Reinigung und Neuanfang im Glauben
Wir müssen im Glauben zu ihm kommen, um rein gewaschen zu werden. Wir sind nicht von uns aus rein oder besser, sondern weil Gott uns durch sein Blut gereinigt hat. Er hat uns reingewaschen.
Andi hat das vor einigen Monaten in seiner Taufe bezeugt, wie er reingewaschen wurde. Es ist ein schönes Bild, das Gott uns selbst gegeben hat, um uns das vor Augen zu führen.
Wir sollen zu einem neuen Leben stehen. Ein Leben, das wir nun in der Nachfolge Jesu führen sollen – in seiner Reinheit, im Hören auf sein heilsames Wort und im Vertrauen darauf, dass er uns einen guten Weg weist.
Aber manchmal ist es eben anders. Manchmal schwappt das Schmutzwasser dieser Welt in das Boot der Gemeinde. Dann sind die Ältesten gefordert. Sie sollen eingreifen und diesen Leuten, diesen frechen, unnützen Schwätzern und Verführern, das Maul stopfen. Sie sollen sie scharf zurechtweisen – besonders dann, wenn diese Menschen nicht nur wie die Welt um uns herum leben, sondern in der Gemeinde auch noch als Schmutz schleudern wirken.
Das war das Problem: Sie verwirrten und leerten ganze Häuser. Das darf nicht sein. Deshalb ist scharfer Widerspruch notwendig. Es muss in der Gemeinde jedem deutlich werden, dass das nicht hineinpasst. Welt und Gemeinde sind inkompatibel.
Erkennen und Abgrenzen von Irrlehrern
Im weiteren Verlauf erklärt Paulus, woran man diese Personen erkennt. Woran erkennt man also diese frechen, unnützen Schwätzer und Verführer?
Es ist leichter gesagt als getan, sie tatsächlich zu identifizieren. Sonst bräuchten wir diese Warnung nicht. Deshalb gibt uns Gott durch Paulus hier einige Hinweise.
Ich möchte vier Punkte nennen, werde aber aufgrund der Zeit nicht allzu tief in den Text einsteigen.
Spalterische Wirkung und Verwirrung
Das Erste: Sie wirken spalterisch. Das bedeutet, man muss ihnen das Maul stopfen, weil sie ganze Häuser verwirren.
Offenbar gehen diese Irrlehrer in Häuser, also in kleinere Gruppierungen innerhalb der Gemeinden von Kreta, hinein und bringen dort alles durcheinander mit ihren Lehren.
Das heißt, wenn wir merken, dass sich kleine Gruppen innerhalb einer Gemeinde plötzlich neuen Lehren zuwenden und sich vom Rest absondern, ist Vorsicht geboten.
Missachtung der biblischen Autorität
Das zweite Problem besteht darin, dass die Autorität der Bibel missachtet wird. In der Bibel heißt es nämlich nicht nur, dass solche Personen Verwirrung stiften, sondern auch, dass sie lehren, was nicht sein darf. Das bedeutet, sie verbreiten falsche Lehren.
Diese Lehren stehen offensichtlich im Widerspruch zu der heilsamen biblischen Lehre, die in der Gemeinde Raum haben sollte. Häufig beginnt das damit, dass zunächst die Autorität der Bibel selbst infrage gestellt wird. Man zweifelt vielleicht an der Klarheit der Schrift und behauptet, die Bibel sei gar nicht so eindeutig. Stattdessen sagt man, man sollte es anders machen.
Deshalb ist es wichtig, stets darauf zu achten, dass das, was gelehrt wird, anhand der Schrift geprüft wird. Nur weil etwas logisch oder schlüssig klingt, ist es noch lange nicht wahr.
Gottes Wort ist glaubwürdig, vollkommen autoritativ und klar. Die Bibel ist das Maß aller Dinge. Sie hilft uns, richtige von falschen Lehren zu unterscheiden, und schützt uns davor, von diesen Irrlehrern verwirrt zu werden.
Eigensüchtige Motive der Verführer
Drittens sehen wir, dass sie eigennützige Motive verfolgen. In Vers elf heißt es, man müsse solchen Personen das Maul stopfen, weil sie ganze Häuser verwirren und lehren, was nicht sein darf, um schändlichen Gewinn willen.
Diese eigennützigen Motive müssen dabei nicht zwingend finanzieller Natur sein. Sie können auch andere Gründe haben. Es kann finanziell motiviert sein, aber genauso gut kann es sein, dass sie nach Einfluss streben oder Anerkennung suchen. Ganz oft wollen sie ihr eigenes Leben legitimieren.
Es ist interessant, dass ein falsches Leben oft eng mit falscher Lehre einhergeht. Interessanterweise wird die falsche Lehre scheinbar als Erstes für den Betroffenen wirksam. Für mich ist es immer wieder faszinierend, Gespräche mit jungen Leuten zu führen, wenn es um die Frage geht, ob Sex außerhalb der Ehe erlaubt ist. Bis zum Alter von sechzehn, siebzehn oder achtzehn ist das für sie eigentlich klar. Aber wenn dann die erste Beziehung kommt, wird es plötzlich unklar. Wenn man verheiratet ist, ist es eigentlich wieder klar.
Das trifft auf viele andere Bereiche ebenfalls zu. Falsches Leben führt also zu falscher Lehre. Diese eigennützigen Motive zeigen ein Verlangen, das ausgelebt werden will. Auch hier gilt es, wachsam zu sein. Schließlich erkennt man diese Verführer an ihrem Leben. Das ist der Abschluss unseres Textes: Sie behaupten, Gott zu kennen, verleugnen ihn aber durch ihre Werke.
Die Bibel sagt an anderer Stelle: An ihren Früchten wird man sie erkennen. Das heißt, lebt ein Mann oder eine Frau, die in der Gemeinde lehrt, ein vorbildliches Leben? Das ist der Auftrag an die Ältesten. Die Lehrer in der Gemeinde sollten vorbildlich leben und gut darauf achten. Diese Kriterien sind extrem wichtig.
Vor allem möchte ich in aller Klarheit sagen: Es ist nicht immer definitiv so, dass Älteste oder Pastoren immer die gute biblische Lehre lehren. Es kann durchaus notwendig sein, Ältesten zu widersprechen oder sie zurechtzuweisen.
Es wäre naiv zu glauben, dass wir immer Älteste haben, die die gute biblische Lehre vertreten und dass alles andere in der Gemeinde zwangsläufig falsch sein muss. Der Anpassungsdruck der Welt, egoistische Bestrebungen und Irrtümer können genauso Älteste betreffen. Dann ist es gut, wenn die Gemeinde wachsam ist und bereit, ihren Leitern und Lehrern zu widersprechen.
Dieser Aufruf gilt nicht nur den Ältesten, sondern uns allen. Wir sollten immer wieder darauf achten, was hier gelehrt wird. Entspricht das, was in der Gemeinde gelehrt wird – in Hauskreisen, in privaten Häusern, in Kleingruppen, aber auch im Gottesdienst – der heilsamen Lehre der Bibel? Dient es einem Leben in Frömmigkeit? Lässt es uns im Glauben wachsen? Handeln die Lehrer selbstlos und nicht selbstsüchtig? Sind sie bereit, sich korrigieren und belehren zu lassen?
Das Argument „Es war schon immer so“ ist kein biblisches oder lehrmäßiges Argument. Wir alle sollten bereit sein, einander von Gottes Wort her zu belehren und, wenn nötig, zu widersprechen. Vor allem dann, wenn sich falsche Lehre ausbreitet und Verwirrung oder Spaltung verursacht. Wenn sie dazu führt, dass der Sünder Raum bekommt, ist es notwendig, zu widersprechen.
Das führt uns zum dritten Punkt der Predigt: der Frage nach dem Ziel des Widerspruchs. Paulus nennt in unserem Predigttext konkret zwei Ziele. Warum ist Widerspruch manchmal gut und richtig?
Der erste Grund wird indirekt erwähnt: Es geht um den Schutz anderer Gemeindemitglieder. Den Verführern muss das Maul gestopft werden, weil sie ganze Häuser verwirren. Wenn Verführer nicht öffentlich widersprochen wird, breitet sich die Verwirrung und die Irrlehre weiter aus.
Es dient also dem Schutz der Herde, dem Schutz der Gemeinde, wenn Wölfe und Urlehrer als solche benannt und falsche Lehren widerlegt werden. Es ist klar, dass das total unpopulär ist. Vielleicht findest du es gerade auch irgendwie unangenehm, dass ich darüber spreche.
Die Verführer in den Gemeinden laufen ja normalerweise nicht mit einem Schild herum: „Ich bin ein Wolf, ich bin ein Verführer, ich bin unnütz und frech.“ Typischerweise tragen diese Wölfe Schafspelze. Sie schleichen sich in die Herde und sind bei einigen Schafen sogar beliebt.
Man kann kein ganzes Haus verwirren, wenn jeder sofort sagt, das sind Irrlehrer. Diese Leute haben normalerweise ein gewisses Ansehen. Öffentlich einer solchen Person zu widersprechen und ihr das Maul zu stopfen, wie Paulus sagt, ist unpopulär und unangenehm.
Ich kann ehrlich sagen: Keiner der Ältesten dieser Gemeinde sehnt sich danach, das zu tun. Wir wissen, dass wir uns damit unbeliebt machen. Du weißt, dass du dich unbeliebt machst, wenn du jemandem öffentlich widersprichst. Gleichzeitig ist es doch so wichtig.
Was wären das für Hirten, die nicht auf die Herde achten? Auch darin sind gerade die Leiter der Gemeinde gefordert, sich nicht dem Anpassungsdruck der Welt zu ergeben. Zivilcourage, öffentlicher Widerspruch und das Einschreiten, wenn etwas falsch läuft – das ist heute in der Welt nicht mehr besonders ausgeprägt.
Ich erinnere mich gut daran, wie ich vor einiger Zeit in der Straßenbahn erlebt habe, wie ein Betrunkener jemandem eine Zigarette ins Gesicht drückte und es zu einer Handgreiflichkeit kam. In meiner Naivität bin ich dazwischen gegangen. Der Straßenbahnfahrer rief die Polizei. Die Polizei ermahnte mich und sagte: „Junger Mann, das war ganz schön bescheuert. Der war bewaffnet.“ Auf gut Deutsch: Zivilcourage ist keine gute Idee.
Gerade am letzten Wochenende war ich mit meiner Tochter auf dem Spielplatz. Dort haben zwei Teenager gestritten: Der 17-Jährige hatte dem 15-Jährigen den Ball geklaut, und der 15-Jährige war außer sich vor Wut. Es waren viele Leute da, aber keiner ging dazwischen. Schließlich sind ein anderer Mann und ich hingegangen. In dem Moment warf der 17-Jährige den Ball zurück und rannte weg.
Es war schockierend für mich, zu sehen, wie sehr Menschen davor zurückschrecken, einzuschreiten, wenn etwas falsch läuft. Das drängt auch auf die Gemeinde ein.
Vor allem aber ist es nicht richtig, besserwisserisch zu meinen, man wisse es besser als andere und deshalb sei deren Meinung falsch. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, auch in der Gemeinde.
Betet dafür, dass Gott dieser Gemeinde immer wieder Älteste gibt, die bereit sind, sich unbeliebt zu machen und sich an die Front zu stellen, um einzugreifen, wenn es nötig ist, um die Wölfe von den Schafen zu trennen.
Keine Sorge: Ich predige diese Predigt heute nicht, weil wir in der Gemeinde gerade mit großen Irrlehren zu tun hätten. Gott sei Dank weiß ich von keiner Irrlehre von großem Ausmaß, die sich hier ausbreitet. Es ist einfach ein Predigttext, um uns zuzurüsten und uns zu helfen, wachsam zu bleiben für die Zeit, wenn es vielleicht mal nötig ist.
Paulus nennt noch einen zweiten Grund. Das war der erste zum Schutz der Herde, der zweite zum Wohl der Verführer. In Vers 13 lesen wir, dass der Widerspruch noch ein zweites Ziel hat: „Weise den Schaf zurecht, damit sie gesund werden im Glauben.“ Paulus hat dabei den Verführer selbst im Blick, damit er zurechtgewiesen werden kann und seinen Irrweg erkennt.
Dieser Auftrag kommt bewusst mit der Hoffnung, dem Sünder zu helfen, seinen Irrweg zu erkennen. Vielleicht ist er ja gar kein Wolf, sondern nur ein irrgeleitetes Schaf. Der Text gibt Raum für beides: für Ungläubige und für Unreine.
Von daher tun wir gut daran, den Mut zu haben, jemandem zu widersprechen, wenn es nötig ist. Ich sage das ganz persönlich: Wenn unser lieber Bruder Andi mal wieder auf dem falschen Weg sein sollte, tut man ihm einen Gefallen, wenn man ihm widerspricht.
Wenn euer Pastor auf dem falschen Weg gerät und sich in falsche Lehren verrennt oder falsch lebt, dann tut ihr mir und der Gemeinde etwas Gutes, wenn ihr ihm widersprecht. Dabei sollten wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Das Ziel ist, dass er gesund werde im Glauben. Auch Matthäus 18 macht deutlich, dass das Ganze nicht erst mit der Gemeindeleitung und Gemeindezucht beginnt, sondern im persönlichen Miteinander. Das Ziel ist immer dasselbe: den Bruder zu gewinnen, ihn zurückzugewinnen.
Galater 6,1 fordert uns auf, einander in einem sanftmütigen Geist zurechtzuhelfen. Das beginnt liebevoll und sanftmütig. Wenn jemand aber ein Dickschädel ist, wie Andi oder Matthias, braucht es manchmal klarere Worte.
Der Apostel Paulus wusste, wovon er sprach, denn er war selbst ein Dickschädel. Paulus brauchte das Eingreifen Jesu selbst, der ihm auf dem Weg nach Damaskus klar machte: „Du bist auf dem falschen Weg. Warum verfolgst du mich? Warum verfolgst du die Christen?“
Gerade durch diesen radikalen Widerspruch wurde aus dem Christenverfolger Saulus der Apostel Paulus. Das wissen wir alle, wir wissen, wie nötig wir das haben. Andi hat uns gerade Zeugnis gegeben, dass er selbst nach seiner Bekehrung immer wieder auf Irrwege gekommen ist.
Er braucht gute Lehre, so wie wir alle. Manchmal hätte er vielleicht früher einen klaren Widerspruch gebraucht, so wie wir alle. Unser Weg mit Jesus beginnt doch damit, dass uns jemand sagt: „Du bist auf dem falschen Weg.“
Widerspruch ist zwingend notwendig zur Bekehrung, denn Jesus sagt: „Tut Buße!“ Das heißt nichts anderes, als zu sagen: „Du bist auf dem falschen Weg, wende dich um und folge jetzt Jesus nach.“
Ihr Lieben, Widerspruch ist gut in der Gemeinde, wenn er biblisch begründet und in rechter Weise geübt wird. Ein guter Hirte liebt die Schafe und bemüht sich, verirrte Schafe wieder zurück auf den guten Weg zu bringen. Er sehnt sich danach, dass aus Wölfen Schafe werden. Deshalb wird er sie konfrontieren.
Das ist unser Auftrag, und wir sollen ihn erfüllen, gerade auch wenn wir wissen, dass manche Schafe erst einmal blöken, wenn man einen Wolf beim Namen nennt. Es ist gut für die Schafe, wenn die Wölfe entfernt werden. Es ist gut für die verirrten Schafe, wenn man ihnen sagt: „Du bist auf dem falschen Weg“ und sie zurückbringt.
So bete ich für dich und mich, dass wir bereit sind, als Schafe einander zu helfen, den guten Weg zu gehen. Dass wir einander im Leben genug Raum geben, um einander helfen zu können, wenn jemand vom Weg abkommt, wieder auf den guten Weg zu kommen.
Ich bete auch dafür, dass, wenn hier ein Wolf ist, Gott heute ein großes Wunder an ihm tut und er als Schaf nach Hause geht. Er soll erkennen, dass der Herr ihn von Grund auf verändern kann, so wie er Andi verändert hat.
Aus Menschen, die für sich selbst leben und ins Verderben laufen, werden Menschen, die Gott erkennen, für ihn leben und das ewige Leben ererben.
Damit komme ich zum Ende dieses Predigttextes und dieser Predigt. Ich hoffe, dass diese harten Worte uns zeigen, dass wir einen guten Gott haben, der uns über alles liebt. Er gibt seiner Gemeinde Menschen, die sie lehren und leiten sollen und die als Vorbilder dienen.
Gerade deshalb ruft er diese Männer in besonderer Weise und uns alle dazu auf, aufeinander Acht zu geben. So wird die heilsame Lehre viel Raum haben. Die heilsame Lehre allein führt dazu, dass Menschen zum Glauben kommen und im Glauben in der Erkenntnis wachsen. Sie führt zu einem guten Leben und zum Ziel ihres Glaubens: dem ewigen Leben, das Gott verheißt.
Gott lügt nicht, denn er liebt uns. Amen.
Wachsamkeit und gegenseitige Korrektur in der Gemeinde
Vor allem möchte ich in aller Klarheit sagen: Es ist nicht immer definitiv so, dass die Ältesten oder die Pastoren letztendlich Recht haben. Es ist nicht garantiert, dass die Ältesten immer die gute biblische Lehre vertreten.
Das heißt, es kann durchaus notwendig sein, Ältesten zu widersprechen oder sie zurechtzuweisen. Es wäre naiv zu glauben, dass wir immer Älteste haben, die die reine biblische Lehre verkünden und dass alles andere, was in der Gemeinde aufkommt, zwangsläufig falsch sein muss.
Der Anpassungsdruck der Welt, egoistische Bestrebungen und auch Irrtümer können ebenso die Ältesten betreffen. In solchen Fällen ist es gut, wenn die Gemeinde wachsam ist und bereit ist, ihren Leitern und Lehrern zu widersprechen.
Dieser Aufruf gilt nicht nur den Ältesten, sondern uns allen. Wir alle sollten immer wieder darauf achten, was hier gelehrt wird. Entspricht das, was in der Gemeinde gelehrt wird – sei es in Hauskreisen, in privaten Häusern, in Kleingruppen oder auch im Gottesdienst – der heilsamen Lehre der Bibel?
Dient es einem Leben in der Frömmigkeit? Lässt es uns im Glauben wachsen? Sehen wir, dass die Lehrenden selbstlos und nicht selbstsüchtig handeln? Sind die Lehrer selbst bereit, sich korrigieren und belehren zu lassen?
Das Argument „Es war schon immer so“ ist kein biblisches Argument und auch kein Lehrargument. Wir sollten alle bereit sein, einander von Gottes Wort her zu belehren und, wenn nötig, einander zu widersprechen.
Besonders dann, wenn falsche Lehre sich ausbreitet, zu Verwirrung und Spaltung führt oder dazu, dass der Sünder auf einmal Raum bekommt, ist es notwendig, zu widersprechen.
Die Ziele des Widerspruchs in der Gemeinde
Und das führt uns zum dritten Punkt der Predigt, zur Frage nach dem Ziel des Widerspruchs. Paulus nennt in unserem Predigttext konkret zwei Ziele. Warum ist Widerspruch manchmal gut und richtig?
Der erste Grund wird indirekt erwähnt: Es geht um den Schutz anderer Gemeindemitglieder. Den Verführern muss das Maul gestopft werden, weil sie ganze Häuser verwirren. Das heißt, wenn Verführern nicht öffentlich widersprochen wird, breitet sich die Verwirrung weiter aus. Ebenso verbreiten sich die Irrlehren weiter.
Es dient also dem Schutz der Herde, dem Schutz der Gemeinde, wenn Wölfe, wenn Urheber falscher Lehren als solche benannt werden und diese Lehren widerlegt werden. Und, ihr Lieben, es ist, glaube ich, klar, dass das total unpopulär ist. Vielleicht findest du es gerade auch irgendwie ganz schön doof, dass ich über so etwas rede.
Die Verführer in den Gemeinden laufen ja normalerweise nicht mit einem Schild herum, auf dem steht: „Ich bin ein Wolf“, „Ich bin ein Verführer“, „Ich bin frech und unnütz“. Typischerweise tragen diese Wölfe Schafspelze. Sie schleichen sich in die Herde und sind teilweise erst einmal bei einigen Schafen beliebt.
Ich kann ja kein ganzes Haus verwirren, wenn jeder sofort sagt, das sind Irrlehrer. Das heißt, diese Leute haben normalerweise ein gewisses Ansehen. Und jetzt einer solchen Person öffentlich zu widersprechen, ihr das Maul zu stopfen, wie Paulus sagt, ist unpopulär und unangenehm.
Ich kann ganz ehrlich sagen: Ich glaube, keiner der Ältesten dieser Gemeinde sehnt sich danach, das zu tun, denn wir wissen, dass wir uns damit unbeliebt machen.
Du weißt, dass du dich unbeliebt machst, wenn du jemandem öffentlich widersprichst. Gleichzeitig ist es doch so wichtig. Was wären das für Hirten, die nicht auf die Herde achten?
Das heißt auch, dass gerade die Leiter in der Gemeinde gefordert sind, sich nicht dem Anpassungsdruck der Welt zu ergeben. Zivilcourage, öffentlicher Widerspruch, das Einschreiten, wenn etwas falsch läuft – das ist heute in der Welt nicht mehr besonders ausgeprägt.
Das allein ist schon Widerspruch. Ich kann mich gut daran erinnern, vor einiger Zeit in der Straßenbahn erlebt zu haben, wie ein Betrunkener jemandem eine Zigarette ins Gesicht gedrückt hat. Es kam zu einer Handgreiflichkeit. In meiner Naivität – der Typ war ungefähr so groß wie ich, aber deutlich schwerer – bin ich dazwischengegangen.
Der Straßenbahnfahrer rief die Polizei, und die Polizei ermahnte mich und sagte: „Junger Mann, das war ganz schön bescheuert. Der war bewaffnet.“ Auf gut Deutsch: Zivilcourage ist keine gute Idee.
Was ich gerade am letzten Wochenende erlebt habe, zeigt das auch. Ich war mit meiner Tochter auf dem Spielplatz. Dort haben zwei Teenager gestritten. Einer war vielleicht 17, der andere etwa 15. Der 17-Jährige hatte dem 15-Jährigen den Ball geklaut, der 15-Jährige schrie und war stinksauer, völlig außer sich.
Es waren viele Leute da, aber keiner ging hin. Nachher sind ein anderer Mann und ich hingegangen. In dem Moment warf der 17-Jährige den Ball zurück und rannte weg. Für mich war es schockierend, das aus einiger Entfernung zu beobachten. Es ist erschreckend zu sehen, wie sehr Menschen davor zurückschrecken, einzugreifen, wenn etwas falsch läuft.
Das drängt auch auf die Gemeinde ein. Und vor allem dieses besserwisserische Verhalten, zu meinen, was der andere sagt, sei falsch und ich wisse es besser – das geht schon mal gar nicht. Jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung, auch in der Gemeinde.
Ihr Lieben, betet dagegen an, dass Gott dieser Gemeinde immer wieder Älteste gibt, die bereit sind, sich unbeliebt zu machen, die bereit sind, sich an die Front zu stellen und einzugreifen, wenn es nötig ist, um die Wölfe von den Schafen zu trennen.
Und keine Sorge: Ich predige diese Predigt heute nicht, weil wir es gerade irgendwo mit großen Irrlehren in der Gemeinde zu tun haben. Gott sei Dank weiß ich von keiner Irrlehre in großem Ausmaß, die sich in dieser Gemeinde ausbreitet.
Es ist einfach der Predigttext, um uns zuzurüsten und uns dabei zu helfen, wachsam zu bleiben für die Zeit, wenn es vielleicht mal nötig ist.
Das zweite Ziel: Heilung und Wiederherstellung
Paulus nennt noch einen zweiten Grund. Der erste diente dem Schutz der Herde, der zweite dem Wohl der Verführer. In Vers 13 lesen wir, dass dieser Widerspruch ein weiteres Ziel hat: Weise die Schafe zurecht, damit sie gesund werden im Glauben.
Paulus hat dabei den Verführer selbst im Blick, der die Schafe zurechtweisen kann. Er soll dem Betroffenen helfen, seinen Irrweg zu erkennen. Das heißt, dieser Auftrag kommt ganz bewusst mit der Hoffnung, dem Sünder zu helfen, seinen Irrweg zu erkennen. Vielleicht ist er ja gar kein Wolf, sondern nur ein irrgeleitetes Schaf.
Der Text scheint für beides Raum zu geben, nämlich für Ungläubige und einfach nur für Unreine. Von daher tun wir gut daran, den Mut zu haben, jemandem zu widersprechen, wenn es nötig ist. Ich sage das mal ganz persönlich: Wenn unser lieber Bruder Andi mal wieder auf dem falschen Weg sein sollte, dient es ihm, wenn man ihm widerspricht. Es tut ihm einen Gefallen.
Wenn euer Pastor auf dem falschen Weg gerät und sich in irgendeine falsche Lehre verrennt oder falsch lebt, dann tut ihr mir und der Gemeinde etwas Gutes, wenn ihr ihm widersprecht. Und das sollten wir natürlich so tun, dass wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Wohlgemerkt, das Ziel ist, dass er gesund werde im Glauben.
Oder denken wir an Matthäus 18, wo deutlich wird, dass das Ganze nicht erst mit der Gemeindeleitung und Gemeindezucht beginnt – also etwa mit dem Gemeindeausschuss –, sondern dass es im persönlichen Miteinander anfängt. Dort ist das Ziel immer dasselbe: den Bruder zu gewinnen, ihn zurückzugewinnen.
Galater 6,1 macht deutlich, dass wir einander zurechthelfen sollen in einem sanftmütigen Geist. Das ist das Ziel. Und das beginnt ganz liebevoll und sanftmütig. Wenn da aber ein Dickschädel ist, so wie Andi oder Matthias, dann braucht es manchmal vielleicht klarere Worte.
Der Apostel Paulus wusste, wovon er sprach, denn er war selbst ein Dickschädel. Er brauchte das Eingreifen Jesu selbst. Jesus machte ihm auf dem Weg nach Damaskus klar und deutlich: „Du bist auf dem falschen Weg! Warum verfolgst du mich? Warum verfolgst du die Christen?“ Gerade durch diesen radikalen Widerspruch wurde aus dem Christenverfolger Saulus der Apostel Paulus.
Das wissen wir doch alle. Wir wissen, wie nötig wir das haben. Andi hat uns gerade Zeugnis davon gegeben, dass er selbst nach seiner Bekehrung immer wieder auf Irrwege kam. Er braucht gute Lehre, so wie alle von uns. Manchmal hätte er vielleicht früher einen klaren Widerspruch gebraucht – so wie wir alle.
Unser Weg mit Jesus beginnt doch damit, dass uns jemand sagt: „Du bist auf dem falschen Weg.“ Das heißt, Widerspruch ist zwingend notwendig zur Bekehrung. Denn Jesus sagt: Tut Buße! Das heißt nichts anderes, als zu sagen: Du bist auf dem falschen Weg, wende dich um und folge jetzt Jesus nach.
Widerspruch als Ausdruck von Liebe und Verantwortung
Ihr lieben, Widerspruch ist gut in der Gemeinde, wenn er biblisch begründet ist und in rechter Weise vorgebracht wird. Dann ist Widerspruch tatsächlich hilfreich.
Ein guter Hirte liebt seine Schafe und bemüht sich darum, verirrte Schafe wieder auf den guten Weg zu bringen. Er sehnt sich danach, dass aus Wölfen Schafe werden. Deshalb wird er sie auch konfrontieren.
Das ist unser Auftrag, und das sollen wir tun. Gerade dann, wenn wir wissen, dass manche Schafe, wenn ein Wolf beim Namen genannt wird, zunächst verwirrt sind und vielleicht erst einmal „blöken“. Es ist gut für die Schafe, wenn die Wölfe entfernt werden. Ebenso ist es gut für die verirrten Schafe, wenn man ihnen sagt, dass sie auf dem falschen Weg sind, und sie zurückbringt.
So bete ich für dich und mich, dass wir als Schafe bereit sind, einander zu helfen, den guten Weg zu gehen. Dass wir uns im Leben genug Raum geben, um einander zu unterstützen, wenn jemand vom Weg abgekommen ist, damit er wieder auf den guten Weg kommt.
Ich bete auch dafür, dass, wenn hier ein Wolf ist, Gott heute an dir ein großes Wunder tut. Dass du als Schaf nach Hause gehst, weil du erkennst, dass der Herr dich von Grund auf verändern kann – so wie er Andi verändert hat. Aus Menschen, die nur für sich selbst leben und ins Verderben laufen, werden Menschen, die Gott erkennen, für ihn leben und das ewige Leben ererben.
Abschluss: Die Bedeutung der heilsamen Lehre und der Gemeinde
Damit komme ich zum Ende dieses Predigttextes, dieser Predigt.
Ich hoffe, dass diese harten Worte uns zeigen, dass wir einen guten Gott haben, der uns über alles liebt. Gerade deshalb gibt er seiner Gemeinde Menschen, die sie lehren und leiten sollen und die als Vorbilder dienen.
Gott ruft diese Männer in besonderer Weise und uns alle dazu auf, aufeinander Acht zu geben. So wird die heilsame Lehre viel Raum haben.
Die heilsame Lehre allein ist es, durch die Menschen zum Glauben führt und im Glauben in der Erkenntnis wachsen lässt. Diese Erkenntnis führt zu einem guten Leben und zum Erreichen des Ziels unseres Glaubens: das ewige Leben, das Gott verheißen hat. Gott lügt nicht, denn er liebt uns. Amen.