
Gemeinsam Glauben Leben
Sie hören den Predigt-Podcast der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde The Rock Christus Kirche aus Berlin-Spandau. Ich habe mit Ihnen etwas vor, das für die Gäste vielleicht ein bisschen überraschend ist: den Beginn einer zweiteiligen Reihe. Das heißt, wenn Sie heute als Gäste da sind, kommen Sie einfach nächsten Sonntag wieder. Das wäre ein Tipp.
Ansonsten müssen Sie nicht unbedingt kommen. Sie können auch in unseren Podcast reinhören und bekommen dann den zweiten Teil ebenfalls mit.
Ich möchte ein Grundsatzthema behandeln, das für Christen total spannend ist, nämlich das Thema Heiligung. Heiligung bedeutet, dass ich den ganzen Blödsinn aus meinem Leben werfe. Das ist die Richtung, in die es geht.
Wenn wir als Christen über Heiligung nachdenken, wissen wir, dass das ein wirklich wichtiges Thema ist. Im Hebräerbrief Kapitel 12, Vers 14 lesen wir: „Jagt dem Frieden mit allen nach und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird.“
Hier ist klar: Als gläubige Menschen freuen wir uns auf den Moment, wenn wir Jesus sehen werden. Und dieser Vers sagt auch, dass es nichts wird, wenn wir nicht der Heiligung nachjagen. Wir sollen also dem Frieden mit den Menschen und der Heiligung nachjagen.
Das bedeutet wiederum, wenn jemand ein Problem mit Lieblosigkeit oder mit Sünde in seinem Leben hat, dann ist er irgendwie nicht richtig mit Jesus unterwegs.
Jetzt wird vielleicht jemand fragen: „Jürgen, ist der dann kein Christ?“ Na ja, ehrlich gesagt, das weiß ich nicht, denn ich kann ja nicht in dein Herz schauen. Das Problem ist: Jesus kann das.
Deshalb möchte ich mit Ihnen rekapitulieren, was wir vor kurzem in einer Predigt besprochen haben.
Wer schon eine Weile dabei ist, der weiß: Wir hatten das Thema schon einmal. Es gab hier eine Predigt über den Engel des Herrn. Jesus wird als Gott, das Wort vor seiner Menschwerdung, im Alten Testament als besonderer Engel dargestellt.
Ich hatte gesagt, dass der Umgang Gottes mit dem Volk Israel im Alten Testament auf nationaler Ebene zeigt, was im Neuen Testament auf geistlicher Ebene geschieht. Man kann diese Dinge wirklich gegenüberstellen. Das Alte Testament ist wie ein Kinderbuch, das Neue Testament die Verwirklichung.
Wenn ich meinen Enkeln erklären möchte, wie eine Feuerwache funktioniert, nehme ich kein technisches Handbuch. Ich benutze ein Kinderbuch, das ganz einfach zeigt, worum es bei der Feuerwehr geht. So verstehen die Kinder: Es gibt ein Feuerwehrauto, einen Schlauch, und wenn ein Feuer brennt, fahren die Feuerwehrleute los.
Wenn die Kinder später tatsächlich eine Ausbildung bei der Feuerwehr machen wollen, reicht es nicht zu sagen: "Ich bin super qualifiziert, weil ich als Sechsjähriger das Kinderbuch gelesen habe." Dann müssen sie in die Details.
Genauso ist es mit dem Verhältnis von altem Bund (Altes Testament) und neuem Bund (Neues Testament). Das Alte Testament ist wie das Kinderbuch: Allgemeine Prinzipien werden plakativ dargestellt. Im Neuen Testament geht es ins Detail, jetzt geht es wirklich um die Sache.
Man merkt das, wenn man genauer hinschaut. Im Alten Testament ist die Beschneidung sehr praktisch und körperlich: Da wird etwas wirklich abgeschnitten – ganz konkret. Im Neuen Testament geht es um eine geistliche Beschneidung. Es geht um das Herz, um die Einstellung, die sich ändern muss. Der Eigenwille muss weggeschnitten werden.
Im Alten Testament werden die Israeliten aus Ägypten, aus der Sklaverei, befreit. Im Neuen Testament, im neuen Bund, geht es darum, von der Macht der Sünde frei zu werden. Israel wird getauft – ganz witzig – sie müssen durch das Wasser, das Rote Meer. Wir Gläubigen werden ebenfalls getauft, nachdem wir gläubig geworden und bekehrt sind, aber nur auf den Namen des Herrn Jesus.
Es gibt den Alten Bund, der am Berg Sinai mit dem Volk Israel geschlossen wurde. Und es gibt den Neuen Bund, der am Kreuz auf Golgatha mit den Gläubigen geschlossen wurde. Dieser Bund wird im Moment der Bekehrung mit jedem einzelnen Menschen noch einmal persönlich wirksam.
Im Alten Testament gibt es einen spannenden Punkt: Das Volk Israel muss durch die Wüste ziehen. Sie haben eine Aufgabe zu erfüllen – den Weg durch die Wüste in Richtung des verheißenen Landes zu gehen.
Auch für uns sieht es nicht anders aus. Wir müssen tatsächlich einen Weg gehen. Ich habe euch dazu einen Vers mitgebracht: Matthäus Kapitel 7, Verse 13 und 14. Jesus sagt dort in der Bergpredigt: „Geht hinein durch die enge Pforte!“
Er erklärt weiter: „Denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind, die auf ihm hineingehen.“ Viele Menschen sind also auf einem falschen Weg unterwegs. Dann heißt es weiter: „Denn eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind, die ihn finden.“
Hier sehen wir, dass dasselbe Bild wieder auftaucht. Im Alten Testament gibt es den Weg durch die Wüste, und Jesus greift dieses Bild auf. Er sagt, auch wir haben einen Weg in Richtung ewiges Leben zu gehen. Es gibt einen Weg zum verheißenen Land, und wir haben einen Weg zum ewigen Leben.
Das bedeutet Bekehrung: Wenn ich vor Gott mein Herz öffne und sage: „Herr Jesus, hier stehe ich. Ich möchte mit dir leben. Ich möchte, dass du meine Schuld nimmst und mir neues Leben schenkst.“ Bekehrung ist eigentlich nur der erste Schritt. Ohne diesen Schritt geht es nicht.
Das betrifft auch die Kinder hier: Man kann nicht einfach langsam in den Glauben hineinwachsen, nur weil man in einer gläubigen Familie aufwächst. Es braucht eine bewusste Entscheidung: „Ich will das auch. Ich möchte mit Jesus leben.“
Aber zu sagen, „Ich hatte irgendwann mal eine Bekehrung, und das war es jetzt“, ist genauso falsch, wie zu glauben, dass es im Alten Testament genügt hätte, sich einmal retten zu lassen.
Wir kennen die Geschichte: Das Volk Israel schließt den Bund mit Gott am Berg Sinai. Doch kurze Zeit später tanzen sie um das goldene Kalb. Da merkt man: Irgendetwas stimmt nicht.
Deshalb reicht es nicht, nur einen Anfang mit Gott zu machen. Wir müssen auch den Weg durch die Wüste gehen.
Zwei Fragen: Warum und wie am Anfang? Wie kennen wir schon, das hatte ich euch ja gesagt. Wie? Das hat mit diesem besonderen Engel zu tun, der im Alten Testament eingeführt wird.
Wir schauen uns das noch einmal an – 2. Mose 23, eine kleine Wiederholung. Das ist kurz nachdem das Volk Israel aus Ägypten gerettet wurde, in der Wüste. Es geht jetzt richtig los in Richtung Verheißenes Land, und dann gibt es hier einen Begleiter.
2. Mose 23,21: „Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, damit er dich auf dem Weg bewahrt und dich an den Ort bringt, den ich für dich bereitet habe. Hüte dich vor ihm, höre auf seine Stimme und widersetze dich ihm nicht.“
Also die Frage: Wie kommt das alttestamentliche Volk Israel ans Ziel? Relativ einfach: Folge dem Engel. Das ist nicht super kompliziert. Wenn er dir etwas sagt, mach es einfach.
Jetzt übertragen wir das auf das „Wie“: Wie kommen wir ans Ziel? Wir wissen ja schon, dass der Engel des Bundes im Alten Testament niemand anderes ist als der Herr Jesus. Deshalb darf es uns nicht erstaunen, dass das Prinzip dasselbe ist. Im Alten Testament kommst du ans Ziel, wenn du dem Engel folgst. Im Neuen Bund, wem muss ich folgen? Wahrscheinlich dem Herrn Jesus, oder?
Dann haben wir in Johannes Kapitel 10 diese sehr bekannte Stelle, wo es heißt: „Meine Schafe“ – Vers 27 – „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“
Das heißt, Christsein ist eine ziemlich einfache Angelegenheit: Wir folgen einfach Jesus. Es ist wirklich so simpel, man muss es so sagen, es ist simpel. „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben.“
Also: Wie soll das Volk Gottes durch die Wüste oder wir den schmalen Weg gehen? Ganz einfach: Auf Jesus hören und ihm hinterherlaufen. So einfach. Lass dir nie etwas anderes einreden. Das ist das Einzige, worauf es ankommt.
Noch einmal: Wie kommt das Volk Gottes ans Ziel? Wie erreiche ich ganz persönlich ewiges Leben? Wie sorge ich dafür, dass ich nicht verloren gehe? Ich höre auf die Stimme Jesu. Er ist mein Vorbild, ich folge ihm, und er kümmert sich um den Rest.
Er ist verantwortlich für ewiges Leben, er ist verantwortlich für Sicherheit, er ist verantwortlich für das Ankommen. Es ist wichtig, dass wir das gut verstehen. Unser Job ist Zuhören, unser Job ist Folgen, also tun, was er sagt.
Und wenn wir das tun, stellt sich die zweite Frage: Warum? Wir wissen jetzt, wie der Weg durch die Wüste gelingt. Der Weg gelingt, indem ich dem Engel beziehungsweise Jesus hinterherlaufe.
Doch warum muss ich diesen Weg eigentlich gehen? Habt ihr euch das schon mal gefragt? Warum ist es nicht so, dass das Volk Israel aus Ägypten herauskommt und dann einfach direkt ins verheißene Land einzieht? Das ist doch nicht weit. Ihr habt ja durch die Nachrichten ständig die Geografie vor Augen. Sie nehmen den Umweg, um vierzig Jahre zu brauchen, obwohl sie in zwei Wochen problemlos dort hätten sein können. Aber so war es nicht. Also warum nicht einfach raus aus Ägypten und rein ins verheißene Land?
Oder für uns: Warum nicht raus aus der Macht Satans, Auferstehung, fertig, Game Over? Da, wo ich sowieso hin will. Warum noch dieses Leben? Das ist ja nun nicht das Paradies. Was soll das also? Warum müssen die Israeliten durch die Wüste ziehen und wir diesen schmalen, bedrückten Weg gehen?
Ich habe versucht, eine Antwort zu finden und hoffe, den Punkt gut zu treffen. Zunächst muss ich eine Sache vorneweg schicken: Das hat damit zu tun, dass Menschen oft nicht so logisch sind, wie sie manchmal von sich denken. Ich weiß nicht, ob euch das schon aufgefallen ist. Die meisten Menschen halten sich ein kleines Stück für klüger, als sie eigentlich sind. Und das könnte uns bei der Antwort auch auffallen.
Wir machen Folgendes: Ich habe ja gesagt, wir vergleichen den Alten Bund mit dem Neuen Bund, Israel mit der Gemeinde, den Zug durch die Wüste mit unserem Weg Richtung ewiges Leben. Wir schauen uns jetzt die Antwort auf die Frage im Alten Testament an: Warum musste Israel durch die Wüste ziehen? Und dann können wir das auf uns übertragen.
Die Antwort findet sich in 5. Mose 8,2. Das ist nach den vierzig Jahren, bevor sie ins verheißene Land einziehen. Dort bekommen sie eine Erklärung. Gott spricht zu seinem Volk: „Du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich diese vierzig Jahre in der Wüste hat wandern lassen, um dich zu demütigen, um dich auf die Probe zu stellen und um zu erkennen, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht.“
Mein erster Gedanke beim Lesen dieses Textes war: Hä? Und ihr wisst ja, so ein „Hä?“ ist immer gut. Es heißt, man denkt weiter. Das ist der Clou beim Bibellesen, diese ganzen „Hä?“s.
Hier stellt sich sofort die Frage: Gott, weißt du nicht, was in meinem Herzen ist? Gott sagt, er mache das alles, um zu erkennen, was in meinem Herzen ist. Aber Gott, weißt du das nicht? Du bist doch allwissend, du weißt doch, was in meinem Herzen ist. Warum muss Gott Israel und anscheinend auch uns, wenn ich das übertrage, auf die Probe stellen, um zu erkennen, was in meinem Herzen ist?
Diese Frage hat mich wirklich eine ganze Weile beschäftigt, bis ich mir angeschaut habe, worum es Gott geht. Wenn man 5. Mose 8 ganz liest, dann geht es Gott darum, dass das Volk Gottes Abhängigkeit erkennt. Also zu erkennen, wer wir sind und wer er ist. Zu erkennen, was wir können und was nur er kann. Es geht darum, unsere Abhängigkeit und seine Liebe zu erkennen.
Das ist der Grund, warum Gott im Alten Testament sein Volk durch die Wüste führt. Ich übertrage das ein kleines bisschen: Gott sucht nicht nur den Moment der Bekehrung. Und damit ihr mich nicht falsch versteht: Ich bin ein totaler Bekehrungsfreak. Ich möchte, dass jeder auf die Knie geht, wie ich es vor 35 Jahren getan habe, und sein Leben dem Herrn Jesus gibt und sagt: „Alles für dich!“
Bekehrung ist cool: raus aus dem Tod, rein ins Leben. Aber nochmal, schaut euch Israel an: Wie schnell das geht! Eben noch der Bund mit Gott, und dann bums, das goldene Kalb. Das Problem mit Bekehrungen – und das ist wirklich ein ernstes Problem – ist, und man könnte das gleiche auf Dinge wie Taufe, Konfirmation, Mitarbeit in der Gemeinde oder Gottesdienstbesuch übertragen: Du musst nicht wirklich im Herzen gläubig sein und an Gott hängen, um mitzumachen. Das ist das Problem.
Jetzt versteht ihr, Christsein ist keine Ideologie. Es geht um eine persönliche Beziehung. Es geht darum, dass wir begreifen: Gott möchte Liebhaber sein. Und als Liebhaber habe ich einfach ein Interesse daran herauszufinden, wie ernst der andere das meint.
Nochmal: Die Frage, die ich vorhin gestellt habe, will ich noch einmal wiederholen: Warum weiß er das nicht? Das müsste er doch wissen. Warum weiß er nicht, was in meinem Herzen ist? Warum muss er das erkennen?
Jetzt wird es vielleicht einen kleinen Tick komplizierter. Es gibt nämlich zwei Arten von Erkennen. Es gibt Erkennen im Sinne von Einsicht in einen Sachverhalt. Zum Beispiel habe ich so einen Christbaumständer. Da drückt man drauf, und dann geht da etwas zusammen und hält den Stamm fest. Das Problem war, ich wusste nicht, wie das Ding wieder auseinander geht. Und wenn deine Frau sagt: „Das ist schief, mach noch mal“, dann stehst du da und popelst an dem Ding herum, na ja, ihr wisst, wie das ist. Irgendwann weißt du: „Ah, ich muss da draufdrücken, dann springt das wieder auf.“ Das ist Erkennen eines Sachverhalts.
Aber das ist nicht das, worum es hier geht. Hier geht es um das Wort „Erkennen“ als Element einer Beziehung. Also die Frage: Wie erkenne ich, dass meine Frau mich liebt? Antwort: Sie hat dich geheiratet. Sie hat vor 35 Jahren auf dem Standesamt „Ja“ gesagt. Das ist der Beweis. Und du denkst dir wahrscheinlich: Hm, ich weiß nicht, das ist irgendwie die falsche Antwort. Versteht ihr?
Wenn es um die Frage geht: Hat deine Frau dich lieb? Dann darf die Antwort nicht sein: Ja, vor 35 Jahren hat sie ja gesagt. Das reicht nicht. Das kann nicht passen.
Wenn es um Dinge wie Vertrauen, Liebe oder Hingabe geht, wenn es darum geht, ein Herz zu erkennen, dann ist das „Ja“ auf dem Standesamt – genau wie die Bekehrung zu Gott, die vielleicht auch über 30 Jahre zurückliegt – zwar wichtig, aber es ist nicht mehr als ein erster Schritt.
Was wirklich an diesem „Ja“ vor dem Standesamt dran ist, an Tiefgang und Ehrlichkeit, das merkt man erst in den Jahren danach, wenn die Schwierigkeiten kommen. Eigentlich merkt man es immer nur im Heute.
Und das ist der Clou: Nachfolge, genauso wie Liebe, findet eigentlich immer im Heute statt.
Also warum schickt Gott sein Volk durch die Wüste? Warum müssen wir diesen schmalen Weg gehen? Die Antwort: Weil Bekehrung oder Glaube an Gott kein Deal ist. Es geht nicht um fünf Minuten Pseudoernsthaftigkeit als Tausch für das ewige Leben.
Gott will mich. Und mir fehlen jetzt bei dem, was ich als Nächstes sagen möchte, ein Stück weit die Worte, weil ich glaube, dass das eine so persönliche Angelegenheit ist, dass jeder von euch eigene Worte dafür hat.
Er will dich ganz tief drin. Er will dich ganz ohne Abstriche. Er will, dass ich mich an ihn verliere, völlig freiwillig, so wie er sich am Kreuz an mich verloren hat.
Am Kreuz hängt einer, der sagt: „Ich will dich ganz.“ Aber ich würde mich freuen, wenn du dich auf die gleiche Weise in meine Arme wirfst und wir miteinander leben könnten.
Und das, was mir auffällt, je länger ich lebe – im Blick auf Freundschaft, im Blick auf Ehe oder auch im Blick auf Bekehrung – ist folgendes: Keiner weiß wirklich, worauf er sich am Standesamt einlässt. Ganz ehrlich, niemand hat dir das vorhergesagt.
Genauso ist es bei der Bekehrung. Du hast keinen blassen Schimmer. Du sagst: „Ja, ich bin völlig down, ich habe verstanden, dass ich die Schuld meiner Sünde loswerden muss, ich habe verstanden, dass Jesus für meine Sünden gestorben ist, ich weiß, dass er mir ewiges Leben anbietet, dass er in mein Leben hineinkommen will, mich komplett umgestalten möchte, mich wirklich verändern möchte.“ Aber ganz ehrlich: Du hast nicht den Hauch einer Idee, was das bedeutet, wenn du dich bekehrst.
Und es geht noch weiter. Genauso wie du dich alle zehn Jahre neu in deine Frau verlieben musst, weil sich das Ganze weiter verändert, so ist das bei Gott nicht anders. Du erlebst Gott immer wieder neu und tauchst immer tiefer in diese Beziehung ein. Jedes Mal musst du ein Stück weit ein neues Ja finden zu diesem Neuen.
Man könnte sogar sagen: Erst im Erleben und auch im Erleiden der Beziehung zeigt sich, was wirklich in meinem Herzen ist. Wenn es darum geht zu wissen, wie viel Vertrauen, Liebe und Hingabe da eigentlich schon gewachsen sind, dann werde ich das erst im Lauf der Zeit merken. Es ist mein Umgang mit Gott, der das deutlich macht. Es ist mein Umgang, der mir zeigt: Ist das jetzt Liebe? Ist das jetzt Hingabe? Und ist das jetzt Vertrauen? Oder ist das vielleicht auch Misstrauen, Ungehorsam und Eigeninteresse?
Was ist jetzt wirklich in deinem Herzen, wenn du mit Gott lebst?
Ich hoffe, ich habe euch nicht verloren. Was ich sagen möchte, ist: Wir sind nicht so logisch, dass wir einmal auf dem Standesamt sagen: „Ja“, und dann ist das hundert Prozent all in für alle Ewigkeit. Das wäre ja ein Wunsch. Und vielleicht ist es in dem Moment auch das, was wir denken. Aber ganz praktisch: Schaut euch die vielen verkorksten Ehen an, die das nicht leben, und ihr wisst, dass das nicht stimmt.
Und genau so ist es bei Gott. Da gibt es Leute, die sich bekehren und taufen lassen, und drei Jahre später fragt man sich: Wo sind sie denn hin? Die Antwort hat wahrscheinlich damit zu tun, dass sie es in dem Moment schon ernst meinten. Aber sie mussten ein Stück Weg gehen, damit deutlich wurde, wie tief das wirklich geht, wie ernst das wirklich ist.
Deswegen führt mich Gott durch die Wüste, weil es die einzige Möglichkeit ist, den Zustand meines Herzens zu offenbaren.
Ich drücke es noch einmal mit anderen Worten aus: Als Liebhaber möchte ich die Liebe meines Partners erfahren. Und das ist das, was Gott möchte. Gott sucht das Erleben meiner Liebe – und das meint er mit Erkennen. Ich möchte das erkennen, nicht im Sinne von Wissen, sondern ich möchte es erfahren. Denn auf keine andere Weise kann Beziehung gelebt werden, versteht ihr?
Nur was ich heute erfahre, ist wirklich echt. Deswegen geht er mit uns durch die Wüste. Deswegen stellt er unseren Glauben auf die Probe oder bringt uns in Probleme hinein. Deswegen beschenkt er uns an anderer Stelle mit Segen. Und beides ist dazu da, dass unser Glaube geprüft wird. Er möchte erkennen, erleben, was in meinem Herzen ist.
Wenn ich sage: „Ich liebe Gott“, dann ist es ganz modern, darüber nachzudenken, über Liebessprachen. Ich weiß nicht, ob ihr das mal gehört habt: Jeder Mensch hat seine Liebessprache. Der eine bekommt gerne Geschenke, der andere will Zeit, der Dritte möchte, dass man im Haushalt mithilft, damit er glücklich ist, und der Nächste braucht nette Worte.
Es gibt ein Buch zu den fünf Sprachen der Liebe. Kleiner Gag am Rande: Gott hat eine sechste Gottesliebessprache. Das ist die Fähigkeit, ihm genau das zu geben, damit er sich geliebt fühlt.
Und ihr wisst, dass wir da unterschiedlich sind. Wir sind da einfach jeder ein bisschen für sich. Jeder weiß: Wenn du mir das machst, dann fühle ich mich geliebt. Da muss man ein bisschen schauen, dass man das Richtige macht.
Bei Gott ist die Liebessprache Gehorsam. Da heißt es in Johannes 15,9: „Wie der Vater mich geliebt hat, habe ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe. Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.“
Du möchtest Gott lieben und in seiner Liebe bleiben? Das ist relativ einfach. Gott sagt: „Ich mache es dir ganz leicht – halte meine Gebote.“
Kommen wir zurück zum Anfang. Am Anfang hatten wir Hebräer 12,14: Wir müssen der Heiligung nachjagen. Ich hatte gesagt: Wer kein Problem mit Lieblosigkeit hat, wer kein Problem mit Sünde hat, der ist irgendwie nicht mit Jesus unterwegs. Das funktioniert einfach nicht. Jetzt wissen wir, woran das liegt.
Ganz einfach: Mein Umgang mit Heiligung zeigt sich darin, dass ich den „Scheißort“ meines Lebens, also die Sünde, rauswerfe. Ich will das nicht mehr tun. Mein Umgang mit den Geboten Gottes zeigt also an, wie viel Interesse ich an einer tiefen Beziehung mit ihm habe. Das ist ja logisch.
Das Thema Heiligung kann ich von zwei Seiten angehen – und vielleicht hättet ihr eine andere Seite erwartet. Ich kann sagen: Wer heilig lebt und Sünde aus seinem Leben entfernt, der gewinnt ganz viel. Er gewinnt Leben, Menschlichkeit, ein reines Gewissen, Klugheit, Sinnhaftigkeit und tiefe Beziehungen. Und es stimmt alles: Heiligung lohnt sich einfach immer.
Das Beste an Heiligung ist aber nicht, dass mein Leben besser wird oder mir das Leben gelingt. Das Beste an Heiligung ist, dass ich lerne, Gott zu lieben. Ich gebe ihm quasi mit meinem Leben etwas zurück, dankbar und zur Freude Gottes.
Ein Beispiel, weil Beispiele immer einfach sind: Meine Frau liebt es, im Urlaub zu spielen. Ich spiele so gut wie nie – nur im Urlaub spiele ich abends ein Spiel. Warum? Weil meine Frau es sich wünscht. Sie wünscht es sich, und ich tue es aus Liebe. Muss ich mich überwinden? Ja. Tue ich es gern? Naja, so gern, wie man eben spielt, wenn man nicht gerne spielt.
Und jetzt kommt der Clou: Jedes Mal, wenn ich es tue, oder wenn ich aus Liebe irgendetwas anderes mache – es gibt ja auch solche Sachen wie Müll runterbringen, Wäsche aufhängen, durchsaugen und so weiter – immer wenn ich etwas aus purer Liebe für meine Frau tue, was passiert dann? Ich lerne, sie zu lieben.
Das ist der Clou: Indem ich es tue, lerne ich, sie zu lieben. Und indem ich das lerne, wächst etwas zwischen uns. Ich werde ein besserer Ehemann, also mehr Ehemann, so wie sie es sich wünscht. Da ist noch Luft nach oben, keine Sorge.
Genau das Gleiche gilt auch im Blick auf Gott: Wenn Heiligung bedeutet, dass ich die Sünde aus meinem Leben rauswerfe, dann heißt das, ich lese in der Bibel, ich höre Predigten, ich identifiziere die Dinge, die Gott nicht mag, und lasse sie dann auch sein.
Gehen wir noch einmal zurück zu Johannes 10, dem guten Hirten: Ich höre auf die Stimme des guten Hirten und folge ihm. Das heißt, wenn der gute Hirte sagt: „Geh da hin“, dann gehe ich da hin. Wenn er sagt: „Geh da nicht hin“, dann gehe ich da nicht hin. Wenn er sagt: „Tu das“, dann tue ich das. Und wenn er sagt: „Tu das nicht“, dann tue ich es nicht.
Das ist Heiligung beziehungsweise das ganz normale christliche Leben. Wenn ich das mache, dann werde ich ein besserer Liebhaber. Das ist alles. Es wird viel im Leben gut, wenn du dich an das hältst, was Jesus sagt – das kann ich dir versprechen.
Aber der eigentliche Clou ist: Du lernst, Gott zu lieben. Du wächst in dieser Beziehung. So dusselig sich das anhört: Ich wachse nirgends stärker in meiner Beziehung zu meiner Frau, als wenn ich Dinge tue, auf die ich keinen Bock habe, und sie für sie tue. Da wächst etwas viel stärker, als wenn wir nur Dinge machen würden, auf die wir beide Lust haben.
Und bei Gott ist das ganz genauso.
Fragen: Warum tun sich Christen mit dem Thema Heiligung häufig schwer? Die erste Antwort darauf wäre, weil sie die Sache zu ernst nehmen. Vielleicht bist du jetzt ein bisschen erstaunt, zumindest wenn du noch wach bist und nicht völlig im Pizzakoma versunken. Denn eigentlich widerspricht sich das ja.
Nochmal: Warum tun sie sich schwer? Weil sie die Sache zu ernst nehmen.
Frage an Jürgen: Hast du nicht gerade gesagt, dass niemand den Herrn Jesus sehen wird, der nicht der Heiligung nachjagt? Dann muss man Heiligung doch ernst nehmen!
Darauf möchte ich Folgendes sagen, und das ist jetzt ganz wichtig für die jungen Christen hier im Raum: Die Antwort lautet ja und nein.
Es gibt zwei Fehler, die man beim Thema Heiligung, also beim Umgang mit Sünde, machen kann. Der eine Fehler ist, das ganze Thema zu ignorieren und zu denken, das spielt alles keine Rolle. „Ich kann leben, wie ich will, ich bin ja bekehrt.“ Das ist falsch, wie wir gesehen haben.
Aber es gibt einen zweiten Fehler, und der ist mindestens für junge Christen genauso schlimm. Dieser Fehler besteht darin, das Christentum zu einer Religion des Sündenmanagements zu machen.
Was meine ich damit? Jetzt müssen die ganzen jungen Christen, die ein bisschen zu wild unterwegs sind – junge Christen sind oft Extremisten, ihr kennt den Spruch von mir – jetzt gut zuhören: Es gibt unter jungen und ernsthaften Christen die Tendenz, die Qualität ihrer Gottesbeziehung daran festzumachen, ob sie sündlos leben.
Und wenn ich von sündlos spreche, meine ich natürlich nicht absolute Sündlosigkeit. Es geht vielmehr um bestimmte Sünden, die das eigene Gewissen besonders belasten. Und darum, genau diese Sünden nicht mehr zu tun.
Der Gedanke der jungen Christen ist oft: Wenn ich genau diese Sünden, die mir besonders wichtig sind – warum auch immer – in den Griff bekomme, dann bin ich in Gottes Augen ein guter Christ. Und wenn ich das nicht schaffe, dann tauge ich als Christ nichts.
Und das ist großer Unsinn! Merkt euch das einfach: Das ist Quatsch!
Deshalb möchte ich fünf wichtige Punkte zum Thema Heiligung beziehungsweise Sünde ansprechen, die jeder von uns bitte mitnehmen sollte. Das sind alles sehr wichtige Dinge, über die ihr wirklich länger nachdenken, beten und euch in eurem Hauskreis austauschen solltet. Ganz wichtige Punkte.
Gott weiß, dass wir jeden Tag Fehler machen und sündigen. Und jetzt kommt das Entscheidende: Er hat kein Problem damit. Natürlich will er nicht, dass wir sündigen, aber er hat kein Problem damit.
Das ist so, als würde ich mir Dominik anschauen, der weiß, dass seine kleine Tochter jeden Tag hinfallen wird, weil sie gerade laufen lernt. Hat er ein Problem damit? Steht er in der Ecke, rauft sich die Haare und denkt sich: Warum kann die Kleine noch nicht laufen? Nein, natürlich nicht.
Genauso ist es bei Gott. Er hat kein Problem damit, dass wir Dinge lernen. Woher weiß ich das? Ganz einfach: Ich weiß es, weil er uns im Vaterunser auffordert, jeden Tag unsere Sünden zu bekennen. Außerdem weiß ich es, weil der Apostel Johannes davon spricht, dass Leben im Licht – also Leben in der Gemeinschaft mit Gott – nicht davon abhängt, welche Sünden ich tue, sondern davon, wie ich mit den Sünden umgehe, die ich getan habe.
Versteht ihr den Unterschied? Die Frage ist nicht: Was passiert, wenn ich sündige? Bin ich dann aus der Gnade gefallen? Liebt Gott mich dann nicht mehr? Das ist völliger Quatsch. Die Frage ist vielmehr: Wenn ich gesündigt habe, wie gehe ich damit um? Und die Antwort sollte natürlich lauten: Ich gehe zu Gott und bekenne es. Das ist doch logisch. Es passiert, es ist doof, ich möchte es nicht, also bringe ich es vor Gott.
Nochmal: Wir können Gott mit unserer vermeintlichen Sündlosigkeit nicht beeindrucken. Aber wir können ihn mit unserem Mangel an Sündenbekenntnis frustrieren. Das geht. Wenn du nicht zugibst, dass da etwas ist, findet er das richtig doof. Aber wenn du sagst: „Hey, was hat im Himmel schon wieder passiert? Ich bin schon wieder hingefallen, es funktioniert nicht“, dann hat Gott überhaupt kein Problem damit, weil er sagt: „Ja, das weiß ich.“
Deshalb steht in der Bibel, 1. Johannes 1,8-9: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.“ Versteht ihr? Nicht in uns. Das ist der Knackpunkt. Wenn du dich hinstellst und sagst: „Ich bin der Überchrist, der alles richtig macht“, haben wir schon die erste Sünde gefunden: die Lüge!
Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist Gott treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit. Ist das nicht schön?
Darum geht es: Das ist Leben im Licht. Ich mache etwas falsch, und dann verstecke ich es nicht, sondern ich gehe wieder ins Licht. Ich lasse mich beleuchten und sage: „Herr Jesus, nein, das ist irgendwie doof, bitte, es nervt einfach, ich bin so, tut mir leid.“
Deshalb: Verstecke deine Sünde nicht. Bring sie einfach jeden Tag neu vor Gott. Das ist deine Chance als Kind Gottes. Stell dich wieder auf, geh weiter, folge und geh hinterher.
Zweiter Punkt
Und er ist ganz eng damit verbunden: Wir leben aus Gnade. Das bedeutet, uns ist schon alles vergeben. Deshalb darfst du ehrlich sein. Ich finde das am Christsein so wunderbar: Ich darf ehrlich sein.
Eigentlich darf ich sogar wissen, dass Gott mir immer nur einen Teil der Dinge zeigt, die noch nicht laufen. Es ist wahrscheinlich so, dass es viel zu viel wäre, wenn Gott mir alles zeigen würde, was wirklich in meinem Leben nicht stimmt. Er fängt ja ganz klein an, damit ich auch eine Chance habe, hinterherzukommen.
Ich würde doch dem kleinen Mädchen, das jetzt gerade anfängt zu laufen, auch nicht sagen: „Schau mal, das ist ein Stab, da geht es hier über den Stabhochsprung, das machen wir jetzt mal.“ Das würde doch nicht funktionieren. So ist es bei Gott auch.
Wir dürfen, weil wir aus Gnade leben, wissen, dass wir den größten Teil unserer Kaputtheit noch gar nicht erkannt haben – warum auch immer. Und wir dürfen Gott darum bitten, dass er uns erforscht, uns die Augen öffnet, uns den Mut schenkt, ehrlich zu sein, uns auch vor Selbstbetrug bewahrt.
Dann dürfen wir einfach sagen: Hier bin ich wieder, wir leben aus Gnade. Ich hoffe, dass ihr wirklich versteht, was ich damit sagen möchte.
Aus Gnade leben heißt: Ich muss mit meiner Performance Gott nicht mehr beeindrucken. Nicht mehr beeindrucken, weil Gott mich längst durchschaut.
Im Moment der Bekehrung gehe ich auf die Knie und gebe zu, dass ich es nicht schaffe, dass ich gerne ein anderer wäre, aber keine Ahnung habe, wie das gehen soll. Und jetzt kommt Jesus in mein Leben hinein und sagt: „Ich weiß, wer du bist. Ich kenne dich durch und durch. Ich kenne Schattenseiten, die du niemandem zeigst. Ich weiß, wie frustriert du über dich selbst bist. Ich weiß, wie viele Beziehungen du kaputt gemacht hast, wo du so richtig auf der Kante stehst und denkst: ‚Boah, ich mag manchmal nicht in den Spiegel schauen, so entsetzt bin ich über das, was ich da sehe.‘ Ich mag über mich nicht nachdenken.“
Und Gott sagt: „Ich kenne dich durch und durch, und ich will dich trotzdem. Ich bin bereit, für dich zu sterben, deine Sünde auf mich zu nehmen – auch die, die du nie gesehen hast oder vergessen hast, bewusst verdrängt hast. Ich bin bereit, deine Schuld und deine Scham zu tragen. Aber jetzt möchte ich, dass du die Augen aufmachst und mit mir lebst, mir einfach hinterherkommst. Ich weiß nicht, ob du das kannst.“
Für mich gehört es zu den ganz schönen Dingen am biblischen Christentum, dass wir Ehrlichkeit feiern dürfen, dass wir wirklich aus Gnade leben. Uns ist vergeben. Und weil mir vergeben ist, stehe ich auf und sage: „So, jetzt gehen wir die Probleme an.“ Nicht um Gott zu beeindrucken – das werden wir nie schaffen – sondern um Gott durch unser Leben zu zeigen, wie sehr wir ihn lieben.
Und noch ein dritter Punkt, mit dem ich dann Schluss machen möchte. Wir werden heute nicht alle fünf Punkte schaffen. Dieser dritte Punkt ist ein bisschen unangenehm, denn wir leben in einem Körper, der von der Sünde geprägt ist.
Auch wenn wir Christen sind und uns wirklich bekehrt haben – das heißt, im Moment der Bekehrung bekommen wir ein neues Herz und ein neues Wollen – stecken wir trotzdem noch in diesem alten Körper. In uns ist eine Liebe zu Gott, eine Liebe zum Gehorsam, aber da ist auch noch etwas anderes: die Sünde.
Diese Spannung erleben wir nach der Bekehrung oft noch stärker als vorher. Vorher war vieles noch so, ich sage mal fast normal. Man hat sich damit arrangiert und konnte noch in den Spiegel schauen und sagen: „Ich bin halt so.“ Nach der Bekehrung weiß man: „Ich bin so nicht mehr.“
Der Schmerz, den man jetzt empfindet, wenn man bestimmte Sünden tut, ist viel größer als vor der Bekehrung. Das ist problematisch, denn dieser Schmerz wird vom Teufel gerne benutzt, um uns einzureden: „Du bist noch lange nicht echt. Du mit deiner Art hast bei Gott nichts verloren.“
An dieser Stelle müssen wir sehr vorsichtig sein und die Bibel wirklich als Bibel nehmen. Wir müssen uns eingestehen: Wir leben neues Leben in einem alten Körper. Und dieser alte Körper – ihr kennt mein Lieblingsbild – in diesem alten Körper sind wir nicht allein. Da wohnt noch etwas.
Das ist so, als würdest du in den Keller gehen und dort wohnt eine Ratte. Es stinkt ein bisschen, ein paar Sachen sind angeknabbert. So ist das bei uns. Wir wohnen in diesem alten Körper mit einer Ratte, die Sünde heißt. Diese Ratte werden wir irgendwann los. Die Macht der Sünde ist gebrochen, aber noch nicht die Gegenwart der Sünde.
Sorry, das war jetzt super theologisch, aber so sind wir als Brüder und Gemeindeglieder. Irgendwann sind wir sie los – im Auferstehungsleib, dann ist das vorbei. Aber heute leben wir in dieser Spannung. Heute müssen wir mit Römer 7,18-19 sagen: „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten nicht.“
Paulus formuliert hier etwas allgemein. Was er sagen möchte, ist: Ich komme immer wieder in Situationen, in denen ich weiß, was ich tun sollte, aber ich kriege es nicht hin. Warum? Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
Und das ist keine angenehme Sache, versteht ihr? Man will das Gute. Gerade weil wir gläubig sind, haben wir einen sehr hohen Anspruch an das Gute. Wir wollen, dass die Menschen durch uns erfahren, dass Jesus wirklich auferstanden ist und in uns lebt.
Dann stehst du vor dir selbst und scheiterst an irgendetwas. Nimm deine Lieblingssünde oder deine drei Lieblingssünden, bei denen du immer wieder gegen die Wand läufst und dir schon eine richtig blutige Nase geholt hast, weil du immer wieder dagegen anrennst. Und du denkst dir: „Was soll das?“
Alles andere ist angenehm. Ich will das Gute, tue es aber nicht, und ärgere mich darüber. Aber das ist die Realität eines erlösten Menschen. Das muss uns klar sein. Die Realität eines erlösten Menschen ist, dass ich immer wieder erfahre: Ich bin noch nicht am Ziel.
Gott stellt mich jeden Tag neu in Situationen, in denen er mich fragt: „Bist du noch bereit, den Blödsinn von gestern zu bekennen? Geht es dir noch um mich?“ So wie in einer Beziehung, in der du auch, wenn du Mist baust, wieder hingehen musst.
Nur für alle Ehemänner: Wenn ihr Mist macht, müsst ihr immer wieder hingehen und sagen: „Sorry, das war falsch, das war doof.“ Das gehört dazu – und so ist es auch bei Gott.
Drei Punkte waren mir besonders wichtig.
Punkt Nummer eins: Gott hat kein Problem mit deiner Sünde. Er hat das Problem der Sünde grundsätzlich am Kreuz gelöst.
Punkt Nummer zwei: Wir leben aus Gnade. Wir werden nicht durch ein heiliges Leben gerettet. Das gilt besonders für alle, die das Evangelium noch nicht verstanden haben. Es geht beim Evangelium nicht darum, dass ich keine Sünde tue. Und wenn ich genügend keine Sünde tue, komme ich in den Himmel. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Das ist nicht das Evangelium.
Du wirst sündigen, weil du im Kampf gegen die Sünde einfach nicht immer gewinnen kannst.
Aber, Jürgen, letzter Gedanke: Gott möchte doch nicht, dass ich sündige. Was soll das denn? Ja, das stimmt. Aber es gibt etwas, das er noch mehr will, als dass du nicht sündigst.
Letzter Gedanke: Es gibt eine Sache, die er mehr will, als dass du nicht sündigst. Und das ist der Punkt, dass du ihm vertraust.
Oder lasst es mich noch einmal so sagen: Meine Liebe zu meiner Frau zeigt sich nicht darin, dass ich alles richtig mache. So wünschenswert das auch wäre, und meine Frau würde sich das sicher sehr wünschen. Aber meine Liebe zu meiner Frau zeigt sich eigentlich vielmehr darin, wie ich mit meinen Fehlern umgehe. Darin zeigt sich die Liebe.
Liebe ist nämlich an Beziehung interessiert. Sie bringt Dinge in Ordnung, bekennt das eigene Versagen und hofft auf Vergebung.
Deswegen ist der letzte Punkt, mit dem ich euch hier entlassen möchte, dieser Gedanke, der da fettgedruckt ist: Im Scheitern, im Sündigen, im etwas noch nicht auf die Reihe kriegen steckt ganz viel Chance auf Beziehung.
Fast möchte ich sagen, dass meine Liebe nie tiefer ist als in den Momenten, in denen meine Frau mir vergibt. Und bei Gott ist das ganz ähnlich.
Eine tiefe Gottesbeziehung entsteht dort, wo ich es dem Herrn Jesus erlaube, mir im Bild gesprochen jeden Tag die Füße zu waschen.
An genau dieser Stelle wollen wir dann nächste Woche weitermachen.
Amen.
www.weil-gott-dich-liebt.de
Wir wünschen Ihnen Gottes reichen Segen. Bis zum nächsten Mal.
Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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