Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Povileit und Michael Haple.
Unser Podcast möchte dazu anregen, das praktische Christsein zu leben und das theologische Denken zu fördern. Beim letzten Mal waren wir fasziniert davon, zu sehen, was Gott in unserer Gemeindegeschichte gewirkt hat. Zunächst hat er drei Frauen gebraucht, die sich ihm mit Haut und Haaren zur Verfügung gestellt haben. Später kamen dann weitere Mitarbeiter hinzu.
In diesem Podcast geht es weiter mit der Geschichte Gottes mit unserer Gemeinde. Zu Gast ist wieder Michael Hable, Pastor hier bei der Evangelischen Freikirche Evangelium für alle. Er war von Anfang an dabei, als die Gruppe der zumeist ledigen, gläubigen Frauen den Schritt wagte, Gemeinde zu werden.
Michael, man hat dich gebeten, hier nach Stuttgart zu kommen und die älteren Schwestern zu unterstützen. Warum war das wichtig? Sie sind ja bis dahin auch ohne dich klargekommen. Warum musstest du kommen?
Nun, sie wären wahrscheinlich auch weiterhin ohne mich ausgekommen und hätten dann halt jemand anders gefunden. Aber es gab zwei wesentliche Gründe. Erstens: Die Arbeit hatte eine gewisse Schwelle erreicht, bei der man sagen musste, eigentlich muss das jetzt Gemeindearbeit werden. Die Leute besuchten zum Teil sonntags verschiedene Gemeinden, drängten aber darauf, dass dies hier eigentlich ihr geistliches Zuhause sei. Von der theologischen Prägung dieser Schwestern her war klar, dass dies eine Aufgabe für Brüder ist, auch wenn sie jünger sind, so wie ich.
Zweitens, das ist der andere Aspekt: Sie waren inzwischen Mitte sechzig, und die Kräfte nahmen ab. Sie wussten, die Arbeit muss weitergehen, aber sie konnten ihr keine neuen Impulse mehr geben. Roland Reible war eine ganz wichtige Stütze für sie, doch er sah seine Aufgabe weniger in Verkündigung, Seelsorge oder Evangelisationsarbeit, sondern mehr in Verwaltung, Organisation und Unterstützung in vielen Dingen. Daher brauchte es einfach eine Ergänzung.
Ich war damals Missionskandidat von Evangelium für alle. Dorothy war ja bereits vor mir ein bisschen fertig und schon hier. Und da, ich weiß nicht warum, kam sie auf die Idee, dass ich vielleicht der Passende sein könnte, um dieser Arbeit auch neue Impulse zu geben – in Evangelisation, Jugendarbeit und Gemeindeaufbau. So war die Ausgangslage.
Du hast eben gesagt, du warst Missionskandidat. Kannst du da vielleicht noch mal zwei, drei Worte dazu sagen, was das ist?
Ja, gerne. Die damals Verantwortlichen sahen die Notwendigkeit, eine sehr praxisbezogene Vollzeitausbildung für Vollzeitmissionare zu schaffen, und nannten es Missionsausbildung. Diese dauerte drei Jahre.
Man war die ganzen drei Jahre im Gemeindepraktikum in wechselnden Gemeinden. In der Regel hatte man vormittags ein Bibelstudium anhand eines bestimmten Programms und Selbststudium. Den Rest des Tages war man in der Gemeinde eingesetzt.
Zwei Monate im Jahr gab es Unterricht, dann auch Vollzeit. So in etwa lief diese dreijährige Ausbildung, um einen ganz praktisch auf Evangelisations- und Gemeindearbeit vorzubereiten.
Das heißt also, diese Ausbildung hat dich auf Gemeindearbeit eben vorbereitet.
Absolut.
Wenn du an deine ersten Tage hier in Stuttgart denkst, woran erinnerst du dich vor allem, wenn du an die älteren Christinnen denkst, die du hier angetroffen hast?
Zwei Dinge.
Am Anfang habe ich mich manchmal richtig verkrampft. Es waren Frauen mit einem hohen geistlichen Level, sehr erfahren und einige sehr markante Persönlichkeiten. Ich wollte ihnen natürlich als Prediger angemessen sein und habe dann versucht, vielleicht mehr Geistlichkeit darzustellen, als tatsächlich vorhanden war. Das war manchmal anstrengend. Dabei musste ich auch lernen, ich selbst zu sein. Dabei haben sie mir sehr geholfen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie Schwester Ruth mir persönlich und auch seelsorgerlich sehr entscheidend vorangeholfen hat. Sie half mir, aus Prägungen und gewissen Vererbungen, unter denen ja jeder Mensch steht, herauszukommen und einen befreiten Dienst zu leben.
Das war die eine Seite.
Die andere Seite war, als wir unsere Jugendarbeit begannen. Wir trafen uns, glaube ich, mittwochsabends zu einem Kreis, anfangs im Wohnzimmer bei den Reibles. Diese jungen Leute kamen noch nicht unbedingt in die Gemeinde. Der Schritt dorthin wäre noch zu groß gewesen. Aber ich ging dann in die wöchentliche Gebetsstunde. Dort konnte ich sagen: „Guck mal, da ist der Fridolin oder da ist die Mathilda. Die sind neu. Der Fridolin ist noch nicht bekehrt, und Mathilda kämpft noch mit dem und jenem. Betet für sie.“
Dann haben die Schwestern das ganz treu gemacht. Als Fridolin und Mathilda zum ersten Mal in die Gebetsstunde kamen, kannten sie die Schwestern quasi schon, ohne sie je gesehen zu haben. Das war das Geheimnis: Die älteren Frauen nahmen die jungen Leute so herzlich auf, dass sie schnell Vertrauen fassten. Obwohl da – sagen wir mal – Omas mit ihren gefühlten Enkeln zusammen waren, gab es kaum etwas, das sie trennte. Schnell waren sie ein Herz und eine Seele.
Das heißt, die „Enkel“ spürten einfach die Liebe und fühlten sich angenommen. Genau. Und sie konnten den Älteren auch manchen praktischen Dienst tun, wenn diese mal Hilfe brauchten.
Gab es auch Erlebnisse, die dich besonders geprägt haben, als hier die Gemeinde entstand?
Ja, wir waren noch nicht so lange verheiratet, ich denke, ungefähr anderthalb Jahre. Eines Morgens begegnete mir in der stillen Zeit das Wort aus Jesaja 54: „Mache den Raum deiner Hütte weit, dehne die Seile aus.“ Das sprach mich sehr an, doch ich wusste, dass Gott mir etwas sagen wollte, hatte aber keine Ahnung, was genau. Ich nahm das Wort so mit.
Zwei Tage später rief mich ein Bruder an, den ich von anderswo kannte. Er sagte: „Wir gehen auf die Bibelschule und wollen dann in die Mission. Wir haben eine Vierzimmerwohnung. Hättest du nicht Lust, sie zu mieten?“ Da wusste ich, warum ich die Seile langdehnen sollte. Gott hatte mich vorbereitet. Es war weit über meinen finanziellen Möglichkeiten, aber ich sah darin die Führung Gottes und war überzeugt, dass Gott uns irgendwie versorgen würde.
Wir erlebten Wunder über Wunder. Gleich zu Anfang durften wir die Tochter von bekannten Missionaren aufnehmen. Sie lebte ein ganzes Jahr bei uns und litt an einer schweren Depression. Von den Schwestern, die den Umgang mit psychisch Kranken gewohnt waren, habe ich unglaublich viel gelernt. Besonders in der Betreuung vieler psychisch Kranker, die zum Teil bei uns zu Hause lebten oder die Gemeinde besuchten, gab mir Schwester Ruth viel Rüstzeug mit. Sie half mir, Verständnis zu entwickeln und zu lernen, wie man mit solchen Menschen umgeht. Außerdem nahm sie mir die Furcht vor der Begegnung mit der Psychiatrie, sodass ich auch von diesen Fachleuten Wesentliches lernen konnte.
Das waren sehr prägende Erfahrungen für die Anfangszeit.
Das heißt, Gott hat euch Leute geschickt, die offensichtlich Schwachheit hatten, um auch seine Kraft deutlich zu machen?
Ganz genau. Damit war ich ja in einer guten Tradition, schon von Tante Maria ab, die Gottes Erbarmen erlebt hatte und später unzählige Menschen aufgenommen hat.
Du kamst nach Stuttgart, um auch die Gemeindearbeit zu fördern. Ich nehme an, dass dadurch mehr Leute in die Gemeinde kamen. Du hast gesagt, du hast einen Jugendkreis begonnen. Habt ihr erlebt, dass auch Leute von anderen Gemeinden, von der Straße oder von anderswoher kamen?
Ja, sehr unterschiedlich. Es waren zum Teil Menschen, die wegen ihrer Ausbildung oder Arbeitsstelle nach Stuttgart gezogen waren. Es waren Menschen ohne geistliche Heimat und solche, die sich neu bekehrten. Ich erinnere mich, dass nach maximal zwei Jahren der Kreis junger Erwachsener von fünf oder sechs Leuten auf etwa vierzig angewachsen war.
Ich sträubte mich zunächst dagegen, den Kreis in die Gemeinderäume zu verlegen, die wir inzwischen gemietet hatten. Bei uns war es so gemütlich, aber wir hätten den Jugendkreis wie in China im Stehen abhalten müssen. Das ging nicht mehr. Es war natürlich toll, und aus diesem Kreis entstanden später einige Ehepaare sowie wesentliche Mitarbeiter für die werdende Gemeindearbeit.
Du hast schon gesagt, ihr habt Räume gemietet. Das heißt, die Gemeindearbeit wurde immer größer und es wurden entsprechende Räumlichkeiten benötigt.
So ist es. Als ich Ende 1985 kam, waren wir, wie ich vorhin beschrieb, sonntags noch in der Aula in Leinfelden. Die Bibelstunde fand im Gemeindesaal in Stuttgart-Heslach statt. Dann suchten wir nach Gemeinderäumen und fanden sie in der Rosenbergstraße. Dort mieteten wir im zweiten Obergeschoss einen Teil einer Etage an. Es stellte sich heraus, dass die Räume ideal für uns waren.
Dann erlebten wir etwas, das an Jesaja 54 erinnert: Wir nahmen irgendwann die ganze Etage in Beschlag. Später mieteten wir eine halbe Etage eine Etage tiefer dazu. Das reichte irgendwann auch nicht mehr.
Dann wurde im Haus gegenüber, in der Rosenbergstraße 52, eine größere Etage frei – anderthalb Etagen, die wir gleich am Anfang mieten konnten. Später, vielleicht erinnerst du dich noch, kam ein Videoübertragungsraum eine Etage tiefer hinzu. So dehnten wir uns langsam aus, weil Gott viele Bekehrungen schenkte. Menschen fanden geistliche Heimat, und die Gemeinde wuchs.
Irgendwann waren es etwa zweihundert Leute. Dann wurde es langsam auch ein bisschen eng.
Gott hat diese Arbeit hier in Stuttgart begonnen. Wir haben im anderen Podcast bereits verfolgt, wie aus einer kleinen WG und kleinen Hausversammlungen größere Versammlungen entstanden sind. Dabei hat er immer wieder Menschen geschickt.
Es gab auch Phasen, die ich bereits mitbekommen habe, in denen Gemeindemitglieder fragten: „Wer kommt hier eigentlich alles durch die Tür?“ Manchmal wurde das sogar als störend empfunden. Einige sagten, dass die persönliche Atmosphäre dadurch verloren gehe.
Doch dafür muss man einfach ein Ja haben und sagen: Ja, wenn ich die Seile entsprechend lang mache, dann kommen die Leute. Letztendlich hat Gott sie geschickt.
Ja, du hast mich eben auch schon erwähnt. Wie war das eigentlich, dass du mich überhaupt zur Mitarbeit angefragt hast? Wie kam das zustande?
Ich glaube, meine Erinnerung trügt nicht: Wir lernten uns im Missionshaus Albenblick in Hemberg kennen. Du hattest gerade dein Abi geschrieben, hattest ein bisschen Zeit und hast praktisch mitgearbeitet in Hemberg. Ich war damals in der Missionsausbildung, und so haben wir uns kennengelernt. Dabei merkten wir, dass wir uns geistlich gut verstanden. Du stammtest ja aus der mit uns befreundeten Gemeinde in Lübeck. So blieben wir in Kontakt.
Du hattest damals schon Interesse am Reich Gottes signalisiert, brachtest aber noch nicht alle Voraussetzungen mit, um konkrete Schritte zu gehen. Du musstest erst einmal einen Beruf erlernen. Ich war inzwischen in Stuttgart. Ich habe nicht mehr genau in Erinnerung, wie es genau ablief, aber wir blieben vermutlich auch durch Jugendtreffen in Kontakt.
Eines Tages hattest du dann den Wunsch, dich für das Reich Gottes zur Verfügung zu stellen. Du hättest eigentlich gerne die Missionsausbildung gemacht, wie ich sie selbst durchlaufen hatte. Doch zu der Zeit gab es gerade eine Unterbrechung, und wir waren uns über den Neustart noch nicht ganz im Klaren oder noch nicht bereit. Du wolltest aber nicht länger warten. Richtig.
Dann bist du auf die Bibelschule Brake gegangen. Wir blieben die ganze Zeit in Kontakt miteinander. Im Jahr 1996 begann die überörtliche Arbeit der Mission Evangelium für alle, die Jean-Jacques Rothgerber gegründet hatte. Ich war bereits teilweise dort tätig gewesen. Es entwickelte sich, dass Jean-Jacques Rothgerber die Leitung abgeben wollte. Er vertraute sie mir gemeinsam mit Werner Köhler an.
Das war im Frühjahr 1996. Ich wusste, was das für mich bedeuten konnte. Hier war eine aufstrebende Arbeit, die man nicht vernachlässigen sollte, vor allem in der geistlichen Betreuung. Ich sagte mir, dass ich das nicht mehr alleine schaffen konnte; ich brauchte Verstärkung. Da kamst du mir ganz natürlich in den Sinn, weil wir ohnehin in Kontakt waren.
So luden wir dich ein, nach Stuttgart zu kommen, zunächst halbzeitlich. Du warst damals noch ledig und konntest es finanziell machen, weil du deinen Master in Theologie in Korntal machen wolltest. So hast du in diesen zwei Jahren beide Tätigkeiten ungefähr 50 zu 50 ausgeübt. Damals hast du schon die Leitung des KJI von mir übernommen. Ich glaube, das war das erste, was du damals übernommen hast.
Dann, ungefähr 1998, wurdest du voll angestellt und stiegst voll mit ein. Kurz darauf wechselte ich vom Angestelltenverhältnis zur Mission, die mir dann 50 Prozent der Zeit noch zur Verfügung stellte. Der Plan war, dass du immer mehr hineinwachsen solltest.
So gewöhnten wir uns aneinander und wuchsen zusammen. Wir merkten, dass wir uns eigentlich ganz ideal ergänzten – in unseren Persönlichkeiten und in den von Gott geschenkten Begabungen. Ich glaube, der Herr hat uns geholfen, einander anzunehmen und daran immer weiter zu reifen.
Und so arbeiten wir jetzt schon, meine Güte, 26 Jahre zusammen. Ja, wir sind keine Jungs mehr geblieben. Nein, das ist richtig.
Ich finde es spannend, wie Gott die Dinge einfach gestaltet hat. Wenn wir die Geschichte unserer Gemeinde betrachten, sehen wir, dass er immer wieder einzelne Menschen zu bestimmten Zeiten zusammengebracht hat, um eine bestimmte Aufgabe zu fördern.
Unser Auftrag war es damals, im Rahmen von Evangelium für alle, relativ viele Schulungen und Ähnliches zu unterstützen. Anfangs war die Gemeinde geistlich sehr reif, sodass wir nicht ständig gebraucht oder in Anspruch genommen wurden. Das änderte sich später, doch dann schickte Gott wieder andere Menschen, die hier unterstützten und halfen.
Du hast mir schon viele Fragen gestellt, was mich natürlich neugierig macht. Seit 1996 bist du hier mit an Bord. Damals warst du etwa dreißig Jahre alt und hast deine erste Predigerstelle angetreten. Wenn du an diese Zeit zurückdenkst: Was steht dir besonders vor Augen? Was hast du hier angetroffen und wie hast du das wahrgenommen? Welche ersten Erinnerungen hast du? Gibt es etwas Prägnantes, das dir im Gedächtnis geblieben ist?
Wenn ich an die älteren Schwestern denke, die immer wieder in unseren Gesprächen vorkommen, hat mich ihr geistlicher Blick sehr fasziniert. Sie hatten wirklich ein Anliegen für Gottes Sache. Für sie war entscheidend, wie es einer Person geistlich geht und wie ihre Verbindung zu Jesus ist. Das war sehr zentral.
Auch ihr Fokus auf geistliche Arbeit war bedeutend – das haben wir ja schon in einem anderen Podcast oder im Vorgängerpodcast angesprochen. Ebenso ihr Anliegen für Missionen: Für sie war Mission nicht nur ein Thema zum Reden, sondern sie unterstützten sie intensiv durch Gebet und waren gut informiert.
Ich erinnere mich noch an die Adventfeiern, bei denen hauptsächlich verschiedene Informationsbriefe von Missionaren verlesen wurden. Dabei ging es darum, wie es den Missionaren geht und dass wir für sie beten. Das war ihr wichtiges Anliegen.
Mit der Zeit wurde mir auch etwas anderes bewusst. Ich habe diese Frauen als ältere Schwestern kennengelernt, doch als die Arbeit begann, waren sie noch gar nicht alt. Sie waren durchaus in einem heiratsfähigen Alter. Durch Gespräche wurde mir bei der einen oder anderen Frau klar, dass sie gerne geheiratet hätte. Nach dem Krieg war das jedoch nicht immer möglich.
Es beeindruckt mich sehr, dass sie trotz dieser Situation nicht bei ihrem ledigen Stand stehen geblieben sind. Sie hätten es gern anders gehabt, das haben sie sicher auch Gott immer wieder gesagt. Aber sie haben sich entschieden, weiterzugehen und sich Gott zur Verfügung zu stellen, damit er sie gebraucht.
Wenn wir jetzt zurückblicken, sehen wir, dass Gott diese Gebete erhört hat. Er hat sie wirklich gebraucht – für viele, viele Menschen. Das finde ich sehr beeindruckend.
Auch ihre praktische Seite hat mich beeindruckt. Ich habe immer wieder erlebt, wie sie sich um konkrete Dinge gekümmert haben. Ob es darum ging, bestimmte Dinge zu kaufen, die für den Dienst nötig waren, oder dass Schwester Ruth, von der wir gesprochen haben, ein Haus im Schwarzwald gekauft hat, um Missionaren eine Unterkunft zu bieten. Dieses Haus stammte aus einem Erbe von Schwester Gertrud.
Alles, was sie taten, war sehr praktisch und hilfreich – das fand ich sehr beeindruckend.
Ich denke auch an die Wohngemeinschaft, die diese drei Frauen gemeinsam mit anderen Frauen bildeten. Sie nahmen Frauen für eine gewisse Zeit auf, um sie nach schweren Krisen zu betreuen. Diese WG war ein Zuhause, in dem sie nie alleine waren.
Das kann man nicht einfach kopieren. Wie ich schon sagte, bedeutete das auch, dass Gott sie in dieser Gemeinschaft schleifte – ähnlich wie es in jeder Ehe passiert. Sie mussten miteinander klarkommen. Das war nicht immer leicht, aber im Wesentlichen ein großer Segen für sie.
Die gegenseitige Fürsorge und Ergänzung sowie der gemeinsame Dienst halfen ihnen sehr, auch mit dem Ledigsein zurechtzukommen.
Ich wünsche heute manchem ledigen Menschen, dass er so eine Art WG findet. Eine Gemeinschaft, die Opfer kostet, aber einen auch prägt und formt und viel Bereicherung bietet.
Aber wie gesagt: Das war damals eine besondere Führung Gottes, die man nicht einfach so kopieren kann.
Michael, ich erinnere mich noch gut daran: Im Verlauf unserer Gemeindearbeit wurden die Räume immer wieder zu klein. Wir überlegten, wie wir aus den Räumen, in denen wir damals waren, wieder herauskommen könnten. Wir hatten eine Videoübertragung, aber das war alles nicht mehr optimal.
Dann waren wir auf einer Klausur, und plötzlich wurde vor allem dir klar, dass wir bauen sollten. Ich glaube, wir waren zunächst selbst erschrocken über diesen Gedanken. Kannst du dich noch daran erinnern? Ich jedenfalls war, ich will nicht sagen der Letzte, aber eher einer, der gesagt hat: Bauen kommt für mich nicht in Frage. So viel Geld in Steine zu investieren, sehe ich nicht ein. Wir wollen doch Mission fördern.
Das war für eine gewisse Zeit bestimmt richtig, aber eben nur für eine gewisse Zeit. Wir hatten dann tatsächlich eine befreundete Gemeinde in Speichingen erlebt, die ein Gemeindehaus gebaut hatte. Dort hatte ich mich näher erkundigt, was das gekostet hat und wie das alles ablief.
Dann waren wir wieder auf dieser Klausur. Rechnen konnte ich ja schon immer von meinem Beruf her. Während ihr gebetet habt, habe ich gerechnet – sollte man vielleicht nicht immer so machen, aber es war wie ein Impuls: Herr, hör dir doch mal die Zahlen an, die die Speichinger dir gesagt haben, und jetzt rechne mal nach. Plötzlich wurde das irgendwie vorstellbarer.
Wir hatten auch den Druck, dass die Nachbarschaft um unsere Räume herum durch uns belästigt wurde. Zweihundert Leute, die singen, kommen und parken, Türen zuschlagen, Kinder, die springen, während die Nachbarn gemütlich auf ihrer Terrasse frühstücken wollen – das war kein Zustand mehr.
Wir hatten zwei Mehrfamilienhäuser geerbt: eines in der Hässlerer Wand in Stuttgart-Hässlach und eines in der Kirchtalstraße. Dort habe ich selbst mit meiner Familie gewohnt. Die Überlegung war, wenn wir diese verkaufen würden, hätten wir schon einen guten Grundstock für den Bau eines Zentrums. Das war der Begriff, den Schwester Ruth immer so visionär gebraucht hat. Sie sagte: Wir werden eines Tages ein Zentrum brauchen.
Dann haben wir auf verschiedenen Ebenen miteinander diskutiert und die Gemeinde mitgenommen. Ich kann mich gut an eine Gemeindeversammlung erinnern. Wir hatten uns bewusst Zeit zum Gebet genommen. Verschiedene Leute teilten ihre Eindrücke, die sie im Gebet empfangen hatten, Bibelverse, die Gott ihnen wichtig gemacht hatte.
Dann haben wir gesagt: Jeder, der jetzt meint, wir sollen bauen, steht bitte auf. Alle standen auf, bis auf nach meiner Erinnerung drei Personen. Eine Person war mit dem Bauen gar nicht einverstanden, hat später aber sicherlich nicht grundsätzlich deswegen die Gemeinde verlassen. Die zwei anderen wurden mit der Zeit absolut überzeugt. Es war richtig so, sie sind von Herzen mitgegangen.
Dann stellte sich die Frage: Wie macht man das? Ich hatte noch nie ein Haus gebaut. Ich dachte, das Erste, was der Architekt wissen will, ist: Wo wollen Sie bauen? Zeigen Sie mir das Grundstück. Und ich dachte: Wie komme ich denn zu einem Grundstück?
Da gab mir Gott die Idee: Ruf das Amt für Wirtschaftsförderung beim Oberbürgermeister an. Das habe ich gemacht. Ein Herr Rentschler, mit sehr sympathischer Stimme, hat mir gleich gut gefallen. Er hörte mir zu und sagte: Ich habe das richtige Grundstück für Sie. Kennen Sie die Zuckerfabrik? Ich sagte: Nein, kenne ich nicht. Er antwortete: Gehen Sie hin, das ist das richtige für Sie.
Ich sagte: Aber wissen Sie, wir brauchen doch noch eine Alternative. Er sagte: Ich nenne Ihnen noch etwas anderes, aber ich sage Ihnen, das ist Ihr Grundstück. Ich bin dann ganz alleine dorthin gefahren und habe mich sofort in das Grundstück verliebt.
Während eines Spaziergangs machte ich mir Sorgen, wie wir das schultern sollen: die Planungsarbeit, die Bauleitung. Weder du noch ich hatten die Aufgabe oder die Befähigung dazu. Da kam mir der Gedanke: Timon Rentschler will sich doch beruflich verändern. Frag ihn, ob er nicht die Bauleitung übernehmen will.
Ich hoffe, er wird es noch einmal tun. Es war eine herausfordernde Zeit für ihn, die auch Spuren hinterlassen hat, aber es wurde sein Baby – dieses Haus. So entstand von 2007, der ersten Planung, bis 2011 im April der erste Gottesdienst. Übrigens haben wir exakt 25 Jahre nach dem ersten Gottesdienst in der Rosenbergstraße hier den ersten Gottesdienst gefeiert.
Das war ein spannender Meilenstein, an dem wir viele Wunder Gottes erlebt haben.
Es ist wunderbar, dass Gott geistliche Arbeit fördert, dass er Menschen berufen hat und die Mission im Blick behält. Dabei kommt die Gemeinde nicht zu kurz, und er besorgt auf ganz einfache Weise ein Haus. So sagt er hier: „Ihr könnt bauen.“ Gleichzeitig macht er uns klar, dass wir zwar überlegen können, ob wir Räume mieten und umbauen, wie wir es vorher getan haben, aber letztlich sagt er: „Baut einfach!“ War das wirklich Führung Gottes?
Gott hat uns als Gemeinde weitergeführt. Er hat uns Älteste geschenkt, sodass Gemeindestrukturen immer deutlicher wurden. Wenn ich mich richtig erinnere, war es wieder eine Klausur, bei der jemand die Idee hatte, einen Jugendreferenten einzustellen. Wir waren damals ganz anders eingestellt. Wir hatten eher überlegt, ob wir vielleicht ein Altenheim unterstützen sollten. Es gab auch die Idee, den älteren Geschwistern, von denen wir viele haben, als Anerkennung Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Zum Glück hat sich das zerschlagen, andere Lösungen kamen zum Tragen.
Es ging also um den Jugendreferenten. Wahrscheinlich kannst du dich noch daran erinnern und auch daran, was das ausgelöst hat. Der Gedanke war für mich damals neu. Der Bruder, der ihn eingebracht hatte, hatte in seiner Heimatgemeinde, in der er aufgewachsen war, sehr gute Erfahrungen mit einem Jugendreferenten gemacht. Deshalb legte er uns das nahe. Wir hatten damals schon ungefähr hundert Kinder und Jugendliche. Den Fokus darauf zu legen, war uns neu, aber richtig und wichtig.
Dann stellte sich die Frage: Wer könnte diese Aufgabe übernehmen? Joel Fay war zu der Zeit im Rahmen seiner EFA-Missionsausbildung bei uns im Jahrespraktikum. Für diese Ausbildung gab es damals noch einen letzten Durchgang. Joel hatte bei uns in der Kirchtalsstraße gewohnt, und wir hatten ihn intensiv kennengelernt. So kamen wir überein: Den werden wir fragen. Wir kannten ihn bereits, und er hatte die Persönlichkeit und die Begabung dafür.
Ich erinnere mich noch, wie ich ihn bei einem Spaziergang in Salzburg während eines Bibelkurses angesprochen habe. Ich sagte zu ihm: „Joel, es gibt nur ein Problem. Wir bauen gerade oder sind gerade fertig, und im Budget ist kein Geld für einen Kinder- und Jugendreferenten eingeplant. Aber wenn du dich darauf einlässt, wollen wir beten, dass Gott es schenkt.“ Joel war einverstanden. In seinem jugendlichen Leichtsinn sagte er: „Ja, okay, ich mache mit.“
Was sollen wir sagen? Ein Jahr später, als er kommen sollte, war das Budget da. Wir mussten nie einen Monatslohn ausfallen lassen. Gott hat immer versorgt. Dass sich bestätigt hat, dass es ein Segen für die Gemeinde ist und dass vieles dadurch gefördert wurde, ist unübersehbar. Es war einfach der richtige Gedanke und die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt.
Wir sind froh, dass wir ihn haben. Ein Freund von mir würde sagen: „Ist das Gott oder ist das Gott?“ Ja, ganz genau – das hat Gott getan.
Du bist jetzt dabei, auch wenn es noch etwas dauert. Doch du bist langsam dabei, dich zurückzuziehen und die Verantwortung anderen zu überlassen.
Was ist dir wichtig für die Gemeinde, die du jahrzehntelang verantwortlich geleitet und seelsorgerlich begleitet hast? Äußerlich betrachtet wäre es mir ein großer Wunsch – und ich denke, es wäre auch wichtig –, dass wir, wenn ich etwa um den Jahreswechsel 22/23 die letzten Verantwortungen niederlege, weitere Älteste haben. Dafür bete ich, dass Gott Männer vorbereitet und ihnen die Überzeugung schenkt, diesen Dienst zu tun. Das würde mir sehr erleichtern.
Ich bin sehr dankbar, auf verschiedenen Ebenen zu sehen, dass Gott Männer vorbereitet hat. Allen voran dich, Thomas, aber auch Joel ist da. Wir sehen, dass Jonathan nachwächst. Außerdem sehen wir Brüder, die im Verein, also von der administrativen Seite, Verantwortung übernehmen werden. Das haben wir ja schon besprochen und eine Idee entwickelt, wie das funktionieren soll. Das sind die äußeren Dinge, die mir sehr wichtig sind.
Was mir für die Gemeinde und ihre Zukunft wichtig ist, sind vielleicht vier oder fünf Dinge, die ich nennen möchte.
Zum einen das, was Maria Kuhn damals im Gefängnis nach der Sache mit der Abtreibung erlebt hat: einen inneren Zerbruch und eine tiefe Reinigung. Nicht nur ihre Schuld zu bekennen, sondern ihr ganzes Herz vor Gott auszubreiten, damit es in den Tiefen durchleuchtet und verändert wird. Ich wünsche mir, dass dies unsere Gemeinde noch mehr prägt, dass es bei den einzelnen zu einer gründlichen Veränderung und Befreiung des Lebens führt. Auch von dem, was man durch seine Prägung alles mitbekommen hat.
Und dass aus dieser Erfahrung – Gott ist so gnädig und hat so elende Sünder wie uns erwählt, um sein Reich zu bauen – dieses Erbarmen Gottes uns so prägt, dass es im Umgang mit anderen sichtbar wird. Das war es, was unsere Schwestern damals geprägt hat. Schwester Ruth hat oft die Frage gestellt: Haben uns die Erbarmungen Gottes barmherzig gemacht? Also das Erfahren der Gnade Gottes, verbunden mit einem tiefen Zerbruch und einer tiefen Reinigung, lässt uns das Erbarmen und die Gnade Gottes erleben.
Das, denke ich, ist die Grundlage für einen kraftvollen geistlichen Dienst. Wenn Gott zu seinem Ziel in mir kommt und wir diese Liebe einander weitergeben, kann das wahr werden, was im Evangelium steht: Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.
Dazu sollen die Hauskreise immer mehr ein Ort der Begegnung werden. Ich freue mich sehr, dass wir als Gemeinde darauf einen noch stärkeren Fokus setzen – als Ort der persönlichen Begegnung und der gegenseitigen Förderung im geistlichen Leben.
Und natürlich, was mir im Blut ganz dick fließt: Weltmission. Dass Gott weiterhin Missionare sendet. Ich glaube, ich habe mal gezählt, dass in den Jahren, die ich mitverfolgen konnte, etwa vierzig Personen aus unserer Gemeinde zu einem vollzeitlichen Dienst ermutigt wurden. Manchmal nur für fünf, sechs oder sieben Jahre, ja, aber das war eine wertvolle Zeit.
Und ich sehe, dass das immer noch weitergeht. Ich denke an unsere derzeitigen Bibelschüler, und weitere sind in der Pipeline, während die Weltmission gefördert wird.
Was uns in den letzten zwei Jahren vielleicht noch bewusster geworden ist: Jesus kommt wieder. Die Zeit davor wird vielleicht eine große Herausforderung für uns alle, aber der Herr ist treu. Wer uns berufen hat und sein gutes Werk angefangen hat, wird es vollenden.
Dieses Bewusstsein, dass Jesus wiederkommt, soll uns dazu bringen, uns nach ihm zu sehnen und uns ihm in würdiger Weise zubereiten zu lassen. Gleichzeitig wollen wir die Zeit nutzen, die wir haben, nach seinem Wort zu handeln, bis er wiederkommt.
So will ich auch meinen Ruhestand gestalten – in Anführungszeichen Ruhestand. Wenn ich hier die Verantwortung niedergelegt habe, weiß ich, dass Gott vielleicht noch das eine oder andere für mich zu tun hat. Und auf diese Weise dürfen wir natürlich auch weiterhin eng verbunden bleiben.
So, das ist es, was mich beschäftigt.
Ja, vielen Dank, Michael, dass du die Geschichte, insbesondere des ersten Podcasts, noch einmal intensiv aufgearbeitet hast und wir gemeinsam gesehen haben, was Gott getan hat. Das war ja auch das Anliegen dieser beiden Podcasts.
Es handelte sich dabei um den Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle. Wir haben erkannt, dass Gott seine Geschichte sehr individuell schreibt. Keine Gemeindegeschichte gleicht der anderen. Deshalb ist es wichtig, die eigene Geschichte zu kennen. Sie kann ein Vermächtnis sein – ein Vermächtnis, Gott so zu vertrauen, wie es die Frauen der ersten Stunde der Gemeinde getan haben.
Wir hoffen, dieser Podcast über Gottes Geschichte mit uns als Gemeinde hat euch wertvolle Impulse gegeben, die ihr in eurem Alltag umsetzen könnt. Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen.