Einführung in das Thema Gebet
Erstes Thema, mit dem ich heute Abend starten möchte, ist das Gebet. Gebet ist ein Thema, bei dem die meisten Christen vielleicht sagen würden: Na ja, was kann ich denn da noch lernen? Eigentlich müsste man es so formulieren: Jeder von euch müsste denken, das ist ein langweiliges Thema, lass uns zum nächsten kommen oder noch etwas trinken gehen. Das brauchen wir nicht, denn Gebet ist etwas, das eigentlich jeder Christ aus dem Effeff beherrschen müsste.
Das heißt, wenn du sagst, ich bin Christ, dann gehört es zwingend dazu, dass du dich mit dem Thema Gebet in den ersten fünf Minuten oder zumindest im ersten halben Jahr beschäftigst. Und das, was du dabei lernst, solltest du tatsächlich ein Leben lang praktizieren und ausbauen. Es sollte niemanden in einer Gemeinde geben, der fünf Jahre Christ ist, aber in Sachen Gebet keine Ahnung hat oder nicht tief drin steckt. Denn jemand, der wirklich Ahnung hat, hat letztlich hunderte von Stunden im Gebet verbracht.
Das ist die Theorie. Die Praxis sieht meist anders aus, vor allem in einer Gesellschaft wie der unseren, in der viele Leute sagen, sie sind Christen. Wenn man aber im Alltag genauer hinschaut, merkt man, da könnte mehr sein. Manchmal sagen auch Christen selbst, dass beim Thema Gebet mehr möglich wäre. Deshalb finde ich es immer gut, wenn man so wichtige Themen wie Gebet tatsächlich auch mal predigt.
Deshalb bekommt ihr jetzt etwas zum Thema Gebet. Falls jetzt jemand denkt, es gibt bestimmt tolle, fancy, neue Bibelstellen, auf die ich noch nie gestoßen bin – nein, gibt es nicht, kann ich euch jetzt schon versichern. Es gibt keine Stelle, die du, wenn du schon ein paar Jahre Christ bist und in einer guten Gemeinde wie bei euch unterwegs bist, nicht mindestens schon zweimal gehört hast. Cool, oder?
Trotzdem könnte es sein, dass der eine oder andere am Ende dieses Vortrags denkt: Hm, ich sollte vielleicht morgen noch mal einen längeren Spaziergang machen, mich bei Gott entschuldigen und ganz neu darüber nachdenken, wie man ein dem eigenen Alter angemessenes, intelligentes Gebetsleben strukturiert. Denn darum geht es mir.
Es geht mir darum, das Gebet aus der Ecke des „Na ja, irgendwie macht man das halt“ herauszuholen und es in eine Ecke zu stellen, in der es darum geht: Ich tue es, weil ich weiß, warum ich es tue. Und ich tue es so, dass es wirklich Sinn ergibt. Also nicht als etwas, das ich mache, weil man es halt tun muss, und dann genau so viel, dass mein Gewissen still genug ist, mich nicht anzuklagen.
Kennt ihr dieses Gefühl, dass man etwas genau so viel tut, bis man gerade nicht mehr spürt, dass es nicht genug war? Und dann hört man damit auf. Ich möchte euch gewinnen für einen Umgang mit Gebet, der am Ende dazu führt, dass ihr sagt: Gebet ist die Zeit, in der ich auf eine ganz geniale, tiefe, leidenschaftliche und vor allem meinen inneren Menschen zutiefst zur Ruhe bringende Weise vor Gott eintrete.
In diesem Kampf, in diesem kosmischen Konflikt um Seelen, stellt Gott mich genau dort hin, wo er sagt: „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes.“ Das wäre mein Wunsch. Ob das klappt, weiß ich nicht, aber das ist die Richtung, damit ihr ungefähr wisst, wohin es geht. Ich möchte euch ein bisschen herausfordern.
Vorbemerkungen und persönliche Hinweise
Warnung vor möglichen Verletzungen
Vorbemerkung Nummer eins: Falls ich jemanden wirklich ärgere, dann ist das nicht beabsichtigt. Ich kenne dich nicht persönlich, daher kann das versehentlich passieren. Ich entschuldige mich schon im Voraus, falls ich einen unpassenden Scherz mache, der dich trifft. So etwas kann einfach passieren, denn Sprache ist nicht unfehlbar.
Empfehlung zum Auswendiglernen von Bibelversen
Das Zweite, was ich sagen möchte, ist, dass ich ein großer Verfechter davon bin, Bibelverse auswendig zu lernen. Ich scheue mich nicht davor, den Jugendlichen zu sagen: Hört nicht auf, bis ihr nicht mindestens vierstellig seid. Bei den Älteren, also den über 35-Jährigen, wird das nicht mehr klappen, das ist mir auch klar. Aber dreistellig ist etwas, das man irgendwann im Leben schaffen kann.
Wenn ihr wissen wollt, wie das geht, sprecht mich an. Aber macht es: Lernt Bibelverse auswendig.
Deshalb mein Tipp: Schreib nicht mit. Oder wenn doch, dann mach Folgendes: Schreib nur die Verse mit, die dich wirklich überzeugen. Das reicht vollkommen. Denn das, was du mitschreibst, wirfst du sowieso irgendwann weg. Wenn nicht jetzt, dann beim übernächsten Umzug landet das in der Kiste mit „brauchen wir nicht mehr“ und kommt zur Stadtreinigung. So ist das einfach.
Oder du hast, wie ich, zehn Kartons im Keller stehen mit alten Unterlagen, von denen du dich aus sentimentalen Gründen noch nicht trennen kannst. Sachen, die ich 1996 in einem Seminar mit Gene Gibson mitgeschrieben habe – das kann man doch nicht wegwerfen. Stimmt. Aber meine Töchter werden es wegwerfen, spätestens wenn ich tot bin, weil dann niemand dieses Zeug mehr braucht.
So geht es dir auch mit deinen Unterlagen, die du jetzt feinsäuberlich mitschreibst. Es sei denn, du bist klug. Und klug sind die, die begriffen haben, dass das, was sie mitschreiben, wieder vergessen wird. Aber die Verse, die sie auswendig lernen und regelmäßig wiederholen – sagen wir alle zwei bis drei Monate, je nachdem, was das Programm, das du zum Auswendiglernen verwendest, vorgibt – diese Verse prägen sich ins Herz ein. Die wirst du nie wieder vergessen.
Das sind die Aussagen, an die der Geist Gottes dich in den Momenten erinnert, in denen du sie brauchst. Und das Dumme ist: Der Geist Gottes erinnert dich nicht an eine Mitschrift, die irgendwo im Keller liegt. Er wird nicht sagen: „Wollen wir mal suchen gehen, da war irgendwo ein Satz drin.“ Das macht der Geist Gottes nie.
Der Geist Gottes erinnert dich an das Wort Gottes. Er hat es inspiriert, damit du es auswendig lernst, sprich: im Herzen hast. So kannst du mit dem, was du im Herzen trägst, etwas anfangen.
Von daher: Traut euch, nicht mitzuschreiben – außer bei den Bibelversen, die ich euch gebe. Am Ende werden das vierzig bis fünfzig Verse sein. Das ist keine große Menge. Wenn du vernünftig mitschreibst, dann lern diese Verse auswendig. Bei zwei Versen pro Woche, was kein Hexenwerk ist, hast du die nächsten fünfundzwanzig Wochen zu tun.
Stell dir vor, diese vier Vorträge prägen die nächsten fünfundzwanzig Wochen deines Nachdenkens. Alles, was du dir jetzt in diesen 48 Stunden vornimmst, in denen du hier bist, in so einer geistlichen Glocke, in einer heiligen Atmosphäre des Aufbruchs, der Reformation und der Veränderung – man nimmt sich so viel vor wie am 31. Dezember.
Jetzt stell dir vor, es wird die erste Freizeit, bei der du dir nicht nur etwas vornimmst, sondern wirklich 25 Wochen lang immer wieder darüber nachdenkst. Weil das Wort langsam tiefer einsinkt. Weil der Geist Gottes zum 34. Mal sagen kann: „Du wolltest doch fasten!“ Und wie ist das mit den Almosen, was wir danach als Thema behandeln?
Stell dir das einfach mal vor. Stell dir vor, was das für dein Leben bedeuten würde: Zwei Themen zu Ende gedacht, im Herzen verankert – das könnte ein gutes Jahr werden.
Soweit der Traum eines im Moment einsamen Predigers hier vorne, der seine Frau vermisst.
Jesus als Vorbild im Gebet
Markus 1,35 – Der einsame Gebetsort
Also, kommen wir zu unserem ersten Thema: Gebet. Ich beginne mit einem Vers aus Markus 1,35. In der App habt ihr gerade als PDF die dazugehörigen Folien, die ich hier vorne habe und als Predigtgrundlage verwende. Ihr könnt sie mitverfolgen, müsst das aber nicht.
In den Folien steht nichts besonders Neues. Ich starte mit einem Vers, der mich ganz früh begeistert hat – einer der ersten Verse, die ich auswendig gelernt habe: Markus 1,35.
Dort heißt es: „Und früh morgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und ging hinaus und ging fort an einen einsamen Ort und betete dort.“
Ich mag diese Beschreibung, dass er „fort ging an einen Ort“. Im Deutschen klingt das schön. Markus 1,35 beschreibt, wie der Herr Jesus früh morgens, als es noch sehr dunkel war, aufstand, hinausging, an einen einsamen Ort ging und dort betete.
Was lernen wir daraus? Wir lernen, dass der Herr Jesus tatsächlich ein Beter war. Man muss sich vorstellen, der Tag davor war super stressig. Das wäre so ein Tag gewesen, an dem ich entschieden hätte, am nächsten Tag mal auszuschlafen. Denn bis spät in die Nacht kamen Leute, die geheilt werden wollten.
In so einer Situation, in der Jesus gerade Erfolg hat, in der er von anderen als jemand wahrgenommen wird, der etwas zu sagen und zu geben hat, in einem Moment, in dem er im Rampenlicht steht, wird für ihn eine Sache viel wichtiger: die Begegnung mit seinem Vater im Himmel.
Es ist die eine Sache, auf die er einfach nicht verzichten will. Und er tut das ganz bewusst zu einem Zeitpunkt, an dem man eigentlich fragt: Warum denn früh morgens, als es noch sehr dunkel war?
Ganz einfach: Da haben alle noch geschlafen. Da war noch niemand da, der geheilt werden wollte. Das war die Zeit dafür.
Das Mindeste, was ich an dieser Stelle lerne, ist: Wenn es richtig viel Arbeit gibt und wenn es gerade richtig gut läuft, brauche ich umso mehr Gebet. Wenn ich vor der Wahl stehe, schlafen oder beten, dann sollte ich mich für das Gebet entscheiden.
Lukas Evangelium – Die menschliche Seite Jesu im Gebet
Wenn ich dem Gedanken folge, Jesus als Beter zu sehen, dann stelle ich fest – und das zeigt sich besonders im Lukasevangelium –, dass das Gebet im Dienst des Herrn Jesus eine ganz zentrale Rolle spielt.
Warum finden wir das im Lukasevangelium so deutlich? Das liegt daran, dass Lukas als Evangelist die menschliche Seite des Herrn Jesus besonders betont. Matthäus legt großen Wert auf das Thema Königreich, König und Herrschaft. Markus hingegen zeigt oft Action, weshalb man sagt, dass Markus den Diener oder Knecht hervorhebt. Johannes betont vor allem, dass Gott vom Himmel gekommen ist und Mensch geworden ist. Lukas dagegen beschreibt uns sehr stark den Menschen Jesus.
Deshalb ist das Lukasevangelium besonders geeignet, wenn man Emotionalität sucht oder praktische, gelebte Frömmigkeit sehen möchte. Vielleicht ist das schon bekannt. Ich möchte das am Anfang betonen, denn wenn wir über Gebet sprechen, müssen wir uns fragen, welchen Stellenwert das Gebet für den Menschen Jesus hatte. Wir sagen von ihm, dass er ein Leben geführt hat, das vorbildlicher nicht sein kann. Als Christen bekennen wir: Er ist der Herr in unserem Leben. Wir wollen ihm nachfolgen und als seine Jünger von ihm lernen.
Versteht ihr, ich muss mir anschauen, wie Jesus das Thema Gebet ganz praktisch umgesetzt hat.
Gebet bei der Taufe Jesu (Lukas 3,21)
Im Lukasevangelium, Kapitel 3, Vers 21, geht es um die Taufe Jesu. Dort heißt es: "Es geschah aber, als das ganze Volk getauft wurde und Jesus getauft war, dass er betete."
Spannend ist, dass nur Lukas diese Szene beschreibt. Hier sehen wir Jesus, der getauft wird und gleichzeitig betet. Und was passiert dann? Es heißt, dass der Himmel aufgetan wurde.
Ich mag diesen Vers sehr, weil hier deutlich wird, wie wichtig die Taufe ist. Es ist ein Akt des Zulassens, dass die Welt sieht, dass Jesus als wahrer Mensch zu erkennen ist. Er lässt sich taufen, obwohl er es eigentlich nicht nötig gehabt hätte. Johannes der Täufer weigert sich zunächst und sagt: "Nicht du, sondern wenn jemand hier jemanden tauft, dann du mich." Doch Jesus antwortet: "Lass es jetzt zu, denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen."
Jesus muss ganz Mensch werden. Er muss sich mit sündigen Menschen identifizieren und diesen Weg ganz unten beginnen.
Dieser Weg nach unten führt dazu, dass eine Stimme aus dem Himmel erklingt: "Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden." Dieser Weg des Gehorsams ist eng verbunden mit Gebet.
Deshalb glaube ich, dass wir, wenn wir geöffnete Himmel erleben und Gott wirklich begegnen wollen, Gebet brauchen. Wir brauchen auf der einen Seite den klaren Wunsch, den Weg zu gehen, den Gott für uns bereitet hat – ganz unten durch, egal was kommt. Auf der anderen Seite brauchen wir Gebet.
Wir sind nicht besser dran als Jesus. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen.
Rückzug und Gebet in einsamen Gegenden (Lukas 5,16)
Und dann nimmt seine Popularität zu. In Lukas 5,16 heißt es: „Er aber zog sich zurück und war in einsamen Gegenden und betete.“
Ich finde das so faszinierend: Die Popularität nimmt zu, und statt dass Jesus jetzt noch mehr Menschen sucht oder noch mehr den Kontakt sucht, weiß er etwas noch Wichtigeres. Mehr als noch mehr Heilungen ist die Einsamkeit des Gebets.
Warum? Weil es diese Momente sind, die zum Dienst befähigen. Es ist ganz wichtig, dass wir das verstehen – gerade, wenn du ein Machertyp sein solltest. Deine Befähigung erwächst nicht aus deiner Berufung, sie erwächst nicht aus dem, was du als Mensch mitbringst, sondern immer aus dem Gebet.
Bitte lasst uns das nie vergessen: Ohne Gebet wird das mit dem Dienst ganz schnell eine sehr menschliche Sache. Und da kann man immer noch eine ordentliche Portion Erfolge abgreifen. Es ist nur nicht das, was wir bei dem Herrn Jesus sehen. Er hat Erfolg, und er geht ins Gebet.
Die Berufung der Apostel nach einer Nacht im Gebet (Lukas 6,12-13)
Und das sehen wir dann, wenn er in der Folge zum Beispiel die Apostel beruft. Was macht er denn dann, bevor er die Apostel beruft? Er will aus der Summe der Jünger, die ihm zur Verfügung stehen, zwölf auswählen – die zwölf, die richtig sind, die richtigen zwölf.
Jesus macht eine Sache, die wir in Lukas 6,12 lesen können. Dort heißt es: „Und es geschah in diesen Tagen, dass er auf den Berg hinausging, um zu beten, und er verbrachte die Nacht im Gebet zu Gott.“
Dann geht es weiter: „Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger herbei, und er wählte aus ihnen zwölf, die er auch Apostel nannte.“
Merkst du, was hier passiert? Er geht ins Gebet, verbringt eine Nacht im Gebet, und dann kommt er zurück. Dann ist der Moment da, die zwölf Apostel zu berufen.
Bedeutet das nicht, dass wenn wir vor schwierigen Entscheidungen stehen, das Wichtigste darin besteht, zu beten? Und zwar nicht nur mal fünf Minuten, sondern eine längere Zeit.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, wenn hier steht, dass er eine Nacht im Gebet verbrachte. Vielleicht geht es dir so, dass du sagst: „Das kann ich mir gar nicht vorstellen, ich weiß gar nicht, wie das gehen soll.“
Ich kann dir das erklären, wenn du das möchtest. Das ist etwas, das man lernen kann und lernen muss – lange und zwar ohne zu plappern.
Gebet als Quelle für Erkenntnis und Jüngerschaft (Lukas 9,18)
Da kommen wir noch zum Beten oder gehen ein Stück weiter zu Lukas Kapitel 9, Vers 18. Dort lesen wir:
„Und es geschah, als er für sich allein betete, waren die Jünger bei ihm, und er fragte sie und sprach: Was sagen die Volksmengen, wer ich bin?“
Wir merken wieder: Jesus betet, und aus dem Gebet heraus stellt er den Jüngern eine Frage.
An dieser Stelle könnte man ganz einfach formulieren: Du hast Interesse an Jüngerschaft, du möchtest Menschen weiterbringen und ihnen die richtigen Fragen stellen. Was brauchst du dafür? Einen weiteren Kurs, den du irgendwo kaufst? Noch eine Internetrecherche? Oder eine Google-Abfrage?
Vielleicht ist es einfach die richtige Menge Gebet, damit Gott dir offenbart, welche Frage oder welcher Schritt in der Jüngerschaft als nächstes und zugleich der beste ist.
Verklärung auf dem Berg durch Gebet (Lukas 9,28-29)
In Lukas 9,28-29, kurz bevor der Herr Jesus auf den Berg der Verklärung steigt, heißt es: „Und es geschah aber etwa acht Tage nach diesen Worten, dass er Petrus und Johannes und Jakobus mitnahm und auf den Berg stieg, um zu beten.“
Wusstest du das? Jesus ging auf den Berg der Verklärung, um zu beten. Während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Angesichts, und sein Gewand wurde weiß und strahlend. Jesus tritt betend ein und begegnet dort Gott. Gleichzeitig begegnet Gott ihm.
Wenn du sagst, du hast eine tiefe Sehnsucht nach einer Gottesbegegnung, dann wird diese Begegnung vom Gebet begleitet sein. Es wird nicht ohne Gebet geschehen. Dabei handelt es sich nicht um ein mystisches Gebet, wie es in einigen Richtungen des Christentums propagiert wird – etwa ein „Ich schalte meinen Kopf aus und horche in mich hinein“.
Vielmehr ist es ein Gebet, in dem wir intelligente Worte finden, die unserem IQ, unserem Lebensalter und unserem geistlichen Alter entsprechen. Es ist ein Gebet, in dem wir Gott von Angesicht zu Angesicht begegnen – auch wenn wir ihn nicht sehen. Hoffentlich versteht Gott das Bild dieser Begegnung. Es ist eine Begegnung, in der Gott mich als Person erreicht, nicht irgendeine Hülle oder ein Abziehbild.
Es ist nicht etwas, das ich aus einem Buch gelernt habe, in dem beschrieben wird, wie man beten soll. Es gibt zwar viele beeindruckende Beter, die Bücher über Gebet schreiben, aber das hat mit mir nichts zu tun. Ich möchte Gott wirklich begegnen.
Jesus lehrt seine Jünger beten (Lukas 11)
Oder in Lukas Kapitel 11, das werden wir nachher noch sehen: Da betet Jesus, und dann kommen die Jünger zu ihm und sagen: „Lehre uns beten.“
Das heißt, dein Gebet – und das betrifft jetzt Eltern, Leiter und jeden, der irgendwo ein Vorbild sein will – hat eine absolute Vorbildfunktion. Wenn du möchtest, dass Menschen beten lernen, dann mach es ihnen vor. Zeige ihnen, wie es geht.
Ich finde das total spannend. Wie gesagt, wir werden uns das gleich noch anschauen: Herr Jesus hält keinen Kurs zum Thema Gebet ab, sondern er betet einfach. Und irgendwann sagen die Jünger sozusagen: „Hey, wir wollen das aber auch! Das geht nicht, dass du das machst und wir nicht.“
Spannend, oder? Da hast du Menschen, die nicht mehr motiviert werden müssen, um mitzumachen. Sie wollen es von sich aus. Warum? Weil sie dich gesehen haben.
Das heißt, dein Gebet motiviert deine Jünger, deine Kinder, die Jugendlichen, für die du verantwortlich bist, deine Gemeindemitglieder – egal, wen du gerade vor Augen hast. Es ist dein Gebet.
Jesus betet für Petrus (Lukas 22,32)
In Lukas Kapitel 22 finden wir einen besonders spannenden Abschnitt, und zwar in Vers 32. Dort zeigt sich Petrus ein wenig selbstsicher. Doch dann sagt der Herr Jesus zu ihm in Lukas 22,32: „Ich aber habe für dich gebetet.“ Wofür? „Dass dein Glaube nicht aufhöre.“
Das ist beeindruckend! Ich gebe offen zu, ich bitte genau darum: dass der Glaube nicht aufhört. Wisst ihr, was hier passiert? Jesus steht vor Petrus und weiß, dass dieser ihn verleugnen wird. Petrus hat eine schwere Zeit vor sich und macht einen großen Fehler, der eigentlich dazu führen könnte, dass er daran zerbricht.
Er macht alles falsch. Gerade derjenige, der laut schreit: „Ich werde dich niemals verleugnen“, verleugnet Jesus genau dreimal. Und Jesus sagt ihm das.
Aber was rettet Petrus? Was bewahrt Menschen vor einem geistlichen Untergang? Was kannst du tun, damit Menschen geistlich nicht untergehen? Wo beginnt deine Verantwortung für die Geschwister in der Gemeinde?
Die Antwort liegt genau hier: Dort, wo du sagst, „Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört.“
Denn wir alle wissen, dass wir irgendwann in Situationen kommen, die einfach zu viel sind, in denen wir denken: „Das schaffe ich nicht mehr.“ Weißt du, was du dann brauchst? Menschen, die hinter dir stehen, die die Hände falten und beten, dass dein Glaube nicht aufhört.
Das ist Gemeinschaft. Das ist Gemeinde. Das ist die Familie Gottes, die füreinander eintritt. Und wenn wir das lernen wollen, dann lernen wir es bei dem Herrn Jesus.
Gebet in der Not – Gethsemane (Lukas 22,40-46)
Und dann kommt Gethsemane. Dieser Moment absoluter Schwäche, in dem er ganz unten durch muss, in dem er wirklich Angst bekommt. Die Lässigkeit, mit der er manche pharisäischen Diskussionen sozusagen aus dem Ärmel geschüttelt hat, ist plötzlich vorbei. Er schwitzt Blut und Wasser. Er wünscht sich, dass der Kelch an ihm vorbeigeht, weil er weiß, was auf ihn zukommt – und es sind nicht nur die körperlichen Schmerzen.
Es ist die Trennung vom Vater, die ewige Liebe zwischen Vater und Sohn wird mitten entzwei gerissen. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und was bringt ihn an diesen Punkt, an dem er sagt: „Nicht mein Wille geschehe, sondern der deine“? Was ist das, was du, wenn es hart auf hart kommt, am allermeisten brauchst, worauf du nicht verzichten kannst? Und je mehr Leid, Angst, Brutalität und Katastrophe in deinem Leben sind, desto mehr musst du es kultivieren?
Es ist Gebet. Gethsemane ist Gebet.
Ich lese euch dazu aus Lukas 22, ab Vers 40 vor: „Als er aber an den Ort gekommen war, sprach er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung kommt.“ Dann zog er sich ungefähr einen Steinwurf weit von ihnen zurück, kniete nieder, betete und sprach: „Vater, wenn du diesen Kelch von mir wegnehmen willst, doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe.“
Es erschien ihm ein Engel vom Himmel, der ihn stärkte. Und als er in ringendem Kampf war, betete er heftiger. Sein Schweiß wurde wie große Blutstropfen, die auf die Erde herabfielen. Dann stand er vom Gebet auf, kam zu den Jüngern und fand sie eingeschlafen vor Traurigkeit. Er sprach zu ihnen: „Was schlaft ihr? Steht auf und betet, damit ihr nicht – und ich würde sagen: nicht auch in Versuchung kommt.“
Gebet ist das Einzige, was dich in der Not rettet. Du kannst mir das jetzt glauben oder auch nicht. Aber Gebet ist das Einzige, was dich rettet, wenn du ganz unten bist. Du musst Gebet gelernt haben, bevor die Katastrophe kommt. Denn wenn sie da ist und du nicht weißt, wie man betet, dann ist es tatsächlich zu spät.
Gebet lernst du nicht, indem du einfach nach Gethsemane hinein stolperst und denkst: „Wird schon irgendwie.“
Gebet für die Feinde am Kreuz (Lukas 23,34)
Ein letzter Punkt ist Lukas 23,34. Dort schaut der Herr Jesus vom Kreuz herab und spricht: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“
Hier erkennen wir, dass Gebet auch Vergebung bedeutet. Wenn wir für unsere Feinde beten, für diejenigen, die uns Böses antun, und uns von Groll und Rache distanzieren, dann ist all das Gebet.
Die zentrale Rolle des Gebets im Leben eines Christen
Ich habe euch diese Stellen vorgelesen, weil es mir wichtig ist, dass ihr eine Sache wirklich versteht: Wir können nicht Jesus nachfolgen und gleichzeitig behaupten, Nachfolger zu sein, ohne zu beten. Bitte versteht das.
Wir haben einen Herrn, der betet und bei dem die Himmel sich öffnen. Er bereitet seinen Dienst im Gebet vor, trifft wichtige Entscheidungen im Gebet, bereitet Lehrgespräche durch Gebet vor und erlebt Begegnungen mit Gott im Gebet. Sein Gebet hat eine Vorbildfunktion für andere. Er betet dafür, dass der Glaube seiner Geschwister nicht zerbricht. Er lernt, tiefste Not zu akzeptieren, findet Trost durch Gebet und Fürbitte und betet sogar für seine Feinde.
Wir haben so einen Herrn, und deshalb gehört das Gebet ins Zentrum unseres Lebens. Ich weiß nicht, ob ich dich damit erreiche, und ich weiß auch nicht, wo du genau stehst. Aber es muss uns klar sein: Ohne Gebet gibt es kein geistliches Leben.
Gebet als geistliche Disziplin
Und deswegen ist es so wichtig, dass wir das Gebet lernen. Im ersten Timotheusbrief heißt es einmal, dass wir Gottseligkeit trainieren sollen. Dort steht: „Übe dich aber zur Gottseligkeit.“
Dieser Begriff Gottseligkeit, der in der Elberfelder Bibel verwendet wird, entspricht in der Lutherbibel dem Wort Frömmigkeit. Er meint die praktische Seite unseres Christseins. Es gibt im geistlichen Leben Disziplinen, die man sich aneignen muss. Eine dieser Disziplinen, die man lernen muss, weil man sie nicht von Natur aus beherrscht, ist das Gebet.
Beten ist nicht wie Atmen. Es ist vielleicht genauso wichtig, aber es funktioniert nicht automatisch. Atmen geschieht über das Kleinhirn, das passiert einfach. Das Gebet hingegen geschieht über das Großhirn. Du musst es einschalten wollen, nachdenken lernen.
Jetzt schauen wir uns die Stelle an, in der steht, dass man das Gebet lernen muss: Lukas Kapitel 11, Verse 1 bis 4. Dort sehen wir die Jünger. Die Jünger haben eine Vergangenheit – das müsst ihr wissen. Die Jünger Jesu sind zum erheblichen Teil vorher Jünger von Johannes dem Täufer gewesen. Ihr findet das im Johannes-Evangelium Kapitel 1, wenn ihr das mal nachlesen wollt. Das heißt, das sind Jünger mit einer religiösen Vergangenheit.
Und wenn ihr denkt, Jesus war als Rabbi für die Pharisäer schräg, dann nein: Er war genauso schräg wie seine Jünger. Eine Sache, die sie nicht verstehen, ist, warum er ihnen nicht Beten beibringt.
Jesus lehrt das Vaterunser
Und den Text lesen wir jetzt aus Lukas Kapitel 11, Vers 1.
Es geschah, als Jesus an einem Ort betete, dass einer seiner Jünger zu ihm sprach. Es wird nicht gesagt, wer dieser Jünger war, aber jemand hat sich getraut, ihn anzusprechen. Wahrscheinlich hatten alle Jünger schon ein bisschen darüber nachgedacht, und dann hat sich einer vorgewagt. Es steht nicht da, dass es Petrus war, aber viele würden wohl auf ihn wetten.
Dieser Jünger geht also zu Jesus und sagt: „Herr, lehre uns beten.“ So wie Johannes seine Jünger lehrte, gibt es hier ein Vorbild. Die Jünger möchten beten lernen.
Und was macht Jesus nun? Das ist sehr spannend. Er geht auf die Bitte ein und sagt: „Wenn ihr betet, so sprecht...“ Das ist seine Antwort.
Er spricht zu ihnen: „Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Gib uns täglich unser tägliches Brot. Und vergib uns unsere Sünden, denn auch wir vergeben jedem, der uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns von dem Bösen.“
Dieser letzte Teil ist aus dem Matthäusevangelium übernommen und steht nicht im Lukasevangelium, aber es gehört dazu.
Bedeutung des Vaterunsers
Die Jünger kommen zu Jesus und bitten ihn: „Lehre uns beten.“ Jesus reagiert darauf nicht mit einer abweisenden Haltung oder sagt: „Was ist denn das für eine komische Idee? Beten kann man doch einfach so. Man muss nur darauf achten, dass die Worte aus dir herausploppen. Lass den Gedanken einfach laufen, das wird schon.“ Nein, Jesus sagt genau das Gegenteil.
Er gibt ihnen ein Mustergebet, wenn man so will. Dieses Mustergebet, das sogenannte Vaterunser, wurde in der Kirchengeschichte, also in der frühen Zeit der Kirche – etwa zur Zeit der Apostelgeschichte – und auch darüber hinaus von den ersten Christen nicht einfach so gebetet.
Heute kennen wir das Vaterunser als ein Gebet, das in manchen Kirchen jeden Sonntag gesprochen wird. Ursprünglich war es jedoch nicht dazu gedacht, dass man eine vorformulierte, ritualisierte Gebetsform einfach herunterbetet. Vielmehr sollte das Vaterunser zunächst ein Kanon von Themen sein.
Ich möchte nun gerne einen kleinen Schritt zurückgehen. Wir schlagen das Evangelium nach Matthäus auf, Kapitel 6, und betrachten die Bergpredigt. Dabei möchte ich vier allgemeine Dinge zum Thema Gebet ansprechen. Anschließend wollen wir uns gemeinsam das Vaterunser anschauen.
Wichtig ist: Das Vaterunser soll nicht einfach als ein Gebet verstanden werden, das man mechanisch herunterbetet. Ich komme selbst aus einer kirchlichen Vergangenheit, in der das oft so gehandhabt wurde. Wenn man das Gebet zum fünfzigsten Mal spricht, kann man es ohne Nachdenken einfach herunterbeten – die Worte kommen dann fast automatisch.
Darum geht es aber überhaupt nicht.
Die Bergpredigt als Lebensanspruch
Die Jünger kommen zu Jesus und sagen: „Lehre uns beten.“ Daraufhin gibt der Herr Jesus ihnen Themen, Inhalte und Überschriften, unter die sie ihr Gebet stellen können. Diese können als Sprungbrett oder Ausgangspunkt dienen, um eigene, neue Gedanken vor Gott zu bringen.
Wir finden dies in Matthäus Kapitel 6, und steigen dort bei Vers 5 ein. Es geht um das Gebet. Warum gerade bis zu diesem Punkt? Was bitteschön ist die Bergpredigt? Das ist keine einfache Frage. Wenn ich es mit meinen Worten sagen müsste, ist die Bergpredigt so etwas wie eine Regierungserklärung.
Interessanterweise findet sich in der Bergpredigt eine Sache nicht. Wenn ihr mir nicht glaubt, lest sie heute Abend vor dem Schlafengehen einfach noch einmal durch. Es sind nur drei Kapitel. Ihr werdet feststellen, dass die Aufforderung zu glauben nicht darin vorkommt. Das ist total spannend. Du liest die komplette Bergpredigt und denkst dir: Wo ist hier der Glaube? Wäre es nicht schön, wenn da etwas vom Glauben stünde? Aber es steht nicht drin.
Kurz nach der Bergpredigt aber kommt der Glaube. Wenn du in Kapitel 8 nur zwei Geschichten weiterliest, hast du plötzlich den Glauben. Du denkst dir: Es geht um Glauben. Aber warum ist das nicht in der Bergpredigt? Ganz einfach: Die Bergpredigt ist nicht dazu da, dich gläubig zu machen. Cool, oder? Du kannst dich mit der Bergpredigt nicht bekehren.
Dort steht nichts vom Glauben, nichts vom stellvertretenden Opfer, nichts von Wiedergeburt. Du kannst dich mit der Bergpredigt nicht bekehren. Aber was du tun kannst – und dazu ist die Bergpredigt da – ist, zu überlegen, ob du Buße tun möchtest, um diesem König zu folgen, der diesen Anspruch an seine Untertanen stellt.
Vor der Bergpredigt, in Matthäus 4, sagt der Herr Jesus: „Tut nun Buße und bekehrt euch.“ Im Text fragt man sich: Was bedeutet das eigentlich? Wohin soll ich Buße tun? Buße tun heißt ja, sich umdrehen und in die andere Richtung gehen. Aber in welche Richtung genau? Das ist die Frage.
Die Bergpredigt beantwortet dir diese Frage. Denn dieser König, der hier spricht, sagt: „Wenn du mit mir unterwegs sein möchtest, will ich dir kurz zeigen, wie ich mir so ein Leben vorstelle.“ Die Formulierungen der Bergpredigt haben einen starken jüdischen Touch und müssen das eine oder andere auch gesellschaftlich übersetzt werden.
Wenn wir von Almosen reden, ist das bei uns anders geregelt. Vielleicht denkst du: Einen Teil meiner Almosen gebe ich schon dadurch, dass ich Steuern zahle. Das ist ja auch etwas. Ja, das kannst du gerne tun. Trotzdem muss dir klar sein: Die Bergpredigt zeigt den Anspruch, den Jesus an dein Leben hat.
Wenn du Buße tust, also wenn du danach sagst: Ich will glauben, ich will diesem König folgen, dann ist die Bergpredigt das, was er dir vorher als seinen Anspruch gezeigt hat. Ich hoffe, wir sind uns da halbwegs einig. Wenn nicht, gibt es die Möglichkeit, mich beim Essen auszufragen und zu löchern.
Die Bedeutung des „Wenn“ im Gebet (Matthäus 6,5)
Aber jetzt gehen wir wieder einen Schritt weiter. Ich habe gesagt, die Bergpredigt zeigt uns, was der König eigentlich will. Und jetzt sagt der König: „Und wenn ihr betet…“ Achtung, es gibt im Griechischen zwei Arten von „wenn“. Im Deutschen hören wir das leider nicht heraus.
Im Deutschen gibt es das „wenn“ als Bedingung, also zum Beispiel: „Ich komme zu euch auf die Freizeit, wenn ich Zeit habe.“ Das bedeutet: Falls ich Zeit habe, komme ich. Wenn wir das Wörtchen „wenn“ lesen, könnte man es im Deutschen als „falls“ verstehen, im Sinne von: „Und falls ihr betet.“
„Falls ihr mal nichts anderes zu tun haben solltet und betet.“ So könnte man es verstehen, weil das Wörtchen „wenn“ eben dieses bedingende Element in sich trägt. Das ist unsere Sprache, doch im Griechischen steht hier etwas anderes.
Deshalb steht hier ein Wort, das man sehr gut mit „immer wenn“ übersetzen könnte. Also nicht „falls du das mal tust“, sondern „weil ich weiß, dass jeder vernünftige Gläubige sowieso betet“. Denn ohne Gebet kannst du schlicht und ergreifend nicht gläubig sein in den Augen Gottes. Es geht einfach nicht zu sagen: „Ich vertraue Gott, ich lebe mit Gott, aber reden, na ja, zehn Minuten am Tag, wenn es mal hochkommt, vielleicht mal ein Viertelstündchen, aber jetzt mal so richtig einen langen Gebetsspaziergang, mal so eine Stunde oder zwei – nee.“ So viel habe ich dann Gott auch nicht zu sagen.
Das ist so, als wenn jemand sagt: „Ich bin Christ und habe noch nie die Bibel durchgelesen.“ Verstehst du das? Das geht nicht. Doch, wenn du eine massive Lese- und Lernschwäche hast und so, dann schon. Aber normalerweise, wenn du Christ bist, dann nimmst du das Ding und liest es durch. Und wenn du durch bist, fängst du vorne wieder an. Und das machst du einfach mal zehn- oder zwanzigmal, nur damit du weißt, was da drinsteht.
Es gibt Dinge, die gehören einfach dazu. Ein Freund von mir macht gerade eine Ausbildung als – wie heißen diese Dachschlosser, die heißen bei euch Spengler, genau. Stell dir vor, der würde sagen: „Ja, ich mache die Ausbildung, aber ich lese nie was dazu. Das interessiert mich auch überhaupt nicht.“ Den möchtest du nicht an dein Dach lassen, oder? Nein, willst du nicht.
Das muss jemand sein, der sagt: „Hey, das interessiert mich, da fuchse ich mich rein, ich will wissen, wie Materialien funktionieren, wie man das macht, wie man richtig lötet, so dass es auch eine Weile hält.“ So ist das hier auch.
Du bist Christ? Ja, immer wenn du betest – das wird einfach vorausgesetzt. Und wenn du nicht betest, dann bekehr dich. Ganz einfach.
Das war so einer der Sätze, wo ich dachte, vielleicht trete ich jetzt jemandem auf die Füße. Ihr merkt, wenn ich mich ein bisschen warm geredet habe, werde ich manchmal ein bisschen deutlicher. Aber ich meine das ernst. Ich glaube, es gibt eine ganze Menge Christen, die keine Christen sind, weil sie sich nie wirklich in ihrem Herzen an Gott gehangen haben. Das war immer so viel Gott wie nötig und so viel Ego wie möglich.
Und du merkst es daran, dass du kein gesundes Gebetsleben hast. Deswegen startet der Herr Jesus hier einfach und sagt: „Immer wenn ihr betet…“ Das ist völlig normal. Die Idee, dass da einer jetzt sagen könnte: „Ich bete aber gar nicht“, die gibt es nicht, versteht ihr?
Vier wichtige Punkte zum Gebet
Und wenn du betest, machen wir noch kurz vier Punkte, die ihm wichtig sind.
Sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, denn sie lieben es, in den Synagogen und an den Ecken der Straßen stehend zu beten, damit sie von den Menschen gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn schon erhalten.
Wenn du aber betest, so gehe in deine Kammer. Schließe deine Tür und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.
Gebet ist keine Show
Zwei Punkte:
Erstens: Gebet ist keine Show. Das bedeutet nicht, dass du nicht auch in Gemeinschaft beten darfst – das ist ja irgendwie logisch. In Matthäus 18,20 heißt es: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Das ist eine besondere Verheißung.
Auch in der Apostelgeschichte lesen wir, wie die ganze Gemeinde sich zum leidenschaftlichen Gebet getroffen hat. Heute Morgen habe ich drei neue Gebetsanliegen per Berlin News E-Mail und über die App verschickt, damit Leute dafür beten können. Das ist wichtig.
Aber wenn du merkst: „Ich bin in der Gemeinde irgendwie der große Beter, stehe immer auf und finde die passenden Worte. Aber unter der Woche habe ich eigentlich wenig mit Gott am Hut.“ Verstehst du? Das hat einen Showcharakter. Du denkst: Hier muss ich jetzt beten, sonst schauen mich die Leute komisch an. Aber unter der Woche, da sieht es keiner, da muss ich es nicht machen.
Wenn du so bist, dann musst du in die Kammer. Das ist der erste Punkt.
Gebet wird von Gott belohnt
Der zweite Punkt ist, und das ist ein Aspekt, der meiner Meinung nach sehr selten gepredigt wird: Hier steht, dass Gott Gebet belohnt. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn weg.
Ich weiß nicht, warum du betest oder was dich motiviert. Aber eine Motivation wird nur sehr selten gepredigt. Jede Stunde, die du im Gebet verbringst, wird Gott belohnen. Warum das so ist, klären wir morgen.
Aber es ist wichtig, dass du es schon einmal gehört hast: Gebet wird gebetet, weil wir einen Lohn erwarten. Ich will belohnt werden. Ich möchte in der Ewigkeit für die Zeit, die ich im Gebet verbracht habe, etwas zurückbekommen.
Das klingt vielleicht komisch, nicht wahr? Der betet ja nur, weil er dafür etwas bekommt. Ja, nicht nur, aber auch. Denn es steht hier, und es ist auch eine Motivation, die unseren Blick richtig ausrichtet, wenn wir darüber nachdenken.
Ein Gebet, das man immer nur als etwas völlig Freiwilliges ansieht, etwas, das einem einfach so überkommt – so eine himmlische Verklärtheit, die man dann versucht, in Worte zu fassen –, das ist nicht die Realität. Vergiss das.
Es geht um Kampf, es geht um Arbeit. Gebet ist etwas, bei dem ich da stehe und eine Aufgabe zu erledigen habe. Ich sage es noch einmal: Es ist ein kosmischer Konflikt, in den Gott mich stellt.
Mein Gegner versucht, Menschen und Seelen zu zerstören, und ich stelle mich dagegen. Ein Teil meiner geistlichen Waffenrüstung – und das ist der letzte Teil, für den es in Epheser 6 kein Bild mehr gibt – ist das Gebet.
Wir sollen allezeit für alle Gläubigen beten, ringen und kämpfen. Und genau deshalb, weil es ein Kampf ist, weil es wie Sport und Übung ist, belohnt uns Gott dafür.
Gebet ist keine Menge von Worten
Die letzten beiden Punkte, und dann mache ich für heute Abend Schluss.
Matthäus 6,7-8: „Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen, denn sie meinen, dass sie um ihres vielen Redens willen erhört werden. Seid ihnen nun nicht gleich, denn euer Vater weiß, was ihr benötigt, ehe ihr ihn bittet.“
Zwei Punkte dazu:
Es ist vielleicht nicht unser Problem, dass wir zu viel plappern. Ich glaube, unser Problem ist eher, dass wir grundsätzlich zu wenig reden. Doch hier steht: Es ist nicht die Menge der Worte, die vor Gott zählt. Es geht nicht darum, Gott zu überreden oder zu informieren. Er weiß bereits, was wir brauchen, in dem Moment, in dem wir beten.
Das bedeutet – und das ist dann der vierte Punkt – dass Gott, obwohl er weiß, was wir brauchen, dennoch gebeten werden will. Spannend, oder? Auf der einen Seite sagt Gott: „Ich weiß, was du brauchst. Du brauchst das jetzt nicht dreißig Mal hintereinander zu sagen: Ich will ein Auto, ich will ein Auto, ich will unbedingt ein Auto.“ Das wäre plappern. Du sagst immer wieder dasselbe. Wenn du es auf die Spitze treiben willst, ist das so mantraartig. Du legst dein Gebet auf, oder du nimmst es auf und spielst es einfach immer wieder ab. Das kannst du ja auch machen. So machen wir es nicht.
Auf der anderen Seite begreifen wir, dass Gott gebeten werden will. Das bedeutet, wie wir an anderer Stelle morgen noch einmal sehen werden: Wenn wir nicht beten, dann haben wir nicht.
Ermutigendes Zeugnis und Abschlussappell
Und vielleicht zum Schluss noch ein ermutigendes Zeugnis: Ich habe auf dem Weg hierher einen Vortrag von Christopher Yuan gehört. Er war tief verstrickt in kriminelle Machenschaften und hatte auch sonst noch das eine oder andere Problem. Vom Glauben seiner Eltern wollte er wirklich nichts wissen.
Dann wurde er mit einer riesigen Menge Marihuana erwischt und musste in Amerika für sechs Jahre ins Gefängnis. In dieser Zeit bekehrte er sich. Er war ganz unten und fand eine Gideon-Bibel im Mülleimer des Gefängnisses.
Wenn du dich fragst, warum er sich bekehrt hat, dann darfst du wissen, dass seine Mutter sieben Jahre lang für ihn gebetet und gefastet hat. Sie hatte eine Gruppe von hundert Betern hinter sich, die regelmäßig auf die Knie gingen und Gott für diesen zutiefst verlorenen Sohn anflehten.
Ich glaube, es sind solche Geschichten. Christopher Yuan hat zusammen mit seiner Mutter ein Buch geschrieben. Dort beschreibt jeweils ein Kapitel aus beiden Perspektiven, wie er zum Glauben kommt beziehungsweise wie er zunächst vom Glauben weggeht. Seine Mutter schildert, wie sie diese Zeit erlebt hat. Dann beschreibt er, wie er weiter in die Irre geht, und sie, wie sie weiter betet – bis es schließlich zum Höhepunkt kommt.
Bitte unterschätzt das Gebet nicht. Das meine ich besonders, wenn ihr Teenager habt oder Freunde und Verwandte, die nicht gläubig sind. Wir werden uns morgen auch über Dinge wie Fasten und Ähnliches unterhalten. Betet mehr! Ich kann euch das nur sehr, sehr dringend empfehlen. Betet und kämpft an dieser Stelle. Es ist eure einzige Waffe, die ihr habt.
Wir müssen beten lernen. Deshalb ist es wichtig, dass wir morgen weitermachen und uns das Vaterunser anschauen. So werden wir an dieser Stelle klüger. Nur wenn wir eine Vorstellung davon haben, was Gebet ist und wie man es füllt, werdet ihr an einen Punkt kommen, an dem ihr im Gebet merkt: Boah, jetzt bin ich in der Gegenwart Gottes.
Ich weiß, das klingt vielleicht schräg, denn eigentlich bin ich nicht so der emotionale Typ. Aber es gibt solche Momente. Bei mir ist das so nach einer Stunde bis anderthalb im Gebet, wenn ich denke: Boah, ist Gott nah. Wahrscheinlich, weil du alles abgegeben hast, alle Sorgen sind weg, du hast für die Leute gebetet – und dann kommt dieser Moment, in dem du sagst: Jetzt bin ich da. Genau da, wofür ich als Mensch gemacht bin. Jetzt habe ich genau das, was meine Seele sich wünscht.
Und das findest du im Gebet, im intelligenten Gebet. Morgen schauen wir uns an, wie das aufgebaut wird.
Amen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!