Herr Präsident, liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde!
Ich habe meinen Koffer mitgebracht. Es ist ein kirchengeschichtlicher Koffer. Darin ist alles enthalten, was in den letzten 25 Jahren bei den Gemeindetagen möglich war – alle Treffen, die pro Christ und pro Christ in diesem Jahr in dieser Reihe stattgefunden haben.
Der Kleber fehlt mir noch, denn ich muss zuerst einen Platz finden, an dem ich ihn anbringen kann.
Wir haben ja schon Koffergeschichten geschrieben, in denen wir all das festhalten, was wir bei diesen Ereignissen erlebt haben. Es ist bewegend, dass wir diese Tage miteinander erleben können.
Für Württemberg ist das wirklich Gottesgeschichte und Kirchengeschichte.
Sehnsucht nach Erlösung und die Kraft Jesu
Für mich ist es auch bewegend. Wir haben gestern über die Sehnsucht gesprochen, die in vielen Menschen lebt: die Sehnsucht nach Erlösung, nach Freiheit von Angst, die Sehnsucht nach Frieden.
Es war gar nicht abgesprochen, aber Ulrich Parzany hat gestern ebenfalls von der großen Sehnsucht in den Menschen gesprochen – nach Reinheit, nach Treue, nach Wahrhaftigkeit. So eine schöne Übereinstimmung. Wir müssen uns gar nicht lange absprechen, wer was sagt und wo man sich einklinken kann.
Ulrich Parzany hat gestern Abend, einige von Ihnen waren nicht dabei, davon gesprochen, dass von Jesus Ströme einer neuen Kraft ausgehen. Diese Kraft soll uns nicht nur Ideale und Werte geben, sondern dass das alles mit Kraft erfüllt wird. Er hat gesagt, Jesus sei am Kreuz von Gott bekräftigt und bestätigt worden, dass von ihm eine neue Kraft ausgeht – dieser Jesus.
Kann dein Leben ausmachen. Die Liebe Gottes kommt durch Jesus in unser Leben.
Aber jetzt könnten ja viele Fragen aufkommen. Wenn du mir sagst, Gott gibt Neues in dein Leben, neue Kraft – was soll denn dieser Jesus?
Ein junger Pfarrer wurde vor zwei Jahren hier im frommen Remstal vom Kirchengemeinderat gefragt: „Warum sprechen Sie eigentlich immer von Jesus, Jesus, Jesus? Gott genügt doch!“
Und da hat er nicht gesagt, Sie seien ein komischer Kirchengemeinderat, sondern er antwortete: „Sie haben es erfasst.“ So steht es auch schon in der Bibel, dass die Jünger Jesu umgetrieben waren von der Frage, wozu eigentlich dieser Jesus Christus.
Nämlich als Jesus sagte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich“, hat einer der Nachfolger Jesu, ein Freund Jesu, gesagt: „Ach Jesus, zeig uns den Vater, das genügt. Das genügt uns. Ich brauche nicht wissen Messias, Menschensohn, Christus, David – da komme ich nicht so recht. Zeig uns den Vater.“
Und da hat Jesus liebevoll, aber klar gesagt: „Wer mich sieht, sieht Gott persönlich, sieht den Vater persönlich. In mir ist Gott da.“
Die zentrale Frage nach der Identität Jesu
Den Aufstand gegen dieses Wort Jesu hat dann 700 Jahre später Mohammed gestärkt. Allah ist Allah, Gott ist Gott, es gibt keinen Zweiten neben ihm. Es ist Götzendienerei, wenn neben Gott noch dieser Jesus steht. Auch die frommen Juden sagen bis heute: Der Jesus, der Nazarener, war ein vorbildlicher Rabbi und ein liebevoller Mensch. Aber dass man zudem beten kann, heißt es: „Höre, Israel, der Herr, dein Gott, ist Gott allein.“ Nicht Jesus!
Das ist eine Kernfrage, die die Menschheit durchzieht, besonders die fromme Menschheit: Was ist mit diesem Jesus? Warum heißt es „Pro Christ“? Warum nicht „Pro religiös“ oder „Pro fromm“? Warum gerade dieser Christus?
Dazu kann ich nur eine Geschichte erzählen. Wir, die wir altgediente Christen sein wollen, laufen leicht in die Gefahr zu sagen: „Was, du glaubst nicht, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Dass in Jesus so Gott heißt? Bist du halb gottlos, oder?“ Deshalb berichtet die Bibel von Petrus, der eine harte Nacht hinter sich hatte. Die ganze Nacht fischte er, es war kalt, der Nebel lag über dem See Genezareth, und die Netze blieben leer und zerrissen, weil sie über den steinigen Grund gezogen wurden.
Da saß nun der Fischer Petrus. Bevor er in der nächsten Nacht seine Netze auswerfen konnte, musste er sie säubern und flicken. Es war eine schwierige Arbeit. Nach Hause wollte er auch nicht gern, denn er hatte eine Schwiegermutter. Während er so mit übernächten Augen flickte, sah er, wie sich am Ufer immer mehr Menschen bei diesem Rabbi von Nazareth versammelten.
„Die haben Zeit“, dachte er. „Diese Tagdiebe haben ihn noch sehr bewegt. Ich muss schaffen, wir kleinen Leute. Die haben Zeit, und der da schwätzt.“ Mit Schwätzen ist die Welt noch nie verändert worden, zupacken muss man.
Dann wurde die Menge immer größer, und plötzlich kam dieser Rabbi zu ihm und sagte: „Sie könnten mir helfen. Ich brauche Sie. Könnten Sie nicht Ihr Boot nehmen, damit ich ein bisschen vom Land wegfahre und wie von einer schwimmenden Kanzel aus zu den Menschen sprechen kann? Sie drücken mich beinahe ins Wasser in diesem natürlichen Amphitheater.“
Jetzt saß Petrus auf seiner Ruderbank und musste zuhören auf das, was ihm vorher als Blablabla vorgekommen war. Nun hörte er: „Selig sind die Reinen Herzens. Sie werden Gott schauen. Wohl denen, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, sie sollen satt werden.“ Das war eine Aufforderung, am ehesten nach dem Reich Gottes zu trachten.
Ein paar Stunden später sagte dieser Jesus: „Vielen Dank, aber jetzt nehmen Sie Ihr Boot und fahren Sie hinaus auf die Höhe des Sees. Werfen Sie das Netz zur Rechten aus, da werden Sie einen großen Fang tun.“
Petrus, mit all seiner Fischererfahrung, musste innerlich sagen: „Nein, nein, nein, das geht nicht. In der hellen Sonne kann ich nicht fischen.“ Aber er antwortete: „Auf dein Wort will ich mein Netz auswerfen.“ Denn er hatte erlebt, was für Worte Jesus hatte. Das war kein leeres Gerede. Da war etwas ganz anderes drin, etwas, das Kraft gab.
Er machte den Fischzug, wie er ihn sonst nie erlebt hatte. Sein Leben begann sich zu verändern. Da sagte Jesus: „Meine Schwiegermutter kann die auch noch brauchen.“ Plötzlich hatte Petrus ein Herz für seine Schwiegermutter.
Als dann zwei Jahre später das passierte, was uns Christa Kettling gesagt hat – dass die Massen nicht mehr zu Jesus strömten, so wie wir abends im Universitätspark – da sagte Jesus zu seinen Freunden: „Wollt ihr nicht auch weggehen? Ich halte euch nicht. Ihr müsst nicht.“
Und da sagte Petrus dieses Wort: „Herr, wohin sollen wir denn gehen? Zu wem denn? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ Da ist der Himmel zu uns gekommen, die Welt Gottes. Das sind Gottesworte, wie bei der Schöpfung: „Und Gott sprach, und es wurde.“ Aus dem Tohuwabohu wurde Vollkommenes.
Du kannst sogar die Augen zum Himmel erheben und sagen: „He Vater!“ Und dann tut sich der Himmel auf. Herr Jesus, bei dir ist es so. Wir haben es erlebt bei dem Hauptmann in Kapernaum. Er sagte es in militärischer Sprache: „Wenn ich befehle, lauf los, spring auf, Marsch, Marsch!“ Dann müssen die springen. Und wenn du zur Krankheit sagst: „Weg!“, dann ist die Krankheit weg.
Du kannst befehlen. Dein Wort hat etwas zu sagen, mehr noch als bei mir, dem römischen Offizier. Du hast Worte des ewigen Lebens, Worte voller Gotteskraft.
Die Bedeutung des Wortes Gottes in Jesus
Ich weiß nicht, ob es Ihnen schon einmal aufgegangen ist, was in diesem herrlichen Wort steckt, das Petrus ausgedrückt hat. Jesus hat es sogar bestätigt und gesagt: Es kommt nicht aus dir selbst, nicht aus deiner Erkenntnis. Vielmehr hat er Gott zugeschrieben: „Du hast Worte des ewigen Lebens.“
Bei den Propheten heißt es immer wieder, dass das Wort des Herrn nur häppchenweise kam, für einen Augenblick, schwäbisch gesagt „bröckelesweise“. Aber du hast Worte des ewigen Lebens. Mit einem Fremdwort gesagt: Mit dir ist Gottes Schöpfungswort institutionalisiert, dauerhaft in unserer Welt installiert.
Sie kennen sicherlich das schöne Wort vom Beginn des Johannesevangeliums, Kapitel 1: Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns. Nicht nur am Anfang der Schöpfung, sondern auch heute. Es ist töricht, wenn wir über die Schöpfung streiten – was da war oder nicht. Wir waren nicht dabei, die Professoren waren nicht dabei. Aber wir sahen seine Herrlichkeit, sagen die Zeugen Jesu. Da war das Schöpfungswort Gottes mitten unter uns.
Einer der schönsten Würdetitel des Herrn Jesus steht in der Offenbarung. Dort sind nicht Menschen draufgekommen, sondern Gott hat dem Seher Johannes das gezeigt. In Offenbarung 19 heißt es: „Ich sah den Himmel aufgetan. Und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, hieß Treu und Wahrhaftig. Er kämpft mit Gerechtigkeit, seine Augen sind wie Feuerflammen, auf seinem Haupt sind viele Kronen, und er trägt einen Namen, den niemand kennt außer ihm selbst.“
Unser Verstand ist noch begrenzt. Wir können in die Geheimnisse Gottes noch gar nicht eindringen. Mit Seele und Verstand können wir es noch nicht fassen. Nur der Herr Jesus selbst, so seine typische Bezeichnung, erfasst das. Er war angetan mit einem Gewand, das mit seinem Blut getränkt war. Und sein Name ist: das Wort Gottes.
Es ist schwierig für unseren Verstand zu begreifen, dass bei der Schöpfung Gott sprach und es geschah. Wenn Gott spricht, so geschieht es. Nun wird in der Bibel gesagt, dass dieses schöpferische Wort Gottes, das ganz zu Gott gehört, plötzlich Person geworden ist – hier bei uns in unserer Welt. Einer, der sich in unserer Welt auskennt.
Dieser Jesus in der Gestalt, wie ihn die Künstler darstellen, ist uns alle Tage bis ans Ende der Welt nahe. Er spricht nicht nur Gottes Wort, sondern er ist das Wort Gottes. Er kann aus dem Tohuwabohu unserer Welt und unseres Lebens etwas machen, über das wir bis zum Sterben nur noch sagen können: „Du hast sehr gut gemacht.“
Aber es wird höchste Zeit, dass wir die Gedankenarbeit verlassen. Sie ist zwar notwendig und berechtigt, aber wir dürfen uns nicht nur mit schwerer Gedankenarbeit beschäftigen. Johannes sagt: „Das Wort wurde Fleisch, und wir sahen seine Herrlichkeit.“ Wir haben etwas gesehen.
Auch in meinem Leben habe ich viel von der Herrlichkeit und Kraft dieses Wortes Gottes gesehen. So wie Ulrich Barzany gestern von Rosa Werner erzählt hat, der Essener Jüdin, die das Wort Gottes verändert hat.
Ich war bei einer Tagung im Bernhäuser Forst, in unserer Jugendbildungsstätte vom Jugendwerk, bei einer Seelsorgetagung mit Dr. Werner Jentsch. Plötzlich erhob sich einer der Jugendreferenten und sagte: „Herr Doktor Jentsch, Sie reden immer von Jesus, Jesus, Jesus. Was kann denn eigentlich Jesus, was wir nicht genauso tun können?“
Mir war das peinlich. Ich war der Leiter der Veranstaltung und dachte: So ein ungläubiger Jugendreferent! Solche Leute lassen wir auf die jungen Leute los? Doch Dr. Jentsch antwortete: „Das ist eine gute Frage, Seenort Burmen, eine gute Frage, was nur Jesus kann, was wir nicht können.“
Ich möchte Ihnen sagen: Jesus kann ein Leben neu machen. Kein Pädagoge, keine Erzieherin, keine Eltern können das. Jesus kann ein Leben neu machen.
Jesus kann Schuld vergeben. Das können wir nicht. Aber Jesus kann Schuld vergeben.
Jesus kann uns im Tod festhalten. Wenn wir unsere Angehörigen loslassen müssen, kann er uns festhalten.
Und er kann die neue Welt Gottes bringen, nach der wir uns sehnen. Das kann niemand von uns.
Die Menschen wollen alle die neue Welt, doch die Welt wird immer schlimmer. Er wird einmal die neue Welt bringen – voll gerecht.
Das kann nur Jesus, das Wort Gottes.
Ich weiß nicht, ob Jesus mein Leben neu gemacht hat. Aber das Wunder Jesu in meinem Leben ist, dass er mich, das lebendige Wort Gottes, vor vielen Dummheiten und Torheiten bewahrt hat, in die ich sonst hineingeraten wäre.
Wo ich nicht mehr Herr über mich war – über meine Treue, meine Reinheit, meine Wahrhaftigkeit – da hat er mich festgehalten.
„Halt! Chef Buchlös, du darfst nicht weiter stolpern.“
Nicht durch Moral, sagt er, wo die Moral versagt.
Beispiele gelebten Glaubens und Erziehung durch Jesus
Gestern erzählte Ulrich Barzani von dieser Rossawana. Er darf auch von der Gestalt der Geschichte berichten.
Einer der großen christlichen Erfinderpädagogen war Christian Heinrich Zeller von Beugen am Rhein, natürlich auch ein Schwabe, sagen wir in aller Demut. Er stammte aus Endringen bei Tübingen und war ein großer Schüler von Pestalozzi. Pestalozzi sagte weinend: „Das, was ich wollte, ist bei ihm Wirklichkeit geworden.“
Nach den napoleonischen Zeiten gab es auch bei uns Straßenkinder und Kinderbanden. Viele Eltern waren verstorben, und die Kinder wurden aus ihren Heimatdörfern verschickt. Die Dörfer waren zu arm, um sie durchzubringen, und die Armenhäuser waren weit entfernt. Christen sagten: „Wir müssen sie auffangen, wir müssen sie retten.“ Es entstanden Rettungshäuser.
Christian Heinrich Zeller baute in Beugen eine Armen-Schullehrer-Anstalt auf. So wie Missionare nach Afrika und Indien entsendet werden, wurden Lehrer in die armen schwäbischen Dörfer geschickt. Diese Lehrer waren bereit, sich für ein Hungergehalt um die Kinder zu kümmern. Zeller war ein großer Pädagoge, der tolle Systeme entwickelte.
Ein schöner Satz von ihm lautet: „Erziehen kann nur ein Mensch, dem die Kinder abspüren, dass er sich selbst von Jesus täglich erziehen lässt.“
Doch bei allen guten Vorhaben geschah Folgendes: Die Anstalt war arm. Sie wurde nur mit Spendenmitteln finanziert, der Staat unterstützte sie nicht. Mit vielen Sorgen und all den Kindern, die so viel Schweres erlebt hatten, arbeitete Zeller.
Wenn er dann zu seiner Familie kam – zu seiner aus der Schweiz stammenden Frau und seinen vier Töchtern – und die Glastür hinter sich zumachte, explodierte er manchmal. So wie heute viele Menschen explodieren. Das kann kein Bankbeamter oder keine Mitarbeiterin auf dem Sozialamt. Heute noch muss man freundlich sein, man darf nicht auf den Tisch hauen. Wann können wir eigentlich mal unsere Galle abreagieren? Immer bloß zu Hause. Deshalb gibt es zu Hause so viele Störungen. Permanente Krisen, weil wir alle mit den Nerven kaputt sind.
Wenn ich mit meinem lieben Enkelsohn Daniel Latein lerne, denke ich, ich sei ein gelassener Mensch. Dann sagt meine Frau: „Sei doch nicht so aufgeregt!“ Da sage ich: „Ich bin überhaupt nicht aufgeregt!“ So ist das mit den Nerven bei uns, gell?
Und wenn Zeller nach Hause kam, explodierte er manchmal so heftig, dass seine schweizerische Frau zu den Töchtern sagte: „Wenn ihr nicht brav seid, müsst ihr alle einmal einen Württemberger heiraten.“
Daraufhin dichtete Christian Heinrich Zeller das Lied „Treuer heilend“.
Wir sind hier in der Andachtsstille, wo es heißt:
Zeige deines Wortes Kraft an mir,
armem Wesen, zeige, wie es mich umschafft,
mich Krankenmacht genesen,
Jesus, dein allmächtig Wort!
Fahr in mir zu wirken fort,
bis ich ganz genesse!
Das war Pädagogik – nicht „Ich mach’s“, nicht „Ich hab die Rezepte“.
Wir sahen seine Herrlichkeit. Mit mir, dem Ungeduldigen, tut Gott seine Wunder.
Innerhalb von zehn Jahren gab es, nur von Opfern und Spenden finanziert, 51 Rettungshäuser in Württemberg und Baden: Liechtenstern, Tempelhof, Wilhelmsdorf, Korntal, Harthaus bei Karlsruhe bis hinauf nach Mietau in Estland.
Zeige deines Wortes Kraft. Wir sahen seine Herrlichkeit. Unser Herr Jesus kann unglaublich viel tun. Es ist wirklich unermesslich, wie viel das Schöpfungswort Gottes in Person bewirken kann. Wir sahen seine Herrlichkeit.
Ich darf ja in Korntal leben, auf dem alten Friedhof in Korntal. Wenn man mal kommt – mit dem Frauenkreis oder Männerkreis –, mache ich gerne eine Führung.
Auf dem Friedhof liegen viele ehemalige Missionare begraben, darunter auch der große Missionspionier Ludwig Krapff. Auf seiner ersten Missionsreise verlor er seine Frau. Heute sieht man am alten Friedhof von Mombasa das Gedenkmal für Frau Krapff.
In fünf Jahrzehnten war Ludwig Krapff der erste Weiße, der Kenia sah und den Viktoriasee erforschte. Er erhielt eine Medaille der Geographischen Gesellschaft und einen Ehrendoktor der Tübinger Fakultät für seine Sprachstudien. Doch er konnte keinen einzigen Afrikaner taufen.
Fünf Jahrzehnte vergeblich, umsonst.
Als vor drei Jahren das große Jubiläum der ostafrikanischen Kirchen gefeiert wurde – der anglikanischen Kirchen, der methodistischen Kirchen, der baptistischen Gemeinden und der großen ostafrikanischen Erweckungsbewegung – gab es überall Dankgottesdienste auch für Ludwig Krapff, den Vater unserer Kirche, der doch gar keinen getauft hat.
Der Herr Jesus hat gewirkt, dass daraus etwas wurde, wo verbrannte Erde war. Nichts war vergeblich.
Die Kraft der Barmherzigkeit und das Streben nach Erkenntnis
Gestern sprach Ulrich Parzany sehr eindrücklich von dem jungen, begabten, gut aussehenden, trainierten und willensstarken Professor Paulus von Tarsus. Er sagte: In 1. Timotheus 1 steht, dass Jesus ihn stark gemacht und treu geachtet hat. Jesus hat ihn als treu und verlässlich angesehen und ihm ein Amt als Missionar der Heidenvölker anvertraut. Paulus, der einst ein Verfolger der Gemeinde war, ein Lästerer und Schmähredner, erfuhr dennoch die reiche Barmherzigkeit unseres Gottes in Jesus.
Denn das ist gewiss wahr und muss hinausgeschrien werden in die Welt: Jesus ist gekommen, um Sünder zu retten. Er ist gekommen, um verkrachte Existenzen neu zu machen und das Tohuwabohu vollkommen zu gestalten. Genau dafür ist Jesus gekommen.
Dann steht in Philipper 3 das Bekenntnis: „Glaub bloß nicht, dass ich es erreicht habe; ich bin noch nicht vollkommen.“ Wer von uns Christen meint, vollkommen zu sein, sollte sich an Paulus' Vorbild halten. Er sagt: „Ich bin es noch nicht. Ich jage ihm aber nach, denn ich möchte Jesus erkennen und in ihm erfunden werden.“ Lest mal Philipper 3.
So wie der Sauerstoff uns unsichtbar umgibt und wir ohne ihn ersticken würden, so kann man auch in Jesus leben. Ich möchte in Jesus leben, in einer ganz neuen Atmosphäre. Vielleicht ist das naheliegendste Bild das, das wir alle erlebt haben: Als wir im Mutterleib herangewachsen sind, wurden wir von der Mutter genährt, umgeben und geschützt von ihrem Leib. So kann man auch in Jesus sein. Ich möchte in ihm erfunden werden – in diesem Schöpfungsprozess, den Jesus wirken kann. Ich möchte, ich will in diesem Jesus erfunden werden.
Wir sahen seine Herrlichkeit – von Paulus an bis in unsere heutige Zeit hinein gibt es sichtbare Beweise dafür, was Jesus kann. Vielleicht könnten viele hier erzählen, was Jesus in ihrem Leben schon getan hat. Und dann könnte Jesus sagen: „Ihr habt ja gar keine Vorstellung davon, was ich erst noch mit euch vorhabe, was in meinen Plänen ist.“
Die Sehnsucht nach einer neuen Welt und Erlösung
Wir wollen in diesen Tagen mit ProChrist eine Sehnsucht wecken. Von dieser Sehnsucht haben wir gestern gesprochen. Ulrich Parzany sprach von diesem Hungern und Dürsten nach einer reinen Welt. Nicht nur Ideale zu haben, sondern dass etwas in meinem Leben verwirklicht wird.
Es gibt so viel Sehnsucht in den Menschen. Der amerikanische Schriftsteller John Updike, einer der größten Romanciers unserer Zeit, hat einmal geschrieben: „Ich verstehe nicht, wie man moderne Kirchen baut, Millionenbeträge investiert, mit hellen, wunderbaren Glasfenstern, wunderbaren Kirchen, Kirchenchören mit Roben – in Amerika trägt man Tallare für den Chor – und Gottesdienste feiert, in denen nichts davon zu hören ist, dass es Erlösung in Jesus gibt.“
Man müsste in unsere Welt hinausschreien, dass es in Jesus Erlösung gibt, sagt dieser Schriftsteller, der sehr viel Dreck aufschreibt. Aber vielleicht hofft er selbst auf diese Erlösung. Er hat einmal gesagt: „Ohne eine überirdische Rettungsaktion ist unsere natürliche Existenz doch hoffnungslos.“
Sehen Sie diese Sehnsucht? Ich möchte doch herauskommen aus dem, was mich selbst an mir stört. Ach, wie sind unsere Volkslieder voll davon: „Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum.“ Wenn die Männerchöre ergreifend singen, wenn ich den Wanderer frage: „Nach Hause, nach Hause, habe keine Heimat mehr.“ Ich wandere meine Straße, die zu der Heimat führt. Der Pilger aus der Ferne zieht seiner Heimat zu.
Eine Sehnsucht, dass wir heimkommen können zu dem, wozu uns Gott eigentlich bestimmt hat. Kennen Sie diese Sehnsucht? Auch wenn wir uns nur ein bisschen Ruhe gönnten, würde dieser Schrei nach Erlösung, von dem Hermann Hesse so eindrücklich berichtet, auch in uns aufbrechen.
Ich möchte doch zur Ruhe kommen – nicht zur Ruhe des Ruhestandes. Da gibt es gar keine Ruhe mehr. Geh morgen um halb neun zum Lidl, und dann geht der Betrieb los. Auch nicht die Ruhe des Grabes. Welche Lüge ist es, wenn es heißt: „Ruhe sanft“?
Philipp Friedrich Hiller hat einen Vers gedichtet, der mir in schweren Krankheitszeiten wichtig wurde: „Weg in mir den Geist des Glaubens, dass ich mutig sterben kann.“ Nicht fröhlich, nicht gelassen, aber mutig bin ich gespannt darauf, Herr Jesus, was du in meinem Leben noch tun wirst.
Mir ist seit vielen Jahren nur das eine wichtig: dass der letzte Gedanke, der mich durchzuckt, Jesus ist. Jesus, jetzt bin ich gespannt, was du tun wirst. Du, Wort Gottes, das schöpferische Wort. Gar nicht bloß die Worte Jesu, wie manche Leute sie sammeln, neben den Worten des Sokrates und klugen Philosophen wie Kant und Schopenhauer auch ein paar Worte von Jesus, die sehr klug aussehen. Das sind tote, einleuchtende, interessante Worte.
Du hast Worte des ewigen Lebens. Du hast Worte voller Kraft, schöpferische Kraft.
Die Einladung zur Entscheidung für Jesus
Der große Missionswissenschaftler Walter Freytag war viele Jahre Missionar in Ostafrika. Er erzählte von seiner ersten Taufe. Er hatte lange gepredigt, und damals war seine Gemeinde sehr aufmerksam. Plötzlich kam ein Taufbewerber zu ihm und sagte: „Ja, was hat mir in deinen Predigten eingeleuchtet?“ Dabei habe er eine abweisende Gebärde gemacht, sozusagen. Doch das war es nicht.
Der Taufbewerber erklärte: „Ich habe das Wort schon lange gehört, aber jetzt will ich das Wort. Das Wort nicht nur für den Kopf, sondern ich möchte es ergreifen. Ich möchte in ihm erfunden werden, ich will das Wort.“ Wenn man einmal in Ruhe den Hebräerbrief liest, findet man viel vom Wort Gottes darin. Das Wort Gottes ist fest geworden. Weist dieses Wort nicht ab!
Im Hebräerbrief steht auch viel von der Ruhe. Es ist eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes. Und dann heißt es: „Wenn ihr seine Stimme heute hört, so verstockt euer Herz nicht.“ So sollen wir nicht am Ziel unseres Lebens vorbeistreiben. Heute dürfen wir sagen: Heute! Ich will, ich will noch einmal ganz neu, auch ich will.
Dazu wollen wir auch einladen. Wenn der Chor uns jetzt das Pro-Christ-Lied Nummer vier singt: „Jesus, zu dir kann ich so kommen, wie ich bin“, wollen wir mitsingen und dazu einladen. Wir haben ja Gäste, die abends nicht dabei sind, die es festmachen wollen, wie jener Afrikaner, der sagte: „Ich will.“ Zum Zeichen dafür, wie er zu seinem Missionarfreitag kam, wollen wir uns auch hier in einem Halbkreis aufstellen. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden da sein, damit wir es in einem Gebet festmachen: Ich will.
Ich erinnere mich noch, wie ich als Abiturient, der schon lange in der Gemeinde mitgearbeitet hatte, fröhlich im Posaunenchor spielte. Der Posaunentag 1946 war ein großes Erlebnis für mich. Ich habe bei der Evangelisation mitgearbeitet. 1946 und 1948 war ich mit Wilhelm Busch und Kurt Hennig dabei. Als Zwanzigjähriger, in meiner Zeit im Sauerland, habe ich bewusst gesagt: Ich will.
Ich bin in den Wald gegangen, an die Stelle, wo damals die Zelte standen. Diese Stelle ist inzwischen zugewachsen. Aber irgendwo muss es eine Stelle geben, an der wir es auch festmachen können. Dazu sind Sie eingeladen, nach vorne zu kommen, damit wir gemeinsam ein Gebet sprechen, bei dem alle mitsprechen dürfen. Ich will.
Kommt, atmet auf! Ihr sollt leben! Wir wollen sitzen bleiben, damit diejenigen, denen es eine Hilfe ist, nach vorne zu kommen, auch durchgehen können. Ich habe gestern gesagt: Am besten ist es, wenn Sie gleich mitgehen, bevor Sie sich einschränken müssen, um jemanden durchzulassen. Ich bin auch vorne und bete mit.
Kommt, atmet auf! Ihr sollt leben! Und „Jesus, zu dir kann ich so kommen“ – aufatmen dürfen wir trotzdem auch. Ich darf alle bitten, die bewegt sind von unserem Herrn Jesus selbst, vom Wort des Lebens, dass sie sagen können: Ich will. Sie sind eingeladen, mitzubeten:
Herr Jesus, vielen Dank, dass du mich gesucht und gefunden hast. Ich will zu dir gehören. Ich will geborgen sein in deiner Vergebung. Du hast es versprochen: Ich mache alles neu. Ich habe es nötig, dass du vieles neu machst. Danke für deine wunderbare Kraft! Lass mich dein sein und bleiben! Amen!