Persönliche Erfahrungen und die Bedeutung von Einigkeit in der Gemeinde
Ihr könnt euch vorstellen, dass die kritischsten Kritiker eines Predigers oft aus dem eigenen Haus stammen. Gestern war meine Frau dabei, und auf dem Weg nach Hause meinte sie zu mir: „Jürgen, du musst da noch etwas nachlegen. Du musst erzählen, was wir falsch gemacht haben, als wir junge Christen waren.“
Zuerst dachte ich, ob man das wirklich erzählen muss. Aber ich möchte es euch erzählen. Ich möchte euch erzählen, wie es uns ergangen ist und warum wir uns über bestimmte Dinge, die wir als junge Christen getan haben, schämen.
Wir haben uns seit Montag mit der Frage beschäftigt, wie wichtig Paulus Einigkeit in der Gemeinde ist. Wie wichtig es ihm ist, dass eine Gemeinde sich versteht als ein Tempel Gottes, als etwas absolut Heiliges. Dort müssen sich diejenigen, die Verantwortung tragen, warm anziehen, wenn sie ihren Job schlecht machen. Alle, die im Team mitspielen, tragen eine Verantwortung dafür, dass keine Spaltungen und Trennungen in die Gemeinde hineinkommen.
Als ich junger Christ war, erst ein paar Monate bekehrt, bin ich in eine Gemeindesituation hineingerutscht, die später in eine Spaltung endete. Es gab dann wirklich Leute, die nicht mehr miteinander weitergegangen sind.
Ich weiß, dass ich als junger Christ protestiert habe. Ich bin mitten im Gottesdienst aufgestanden, weil jemand gepredigt hat, von dem ich dachte, er sollte nicht predigen. Damals fand ich mich richtig. Ich hielt mich für einen Verteidiger der Wahrheit und der Erkenntnis. Ich habe nichts gesagt, ich habe mich nur hingestellt und meinen Widerwillen zum Ausdruck gebracht. Ich wollte zeigen, dass jemand vorne das Wort Gottes lehrt, von dem ich dachte, er sollte das nicht tun.
Heute schäme ich mich dafür. Ich schäme mich, weil ich so ein kleiner Korinther war. Ich war einer, der aufgebläht war und dachte, etwas beurteilen zu können, was er nie hätte beurteilen dürfen. Ich habe dazu beigetragen, sicherlich eher als ein Verführter denn als ein Verführer, aber doch als jemand, der etwas gemacht hat. Ich habe dazu beigetragen, dass eine Gemeinde sich gespalten hat.
Ich war, wie gesagt, ein junger Christ. Ich glaube nicht, dass Gott mir das groß anrechnet, aber ich habe meinen Beitrag geleistet, dass eine Gemeinde Schiffbruch erlitt. Eine Gemeinde mit einem, wie ich bis heute denke, unglaublichen Potenzial.
Ich habe nie wieder in meinem Leben eine Gemeinde kennengelernt mit einem größeren Potenzial. Wir hatten immer noch viel zu viel Potenzial, nachdem aus der einen Gemeinde zwei und später drei Teile geworden sind.
Und doch schäme ich mich dafür. Ich schäme mich für meinen Beitrag.
Deshalb ist es vielleicht auch manchmal so, dass ich, wenn ich den 1. Korintherbrief predige, etwas aus meiner eigenen Geschichte tief verwurzelt ist. Ich weiß, wohin es führt, wenn man um einer falsch verstandenen Wahrheit, Erkenntnis oder eines falsch verstandenen Sendungsbewusstseins willen den Wert von Gemeinde gering achtet.
Paulus ist derjenige, der uns die Gemeinde wichtig macht. Er wird heute weitermachen und sich weiter mit der Frage beschäftigen, wie wichtig Gemeinde ist.
Wir werden heute in zwei Bereiche eindringen, die uns aus einer anderen Perspektive noch einmal den Wert von Gemeinde vor Augen führen. Der erste große Bereich hat mit Sünde zu tun.
Kritik an Selbstüberschätzung und Umgang mit schwerer Sünde
Ihr erinnert euch an Paulus, der in Kapitel 4 gegen Leute spricht, die sich selbst aufgeblasen haben. Diese Menschen hielten sich für wichtiger, klüger und stärker als andere. Sie glaubten, es sei ihre Aufgabe, in der Gesellschaft etwas zu repräsentieren. Sie meinten, sie hätten einen Weg gefunden, das Kreuz zu umgehen – einen Weg, der es ihnen erlaubt, gleichzeitig in der Gesellschaft und vor Gott etwas darzustellen. Und sie haben das nur geschafft, weil sie ihr Vorbild Paulus schlecht gemacht haben.
Wenn man in eine Gemeinde kommt, in der solche Menschen sind, die denken: „Wir haben es geschafft, wir haben einen neuen Weg des Christseins gefunden, der nicht mehr in der Gesellschaft aneckt“, dann ist das problematisch. Es gibt tatsächlich Gemeinden, die diese Position vertreten. Überall, wo eine Gemeinde nicht mehr aneckt und einen Weg geht, auf dem sie eine anerkannte Größe sein will, bleibt, so glaube ich, aber vielleicht irre ich mich, immer etwas auf der Strecke – und das ist die Moral.
Das ist auch bei den Korinthern der Fall. Auf der einen Seite sind sie so aufgeblasen, dass sie denken, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen. Paulus piekt jetzt einfach mal rein und sagt: „Seid ihr noch ganz bei Trost? In eurer Mitte, in eurer Gemeinde, passieren Dinge, die nicht einmal in der Gesellschaft mehr akzeptiert sind!“ (1. Korinther 5,1)
Paulus hat von den Hausgenossen der Chloe gehört, dass Unzucht unter euch sei. Der Begriff Unzucht wird in der Bibel für jede Form unerlaubter sexueller Handlung gebraucht. Wenn du wissen willst, was in der Bibel erlaubt ist – und ich werde das jetzt nicht groß ausführen, ich habe dazu viel geschrieben und manches schon gepredigt – für die jungen Leute: Es gibt, glaube ich, am 20. Oktober ein Seminar über das gesamte Thema Sexualität und Sex vor der Ehe in Mariendorf. Sprecht mich an, ich lade euch herzlich ein. Dort gehen wir einen halben Tag lang dieses ganze Thema durch.
Ich mag, wie Jesus dieses Thema anpackt. Jesus ist nicht der, der sagt: „Das und das und das ist verboten.“ Jesus fragt: „Was will Gott?“ Und da ist es ganz einfach: Jesus möchte, dass ein Mann und eine Frau ein Leben lang zusammenbleiben. Wenn du also die Frage stellst, wo Sex nach der Bibel hingehört, dann gehört Sex in die Ehe – in eine Ehe zwischen einem Mann und einer Frau. Und das bitte mit aller Leidenschaft. Darauf gehe ich jetzt nicht weiter ein. Wir hatten schon ein Hohelied, hört euch das an, da seht ihr, wohin es geht.
Wenn es anders läuft, spricht die Bibel von Unzucht. Das ist ein Begriff, der sehr weit gefasst werden kann. Er umfasst alle Arten von sexuellen Vergehen. Manchmal wird er etwas enger gefasst, dann wird der Ehebruch als eine besondere Form nochmals herausgenommen. Aber wenn ihr das einfach im Kopf habt: Unzucht ist jede Form von falscher sexueller Handlung.
Paulus sagt: „Überhaupt hört man, dass Unzucht unter euch sei, und zwar eine solche Unzucht, die selbst unter den Nationen nicht stattfindet.“ (1. Korinther 5,1) Das bedeutet, sie haben sich etwas erlaubt, was nicht einmal unter den Heiden toleriert wird, was nicht einmal nach römischem Recht erlaubt ist.
Nach römischem Recht war es verboten, dass ein Mann mit der Frau seines Vaters ein Verhältnis hatte. Ob das seine eigene Mutter oder seine Schwiegermutter war, spielte keine Rolle. Interessant ist, dass sowohl das römische Recht als auch das jüdische Recht – ihr könnt es in 3. Mose 18, 3. Mose 20 und 5. Mose 23 nachlesen – beide Rechtssysteme verbieten, dass ein Mann ein sexuelles Verhältnis mit der Frau seines Vaters hat.
Für einen Cicero oder einen Catull, römische Größen, Philosophen und Schriftsteller, war allein die Idee, dass zwischen einem Mann und seiner Mutter oder Stiefmutter etwas läuft, ein Ekel. Wie kann man nur so etwas denken?
Die Gemeinde hier hat nun so einen Fall. Wie genau der im Detail aussieht, wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass die Grenze zur Unzucht eindeutig überschritten ist. Hier tut jemand etwas, das einfach verboten ist.
Wie reagiert die Gemeinde? Paulus sagt: „Man hört, dass eine solche Unzucht unter euch ist, dass einer seines Vaters Frau habe.“ Die Formulierung mit „habe“ bringt zum Ausdruck, dass es nicht nur ein Ausrutscher nach einer feuchtfröhlichen Nacht war, sondern eine dauerhafte Lebensgemeinschaft. Jemand hat sich arrangiert, und die Gemeinde weiß das.
Und wie reagiert die Gemeinde? Sie sind ja aufgeblasen, halten sich für die Besseren, die Wissenden, die Klügeren. Paulus sagt in Vers 2: „Ihr seid aufgeblasen und habt nicht viel mehr Leid getragen.“ Wie sollte man also reagieren, wenn schwere Sünde in die Gemeinde kommt?
Die richtige erste Reaktion lautet: Leid oder Trauer, Klage und Erschrecken. Da passiert etwas, das man nicht akzeptieren kann. Jemand überschreitet auf grobe Weise eine Grenze, und die erste Reaktion der Gemeinde müsste immer Klage sein.
Es geht nie darum, erst mal über den anderen zu tratschen oder ihn anzugreifen. Der erste Punkt muss Trauer und Betroffenheit sein. Warum? Weil wir zusammengehören. Wenn der Teufel es schafft, in dein Leben eine Sünde hineinzubringen, die dich völlig kaputtmachen kann, dann ist nicht nur dein Leben betroffen. Es betrifft auch mein Leben, denn wir gehören zusammen.
Gott hat uns zusammengestellt, wir sind zusammen der Tempel des Heiligen Geistes, und dieser Tempel soll heilig gehalten werden. Wenn du an der Stelle bist, zu fallen, wenn du dich vielleicht nicht dagegen wehren kannst, wenn du auf eine blöde Lüge reingefallen bist oder aus anderen Gründen in Sünde geraten bist, dann kann ich nicht sagen: „Es ist dein Problem.“ Schön, dass wir alle so individualistisch unterwegs sind, aber ich habe damit nichts zu tun.
Schaut ins Alte Testament: Wie oft sprechen die Propheten bei Buße von „unserer Schuld“, obwohl sie oft selbst die Taten nicht begangen haben? Ich fahre in ein paar Wochen ins Vogtland mit einer Jugendgruppe, und wir werden uns dort über die Frage unterhalten, wie sich Gemeinde neu entfalten kann. Wir haben schon angefangen zu reden, und mein erster Vorschlag an die Jugendgruppe war: „Was haltet ihr davon, wenn ihr Buße tut?“ Wenn das wirklich so dramatisch ist, ist das gut. Dann lass uns Buße tun, ein bisschen beten, ein bisschen fasten, dann wird die Woche auch billiger, weil man nicht so viel Lebensmittel braucht.
Wenn es wirklich stimmt, dass es in deiner Gemeinde nicht weitergeht, dann ist der allererste Schritt Klage, Trauer und Buße. Das wird in der Bibel oft mit Fasten kombiniert. Das ist ganz üblich. Es ist eher die Ausnahme, wenn Leute von Buße reden und nicht fasten.
Paulus sagt: „Das habt ihr nicht gemacht. Ihr seid so aufgeblasen, ihr seid von euch so überzeugt, dass euer Sonderweg euch alles erlaubt und ihr es einfach habt weitermachen lassen.“ Ich verstehe das, denn heute stehen wir vor der Frage, wie weit wir die Moral biegen können, damit eine verbogene christliche Moral noch Akzeptanz bei den Medien, der Gesellschaft und der Politik findet.
Wie weit verbiege ich meine Moral, damit alle noch klatschen, wenn ich etwas tue? Und wann fange ich an, wieder zu klaren Grundsätzen zu stehen? Ich weiß, ich werde mir damit Ärger einhandeln. Das ist eine gute Frage.
Paulus sagt weiter: „Ihr habt nicht viel mehr Leid getragen, wozu? Damit der, welcher diese Tat begangen hat, aus eurer Mitte hinweggetan würde.“ Wenn jemand bestimmte Grenzen überschreitet, gehört er nicht mehr in die Gemeinde Gottes. Denn das ist das Beste, was du tun kannst: Gemeindezucht.
Das ist ein sehr hässlicher Begriff, ich weiß. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Gemeindezucht ist nicht das verwaltungstechnische Prozedere, jemanden loszuwerden. Gemeindezucht ist der seelsorgerliche Prozess, bei dem wir versuchen, jemanden zurückzugewinnen.
Matthäus 18 beschreibt, wie das geht: Zuerst unter vier Augen. Wenn das nicht hilft, nimmt man ein paar gute Freunde mit und redet. Erst wenn das nicht hilft, wenn man merkt, derjenige driftet immer weiter weg und will eigentlich nicht zurück, dann kommt es vor die Gemeinde.
Und es kommt nicht vor die Gemeinde, damit die Gemeinde wie ein Scharfrichter ein Urteil fällt, sondern damit die ganze Gemeinde mit ihrer Liebe und Barmherzigkeit demjenigen nachgehen kann – wie auch immer das aussieht.
Erst dann muss man sagen: „Tut mir leid, wenn du wirklich diesen Weg weitergehen willst, können wir dich nicht mehr als Teil unserer Gemeinschaft betrachten.“ Trotzdem ist klar: Wenn jemand wirklich grob sündigt, muss er um seinetwillen und um der Gemeinde willen hinausgetan werden.
Wir schauen uns das jetzt mal an.
Gemeindezucht als Schutz und Ziel der Umkehr
Vers 3: Paulus spricht von sich selbst. Er ist in Ephesus, während die Gemeinde in Korinth sitzt. Das bedeutet, er ist in der Türkei, die Gemeinde aber in Griechenland.
Paulus sagt: „Denn ich bin dem Leib nach abwesend, aber im Geist anwesend.“ Das heißt mehr als nur „Ich bin in Gedanken bei euch.“ Es bedeutet, dass er durch den Heiligen Geist mit der Gemeinde verbunden ist. Er ist geistlich Teil ihrer Gemeinschaft als der, der sie gegründet hat. Geistlich gesehen gehört er zu ihnen und hat bereits als Anwesender ein Urteil über denjenigen gefällt, der diese Sünde begangen hat.
Paulus ist in Bezug auf diese Sünde zu einem abschließenden Urteil gekommen. Das ist nicht schwer, denn es gibt Sünden, bei denen man nicht lange diskutieren muss. Es ist einfach falsch, Punkt. Deshalb kann Paulus so schreiben: „Im Namen unseres Herrn Jesus, wenn ihr und mein Geist mit der Kraft unseres Herrn Jesus versammelt seid, kommt jetzt das Urteil.“
Er fordert, einen solchen Menschen im Namen unseres Herrn Jesus dem Satan zu überliefern. Das klingt nicht nett, und das ist es auch nicht. Wenn jemand eine grobe Sünde begeht, gehört der Gemeindeausschluss als Folge dazu, sofern er keine Buße tut.
Dieser Gemeindeausschluss wird hier als „dem Satan überliefern“ bezeichnet. Das bedeutet, jemand wird aus dem Schutzbereich der Gemeinde ausgeschlossen. In der Gemeinde stehen wir unter einem ganz anderen Schutz Gottes als außerhalb. Dort sind wir füreinander da, beten füreinander.
Ich hoffe, das ist klar: Wenn du in meiner Gemeinde wärst – was du nicht bist –, würde ich regelmäßig für dich beten. So bete ich nur für manche von euch, die ich ein bisschen kenne. Aber wenn du in meiner Gemeinde wärst, würde ich logisch für jeden einzelnen beten.
Am Sonntag werden wir in der Gemeinde einen Zettel verteilen, auf dem alle Kinder und Jugendlichen stehen, also alle unter Sechzehn. Darauf steht, warum wir als Gemeinde für sie beten wollen. Das ist doch logisch: Wir beten füreinander und stehen füreinander ein.
Wenn am Sonntag ein Leiter der Teenie-Arbeit sagt, wir wollen ein Übernachtungswochenende veranstalten, fragen wir herum, wer betet und fastet, damit es gut wird. Dann melden sich vielleicht ein halbes Dutzend Leute, die sich richtig dahinterklemmen. Wenn ihr eine Woggele habt – die startet übrigens am Freitag, wenn ich richtig informiert bin –, dann werdet ihr im Gebet dahinterstehen, da bin ich mir sicher.
Wenn die Woggele-Leute halbwegs klug sind, haben sie schon einen Zettel verteilt, auf dem alle Namen und vielleicht die Themen stehen, oder sie haben eine Internetseite herumgegeben. Das ist ein Schutz, der an dieser Stelle passiert. Es ist ein Miteinander, bei dem ich mich im Gebet schützend vor meinen Bruder oder meine Schwester stelle.
Wenn jemand ausgeschlossen ist, bete ich noch ein bisschen für ihn, damit er Buße tut. Je weiter jemand wegdriftet, desto mehr verliert er den normalen Schutz der Gemeinde. Er gelangt wieder in einen anderen Bereich, nämlich in den Bereich, wo der Teufel das Sagen hat und mit seinen bösen Engeln das Leben zerstören kann.
Paulus sagt: Wenn wir jemanden dem Satan überliefern, also aus der Gemeinde ausschließen, passiert genau das. Er spricht vom Verderben des Fleisches. Es geht ihm nicht darum, dass derjenige sein ewiges Heil verliert, darum geht es überhaupt nicht zuerst.
Es geht darum, dass der Betroffene an seinem natürlichen Leben erlebt, was es heißt, ohne Gemeinde, ohne Gemeinschaft und ohne den Schutz der Gemeinschaft dazustehen. Dabei ist es egal, ob es finanzielle Unterstützung oder Gebet ist – ohne diesen Schutz zu stehen, ist schwer.
Warum macht man das? Damit der Betroffene anfängt nachzudenken und erkennt: „Mann, das war ja völlig bescheuert, was ich gemacht habe.“ Man will ihn zurechtbringen, nicht einfach nur loswerden.
Es geht nicht darum zu sagen: „Wir sind so heilig und kommen mit dem nicht klar.“ Nein, wir sind eine Gemeinschaft von Sündern. Wir wollen ihn wiedergewinnen und zurückhaben. Aber wenn er sich nicht gewinnen lässt, dann muss er den Weg alleine weitergehen.
Das geschieht zum Verderben des Fleisches. Er muss die Konsequenzen an seinem Körper tragen. Das ist das Ziel des Ausschlusses, auch wenn es nicht immer erreicht wird.
Der Ausschluss geschieht, damit der Geist, also die geistliche Seite seiner Existenz, am Tag des Herrn errettet werde.
Wenn jemand ein bestimmtes Verhalten zeigt, in grober Sünde lebt, wirst du irgendwann nicht mehr wissen, ob er gläubig ist oder nicht. Unser Problem ist, dass wir nicht ins Herz schauen können. Ich kann nur sagen: Sein Leben widerlegt die Behauptung „Jesus ist mein Herr“ vollkommen. Deshalb wird er hinausgetan, damit er aufwacht und begreift: Mit diesem Verhalten gehöre ich nicht zu Gott.
Es gibt nun zwei Optionen: Entweder ist er wirklich nicht gläubig und soll sich bekehren. Oder er ist gläubig, hat sich aber verirrt, merkt es und kehrt um, geht zurück in die Gemeinschaft und tut Buße.
Der eine tut Buße im Sinne von vollständiger Umkehr zu Gott. Der andere tut Buße wie jemand, der sündigt, zu Gott umkehrt und sagt: „Vater im Himmel, bitte vergib mir, ich habe einen Fehler gemacht.“
Dieser Umkehrprozess wird dadurch initiiert, dass die Gemeinde Sünde anspricht – hier reden wir von grober Sünde, nicht von jeder Art von Sünde.
Das Spektrum der Sünde ist breit. Auf der einen Seite gibt es ganz normales Fehlverhalten, bei dem man sagt: „Hey, das kannst du ertragen.“ Zum Beispiel, wenn ich dir den letzten Parkplatz wegschnappe. Es wäre liebevoller gewesen, ihn dir zu lassen, aber das musst du ertragen.
Dann gibt es Sünde, die man nicht ertragen will und die angesprochen werden muss. Wenn der andere dann sagt: „Tut mir leid“, ist das gut.
Und es gibt Sünde, die angesprochen wird, die grob ist, und der andere hört nicht zu.
Nur über diesen Bereich reden wir jetzt – wenn ich merke, ich komme nicht weiter, aber der andere macht sich selbst kaputt und auch die Gemeinde kaputt, wenn er auf diesem Weg weitergeht.
Warnung vor Sünde und Aufruf zur Heiligung
Vers 6: Euer Rühmen – wir haben also auch noch damit angegeben, wie liberal sie sind – ist nicht gut. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Ist das nicht so? Du hast so einen Teig und machst ein bisschen Sauerteig rein, und irgendwann ist alles Sauerteig. Sauerteig ist in der Bibel ein Bild für Sünde. Habt ihr das vergessen? Wisst ihr nicht, dass ein bisschen Sünde alles kaputt macht? Sogar eine Sünde, die eigentlich nur heimlich zu Hause passiert – ja, wahrscheinlich nicht das, was im Gottesdienst geschieht oder für jedermann sichtbar ist.
Paulus sagt: Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seid. Die Gemeinde ist der Tempel des Heiligen Geistes, wir sind etwas Neues und sollen heilig sein. Grobe Sünde hat da keinen Platz, einfach keinen. Ich hoffe, du erschrickst nicht, wenn ich dir gleich die Sündenliste vorlese, aber all das gehört nicht in die Gemeinde.
Warum? Damit ihr ein neuer Teig seid, denn ihr seid ja bereits ungesäuert. Eigentlich sind wir schon sündlos. Unsere Schuld ist bezahlt, Jesus hat uns neu gemacht. Wir sind vor Gott heilig. Weil wir vor Gott Heilige und Geheiligte sind, soll sich das in unserem Leben widerspiegeln. Wir sollen so leben, wie wir sind. Das, was Gott aus uns gemacht hat, soll sich in unserem Leben zeigen.
Dann argumentiert Paulus aus dem Alten Testament und sagt: Denn auch unser Passa – gemeint ist hier das Passalam – Christus ist geschlachtet. An Passa, dem Fest, wurde ein Lamm geschlachtet. Das war ein Vorbild, ein Schatten auf etwas Zukünftiges, auf Jesus. Jesus ist am Kreuz als das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt, tatsächlich geschlachtet worden.
Jetzt eine Frage an die Eingeweihten: Was kam nach dem Passa? Es kam das Fest der ungesäuerten Brote. Sieben Tage lang hat man Cracker gegessen. So stelle ich es mir vor: Wenn du etwas ohne Treibmittel backst, bleiben Cracker übrig.
Warum hat man das gemacht? Man hat es gefeiert und Cracker gegessen. Immer wenn du so einen Cracker gegessen hast, dachtest du: Hier fehlt etwas. Stimmt, hier fehlt der Sauerteig. Was kommt denn? Passa, Cracker, Passa, Fest mit Crackern.
Das Fest der ungesäuerten Brote ist gleichzeitig ein Fest. Weil es ungesäuerte Brote sind, deutet es auf eine Zeit hin, in der Menschen ganz bewusst – weil ihr Passa geschlachtet ist, jetzt übertreibe ich mal – weil sie an Jesus glauben, ein Leben feiern. Sie feiern das Passa. Womit? Was ist der Inbegriff unserer Festfreude?
Unser Leben ist dieses Bild der ungesäuerten Brote. Wir feiern unsere Erlösung dadurch, dass wir die Sünde rausschmeißen. Es ist schön, wie das im Alten Testament ist: Du hast Passa und das Fest der ungesäuerten Brote. Paulus sagt: Jetzt übertragen wir das aufs Neue Testament. Passa ist das Kreuz und das Fest der ungesäuerten Brote ist dein Leben. Du feierst mit Jesus, indem du die Sünde rausschmeißt.
Toll, oder? Erlösung und Heiligung bilden in der Bibel eine Einheit, die zusammengehört: Erlösung, Heiligung, Einheit. Wenn wir diese Einheit aufbrechen und sagen: Ich möchte schon die Erlösung, aber keine Lust auf Heiligung, dann sagt Paulus: Sorry, das funktioniert nicht. Das geht einfach nicht.
Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig. Lasst uns nicht weiterleben, wie wir früher gelebt haben. Auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem, der Lauterkeit und Wahrheit.
Feiere deine Errettung! Begreife dein geistliches Leben als eine Feier, als ein Fest. Ausdruck dieser Festfreude ist, dass du sagst: Ich genieße meine Motive, ich genieße, wie ich lebe. Ich genieße es, in Lauterkeit zu leben – das ist ein anderes Wort für sittliche Reinheit. Ich genieße es, in Wahrheit zu leben, und ich feiere das.
Schöner Gedanke, oder? Nicht so: „Wenn du Christ bist, musst du das und das nicht mehr tun, und das darf man auch nicht mehr.“ Nein, wir feiern, dass wir nicht mehr müssen, was uns kaputt macht. Wir feiern, dass wir die Wahrheit kennen. Wir feiern, dass wir Stück für Stück in die Wahrheit hineingehen.
Wir feiern jede kleine Veränderung, bei der wir Jesus ein Stück näherkommen, seinem Charakter ähnlicher werden. Wir feiern, wenn die Frucht des Heiligen Geistes – Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Disziplin – in unserem Leben sichtbar wird.
Boah, herrlich! Wir freuen uns einfach. Wir feiern jedes Mal, wenn wir eine Sünde ein kleines bisschen klein kriegen und wieder ein Stück herausbekommen. Wir freuen uns einfach! Ist doch happy!
Wir sind auf der einen Seite schon ungesäuert. Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass wir nicht in den Himmel kommen. Wir haben das ganze Potenzial der Welt zur Verfügung. Der Geist Gottes ist in uns, und wir dürfen einfach feiern.
Du darfst die Sünde rausschmeißen und anders werden. Hast du irgendeine Sünde in deinem Leben, die dich belastet – oder besser noch, die deine Kinder und deinen Ehepartner belastet? Geh sie an! Vielleicht brauchst du fünf Jahre, vielleicht zehn, vielleicht fünfzehn – ich weiß es nicht. Geh sie an!
Es wird der Moment kommen – ich wünsche es dir –, wo du sagen kannst: Haken dran, nächste Sünde. Ist das nicht herrlich? Überleg dir mal diese Chance!
Vielleicht warst du am Anfang deiner Ehe nicht so der fröhliche Typ. Also hast du angefangen, ein bisschen fröhlicher und lustiger zu werden. Irgendwann sagten deine Kinder: „Baba, du bist ja richtig lustig geworden!“ Dann hast du dich gefreut.
Warum? Weil Freude eine Frucht des Heiligen Geistes ist und weil es viel mehr Spaß macht in der Familie, wenn am Abendbrottisch jemand Faxen macht. Das ist einfach viel schöner.
Von daher: Genießt das!
Umgang mit unzüchtigem Verhalten und falschem Verständnis von Gemeinschaft
Vers 9: Ich habe euch in dem Brief geschrieben – das ist ein anderer Brief, den wir nicht haben. Quasi vor dem ersten Korintherbrief gibt es noch einen sogenannten Nullerbrief oder den eigentlichen ersten Korintherbrief. Vielleicht gibt es auch noch viel mehr, wissen wir nicht. Auf alle Fälle gibt es mehr.
Ich habe euch in dem Brief geschrieben, keinen unzüchtigen Umgang zu haben. Jetzt hatten die Korinther etwas falsch verstanden. Sie dachten: „Okay, dann können wir eigentlich mit niemandem mehr so richtig Kontakt haben.“ Denn in ihrer Verwandtschaft und Bekanntschaft, also in der ungläubigen Verwandtschaft und Bekanntschaft, da treibt eh jeder mit jedem. Es war damals in etwa so wie heute, vielleicht ein bisschen anders, aber ähnlich.
Paulus sagt nun Stopp: Ich habe nicht gemeint, dass ihr euch von den unzüchtigen Ungläubigen zurückziehen sollt. Was ich gewollt habe, ist, dass ihr den Kontakt abbrecht zu Leuten, die sich Christen nennen und unzüchtig leben. Versteht das nicht so, dass ihr den Umgang mit den Unzüchtigen dieser Welt oder den Habsüchtigen, Räubern oder Götzendienern meiden müsst. Sonst müsstet ihr ja aus der Welt hinausgehen.
Wenn du sagst: „Ich darf keinen Kontakt mehr mit Sündern haben“, dann viel Spaß dabei. Dann kannst du auch nicht mehr missionieren. Dann kannst du dir dein eigenes kleines Kloster bauen und musst aufpassen, dass da nicht aus Versehen ein Sünder reinkommt. Paulus sagt: Nein, ich habe das anders gemeint.
Vers 11: Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben mit jemandem, der Bruder genannt wird – oder man könnte auch sagen: der sich Bruder nennt. Da kommt also jemand in die Gemeinde und sagt: „Ich will auch Christ sein.“ Aha, und dann lernst du den kennen und stellst fest, dass er unzüchtig lebt, das Thema Sex nicht so genau nimmt, wie auch immer an welcher Stelle.
Oder er ist habgierig. Du merkst, dass er den Rand einfach nicht voll bekommt. Er hat schon viel, aber er muss immer mehr haben. Er wird einfach nie fertig. Er erzählt ständig nur vom Geld, was er sich noch kaufen muss, und ist nie zufrieden mit dem, was er hat. Das ist interessant, oder? Ich finde das einen ganz tollen Ausschlussgrund. Es macht mir Freude, dass Paulus mal jemanden ausschließt, weil ich bräuchte dafür echt mal ein Beispiel.
Ich bin mir sicher, wir haben ganz viele solche Leute in unseren Gemeinden. Ich bin mir wirklich sicher, weil ich glaube, dass wir uns über das Thema Geld schon lange nicht mehr trauen, so zu predigen, wie es in der Bibel steht. Okay, vielleicht war das zu frech und vielleicht gilt das nicht für euch. Aber ich rede ja auch immer für die Kassette, also irgendwie hoffe ich, dass die entsprechenden Leute das hören.
Achtet mal darauf: Habsucht beginnt an der Stelle in der Bibel, wo ich mit dem, was ich habe, nicht mehr zufrieden bin und unbedingt noch mehr haben muss, obwohl ich es gar nicht mehr brauche. Obwohl ich das, was ich da mehr haben will, eigentlich sehr gut ins Reich Gottes investieren könnte.
Und für alle, die sich jetzt zurücklehnen und sagen: „Ich habe ja nur Taschengeld“ – Vorsicht! Das hängt nicht von der Höhe des Geldes ab, sondern eher von der Berufung und davon, wie du damit umgehst.
Lasst uns mal überlegen, ob dieses Moment der Gier, des Nicht-Fertigwerdens und des Raffenwollens auf dich zutrifft. Bist du so ein Typ, der Kataloge durchblättert, weil er immer noch etwas haben muss? Oder der bei Amazon nicht vorbeischauen kann, ohne ein Buch zu bestellen? Oder der durch den Baumarkt geht und am Ende 50 Euro mehr ausgibt, als er eigentlich ausgeben wollte?
Wo kommt das her? Okay, gut, also Habsüchtige. Götzendiener, auch so ein Fall, ja? Wir sagen ja alle, wir sind keine Götzendiener. Aber Vorsicht: Wofür schlägt dein Herz? Wofür lebst du in dieser Welt? Worüber unterhältst du dich? War dein Abend gestern gut, weil wir zwei zu eins gegen Österreich gewonnen haben? Und wenn es nicht so gewesen wäre, hättest du dann schlecht geschlafen?
Warum dreht sich dein Leben wirklich? Man kann ja einfach mal ehrlich werden. Es gibt viel mehr Leute, die Götzendiener sind, als wir denken. Nur weil wir bei Götzen immer an goldene, dicke, lachende Männer denken oder so.
Denk doch mal an die anderen Götzen, die so ein Leben prägen können. Wie wäre es mit Karriere? Wie wäre es mit Schönheit? Wie wäre es mit einem exzessiven Hobby? Was raubt dir den Schlaf? Wo investierst du dein Geld? Welche Kataloge wälzt du? Hast du zum Beispiel Motorbootkataloge? Such dir irgendwas aus.
Was ist das in deinem Leben, das dir wirklich Erfüllung bringt? Und was sind Götzen? Also vorsichtig, dass wir hier nicht zu schnell drüberlesen.
Du hast gesagt, es hätte dich angesprochen, dass das Kreuz im Zentrum steht. Ja, es passiert so leicht, dass wir behaupten, das Kreuz wäre im Zentrum. Es passiert so leicht.
Aber lasst uns ab und an mal einen Blick darauf werfen, ob nicht vielleicht doch die Familie im Zentrum unseres Lebens steht. Oder der Hund, oder das Haus, oder das Auto. Oder meine Angst davor, die Sicherheit zu verlieren, die mir mein Bankkonto gibt. Oder meine Angst vor der Zukunft. Oder was werden die Nachbarn denken, wenn ich das tue?
Keine Ahnung, was im Zentrum steht, aber Götzendienst ist etwas, das viel realer ist, als uns das klar ist. Die Gefahr, dass der Teufel uns auf eine Spur schickt, auf der nicht mehr das Kreuz im Zentrum steht, ist etwas ganz Nahes.
Lästerer, ja, Tratschtanten, Klatschweiber – es ist interessant, dass die deutschen Synonyme für Lästerer fast alle weiblich sind. Das ist wirklich merkwürdig. Das Alte Testament kennt das auch, dass es vielleicht ein Zug ist, der eher Frauen betrifft. Mag sein.
Wie sieht es aus? Ein Lästerer ist jemand, der immer erst mal etwas Schlechtes sagt, der es nicht schafft, das Gute im Anderen zu finden. Er erzählt Dinge weiter, die weder notwendig noch gut, noch gnaden- oder erbauungsreich sind.
Trunkenbold, das ist schon wieder klarer: Das ist ein Säufer, der einfach zu viel trinkt. Und Räuber, das ist jemand, der andere Sachen wegnimmt, die ihm nicht gehören, obwohl er sie haben möchte.
Wenn Leute sagen, sie sind Christen und diese Dinge finden sich in ihrem Leben, dann sagt Paulus: Mit einem solchen soll man nicht einmal essen. Denn was habe ich zu richten an denen, die draußen sind? Antwort: Gar nichts.
Das, was ungläubige Leute machen, geht uns als Gemeinde nichts an. Da brauchen wir uns auch nicht darüber aufzuregen, wie schlimm diese Welt ist. Richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Frage, Antwort: Ja.
Also, wenn wir eine heilige Gemeinde sind und wenn wir das mit der Sünde noch ernst nehmen und wenn wir glauben, dass erstens Sünde ansteckend ist und zweitens, dass wir nicht wirklich liebevoll mit dem Sünder umgehen, wenn wir ihn einfach nur ein bisschen behüten und beduddeln und so tun, als wäre da nichts – dann ist das Beste, was wir für die Gemeinde und für den Sünder tun können, ihn rauszutun.
Dann muss ich sagen: Ja, richtet ihr nicht die, die drinnen sind! Die aber draußen sind, richtet Gott. Damit haben wir nichts zu tun.
Unser Job ist: Tut den Bösen von euch selbst hinaus. Das ist unser Job.
Persönliche Erfahrungen mit Gemeindespaltung und Aufruf zur Versöhnung
Und wenn es in der Gemeindeverantwortung eine Sache gibt, die überhaupt keinen Spaß macht, dann ist es diese: Ich habe euch vorhin erzählt, dass ich als junger Christ in eine Gemeindespaltung verwickelt war.
Im Rahmen dieser Auseinandersetzung gab es unter anderem Hausverbote. Die Polizei wurde geholt, um Christen den Zutritt zu Gemeinderäumen zu verwehren. Ich erinnere mich heute noch an das vielleicht Demütigendste in dieser ganzen Situation: ein Gerichtsverfahren. Letztlich haben Christen wegen Belanglosigkeiten gegen Christen prozessiert.
Man sitzt dann hinten im Gerichtssaal, in einem Gebäude, in dem Gerichtsverfahren stattfinden. Dort treten vor einem weltlichen Richter zwei Christen gegeneinander an. Es geht um Dinge, die in der Gemeinde passieren. Man möchte glauben, dass so etwas nur den anderen passiert – aber es ist mir passiert.
Ich weiß heute noch, wie ich dort saß und mich schämte, als eine Schulklasse johlend den Saal betrat. Die Klasse machte an diesem Tag einen Besuch im Gericht und erlebte diesen Prozess mit, in dem zwei Christen über gemeindliche Angelegenheiten stritten.
Ich habe mich so geschämt. Ich habe mich geschämt, weil wir es besser hätten wissen können. Der Text, den wir uns jetzt anschauen, behandelt genau dieses Thema.
Es fasziniert mich immer wieder, wie das Denken „Ich weiß etwas besser, ich habe Ahnung und Durchblick“ sich festsetzt. Wenn man meint, etwas zu wissen und stolz darauf wird, ist es erstaunlich, wie leicht es dem Teufel gelingt, die Augen vor dem zu verschließen, was so offensichtlich in der Bibel steht.
Streitigkeiten unter Christen und die Verantwortung zur Versöhnung
Erster Korintherbrief, Kapitel sechs. Es geht weiterhin um Probleme in der Gemeinde in Korinth. Diesmal nicht mehr um einen Fall von Unzucht, bei dem Paulus sagt, man solle sich bei grober Sünde trennen. Das bedeutet jedoch nicht, dass man jeglichen Kontakt abbrechen soll. Es heißt lediglich, dass der sehr vertraute Umgang, den man in der Gemeinde untereinander pflegt, an dieser Stelle nicht mehr möglich ist.
Jetzt geht es um etwas anderes. Kapitel 6, Vers 1: „Bringt es jemand von euch, der einen Rechtsstreit mit dem anderen hat, über sich, vor den Ungläubigen zu streiten und nicht vor den Heiligen?“ Das ist die Frage. Ist es wirklich euer Ernst, dass ihr, wenn ihr miteinander streitet – und hier geht es nicht um Straftatbestände, die vom Staat verfolgt werden müssen –, sondern um kleinere Angelegenheiten, die man gut miteinander regeln könnte, wo es eigentlich nur ein bisschen guten Willen braucht, wo man mal ein Stück von seinem eigenen Recht zurückstellt, um zu sagen: „Hey, komm, um des größeren Zieles willen lasse ich jetzt auch mal Unrecht geschehen.“
So wie Jesus das in Matthäus 5 zum Ausdruck bringt, wenn er sagt: „Wenn jemand dich auf die rechte Wange schlägt“ – und das ist die gröbste Form der Beleidigung, die es gibt –, „dann halte ihm auch die andere hin.“ Wenn jemand dich also auf diese Weise beleidigt, auf die schlimmste Weise, dann schlag nicht zurück mit Worten. Das muss nicht eskalieren. Du kannst die Gewaltspirale unterbrechen. Es geht hier nicht um Selbstverteidigung.
Oft haben wir die Möglichkeit, indem wir ein bisschen von unserem Wohlbefinden, vielleicht von unseren Finanzen oder von unserer Ehre investieren, irgendwo unnötige Gewaltspiralen zu unterbrechen. Das geht. Paulus fragt: Warum macht ihr das nicht? Warum kommt ihr nicht auf den Gedanken, jemanden in der Gemeinde zu suchen, der zwischen euch entscheidet, wenn ihr ein Problem miteinander habt? Warum rennt ihr zu weltlichen Gerichten?
Oder wisst ihr nicht, einmal mehr, etwas vom Glauben, nämlich dass die Heiligen die Welt richten werden? Vielleicht hast du bisher gedacht, dass Jesus der Richter der Welt ist. Ja, das ist er. Aber er kommt wieder. Und wenn er wiederkommt, kommen seine Heiligen mit ihm. Warum? Nicht um Urlaub zu machen, zumindest nicht am Anfang, sondern um die Welt zu richten. Das wird unsere erste Aufgabe sein.
Deshalb heißt es an einigen Stellen in der Bibel – ihr könnt das in Daniel 7 nachlesen –, dass das Gericht den Heiligen des Höchsten gegeben wurde. Eine der Verheißungen in den Seligpreisungen am Anfang der Offenbarung lautet, dass wir Macht haben werden über die Nationen. Gericht und Rechtsprechung liegen in den Händen der Gläubigen.
Wir werden also einmal die Welt richten. Und wenn durch euch die Welt gerichtet wird – damit sind die Menschen gemeint, die auf dieser Erde gelebt haben –, seid ihr dann nicht würdig, über die geringsten Dinge zu richten? Du wirst einmal das Leben von Menschen beurteilen, als Botschafter und Stellvertreter Christi. Und jetzt glaubst du, du schaffst es nicht, zwischen zwei Geschwistern zu urteilen, die sich darüber streiten, dass der eine das Auto des anderen ausgeliehen hat und es mit einer kleinen Beule zurückgegeben wurde? Du glaubst, es gibt niemanden in der Gemeinde, der schlau genug ist, diesen Fall zu klären?
Wisst ihr nicht, dass wir Engel richten werden? Es bleibt nicht nur bei den Menschen, es bleibt nicht bei der sichtbaren Welt. Auch die unsichtbare Welt wird von Christen gerichtet werden. Wie viel mehr, wenn das gilt, sind wir heute schon in der Lage, über Alltägliches, über diese Banalitäten zu richten?
Wenn ihr nun die alltäglichen Dinge, wenn ihr über die alltäglichen Dinge Rechtshändel habt, so setzt ihr die zu Richtern ein, die in der Gemeinde nichts gelten. Du gehst zu einem Richter, der ein Urteil spricht, und du sagst: „Ist das toll, dass wir den haben!“ Jemanden, den du bei einer Taufe oder egal wann nicht mal eine Predigt halten lassen würdest. Hier vorne würdest du sagen: „Du bitte nicht, das machen Leute, die Ahnung haben.“ Aber wenn es ums Richten geht, dann ist er richtig? Der, der das Wort Gottes nicht im Ansatz so gut kennt wie der durchschnittliche Gläubige, wird ein gerechteres Gericht sprechen – auf der Grundlage eines damals römischen, heute deutschen Gesetzes. Das ist gerechter, richtiger?
Und übrigens, wenn ihr das macht, wo führt das hin? Was passiert, wenn wir das tun? Was bleibt dabei auf der Strecke? Paulus sagt: „Zur Beschämung sage ich es euch.“ Gestern habe ich noch gesagt, an anderer Stelle sagt er extra, ich will euch nicht beschämen, sondern ermahnen. Hier sagt er: „Schämt euch!“ Ist euch eigentlich klar, was ihr tut? Also, ist kein Weiser unter euch, auch nicht einer, der zwischen Bruder und Bruder entscheiden kann? Es gibt keinen von euch, der das kann, wirklich nicht?
Ihr seid so aufgeblasen, ihr seid so klug, ihr behauptet, alles besser zu wissen. Aber wenn es hart auf hart kommt und irgendeine Kleinigkeit gelöst werden muss, da findet sich niemand in eurer Gemeinde, der das mal in die Hände nehmen könnte. Stattdessen streitet Bruder mit Bruder – und das vor Ungläubigen? Ist das wirklich euer Ernst?
Ihr steht für die heilige Gemeinde Gottes und tragt dann einen Streit zwischen Brüdern, zwischen Geschwistern, zwischen geistlichen Geschwistern mitten hinein in die Gesellschaft, sodass noch der Letzte mitbekommt, dass Christen mit Christen öfter als uns lieb ist nicht können. Das macht ihr? Habt ihr nicht verstanden, worum es geht? Habt ihr nicht begriffen, dass die Gemeinde Gottes nicht nur heilig ist, sondern, wie es im ersten Timotheusbrief heißt, ein Grundpfeiler ist? Wir müssten das heutzutage übersetzen mit einer Litfaßsäule – das ist eine Art Plakattafel. An unserem Umgang miteinander wird man etwas sehen.
Wenn man das nicht sieht, weil wir uns streiten – und das auch noch allen zugänglich machen –, das ist schon schlimm genug. Will ich mal sagen: Hinter verschlossenen Türen zu streiten, ja, das ist schon schlimm genug. Aber es in die Öffentlichkeit zu zerren, heute würde man sagen, noch einen Facebook-Eintrag machen, damit jeder mitkriegt, wie blöd du den anderen findest in der Gemeinde, irgendwo einen Blog eröffnen über das, was alles schiefläuft, ein Buch schreiben, damit auch jeder mitbekommt, wie zerrissen und kaputt die Gemeinde Gottes ist – wollen wir das wirklich? Damit sie auch noch das letzte bisschen Schlagkraft verliert?
Paulus sagt: „Spinnt ihr?“ Oder er sagt: „Schämt euch!“ Habt ihr nicht verstanden, wozu Gemeinde da ist und wie Gemeinde in dieser Welt nur funktionieren kann? Wir müssen schon, wenn wir mal nicht miteinander klarkommen, das schon alleine regeln. Wir müssen es schaffen, mit der Kraft des Heiligen Geistes und mit dem, was Jesus uns an Ideen mitgegeben hat zum Thema Liebe, diese kleinen Dinge auf die Reihe zu bringen.
Wenn nicht, weißt du, was dahinter steckt? Wenn das nicht ist? Dahinter steckt die Idee: Wenn ich irgendwo Recht habe, dann werde ich alles einsetzen, um mein Recht zu bekommen. Mein Recht kommt zuerst. Dann kommt lange gar nichts. Und dann kommt vielleicht die Gemeinde. Aber mein Recht kommt zuerst.
Vers 7: „Es ist nun schon überhaupt ein Fehler an euch, dass ihr Rechtshändel miteinander habt.“ Die Sache an sich ist schon falsch. Paulus stellt ganz provokativ, auf der Basis dessen, was in der Bergpredigt steht, zwei Fragen: Warum lasst ihr euch nicht lieber Unrecht tun? Wenn du die Wahl hast – die Gemeinde leidet unter dem, was ich tue, das Ansehen der Gemeinde leidet –, warum lässt du dir nicht lieber Unrecht tun?
„Die Delle im Auto hat mich 500 Euro gekostet.“ Ja, dann lass es 500 Euro sein und sorge dafür, dass die Gemeinde Gottes in der Gesellschaft, dass das Ansehen der Gemeinde keinen Schaden nimmt. Ja, das ist so. Soll ich dir was sagen? Dem gehören eigentlich die 500 Euro. Mir? Nein, eigentlich nicht, oder? Wenn man es mal so richtig durchdenkt: Es ist nicht dein Geld. Du bist nur der Verwalter.
Warum lasst ihr euch nicht lieber Unrecht tun? Warum lasst ihr euch nicht lieber übervorteilen? Ja, dann ist das einfach mal so. Dann hast du mal den Kürzeren gezogen. Es tut mir auch sehr leid für dich. Das wird im Leben so sein: Du wirst nicht immer gewinnen, du wirst nicht immer der Sieger sein – und das nicht nur beim Spielen. Na ja, du wirst auch mal verlieren.
Dann ist das so. Tut mir leid. Dann musst du dich entscheiden: Will ich der Verlierer sein oder möchte ich, dass die Gemeinde verliert? Was möchtest du? Soll das Reich Gottes auf der Strecke bleiben oder du? Paulus sagt: Gar keine Frage, ich möchte immer, in jeder Situation, dass das Reich Gottes einen Vorteil davon trägt.
Warum lasst ihr euch nicht lieber übervorteilen? Und jetzt merkt man, wie die Situation ist, denn römische Gerichte sind natürlich nicht in dem Sinne unparteiisch, wie wir das heute so kennen. Wer den besseren Anwalt hatte, die besseren Beziehungen und mehr Geld, bekam Recht.
Das heißt, hier scheint jemand den Spieß umgedreht zu haben. Er hat nicht nur sein Recht gesucht, sondern ihr selbst tut Unrecht. Jetzt fällt das Pferd, jetzt klatscht der Reiter, plötzlich fällt er auf der anderen Seite vom Pferd herunter. Er tut Unrecht und übervorteilt.
Das heißt, wir verlassen den Bereich, wo es nur darum geht, sein Recht zu bekommen. Und das ist ja ganz leicht der Fall, wenn man erst mal einsteigt in diese Gewaltspirale, in dieses „Du hast mir das getan, ich darf dir das zurückgeben, das ist mein Recht.“ Wenn man da erst mal einsteigt, dass da einer noch objektiv bleibt, das gelingt ja fast nie.
Du nimmst dein Recht in die eigene Hand, und am Ende bleibt das Recht auf der Strecke. Du tust Unrecht und übervorteilst – und das Brüdern gegenüber? Ist das denn ernst?
Oder wisst ihr nicht einmal eins des Glaubens? Wisst ihr wirklich nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Ist euch das wirklich so unklar? Wenn du ungerecht bist – egal wie du dahin gekommen bist – und wenn dein Leben von dieser Ungerechtigkeit geprägt ist, wenn du also nicht nur aus Versehen mal Unrecht tust, sondern wenn das dein Lebensstil ist, dann: Vorsicht!
Damit wir uns nur nicht falsch verstehen: Der Ungerechte erbt nicht das Reich Gottes. Unser Leben ist immer ein Gesamtpaket aus dem, was wir behaupten zu sein, und aus dem, was wir leben. Unser Bekenntnis „Jesus ist Herr“ und unser Leben, welches das Bekenntnis unterstreicht, spielen immer zusammen.
Jesus wird so weit gehen, dass er sagt: „Ein fauler Baum bringt faule Frucht, ein guter Baum bringt gute Frucht.“ So simpel. Faule Frucht, fauler Baum. Ungerechtigkeit heißt: kein Christ.
„Irrt euch nicht.“ Ich mag diesen Satz „Irrt euch nicht“, weil er impliziert, dass man sich irren kann. Irrt euch nicht! Bitte passt an einer Stelle auf, dass bestimmte Gedanken sich nicht in euren Kopf einnisten und ihr glaubt, sie seien wahr. Ein solcher Gedanke könnte sein: „Na ja, Sünde im Leben ist nicht so schlimm. Du kannst ein Stück weit leben, wie du willst, das geht schon, auch wenn du Christ bist.“
Vorsicht! Paulus würde sagen: „Irrt euch nicht!“ Wenn es bestimmte Verhaltensmuster in deinem Leben gibt und du nicht bereit bist, damit zu brechen, dann geh erst mal davon aus, dass du nicht das Reich Gottes erben wirst, dass du am Ende nicht dabei bist, dass die Ewigkeit für dich verschlossen ist, dass Gott nicht sagt: „Du guter und treuer Knecht“, sondern: „Ich kenne dich nicht.“
Geh einfach davon aus, weil es hier steht. Nicht weil jemand es sagt, sondern weil Paulus eine Gemeinde schreibt, in der das Toho-Wabo herrscht, wo er einfach mal ein bisschen gegen den Strich kämmen muss und wo er sagen muss: Wenn bestimmte Verhaltensmuster dein Leben prägen, dann geh erst mal davon aus, dass irgendetwas richtig nicht stimmt.
Er sagt: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, noch Ehebrecher – und dann macht er weiter mit zwei Begriffen, die ungewöhnlich sind: Noch Wollüstlinge, noch Knabenschänder. Das sind die zwei Seiten der Homosexualität im Alten Testament, wo reifere Männer sich einen jüngeren Knaben nahmen – heute würde man von Kindesmissbrauch für homoerotische Spielchen sprechen.
Wenn das dein Leben prägt, oder wenn du noch Diebe bist, wenn du klaust, habgierig, Trunkenbold, Lästerer, Räuber – keiner von denen, wenn das dein Leben prägt, wird das Reich Gottes erben. Deswegen ist Paulus an der Stelle ganz, ganz streng.
Und er geht weiter, und das ist der mutmachendste Vers vielleicht, den es gibt – an der Stelle denke ich immer so: In der Musik bin ich jetzt in Moll, ganz schwer und ganz unten. Und jetzt kommt so ein Fanfarenstoß. Das sind manche von euch gewesen – Betonung auf „gewesen“. Vergangenheit.
Das ist die Beschreibung eures alten Wesens. So wart ihr, aus der Kultur kommt ihr her, in der man das gemacht hat. Das ist eure Vergangenheit. Paulus weiß, dass viele der Korinther tief in diesem Sumpf steckten, ganz tief. Und er kann ihnen sagen: Aber ihr seid abgewaschen, ihr habt den Schmutz eures alten Lebens hinter euch gelassen.
Ihr seid geheiligt, und damit habt ihr eine Berufung empfangen, heilig zu leben. Ihr seid gerechtfertigt worden, habt einen neuen Status vor Gott: Vergeben, gerettet, erlöst, Kind Gottes, Neuanfang – passiert. Das steht da.
Also auf der einen Seite gibt es ein „Vorher“, das Paulus in düsteren Farben malt, und wo er sagt: Pass auf, wenn sich dein altes Leben wieder mit Macht in dein neues Leben einschleichen will, dann rede dir nicht ein, dass das schon irgendwie passt und gut ist.
Das stimmt nicht. Egal wie es daherkommt, egal ob es dich im Bereich der Sexualität packt oder im Bereich der Habgier und der Gier, wo du andere Leute mit scheinbar richtigen Mitteln übers Gericht über den Tisch ziehst.
Lass dich nicht täuschen: Das alte Leben muss Vergangenheit bleiben. Es darf nicht mehr im neuen Leben auftauchen. Wir dürfen uns nicht wieder umentscheiden und sagen: „Da hole ich wieder was rein“, oder „Wenn das noch nicht ganz abgeschnitten ist, dann wäre jetzt Zeit, tatsächlich einen klaren Schnitt zu machen.“ Warum? Weil etwas passiert ist in unserem Leben.
Und weil wir mit diesem Alten einfach keinen Kontakt mehr haben dürfen. Weil es einfach so lebensfremd geworden ist für jemanden, der ewiges Leben hat, in dem Jesus herrscht. Es ist wesensfremd, es passt einfach nicht mehr zu uns. Es ist eine Ausdrucksform von Tod, von Verlorenheit.
Gott bringt Leben und Freude, Neuanfang in unser Leben. Ihr seid das durch den Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes.
Ich hoffe, ihr könnt alle miteinander – hier seid ihr müde, das ist klar – aber mit dem letzten Rest an Kraft noch sagen: Amen, Halleluja, wahr, ja, gut. Vielleicht habt ihr noch so ein paar Gedanken an früher, wo ihr sagt: „Ja, da war das und das, boah, ja, man, bin ich froh, dass es vorbei ist.“
Und wenn du merkst, das will manchmal noch so – wie so ein schlechter Horrorfilm, wo Zombies auftauchen, und du denkst, der müsste schon lange tot sein – und wenn so etwas passiert, wenn so ein moralischer Zombie von früher wieder aufsteht und versucht, dein Leben zu prägen, dann gibt es eine Methode in den Filmen: Da nimmt man eine Schrotflinte und knallt ihm das Ding zwischen die Augen – doppelt.
Und das ist das, was Paulus hier sagt: Wenn du merkst, da gibt es Dinge, die passen nicht zu meinem Leben, dann gib dem alten Menschen ein klares Nein! Und das kann so eine Geschichte sein, dass du zum Beispiel auf eine falsche Theologie reinfällst.
Kritik an falscher Freiheit und der Bedeutung des Körpers
Ab Vers 12 zitiert Paulus Slogans, die in Korinth gepredigt werden. Dort heißt es: „Alles ist mir erlaubt“, sagen die Korinther. Sie wiederholen das mehrmals: Ja, alles ist mir erlaubt. Noch einmal: Alles ist mir erlaubt. In Vers 13 heißt es weiter: „Die Speisen sind für den Bauch und der Bauch für die Speisen; Gott aber wird sowohl diesen als auch jene zunichte machen.“
Ist das richtig? Ja, irgendwie schon – und doch nicht ganz. „Alles ist mir erlaubt“ – stimmt das? Nein, sagt Paulus, aber nicht alles ist nützlich. Die Korinther hatten eine Haltung, die aussagte: Wir können eigentlich machen, was wir wollen. Sie dachten, sie herrschten schon, sie seien bereits am Ziel ihres Lebens angekommen. Was sie hier machten, spielte eigentlich keine Rolle mehr. Sie konnten mit ihrem Körper tun, was sie wollten, denn Speisen sind für den Bauch, und der Bauch für die Speisen. Gott aber wird sowohl den Bauch als auch die Speisen zunichte machen.
Was ich mit meinem Körper mache, spielt keine Rolle – der Körper ist sowieso etwas, das sterben wird, und dann ist alles vorbei. Stimmt das? Fast. Tatsächlich ist der Körper so etwas wie ein Durchlauf für Speisen, und was hinten herauskommt, spielt tatsächlich keine Rolle mehr. Aber der ganze Körper spielt eine Rolle.
Wir sind Christen, keine Anhänger von Platon oder jemandem, der eine Seelenlehre vertritt. Wir sind nicht nur Seelen, gefangen in einem Körper. Christen glauben an ein Menschenbild, das aus einem sichtbaren und einem unsichtbaren Teil besteht. Wir sind Körper, Seele und Geist. Das heißt, der Körper gehört dazu.
Deswegen ist der Körper auch etwas, das in der Ewigkeit auferweckt wird. Gott weiß, wir sind ohne Körper nicht ganz vollständig. Wir werden nicht als Seelen durchs Nirwana schweben. Das wird nicht unsere Zukunft sein. Wir werden einen Körper haben auf einer neuen Erde mit einem neuen Himmel. Wir werden etwas anpacken, essen, miteinander reden und einander erfahren. Es wird ein Auferstehungsleib sein, der anders ist, aber dennoch ein Körper.
Und heute schon spielt unser Körper eine Rolle. Deshalb zu sagen, was du mit deinem Körper machst, sei egal, ist falsch.
Für die Korinther bedeutete das auch, dass sie durch die Götzentempel ein kostenloses Angebot an Prostituierten hatten. Abends gingen diese Frauen dort spazieren, und man konnte sich mehr oder weniger frei bedienen. Die Männer bedienten sich, weil sie dachten: Wenn es keine Rolle mehr spielt, was ich mit meinem Körper mache, dann kann ich auch Unzucht mit Prostituierten treiben.
Wenn das meine Theologie ist, wenn das in meinem Kopf so drin ist, dann mache ich, was ich will. Dann regiert die Lust. Mein Körper, der am Ende des Abschnitts als Tempel des Heiligen Geistes bezeichnet wird, wird zu etwas, womit ich Unzucht treibe. Paulus muss sagen: Nein, das geht nicht. „Alles ist mir erlaubt“, Vers 12, „aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts, ich möchte eher sagen von niemandem, beherrschen lassen.“
Für alle, die diesen Vers verwenden, um alle möglichen Süchte zu rechtfertigen, muss ich eine Einschränkung bringen: Das Wort „beherrschen lassen“ taucht noch an anderer Stelle auf, nämlich in 1. Korinther 7,4, also eine halbe Seite weiter, und bezieht sich dort auf eine Form des Beherrschtwerdens, die erlaubt ist. Dort geht es darum, dass Ehepartner einander beherrschen dürfen – in guter Weise, wenn sie miteinander schlafen. Das ist eine Form von Herrschaft.
Das Wort „beherrscht werden“ wird dort anders übersetzt, bei mir in der Bibel heißt es „verfügt“. Paulus spricht davon, dass es ein gerechtfertigtes Beherrschtwerden gibt, wenn ein Mann oder eine Frau vom eigenen Partner beherrscht wird. Und es gibt ein falsches Beherrschtwerden. Das falsche findet dort statt, wo sich jemand von jemandem beherrschen lässt, der dieses Recht nicht hat.
Deshalb sagt Paulus am Ende von Vers 13: „Der Leib aber ist nicht für die Hurerei.“ Der Besuch von Prostituierten ist Hurerei, Unzucht. Dasselbe Wort steht auch in „nicht für die Hurerei, sondern für den Herrn.“ Das heißt: Ich habe einen Körper, und obwohl dieser Körper einmal vergehen wird, hat er eine Funktion. Er ist meine Möglichkeit, dem Herrn Jesus zu dienen.
Dann sagt Paulus: „Der Herr ist für den Leib.“ Es gibt eine Beziehung zwischen Jesus und meinem Körper. Diese Beziehung heißt: Jesus hat meinen Körper gekauft, er gehört ihm, und er möchte, dass ich ihn in seinem Sinn verwalte. Noch mehr: Gott hat den Herrn auferweckt und wird auch uns durch seine Macht auferwecken.
Wie wichtig der Körper ist, zeigt sich daran, dass wir in alle Ewigkeit einen haben werden. „Wisst ihr nicht einmal eins des geistlichen Lebens? Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind?“ Wir sprechen davon, dass die Gemeinde der Leib Christi ist. Das Bild heißt: Jesus ist das Haupt, von dem die Steuerung ausgeht. Wir sind Glieder an diesem Leib als Gemeinde, und jeder einzelne ist ein Glied. Der eine ist ein Finger, der andere vielleicht ein Magen, der dritte ein Oberschenkel – keine Ahnung.
Aber wir sind Glieder am Leib Christi, und das hat Auswirkungen. „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind?“ Soll ich denn die Glieder Christi, also den heiligen Leib Christi, nehmen und zu Gliedern einer Hure machen? Soll ich mit dem Körper, der Jesus gehört und ihn repräsentiert, umgehen, als sei das eine Prostituierte oder als sei das ein Strichjunge? Soll ich das machen? Das sei ferne!
Dieses „das sei ferne“ bedeutet für Paulus: Das geht überhaupt nicht. „Oder wisst ihr nicht einmal eins des geistlichen Lebens? Dass wer der Hure anhängt, wer mit einer Prostituierten schläft, ein Leib mit ihr ist?“
Jetzt taucht Paulus in ein Geheimnis ein, das mit Sexualität zu tun hat. Wenn Menschen einander körperlich genießen, dann nehmen sie an einem Geheimnis teil. Ein Geheimnis, das mit 1. Mose 2,24 zu tun hat. Dort heißt es: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie werden ein Fleisch sein.“
Da passiert etwas, nicht nur körperlich. Es wird eine Verbindung hergestellt, eine Verbindung, die so besonders ist, dass Paulus in Vers 18 sagt: „Flieht die Unzucht.“ Ein gutes Beispiel in der Bibel ist Joseph. Ich mag ihn wirklich. Die verführerische Frau des Potiphar setzt ihn unter Druck, und er lässt lieber alles stehen und liegen und haut ab, als sich darauf einzulassen.
„Flieht die Unzucht.“ Warum? Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes. Ich weiß nicht genau, worauf Paulus anspielt, aber es wird klar, was er will: Es gibt Sünde und Sünde. Wer aber Unzucht treibt, sündigt gegen den eigenen Leib.
Unzucht, also Sexualität außerhalb der von Gott gegebenen Grenzen, ist eine Sünde der besonderen Art. Sie betrifft in ganz besonderer Weise unseren Körper. Denn an dieser Stelle tun wir mit unserem Körper etwas, das uns im Innersten zuwiderläuft – und zwar in einem doppelten Sinn.
Erstens: Wer der Hure anhängt, ist ein Leib mit ihr. Zweitens: Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit ihm. Wir haben schon Gemeinschaft, wir sind schon vergeben, und wir gehören Jesus. Wir können uns nicht noch einmal verschenken.
Irgendwie ist Unzucht die Sünde, die uns auf eine wieder natürliche Weise ganz, ganz nahe an einen anderen Menschen heranbringt, so nahe, dass diese Beziehung, die da geknüpft wird, wahrscheinlich nie wieder ganz erlischt. Wir mögen das vergessen, es mag uns nichts bedeuten, aber irgendetwas bleibt zurück.
Du kannst einen anderen Menschen nicht sexuell genießen, ohne dass dich das prägt und Spuren in deiner Seele hinterlässt. Es ist eine ganz einzigartige Sache. Wenn du Einheit genießen möchtest, dann genieße sie mit dem Herrn Jesus oder mit deinem Ehepartner.
Das wird im nächsten Kapitel weiter ausgeführt.
Der Körper als Tempel des Heiligen Geistes und Aufruf zur Ehre Gottes
Tu das, weil in 1. Korinther 6,19 steht: Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes in euch ist?
Hast du nicht verstanden, wie du funktionierst, warum du hier auf der Erde bist? Du repräsentierst Gott. Im Moment der Umkehr zu Gott hast du entschieden: Ich möchte mit Gott leben, für Gott leben und mich ganz an Gott hängen. Ich möchte mein eigenes Leben geringer achten als das Leben des Herrn Jesus. Er bedeutet mir mehr.
Jesus sagt, wenn wir nicht alles hinter uns lassen, können wir nicht seine Jünger sein. Es ist eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung. Ich hänge ganz an diesem Jesus, nicht nur halb. Deshalb gehöre ich ihm und bin ganz auf ihn fixiert.
Wenn ich jetzt meinen Ehepartner außen vorlasse, der eine Sonderrolle spielt, dann darf kein anderer Mensch mehr kommen, der eine ähnlich intime Beziehung zu mir aufbaut. Vor allem darf keine Prostituierte in mein Leben treten.
Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, den ihr von Gott habt? Und dass ihr nicht euch selbst gehört? Du gehörst dir nicht. Ich weiß nicht, ob dir das klar ist. Du gehörst dir nicht. Dein Auto gehört dir nicht, deine Wohnung gehört dir nicht, deine Kinder gehören dir nicht – du gehörst dir nicht.
Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden. Am Kreuz ist ein Preis für dich gezahlt worden. Jesus hat dich erworben. Er hat dich gekauft, in seinen Dienst gestellt und zum Teil seiner Familie gemacht.
Du bist sein bester Freund, aber gleichzeitig auch sein Knecht. Du bist sein Augapfel und zugleich derjenige, der in dieser Welt für ihn lebt.
Verherrlicht nun Gott mit eurem Leib! Setzt alles daran, dass dein Körper in diesem Leben Gott Ehre bringt. Alles, was dem entgegensteht – jede Form von Sünde, die das unmöglich macht, jede Form von Ungerechtigkeit, Unzucht, falsche Sprache, falscher Umgang mit Geld oder sonst etwas – das alles werft aus eurem Leben heraus.
Verherrlicht Gott mit eurem Leib!
