Die Verheißung der Wiederherstellung und das Licht Gottes
Ich will jetzt den Predigttext verlesen aus Jesaja 60. Das ist die Prophezeiung Jesajas, wie die Weltvölker zum Berg Zion wandern. Es geht um die Wiederherstellung Israels, doch diese wird zusammen mit den Heidenvölkern erfolgen.
Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir. Denn siehe, Finsternis ist bedeckt das Erdreich und dunkel die Völker. Aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.
Und die Heiden, das sind die Weltvölker, die im Hebräischen „Goyim“ heißen. Das wissen Sie, das ist auch im Jiddischen noch ein bekanntes Wort gewesen. Die Heiden werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt und kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen, und deine Töchter werden auf dem Arm hergetragen werden.
Dann wirst du deine Lust sehen und vor Freude strahlen. Dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt.
Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Ephah. Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen. Alle Herden von Kedar sollen zu dir gebracht werden.
Sie sollen als ein wohlgefälliges Opfer auf meinen Altar kommen, denn ich will das Haus meiner Herrlichkeit zieren.
Persönliche Erinnerungen an Glaubenszeugnisse und geistliches Wachen
Liebe Schwestern und Brüder,
ich habe die Berichte von meiner Urgroßmutter durch einen Onkel erhalten. Er erzählte sie uns damals oft in unserer Jugendzeit. Er berichtete, wie es für ihn war, wenn er als Student aus Tübingen auf die Schwäbische Alb kam, ins großelterliche Haus. Dort saß die blinde Großmutter.
Es gab ein Gespräch: „Wie geht es dir? Ist er auch etwas vespertüchtig?“ Kaum war das getan, sagte sie: „So, jetzt lies mir zuerst etwas aus dem Heidenboden vor.“ Das war damals das Missionsblatt. Mein Onkel erzählte oft, wie er sich wunderte, dass diese blinde Urgroßmutter die ganzen Länder der Welt kannte. Sie war nie verreist, aber sie kannte sie, weil sie eine Beterin war und mitgetragen hat, was in Russland und Asien geschah – in Birma oder Indien.
Sie kannte die Namen missionarisch. Es ist ein Kennzeichen geistlich wacher Christen, dass sie umtreibt, wie das Licht Jesu in die Finsternis der Welt hineinleuchtet.
Bei uns heute bewegt es viele, wenn Menschen hungern, leiden oder Kinder sterben, weil sie nicht genug zu essen haben. Aber geistlich wache Menschen bewegt es auch, wie viele Christen es eigentlich in Somalia gibt. Man kann sie wahrscheinlich an zwei Händen abzählen. Es gibt kaum noch welche.
Wie viele Hörer sind bei den Evangeliumssendungen für Somalia überhaupt registriert? Wer hat dort einen Fernkurs gemacht? Das muss uns ebenfalls bewegen, denn nicht die äußeren Gaben allein machen ein Menschenleben aus, sondern die Sehnsucht der Menschen nach dem Licht des Lebens.
William Carey und die Anfänge der modernen Weltmission
Der erste große Rufer der Weltmission der Neuzeit war William Carey, ein Schuhmacher. In seiner Werkstatt in England hatte er eine selbstgemalte Weltkarte aufgehängt. Er sammelte alle Berichte, die er über die Völker der Welt erhielt.
William Carey war der erste große Rufer zur Weltmission und Gründer der bedeutenden Baptistenmission in England im Jahr 1792. Er hielt eine berühmte Ansprache, in der er sagte, er erwarte Großes von Gott und wolle Großes für Gott unternehmen. Er war der Erste; niemand war ihm zuvorgegangen, und kein Theologe stand ihm zur Seite.
Dann ging er nach Indien. Doch zeitlebens blieb ihm die Stadt Kalkutta verschlossen. Die englischen Indigo-Pflanzer verweigerten ihm den Zutritt zu ihren Plantagen. So blieb ihm nur das dänische Serampore, das heute ein Mittelpunkt des Reiches Gottes in Indien ist.
William Carey – und wenn ich im Dezember noch in Nordostindien war, habe ich dort oben die Bibelübersetzungen von ihm gefunden. Er übersetzte die Bibel in Sprachen, in denen es noch keine Christen gab. Er schuf zehn Grammatiken und eine unzählige Zahl von Bibelübersetzungen. Ein Mann, der brannte, damit Menschen endlich das Licht Jesu empfangen.
Die Bedeutung des persönlichen Lichts und geistlicher Wachheit
Was ist das für ein Geheimnis mit der Weltmission? Das muss doch allen bekannt werden, das müssen doch alle hören, das muss in die Welt hinaus. Jesus hat diesen Dienst bestätigt wie kaum einen anderen. Und wir erhalten so viel Ermutigung, wenn wir uns hinter diesen Dienst stellen.
Ich möchte heute nur zwei wichtige Punkte aus diesem Wort hervorheben. Zuerst muss man selbst das Licht ergreifen. Mache dich auf, werde Licht! Sie haben es sich sicherlich auch schon oft vorgenommen und als Ziel gesetzt: Ich möchte in meinem Leben mehr von diesem Licht Jesu weiterstrahlen lassen. Aber man kann es nicht selbst erzwingen.
Für uns ist es immer wichtig zu fragen: Wie öffnen wir uns für dieses Licht Jesu? Kann Jesus überhaupt richtig in unser Leben hineinleuchten? Finsternis bedeckt das Erdreich und dunkelt die Völker – oder wie es hier in Kapitel 60 heißt: Finsternis bedeckt das Erdreich. Auch unser Herz, unsere Gedanken sind finster.
Mir hat es seit jeher im Dienst der Weltmission sehr geholfen, dass die Berichte der Missionare unmittelbar für mich waren. Der Kampf, den sie draußen mit dem Heidentum führen, ist der Kampf meines Lebens, der geistliche Kampf.
Denken Sie bitte nie: „Ja, wir sind Christen, und jetzt wollen wir den anderen auch noch das Christentum bringen.“ Wir wissen doch, wie der Teufel wütet. Wir wissen doch, wie es in unserem Leben dunkle Mächte gibt, die uns in die Schwermut ziehen, wie der Zweifel nagt und wie wir von der Sünde verführt werden.
Die Kampfberichte der Mission sind auch für uns.
Die Herausforderung der eigenen Sünde und das Licht Gottes im Leben
Darf ich noch einmal von meinen Vorfahren erzählen? Es war noch ein paar Generationen weiter zurück, vor der Urgroßmutter. Da gab es auch einen jener Bauern auf der Schwäbischen Alb. Einer der Söhne sagte zu seinem Vater: „Vater, siehst du nicht? Dort sind doch die Ehrenleserinnen, die armen Leute, die versuchen, noch etwas auf dem Feld zu holen.“
Auf den Albfeldern gibt es ohnehin nicht viel Getreide, weil der Boden so karg ist. Der Sohn sagte weiter: „Siehst du, eine von den Ehrenleserinnen ließ schon vor den Garben etwas liegen, obwohl die Garben noch gar nicht zusammengebunden sind.“
Der Vater antwortete: „Du, ich sehe es wohl, aber ich lasse sie gerade machen, weil ich gespürt habe, wie sich bei mir der Geiz regt. Und dann habe ich gedacht, der muss sterben.“
Wenn wir von der Mission sprechen, sollten wir genauso spüren, wie mächtig die Sünde in unserem Leben ist. Wir sollten in allem sagen: „Herr, bereite doch dein Licht in meinem Leben aus.“
Wie viele unheimliche Gedanken sind in unserem Kopf! Mache dich auf, werte Licht! Lass doch diesen Jesus in dein Leben hinein. Gib ihm Raum, dass er dich erfüllt und dein Leben neu macht.
Die Sehnsucht der Völker nach dem Licht Jesu
Und jetzt noch das Zweite:
Überall suchen Menschen nach dem Licht. Durch den großen Wohlstand, den wir ganz unverdient nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten haben, ist unser Denken nicht mehr im Gleichgewicht. Wenn wir an die Dritte Welt denken, denken wir immer nur an Armut, an Almosen, die wir geben, an Sozialhilfe und an Entwicklungshilfe.
Jeder, der einmal in den armen Ländern mit der Gemeinde Jesu zusammenkommt, ist erstaunt, wie dort die Menschen nach Jesus verlangen. Auf einer Reise, die ich noch in wenigen Tagen im Dezember in dem für Ausländer sonst ganz gesperrten Nordostindien unternehmen konnte, wurde ein Haus eingeweiht. In diesem Haus werden Farmer und Landwirte von den Bergstämmen an der Grenze zu Burma in besserer Landwirtschaft ausgebildet.
Brüder haben dieses Haus aufgebaut. Dann kam der Leiter der dortigen Methodistenkirche zu mir und sagte: „Wir dürfen das hier gar nicht sagen, wegen der hinduistischen Regierung Indiens. Unsere ganze Sehnsucht ist doch, dass dieses Haus eine Bibelschule wird, in der Evangelisationsboten ausgebildet werden, die den Namen Jesu in die letzten Dörfer dieser Berge tragen.“
Ich darf es in so einem Kreis einmal sagen, weil man es nicht publizieren kann. Die indische Regierung ist sehr allergisch gegen Missionsversuche. Wenn man dann sieht, wie Menschen erzählen und sagen, dass es für sie eine solche Befreiung war, als Jesus in ihr Leben trat und die dunklen Mächte von ihnen gewichen sind, dann ist das sehr bewegend.
Vor meinen Augen steht noch ein junger Evangelist aus Arunachal Pradesh. Ich konnte dieses Land nicht besuchen, aber alle sagten, es sei noch viel schöner als Kaschmir. Es ist auch für Inder sehr schwer zu bereisen, denn es liegt an der tibetischen Grenze. Es ist eine Provinz, in der nur eine Stammesbevölkerung lebt.
Dieser Evangelist kam zu mir und sagte: „Meine ganze Familie lebt noch im Geisterglauben. Ich weiß nicht, was wird, wenn mein Vater stirbt. Ich muss die Beerdigung ausrichten. Ich kann doch nicht die Dämonenpriester zur Beerdigung holen. Was soll ich machen?“
Dann habe ich gefragt: „Warum bist du Christ geworden?“ Er erzählte, wie das in seinem Leben war. Er sagte: „Da hat mein Leben begonnen, als ich aus dieser Angst vor den Dämonen heraustreten konnte, die mein Leben beherrschten. Ich durfte mein Leben Jesus weihen.“
Das steht hier: „Sie werden kommen aus allen Völkern.“ (Matthäus 8,11)
Die Herausforderung und Wahrheit der Weltmission
Die Weltmission war immer ein Unternehmen, das von den Christen weitgehend übersehen wurde. Selbst Martin Luther konnte für die Heidenmission nicht viel Begeisterung aufbringen und auch andere nicht. Manchmal sagt man, es sei einfach nicht die Zeit dafür gewesen. Ich weiß nicht, ob es nur die Zeit war, die es unmöglich machte, es zu tun.
Heute sprechen viele von der Wiederherstellung Israels. Viele Christen sind sehr gespannt darauf, wann das mit Jerusalem geschehen wird. Wissen sie eigentlich, dass in den prophetischen Verheißungen von Jerusalem auch die missionierten Weltvölker eingeschlossen sind? Ich lese in den Büchern über Israel so wenig darüber. Das ist ebenfalls ein Zeichen dafür, dass wir die prophetischen Verheißungen in ihrer ganzen Fülle noch gar nicht begreifen können – unser Denken ist zu begrenzt.
Nur eines wissen wir: Heute wird die Gemeinde Jesu unter allen Völkern, Nationen und Sprachen gebaut.
Ich habe das in einem Buch des großen bayerischen Kirchenpräsidenten Hermann Betzel gelesen. Ich möchte es mit seinen Worten wiedergeben, weil es ein sehr ketzerisches Wort ist. Aber wenn ein Leiter, ein Kirchenpräsident einer Amtskirche, so etwas sagt, muss es schon wichtig sein.
Er sagt über die Mission: Sobald die Kirche ein von ihrem Herrn befohlenes Werk in ihre Ordnung aufnimmt, wird der Reichtum der Unmittelbarkeit weggenommen. Er meint damit, dass Mission immer nur eine Angelegenheit eines kleinen Freundeskreises gewesen ist, nie eine Sache der großen Kirchenorganisation.
Es war eine andere Zeit, vor hundert Jahren. Damals war noch nichts vorgeschrieben, alles war frei. Seit das Werk der Mission kirchliche Pflicht geworden ist, ist es auch kirchliche Mode geworden. Und wo Mode einkehrt, da weicht die Wahrheit.
Was ist die Wahrheit der Weltmission? Das Wort von der Bekehrung. Man kann Mission nicht anders betreiben. Das Wort der Mission lautet: Lass dich erleuchten! Eine Entscheidung ist nötig. Du musst in die Nachfolge Jesu treten. Das ist ein entschlossenes Wort, ein klares Wort.
Der Aufruf zum persönlichen Zeugnis und Engagement
Ich freue mich immer wieder, wenn ich am Erscheinungsfest hier diesen Gottesdienst halten kann. Es ist eine kleinere Gemeinde, aber ich hoffe, eine Gemeinde, die brennt – eine Gemeinde, in der Jesus in unserem Leben sein Licht leuchten lässt.
Betzel schließt diese Predigt zum Erscheinungsfest über diesen Text mit einem flammenden Aufruf ab. Er sagt: Natürlich braucht die Mission deine Gaben, natürlich braucht die Mission deine Gebete. Aber was sie noch nötiger braucht, ist ein flammendes Jesuszeugnis.
Das ist das Herzstück der Mission: Menschen, die überwältigt sind und es nicht lassen können. Menschen, die solange sie leben, dafür eintreten, dass es hinausdrängt bis an die Enden der Welt. Finsternis muss weichen, und das Licht Jesu muss scheinen. Amen.