnitzen. Es muss um die Ehre Gottes gehen und um die Hilfe für den Kranken.
Praktische Fragen zur Krankenfürsorge
Ist Handauflegung mehrmals erlaubt? Ja, natürlich ist das mehrmals erlaubt. Ein Kranker kann wiederholt Älteste rufen. Wenn er sie jedoch alle paar Tage oder Wochen ruft, kann das irgendwann kritisch werden. Dennoch ist es grundsätzlich mehrmals erlaubt.
Zur Frage, bei welchen Krankheiten die Ältesten gerufen werden können: Ob schon bei Schnupfen oder erst bei Krebs, das muss jeder Einzelne für sich entscheiden. Die Bibel nennt keine konkreten Beispiele.
Es gibt sehr schwere Grippeerkrankungen, aber auch andere Krankheiten, die irgendwo dazwischen liegen. Der Kranke sollte die innere Führung und Bereitschaft spüren. Wenn ihm klar wird, dass er die Freiheit hat, die Ältesten zu rufen, dann ist das möglich.
Es gibt also keine feste Skala, ab wann die Handauflegung praktiziert werden darf.
Schlussgedanken und Ausblick
Ich komme zum Schluss. Die Kinder kommen auch gleich.
Gott ist der rechte Vater über alles, was Kinder heißt, im Himmel und auf Erden. Er weiß, was wir brauchen, ehe wir ihn bitten. Trotzdem dürfen wir in diesem Fall ganz besonders die Ältesten rufen.
Das soll nicht heißen, dass Krankenbesuche nur von diesen Brüdern praktiziert werden können. Jeder von uns kann Krankenbesuche machen. Jeder kann mit, für und über Kranke beten. Aber dieses Gebet hier ist einfach noch einmal etwas Besonderes, das Gott gegeben hat.
In welcher Weise er handelt, wollen wir dann dem überlassen, der keine Gedanken des Leides über uns hat, sondern des Friedens.
Möge der Herr schenken, dass wir wieder mehr Kranke haben, die auch um den Dienst der Brüder bitten. Ebenso wünschen wir uns, dass bei uns in der Gemeinde Brüder für diesen Dienst zur Verfügung stehen.
Wir werden vielleicht auch bald in einem Gottesdienst hier einmal sagen, welcher Bruder beziehungsweise welche Brüder von uns für diesen Dienst bereitstehen. Das will ich jetzt heute noch nicht vorwegnehmen. Das müssen wir im Brüderkreis erst miteinander besprechen.
