Verehrte, liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde!
Im Jahr 1976, bei unserem ersten Stuttgarter Gemeindetag im Neckarstadion, war das Regenwetter, das den ganzen Tag von unserem Herrn zurückgehalten wurde, bereits am Himmel zu sehen. Wir hatten einen gesegneten Tag ohne Störung hinter uns, obwohl die Polizei uns gewarnt hatte. Sie sagte, es sei ein Tag vor dem Beginn des Bader-Mainhof-Prozesses, und es könnte sein, dass Bomben losgehen. Trotzdem erlebten wir einen ungestörten Tag.
Bevor ich die Organisation und Verantwortung übernehmen durfte, um die Gemeinde zu entlassen, damit sie noch rechtzeitig zu den Bussen kommen konnte, bevor dort Regen niederprasselte, flüsterte mir mein Freund Fritz Grünzweig zu: „Sprich noch ein Segenswort!“
Da wurde mir das Wort zugeteilt: „Der Gott des Friedens, der von den Toten herausgeführt hat, den großen Hirten der Schafe, unseren Herrn Jesus Christus, durch das Blut des ewigen Bundes, der mache euch fähig, zu allem Guten zu tun seinen Willen, und schaffe in euch, was vor ihm gefällig ist, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre in der Gemeinde, jetzt und zu aller Zeit. Amen.“
Ein großartiges Segenswort!
Nachher kam eine Teilnehmerin auf mich zu und fragte: „Von wem ist das Wort? Ist das von Heinemann oder von Bonhoeffer?“ Ich konnte ihr sagen, dass es am Schluss von Hebräer 13 steht.
Große Segensworte stehen in unserer Bibel. Eines davon will uns heute beschäftigen: aus dem fünften Buch Mose, der Segen des Greisen Mose über den Stamm Asser: „Dein Alter sei wie deine Jugend!“ (5. Mose 33,24).
Gedanken zu Segensworten und ihre Bedeutung
Bevor wir diesen Abschnitt lesen, ein paar Gedanken zu den Segensworten.
Es war bei einer Evangelisationsveranstaltung der Heilsarmee in Ulm. Ich wollte im Namen der evangelischen Gemeinden grüßen. Ich dachte, es sei eine Versammlung mit Hunderten von Teilnehmern. Es sollte der schweizerisch-australische General Cachelin die Ansprache halten. Als ich ankam, waren im Saal der Heilsarmee sechs Bläser, die mehr schlecht als recht spielten. Außerdem waren Herr General Cachelin und seine Frau, die Leutnantin von Ulm, zwei Obdachlose und ich anwesend.
Herr General Cachelin sprach als Segenswort: „Der Gott des Friedens heilige dich durch und durch.“ Ich höre es heute noch. Dann wiederholte er es und sagte nochmals: „Er heilige dich durch und durch.“ Dabei schaute er die beiden Obdachlosen an, aber auch mich. Dieses Segenswort hat mich tief berührt.
Ähnlich ging es mir mit einem Segenswort, das mir einst ein ganz liberaler Gemeindepfarrer bei meiner Ordination im Jahr 1955 mitgegeben hat: „Predige das Wort zur Zeit und zur Unzeit. Es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden.“ Dieses Wort hat mein Leben bestimmt. „Predige, auch wenn sie es nicht hören wollen. Predige das volle, klare Evangelium, denn sie werden sich selbst Lehren aussuchen“, so heißt es im 2. Timotheusbrief, „nach denen ihnen die Ohren jucken.“
Segensworte! Unsere Mutter hat uns immer erzählt, wie sie als junges Mädchen Abschied von ihrem sterbenden Stiefgroßvater Meier im Harthaus bei Karlsruhe genommen hat. Er legte ihr die Hand auf und sagte: „Möge Gott Großes mit dir vorhaben.“
Meine Mutter hat nie Frauenkreise geleitet oder Vorträge gehalten. Sie sagte immer: „Ich sehe meine Aufgabe in der Familie, für meinen Mann da zu sein, für ihn zu beten, wenn er in der Politik tätig ist und Verantwortung trägt, und für meine Söhne und meine kleine Tochter zu beten.“ Aus diesem Gebet hat Gott unheimlich Großes geschaffen – einen ganzen Kreis von Menschen, die gesegnet wurden.
Segensworte!
Ein solches Segenswort soll uns heute beschäftigen. In der Christenheit hat in den letzten Jahren der Toronto-Segen eine Rolle gespielt. Ich weiß gar nicht genau, worin dessen Besonderheit bestand. Das Gebet des Jabot wurde immer wieder erweitert: „Erweitere meine Grenzen.“ Doch Mose hat etwas ganz anderes gebetet in seinem Segenswort für den Stamm Asser.
Wir wollen das einmal in unserer Bibel aufschlagen, im 5. Buch Mose, Kapitel 33.
Der Segen des Mose über Asser im fünften Buch Mose
Dies ist der Segen, mit dem Mose, der Mann Gottes, die Israeliten vor seinem Tod segnete. Er sprach: Der Herr ist vom Sinai gekommen und hat ihnen vom Berg Seir her geleuchtet, einem Berg, der dem Sinai-Gebirge gleicht. Er ist erschienen vom Berge Paran her und zog nach Meribat Kades.
Gott ist nicht nur lokalisiert, sondern er geht mit uns. In seiner Rechten ist ein feuriges Gesetz für sie. Wie sehr hat er sein Volk geliebt! Alle Heiligen sind in seiner Hand.
Ich würde am liebsten den ganzen Text weiterlesen, aber jetzt wollen wir uns hauptsächlich auf den Segen über Asser konzentrieren.
Vers 24: Und über Asser sprach er: „Asser ist gesegnet unter den Söhnen. Er sei der Liebling seiner Brüder und tauche seinen Fuß in Öl. Von Eisen und Erz sei der Riegel deiner Tore.“
Und nun kommt dieses Wort: „Dein Alter sei wie deine Jugend.“ Es gibt keinen Gott wie den Gott Jeschuruns, der am Himmel daherfährt, dir zu Hilfe. In seiner Hoheit ist er auf den Wolken. Zuflucht ist bei dem alten Gott und unter den ewigen Armen.
Persönliche Erfahrungen mit Segensworten und Gottes Gegenwart
Der alte Seelsorger Johann Christoph Blumhart, von dem in der Christenheit immer wieder gemunkelt wird, er könne Dämonen austreiben und Kranke heilen, legte viel größeren Wert darauf, für seine Mitmenschen zu beten und die Gegenwart Gottes über sie anzurufen. Für ihn war die Zuflucht bei dem alten Gott.
Vor seinem Tod segnete er seinen Sohn Christoph Blumhardt, der später Abgeordneter in Württemberg wurde, mit den Worten: „Ich segne dich zum Siegen.“ Das wäre ein Segen, den man gerne erhalten würde – zum Siegen gesegnet zu sein.
Im weiteren Leben von Christoph Blumhardt lief es jedoch mit dem Siegen nicht so gut. Er bemerkte, dass er sich von der Spur seines Vaters entfernt hatte. Ganz anders ist das Segenswort, das der greise Mose über Asser gesprochen hat: „Dein Alter sei wie deine Jugend.“
Ach, wie gerne hätte ich so ein Segenswort über mir gehört! Bei meinen Enkeln wird zum Geburtstag das Lied gesungen: „Wie gut, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst.“ Das haben sie bei mir in den letzten dreißig Jahren nicht gesungen. Sie haben Angst vor dem kranken Großvater und überlegen stattdessen, ob sie diesmal zwanzig oder fünfzig Euro bekommen.
„Wir hätten dich sonst sehr vermisst“ – das hätte vielleicht besser gepasst. „Dein Alter sei wie deine Jugend.“
Die Geschichte des Stammes Asser und seine Bedeutung
Es wird uns erzählt, dass Asser unter merkwürdigen Umständen geboren wurde. Lea, die eigentlich die ungeliebte Frau Abrahams war, bekam Kinder, während Rahel keine Kinder hatte. Als Lea sechs Söhne hatte und aufgehört hatte zu gebären, sagte sie stolz zu Abraham: „Nimm meine Magd Silpa als Nebenfrau und zeuge mit ihr Kinder. Ich möchte nur Söhne haben.“
Als dann Asser geboren wurde, sozusagen als Stiefsohn über Silpa, nahm Lea ihn auf den Schoß und sagte: „Wohl mir, jetzt werden mich selig preisen alle Kindeskinder.“ Diese Formulierung ist bekannt. Später nahm Maria sie im Lobpreis auf, wie in Lukas 1, wo es heißt: „Nun werden mich selig preisen alle Kindeskinder.“ Die Ursprünge liegen bei Lea, die sagte: „Ich habe noch einen Sohn, wie herrlich ist der da!“ Wahrscheinlich sagte sie dazu auch: „Dies herzige Kerlchen, ach, wie schön ist es!“ So wie wenn man in ein Kinderbettchen hineinsieht – diese Vollkommenheit, die Fingerchen bis hin zu den Fingernägeln, alles da, die Augen, die Augenbrauen – es war herrlich!
Offenbar war das bei Asser später nicht mehr so. Wir hören nicht davon, dass Asser gesagt hat: „Leute, das könnt ihr mit Joseph nicht machen, den könnt ihr nicht in die Grube werfen.“ Er protestierte nicht, als Joseph an die Midianiter verkauft wurde. Er gehörte zu denen, über die Joseph später sagte: „Ihr dachtet es böse mit mir zu machen.“ Da war nichts mehr von einem „Halleluja, was für ein herrlicher Kerl ist Asser!“ Aus dem Segen des Mose lese ich heraus – hoffentlich lese ich nicht zu viel hinein – dass Asser der Liebling seiner Brüder sein möge. Wenn das ein Wunsch war, wird doch vorausgesetzt, dass die anderen gesagt haben: „Den Asser kann es vergessen, der war ein bisschen schwierig.“
Später wissen wir vom Stamm Asser genau, wo er lebte. Wenn man sich eine Karte von Israel zum Mittelmeer vorstellt, dann ist da diese Kante am Karmel. Dort, an der Kante vom Karmel, lebte der Stamm Asser lieblich in seinen Buchten. Es war wohl schön am Meer. Als Deborah und Barak Israel zum Kampf gegen den König Jabin und seinen Feldhauptmann Sisera aufriefen, heißt es in Richter 4: „Asser aber blieb ruhig an seinen Buchten.“ Was soll ich in den Kampf gehen? Raus aus Afghanistan – Entschuldigung, nicht Afghanistan, hier – warum soll ich in den Kampf gehen? Wir haben es doch gut hier, ich möchte nicht mein Blut vergießen.
Offenbar haben die anderen Stämme ihn dann so gereizt: „Stamm Asser, du bist ja ein Feigling, du bist ein Verräter an der Gemeinschaftssache.“ Ich lese jetzt etwas in den Text hinein: Als Gideon zum Kampf gegen die Midianiter aufrief, war Asser unter den Ersten, die sich rufen ließen. Er war ein richtiger Wackelpeter. Einmal sagte er: „Nein, ich mache nicht mit,“ und das andere Mal: „Jetzt muss ich mitmachen, damit ich nicht blamiert bin.“ So werden quer durch die Bibel Geschichten erzählt.
Als König Saul im Kampf mit den Philistern umgekommen war, war der Stamm Asser der Erste, der sich zu Ischboschet, dem Sohn Sauls, schlug und nicht zu David. Versehen Sie sich einmal so: Das hat schon Mose geahnt, dass da eine merkwürdige Art im Leben des Asser und seiner Nachkommen ist. Ach, er gibt, dass er doch der Liebling seiner Brüder wird. Sein Alter sei wie seine Jugend, dass man sich an ihm freuen kann.
Lektionen aus biblischen Erzählungen für das Alter
Wenn Sie die Bibel lesen, mit ihren vielen anschaulichen Berichten, wird Ihnen deutlich, dass wir als ältere Menschen etwas davon lernen können. So kann unser Gebet werden: „Herr, auch meine alten Tage sollen sein wie meine Jugend.“
Es wird erzählt von Rebekka, die schön und lieblich anzusehen war und einsatzbereit. Man berichtet, wie sie ihren großen Wasserkrug getragen und gefüllt hat, um auch die Kamele des Elieser zu tränken. Sie war schön und anmutig, heißt es in den Berichten.
Als Elieser dann im Namen seines Herrn Isaak um sie geworben hatte und sie bereit war, ins fremde Land zu gehen – als Frau Isaaks –, sagten die Angehörigen, darunter Laban: „Ach, es bleibt doch noch da, du kannst nicht so schnell aufbrechen, wir müssen zuerst richtig Abschied nehmen.“ Wahrscheinlich meinten sie: „Wir müssen noch packen, eine Aussteuer zusammenstellen, überlegen, was du alles mitnimmst.“
Doch Elieser sagte: „Haltet mich nicht auf, der Herr hat Gnade zu meiner Reise gegeben, ich muss los zu meinem Herrn.“ Dann fragten sie Rebekka: „Wie denkst du darüber?“ Und sie antwortete spontan: „Ich will mit ihm ziehen.“ Nicht nur lieblich, sondern auch einsatzbereit.
Diese Spontaneität behielt sie auch im Alter. Als es darum ging, ihrem Lieblingssohn Jakob einen Vorteil gegenüber Esau zu verschaffen, war sie schnell bereit, einen Trick zu finden. Wie man dem Vater zwar kein Reh, aber als Reh getarnten Braten vorsetzen kann.
Spontan, aber gegen den eigenen Ehemann. Die Rivalität zwischen den Söhnen wurde unterstützt. Wie viel Not gibt es in Familien, wenn es Lieblingskinder gibt oder wenn Kinder den Eindruck haben, der andere oder die andere werde bevorzugt. Spätestens bei der Erbauseinandersetzung bricht es dann auf.
Da ist alle Klugheit, alle Spontaneität, alle Schönheit der Rebekka vergessen gewesen. Auch mit ihren Schwiegertöchtern hatte sie Schwierigkeiten. Diese machten Jakob und seiner Frau Isaak und Rebekka nur Herzeleid.
Wir freuen uns, wenn unsere Kinder die richtigen Lebensgefährten gefunden haben. Und es gibt ja nicht umsonst die vielen Geschichten und Geschichtchen über böse Schwiegermütter. Oft sind sie gar nicht so böse. Aber oft haben die Schwiegertöchter den Eindruck, unsere Schwiegermutter sei nicht ganz einig mit uns.
Ach, was so schön angefangen hat, wo Rebekka so anmutig geschildert wird, endet im Alter nur als Schatten. Verstehen Sie, warum man beten kann: „Mein Alter sei wie meine Jugend.“ Als man sich noch darüber freute, dass man geboren wurde, als das herzige kleine Rolfle, das liebe Kind.
Und jetzt ist halb Württemberg gegen mich. „Dein Alter sei wie deine Jugend.“ Meine Frau sagt oft: „Wenn dich doch mehr Menschen gern hätten.“
Vertrauen und Gottes Beistand in allen Lebenslagen
David, du kommst zu mir, Goliath, mit Schwert, Spieß und Schild. Aber ich komme zu dir im Namen des lebendigen Gottes. Saul, ich brauche deine Rüstung nicht, sie ist mir zu schwer. Der Gott, der mir beigestanden hat, als der Löwe in die Herde eingebrochen ist, der Berglöwe, den ich erwürgte, und als der Bär kam – dieser Gott wird mir auch helfen. Voll Gottvertrauen und voller Spontanität.
Als der Prophet Samuel ins Haus des Isai kam, ließ er Eliab, Abinadab und die anderen Söhne an sich vorübergehen. Sind das alle Knaben? Nein, da ist noch einer, der Stippich, draußen bei den Schafen. Dann kam er, und in der Bibel steht, er war bräunlich und schön.
Im Alter, ja, das steht in der Bibel, hat David auch das Alter genutzt, um klar Schiff zu machen. „Herr, verzeihe mir die Sünden meiner Jugend.“ Da war nicht nur Gottvertrauen in der Jugend, sondern offenbar auch manche dunkle Geschichte. Wohl dem, dem die Sünden vergeben sind, dem der Herr die Sünde nicht zurechnet.
Auch die Geschichte, als der alte David in Jerusalem blieb, während seine Armee vor Rabba Amman lag, dem heutigen Amman. Die Feldhauptleute sagten: „Majestät, bleiben Sie zu Hause, Sie sind älter, Sie holen sich einen Schnupfen da draußen.“ Und er blieb zu Hause. Dann kam die Versuchung über ihn, als er Bathseba sah.
Einer meiner Seelsorger in früher Jugend hat mir einmal in einer stillen Stunde gesagt, für ihn sei das wichtigste Gebet: „Herr, bewahre mich vor dem lüsternen Blick.“ Damals war er zweiundachtzig. Es steht in der Bibel, das Alter sei wie die Jugend – bräunlich und schön, von Gott gesegnet. Alles mein Vertrauen auf Gott gesetzt.
Wie Samuel sprach: „Herr, dein Knecht hört, ich bin bereit, deine Worte zu hören und weiterzugeben.“ Und im Alter kam das Volk Israel zu ihm und sprach: „Du hast deine Söhne eingesetzt zu Richtern über Israel, und sie tun Unrecht und nehmen Geschenke an. Schaffe uns einen König.“ Die ganze Not mit dem König in Israel kam daher, weil Samuel nicht mehr daran dachte, wie das mit den Söhnen des Eli war, dass er sie nicht gewehrt hat. Bei den eigenen Söhnen war die Liebe größer, als dass er sie kritisierte. Und dann kam Not über Israel.
Ach, wie viele Geschichten stehen in der Bibel, die uns deutlich machen, dass ein wichtiges Gebet lautet: „Mein Alter sei wie meine Jugend.“
Das Beispiel Kalebs als Vorbild für Vertrauen im Alter
Es soll so sein wie bei Kaleb, der in jungen Jahren im Stamm Juda zum Stammesältesten aufstieg. Er war ein Mann, der Anerkennung bei seinem Volk hatte. Als Mose Männer auswählte, um das verheißene Land – das den Vätern zugesagt war – zu erkunden, war Kaleb aus dem Stamm Juda dabei. Dieser Stamm war besonders gesegnet, denn aus ihm kam unser Herr.
Kaleb zog mit den Zwölf Kundschaftern aus. Sie kehrten zurück mit Granatäpfeln und einer riesigen Traube. Sie berichteten: Das Land ist gut, aber es wohnen dort Riesen, die Anakiter, und es gibt feste Städte. Das würde schwierig werden. Dadurch wurde das Volk entmutigt. Sie fragten sich: Warum sind wir überhaupt aus Ägypten gezogen? Warum hat Mose uns verführt? Was ist das für ein Gott, der uns so einen Weg zeigt?
Trotzdem wollten sie kämpfen. Mose aber sagte: Halt! Ohne dass der Herr mit uns geht, gibt es keinen Erfolg. Dennoch zogen sie bis nach Chorma und erlitten schwere Verluste. Deshalb sprach der Herr: Keiner der Männer, die das Land gesehen und gegen mich gemurrt haben, wird in das Land einziehen – außer Kaleb und Josua.
Josua, ebenfalls einer der Kundschafter, hatte gesagt: Es ist ein gutes Land. Wenn der Herr mit uns ist, wenn er uns segnet, wie bisher, dann können wir es schaffen. Kaleb brachte es sogar auf eine großartige Formulierung: Wenn der Herr mit uns ist, werden wir sie wie Brot essen – so wie heute Morgen beim Frühstück, als die Brotkörbe leer waren. Zack, wir werden mit ihnen fertig, wenn der Herr mit uns ist.
Keiner der Männer, die gegen Mose gemurrt hatten, würde in das Land kommen, außer den beiden, Kaleb und Josua. Sie traten für Mose ein und vertrauten auf seine Führung.
45 Jahre später war es so weit: Das Land konnte verteilt werden. Mose musste zurückbleiben, aber unter Josuas Führung zog Israel ins verheißene Land ein. Dann wurde das Land verlost, wer welches Erbteil bekommen sollte.
Asser erhielt sein Erbteil am Karmel. Schauen Sie auf der Karte in Ihrer Bibel nach, dort finden Sie die Felsnase des Karmel, die ins Mittelmeer hineinragt. Doch Kaleb sagte: Einen Moment, bevor weiter verteilt wird, möchte ich ein besonderes Vorrecht genießen. Ich habe damals als Teil des Volkes gesagt: Wenn der Herr Gnade gibt, werden wir in das Land einziehen.
Jetzt, nachdem das Versprechen erfüllt wurde, möchte ich, obwohl ich 85 Jahre alt bin, noch immer die Kraft und das Vertrauen zu Gott haben wie damals. Josua gab ihm das schwierige Gebiet um Hebron, das Felsengebiet. Er sagte: Das kannst du haben. Im Vertrauen auf Gott eroberte Kaleb dieses Gebiet. Er belohnte auch seinen Schwiegersohn Othniel mit einem Stück Land.
Othniel sagte jedoch zu seiner Frau Aksa: Der Schwiegervater ist komisch. Er hat uns dieses Stück Land gegeben, aber die Sonne brennt darauf und alles verdorrt. Wir brauchen Quellen, um das Land bewässern zu können.
Nachdem Othniel seiner Frau lange genug zugehört hatte, stieg Aksa auf ihren Esel und ging zu Kaleb. Sie sagte: Vater, du hast uns heißes Land gegeben, gib uns auch Wasserquellen. Kaleb gab ihr Quellen oben und unten.
Hier zeigt sich: Kaleb war im Alter noch wie in der Jugend – voller Güte, voll Vertrauen. Die Liebe und Zuneigung Gottes wirkten sich in seinem Leben aus.
Später gibt es in der Bibel eine Geschichte, wie David in Streit mit einem Mann namens Sturnabal lag, einem harten und törichten Herdenbesitzer, der ebenfalls von Kaleb abstammte. Doch die Güte, die Kaleb auszeichnete, hörte in der dritten oder vierten Generation auf. Güte kann man nicht vererben. Man kann die Liebe und das Gottvertrauen der Großmutter nicht einfach weitergeben.
Kaleb war ein gesegneter Mann, der noch im hohen Alter, im neunten Lebensjahrzehnt, lebte. Die Römer nannten ab sechzig Jahre den Status „Senior“. Kaleb war 85 Jahre alt, also im neunten Lebensjahrzehnt. Er vertraute auf denselben Gott und besaß dieselbe Kraft, die Gott ihm gegeben hatte. Dieselbe Güte und dasselbe Zutrauen, das er weitergegeben hatte.
Der Psalm sagt: Dein Alter sei wie deine Jugend. Sei ein Liebling deiner Brüder, sodass Menschen dich liebhaben, dich gerne sehen und sich freuen, wenn du kommst. Das bedeutet nicht nur, dass man sich an die Vergangenheit erinnert, sondern dass man auch im Alter gesegnet und von Gott getragen ist.
Geistliche Bedeutung des Segens für das Alter
Jetzt möchte ich das Ganze geistlich verstehen. Es geht ja nicht ums Irdische, dein Alter sei wie deine Jugend.
Von unserer Jugend könnten viele von uns viel erzählen. Wir hatten einen Schulkameraden, später einen großartigen Übersetzer katalanischer und anderer spanischer Literatur. Er sagte immer: „Wenn mal die Lebensmittelkarten abgeschafft werden, kaufe ich mir ein Pfund Schweizer Käse und esse es auf einen Satz.“
Ich habe das heute jungen Leuten erzählt, die sagen, Schweizer Käse sei gar nicht gut, es müsse Allgäuer Bergkäse oder so etwas sein. Sie wissen gar nicht mehr, was Hungerzeiten waren. Da sehne ich mich nicht zurück, aber ich bin dankbar, dass ich sie erlebt habe.
Werden unsere Enkel und Urenkel schwierige Zeiten bestehen können? Die, die so viel Wohlstand gewöhnt sind, können die zurückschrauben? Aber darum geht es gar nicht. Ein Alter sei wie unsere Jugend 1944, 45.
Es geht auch nicht darum, dass im Alter, so wie es in einem Psalm heißt, „mein Fleisch und meine Haut sind voll“. Eigentlich bedeutet das übersetzt, dass ich wieder jung werde wie in der Jugend, dass ich losziehen kann beim Joggen wie noch vor fünf Jahren. Das ist nicht gemeint, aber geistlich.
Der Gemeinde in Ephesus wird gesagt: „Bei allem, was ich an dir lobend finde, das habe ich gegen dich, dass du die erste Liebe verlässt.“ Wir deuten das immer so, als gehe es um unsere erste Liebe zu Gott, so wie heute junge Leute singen: „Majestät, ich werfe mich dir zu Füßen, ich bete dich an, du großer Gott.“
Nein, es geht darum, die erste brennende große Liebe unseres Herrn Jesus, die uns getroffen hat, und du gehst davon weg. Von meiner Liebe, die dein Leben erhellt hat. Es geht gar nicht um unser Erstes, sondern um die elementare Liebe unseres Herrn Jesus, bei der wir Unterschlupf finden konnten, und du weichst davon weg. Warum denn?
In der ersten Liebe Gottes haben uns Bibelworte getroffen, getröstet. Mein Konfirmationsspruch: „Der Sohn ist uns gegeben und die Herrschaft ist auf seiner Schulter.“ Das ist ein Weihnachtswort, aber dann habe ich begriffen: Der Sohn ist mir gegeben, von Gott mir gegeben. Dem, dem die Herrschaft gehört, ist für mich kleines Würstchen zuständig.
Als ich im Austauschjahr in Amerika war – damals hatten wir noch ganz andere Verhältnisse zwischen jungen Burschen und Mädchen – haben wir uns von ferne verehrt, so wie Frieder Hensler sieben Jahre lang auf seine Frau gehofft hat, auf seine Ursel aus der Ferne.
Dann kam ich nach Amerika, und die wunderbar aufgemachten Mädchen sagten: „Oh Ralph, you are so wonderful! May I touch your hair?“ Damals hatte ich nur Haare. Und unser Herz ist geschmolzen. Ich war grenzenlos verliebt in eine dieser jungen Damen, eine Organistin, eine Frau, die klug genug war zu sagen: „Ich bin durch und durch Amerikanerin, du bist Deutsch, wir passen nicht zusammen.“
Aber die schlimmsten Wunden sind oft Liebeswunden, Liebesgeschichten, die nicht zur Erfüllung kamen. Vielleicht haben Sie alle auch solche Wunden.
Da hat mich das Wort getroffen: „Bekümmert euch nicht, die Freude am Herrn ist eure Stärke.“ Nicht an diesem wunderbaren amerikanischen Mädchen, die Freude am Herrn ist. Das war in meiner Jugend die Begegnung mit dem lebendigen Wort Gottes, dem lebendigen Wort des Herrn Jesus.
Ich könnte viele Beispiele bringen. Und heute? Wie viel strömt an mir vorbei! Es ist so oft, als ob ich gar nichts mehr aufnehmen könnte, wie ein Löschpapier, das nichts mehr aufnehmen will.
„Dein Alter sei wie deine Jugend“ – das ist wieder das Wort Gottes, das elementar zu mir spricht. Wie hat es mir geholfen, wenn Gott Menschen in den Weg geschickt hat!
Der Theokübler, Bundeswart des Württembergischen Jungmännerbundes, erklärte uns: Von dem Josua, dem Sohn Nuns, steht in der Bibel, dass er der Fortschritt des Knechts Moses war, aber die Krönung war der Knecht Gottes. Ach, das hat mich getroffen. Ich möchte nun Knecht Gottes sein, nicht bloß ein Knecht von Menschen.
Wie haben mich damals Worte getroffen, Begegnungen mit Menschen, meinem Freund und Seelsorger Helmut Lamperter! Wenn er die Gebetsgemeinschaft als Vorsitzender unseres Jugendwerks abgeschlossen hat, musste ich schauen, ob er eingeschlafen ist. Er war wie vertieft und ist wie aus einer anderen Welt aufgewacht – nicht eingeschlafen, sondern in der Gegenwart Gottes.
Wie hat mich das geprägt, was Gebet sein kann: vor Gott stehen! Und wie oft regen mich jetzt Menschen auf, sehe ich bloß Eigenarten an Menschen. Dabei hat Gott sie mir in den Weg geschickt als Impulse für meinen Glauben, wenn Gott sie mir zudenkt, dass sie mir helfen könnten.
Ich sage: Ach, die haben so eine komische Aussprache, und die müssten auch mal wieder ihr Gebiss richten lassen. Ich rege mich an Kleinigkeiten auf und merke es eigentlich nicht mehr.
Vielleicht hatte Helmut Lamperter auch ein Gebiss, das habe ich gar nicht gemerkt. Mir war sein Beten wichtig. Vielleicht hatte Theokübler auch eine komische Glatze, das weiß ich gar nicht mehr. Mir war wichtig, was er als Wort Gottes weitergegeben hat: „Dein Alter sei wie deine Jugend“, wo ich plötzlich hellwach war für das, was Gott mir zugeteilt hat.
Meine Tante Johanna Stöffler – mein Bruder hat einmal gesagt: „Weißt du, die Tante Johanna? Von der habe ich noch nie etwas Böses über irgendeinen Menschen gehört.“ Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, dass über ihre Lippen irgendein kritisches Wort kam.
Dabei war sie Nonkonformistin, sie ist immer gegen den Strom geschwommen, nicht gerade das, was „Arrwug“ war. Deshalb ist sie auch nicht auf den Nationalsozialismus hereingefallen, sondern hat als Pfarrfrau von Könken immer wieder jüdische Ehepaare beherbergt.
Man hat sie damals „U-Boote“ genannt, die untergetaucht waren, die keine Ausweise hatten und versteckt wurden. Was war mir das ein Vorbild!
Meine eigenen Paten waren ausgewandert nach Kanada. Da kam die Tante Johanna und sagte: „Ich bin deine Vizepatentante“ und hat mir unheimlich viel Gutes erwiesen – Menschen, die Gott in den Weg geschickt hat.
Sehe ich das überhaupt noch, wenn Gott mir Menschen in den Weg schickt als seine Botinnen und Boten? Erfahrungen davon will ich in diesen Tagen nicht einfach weitergeben.
Bin ich noch so mit Empfinden ausgestattet? Habe ich meine Antennen ausgefahren, dass ich spüre, wenn Gott mir Erfahrungen schenkt?
Lieder! Ach, in der Nachkriegszeit, Bruder Schäfer, ich weiß nicht, wie es um unser Land stand, für Jesus all die Lieder, die wir damals gesungen haben – neben den alten Reichsliedern und Choralgesängen, die wir geliebt haben, die Lieder von Klepper und Rudolf Alexander Schröder.
Und heute bin ich oft geneigt zu sagen: Warum muss die Orgel so laut spielen? Wir haben keine so tolle Begleitung wie heute Morgen hier gehabt. Muss der Organist die grellen Töne in der Orgel einstellen, dass mein Hörgerät dauernd pfeift? Muss denn diese neue Melodie sein? Müssen all diese Lieder sein, die in die Wand geworfen werden, wo ich nicht mehr weiß, wie die Melodie geht, die offenbar erwarten, dass ich die Melodie aus dem Bauch herausfinde?
Immer Kritik! Was früher in meiner Jugend, auch wenn ein neues Lied kam, war toll! Wenn ich wieder im Bus das Lied mitbrachte: „Jesu Name nie verklinge“, das ist plötzlich durch Deutschland gegangen, dieses Lied. Wir haben uns gefreut an dem Lied.
Und jetzt, wenn der Pfarrer sagt: „Wir singen ein neues Lied“, denke ich: „Oh je, auch schon wieder. Bleib doch bei den Alten!“
„Dein Alter sei wie deine Jugend“, dass wir offen sind für das, was Gott uns geben will. Mir ist das über diesem Gebet, über diesem Segenswort des Mose über dem Stamm Asser wichtig geworden.
Herr, schenke mir noch einmal, dass ich in entscheidenden Bereichen meines Lebens hellwach werde, verlangend nach dem, was du mir zugeteilt hast. Nicht bloß, dass Menschen sich über mich freuen können, wie Lea sich über ihren kleinen Asser gefreut hat, sondern dass du Freude haben kannst an deinem Volk, dass du wieder Freude haben kannst an mir.
Gebet um Gottes Segen im Alter
Ich darf mit Ihnen beten, lieber, erbarmender, heiliger Jesus Christus. Du kannst die Tage, die Du uns gewährst, bis ins Alter hinein füllen mit dem, was uns eigentlich erst zu Menschen macht, an denen Du Freude haben kannst. Menschen, an denen Du zeigen kannst, was Du wirkst und welche reichen Gaben Du für uns bereit hast.
Denn wir sind doch nicht am Ende. Wir müssen uns nicht darauf einstellen, dass sich jetzt alles langsam auspendelt. Vielmehr lass uns gespannt darauf sein, was Du tun kannst – jetzt in diesem Leben und dann, wenn es wahr wird. Welch hohe Lust, welch heller Schein wird erst in Christi Gartenschein sein.
Erwähle mich zum Paradeis und lass mich bis zur letzten Reise an Leib und Seele krönen! Amen.