Einführung: Die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift
Sola Scriptura – allein die Heilige Schrift.
Liebe Freunde, vor 50 Jahren, in einem Seminar in Tübingen, hat der damalige Theologieprofessor Helmut Thielecke uns in einem kleinen Kreis gefragt: Warum wird eigentlich jeden Sonntag ein Abschnitt aus der Bibel der Predigt zugrunde gelegt? Warum nicht ein Dichterwort? Man könnte auch sagen: Kofi Annan, als Generalsekretär der UNO, sagt kluge Worte. In der Zeitung sind manchmal Leitartikel mit brennenden Themen. Warum denn immer die Bibel?
Wir kamen uns damals ungeheuer klug vor, aber uns blieb die Spucke weg. Wir wussten keine Antwort. Und so geht es ja vielen Leuten, die mal zufällig hereingeschneit kommen in die Kirche – etwa der Onkel aus Karlsruhe, weil gerade der Patentochter die Konfirmationsbibel ausgeteilt wurde. Warum denn über diese alten Urkunden der Christenheit? Habt ihr nichts Aktuelleres?
Wissen Sie eine Antwort? Da Thielecke selbst eine Antwort gegeben hat, sagte er: Weil die große Menschheitsfrage die Frage nach der Erlösung ist. Und die verlässliche Antwort auf diese Frage nach Erlösung steht in der Bibel.
Wir decken diese zentrale Frage unseres Lebens immer wieder zu durch Alltäglichkeiten. Uns ist gut, wenn wir am siebten Tag daran erinnert werden. Die Hauptsache ist, dass ich eine Lösung dieser Frage finde, wie ich erlöst werde. Die Bibel ist das Dokument Gottes, wie man erlöst werden kann.
So haben wir es einst als Konfirmanden gelernt, und es ist schade, wenn es heute nicht mehr gelehrt und gelernt wird.
Die Heilige Schrift als Grundlage des Glaubens
Warum bleiben wir der evangelischen Kirche treu? So lautete die Frage.
Uns sagt allein die Heilige Schrift – Sola Scriptura, allein die Heilige Schrift –, was richtiges Verhalten bedeutet und wie man mit seinem Geld umgeht. Vor allem aber zeigt uns die Heilige Schrift, wie wir gerettet werden: nämlich allein durch Jesus Christus, allein durch den Glauben an ihn. Das sagt allein die Schrift.
Die Bibel erzählt im Grunde genommen nichts anderes als dieses gewaltige Drama: Selbst das fromme, von Gott auserwählte Volk Israel hatte so viel Güte Gottes erfahren. Es hatte Gottes Gebote, Propheten, Vorbilder wie Samuel, Mose und Hannah. Es hatte den Gottesdienst und den Tempel. Und doch wurde dieses Volk immer wieder, wie mit tausend Stricken, von Gott weggezogen.
Die Frage ist nicht, ob wir religiös sein wollen, sondern ob wir bei Gott bleiben können.
Und diesem Volk schickt Gott den Erlöser. Der Erlöser wird aus Zion kommen. Dann sendet Gott den, von dem verheißen wurde: „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, die Herrschaft liegt auf seiner Schulter.“ Er ist der, der von sich selbst sagt: „Ich bin gekommen, nicht dass ich mir dienen lasse, sondern dass ich diene und mein Leben gebe zur Erlösung für viele.“
Selbst Simon Petrus wird gebraucht, der sagt: „Vielleicht kannst du dich auf die anderen nicht verlassen, aber ich bin da.“ Nein, er sagt: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ Auch Thomas, der Zweifler, wird gebraucht. Und Paulus, der gegen diesen Erlöser Jesus kämpfte, wird gebraucht.
Das ist die Erlösung für viele – das Drama der Rettung. Und das zeigt uns allein die Heilige Schrift.
Das einzigartige Erlösungsangebot der Bibel
Die Zeugnisse der Philosophen und Dichter erzählen und spiegeln diesen Schrei nach Erlösung wider. Wenn man moderne Literatur liest, begegnet man immer wieder diesem Verlangen nach Erlösung: Erlösung von der Selbstquälerei, Erlösung von der Angst vor dem Sterben, Erlösung von der Sorge, ob das Geld reicht, Erlösung vom Hass, Erlösung vom Neid. All das findet sich in der modernen Literatur. Ebenso geht es um Erlösung von Mordgier, Erlösung vom Unfrieden und Erlösung von der Ungerechtigkeit.
Doch nur in der Bibel steht, dass die Not so groß ist, dass wir uns nicht selbst erlösen können – auch nicht durch ein bisschen guten Willen. Vielmehr brauchen wir den Erlöser Jesus. Nur die Bibel sagt, dass man Jesus als Erlöser braucht, wenn man in den Himmel kommen will.
Es gibt vieles Besonderes an der Bibel. Pfarrer Hahn hat zuvor einige Punkte genannt: Sie ist das meistübersetzte Buch und zugleich das meistverfolgte Buch. Das Tolle an der Bibel ist ihre prägnante Kürze. Ist Ihnen das schon bei den Berichten im Neuen Testament aufgefallen? Selbst Redakteure von der Bild-Zeitung könnten davon lernen. In nur zwei oder drei Sätzen wird das Entscheidende gesagt.
Doch das ist nichts Einzigartiges an der Bibel. Ein tüchtiger Journalist schafft ebenfalls Kürze und Prägnanz. Ein Medienmann sagte einmal zu mir in Schorndorf: „Die Bibel ist ja saumäßig interessant.“ Ja, das ist sie. Etwa zwei Drittel der Bibel bestehen aus Berichten, anschaulichen Berichten. Das ist interessant, aber nicht das Besondere an der Bibel.
Es gibt viele interessante Bücher und viel Lebensweisheit in der Bibel, ebenso viel Trost. Doch das Einzigartige an der Bibel ist, dass uns allein die Heilige Schrift sagt, wie wir gerettet werden. Das ist ungeheuer aktuell.
Die Einzigartigkeit der Heiligen Schrift im Vergleich zu anderen Religionen
Jetzt ein zweiter Gedanke: Ich muss Sie heute Abend ein bisschen strapazieren, aber in diesem Thema steckt so unheimlich viel.
Die Heilige Schrift allein lässt sich nicht in Einklang bringen mit irgendeinem anderen religiösen Buch einer anderen Religion. Die Hindus in Sri Lanka, im ehemaligen Ceylon, nennen die Christen „Veda Karar“. Das bedeutet „Leute der Heiligen Schrift“. Das ist eine merkwürdige Inkonsequenz, denn die Hindus haben selbst die Veden als heilige Schriften. Die Christen wiederum sind „Leute der Heiligen Schrift“, weil sie erkannt haben, was sie haben – wie sie auf die Bibel hören und auf sie angewiesen sind. Das ist etwas ganz anderes als bei den Veden.
Gut erkannt: Wenn man die Bibel mit anderen heiligen Schriften vergleicht, fällt ein wesentlicher Unterschied auf. Ich will die anderen Schriften nicht abwerten, aber in allen anderen Religionen wird davon ausgegangen, dass Gott oder die letzte Wahrheit ein Teil dieser Welt ist – die Nation, ein heiliger Baum oder ein Götterbild. Die Bibel hingegen sagt allein, dass Gott der Schöpfer der Welt und der Richter der Welt ist. Er steht dieser Welt gegenüber, er ist nicht ein Teil dieser Welt.
In allen Religionen wird gesagt, dass die Menschen noch keine Engel sind, aber tief im Herzen durch gute Liebe und Geduld etwas Gutes steckt, eine Art innere Stimme. Allein die Bibel sagt, dass das Dichten, Trachten, Denken und Überlegen des Menschen von Jugend an böse ist. Wenn Ihnen Kinder anvertraut sind und andere sagen: „Ach, ist das ein liebes Kind“, dann sollten Sie mal nachts um zwei kommen, wenn das Kind schreit, als wollte es seine Eltern pausenlos ärgern. Die Bibel sagt: Böse von Jugend an, aus dem Herzen des Menschen kommen böse Gedanken.
In allen Religionen gibt es ein Sehnen nach Erlösung – von dem irdischen Leben, vom Getriebenwerden, von Süchten, von Sinnlosigkeit und Nichtigkeit. Doch dazu sollen Gurus und Medizinmänner durch Rituale und Opfer helfen. Allein die Bibel sagt: „Obwohl Israel auch geopfert wurde, gefallen dir Opfer nicht.“ Die einzige Hilfe ist der Erlöser, den Gott sendet. Dabei treten alle Priester und Pfarrer in den Hintergrund, denn auf sie kommt es nicht an. Jesus tut es, der Erlöser.
In allen Religionen gibt es eine Erwartung: Wenn wir zusammenstehen und zusammenhalten, muss es doch zu einem gemeinsamen Weltethos kommen. Professor Küng aus Tübingen bemüht sich darum, über die Religionen hinweg zu einem gemeinsamen Weltethos, zu Weltfrieden und Weltgerechtigkeit zu kommen. Die Bibel sagt jedoch, dass sich das unser Gott selbst vorbehalten hat: „Siehe, ich mache alles neu.“ Das ist ein ganz anderes Denken.
Deshalb ist es auch ein bisschen unfair – nein, unheimlich unfair – von Mohammed gewesen, dass er einzelne Bibelworte und -geschichten herausgelöst und in den Koran aufgenommen hat. Das geht nicht. Viele Christen sagen: „Da steht ja so viel Schönes Biblisches drin.“ Entschuldigung, das ist Diebstahl, Gedankendiebstahl. Die Bibel will das sagen, was sie sagt. Sie will kein Recyclingmaterial sein, das jeder dort verwendet, wo er es gerade braucht.
Deshalb ist es auch immer wieder komisch, wenn große Referenten unserer Zeit hier mal ein biblisches Zitat oder Sprichwort bringen. Man sagt: „Haha, die bringen sogar biblische Gedanken.“ Die Bibel ist kein Abfallhaufen, aus dem sich jeder raussucht, was er gerade will. Die Bibel will die Geschichte von der Rettung des Menschen einladend erzählen.
Also, zweiter Gedanke: Die Heilige Schrift allein – kein anderes religiöses Buch kann das bringen, was die Bibel bringt. Auch der Menschheit bringt sie die Antwort auf die Frage nach der Erlösung.
Die Heilige Schrift als Quelle geistlichen Lebens
Dritter Gedanke, über den man abendelang sprechen könnte: Die Heilige Schrift allein. Nur dort kann geistliches Leben wachsen, wo die Bibel ernst genommen wird. So hat es unser früherer Landesbischof Martin Haug 1952 bei der Eröffnung des Stuttgarter Kirchentags in die Menge hineingerufen. Leben kann in der Christenheit nur dort wachsen, wo die Bibel ernst genommen wird.
Haug wollte damals einen biblischen Kirchentag haben. Die Abendveranstaltungen quer über die ganze Stadt hatten das Thema: Mit der Bibel kann man leben, mit der Bibel kann man sterben. Leben kann nur wachsen, wo die Bibel ernst genommen wird. Das lässt sich in der Kirchengeschichte nachweisen.
Wir waren zusammen im Remstal. Dort herrschte bis 1840 grenzenlose Armut. Diebstähle waren Tagesordnung, Trunkenheit, Verwahrlosung der Familien, keine Kinderzucht mehr, Verzweiflung. Dann heißt es in den Berichten meiner Vorgänger als Dekane, ein neuer Thron sei ins Tal gekommen, eine neue Hoffnung sei aufgebrochen. Suppenküchen wurden gebaut, die Leute nahmen politische Verantwortung wahr, man schaute nach dem Nachbarn, sorgte für die Kranken, es wurden Kinderstunden eingerichtet. All dies ging von kleinen Gruppen aus, die sich um die Bibel und das Gebet versammelten.
Heute würde man sagen: Die Gemeinschaftsstunden waren eine neue Hoffnung, die ins Tal gekommen ist. Als ein kritischer Pfarrer den Martin, den Stundenhälter, fragte, wie er in der Gemeinschaftsstunde, in der Pietistischen, die Bibel auslegen könne, obwohl er doch gar nicht die Bibel studiert habe, antwortete er: „Herr Pfarrer, wir lesen Gottes Wort und vergleichen es mit unserem Leben. Dabei bleibt ein großer Fehlbetrag, und über diesen Fehlbetrag reden wir.“
Verstehen Sie? Sie haben sicher schon gehört, was der große Religionsphilosoph Kierkegaard gesagt hat: Die Verzweiflung an sich selbst ist der Ausgangspunkt, Gott zu finden – nicht ich, ich, ich. Lieber Gott, ich bin ja gebunden, ich bin ja im Fehlbetrag, im Minus. Hol mich heraus!
Bei August Hermann Francke war es so, dass ihm durch einen Bibelvers klar wurde, ob bisher Selbstbetrug, Selbsttäuschung oder Schauspielerei vor sich selbst und anderen gewesen sei. Was hat Jesus denn in meinem Leben prägen können? Dort, wo es in Johannes 20 heißt: „Dies ist geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, und dass ihr durch diesen Glauben das Leben habt.“ Dazu ist geschrieben: Wo hat sich etwas in meinem Leben verändert?
Da hat Gott ihn so erschüttert, dass am Schluss August Hermann Francke herauskam, der die Mission in Deutschland begründete, die erste Bibelanstalt gründete, das Franckesche Waisenhaus ins Leben rief, das preußische Schulwesen reformierte, für schwedische Offiziere in der Gefangenschaft in Sibirien sorgte und mit einer Weltsicht wirkte, die bis heute nachwirkt. Gestern war sogar in der Tagesschau zu sehen, wie in der Franckeschen Stiftung wieder eine neue Abteilung gegründet wurde – 250 Jahre später ein Vulkan an Kraft, geweckt durch die Bibel.
Jetzt müsste ich all das erzählen, aber, George, wir haben es mit unserer Generation erlebt. Wir haben im Dritten Reich, im Hitlerstaat, keine Freizeit gehabt, keinen Fußball spielen dürfen. Es hieß nur religiöse Betreuung, und da war nur noch ein paar beieinander. Damals entstand die Bibelarbeit, die Andachten, die geistlichen Lieder von Riedmüller, das Liederbuch „Der helle Ton“. Und die wenigen Leute waren später die Entscheidenden. Denn die Seelsorger waren in den Kriegsgefangenenlagern in Jugoslawien, Russland, Frankreich oder bauten nach dem Krieg die Jugendarbeit wieder auf.
Ich weiß noch, wie der Evangelist Wilhelm Busch sagte: „Verglichen mit Naturfreunden und Pfadfindern sind wir doch die einzigen, die etwas auf die Theke zu stellen haben, weil wir durch die Bibel geprägt wurden.“ Da war eine Kraft drin.
Man könnte das Ganze auch am Römerbrief zeigen, der ja geballte biblische Kost ist. Er erzählt im Grunde nur, wie man im Glauben an Jesus gerettet werden kann. Augustinus, ein Lebemann, der wahre Religiosität verachtet hatte, hört plötzlich die Stimme: „Nimm und lies!“ Er geht in die Laube und findet ein Buch aufgeschlagen – die Bibel, Römer 13: „Nicht durch Fressen und Saufen, nicht durch Unzucht und Kammern, sondern zieht an den Herrn Jesus Christus.“ Da ändert sich sein Leben, und er wird zum Kirchenvater, der unsere ganze westliche Welt bis heute geprägt hat.
Als Luther in seinen Gewissenszweifeln war, sagte ihm sein Seelsorger Staubhitz schließlich: „Lies doch die Bibel!“ Da stieß er auf dieses Wort: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben.“ Das, was Gott ihm zugeteilt hat, entscheidet.
In der Nachkriegszeit gab es viele Persönlichkeiten, die auch das öffentliche Leben prägten: Hermann Ehlers, Reinhold von Tattentricklaff als Gründer der Kirchentage, Eberhard Müller, Doktor Karrenberg. Sie alle kamen aus der von Karl Heim in Tübingen gegründeten deutsch-christlichen Studentenvereinigung. Ihre Geschichte trägt in einem Buch von Professor Kupisch die Überschrift: „Studenten entdecken die Bibel.“ Dort wurden nicht nur Menschen mit engem Horizont geprägt, sondern solche mit einem Welthorizont der Verantwortung.
Wer die Bibel ernst nimmt, erfährt, dass dort Leben wächst. Gott hat eine ganz besondere Kraft in die Bibel hineingelegt – in alle drei Teile. Sola Scriptura – allein die Heilige Schrift. Denn sie allein erzählt und macht klar, wie Gott wirkt. Allein die Heilige Schrift, weil sie mit keinem anderen religiösen Buch anderer Weltreligionen zu vergleichen oder in Einklang zu bringen ist. Die Bibel allein, weil dort Leben wächst, wo man sie ernst nimmt.
Die Heilige Schrift als lebendiges Wort Gottes
Jetzt folgt der vierte Teil. Wenn Sie Kraft haben, machen wir weiter mit dem Thema „Die Heilige Schrift allein“. Denn Jesus und sein Vater wollen gezielt, vorrangig und fast ausschließlich durch das Wort der prophetischen und apostolischen Zeugen zu uns sprechen.
Die Bibel ist vergleichbar mit einer Membran, wie sie auch in unseren modernen Handys zu finden ist. In diesen Telefonen befindet sich ein ganz simples Blechstück – die Membran –, die in Schwingung versetzt wird. Wie genau das funktioniert, verstehe ich nicht. Aber das Wunderbare ist, dass man beim Telefonieren die Stimme des Gesprächspartners so klar hört, dass man sogar sagen kann: „Du bist heute erkältet.“ Das hört man tatsächlich. Die Membran wird in Schwingung gebracht und macht die Stimme hörbar.
Genauso will Jesus durch die Stimme der Propheten und Apostel und durch seine eigene Stimme zu uns sprechen. Jesus sagte: „Wer euch hört, der hört mich. Wer mich hört, hört den, der mich gesandt hat.“
Bis heute gibt es viele Menschen, die meinen, wenn die göttliche Welt mit uns in Verbindung tritt, dann geschieht das durch prophetische Stimmen, Träume, Visionen, Erscheinungen oder Eindrücke. Doch das ist nicht der Hauptweg. Nein, Gott hat das Wort seiner Propheten und Apostel benutzt und will dazu stehen, dass er durch dieses Wort zu uns reden möchte.
Es gibt jedoch außergewöhnliche Erfahrungen. So wurde dem Apostel Paulus durch eine Vision ein Befehl gegeben, nach Mazedonien zu gehen. In Korinth wurde er durch eine Vision und eine Audition getröstet, als er hörte: „Schweige nicht, ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.“ Wenn Sie die Paulusbriefe lesen, merken Sie, wie das Wort der Propheten zu ihm gesprochen hat. Gott hat das Wort in Schwingung versetzt, und ihm ist eine neue Welt aufgegangen. Immer wieder, wenn er die Propheten zitiert, heißt es: „Es wird ein Erlöser aus Zion kommen.“ Wir wenden das gottlose Wesen aus Israel ab.
Es ist etwas Besonderes, etwas ganz Außerordentliches. Ich hoffe, dass Sie es schon erlebt haben und noch oft erleben werden, dass Gott zu Ihrem Gewissen, ganz persönlich zu Ihnen, spricht. Wenn Sie einen Abschnitt in der Bibel lesen oder ein Bibelwort hören, dann kann das eine persönliche Ansprache sein.
Wenn Sie mich fragen, wie es bei mir in den letzten Wochen und Monaten war, auch während meiner schweren Erkrankung, dann war es ein Wort, das sich bei mir eingeprägt hat – tröstlich: Wie Christus uns angenommen hat. Jesus nimmt Sünder an.
Ein Beispiel aus dem Alten Testament: Jakob fragt sich, ob ihn sein Bruder Esau noch annehmen kann. Vielleicht, wenn er große Härten auf sich nimmt und ihn besänftigt, denn er hat doch sein Leben zerstört. Doch Esau sagt: „Nicht nötig.“ Er hat ihn angenommen. Jakob dachte, vielleicht würde Esau ihn annehmen. Da hat Gott zu mir gesprochen, dass er in besonderer Weise zerschlagene, unwürdige Menschen annimmt.
Ein anderes Wort: Was ist ein Wort? Die, die Christus angehören – nicht, weil sie fromm sind, sondern weil Jesus sagt: „Kommt her!“ Die, die Christus angehören, selbst im Tod und in der Krankheit.
Oh, liebe Freunde, wir reden viel zu viel darüber, dass man hoffentlich wieder gesund wird und dass Gott ein Wunder tut. Die Hauptsache ist doch, dass ich ihm angehöre – lebend und sterbend. Wir müssen wieder das Entscheidende gewinnen.
Mich hat es in den letzten Monaten getroffen: Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und alle zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Wie begrenzt ist mein Erkennen! Wie wenig biblische Erkenntnis habe ich in meinen sieben Jahrzehnten Leben gesammelt.
Ich lese meine Bibelabschnitte und fühle mich noch besonders klein. Doch Gott will mich hineinführen in die Fülle seiner Erkenntnis, damit uns Zusammenhänge aufgehen. Die Randnotizen in der Bibel reichen gar nicht aus für alles, was wir uns notieren müssten – an Querverweisen, an Erkenntnissen, an Daten und Worten.
Wie außergewöhnlich und bewegend ist es, wenn Gott zu uns redet! Er will durch das Wort seiner biblischen Zeugen zu uns sprechen. Wie eine Membran will er das Wort lebendig machen.
Es wäre komisch, wenn wir noch auf etwas Außerordentlicheres warten würden. Das große Geschenk ist, dass die Bibel nicht bloß ein Buch ist. Durch dieses Buch redet Gott.
In 2. Timotheus 3 heißt es: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“ Damals war damit das Alte Testament gemeint, das Geschriebene, das von Gottes Geist durchweht ist. Es nützt uns, es bringt etwas.
So gehen uns Zusammenhänge auf, Schuld wird aufgedeckt, wir werden zur Gerechtigkeit erzogen und zur Besserung geführt. Allein die Heilige Schrift, denn Jesus und sein Vater wollen durch das Wort der Apostel und Propheten zu uns reden.
Die Heilige Schrift als Wegweiser in der heutigen Zeit
Vor einigen Jahren erschien das Buch von Bilkis Scheik, der Frau eines hohen pakistanischen Ministers, die ebenfalls einen Traum gehabt hat. In diesem Traum sah sie eine Flasche edelsten Parfums auf ihrem Nachttisch. Als sie aufwachte, schaute sie nach und entdeckte stattdessen eine Bibel. Diese hatte ihr ein Missionar gegeben und auf dem Nachttisch versteckt. Daraufhin begann sie, die Bibel zu lesen.
An diesem Tag hörte ich von einem pakistanischen Koranlehrer, den Gott durch Träume zu sich geführt hat. Er las hier ein christliches Buch und kam zum Glauben. Schon Träume und Visionen führen uns ins Wort hinein – nicht am Wort vorbei oder als Ersatz für das Wort, sondern zum Forschen im Wort. Denn Gott will in besonderer Weise durch dieses Wort zu uns reden.
Die Heilige Schrift allein, liebe Freunde, ist eine Parole, die für uns in unserer Zeit ganz zentral gilt. Denn, um es in der Umgangssprache zu sagen: Wir haben unsere Hausaufgaben noch lange nicht gemacht.
In Schörndorf, als die große Welle der Revolutionsbegeisterung 1848 auch durchs Remstal schwappte, gab es einen einfachen Weber namens Christian Rhein. Der Stadtvater Frank, der Konfirmator von Gottlieb Daimler, war begeistert von der neuen Bewegung. Das war ein Auferstehungsgedanke: Gott belebt unsere Nation! Doch Christian Rhein sagte: „Ich kann diese Dinge nicht leiden. Wir haben doch die Hauptsache im Wort von der Versöhnung.“
Es war ein einfacher Weber, aber er hatte das Gespür dafür. Mein Vater war 27 Jahre alt im Jahr 1932 und wurde vom deutschsprachigen amerikanischen CvdM gebeten, für Dezember 1932 einen Artikel zu schreiben, warum er Hitler ablehnt. Der Artikel erschien und gab den ersten Anstoß für die innere Einigung im Leben meines Vaters. Wir als Kinder haben das damals kaum gespürt.
Er sagte nicht, dass es politische Gedanken oder volkswirtschaftliche Überlegungen seien. Mein Vater, ein Volkswirt, hätte sagen können, dass die ökonomischen Gedanken alle Larifari sind und das Volk ins Unglück führen. Nein, er sagte: Hitler gebärdet sich als Brotkönig, als vermeintlicher Messias für das arme Deutschland.
Als 27-jähriger ehemaliger Zephan ließ er sich vom Gespür der Bibel leiten, um Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden.
Als ich junger Pfarrer in Ulm war, gab es Diskussionen im Pfarrbezirk, warum die württembergische Kirche und die württembergischen Christen nicht so stark wie die fränkischen und bayerischen Christen auf den Nationalsozialismus hereingefallen seien.
„So ganz weiß ich das nicht, aber Sie behaupten, wir seien nicht so anfällig gewesen.“ Daraufhin sagte unser Dekan, Doktor Seifert, selbst ein Franke: „In Württemberg hat man bis zur achten Klasse 438 Sprüche aus dem Spruchbuch gelernt.“
Heute sagt man, man könne Konfirmanden nicht mehr so unterrichten. Das wäre so, als würden Eltern sagen: „Englisch und Französisch sind ja wunderbar, aber Vokabeln können die Kinder nicht lernen, das ist zu viel.“
Wir verlieren jedes geistliche Gespür und nicht nur geistliches, sondern auch menschliches Gespür, wenn es nicht mehr durch die Bibel justiert und ausgerichtet ist.
Die Bedeutung der Bibel für das Verständnis von Weltgeschehen und Religion
Zwei Beispiele dafür: Es gibt ja eine Welle der Betroffenheit wegen der schlimmen Vorgänge vom 11. September. Ich erwähne es heute Abend, weil man eigentlich in jeder Ansprache den 11. September erwähnen muss. Wir sprechen von tiefer Betroffenheit. Die Welt ist nicht mehr dieselbe nach dem 11. September.
Entschuldigung, die Welt ist anders geworden, seitdem Jesus gekommen ist. Er hat gesagt, die Menschen werden verschmachten vor Warten der Dinge, die kommen sollen. Wenn auch die Kräfte der Himmel sich bewegen, nicht bloß die zwei Towers in New York, wenn die Sterne vom Himmel fallen und ihr Hügel uns deckt.
Jesus hat doch gesagt, dass der Teufel der Fürst dieser Welt ist, der Böse. Und wir fragen: Woher kommt es denn, dass Gott das zulässt? Wir müssen wieder in die Bibel hineingehen, damit klar wird, dass Jesus der Stärkere ist. Aber in dieser Welt ist mehr als der Teufel los – es gibt ganz dämonische Mächte.
Lesen wir mal Epheser 6: "Seid stark in dem Herrn." Wir haben nicht bloß mit Menschen zu kämpfen, sondern mit Mächten, die unter dem Himmel sind, mit abgründigen Mächten. Wir müssen mehr in die Bibel hinein, damit wir wieder wissen, wo wir heute stehen und was die Gefährdungen sind.
Ein anderes Beispiel: Es ist bis in unsere Kirchengemeinden und in unsere christlichen Blätter hinein immer wieder die Rede von den abrahamitischen Religionen. Aber jetzt müsste Professor Peter Beierhaus, den wir herzlich grüßen, übernehmen. Da wird mit Tremolo in der Stimme gesagt: Im Koran steht auch so viel von Mose und Abraham drin, das sind auch ganz gute Gedanken, und Jesus ist sogar Prophet.
Und die Juden? Was haben die Juden alles Böse getan? Abraham ist unser Vater, als ob Jesus nicht gesagt hätte, sie sollen den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren – eine heilige Erklärung Jesu. Und wo Jesus bloß ein Prophet unter anderen ist, wo Jesus nicht der Sohn dieses Vaters ist, da wird er nicht geehrt. Da können wir nicht mitmachen.
Ihr habt den Eindruck, wir müssten uns wieder viel tiefer in die Bibel eingraben. Das gehört zu unseren Hausaufgaben. Normalerweise waren all unsere Großmütter mehr in der Bibel zu Hause als wir heute. Das kommt daher, dass unsere Welt gottlos ist. Und wenn wir schon noch gelegentlich in den Gottesdienst gehen oder gelegentlich noch ein Gebet sprechen, denken wir, wir seien super fromm.
Nein, wir sind weit abgeschlagen. Wenn Sie einmal sehen, was in Ostafrika passiert – Peter, wir haben es in Nairobi erlebt, in der First Baptist Church –, wie die afrikanischen Christen in ihrer Armut mit einem Schreibblock und der Bibel am Abend zum Gottesdienst gehen, mitschreiben und die Bibel aufschlagen.
Und wir denken, wir würden das Entscheidende mitkriegen, so, nicht? Und wenn uns jemand am kirchlichen Ausgang fragen würde: Was war eigentlich heute der Bibeltext? Dann würden wir sagen, es kam irgendwas von Gott vor, oder? Also, Leute, lasst uns wieder mit einer heiligen, na ja, nicht ernsten, sondern mit einer ganz großen Freude und Erwartung uns in die Bibel eingraben. Es lohnt sich.