Einführung in das Leben und Wirken Ludwig Hofackers
Was Ludwig Hofacker heute, zweihundert Jahre nach seiner Geburt, für uns bedeutet, darüber gäbe es viel zu sagen. Sein Leben zeigt vieles Auffallend Ungewöhnliches.
Ludwig Hofacker wurde am fünfzehnten April 1798 in Wildbad geboren. Sein eigentlicher zweihundertster Geburtstag fällt also auf den fünfzehnten April, eine Woche nach Ostern.
Zunächst einmal ist da sein kurzes Leben zu nennen. Er wurde gerade einmal dreißig Jahre alt und war von unsagbar viel Krankheit und Schwäche ausgebremst.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist seine wache Intelligenz. Seine Altersgenossen sagten, er sei wie zu einem Anführer geboren gewesen – ein begabter junger Mann mit einem theologischen Fingerspitzengefühl.
Er studierte nur vier Jahre Theologie, doch ich denke, dass ich in meinen bald siebzig Lebensjahren trotz aller Studien bei weitem nicht so weit gekommen bin wie er mit seinem Fingerspitzengefühl.
Wenn wir all die Streitigkeiten betrachten, die momentan laufen – etwa gemeinsame Erklärungen zur Rechtfertigung – dann finden wir bei Hofacker in wenigen Sätzen Klarheit. Er zeigt, wie Heiligung zur Rechtfertigung steht.
Das, was uns am Sonntag in der Stiftskirche bewegt hat, die Frage, ob Gott grausam sei, weil er den Tod seines Sohnes verlangt, hat Hofacker mit wenigen Sätzen geklärt. Er tat dies mit theologischen Fingerspitzengefühlen und einer ganz besonderen Predigtgabe.
Seine Predigten zeichneten sich nicht durch ausgefallene Formulierungen aus, sondern durch ihre Eindringlichkeit. Er zog Tausende zu seinen Gottesdiensten in der Leonhardskirche an.
Hofacker hatte die Fähigkeit, Menschen wie ein Magnet anzuziehen. Er strahlte große menschliche Freundlichkeit aus. Meine Frau sagt oft zu mir: „Du hast zu viel Stahl in der Stimme.“ Hofacker hingegen schien keinen Stahl in der Stimme zu haben, sondern eine herzliche Wärme.
In den kurzen Jahren seines Lebens gelang es ihm, einen Freundeskreis zu sammeln – ohne viel Trara, ohne Statuten. Dieser Freundeskreis verbreitete seine Anliegen in ganz Deutschland, auch in der Zeit, als sein Leib schon längst in Rielingshausen verweste.
Hofackers Mut und Klarheit im Glauben
Die Unerschrockenheit, mit der Hofacker sich denen entgegenstellte, die die Herrlichkeit und Majestät Jesu schmähten, sowie die Treffsicherheit, mit der er ihre Position fair, aber klar darstellte, waren bemerkenswert. Das war etwas, das uns am Sonntag bei dem sehr guten Vortrag von Herrn Professor Stuhlmacher ein wenig gefehlt hat: dass klar gesagt wurde, wo heute das Evangelium verleugnet wird und wo die Gefahr besteht, dass wir unser Bekenntnis verwässern lassen. Das war bei Hofacker deutlich erkennbar.
Doch all das ist noch nicht das Entscheidende. Ich darf es einmal so sagen: Hofacker war durch und durch ein Evangelist, so hat sein Freund Albert Knapp gesagt. Das war damals, um 1828, ein Begriff, der gar nicht üblich war. Man kannte ihn nur aus dem Neuen Testament: Gott hat einige Ämter gegeben – Apostel, Evangelist, Lehrer. Hofacker war Evangelist, dem nichts wichtiger war als das Evangelium von Jesus und dass Menschen von diesem Evangelium im Herzen gepackt werden.
Wilhelm Busch sagte bei seiner Abschiedspredigt vor seinem Ruhestand: „Es gibt Menschen, die spielen ein ganzes Orchester, die haben viele Stimmen. Ich habe immer bloß ein Trompetchen gehabt; wer auf ihn sieht, der wird erquickt.“ Verstehen Sie, das macht den Evangelisten aus.
Hofacker konnte sagen: „Ich habe so viel Verstand, dass ich auch andere Materien behandeln könnte.“ Er hatte ein politisches Gespür, zum Beispiel für das, was in der Schlacht von Nabarin zwischen Russen und Türken geschehen ist. Aber davon will ich nicht sprechen, weil die armen Seelen dann Stroh statt Futter bekommen. Er wollte die eine Stimme des Evangeliums laut werden lassen, vor allem: „Jesus, wer auf ihn sieht, wird erquickt.“
Mit diesem Ruf – es wird ja oft gesagt, der Schrei sei nicht verhallt – wollte Hofacker einen Schrei tun, dass man ihn hört, vom Nordpol bis zum Südpol. War das vermessen? Sein Aktionsradius war von Blieningen, ein paar Monate über Stuttgart, und dann noch als kranker Mann in Rielingshausen. Eine Auslandsreise hat er nicht gemacht.
Als wir im Oktober letzten Jahres bei den Wolgadeutschen waren, hörte ich: „Nur mit Hofackers Predigtband sind wir Wolgadeutschen durchgekommen. Wir hatten keinen Pfarrer.“ Noch als wir verschleppt wurden nach Kasachstan, haben wir mit Hofacker gelebt. Ich habe es erlebt bei einsamen Siedlern im Nordwesten von Kanada, wo keine Gemeinde im Winter zu erreichen ist – Hofackers Predigtband bis heute.
Das war nicht bloß ein frommer Wunsch: „Ich möchte schreien, dass man es vom Nordpol bis zum Südpol hört“, sondern es ist eine Erfüllung eingetreten. Aber es war auch ein Aufnehmen von Luthers Anliegen, vom reformatorischen Anliegen. Das Evangelium ist ein Geschrei von der Gnade Gottes, die er durch den Tod seines Sohnes erworben hat. Es ist eine mündliche Stimme, die hinausgeschrien werden muss, damit man sie überall hört.
Hofacker hat nie gesagt, wie schon Luther gesagt hat, aber er hat einfach aufgenommen, was Luther wichtig war. Ich halte Hofacker mehr noch als Prenz und als alle reformatorisch ausgerichteten Verkündiger für den Verkündiger in Württemberg, der das Anliegen der Reformation zu Beginn des 19. Jahrhunderts unserem Volk verständlich und anschaulich gemacht hat wie niemand zuvor und danach. Das halte ich für die eigentliche Bedeutung Hofackers.
Ein Evangelist wird ja oft karikiert mit dem Spruch: „Gerade du brauchst Jesus.“ Hofacker hat immer wieder in seinen Predigten gesagt: „Hier in meinem Herzen ist so viel Selbstgerechtigkeit, so viel Widerstreben gegen den Willen Gottes, so viel Geiz, so viel Hass, so viele Kräfte, die mich mehr in die Hölle hineinziehen als in den Himmel. Und der Heiland ist immer der Letzte, nach dem ich frage bei meinem Reden, Denken und Handeln. Ich brauche Jesus, ich brauche einen Erlöser, vielleicht du auch.“
Verstehen Sie, darin war er echt. Er wollte nicht den anderen etwas um die Ohren hauen, das er selbst nicht brauchte, sondern er hat das gepredigt, was er selbst brauchte. So wollte er Menschen zum Heiland locken.
Noch einmal: Wir wissen, dass Martin Luther gedichtet hat:
„Mit unserer Macht ist nichts getan,
wir sind gar bald verloren.
Es streit für uns der rechte Mann,
den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist?
Er heißt Jesus Christ.“
Das war die Botschaft von Hofacker in der Sprache des 19. Jahrhunderts: Wir können gar nichts, auch mit Bekehrung nichts, nicht mit dem Streben nach Heiligung. Ich bin bis zu meinem Sterben angewiesen darauf, dass der Sünder-Heiland Jesus mich annimmt. Ich will nicht nur den Tag hineinleben, ich will mich bemühen, mit Jesus zu leben, aber ich werde bis zur letzten Stunde angewiesen sein auf den Heiland, auf den Retter Jesus.
Wie ich vorher sagte: Mir wird es an Hofacker deutlich, was Jesus gesagt hat: „Wer mir dienen will, den wird der Vater ehren.“ Und etwas davon, was wir verspüren, in dem kurzen Leben Hofackers, dessen Lebensfragment war – Torso, die Ruine, das Wrack –, der Predigtband, den er herausgeben wollte für die hochverschuldete Gemeinde Rielingshausen, blieb Fragment. Sein Bruder Wilhelm hat ihn fertiggestellt, und jetzt erlebt er die 52. Auflage. Ich kenne keinen Predigtband, bei dem es das sonst gibt.
Der Heiland ist der, der alles macht, so hat Hofacker immer wieder gesagt: „Ihr ahnt nicht, was der Heiland tun kann, auch aus meinem schwachen Leben, aus meinem Fragment.“ Den wollen wir ehren, und so wollen wir diese Gedenkfeiern in diesen Tagen quer durch unser Land begehen. Sie sind die Ersten.
Und jetzt dürfen wir auf die Dia-Serie gehen. Wenn Sie mich schlecht verstehen, dann schreien Sie laut. Wenn zu viel Stahl in der Stimme ist, sagen Sie es auch, dann hole ich ein bisschen Watte oder Kreide.
Der Magister Ludwig Hofacker – sein Freund Albert Knapp hat ihn geschildert: hochgewachsen, vielleicht 1,87 m groß, man weiß es nicht genau, mit kastanienbraunen Locken, eine achillesartige Gestalt, ein schöner junger Mann, dessen Körper aber bald von der Krankheit zerfressen wurde. Er wollte einen Schrei hinaustun, so wie Martin Luther gesagt hat: Das Evangelium gehört hinausgeschrien.
Wir nehmen das nächste Bild.
Diese Multiplikation seiner Predigten und seiner Verkündigung wurde erreicht durch den Predigtband, den er selbst noch als Schwerkranker begonnen hatte und der dann durch seinen Bruder Wilhelm, der ihm auch leiblich, verwandtschaftlich und geistlich der nächste Bruder war, fertiggestellt wurde. Hier sehen Sie eine der ersten Auflagen, aber es war schon die zehnte Auflage. In diesen Tagen hat der Hensler Verlag die beiden Bände herausgebracht – die 52. Auflage.
Hier in Wildbad, als Sohn des zweiten Pfarrers oder, wie man damals sagte, Diakonos, ist Hofacker geboren. Der Vater war ein mächtiger Mann, der immer Wert darauf legte, dass er Abstand von Karl dem Großen hielt. Es wurde von ihm gesagt, er konnte knurren wie ein numidischer Löwe. Er war ein Machtmensch, der viel gegen die Pietisten hatte und sagte: „Hoffentlich werden meine Söhne nicht Pietisten.“
Hier ist Hofacker am 15. April 1798 geboren. Wir machen weiter.
Das Haus rechts wird heute als Hotel benutzt, ist umgebaut, Hotel de Ruzi oder wie es heißt, in der König-Karl-Straße. Das war das Haus des zweiten Pfarrers, der auch noch Kalmbach mitzuversorgen hatte. Hier ist Hofacker geboren, spät in der Nacht am 15. April und drei Tage später getauft worden in der Kirche von Wildbad.
Hier ist der Eintrag ins Taufbuch von Wildbad. Links oben ist deutlich zu erkennen, dass er Wilhelm Gustav Ludwig hieß. Er hatte zwei ältere Brüder: den Karl, der später ein großer Jurist in Württemberg wurde, und den leider wohl hochbegabten, aber nervenkranken Maximilian. Drei andere Brüder sind jung verstorben, und nach ihm kam nur noch Wilhelm.
Sie sehen, damals hatte man eine lange Latte von Paten. Rechts unten gab es auch zu Weihnachten und zum Geburtstag Geschenke.
So sieht die Stadtkirche in Bad Wildbad heute aus, in der Kirche, in der Hofacker getauft wurde. Aber schon bald danach wurde der Vater Hofacker versetzt in das große Dorf Gärtringen im Gäu.
Es gibt dort ein Schloss der Hiller von Gärtringen. Es war eine großartige Pfarrei. Der Vater Hofacker war ein hochgeschätzter Mann, deshalb hat er diese große Pfarrei übertragen bekommen. Dort, im großen schönen Pfarrgarten, im Schatten des Schlosses der Hiller von Gärtringen, ist Hofacker aufgewachsen.
Die schöne Veitskirche in Gärtringen ist heute noch eine blühende, lebendige, aktive Gemeinde.
1789 war die Französische Revolution gewesen. Wir müssen ein bisschen Zeitgeschichte ansehen. Der zeitgenössische Künstler Sigmar Polke hat mit dieser Zeichnung gesagt: Es ging um Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, hohe, steile Ideale, aber die Revolution ist erstickt in einem Meer von Blut und Tränen.
Aus den Wirren der Französischen Revolution hat sich dann Napoleon Bonaparte nach oben spülen lassen. 1798, also im Geburtsjahr Hofackers, hat er die Gewalt in Frankreich übernommen. 1804 ließ er sich zum Kaiser krönen.
Die deutschen Fürsten haben alles getan, um plötzlich im Schatten des großen Napoleon aufzusteigen. Napoleon hatte Pläne zur Gestaltung Europas. Unsere heutigen Europapläne sind armselig verglichen mit dem, was Napoleon bis nach Russland geplant hatte.
Der Kurfürst Friedrich von Württemberg, genannt der „dicke Friedrich“, für den man die Schreibtische aussägen musste, damit er hineinpasste, versprach, Truppenkontingente zu stellen und wurde damit mit der Königswürde belohnt.
Er war ein ungeheuer harter Vater. Sein Sohn, der spätere König Wilhelm I., Erfinder des Volksfestes, der Landesbibliothek, der Staatsgalerie usw., wurde von seinem Vater oft so mit dem Stecken geschlagen, dass ihm der Kopf verbunden werden musste.
Dieser Wilhelm war zeitlebens durch Liebesentzug in der Jugend geschädigt. Er lernte früh Charlotte Abel kennen, wollte sie heiraten, doch wurde ihm gesagt: „Du bist doch der Kronprinz.“ Daraufhin floh er mit der Braut nach Frankreich. Sie wurde dort von einem Kind entbunden, er ließ sie sitzen, heiratete schnell, um nicht in die napoleonischen Heiratspläne eingesponnen zu werden, eine bayerische Herzogin. Von ihr ließ er sich scheiden, bis er dann die Königin Katharina von Russland heiratete, Rotenberg. Sie starb bald, dann heiratete er die fromme Königin Pauline, mit der er furchtbar unglücklich war. Am besten lebte er mit der Schauspielerin Amalie Stubenrauch.
Was hat das für unser Land bedeutet? Wenn Sie heute die Affären um Clinton hören, was Regenten ihrem Land vormachen – aber Liebesentzug schon in der Jugend!
Der Vater Hofacker ließ sich 1812 nach Oeschingen bei Tübingen versetzen. Das war der Wunsch jedes rechten württembergischen Pfarrers, schon um der Erziehung der Kinder willen, dass er möglichst in der Nähe der Landesuniversität wohnt, denn dann ist das Studium billiger.
So hat der Vater Hofacker die Pfarrei Oeschingen für ein Jahr übertragen bekommen. In Oeschingen wurde Ludwig Hofacker konfirmiert. Doch schon nach einem Jahr kam der Befehl des „dicken Friedrich“, des Königs.
Wir machen weiter mit dem nächsten Bild.
Der Pfarrer, der in Stuttgart hochgeschätzt war, Pfarrer der Leonhardskirche, war beim König in Ungnade gefallen. Er wurde in die Pampa geschickt nach Oeschingen. Den begabten Pfarrer Hofacker wollte der König in Stuttgart haben.
Inzwischen hatte der König über tausend neue Erlasse für die Neuordnung des Königreichs geschaffen. Zum kleinen Württemberg war inzwischen das Hohenlohe-Gebiet zugeschlagen worden, einfach durch Napoleon. Und das ganze Oberland bis Friedrichshafen – jetzt hatte der König Friedrich auch noch einen Hafen – und dieses ganze neue Kirchengebilde aus den hohenlohischen Kirchengebieten mit eigenen Gesangbüchern und aus Oberlandgemeinden musste neu geordnet werden.
Da sagte er: „Der Hofacker mit seinem Knurren wie ein numidischer Löwe hat die richtige Meinung dafür.“ Er wurde Amtsdekan, das heißt nicht für die Stiftskirche, aber für das Amt Stuttgart von Blieningen bis zu Fnaussen war er zuständig. Er sollte Dekan in Stuttgart werden, dann wurde er in die Wüste geschickt.
Hier sehen wir Stuttgart um 1825. Links die Stiftskirche, rechts gerade noch im Bild die Leonhardtskirche.
Die Leonhardtskirche war nur Predigtkirche; Amtshandlungen wurden dort nicht vorgenommen. Trauungen und Taufen fanden bis etwa 1870 immer in der Stiftskirche statt. Die Hospitalkirche und die Leonhardtskirche waren reine Predigtkirchen.
Hier die Leonhardtskirche. Der Friedhof war schon damals aufgehoben. Als letzter Rest des Friedhofs an der Leonhardtskirche ist das Kreuz zu sehen, heute noch zwar das Original in der Hospitalkirche, es ist eine Nachbildung. Auf der anderen Seite verläuft die Hauptstätterstraße. Der heutige Wilhelmsplatz war damals die Hauptstadt, die Richtstadt von Stuttgart mit Galgen, und dort wurde mit dem Schwert enthauptet.
In der Nähe dieser Richtstadt hat Hofacker mit seinen Eltern gewohnt. Er wollte Pfarrer werden. Der Vater sagte: „Oh Mendle“, er war immer sehr liebevoll zu seinem Ludwig, obwohl er sonst ein harter Mann war, „du bist nicht so begabt wie die anderen, wie der Karl und der Max, wer doch Schreiber“, ich würde heute sagen Notar, Verwaltungsberuf.
Aber Hofacker wollte Pfarrer werden und hat es schließlich geschafft, am Tag der Völkerschlacht von Leipzig 1813 aufgenommen zu werden in Schöntal. Das war eines der neuen Klöster, hatte früher nicht zu Württemberg gehört und wurde auch als Klosterschule im ehemaligen fränkischen hohenlohischen Gebiet geführt.
Er ist später eingestiegen; er war ein Zwischeneinsteiger in die Promotion, aber wurde dort in diesen Jahren aufgenommen. Einer seiner engsten Freunde war Albert Knapp, der große Liederdichter, der auch das Leben von Hofacker ganz detailliert beschrieben hat – liebevoll, manchmal ein bisschen mit zu viel dichterischem Schwung.
Nach einem Jahr ging es nach Maulbronn. Offenbar hat Hofacker ähnlich wie später Hermann Hesse und viele andere Seminaristen unter dem harten Drill dieser Seminarschulen gelitten, die die Kaderschmieden für die württembergische Pfarrerschaft waren.
Sie müssen wissen, in Württemberg kannte man sich untereinander schon durch die Seminarzeit in der Pfarrerschaft viel besser als in anderen Landeskirchen. Man konnte dem anderen nicht viel vormachen.
Hier in Maulbronn haben die Lehrer ihm dann zum Abschied 1816 das fragwürdige Zeugnis mitgegeben: „Hofacker ist zu allem fähig.“ Er war positiv wie negativ.
Hier noch einmal ein Blick auf das Weltkulturerbe Maulbronn, die Eingangshalle des Paradieses. Dort hat Hofacker mit seinen Kameraden Kegel gespielt. Er konnte am besten die Kugel schieben.
Wir haben jetzt noch einmal ein Bild, das einen ähnlichen Blick zeigt. Links zwei Kegel schiebende Knaben, zwar nicht im Paradies, sondern außen. Natürlich sind das viel jüngere Buben als die Seminaristen, die dort lebten.
Er war bis 1816, also bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr, in diesem Kloster. Dann ging die Promotion über ins evangelische Stift nach Tübingen, die Ausbildungsstätte, ein ehemaliges Augustiner-Eremitenkloster, in dem jeweils etwa 140 Theologiestudenten lebten, vom Staat versorgt, bis heute gibt es dort ein Stipendium.
Er trieb zuerst zwei Jahre Philosophie und trat der Verbindung Solidia bei, einer Studentenverbindung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, alles andere als solid zu sein.
Immer wieder finden sich in den Stiftsakten Einträge über vermuteten Alkoholmissbrauch, wiederholte Karzerstrafen.
Bis 1818 sagte Hofacker: „Ich möchte ein rechter Pfarrer werden, und so wie ich jetzt lebe, kann ich nicht Pfarrer werden.“ Er vergrub sich von heute auf morgen in Askese, aß und trank kaum etwas. Er zog sich in einen Holzstadel des Stifts zurück, betete und sagte, bis ihm beinahe die Haare ausfielen. Er taumelte an den Abgründen der Schwärmerei herum, suchte Selbsterlösung, bis ihn ein Freundeskreis zum Studium der Bibel holte.
Die Bibel war in jenen Jahren zum Volksbuch geworden, was nicht selbstverständlich war. Das hängt auch mit der Stuttgarter Gegend zusammen. Das zweite Haus hier links in der Christophstraße war das erste Bibelhaus. Später war die Bibelanstalt vorne in der Hauptstätterstraße. 1830 gab es das Bibelhaus in der Christophstraße.
Die Stuttgarter Bibelanstalt hat die Bibel zum Volksbuch gemacht. Hofacker hat später gesagt: „Es liegt viel, viel, viel in der Bibel. Sie macht uns Jesus groß. Lest nicht so viel in anderen Schriften, lest mehr in der Bibel.“ Das war ihm wichtig.
Durch die Bibel ist er selbst zurechtgebracht worden. Sie hat ihm Jesus gezeigt, nicht als einen neuen Gesetzgeber oder Moraleinpauker, sondern als den Befreier von allem, was uns wie mit tausend Stricken in die Hölle ziehen will.
Man hat es dann gemerkt bei den Grobepredigten, bei den homiletischen Seminaren, die damals noch im Speisesaal des Stifts abgehalten wurden. Es fiel auf: „Du, der Hofacker, der ist Pietist geworden.“ Das war damals schon für einen Theologen ein Todesurteil. Er ist kein ernsthafter Theologe mehr, wenn er Pietist ist.
Aber mit Freude und Überzeugung hielt er seine Probepredigt, die sogar die Professoren beeindruckte.
Hier ist das Abschlusszeugnis aus dem Jahr 1820. Er hat peu à peu, Stück für Stück, das Examen gemacht. Es war nicht wie heute. Am Schluss heißt es: „Orationem sacram“, also die heilige Rede, die Predigt, hat er mit guter Disposition und Gliederung gehalten. Er hat sie frei vorgetragen und mit nachdrücklicher Stimme den Hörern nahegebracht. Sie ist in Latein geschrieben. Schon damals merkte man, dass er eine besondere Predigtgabe hatte.
Dann geschah im August 1820, als das Examen beinahe vollendet war, auf dem Weg vom Stift hinaus – oben sehen Sie noch ein Stück von der Treppe, die hinauf zur alten Bursse führt, damals das Klinikum der Tübinger Universität –, da brach Hofacker zusammen, genau an dieser Ecke.
Man weiß nicht, ob es ein Sonnenstich, ein epileptischer Anfall oder ein anderer Anfall war. Beim Fallen schlug er sich den Kopf am Blitzableiter auf, den Sie dort noch als elektrische Leitung sehen. Er erlitt eine schwere Schädelverletzung und wurde in die Krankenstube des Stifts gebracht.
Man wusste nicht recht, auch der Mediziner nicht, ob es Epilepsie oder etwas anderes war, da Krämpfe dazukamen.
Man holte den damaligen Basler Missionsprediger Graf Felician Zaremba, der kniend etwa zwei Stunden am Krankenbett betete. Doch kein Wunder geschah.
Krank und mit dick verbundenem Kopf wurde Hofacker nach Stuttgart gebracht, ins Dekanatshaus, ins Elternhaus.
Im September versuchte man, nachdem die Wunde etwas abgeheilt war, ob er nicht doch wieder Pfarrer werden kann. Er kam nach Stetten im Remstal und schrieb seinem Freund knapp: „Ich bin so schwach, dass ich mich nur auf die Gnade Jesu verlassen kann, die er am Kreuz für mich erworben hat.“
Sie erinnern sich an das Kruzifix von Stetten im Remstal.
Nur drei Wochen später kam wieder eine Krankheitsphase dazwischen.
Man versuchte es noch einmal in Plieningen auf den Fildern. Dort war der Pfarrer schwer krank geworden. Hofacker wurde in diese 2000-Seelen-Gemeinde hineingeworfen, konnte es aber nicht länger als über die Weihnachtszeit und den Anfang des Konfirmandenunterrichts durchhalten.
Er hätte gern die Konfirmanden noch zur Konfirmation geführt, aber er schaffte es nicht. Er musste wieder krank werden.
Man sagt, er litt an Nervenkrankheit, Nervenfieber.
Er wurde nach Stuttgart gebracht. Dort kam es zu einer völlig falschen Behandlung durch einen Doktor Zahn in Calw. Dieser sagte, man müsse den Körper purgieren, morgens und abends harte Einläufe machen, damit der ganze Darm entleert wird, denn das ganze Gedärm sei wie lahmgelegt.
Das hat Hofacker, schon damals als junger Mann, wahrscheinlich die ganze Kraft geraubt.
Er konnte keine Sonne ertragen, musste immer im Schatten sitzen. Er konnte keine Stimmen ertragen. Er saß in diesem Gärtchen – das ist jetzt also Hauptstätterstraße, ziemlich beim Wilhelmsplatz. Das Haus steht nicht mehr. Es könnte die Obere Bachstraße sein oder so. Dort, wo das schöne Fachwerkhaus steht, war das Dekanatshaus.
In diesem Garten saß er im Schutz der Bäume, nur kein Sonnenstrahl. Wie ein Toter, der mitten unter Lebenden herumirren muss.
Dann kam die Zeit, in der der Vater immer schwächer wurde. Der numidische Löwe erlitt einen Schlaganfall und wurde niedergestreckt.
Zuerst half Hofacker bei ein paar Beerdigungen aus, hielt ein paar Abendgottesdienste.
Dann beschloss das damalige Konsistorium, ihn als Krankheitsvertreter seines Vaters einzusetzen, im Januar 1823.
Dann begann eigentlich bis Februar 1825 die eigentliche Wirksamkeit Hofackers – gerade zwei Jahre.
Zuerst hielt er nachmittags und abends Gottesdienste in der alten Hospitalkirche, die vor der Zerstörung zwar schon renoviert war. Die Kanzel, von der Hofacker gepredigt hat, war wahrscheinlich weiter unten. Insgesamt haben wir den Eindruck, wie die Leonhardtskirche ausgesehen hat, bevor sie Vesperkirche wurde, mit zwei großen Emporen und so weiter.
Wir machen weiter.
Wir wissen, was Hofacker gepredigt hat. Er hat seine Predigten selbst aufgeschrieben, auf ganz kleinen Blättchen mit Minischrift. Dann hat Fräulein Charlotte Widersheim die Predigten mitgeschrieben.
Wir können ziemlich genau feststellen, dass das, was gedruckt ist, dem entspricht, wie Hofacker seine Predigten gehalten hat – durch die Nachschreibung der gehaltenen Predigt und durch die Vorbereitung Hofackers.
Er hat frei gepredigt, aber auch sehr wohl vorbereitet.
Das ist Albert Knapp, wie er später ausgesehen hat – so richtig ein Pykniker, aber ein Mann mit großer geistlicher Kraft.
Wenn Sie nur die Lieder des Albert Knapp ansehen, den Sie auch mal in seinem Grab finden, im Hauptfriedhof, nicht wie heißt es – Fangelsbach-Friedhof mehr –, haben Sie die größte Wirkung Hofackers erlebt.
Das ist gar nicht so bekannt gewesen, aber durch einen Freundeskreis von etwa dreißig Mitstudenten.
Der führende Mann war Albert Knapp zuerst. Er hat die meisten Impulse von Hofacker auch nach dessen Tod aufgenommen und weitergetragen.
So hat Albert Knapp die von Hofacker begonnene sogenannte Predigerkonferenz ins Leben gerufen. „Wir müssen die Pfarrer sammeln für geistliche Impulse. Wir müssen Aussprache haben über unsere Probleme des Amtes.“ Es war ein Anliegen, das von Herrnhut gekommen war. Die Herrnhuter hatten zuerst eine Predigerkonferenz gemacht. Hofacker hat sie aufgenommen, konnte sie aber nicht mehr durchführen. Albert Knapp hat sie zum Leben erweckt.
Später haben Sie auch eine Schrift von dem Stuttgarter Stiftsprediger, Prälat Sixt Karl Kapff, der die Predigerkonferenz zur Blüte geführt hat.
Über die Leute, die in der Predigerkonferenz waren, wurden die Anliegen Hofackers mehr noch als durch die Predigten in württembergische Gemeinden hinein multipliziert.
Ein anderer, der in diesem Freundeskreis war, war Andreas Bräm. Das moderne Bild, das in Neukirchen am Niederrhein hängt, ist Ihnen bekannt. Sie kennen den Neukirchener Kalender.
Sein großes Werk war ein Erziehungswerk für Menschen, die sonst ohne Vater und Mutter aufwachsen mussten – so wie bei uns Maria Berg oder Ähnliches.
Andreas Bräm war ein enger Freund von Hofacker.
Wenn immer gesagt wird, Hofacker habe zu wenig über die soziale Verantwortung des Menschen und politisch gesagt, gingen von Hofacker Impulse aus. Er hat nicht immer nur gesagt, was man machen muss, sondern: „Der Heiland macht es.“
Plötzlich wurden Menschen erweckt, ihre eigene Fantasie zu benutzen und etwas zu tun.
Ein anderer war Doktor Christian Gottlob Barth, Pfarrer in Möttlingen zuerst, Vorgänger von Blumhardt dort. Dann schied er aus dem direkten Pfarrdienst aus und baute den Calwer Verlagsverein auf, das Jugend- und Erziehungsheim Stammheim.
Er machte die Sache der Weltmission, besonders der Berliner Mission, Basler Mission und Herrnhuter in unserem Land heimisch.
Verstehen Sie, heute wird gesagt, der „nickende Missionsnäger“ sei eine Erniedrigung des Nägers, des schwarzen Menschen. Aber viele Bilder, die heute bei Werbung für Missionen verwendet werden, sind noch viel mehr Erniedrigung von Menschen.
Damals war es eine geniale Idee, jungen Menschen nahezubringen, ihr kleines Szenario für die Sache der Mission zu geben. Das war eine Erfindung von Christian Gottlob Barth.
Hier nur ein paar Menschenfreunde, damit Sie sehen, wie die Anliegen von Hofacker multipliziert wurden.
Aber der engste Freund und Gefährte war Wilhelm Hofacker, der ebenfalls verhältnismäßig jung starb. Er begann in Stuttgart den ersten richtigen Jünglingsverein, aus dem später der CVJM entstand.
Das ganze, was wir heute in der evangelischen Jugendarbeit haben – Jugendwerk, Danningerstraße oder Freyingen, Häberlingstraße – geht zurück auf Wilhelm Hofacker und damit auf die Impulse von Hofacker.
Die jungen Menschen müssen in besonderer Weise betreut werden. Aber, wie gesagt, nicht Programme waren wahr, sondern: „Ich predige das Lamm, das gekreuzigt ist, das soll meinen Hauptruf ausmachen.“
Daran erinnert die Hostiendose aus Gärtringen in der Gemeinde, in der er als Bub aufgewachsen ist.
Doch es geht nicht um ein verspieltes Lämmlein, sondern in Gärtringen ist ein wunderbares Fenster, auf dem dargestellt wird: Das Lamm, das erwürgt ist, oben im Bild, ist würdig zu nehmen Preis, Anbetung, Ehre, Dankmacht. Die ganze Gemeinde betet diesen Jesus an, der für uns gestorben ist und sich festgelegt hat, unser Heiland sein zu wollen.
Nicht für die Vollkommenen, sondern gerade für die Menschen, bei denen sehr viel danebengegangen ist.
Noch sterbend hat Hofacker gesagt, zeigte auf ein Bild mit dem dorngekrönten Jesus: „Das ist mein Mann, den brauche ich, der versteht mich.“ Was vorher in der Bibelarbeit war: der Menschensohn, der gelitten hat für mich.
Hier ist das Original dieser Darstellung, die einst an der Leonhardtskirche war und jetzt in der Hospitalkirche hängt – dieses eindrucksvolle Bild des gekreuzigten Jesus.
Noch ein paar Zitate von der Kreuzespredigt Hofackers:
„Wir wüssten nicht, wie wir mit Jesus dran wären, wenn wir nicht am Kreuz gelitten hätten. Sieh da die Majestät Jesu, da ist dein König. Wer kann das schon wie er mit einem Wort das Himmelreich aufschließen? Wahrlich, du wirst mit mir im Paradies sein – dein König am Kreuz mit unbeschränkten Vollmachten.“
Noch einmal dieses Bild des Gekreuzigten, diese Kreuzigungsszene, die schon zur Zeit Hofackers dort an der Leonhardtskirche war.
Das Bild ist immer mit ihm gegangen. „Ewig soll er mir vor Augen stehen, wie er als ein stilles Lamm dort so blutig und so bleich zu sehen hängt an das Kreuzstamm.“
Er wäre gern in Stuttgart geblieben, nicht auf der Pfarrstelle seines Vaters als Dekan, sondern als zweiter Pfarrer, als Diakonus.
Es gab eine Unterschriftenaktion bei den Stuttgarter Bürgern, die sich dafür einsetzten, dass dieser Prediger, zu dessen Gottesdiensten Tausende kamen, und die Kirche schon Stunden vorher überfüllt war, in die Gänge hinein und auf den Emporen, dort bleiben sollte.
Es war, wie wenn ein Kornfeld im Wind sich wiegt – diese Menschenmasse in Erwartung der Predigt. Sie gingen still wieder aus dem Gottesdienst hinaus, getroffen von dem Ruf hin zu Jesus, und wanderten dann drei, vier Stunden durch den Schönbuch zurück.
„Lasst doch diesen Hofacker in Stuttgart!“
Aber er sagte: „Meines Bleibens an einem Ort ist sowieso nicht lange, die Leute werden sonst den schärfsten Senf gewöhnt mit meiner Predigtart.“ Auch weil das Konsistorium ihn nicht haben wollte. Es gab viel Neid, dass hier einer mehr Menschen zu Gottesdiensten anzog als hochgeachtete Prälaten.
Deshalb bewarb er sich um Osweil und andere Pfarreien und bekam schließlich Rielingshausen hinter Marbach.
Das Pfarrhaus in Rielingshausen, dort zog er mit seinem nervenkranken Bruder Maximilian und seiner verwitweten Mutter ein.
1826 war es eine hochverschuldete Gemeinde, die sich völlig übernommen hatte beim Umbau ihrer Kirche. Das Konsistorium sagte, das sei etwas für Hofacker.
Er war im Grunde eine Gemeinheit.
Wie wir sehen, war 1825, als Hofacker in der Leonhardtskirche aufhören musste, das Nervenleiden so stark geworden, dass man versuchte, in Gais, in Tainach und sogar in Sankt Moritz Kuren zu machen, die nichts halfen.
Zur Jahreswende 1825 wurde das Leiden so gewaltig, dass er von Ärzten im Bett festgehalten werden musste.
Dann war es, als habe sich die Krankheit gebrochen, und langsam trat eine Besserung ein.
Doch dann merkte man, der eigentliche Heilherd war eine Tuberkulose.
Hofacker musste sich den linken Ringfinger amputieren lassen. Die Tuberkulose war schon in den Beinen, in der Lunge, der ganze Körper war, wie wir heute sagen würden, verkrebst.
So konnte er in den zwei Jahren in Rielingshausen ganz selten noch im Bett liegen. Er musste immer in einem Sessel sitzen, weil er sonst keine Luft bekam.
Das war Rielingshausen.
Im Juni 1826 trat er seinen Dienst in Rielingshausen an, doch die Investitur, die Amtseinsetzung, konnte erst am zweiten Advent 1826 stattfinden, weil Hofacker krank und geschwächt war.
Selbst bei diesem uralten Foto – es ist wunderbar, dass wir es noch aufgetrieben haben bei der Amtseinsetzung – sieht man, wie Hofacker seine linke Hand unter dem Barett verbirgt.
Die verstümmelte, versehrte, durch Tuberkulose aufgeschwollene Hand, die nicht so eklig aussieht bei der Einsetzung, verbirgt er.
Ich möchte doch noch einmal meinen Schrei tun, wie in Stuttgart, sagte er: „Wenn man mich auf die Kanzel tragen müsste.“
Doch da es ihm selten vergönnt war, sagte er: „Vielleicht soll ich doch meine Predigten herausgeben, dass für unseren Herrn noch etwas geschieht.“
Aber im gleichen Augenblick prüfte er sich vor Gott: „Ist das nicht Hochmut von mir? Und selbst wenn ich Geld dabei mache, nehme ich den einfachen Leuten, die die Predigten kaufen, nicht zu viel Geld ab. Ich brauche es für meinen Maximilian.“
Die Mutter war gestorben. Er musste den Markt einsetzen. „Das ist keine Ehrenkäserei. Ich bin nicht vom Sorgengeist zerfressen.“
Sie merken, die Krankheit hat sich auch in der Verantwortung vor Gott geäußert – heimliches Widerstreben gegen den Willen Gottes.
Er fragte Brüder in Stuttgart, die ganzen Josen, Hans Loder und so weiter, ob es nicht recht sei. Sie ermutigten ihn.
Eine Predigt müsse herauskommen.
So steht die Kirche, wie sie heute auch da steht, in Rielingshausen. Dahinter der schöne Giebel des Pfarrhauses, und oben ist eingezeichnet das Grab, in dem bald Hofacker seine Mutter bestatten musste.
Eine sehr nüchterne Frau.
Wenn Hofacker sagte: „Mutter, ich habe manchmal Angst, dass sich auch ein Hochmutsgeist bei mir einschleicht, wenn ich sehe, wie die Männer mit ihren Reisestöcken schon Stunden vorher in die Leonhardtskirche gehen“, sagte sie: „Oh, wenn man deinen Leib zweimal am Tag purgieren muss, wenn man Einläufe machen muss, willst du dich noch groß tun? Sei froh, wenn du mit deiner Predigt durchkommst.“
Sie war eine sehr nüchterne Frau.
Sie hat ihn nicht mehr begleitet, aber ab dem Augenblick, wo sie nicht mehr da war, setzte sich bei Hofacker etwas fort: „Ich will mich prüfen vor meinem Herrn. Ach, ich habe es doch gar nicht verdient, dass Jesus sich um mich kümmert. Ich habe doch tausendmal mehr die Hölle verdient als den Himmel.“
Als einmal sein Freund Wilhelm Roos ein Lied am Krankenbett las, in dem es hieß „Von den goldenen Gassen am kristallnen Meer“, sagte Hofacker unwirsch: „Das ist zu flott für mich, da gehöre ich nicht hin.“
Wie es oft bei Krankenbesuchen ist, wenn man nicht das richtige Wort findet, ging Wilhelm Roos ganz betroffen weg und wagte kaum, seinen Freund noch einmal zu besuchen.
Acht Tage später, als er kam, traf er ihn fast heiter an.
Wie kam der Wechsel?
Hofacker sagte: „Wir sehen das Altarkreuz von Gärtringen. Ich habe mir klargemacht, was für eine Sünde und Schande es ist, dass der Heiland seine gekreuzigten Liebesarme dauernd zu mir ausstreckt und ich mich mit meinem Zweifel und Kleinglauben so wichtig halte, dass ich es dauernd abwehre und sage: Ich bin es nicht wert, ich kann es nicht glauben.“
„Jetzt habe ich mich einfach entschlossen, es gelten zu lassen, dass der Heiland seine Liebesarme auch zu mir ausstreckt, und seitdem ist mir wohl.“
Das Grab von Mutter Hofacker ist zur Rechten. Im gleichen Grab wurde Hofacker am 22. November 1828 bestattet, nachdem er am 18. November gestorben war.
Sein letzter Ruf war „Heiland, Heiland.“
Weil der ganze Körper von Tuberkulose und Wassersucht so aufgeschwemmt war, machte man zuerst Einschnitte in die Beine. Wie bei ätzendem Wasser lief die ganze Lymphe heraus, die er kaum ertragen konnte – den Gestank.
Er sagte, er dürfe nicht so viel trinken.
Als der Arzt sagte, er werde diesen Tag nicht überleben, fragte er: „Ich habe gehört, dass sich bei Sterbenden am Gesicht schon abzeichnet, dass sie eine spitze Nase bekommen, dass die Backenknochen hervortreten. Gebt mir einen Spiegel!“
Dann sagte er: „Doch ja, die Nase ist spitz geworden. Darf ich jetzt Wasser trinken, so viel ich will?“
Er blieb so nüchtern. Er sagte nicht: „Jetzt betet mit mir und holt die Bibel.“ Sondern: „Darf ich jetzt Wasser trinken?“
Er hatte schon vorher, so hat sein Freund Knapp gesagt, im Sauerbrunnen in Cannstatt, Kursaal, so viel getrunken, dass es manchmal wahrscheinlich zu viel war. Aber das war schon die Krankheit.
Nochmal zurück zum letzten Bild: In Maulbronn, der Seminarist, saß oft unter diesem eindrücklichen Bild des gekreuzigten Jesus:
„Sieh an deinen Bürgen auf Gethsemane und auf Golgatha, wie er sich krümmt unter der Last deiner Schuld, nur dass du frei wirst und dass es für dich gilt: Heute mit mir in der Welt Gottes, im Paradies.“
Herr, hilf uns dazu, dass wir auch durch die Zeuginnen und Zeugen, die du uns geschenkt hast, zu einem echten, lebendigen Glauben und zu einer Verbundenheit mit dir kommen. Amen.
Hofackers Botschaft und Lebenshaltung
Wir wissen, dass Martin Luther gedichtet hat:
Mit unserer Macht ist nichts getan,
wir sind gar bald verloren.
Es streitet für uns der rechte Mann,
den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist?
Er heißt Jesus Christ.
Das war die Botschaft von Hofacker in der Sprache des neunzehnten Jahrhunderts.
Wir können gar nichts bewirken, weder durch Bekehrung noch durch das Streben nach Heiligung.
Ich bin bis zu meinem Sterben darauf angewiesen, dass der Sünder-Heiland, Jesus, mich annimmt.
Ich will nicht einfach nur den Tag dahinleben.
Ich will mich bemühen, mit Jesus zu leben, aber ich werde bis zur letzten Stunde auf den Heiland, den Retter Jesus, angewiesen sein.
Wie ich vorher sagte, wird mir an Hofacker deutlich, was Jesus gesagt hat:
Wer mir dienen will, den wird der Vater ehren.
Und etwas davon spüren wir in dem kurzen Leben Hofackers, dessen Lebensfragment ein Torso, eine Ruine, ein Wrack war.
Der Predigtband, den er für die hochverschuldete Gemeinde Rielingshausen herausgeben wollte, blieb ein Fragment.
Sein Bruder Wilhelm hat ihn fertiggestellt, und jetzt erlebt er die 52. Auflage.
Ich kenne keinen Predigtband, bei dem es so etwas sonst gibt.
Der Heiland ist der, der alles macht, so hat Hofacker immer wieder gesagt.
Ihr ahnt nicht, was der Heiland tun kann – auch aus meinem schwachen Leben, aus meinem Fragment.
Den, den der Vater ehrt, wollen wir ehren.
So wollen wir diese Gedenkfeiern in diesen Tagen quer durch unser Land begehen.
Und Sie sind die Ersten.
Biografische Details und familiärer Hintergrund
Und nun können wir zur Diaserie übergehen. Falls Sie mich schlecht verstehen, dürfen Sie gern laut rufen. Wenn meine Stimme zu metallisch klingt, sagen Sie es bitte ebenfalls. Dann hole ich etwas Watte oder Kreide.
Magister Ludwig Hofacker wurde von seinem Freund Albert Gnapp beschrieben. Er war hochgewachsen, vielleicht 1,87 Meter groß, wobei man sich bei der genauen Fußgröße nicht sicher ist. Mit kastanienbraunen Locken hatte er eine achillesartige Gestalt – ein schöner junger Mann, dessen Körper jedoch bald von Krankheit zerfressen wurde.
Er wollte einen Schrei hinaustun, so wie Martin Luther gesagt hat: Das Evangelium gehört hinausgeschrien.
Wir nehmen das nächste Bild. Die Verbreitung seiner Predigten und seiner Verkündigung wurde durch den Predigtband erreicht, den er selbst noch als Schwerkranker begonnen hatte. Dieser wurde dann von seinem Bruder Wilhelm, der ihm auch leiblich, verwandtschaftlich und geistlich der nächste Bruder war, fertiggestellt.
Hier sehen Sie eine der ersten Auflagen, es war bereits die zehnte Auflage. In diesen Tagen hat der Hensler Verlag die beiden Bände in der 52. Auflage herausgebracht.
Hofacker wurde in Wildbad als Sohn des zweiten Pfarrers geboren, oder wie man damals sagte, des Diakonos. Sein Vater war ein mächtiger Mann, der stets darauf Wert legte, Abstand von Karl dem Großen zu halten. Es wurde von ihm gesagt, er konnte knurren wie ein numidischer Löwe. Er war ein Machtmensch, der viel gegen die Pietisten hatte und sagte: „Hoffentlich werden meine Söhne keine Pietisten.“
Hier sehen Sie, dass Hofacker am 15. April 1798 geboren wurde. Wir machen weiter.
Das Haus rechts wird heute als Hotel genutzt. Es wurde umgebaut und heißt Hotel de Ruzi oder ähnlich. Es liegt in der König-Karl-Straße und war das Haus des zweiten Pfarrers, der auch noch Kalmbach mitzuversorgen hatte.
Hier wurde Hofacker spät in der Nacht am 15. April geboren und drei Tage später in der Kirche von Wildbad getauft.
Links sehen Sie den Eintrag ins Taufbuch von Wildbad. Oben links ist deutlich zu erkennen, dass er Wilhelm Gustav Ludwig hieß. Er hatte zwei ältere Brüder: Karl, der später ein großer Jurist in Württemberg wurde, und den leider wohl hochbegabten, aber nervenkranken Maximilian. Von drei weiteren Brüdern starben einige jung, und nach ihm kam nur noch Wilhelm.
Damals hatte man eine lange Liste von Paten. Rechts unten sieht man, dass es zu Weihnachten und zum Geburtstag Geschenke gab.
So sieht die Stadtkirche in Bad Wildbad heute aus, in der Hofacker getauft wurde.
Schon bald danach wurde der Vater Hofacker in das große Dorf Gärtringen im Gäu versetzt. Dort gibt es ein Schloss der Hiller von Gärtringen. Es war eine großartige Pfarrei.
Der Vater Hofacker war ein hochgeschätzter Mann. Deshalb übertrug man ihm diese große Pfarrei.
Dort, im großen schönen Pfarrgarten, im Schatten des Schlosses der Hiller von Gärtringen, ist Hofacker aufgewachsen.
Die schöne Veitskirche in Gärtringen ist heute noch eine blühende, lebendige und aktive Gemeinde.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund und politische Umstände
1789 fand die Französische Revolution statt. Wir müssen dazu ein wenig Zeitgeschichte betrachten. Der zeitgenössische Künstler Sigmar Polke hat mit einer Zeichnung ausgedrückt, worum es ging: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – hohe, steile Ideale. Doch die Revolution erstickte in einem Meer von Blut und Tränen.
Aus den Wirren der Französischen Revolution hat sich dann Napoleon Bonaparte nach oben gespült. Im Jahr 1798, also im Geburtsjahr Hofhackers, übernahm er die Macht in Frankreich. 1804 ließ er sich zum Kaiser krönen.
Die deutschen Fürsten taten alles, um im Schatten des großen Napoleon aufzusteigen. Napoleon hatte Pläne zur Gestaltung Europas. Unsere heutigen Europapläne sind dagegen armselig im Vergleich zu dem, was Napoleon bis nach Russland geplant hatte.
Der Kurfürst Friedrich von Württemberg, genannt der dicke Friedrich, für den man die Schreibtische aussägen musste, damit er darauf Platz fand, versprach, Truppenkontingente zu stellen. Dafür wurde er mit der Königswürde belohnt.
Friedrich war ein ungeheuer harter Vater. Sein Sohn, der spätere König Wilhelm I., Erfinder des Volksfestes, der Landesbibliothek, der Staatsgalerie und anderer Einrichtungen, wurde von seinem Vater oft so mit dem Stecken geschlagen, dass sein Kopf verbunden werden musste.
Wilhelm war zeitlebens durch Liebesentzug in der Jugend geschädigt. Ganz jung lernte er Charlotte Abel kennen und wollte sie heiraten. Doch als man ihm sagte, er sei Kronprinz, floh er mit der Braut nach Frankreich. Dort brachte sie ein Kind zur Welt. Wilhelm ließ sie sitzen und heiratete schnell, um nicht in die napoleonischen Heiratspläne verwickelt zu werden, eine bayerische Herzogin.
Später ließ er sich von ihr scheiden und heiratete die Königin Katharina von Russland, genannt Rotenberg. Sie verstarb bald darauf. Danach heiratete er die fromme Königin Pauline, mit der er furchtbar unglücklich war.
Am besten lebte er mit der Schauspielerin Amalie Stubenrauch zusammen.
Was bedeutete das für unser Land? Wenn Sie heute die Affären um Clinton hören, sehen Sie, was Regenten ihrem Land vormachen – doch Liebesentzug schon in der Jugend hinterlässt tiefe Spuren.
Hofackers frühe Jahre und Ausbildung
Der Vater Hofacker ließ sich im Jahr 1812 nach Oeschingen bei Tübingen versetzen. Es war der Wunsch jedes württembergischen Pfarrers, möglichst in die Nähe der Landesuniversität zu kommen – nicht zuletzt wegen der günstigeren Studienbedingungen für die Kinder. So erhielt Vater Hofacker die Pfarrei Oeschingen für ein Jahr übertragen. Dort wurde Ludwig Hofacker konfirmiert.
Doch schon nach einem Jahr erging der Befehl von König Friedrich, genannt der „dicke Friedrich“. Der Pfarrer, der in Stuttgart sehr geschätzt war – Pfarrer Leonhardskirche – war beim König in Ungnade gefallen. Er wurde in die „Pampa“ nach Oeschingen versetzt. Den begabten Pfarrer Hofacker hingegen wollte der König in Stuttgart haben.
Inzwischen hatte der König über tausend neue Erlasse zur Neuordnung des Königreichs erlassen. Zum kleinen Württemberg war inzwischen das Hohenlohe-Gebiet durch Napoleon hinzugefügt worden. Das gesamte Oberland bis Friedrichshafen – nun hatte König Friedrich auch einen Hafen – musste neu geordnet werden. Dieses neue Kirchengebiet mit eigenen Gesangbüchern und Oberlandgemeinden erforderte eine Umstrukturierung.
Der König ernannte Hofacker, der mit seinem „Knurren wie ein numidischer Löwe“ für seine klare Meinung bekannt war, zum Amtsdekan. Das bedeutete nicht, dass er für die Stiftskirche zuständig war, sondern für das Amt Stuttgart, das sich von Blieningen bis zu Fnaussen erstreckte. Hofacker sollte Dekan in Stuttgart werden, während der bisherige Amtsinhaber in die „Wüste“ geschickt wurde.
Wir sehen hier Stuttgart um 1825: Links die Stiftskirche und rechts gerade noch im Bild die Leonhardskirche. Die Leonhardskirche war nur eine Predigtkirche; Amtshandlungen wie Trauungen und Taufen fanden bis etwa 1870 in der Stiftskirche statt. Auch die Hospitalkirche und die Leonhardskirche dienten ausschließlich als Predigtkirchen.
Der Friedhof an der Leonhardskirche war bereits aufgehoben. Als letzter Rest des Friedhofs ist das Kreuz zu sehen, das heute noch als Original in der Hospitalkirche steht. An der anderen Seite verläuft die Hauptstädterstraße. Der heutige Wilhelmsplatz war damals die Richtstätte von Stuttgart mit Galgen, an dem mit dem Schwert enthauptet wurde.
In der Nähe dieser Richtstätte wohnte Hofacker mit seinen Eltern. Sein Vater sagte liebevoll zu ihm: „Oh Mendle, du bist nicht so begabt wie die anderen, wie Karl und Max, die Schreiber werden, ich würde heute sagen Notare oder Verwaltungsbeamte.“ Doch Hofacker wollte Pfarrer werden.
Schließlich schaffte er es, am Tag der Völkerschlacht von Leipzig 1813 in Schöntal aufgenommen zu werden. Schöntal war eines der neuen Klöster, das früher nicht zu Württemberg gehörte und als Klosterschule im ehemaligen fränkischen Hohenlohe-Gebiet geführt wurde. Hofacker stieg später als Zwischeneinsteiger in die Promotion ein. Einer seiner engsten Freunde war Albert Knapp, der große Liederdichter, der das Leben Hofackers liebevoll, wenn auch manchmal mit zu viel dichterischem Schwung, beschrieben hat.
Nach einem Jahr ging Hofacker nach Maulbronn. Offenbar litt er dort ähnlich wie später Hermann Hesse und viele andere Seminaristen unter dem harten Drill der Seminarschulen, die als Kaderschmieden für die württembergische Pfarrerschaft dienten. Man muss wissen, dass sich die Pfarrer in Württemberg durch die gemeinsame Seminarzeit viel besser kannten als in anderen Landeskirchen. Man konnte dem anderen kaum etwas vormachen.
In Maulbronn erhielten die Lehrer Hofacker 1816 ein fragwürdiges Zeugnis zum Abschied: „Hofacker ist zu allem fähig.“ Das war sowohl positiv als auch negativ gemeint.
Hier sehen wir noch einmal einen Blick auf das Weltkulturerbe Maulbronn, die Eingangshalle des Paradieses. Dort spielte Hofacker mit seinen Kameraden Kegel. Er konnte die Kugel am besten schieben. Ein weiteres Bild zeigt einen ähnlichen Blick, links zwei Kegel spielende Jungen, zwar nicht im Paradies, sondern außen. Es sind allerdings deutlich jüngere Buben als die Seminaristen, die dort lebten.
Bis 1816, also bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr, war Hofacker in diesem Kloster. Anschließend wechselte er ins evangelische Stift nach Tübingen, die Ausbildungsstätte, ein ehemaliges Augustiner-Eremitenkloster. Dort lebten etwa 140 Theologiestudenten, die vom Staat versorgt wurden. Bis heute gibt es dort Stipendien.
Hofacker studierte zunächst zwei Jahre Philosophie und trat der Verbindung Solidia bei, einer Studentenverbindung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, alles andere als „solid“ zu sein. In den Stiftsakten finden sich immer wieder Einträge über vermuteten Alkoholmissbrauch und wiederholte Karzerstrafen.
Bis 1818 sagte Hofacker: „Ich möchte ein rechter Pfarrer werden, so wie ich jetzt lebe, kann ich nicht Pfarrer werden.“ Von heute auf morgen zog er sich in Askese zurück. Er aß und trank kaum, lebte in einem Holzstadel des Stifts, betete und sagte, dass ihm beinahe die Haare ausfielen. Er taumelte an den Abgründen der Schwärmerei, auf der Suche nach Selbsterlösung, bis ihn ein Freundeskreis zum Studium der Bibel holte.
Die Bibel war in jenen Jahren zum Volksbuch geworden, was nicht selbstverständlich war. Das hängt auch mit der Stuttgarter Gegend zusammen. Das zweite Haus links in der Christophstraße war das erste Bibelhaus, später gab es die Bibelanstalt vorne an der Hauptstätterstraße. 1830 entstand das Bibelhaus in der Christophstraße.
Die Stuttgarter Bibelanstalt machte die Bibel zum Volksbuch. Hofacker sagte später: „Es liegt viel, viel, viel in der Bibel. Sie macht uns Jesus groß. Lest nicht so viel in anderen Schriften, lest mehr in der Bibel.“ Das war ihm wichtig.
Durch die Bibel wurde er selbst zurechtgebracht. Sie zeigte ihm Jesus nicht als neuen Gesetzgeber oder Moraleinpauker, sondern als den Befreier von allem, was uns wie mit tausend Stricken in die Hölle zieht.
Das fiel auch bei den homiletischen Seminaren auf, die damals noch im Speisesaal des Stifts abgehalten wurden. Es wurde gemunkelt: „Der Hofacker ist Pietist geworden.“ Für einen Theologen war das damals ein Todesurteil. Ein Pietist galt nicht mehr als ernsthafter Theologe.
Doch Hofacker hielt seine Probepredigt mit Freude und Überzeugung, sodass sogar die Professoren beeindruckt waren.
Hier sehen wir das Abschlusszeugnis aus dem Jahr 1820. Hofacker absolvierte das Examen Stück für Stück, nicht wie heute in einem Durchgang. Im Zeugnis heißt es: „Orationem Sacram“, also die heilige Rede, die Predigt, habe er mit guter Disposition und Gliederung gehalten. Er habe sie frei vorgetragen und mit nachdrücklicher Stimme den Hörern nahegebracht. Die Predigt war in Latein geschrieben.
Schon damals erkannte man, dass Hofacker eine besondere Gabe für die Predigt hatte.
Krankheit und Ende der Predigttätigkeit in Stuttgart
Im August 1820 geschah beinahe das Examen, das kurz vor der Vollendung stand. An diesem Weg, der vom Stift hinausführt, sieht man oben noch ein Stück der Treppe, die hinauf zur alten Busse führt. Damals war dort das Klinikum der Tübinger Universität. Genau an dieser Ecke brach Hofhacker zusammen.
Man weiß nicht genau, ob es ein Sonnenstich, ein epileptischer Anfall oder ein anderer Vorfall war. Beim Sturz schlug er sich den Kopf schwer an dem Blitzableiter auf, dessen elektrische Leitung man noch erkennen kann. Mit einer schweren Schädelverletzung wurde er in die Krankenstube des Stifts gebracht. Auch der Mediziner war unsicher, da Krämpfe hinzukamen. Man wusste nicht genau, ob es wirklich Epilepsie oder etwas anderes war.
Man holte den damaligen Basler Missionsprediger Graf Felician Zaremba. Dieser betete etwa zwei Stunden kniend am Krankenbett, doch kein Wunder geschah. Krank und mit dick verbundenem Kopf wurde Hofhacker nach Stuttgart gebracht, ins Dekanatshaus, also ins Elternhaus.
Im September, nachdem die Wunde etwas abgeheilt war, versuchte man erneut, ob er nicht doch wieder gesund werden könnte. Er kam nach Stetten im Remstal und schrieb seinem Freund knapp: „Ich bin so schwach, dass ich mich nur auf die Gnade Jesu verlassen kann, die er am Kreuz für mich erworben hat.“ Dieses Kruzifix aus Stetten im Remstal erinnert daran.
Nur drei Wochen später kam erneut eine Krankheitsphase dazwischen. Man versuchte es noch einmal in Plieningen auf den Filtern, wo der Pfarrer schwer krank geworden war. Hofhacker wurde in diese etwa 2000 Seelen zählende Gemeinde hineingeworfen, doch er konnte die Aufgabe nicht länger als über die Weihnachtszeit und den Anfang des Konfirmandenunterrichts ausüben.
Er hätte die Konfirmanden gern zur Konfirmation geführt, doch er schaffte es nicht. Er musste wieder krank werden. Man sagt, er sei nervenkrank gewesen. Ein Nervenfieber führte dazu, dass er nach Stuttgart gebracht wurde.
Dort erhielt er eine völlig falsche Behandlung von einem Doktor Zahn in Calw. Dieser meinte, man müsse den Körper purgieren, also morgens und abends harte Einläufe machen, damit der ganze Darm entleert werde. Der ganze Darm sei wie lahmgelegt gewesen.
Diese Behandlung raubte Hofhacker als jungem Mann vermutlich die ganze Kraft. Er konnte keine Sonne ertragen und musste immer im Schatten sitzen. Auch Stimmen konnte er nicht ertragen. Er saß in einem kleinen Garten, der heute in der Hauptstädterstraße liegt, ziemlich nahe beim Wilhelmsplatz. Das Haus steht nicht mehr. Vielleicht war es die Obere Bachstraße oder eine nahegelegene Straße. Das schöne Fachwerkhaus, das dort stand, war das Dekanatshaus.
In diesem Garten saß er im Schutz der Bäume, ohne einen Sonnenstrahl zu ertragen. Wie ein Toter musste er mitten unter Lebenden umherirren.
Wirken als Krankheitsvertreter und Prediger in Stuttgart
Dann kam die Zeit, in der der Vater immer schwächer wurde. Der numidische Löwe, ein Schlaganfall, hat ihn niedergestreckt. Zuerst hat Hofacker mit ein paar Beerdigungen ausgeholfen und einige Abendgottesdienste gehalten.
Im Januar 1823 beschloss das damalige Konsistorium, ihn als Krankheitsvertreter seines Vaters einzusetzen. Von da an bis Februar 1825 dauerte die eigentliche Wirksamkeit Hofackers – also gerade zwei Jahre.
Zuerst predigte er nachmittags und bei Abendgottesdiensten in der alten Hospitalkirche, die vor der Zerstörung zwar schon renoviert war. Die Kanzel, auf der Hofacker gepredigt hat, war wahrscheinlich weiter unten. Insgesamt haben wir den Eindruck, wie die Leonhardskirche ausgesehen hat, bevor sie Vesperkirche wurde – mit zwei großen Emporen und so weiter.
Wir machen weiter. Wir wissen, was Hofacker gepredigt hat, denn er hat seine Predigten selbst aufgeschrieben. Es sind ganz kleine Blättchen mit Minischrift. Außerdem hat Fräulein Charlotte Widersheim die Predigten mitgeschrieben.
So können wir ziemlich genau feststellen, dass das, was gedruckt ist, dem entspricht, wie Hofacker seine Predigten gehalten hat. Dies ergibt sich aus der Nachschreibung der gehaltenen Predigt und aus Hofackers Vorbereitung. Er hat frei gepredigt, war aber auch sehr gut vorbereitet.
Das ist Albert Gnapp, wie er später ausgesehen hat – ein richtiger Pykniker, aber ein Mann mit großer geistlicher Kraft. Wenn man nur die Lieder von Albert Gnapp betrachtet, die Sie auch mal in seinem Grab finden können – nicht im Hauptfriedhof, wie heißt der andere? Fangelsbach-Friedhof.
Die größte Wirkung hat Hofacker durch einen Freundeskreis von etwa dreißig Mitstudenten gehabt. Der führende Mann war zuerst Albert Knap. Albert Knap hat die meisten Impulse von Hofacker auch nach dessen Tod aufgenommen und weitergetragen.
So hat Albert Knap die von Hofacker begonnene sogenannte Predigerkonferenz weitergeführt. Hofacker wollte die Pfarrer sammeln, um geistliche Impulse zu geben. Es sollte eine Aussprache über die Probleme des Amtes stattfinden. Dieses Anliegen kam ursprünglich aus Herrnhut, wo die Herrnhuter zuerst eine Predigerkonferenz abgehalten hatten. Hofacker hat diese Idee aufgenommen, konnte sie aber nicht mehr selbst durchführen. Albert Knap hat sie zum Leben erweckt.
Später hat der Stuttgarter Stiftsprediger und Prälat Sixt Karl Kapff die Predigerkonferenz zur Blüte geführt. Über die Teilnehmer dieser Konferenz wurden die Anliegen Hofackers noch mehr als durch die Predigten selbst in württembergische Gemeinden hineingetragen.
Ein weiterer aus diesem Freundeskreis war Andreas Bräm. Das moderne Bild, das in Neukirchen am Niederrhein zu sehen ist – Sie kennen den Neukirchener Kalender – erinnert an seine große Einrichtung: ein Erziehungswerk für Menschen, die sonst ohne Vater und Mutter aufwachsen müssen, ähnlich wie bei uns Maria Berg oder anderen Einrichtungen.
Andreas Bräm war ein enger Freund von Hofacker. Wenn immer gesagt wird, Hofacker habe zu wenig über die soziale Verantwortung des Menschen und über politische Themen gesprochen, so gingen doch von ihm Impulse aus. Er hat nicht immer nur gesagt, was man tun müsse, sondern betont, dass der Heiland es macht. Plötzlich wurden Menschen erweckt, ihre eigene Fantasie zu benutzen und selbst etwas zu tun.
Ein weiterer war Doktor Christian Gottloh Barth, zuerst Pfarrer in Möttlingen, Vorgänger von Blumhardt. Dann schied er aus dem direkten Pfarrdienst aus und baute den Calwer Verlagsverein auf sowie das Jugend- und Erziehungsheim Stammheim. Er machte die Sache der Weltmission, besonders der Berliner Mission, der Basler Mission und der Herrnhuter in unserem Land heimisch.
Heute wird gesagt, der nickende Missionsnäger sei eine Erniedrigung des schwarzen Menschen. Aber viele Bilder, die heute für Missionen werben, sind noch viel erniedrigender. Damals war es eine geniale Idee, jungen Menschen mit kleinen Szenen die Sache der Mission nahezubringen. Das war eine Erfindung von Christian Gottloh Barth.
Hier nur ein paar Menschenfreunde, damit Sie sehen, wie die Anliegen von Hofacker multipliziert wurden.
Der engste Freund und Gefährte war Wilhelm Hofacker, der verhältnismäßig jung starb. Er begann in Stuttgart den ersten richtigen Jünglingsverein, aus dem später der CVDM entstand. Das gesamte, was wir heute in der evangelischen Jugendarbeit haben – Jugendwerk, Danningerstraße oder Freyingen, Häberlingstraße – geht auf Wilhelm Hofacker zurück und damit auf die Impulse von Hofacker.
Die jungen Menschen müssen in besonderer Weise betreut werden. Aber, wie gesagt, nicht durch Programme, sondern durch die Predigt vom Lamm, das gekreuzigt ist. Das soll den Hauptruf ausmachen.
Daran erinnert die Hostiendose aus Gärtringen, in der Gemeinde, in der Hofacker als Bub aufgewachsen ist. Es geht ja nicht um ein verspieltes Lämmlein, sondern in Gärtringen gibt es ein wunderbares Fenster, auf dem dargestellt ist: Das Lamm, das erwürgt ist, oben im Bild, ist würdig, genommen zu werden, Preis, Anbetung, Ehre und Dankmacht zu empfangen.
Die ganze Gemeinde betet diesen Jesus an, der für uns gestorben ist und sich festgelegt hat, unser Heiland sein zu wollen. Nicht für die Vollkommenen, sondern gerade für die Menschen, bei denen sehr viel danebengegangen ist.
Hofackers letzte Lebensjahre und Tod
Noch sterbend hat Hofacker auf ein Bild mit dem dorngekrönten Jesus gezeigt und gesagt: „Das ist mein Mann, den brauche ich, der versteht mich.“ Was zuvor in der Bibelarbeit besprochen wurde – der Menschensohn, der für mich gelitten hat – wurde hier lebendig.
Hier ist das Original dieser Darstellung, die einst an der Leonhardtskirche hing und jetzt in der Hospitalkirche zu sehen ist: dieses eindrucksvolle Bild des gekreuzigten Jesus.
Noch ein paar Zitate aus der Kreuzespredigt von Hofacker: „Wir wüssten nicht, wie wir mit Jesus dran wären, wenn wir nicht am Kreuz gelitten hätten.“ Sieh da die Majestät Jesu! Da ist dein König. Wer kann es schon wie er mit einem Wort das Himmelreich aufschließen? Wahrlich, du wirst mit mir im Paradies sein – dein König am Kreuz mit unbeschränkten Vollmachten.
Noch einmal dieses Bild des Gekreuzigten, diese Kreuzigungsszene, die schon zur Zeit von Hofacker an der Leonhardskirche war. Das Bild ist immer mit ihm gegangen: „Ewig soll er mir vor Augen stehen, wie er als ein stilles Lamm dort so blutig und so bleich zu sehen hängend an das Kreuzstamm.“
Er wäre gern in Stuttgart geblieben, nicht auf der Pfarrstelle seines Vaters als Dekan, sondern als zweiter Pfarrer, als Diakonus. Es gab eine Unterschriftenaktion bei den Stuttgarter Bürgern, die sich dafür einsetzten, dass eher dieser Prediger bleiben sollte. Zu seinen Gottesdiensten kamen Tausende, schon Stunden vorher war die Kirche überfüllt, die Menschen standen in den Gängen und auf den Emporen, die kaum Platz boten. Es war, als ob ein Kornfeld im Wind sich wiegt – diese Menschenmasse in Erwartung der Predigt.
Sie gingen still wieder aus dem Gottesdienst hinaus, getroffen vom Ruf hin zu Jesus, und wanderten dann drei bis vier Stunden zurück nach Skoy oder Schönbuch. „Lass doch diesen Hofacker in Stuttgart!“ Doch er sagte: „Meines Bleibens an einem Ort ist sowieso nicht lange. Die Leute werden sonst den schärfsten Senf gewöhnt mit meiner Predigtart.“ Außerdem wollte das Konsistorium ihn nicht dort haben. Es gab viel Neid, weil er mehr Menschen zu den Gottesdiensten zog als hochgeachtete Prälaten.
Deshalb bewarb er sich um Osweil und andere Pfarreien und bekam schließlich Rielingshausen, hinter Marbach. Das Pfarrhaus in Rielingshausen bezog er mit seinem nervenkranken Bruder Maximilian und seiner verwitweten Mutter.
1826 war die Gemeinde hochverschuldet. Sie hatte sich beim Umbau ihrer Kirche völlig übernommen und dem Konsistorium gesagt, das wäre etwas für Hofacker. Das war im Grunde eine Gemeinheit.
Wie wir sehen, war im Jahr 1825, als Hofacker seine Predigtätigkeit an der Leonhardskirche beenden musste, sein Nervenleiden so stark geworden, dass man zuerst versuchte, in Gais, in Tainach und sogar in Sankt Moritz Kuren zu machen, die jedoch nichts halfen. Zur Jahreswende 1825 wurde das Leiden so gewaltig, dass er von Ärzten festgehalten werden musste und im Bett bleiben musste.
Dann war es, als ob die Krankheit sich gebrochen hätte, und langsam trat eine Besserung ein. Doch man bemerkte, dass die eigentliche Ursache eine Tuberkulose war. Hofacker musste sich den linken Ringfinger amputieren lassen. Doch die Tuberkulose hatte sich bereits in den Beinen und der Lunge ausgebreitet. Der ganze Körper war, wie wir heute sagen würden, „verkrebst“.
So konnte er in den zwei Jahren in Rielingshausen nur noch selten im Bett liegen; er musste immer in einem Sessel sitzen, weil er sonst keine Luft bekam. Das war also Rielingshausen.
Im Juni 1826 trat er seinen Dienst in Rielingshausen an, doch die Investitur, die Amtseinsetzung, konnte erst am zweiten Advent 1826 stattfinden, weil Hofacker krank und geschwächt war.
Selbst auf diesem uralten Foto, das wir glücklicherweise noch aufgetrieben haben, sieht man bei der Amtseinsetzung, wie Hofacker seine linke Hand unter dem Barett verbirgt. Die verstümmelte, durch Tuberkulose aufgeschwollene Hand, die nicht so eklig aussehen sollte, wurde bei der Amtseinsetzung verborgen.
Ich möchte noch einmal seinen Ausruf wiedergeben: „Wie in Stuttgart“, hat er gesagt, „wenn man mich auf die Kanzel tragen müsste.“ Doch da es ihm selten vergönnt war, sagte er auch: „Vielleicht soll ich doch meine Predigten herausgeben, damit für unseren Herrn noch etwas geschieht.“
Gleichzeitig prüfte er sich vor Gott: „Ist das nicht Hochmut von mir? Und selbst wenn ich Geld damit mache, nehme ich den einfachen Leuten, die die Predigten kaufen, nicht zu viel Geld ab. Ich brauche es für meinen Maximilian.“
Seine Mutter war gestorben, und er musste den Markt einsetzen. „Das ist keine Ehrenkäserei, ich bin nicht vom Sorgengeist zerfressen.“ Man merkt, dass sich die Krankheit auch in der Verantwortung vor Gott äußerte – ein heimliches Widerstreben gegen den Willen Gottes.
Er fragte Brüder in Stuttgart, die ganzen Josen, Hans Loder und andere, ob es nicht recht sei. Sie ermutigten ihn: „Eine Predigt muss herauskommen.“
Die Kirche, wie sie heute in Rielingshausen steht, mit dem schönen Giebel des Pfarrhauses dahinter, zeigt oben eingezeichnet das Grab, in dem bald Hofacker seine Mutter bestatten musste.
Sie war eine sehr nüchterne Frau. Wenn Hofacker sagte: „Mutter, ich habe manchmal Angst, dass sich auch ein Hochmutsgeist bei mir einschleicht, wenn ich sehe, wie die Männer mit ihren Reisestöcken schon Stunden vorher in die Leonhardskirche gehen“, antwortete sie: „Oh, wenn man deinen Leib zweimal am Tag purgieren muss, wenn man Einläufe machen muss, willst du dich noch groß tun? Sei froh, wenn du mit deiner Predigt durchkommst.“
Also war sie eine sehr nüchterne Frau. Sie hat ihn nicht mehr begleitet. Doch ab dem Moment, als sie nicht mehr da war, mit ihrer fast manchmal harten Kritik, war es, als würde sie das fortsetzen.
„Ich will mich prüfen vor meinem Herrn. Ach, ich habe es doch gar nicht verdient, dass Jesus sich um mich kümmert. Ich habe doch tausendmal mehr die Hölle verdient als den Himmel.“
Einmal las sein Freund Wilhelm Roos ihm am Krankenbett ein Lied vor, in dem es hieß: „Von den goldenen Gassen am kristallnen Meer.“ Hofacker erwiderte unwirsch: „Das ist zu flott für mich. Da gehöre ich nicht hin.“
Wie es oft bei Krankenbesuchen passiert, wenn man nicht das richtige Wort findet, war Wilhelm Roos ganz betroffen und wagte kaum noch, seinen Freund zu besuchen. Acht Tage später kam er wieder und traf ihn fast heiter an.
„Wie ist der Wechsel gekommen?“ fragte er.
Da zeigte Hofacker auf das Altarkreuz von Gertringen und sagte: „Ich habe mir klargemacht, was für eine Sünde und Schande es ist, dass der Heiland seine gekreuzigten Liebesarme dauernd zu mir ausstreckt, und ich halte mich noch mit meinem Zweifel und Kleinglauben für so wichtig, dass ich es dauernd abwehre und sage: Ich bin es nicht wert, ich kann es nicht glauben.
Jetzt habe ich mich einfach entschlossen, es gelten zu lassen, dass der Heiland seine Liebesarme auch zu mir ausstreckt, und seitdem ist es mir wohl.“
Ich brauche den Heiland.
Letzte Stunden und Vermächtnis
Das Grab von Mutter Hofhacker befindet sich zur Rechten. Im gleichen Grab ist auch Hofhacker bestattet. Er starb am 18. November und wurde am 22. November 1828 beigesetzt. Sein letzter Ruf war „Heiland, Heiland“.
Da sein ganzer Körper durch Tuberkulose und Wassersucht stark angeschwollen war, wurden zunächst Einschnitte in die Beine gemacht. Aus diesen Einschnitten lief die Lymphe heraus, die wie beißendes Wasser wirkte. Der Gestank war so stark, dass er ihn kaum ertragen konnte. Er sagte, er dürfe nicht so viel trinken.
Als der Arzt ihm dann mitteilte, dass er diesen Tag nicht überleben werde, bemerkte er: „Ich habe gehört, dass sich bei Sterbenden am Gesicht bereits abzeichnet, dass sie eine spitze Nase bekommen und die Backenknochen hervortreten.“ Er bat um einen Spiegel. Dann sagte er: „Doch ja, die Nase ist spitz geworden. Darf ich jetzt Wasser trinken, so viel ich will?“
Er blieb nüchtern und bat nicht darum, dass man mit ihm betet oder die Bibel holt. Seine einzige Frage war, ob er jetzt so viel Wasser trinken dürfe, wie er wolle. Schon zuvor hatte sein Freund knapp gesagt, dass er vom Sauerbrunnen in Cannstatt, Kursaal, so viel getrunken habe, dass es manchmal wahrscheinlich zu viel war. Aber das war bereits Teil seiner Krankheit.
Noch einmal zurück zum letzten Bild in Maulbronn: Der Seminarist saß oft unter dem eindrücklichen Bild des gekreuzigten Jesus. Dort sah er: „Sieh an deinen Bürgen auf Gethsemane und auf Golgatha, wie er sich krümmt unter der Last deiner Schuld, nur damit du frei wirst und dass es für dich gilt: Heute mit mir in der Welt Gottes, im Paradies.“
Herr, hilf uns, dass wir auch durch die Zeuginnen und Zeugen, die du uns geschenkt hast, zu einem echten, lebendigen Glauben und zu einer tiefen Verbundenheit mit dir kommen. Amen.