Warnung vor falschen Lehrern und Ermahnung zur Wachsamkeit
Überraschend, wie nun der Römerbrief schließt, nach all den herzlichen Grüßen.
Ich ermahne euch aber, liebe Brüder: Nehmt euch in Acht vor denen, die Zwietracht und Verwirrung anrichten, im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, und meidet sie. Denn solche Leute dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern ihrem Bauch. Die süßen Worte und prächtigen Reden verführen die Herzen der Arglosen.
Euer Gehorsam ist bei allen bekannt geworden. Deshalb freue ich mich über euch. Ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten, doch geschieden vom Bösen.
Der Gott des Friedens aber wird den Satan unter eure Füße treten in Kürze.
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch.
Es grüßen euch mein Mitarbeiter Timotheus – den kennen wir von den beiden Briefen her – und mein Stammverwandter Lucius, der mal als Kirchenvater gedeutet wurde, vielleicht der Lukas gewesen sein soll, aber wahrscheinlich ist das ein Irrtum.
Ja, und dann seid ihr auch von mir gegrüßt, Tertius, der diesen Brief geschrieben hat, im Herrn.
Schön, wie die Teamarbeit bei den Christen läuft. Man kann viel vom Apostel lernen. Es soll keiner behaupten, der Apostel Paulus hätte solche Herrschaftsstrukturen gehabt. Man muss die Bibel lesen.
Es grüßt euch Gajus, der mich und die ganze Gemeinde gastlich aufgenommen hat. Es grüßen euch der Stadtkämmerer Rastlos und der Bruder Quatsch – also Leute aus Korinth, wo Paulus wohl den Brief geschrieben hat.
Das Geheimnis des Evangeliums und seine Offenbarung
Dem aber, der euch stärken kann gemäß meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, durch die das Geheimnis enthüllt wurde, das von Anbeginn verschwiegen war, nun aber offenbart und kundgemacht ist durch die Schriften der Propheten nach dem Befehl des ewigen Gottes, den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden: Dem Gott, der allein weise ist, sei Ehre durch Jesus Christus von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Armin
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist ein unerschöpfliches Thema in der Adventszeit, über das Konsumverhalten der Bundesbürger zu reden. Man hört ja hin und wieder auch viele Predigten, in denen immer wieder von diesem Thema gesprochen wird, und dann wird Klage geführt. Ich glaube, das geht schon so weit zurück, wie man denken kann.
Ich freue mich immer, wenn ich diese Bilder sehe, wenn die Leute sich aufmachen und einkaufen. Keine Sorge, ich habe keine Aktienanteile an Kaufhäusern, ich bin auch sonst nicht irgendwo am Wirtschaftsaufschwung beteiligt. Ich finde das einfach so nett. Ich finde das einen lieblichen Rummel, wenn die Leute sich bemühen, einander eine Freude zu machen. Es gibt das Jahr über so selten, und ich finde es einfach nicht gut, wenn die Christen immer da stehen und dann ihre spöttischen Sprüche machen, ob wir uns nicht mitfreuen sollten.
Es ist doch schön in den Familien jetzt, wenn die Kinder Zettel an die Türen heften: "Eintritt verboten", weil darin etwas gemacht wird, ein Geheimnis, eine Überraschung. Oder die Eltern sagen: "In das Zimmer dürft ihr nicht mehr rein." Wenn man älter wird, sagt man: "Wir brauchen ja nichts mehr, wir kaufen uns alles." Aber vielleicht ist es doch ganz nett, ein Geheimnis zu haben, eine Überraschung.
Es muss ja nicht viel sein, eine Freude, wo man das ablesen kann, wie lieb man einen hat, wo man das spüren kann.
Dann gibt es ja verschiedene Leute, die verstehen das nicht richtig mit den Geschenken. Was da so manchmal an den Weihnachtszimmern zusammengepackt ist, das ist ja nicht einfach so wie bei Tritschler und Co., dass man das hinlegt wie im Warenhausregal. Darum packt man das ja ganz nett ein, mit buntem Papier und einer Schleife drüber, damit das Geschenk, die Überraschung, richtig schön wird.
Die einen haben gar keine Geduld beim Auspacken. Die reißen alles heraus und wollen an die Sache, in den Kern. Und die anderen gehören nicht dazu. Sie können das so sorgfältig öffnen, jeden Kleber sorgsam lösen, damit das schöne Papier nicht zerstört wird. Und die haben vielleicht die Gabe, auch das Geheimnis richtig zu fühlen und zu empfinden.
Daran wollte ich Sie erinnern, wenn wir heute bei dieser letzten Predigt vom Römerbrief von Paulus hören, dass er ein Geheimnis mitzuteilen hat, eine Überraschung, etwas, was dem normalen Menschen nicht zugänglich ist. Und das muss ich Ihnen jetzt heute erklären.
Die Schwierigkeit, das Evangelium als Geheimnis zu verstehen
Noch einmal versucht, den Text zu gliedern:
Zuerst: Der ganze Römerbrief ist ein schwer zugängliches Geheimnis. Er ist schon wenig anders als ihre Weihnachtssurprise. Wie kann man auspacken und aufreißen? Das kriegt auch noch der Dümmste hin. Weihnachtspäckchen auspacken – das können schon die kleinsten Kinder. Aber das Geheimnis, von dem Paulus spricht, ist ganz kompliziert.
Wissen Sie, was ich jetzt sage? Die Botschaft des Evangeliums ist ein kompliziertes Geheimnis. Einige von Ihnen waren am letzten Sonntagabend mit dabei, als wir dort unten mit unserem Lautsprecher am Rathaus standen, beim Weihnachtsmarkt. Wir haben versucht, zwischen diesen Weihnachtsliedern, die wir gesungen haben, den Menschen auf eine ganz einprägsame Weise zu erzählen und zu sagen, was das heißt: Jesus ist geboren.
Wir haben Beispiele und Geschichten genommen. Ich habe es so reißerisch gemacht, wie irgend möglich. Es war ja schön, dass so viele stehen geblieben sind. Aber wenn Sie genau hingesehen haben, haben Sie es gemerkt: Viele sind vorübergegangen. Ihnen war das Geheimnis verschlossen. Ein paar haben alberne Zwischenrufe gemacht, ein paar haben vor sich hin gebrummt. Aber das Geheimnis war verschlossen.
Können Sie sagen, das lag vielleicht am Prediger? Der hätte es noch geschickter machen können? Wir hätten noch einen besseren Tag gehabt? Dann wäre es noch netter gegangen, noch schöner und noch lieber? Sich gar nicht an dem zu stoßen, wenn Paulus sagt – als der Apostel der Heiden – es ist ein Geheimnis, das nicht zugänglich ist und das nichts von Menschen einfach so geöffnet werden kann.
Jetzt möchte ich Sie daran erinnern an all die Versuche, die Sie schon angestellt haben, um Menschen zum Glauben zu führen. Sie haben dann manchmal auch gedacht: Sicher bin ich der Ungeeignete. Das ist falsch. Es liegt gar nicht an der Person des Verkündigers, auch nicht an seiner Rede. Davon ist die Verkündigung des Evangeliums überhaupt nicht abhängig.
Vielleicht haben Sie ein Buch weitergegeben, das Ihnen selbst den Weg zum Glauben geöffnet hat. Sie geben das einem anderen suchenden Menschen weiter, und er sagt: Wissen Sie, das lässt mich kalt. Sie stoßen doch dauernd auf diese Tatsache: Es ist ein Geheimnis. Es ist eben nicht die Verpackung. Es ist eben nicht das Äußere.
Die Notwendigkeit, das Evangelium als Geheimnis zu erkennen
Jetzt muss ich zuerst einmal sagen, dass es eine ganz schlimme Sache ist, dass wir so wenig darüber reden in unseren Gottesdiensten und Bibelstunden: dass das Evangelium ein Geheimnis sei. Nicht, dass Sie denken, das steht jetzt nur im letzten Kapitel im Römerbrief. Immerhin steht da am Ende – da geht es jetzt um die Wurst – geht es wirklich darum, ob wir begriffen haben.
Paulus sagt: Ich bin eigentlich der, der dein Geheimnis verwalten muss. Und die ganze Botschaft, die ich gebracht habe, bleibt ein Geheimnis, wenn ich nach Rom hineingehe. Das ist ein Geheimnis. Achten Sie mal darauf, vielleicht kommt es Ihnen gleich in Erinnerung, ohne dass wir jetzt in der Bibel nachschlagen.
Wenn es heißt: „Künstlich groß ist das Geheimnis“ oder wenn er vom gottseligen Geheimnis redet, oder wenn Jesus in Gleichnissen spricht und sagt: „Euch ist gegeben, das Geheimnis des Himmelreichs zu verstehen, den draußen aber nicht“ – dann spricht Paulus sehr häufig davon. Am liebsten hätte ich Ihnen jetzt noch 1. Korinther 2,3 gelesen. Das müssen Sie mal nachschlagen. Das spricht doch in seinem ganzen Aposteldienst mehrfach das an: Das ist ein Geheimnis.
Dann spricht er vom Geheimnis Gottes, vom Geheimnis Christi in ganz verschiedenen Worten. Jetzt könnte das Missverständnis aufkommen, als ob Gott ausgerechnet das Wichtigste, was jeder Mensch wissen muss zu seinem ewigen Heil, wie eine Geheimlehre verpackt hätte. Und dann denkt einer, man müsse irgendwelche Voraussetzungen mitbringen. Vielleicht muss man Theologie studieren? Bestimmt nicht. Oder man muss irgendwelche Denkvoraussetzungen mitkriegen. Oder man muss sich irgendwie in eine Geheimlehre eingliedern lassen. All das nicht.
Es ist auch nicht so, dass das Evangelium kompliziert sei. Das dürfen Sie nicht denken. Das Rätsel ist es. Ich liege ganz einfach daran, dass wir Menschen so weit von Gott weg sind. Wir können nur Irdisches verstehen und sind für das Göttliche, auch wenn es ganz klar zu uns gesagt wird, nicht offen. Wir sind so weit von Gott getrennt, kein Mensch kann das Evangelium verstehen.
Wenn ich ein ganz großes Wunder mit ihm passiert – eine Erleuchtung. Das neutestamentliche Wunder war, dass Martin Luther in der Erklärung zum dritten Glaubensartikel wieder aufgenommen hat, dass uns der Heilige Geist mit seinen Gaben erleuchtet. Das ist nötig, um das Geheimnis zu verstehen.
Wenn jetzt so viele Leute sich rüsten, Weihnachten zu feiern und etwas zu begreifen, sollten wir daran denken: Sie können das Geheimnis nicht verstehen. Sie gehen daran vorüber. Und es gibt viele Menschen, die in den Kirchen sitzen und nicht teilhaben an der Freude. Die bleiben gequält und gehen mit Sorgen wieder nach Hause. Sie sind belastet und traurig.
Muss ich so ausführlich einmal sagen: Das liegt nicht am Prediger. Das liegt auch nicht an der Bibel. Es liegt auch nicht an Gott. Sondern daran, dass wir nie gemerkt haben, worauf es ankommt. Auf einen Punkt. An einem Punkt, wo sich das Geheimnis öffnet. Und darüber muss ich nun reden.
Der richtige Zugang zum Geheimnis des Glaubens
Als zweiten Punkt, wie man richtig an das Geheimnis herankommt, möchte ich zunächst einige falsche Wege nennen. Ich denke, heute gibt es viele Christen – auch unter den Frommen, sogar unter den Superfrommen –, die niemals zum Geheimnis des Evangeliums gelangen. Sie reden viel vom Tun des Willens, sie mühen sich, leben in christlichen Formen, aber es kommt nie zur Freude, nie zur Freiheit, nie zum getrösteten Stand, nie zur Selbstständigkeit eines christlichen Lebens.
Man kann es daran erkennen, dass diese Freude fehlt. Es gibt eine falsche Haltung, wie man diesem Geheimnis des Evangeliums begegnet. Die letzten dreißig Jahre waren in unserer Kirche geprägt von dem Versuch, ich sage immer, mit dem Schweißbrenner das Geheimnis aufzubrechen – so, wie man einen Geldschrank öffnen will. Man sagt: „Ich habe zwar den Schlüssel nicht, aber ich gehe mal irgendwie ran.“ Man hat versucht, mit kritischem Geist die Bibel zu durchforsten.
Dann wurde behauptet, man könne eigentlich am Evangelium herausfinden, worum es geht. Am Ende ist aber alles verbrannt, man hat nichts aus dem Geldschrank herausbekommen. So öffnet sich das Geheimnis des Evangeliums nicht: nicht mit kritischem Geist, nicht dort, wo man meint, man könne die Bibel zurechtschneiden und irgendwo etwas Wesentliches finden. Am Ende wird es leer bleiben.
Paulus sagt, das Geheimnis ist enthüllt. Jetzt steht es doch hier in Römer 16,25: „Um fast fünfundzwanzig Jahre später durch die Predigt von Jesus Christus offenbart, im 1. Korinther 2,6, kundgemacht durch die Schriften der Propheten nach dem Befehl des ewigen Gottes.“
Das Bibellesen gehört grundlegend dazu, ohne das geht es nicht. Das Geheimnis ist offenbart, das heißt enthüllt, in der Bibel. Warum kommt es aber dennoch dazu, dass viele Bibelleser immer noch nicht zur Freude des Glaubens gelangen? Wie kommt es, dass sie nie den Frieden finden? Man sieht es an ihren strengen Mienen, an ihren zu fürchtenden Stirnen, dass sie nicht teilhaben an der Freude in Jesus.
Das liegt daran, dass sie nicht begreifen, dass sich dort das Geheimnis im Gehorsam des Glaubens auflöst. Jetzt erkläre ich es Ihnen mal praktisch: Sehen Sie, es gibt so viele Leute unter den Christen, die am Sonntagmorgen in die Kirche kommen und bedrückt sind. So viel Dunkles finden sie in ihrem Leben. Sie leiden unter teuflischen Einflüsterungen und haben immer wieder Sünde. Sie sind gequält und sagen: „Ich wollte gern mein Leben heiliger machen.“
Es ist ja wichtig, dass Gottes Licht bei mir durchbricht. Sie wollen die Finsternis besiegen. Dann klagen sie: „Ach, ich bin so weit weg von der Weihnachtsfreude, in meinem Leben ist es so finster.“ Manchmal meint man sogar: Bei uns war die Hölle los – zu Hause, in der Familie oder Ehe.
Den Gehorsam des Glaubens aufzurichten – wenn sie so weitermachen, werden sie nie das Geheimnis erhaschen. Nie! Sie können es nur bekommen, indem sie sagen: „Jetzt verstehe ich erst, was das Geheimnis des Glaubens ist.“ Dass ich ja sage, dass ich annehme: Als sündiger, unvollkommener, unheiliger Mensch bin ich versöhnt, ich bin gerecht geworden. Das ist schon geschehen.
In Deutschland wollte ich sagen: Ich darf das Geheimnis des Glaubens nehmen. Wir haben Frieden mit Gott. Die anderen sagen: „Ich hoffe, das einmal zu erlangen.“ So werden sie es nie erlangen, wenn sie es nicht heute nehmen. Wenn sie heute nicht die ausgestreckte Hand Gottes fassen und ja sagen.
Gehorsam im Glauben aufzurichten – andere sagen: „Aber ich fühle das alles noch nicht.“ Lass doch das Gefühl weg, davon steht kein Wort da. Den Gehorsam des Glaubens aufzurichten.
Schauen Sie mal die an, die damals mit Jesus gezogen sind. Die sagten ja, sie haben zu ihm gesagt und sind mit Jesus gegangen. Erst dann haben sie viel gelernt, erst dann haben sie begriffen und verstanden. Man kann das nicht vorher, vielleicht erst nachher, das Geheimnis des Glaubens oder sagen wir die ganze Botschaft des Römerbriefs, von der wir so viele Sonntage hier gepredigt haben.
Sie erschließt sich uns erst, wenn wir sagen: Ja! Paulus fängt an in Römer 1 und 2, um zu überführen, dass ich schuld bin (Kapitel 3). Da hat Gott einen Altar, wo die Schuld gebüßt wird, im Sterben seines Sohnes: „Ja, Herr, für mich!“
Römer 4 zeigt das Beispiel des Glaubens, Römer 5 und 6 zeigen, dass er mein Leben verwandeln und neu machen kann: „Herr, mein Leben, ja, ich will dir folgen!“ Und dann das mit dem Geist: Habe ich den Heiligen Geist? „Ja, Herr, fühle mich, du hast verheißen, dass du deinen Geist gibst denen, die dich darum bitten!“
Den Gehorsam des Glaubens aufzurichten, „dass ihr nun eure Leiber gebt zu einem Opfer, so heißt es noch immer in Römer 12,1, das heilige und Gott wohlgefällig ist.“ Ja, sag ja!
Warum kriegen Christen so viel? Warum fragen sie so viel? Das Erkennen folgt erst im Jahr nach der Gehorsam ist wichtig. Paulus hat den Römerbrief begonnen, das ist in Römer 1,8 oder 9, wo er sagt: „Von eurem Glauben spricht man in der ganzen Welt.“ Also von dem Glauben der römischen Christen.
Wann wird unser Glaube eine solche Leuchtkraft haben? Wenn wir zur Offenbarung Gottes in der Bibel, zum prophetischen Zeugnis ja sagen können, es zu unserer Sache machen, uns darunter stellen und es annehmen. Dann wird das ein Glaube sein, der die Welt überwindet, der hinausstrahlt und weiter wirkt.
Die Bewahrung des Geheimnisses und die Warnung vor Verführern
Aber jetzt noch etwas Drittes: Wie bewahrt man dieses Geheimnis richtig?
Wir waren überrascht, dass Paulus in 2. Timotheus 3,17 so hart einsetzt und plötzlich diese Warnung ausspricht. In unserer Zeit werden diese Worte kaum noch beherzigt. Wir leben in einer Zeit, in der man sagt, man müsse jede Denkweise der Christen akzeptieren. Wir sind so weit gekommen, so ökumenisch, dass es ganz andere Kirchen und Traditionsströme gibt. Wir wollen alle verstehen und uns bereichern lassen.
Im Neuen Testament finden sich jedoch harte Worte der Auseinandersetzung. Wir sollten nicht von der Lehre der Apostel abweichen. Man muss wissen, wo man seine Wahrheit bezieht. Auch im Vers 17 geht es nicht einmal um Leute, die offensichtlich in der Lehre Verwirrung stiften. Für Paulus ist klar, dass jemand, der die Gottessohnschaft Jesu leugnet, kein Bruder mehr sein kann.
Hier aber geht es um Leute, die Zwietracht und Verwirrung anrichten, im Widerspruch zur Lehre. Es geht also um die Frage, wie die biblische, apostolische Lehre im kritischen Alltag verstanden wird. Paulus sagt, wir sollten solche Leute meiden. Das ist ein schwerwiegender Schritt: Wir sollen uns von ihnen abwenden.
Alles hängt an dem Vorwurf, den Paulus an sie richtet: Sie dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern ihrem Bauch.
Das ist eine schwer verständliche Stelle. Was meint Paulus, wenn er vom Bauch redet? Für Menschen im zwanzigsten Jahrhundert in Westdeutschland denken sie bei „Bauch“ oft an die Weihnachtsgans oder an Fresssucht. Aber das war damals sicher nicht so.
Was war denn der Bauch in der Antike? War es die Unreinheit? Das könnte sein. Oder bedeutet es einfach, dass sie dem Fleisch dienen, also dem Ungeheiligten, dem Gott nicht dargebrachten Wesen? Je mehr man darüber nachdenkt, desto interessantere Beobachtungen ergeben sich.
Es sind Leute, die nicht dieses Geheimnis bewahren – auch nicht das Geheimnis des Evangeliums. Wir können versucht sein, das Geheimnis des Evangeliums zu umgehen. Aber heute habe ich manchmal die Sorge, dass wir Menschen zu Jesus führen, ohne dass sie verstehen, was es bedeutet, dass Jesus am Kreuz für sie starb. Wir unterschieben ihnen falsche Sprüche und sagen: „Wenn du Jesus kennst, hast du kein Leid mehr, und dann läuft alles glatt in deinem Leben.“
Wir wickeln sie mit schönen Sprüchen und einem Stückchen Religion ein. Arglose Leute sind solche, die nicht wissen, wie tief eigentlich die Kluft zwischen Welt und Reich Gottes ist. Warum sind sie arglos? Weil sie die Macht des Bösen nicht kennen.
Ich erschrecke, dass sich in unseren Tagen oft ein Christentum breitmacht, wie es in der ersten Christenheit war: Da kann jeder einfach hineingeraten, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ohne eine Absage, ohne dass der Gehorsam des Glaubens einen Bruch bedeutet – trotz vieler unheiligen Praktiken.
Sie verführen mit süßen und prächtigen Reden. „Süß“ heißt, das kann man wie Honig lecken. Aber die Worte Jesu waren nicht süß und prächtig. Und sie dienen ihrem Bauch.
Ich frage mich oft, ob das nicht auch mit hineingehört in das, was heute eine große Rolle spielt und was viele Christen leben: Sie fragen immer wieder: „Ich fühle das nicht, ich kann das nicht begreifen.“
Ich hatte in den letzten Tagen Begegnungen am Sterbebett von Frau Kammer. Dabei fragte ich mich immer wieder: Warum führt Gott so tief? Ich habe einmal zu meiner Frau gesagt: Wahrscheinlich ist das unter Lebenden für uns so, denn da bleibt nichts mehr im Gefühl. Da bleibt nur noch das Wort: Christus starb für dich.
Ich fühle nichts mehr, ich spüre nichts mehr, das trägt mich auch nicht mehr. Sonst trage ich es in meinen Gedanken, wenn es mir nicht mehr zugesprochen wird.
Und ich frage mich: Warum suchen so viele immer wieder und sagen, sie wollten das in ihrem Leben auch gern fühlen – gerade in diesen Weihnachtstagen, wo viele sitzen und sagen: „Ich kann nicht feiern, bei mir ist gar keine Weihnachtsstimmung.“
Die brauchen keine Weihnachtsfreude. Wenn du auch gar nichts fühlst von seiner Macht, führt er dich doch zum Ziel – auch durch die Nacht.
Für ihn lese ich am liebsten ein großes, langes Stück von Martin Luther vor, der in einer Schärfe gegen Christen spricht, die vom Gefühl her ertasten wollen und sagt: „Du musst glauben, nicht dein Gefühl!“ Je länger du glaubst, desto mehr wird die Sünde dich bedrängen. Und je mehr du leidest, desto mehr leidest du erst am Bösen, das dein Leben heimsucht. Dann flüchte zum Kreuz und sage: „Danke, dass du mich gerettet hast.“
Da ist der Gehorsam des Glaubens.
Da mag es süße und prächtige Reden geben, die viel Erfolg haben.
Erstaunlich ist, dass am Ende des Römerbriefes Paulus noch so eine harte Kost zu muten sagt: „Trenne dich von denen, wo es süß und sanft verläuft, wo Arglose verführt werden im Namen Jesu und wo man es ihnen billiger verkaufen will – ohne dieses Geheimnis.“
Dieses Geheimnis bleibt kein Geheimnis bei denen, die ja sagen, bei denen, die bloß anfangen zu rufen und zu sagen: „Du, Jesus, mehr braucht es nicht.“
In diesen Weihnachtstagen wünsche ich, dass ich ihn aufnehme, ihn entdecke, ihn finde – den Weltheiland, den Todesüberwinder, den Retter.
Ihm sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Armin
