Der zweite Timotheusbrief – Vers für Vers – Gottes Wort für dich.
Ich brauche eine Auszeit. Deshalb bekommt ihr in den nächsten Wochen eine ganz neue Reihe von mir zum zweiten Timotheusbrief.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Ich wünsche euch beim Zuhören Gottes Segen und viele hilfreiche geistliche Impulse für euer Leben.
Einführung in die neue Predigtreihe
Anderes Thema: Wir machen weiter in Timotheus, genauer gesagt in Zweiter Timotheus 1,2.
Paulus schreibt: „Timotheus, meinem geliebten Kind, nicht leiblich, sondern geistlich, wünsche ich drei Dinge: Gnade, Barmherzigkeit und Frieden von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, unserem Herrn.“
Hier kann man sich immer die Frage stellen, warum Paulus ganz oft am Anfang eines Briefes den Leuten, an die er schreibt, Dinge wünscht, die sie eigentlich schon haben. Ist euch das mal aufgefallen?
In diesem Fall steht: „Ich wünsche dir Gnade, ich wünsche dir Barmherzigkeit und ich wünsche dir Frieden.“ Und man könnte denken: Wenn du zu mir kommst und sagst „Jürgen, ich wünsche dir eine liebe Frau“, dann antworte ich vielleicht: „Habe ich schon, brauche ich nicht.“
Genauso könnte man auch sagen: „Hey, ich wünsche dir Gnade.“ Und du könntest antworten: „Wir sind eine christliche Gemeinde, wir haben das mit der Gnade schon verstanden. Ich bin schon begnadigt.“
Ich hoffe, dass jeder von euch, der hier sitzt, begnadigt ist. Falls nicht, können wir gerne darüber sprechen, was das Evangelium ist und wie man Gnade findet. Aber eigentlich müsste jeder von euch sagen: „Ich bin ein Mensch, der Gnade bei Gott gefunden hat.“
Die Bedeutung von Gnade, Barmherzigkeit und Frieden im Glaubensleben
Und wenn ich das sage und dir Gnade wünsche, was wünsche ich dir dann?
Was wir bei diesen drei Begriffen verstehen müssen, ist, dass wir aus den Denkgewohnheiten kommen, die klassisch westlich sind und nach der Aufklärung geprägt wurden. Wir sind absolute Schubladendenker. Und ihr seid das noch viel mehr, als ihr euch das zugeben werdet.
Schubladendenken bedeutet, dass ihr keinen Sinn in meinen Augen habt, wenn ihr nicht darüber nachgedacht habt. Aber wenn ihr nicht darüber nachgedacht habt, fehlt euch das Verständnis für die Dynamik, die ich mal orientalisches Denken nenne.
Wir haben eine Schublade: „Ich bin begnadigt.“ Schublade auf, „Ich bin begnadigt“, Schublade zu, erledigt. Haken dran, nie wieder darüber nachzudenken. Ich habe Barmherzigkeit, erledigt, Haken dran. Ich habe Frieden mit Gott, und jetzt kann ich mein Leben weiterleben. Ich habe diese Dinge eingesackt.
Ihr spielt bestimmt keine Computerspiele, aber wenn man Quests bei Computerspielen macht, sammelt man auch immer Sachen ein. „Ja, ich habe das Schwert der Tausend Punkte“, was weiß ich. Genau, das Schwert der Tausend Punkte habe ich eingesackt, rein, zack. Und dann habe ich, weiß was ich, den Trank der grünen Monster oder sonst irgendwas. Ich sacke das so ein, und dann ist gut.
Und das ist unser Denken: einsacken. Wenn ich etwas eingesackt habe, dann habe ich es, und dann geht das auch nicht mehr weg, und dann ist gut. Das hat mit der Bibel nichts zu tun. Entschuldige, wenn ich das so sage. Das ist ein sehr verqueres, statisches Denken, das auch mit Leben nichts zu tun hat.
Und das wissen wir: Ich habe meiner Frau vor über dreißig Jahren gesagt, dass ich sie heiraten will. Das habe ich sogar öffentlich am Standesamt gemacht, und sie hat Ja gesagt. Das bedeutet nicht, dass ich heute Morgen ein guter Ehemann war. Das bedeutet nur, dass ich damals Ja gesagt habe.
Was ich in den 30 Jahren daraus gemacht habe, ob ich diese Chance ergriffen habe, dass eine Frau sich mir anschließt und mir ihr Herz schenkt, und ob ich sie erforschen und entdecken und mich über Jahrzehnte in sie hinein investieren und verlieren darf – das steckt nicht in dem Ja, versteht ihr? Das steckt im Heute, und das steckt im Morgen, und das steckte im Gestern.
Gnade als tägliche Erfahrung und lebendige Beziehung
Und das Gleiche gilt hier. Wir haben Gnade richtig verstanden, wir sind begnadigt worden. Aber wir dürfen jeden Tag vor dem Thron der Gnade erscheinen, heißt es im Hebräerbrief, um rechtzeitige Hilfe zu erfahren.
Gnade, beschenkt zu werden, ist etwas, das man entweder täglich erlebt oder eigentlich gar nicht versteht, worum es geht. Der Clou ist: Wenn Jesus wiederkommt, bringt er etwas mit, wie es in 1. Petrus 1,13 heißt. Wenn ihr nachlest, was dort steht, geht es um Gnade.
Das bedeutet, wir sind Begnadigte, um jeden Tag Gnade zu erfahren und am Ende, wenn der Herr Jesus wiederkommt, quasi in Gnade aufzugehen.
Dasselbe gilt für Barmherzigkeit. Gott war barmherzig, und das sieht man am Kreuz, wo er für uns stirbt, wo er alles gibt. Aber genauso ist Gott in seiner Barmherzigkeit heute da und investiert sich in unser Leben.
Wenn wir am Ziel ankommen, dann definitiv nicht, weil wir an dieser Stelle eine so geniale Leistung erbracht haben, dass Gott uns retten muss. Nein, das muss er nicht. Selbst wenn du alles richtig gemacht hättest, bleibt es am Ende Barmherzigkeit.
Und dasselbe gilt für Frieden. Gott hat Frieden mit uns gemacht am Kreuz. Ja, logisch, er hat aus Rebellen Freunde gemacht. Aber darf ich dir etwas verraten? Dieser Friede, den Gott mit uns gemacht hat, möchte dein ganzes Leben beherrschen.
An einer anderen Stelle im Kolosserbrief heißt es, dass der Friede Schiedsrichter in unserem Leben sein soll. Ein ganz spannender Gedanke: Friede als ein Konzept, das unsere Entscheidungen prägt.
Habt dabei im Hinterkopf, dass man an dieser Stelle durchaus ein bisschen jüdisch denken kann, in Richtung Schalom. Dort ist das Wohlbefinden mit enthalten, dass es mir rundum gut geht. Da steckt mehr dahinter.
Der Friede Gottes möchte unser ganzes Leben einnehmen und uns helfen, auch in Beziehungen zu leben, die befriedet sind. Am Ende wird er natürlich in einem Friedensreich ohne Sünde und ohne Tod aufgehen.
Ich hoffe, ihr habt das verstanden: Gnade, Barmherzigkeit und Friede solltet ihr nicht als Dinge abhaken – Check, Check, Check – sondern als etwas sehen, das wir jeden Tag leben dürfen.
Du darfst morgen Gnade erfahren. Das wirst du natürlich nur, wenn du mit Gott im Gespräch bist, wenn eine Beziehung da ist. Dasselbe gilt für die Barmherzigkeit und den Frieden – das ist logisch.
Aber das ist das, was ich davor meinte mit Gottes Güte schmecken. Nimm diesen Gedanken ruhig mit: Schmecke ich Gottes Güte, bin ich in meinem Herzen satt. Satt an der Gnade, die ich erfahre, satt an der Barmherzigkeit, satt an dem Frieden.
Und wenn du sagst: „Jürgen, ich weiß nicht, wovon du redest“, dann lasst uns dazu ein kleines Seminar im Rahmen der Freizeit machen. Ich möchte euch das gerne beibringen, denn die Qualität unserer Gottesbeziehung hängt ganz wesentlich davon ab, dass wir in der Lage sind, intelligent Gott zu begegnen – sprich, intelligent zu beten.
Aber das ist hier nur ein Begleitding.
Übergang zur Danksagung und persönliche Reflexion Paulus'
Ich mache weiter mit 2. Timotheus 1, Vers 3. Wir haben den Gruß jetzt hinter uns gelassen und kommen zur Danksagung. In 2. Timotheus 1, Verse 3 bis 5 sehen wir, wie sehr Paulus an Timotheus hängt.
Paulus sagt: „Ich danke Gott, dem ich von meinen Vorfahren hier mit reinem Gewissen diene.“ Hier haben wir es mit einem alten Mann zu tun, der über sein Leben nachdenkt. Er sagt, dass er der geistlichen Linie, aus der er stammt, treu geblieben ist und das geistliche Erbe seiner Vorfahren bewahrt hat.
Ich mag diesen Vers, weil er mir Hoffnung gibt. Ich bin erste Generation Christ. Für mich bedeutet das, dass ich mit meinem Leben etwas an geistlicher Geradlinigkeit in das Leben meiner Enkel legen will. Das ist genau das, was Paulus hier ausdrückt.
Paulus sagt nicht, dass alle seine Vorfahren Juden waren und er nun der erste Christ ist. Nein, er beschreibt eine Art Familienzug, wenn man so will. In geistlichen Dingen, wenn es darum geht, Gott zu dienen, sind sie alle hundertprozentig dabei. Das hatte ich bei meinen Eltern und wahrscheinlich auch bei meinen Großeltern. Wir hatten alle einen jüdischen Hintergrund. Paulus sagt ja selbst, er war ein Pharisäer von Pharisäern, ein Hebräer von Hebräern – also ein Hundertprozentiger.
Das, was meine Eltern mir an Geradlinigkeit mitgegeben haben, war für mich nur die Vorstufe zu dem, was ich dann weitergeführt habe: mit reinem Gewissen zu leben und Gott unbedingt gefallen zu wollen. Ich möchte keine Sünde in meinem Leben haben. Ich will kein Wankelmütiger sein, der zwischen den Stühlen sitzt – mal heute mehr Christ und morgen wieder mehr Heide. Ich will eine klare Linie fahren.
Paulus, der das alles selbst lebt, hat vor Damaskus Gott getroffen und musste innerhalb weniger Stunden eine Entscheidung treffen. Eine Entscheidung, die ihn alles gekostet hat: seine Reputation, seine Freunde, die zu Feinden wurden, und alles, was er sich vorher aufgebaut hatte, war auf einmal weg. Er war nur noch ein Ausgestoßener, jemand, der ums Überleben kämpfen musste.
Lest euch den 2. Korintherbrief durch, um zu sehen, was er alles durchgemacht hat und was er schreibt. Das ist wirklich beeindruckend! Trotzdem – das ist typisch für Paulus’ Familie: Wir sind die Hundertprozentigen. Wenn wir etwas erkannt haben, ziehen wir es durch, egal was es kostet.
Wahrscheinlich hätte Paulus gesagt: Wenn mein Vater an derselben Stelle vor Damaskus gestanden hätte, hätte er genauso durchgezogen. So sind wir eben. Wenn Gott sagt, das ist der Weg, und dieser Weg kostet uns alles, dann gehen wir ihn – Punkt. Das ist unsere Art. Wir können nicht anders als Familie, das haben wir immer so gemacht.
Das habe ich bei meinen Eltern gesehen, und das werde ich mit meinem Leben an meine geistlichen Kinder weitergeben. Es ist wichtig, dass wir das verstehen, denn Timotheus ist ein geistliches Kind.
Paulus sagt: „Ich danke Gott, dem ich von meinen Vorfahren her mit reinem Gewissen diene, wie ich unablässig, also immer wieder, deiner gedenke in meinen Gebeten Nacht und Tag.“ Das klingt so, als wäre unser ehemaliger Pharisäer vielleicht bei festen Gebetszeiten geblieben – das hatten die Pharisäer so, und das ist ja auch nicht verkehrt. Es könnte sein, dass er das weitergeführt hat.
Dabei betet er immer wieder für Timotheus. Wofür betet er wohl?
Ausblick und Abschluss
Das war es für heute. In der nächsten Episode wird diese Reihe fortgesetzt.
Mit dem regulären Podcast geht es am 14. November 2022 weiter. Viele alte Episoden sind auch in der App und in den meisten Podcast-Playern verfügbar.
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
