Herzlich willkommen zu diesem Gottesdienst. Was soll man jetzt sagen? Geht es weiter oder fängt es jetzt eigentlich erst richtig an? Nach allem, was wir letzte Woche in Essen erlebt haben, beginnt es jetzt eigentlich erst richtig – mit diesem Gottesdienst.
Die Sonne ist heute nicht klar zu erkennen. Das tiefste Geheimnis bleibt verborgen. Dennoch gibt es dafür eine Notlösung. Unsere Erfahrung zeigt, dass man immer noch eine geistliche Deutung finden kann.
Wenn die Sonne nicht deutlich sichtbar ist, sondern nur hinter grauen Wolken scheint, dann erinnert uns das an eine wichtige Tatsache: Das entspricht am meisten dem Leben. Hinter den grauen Wolken ist die Energie der Sonne dennoch da. Sie bleibt die Quelle aller Lebenskräfte.
Deshalb singen wir dieses Loblied jetzt als ein Loblied für die Sonne der Liebe Gottes.
Gottes Nähe trotz Wolken – ein geistlicher Anfang
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Von allen Segensverheißungen, die der Herr dem Hause Israel gegeben hatte, war keine einzige unerfüllt geblieben; alle waren eingetroffen.
Wir wollen beten.
Wir danken dir, Herr, dass du deine Verheißungen erfüllst und vertrauenswürdig bist. In dir allein findet unser Leben eine feste Verankerung. Wir bitten dich, dass du uns an diesem Tag deine Barmherzigkeit neu erfahren lässt.
Wir beten einen Augenblick in der Stille.
Wir preisen dich, Herr, für die unverdiente Güte, die du uns schenkst. Amen.
Das Wort Gottes als Lebensquelle
Wir hören ein Wort aus der Bibel. Im ersten Petrusbrief, Kapitel 2, heißt es:
„So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug, Heuchelei, Neid und alle üble Nachrede. Seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch, wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie wachst zu eurem Heil, wenn ihr geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.
Zu ihm kommt ihr als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar ist. Baut auch ihr euch als lebendige Steine zu einem geistlichen Haus und zu einer heiligen Priesterschaft, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott durch Jesus Christus wohlgefällig sind.“
Herr, dein Wort ist die Freude und der Trost unseres Herzens. Amen.
Die Berufung und Entwicklung Samuels
Gottes Ruf im Leben eines jungen Menschen
Wir sprechen über das Leben des Samuel, heute aus 1. Samuel 3,19-21:
Samuel wuchs heran, und der Herr war mit ihm. Er ließ keines von all seinen Worten zur Erde fallen. Ganz Israel, von Dan bis Berseba, erkannte, dass Samuel zum Propheten des Herrn berufen war. Der Herr erschien weiterhin in Silo, denn er offenbarte sich Samuel durch sein Wort. Samuels Wort erging an ganz Israel.
Ein Dauerbrenner unter den Vorurteilen oder Streitpunkten ist der Satz: „Die Bekehrung eines Menschen dauert nicht nur einen Augenblick, sondern ein Leben lang!“ Dabei geht es nicht nur um ein einmaliges Bekehrungserlebnis, sondern um einen lebenslangen Veränderungsprozess. Dahinter steckt der tiefe Verdacht, dass die Umkehr eines Menschen nicht bloß ein kurzes Feuerwerk ist, das nur ausgebrannte Hülsen hinterlässt, oder ein spektakulärer Fehlstart.
Diese Gefahr ist nicht auszuschließen, und es gibt viele Beispiele dafür, die sich überhaupt nicht bestreiten lassen. Die Bibel zeigt uns jedoch bei fast allen Menschen, die sie vorstellt, dass es in ihrem Leben eine deutliche, klar erkennbare Berufung gibt: einen Ruf zur Umkehr und eine Antwort darauf, eine deutliche Umwendung.
Beim jungen Samuel zum Beispiel geschieht dies auf völlig überraschende Weise. Gott redet in sein Leben hinein. Samuel war Priesterlehrling in Silo, am Heiligtum Israels, dem Vorläufer des Tempels in Jerusalem. Er war die rechte Hand des Hohenpriesters Eli und somit ein völliger Insider der Gemeinde. Länger konnte man kaum dazugehören als Samuel.
Trotzdem war ihm das Reden Gottes völlig fremd. Als Gott ihn mit Namen anspricht, hört er immer nur Eli rufen. Diese Tragik besteht bis heute: Gott redet, doch man hört nur „Kirche“, weil man es nicht gewohnt ist, dass Gott das Gewissen anspricht.
Fremd und neu redet Gott in das Leben dieses jungen Samuel hinein. Erst als Samuel schließlich bereit ist zu gehorchen, geschieht die Wende. Gott übermittelt ihm eine Botschaft – eine tägliche Botschaft, über die wir gesprochen haben. Es ist eine Gerichtsbotschaft.
Von da an ist nichts mehr wie vorher. Ein Mensch, der gebrandmarkt ist von der Tatsache, dass Gott gesprochen und berufen hat, kann nicht mehr zurück. Es ist ein großer Unterschied, ob man sich eine theologische Überzeugung zulegt oder ob Gott tatsächlich in ein Leben hineingeredet hat; ob man sich das Reden Gottes selbst zurechtlegt oder tatsächlich von der Anrede Gottes getroffen ist.
Samuel hat das Wort fremd und überraschend gehört. Es packt sein Gewissen und stellt ihn auf einen Weg, den er sich selbst nie gewählt hätte. Darum dürfen und müssen wir beten, dass Gott in unserer Mitte solche klaren, eindeutigen Anfänge bewirkt; dass er redet, ruft und deutliche Punkte der Umkehr setzt.
Solide Entwicklung nach dem klaren Beginn
Aber aus dem klaren Beginn im Leben des Samuels entsteht auch eine grundsolide Entwicklung.
Genau diese solide weitere Entwicklung muss uns heute beschäftigen. Es geht darum, den klaren Beginn und die darauf folgende solide Entwicklung im Verhältnis zueinander zu halten.
Deshalb schreiben wir über Text und Predigt: „Klarer Beginn und dann solide Entwicklung.“
Klarer Beginn und dann solide Entwicklung – das sind die 30 Worte, die ich heute eigentlich mit Wachstum, Ausbreitung und Fortdauer verbinde.
Wachstum als erste Dimension der Entwicklung
Erstens: Wachstum. In dem Bibeltext heißt es: „Samuel wuchs heran.“ Das meint zunächst etwas ganz Äußerliches. Der Junge ist groß geworden. Als das passierte, hatte er noch „Eierschalen hinter den Ohren“, war also körperlich noch nicht ausgewachsen. Er wuchs körperlich, aber er wuchs auch in seiner Beziehung zu Gott, denn es heißt gleich danach: „Der Herr war mit ihm.“ Das ist eine bemerkenswerte Form des Wachstums.
Wachstum und Erwachsenwerden bedeuten bei uns normalerweise, dass jemand aus einem Zustand starker Abhängigkeit herauswächst. Ein Kind ist auf Hilfe und Schutz angewiesen. Mit der Zeit wird es stärker, unabhängiger und selbstständig. Man wünscht sich eine Persönlichkeit mit guter Bildung und ausgeprägter Tatkraft. Je besser diese Eigenschaften ausgeprägt sind, desto selbstständiger ist ein Mensch. Das Ziel ist, dass jemand auf eigenen Beinen steht, eine klare, überzeugende und gefestigte Persönlichkeit wird.
Doch das ist nicht das Entwicklungsziel, das die Bibel verfolgt. Das Erziehungs- und Wachstumsziel im Leben eines Menschen ist nicht die selbstständige Persönlichkeit, die sich vollkommen entfaltet. Der Maßstab dieses Wachstums ist: „Der Herr war mit ihm.“ Es blieb nicht bei dem einen überraschenden, fremden, dichten Erlebnis des Gotteswortes in der Nacht, sondern Wachstum bedeutet, dass in die Nähe und Beziehung zu Gott eine Stetigkeit kommt. Dass Regelmäßigkeit und Festigkeit entstehen.
Das ist doch die Not des Christseins in unserem Land: Tausende von Menschen haben hier und da eine Erfahrung mit Gott, haben in der Not gebetet oder Dankgebete gesprochen, geistliche Erfahrungen gemacht oder gute Gottesdienste erlebt. Es sind viele Gelegenheitserfahrungen, aber keine Stetigkeit im Leben mit Gott. Es gibt keine Stetigkeit im Gebet und im Dienst für Gott. Es sind sporadische Aktionen. Das ist zwar gut, aber kein echtes Wachstum. Es entstehen keine reifen Persönlichkeiten nach Gottes Vorstellungen, keine Menschen, deren Lebensweise es ist, in der Nähe Gottes zu sein und ohne diese Nähe nicht leben zu können.
Stattdessen ist das Leben oft flapsig und unbeständig. Man weiß nie so recht, woran man ist. Es ist ein Auf und Ab, abhängig von der geistlichen Stimmung und den Lebensumständen. Das geistliche Klima ist willkürlich, von Gefühlen und Umständen geprägt.
Wachstum bedeutet eine solide Entwicklung, bei der die Nähe Gottes und der vertraute Umgang mit Gott eine Stetigkeit und Verbindlichkeit bekommen. Das wird normal – im besten Sinne des Wortes. Die Erfahrung in der Nacht, in der Gott Samuel anspricht, war sensationell und aufregend. Doch viele Erfahrungen im Leben Samuels werden hier zusammengefasst: „Der Herr war mit ihm.“ Das klingt fast nach Routine, aber es ist eine Normalität und Regelmäßigkeit im besten Sinne. Die Nähe Gottes, das Reden mit Gott wird zum Maßstab und zur Norm des Alltags.
Es ist nicht mehr die sensationelle Ausnahme, das Festacherlebnis, der religiöse Höhepunkt, wenn man mal mit Gott redet. Es wird normal. Das ist der Maßstab, nach dem im Alltag gelebt wird: Nähe Gottes, Fragen nach dem Willen Gottes, Reden mit Gott im Gebet, Hören auf sein Wort in der Bibel, Gemeinschaft mit Christen und Leben aus dieser Quelle.
Das Wachstum hat noch eine besondere Qualität. Es heißt in dem Bibeltext: „Der Herr war mit ihm und ließ keines von allen seinen Worten unbestätigt zur Erde fallen.“ Gemeint sind hier eigentlich Gottes Worte oder Samuels Worte? Beim ersten Lesen denkt man unwillkürlich an Gottes Worte, aber grammatisch ist das nicht eindeutig. Wahrscheinlicher sind die Worte Samuels gemeint. Das ist jedoch kein Gegensatz.
Gott redet zu Samuel, gibt ihm seine Worte und beauftragt ihn. Und dann erfährt Samuel, dass keines dieser Worte, die er weitergeben soll, umsonst ist. Sie fallen nicht einfach wie Dreck auf den Boden. Sie werden bestätigt, erfüllt, bekräftigt und als wirksam und gültig erkannt.
Beim Hallensegen kann man die auf den Boden gefallenen Worte Gottes betrachten. Die Freunde sagen, der größte Segen des Gemeindetages war der Staub, der danach in den Hallen lag. Ich war nur kurz dabei, aber es hat mich beeindruckt, wie wir in Halle fünf fröhlich vor uns hin gesprochen haben: „Jesus Christus, die Quelle des Lebens.“ Hier ein Programmheft, dort ein Programmheft, und auf der Rückseite immer dieses Wort. Es hat mich innerlich genervt, dass ich das immer mit dem Besen zusammen mit Cola-Dosen und Aluminiumfolie zusammenfegen musste. Es tat mir innerlich weh.
Das fiel mir jetzt bei der Vorbereitung auf diesen Text wieder ein: „Der Herr ließ keines von allen seinen Worten unbestätigt zur Erde fallen.“ Wenn bei uns solche Worte im Müll landen, hat Gott vorher schon sein Werk damit getan. Das ist die Erfahrung Samuels, sein inneres Wachstum. Er macht die Erfahrung, dass Gott redet und bestätigt. Gott sagt etwas an und erfüllt es. Das ist der innere Motor des Wachstums.
Woran wächst man sonst? Man wächst im Glauben an der Erfahrung, dass das Wort, das der Herr spricht, nicht unbestätigt bleibt, dass es bekräftigt und erfüllt wird. So entsteht eine Kettenreaktion: Neues Hören auf sein Wort, neue Erfahrungen der Erfüllung dieses Wortes. Je mehr ich auf Gottes Wort höre und es ernst nehme, desto mehr erfahre ich, dass Gott es nicht unbestätigt auf den Boden fallen lässt. Daran wächst ein Mensch.
Daran allein wird der Glaube stabil: dass er immer wieder auf die Zusagen und Worte Gottes hört und immer wieder erfährt, dass Gott sie bestätigt. Samuel war zu Beginn eine ganz unreife Person. Er steckte mitten in der Pubertät, war ein Junge, als er den gewaltigen Anruf Gottes hörte. Er war völlig ungefestigt, und es war noch nicht abzusehen, was für eine Persönlichkeit aus ihm werden würde. Es gab noch Reifungsprozesse, in die Gott ihn hineinnehmen wollte.
Der innere Zusammenhang ist diese Tatsache: Hören, Empfangen und Erfahren der Worte Gottes. Gott lässt kein Wort unbestätigt auf den Boden fallen.
Am Anfang von Samuels Weg stand eine spektakuläre Ruhestörung in der Nacht. Dieses erste Erlebnis war aufregend, aber danach kam ein stilles, starkes Wachstum. Nicht sensationell.
Das Wachstum eines Christen ist kein fortwährendes Feuerwerk, keine Aneinanderreihung von Knalleffekten. Viele Menschen erwarten das und sind enttäuscht, wenn ihr Christsein nicht aus einer pausenlosen Folge solcher sensationellen Ereignisse besteht. Aber das Leben mit Jesus ist kein Showbusiness. Wer das sucht, sollte besser Frank Elfner und Kuhlenkamp als Lebensunterhalter wählen. Die befriedigen diese Bedürfnisse viel besser.
Was Jesus will, ist solides Wachstum. Und solides Wachstum bedeutet stilles, beständiges Reifen. Werner de Boer, ein großer Bibelausleger aus der DDR, der inzwischen verstorben ist, sagte einmal: „Wenn der Baum die herrlichen, aufsehenerregenden Blüten verloren hat, arbeitet er still an hundert Früchten.“ Die Blütezeit ist vorbei, die Frucht ist noch nicht reif. Das ist der wichtige Prozess im Christsein.
Wir freuen uns über die sensationelle Blüte, den herrlichen Anblick, wenn Menschen zum Glauben kommen, wenn erschütternde Erfahrungen mit Jesus gemacht werden, wenn Gewissen getroffen werden und Menschen vor Bestürzung über ihr kaputtes Leben und die Rettung durch Gottes Barmherzigkeit weinen. Wir freuen uns darüber.
Aber klare Anfänge brauchen eine solide Weiterentwicklung. Stilles, starkes Wachstum und Reifung an Gottes Wort sind notwendig.
Ausbreitung als zweite Dimension der Entwicklung
Zweitens: Erstens war Wachstum, zweitens Ausbreitung. Das zweite und dritte sind kürzer, keine Sorge. Wir singen schließlich durch aus unserem Liederbuch Nr. „Vater, ich will dich preisen, denn dein Wort ist wunderbar“. Ich hoffe, ihr könnt das schon. Das gehört zu den ganz Standardliedern des Rehats der Vergangenheit.
Wir singen den Refrain sowie die erste und zweite Strophe, nicht wahr?
Vater, ich will dich preisen, denn dein Wort ist wunderbar.
Vater, ich will dich preisen, denn dein Wort ist wunderbar und vollkommen.
Jeden Morgen schau ich neu, was dein Wort enthält.
Jeden Morgen schau ich neu, was dein Wort enthält.
Vater, ich will dich preisen, denn dein Wort ist wunderbar.
Vater, ich will dich preisen, denn dein Wort ist wunderbar und vollkommen.
Ich erkenne dein Wort hell, das, was es verspricht.
Ich erkenne dein Wort hell, das, was es verspricht.
Vater, ich will dich preisen, denn dein Wort ist wunderbar.
Vater, ich will dich preisen, denn dein Wort ist wunderbar und vollkommen.
Wachstum war das erste, Ausbreitung das zweite. Im Text heißt es: Ganz Israel, von Dan bis Beersheba. Beersheba ist eine bedeutende Stadt im Süden Israels, vielleicht kennen Sie sie, wenn Sie schon einmal in Israel waren. Dan liegt nicht ganz im Norden des damaligen Israels, Beersheba war damals der Süden; heute geht es noch ein bisschen weiter nach Süden.
Ganz Israel, von Dan bis Beersheba, erkannte, dass Samuel damit betraut war, Prophet des Herrn zu sein. Man kann auch sagen, dass Samuel ein treuer Prophet war, dass er als Prophet, als Bote Gottes, beglaubigt war. Aber es geht jetzt gar nicht so sehr um den Beruf des Samuel – es ist toll, dass wir mal wieder so einen haben –, sondern darum, dass ein Prophet ohne das Wort, das er trägt, nichts ist.
Propheten im alten Israel sind Menschen, durch die Gott sein Wort ganz direkt noch einmal ertönen lässt. Das, was in Samuel hörbar geworden ist, neu hörbar geworden ist, ist endgültig. Für uns alle ist es in Jesus hörbar und sichtbar geworden: das Wort Gottes in Person, Jesus Christus.
Nun heißt es hier: Von Norden bis Süden, in ganz Israel, setzt sich die Erkenntnis durch, dass Gottes gültiges Wort in unserer Mitte ist. Von Flensburg bis Oberstdorf setzt sich durch: Jesus Christus ist das eine gültige Wort Gottes, das allein gehören muss. Hier redet Gott, und das breitet sich aus. In einem Dorf nach dem anderen sickert diese Erkenntnis durch. Hier spricht der Herr. Eine Stadt nach der anderen wird durchdrungen von dieser Erkenntnis. In Samuel spricht der lebendige Gott.
Es fing mit einem Jungen an, der dem Ruf Gottes gehorsam wurde. Damit fängt es an und setzt sich dann im ganzen Land durch. Wir müssen begreifen, dass Gottes Wort nie bei uns in unserem Leben die Endstation haben will. Es will sich ausbreiten, es will sich durchsetzen – und das ist geographisch gemeint, von Dan bis Beersheba.
Es will das Land ausfüllen, von Kana bis Haithaus, von Grei bis Fron – das waren früher schon mal die Stadtteile. Dann durch das Land. Und dann ist es von Alaska bis Neuseeland, vom Eismeer bis Feuerland. Es will das Land erfüllen, was mit Samuel hier in so besonderer Weise für Israel geschieht.
Das geschieht dann in Jesus für die ganze Welt. Jesus ist das Wort Gottes, das anerkannt werden will, das sich durchsetzen will. Aber jeder, der selber getroffen ist von diesem Wort, jeder, der selber gehört und geantwortet hat, soll zu einem Vehikel werden, zu einem Werkzeug, zu einem Fahrzeug.
Nicht unsere Wirksamkeit oder unsere Geschicklichkeit bewirken, dass das Wort Gottes sich ausbreitet. Das schafft Gottes Wort in seiner Selbstwirksamkeit. Es setzt sich durch. Es gibt keine Methoden und keine Tricks. Das hängt von Nichtmenschlichem ab. Es geht durch nichts, es schafft es ganz allein.
Aber es will uns als Hüter gebrauchen. Samuel hatte in sich nichts, was Israel überzeugen konnte. Er hatte ja noch nie ein Auto, um von Dan bis Beersheba zu fahren. Er war das ja nie gewesen, jedenfalls zu Anfangszeiten noch nicht. Vielleicht ist er später mal dorthin gekommen.
Das heißt: Menschlich gesehen ist hier nur Schwäche und Ohnmacht. Gott aber gebraucht diesen Jungen, der gehorsam geworden ist, damit durch ihn das Wort sich ausbreitet und durchsetzt. Nicht phantastische Fähigkeiten sind gefragt, sondern der Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber. Ein Mensch öffnet sich, den Gott beruft – und dann setzt sich das Wort Gottes durch.
Solide Weiterentwicklung heißt nicht nur inneres geistliches Wachstum, dass ein Mensch stabil wird in der Nähe Gottes. Es heißt auch geografische Ausbreitung. Dort, wo kein missionarischer Geist ist, wo es nicht unter den Nägeln brennt, neue Freunde für Jesus zu gewinnen. Dort, wo es nicht unter den Nägeln brennt in einer Gemeinde, dass noch neue Bereiche erobert werden müssen, in denen man noch nichts kennt.
Da ist keine solide Weiterentwicklung. Da sind Verkrüppelungen, da bleibt es stecken. Klare Anfänge bei Samuel und solide Weiterentwicklung: Wachstum und Ausbreitung.
Fortdauer als dritte Dimension der Entwicklung
Drittens: Fortdauer. Fortdauer heißt es hier, und der Herr erschien weiter in Silo. Also muss ich sagen: Silo ist ein Ort. Es war ein kleines Kaff damals, ein Behälter, sozusagen. Das wäre nicht weg.
Ich meine, man ist ja vor Missverständnissen nicht geschützt. Sonst denken die Leute, was hat der da mit Landwirtschaft dauernd am Hut? Aber das ist ja nicht anders gemeint. Es war einfach ein kleines Dorf. Da klingt es schon fast wie eine Serie: Der Herr offenbarte sich fort und fort in Silo als Dach.
Ich finde das beschämend großartig, dass Gott denselben Ort wählt. Wir haben in den Geschichten vorher studiert, dass Silo damals das Zentrum mit dem Heiligtum für Israel war. Es wurde aber bestimmt von den Gangsterpriestern Hophni und Phineas, den Söhnen des Elis. Der ganze Religionsbetrieb diente nichts anderem als zur Bereicherung für sie selbst.
Müsste Gott da nicht einen ganzen Ort ausradieren und neu anfangen? Doch während er zu Samuel redet, während dieser Neuansatz passiert, das Durchdringen des Landes mit dem Wort Gottes, lebt der Eli noch. Diese Gangsterpriester treiben ihr Werk in Silo weiter.
Gott braucht nicht erst eine keimfreie Zone, um sein neues Werk zu beginnen. Es kann in einer ganz verrotteten Gemeinde, in einer ganz verrotteten Kirche neu anfangen. Überall dort, wo Menschen ihm gehorsam sind, sich rufen lassen und das Wort Gottes in ihnen wächst. Dort werden sie zu stabilen Menschen, die in der Nähe Gottes leben und wo sich das Wort ausbreitet.
So fängt er an: mitten in verrotteten Verhältnissen. Manche Leute warten ja darauf, dass erst alles anders wird, bevor sie selbst den ersten Schritt machen. Gott aber ist ein Gott, der in den unmöglichsten Verhältnissen neu anfängt mit seinem selbstverrotteten Wort.
Ich möchte jetzt den Finger darauf legen: Er redete fort und fort, weiter und weiter. Samuel musste nicht sein Leben lang davon leben, dass er am Anfang einmal in jener Nacht so ein tolles Erlebnis mit Gott gehabt hat. Wir dürfen dankbar daran denken, dass Gott einschneidend redet und unser Leben neu schafft. Das ist eine dankbare Erinnerung.
Aber wir brauchen, dass es weitergeht – die Fortdauer, die Fortsetzung. Dass er immer wieder neu in unseren Tag hineinredet. Wir brauchen immer wieder die neue Bestätigung. Fortsetzung ist gefragt.
Eine solide Entwicklung im Leben eines Christen hängt davon ab, dass das Reden Gottes immer wieder neu geschieht. "Deine Barmherzigkeit ist jeden Morgen neu", heißt es in den Klageliedern Jeremias. Diese Nahrung an jedem Tag bringt uns voran.
Was ist mit der Fortdauer des Redens Gottes in unserem Leben? Wie lange liegt das letzte Reden zurück? Wir dürfen fragen, bitten, uns öffnen und suchen. Wenn Gott den Faden abreißen lässt und anfängt zu schweigen, dann sehe man uns. Wenn wir uns theologisch darüber beruhigen, ist das gefährlich.
In Israel war lange das Schweigen ausgebrochen. Sie hatten sich daran gewöhnt. Der Religionsbetrieb, die Theologie, die Kirche lief weiter. Die Büsterschränke wurden voll und voller, die Pastorengehälter wurden gezahlt, es lief alles weiter. Aber am Anfang heißt es: Das Wort Gottes war teuer, war selten geworden. Gott schweigt.
Wir dürfen uns nicht damit abfinden, wenn Gott nicht mehr redet. Das muss uns nervös machen. Das ist gefährlich. Das ist das Einzige, was todgefährlich ist in unserem Leben. Alles andere können wir verkraften, wage ich zu behaupten. Nur eins können wir nicht verkraften: wenn Gott schweigt.
Eine solide Entwicklung hängt davon ab, dass Gott fort und fort redet. Er hat einmal und grundsätzlich in Jesus geredet. Er ist das endgültige Wort Gottes. Aber er ist ja nun nicht im Sarg. Er liegt nicht wie Lenin im Mausoleum, und wir bügeln jetzt vorbei und gucken uns die Leiche an und erbauen uns daran.
Denn er ist der auferstandene Herr, der heute redet. Der heute in unser Gewissen hineinredet. Deshalb dürfen wir offen sein. Deshalb sollen wir fragen: Herr, was hast du mir zu sagen? Wenn das aufhört, ist höchste Lebensgefahr. Wenn Gott schweigt,
Gott schenke uns klare Anfänge, aber in gleichem Maße solide Weiterentwicklung. Wir wollen siegen. Ich danke dir, Herr, dass du in den verbogenen Verhältnissen mit deinem barmherzigen und neu schaffenden Wort neue Tatsachen schaffst! Hilf uns, dass wir uns deinem Wort gegenüber nicht verhärten! Amen!