Eröffnung und Gebet zum Gottesdienstbeginn
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen!
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Wohl dem Menschen, der es festhält, den Freitag zu ehren und nicht zu entweihen.
Wir wollen beten: Schenke heute Heil und Segen, denn es ist dein Tag der Herrlichkeit! Gib, dass wir alle erfahren mögen, wie hoch, Herr, deine Gnade erfreut.
O Herr, wir sind deiner Gnade sehr bedürftig. Du weißt, wie viel Sünde, Schuld, Versagen und ungeistliches Wesen in der vergangenen Woche liegt. O Herr, wir wollen unser Herz offen vor dir hinlegen. Schenke uns in Jesus deine Gnade und Vergebung der Sünden.
O Herr, wir brauchen deine Gnade im Kampf des Alltags. Du weißt, wie viele große und kleine Nöte und Probleme uns quälen. Herr, wir legen sie dir hin. Nimm sie an dein Herz und lass unsere Seelen nun still werden über deinem Wort, Amen.
Wir beten weiter in der Stille: Herr, komm in mir wohnen, lass mein Geist auf Erden dir ein Heiligtum werden! Amen!
Einführung in den Predigttext: Psalm 110
Wir hören ein Wort der Heiligen Schrift aus dem elften Psalm. Ich möchte gern, dass Sie diesen Psalm aufmerksam aufnehmen. Darum wollen wir uns hinsetzen.
Ich werde nachher über den letzten Satz dieses Psalms predigen. Um die Predigt gut zu verstehen, müssen wir den Psalm hören. Deshalb bitte ich Sie: Nehmen Sie ihn auf!
„Doch der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege. Der Esser wird abgelenkt durch die kleinste Bewegung, doch der Herr wird das Zepter deines Reiches senden. Ziehe aus, herrsche unter deinen Feinden! Nach deinem Sieg wird dir dein Volk willig opfern in heiligem Schmuck. Deine Kinder werden dir geboren wie Tau aus der Morgenröte. Doch der Herr hat geschworen, und es wird ihn nicht gereuen: Du bist ein Priester ewiglich nach der Weise Melchisedeks. Der Herr zu deiner Rechten wird zerschmettern die Könige am Tage seines Zorns. Er wird richten unter den Völkern, er wird ein großes Schlagen tun unter ihnen. Er wird zerschmettern das Haupt über große Lande, er wird trinken vom Bach auf dem Wege. Darum wird er das Haupt emporheben.“
Herr, dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost. Amen.
Psalmwort erneut lesen und Gottes Wort als Grundlage des Gottesdienstes
Gnade sei mit uns und mit dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Wir lesen das gleiche Wort aus dem Psalm, den wir eben gehört haben. In dieser Trinitatiszeit wollten wir einige schwere Psalmen behandeln, oder besser gesagt, einige unverständliche Psalmstellen besprechen.
So hören wir Psalm 110, Vers 7: „Er wird trinken vom Bach auf dem Wege, darum wird er das Haupt emporheben.“
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit. Amen.
Gottesdienstgestaltung und die Bedeutung des biblischen Wortes
Kürzlich war ich in einem Kreis, und das Gespräch kam auf diesen Gottesdienst. Es wurde gesagt, dass das alles so nicht in Ordnung sei. Es gebe keine Glocken und keine Orgel. Außerdem begrüßten sich die Leute vorher nur mit einem „Guten Tag“ nach rechts und links.
Da fragte mich jemand, nach welchen Gesichtspunkten ich eigentlich meinen Gottesdienst gestalte. Ich antwortete ihm, dass Gottes Wort in der Bibel die notwendige Speise für einen Menschen ist, der Gott gehören will. Wer unter Ihnen die Bibel nicht liest, der soll gar nicht behaupten, ein Christ zu sein. Solch ein Mensch ist fern von Gott.
Gottes Wort ist die notwendige Speise für einen Menschen, der Gott gehören will. Deshalb wollen wir hier nichts anderes tun, als Gottes Wort auslegen und darreichen.
Dabei werden nicht nur leichte „Milchfläschleien“ verabreicht, also Speise für unmündigen Glauben. Das machen wir in Evangelisationsversammlungen. Nein, es werden auch schwere Brocken verabreicht. Unser heutiger Text ist so ein schwerer Brocken.
Begegnung mit einem bedeutenden Alttestamentler und seine Haltung zum Psalm 110
Kurz vor dem Ausbruch des letzten Krieges war ich zu Vorträgen in Lettland. Dort lernte ich in Riga einen der größten Kenner der hebräischen Sprache und aller dazugehörigen Dialekte kennen: Rudolf Abramowski. Er war ein großer Kenner des Alten Testaments, und es ist eine Freude, mit diesem Mann zusammen zu sein.
Das Letzte, was ich von ihm hörte, war, dass gleich nach dem Krieg ein Zug mit Deportierten nach Osten rollte. Jemand sah, wie seine Leiche aus diesem Zug geworfen wurde, während der Fahrt. Gott geht oft sehr großzügig mit seinen Knechten um. Dennoch hat er in meinem Studierzimmer ein Denkmal. Im Bücherschrank steht seine herrliche Psalmenauslegung mit seiner Widmung. Ich empfinde sie als ein Denkmal für diesen bedeutenden Mann.
Nun denken Sie einmal: Dieser Rudolf Abramowski sagt zu unserer Stelle hier nur einen einzigen Satz. Es ist ein so unverständlicher Satz, dass er darauf verzichtet, ihn auszulegen. Das muss ein schwerer Brocken sein. Beinahe hätte ich gedacht: Wenn Abramowski so sagt, dann riskiere ich es erst recht nicht.
Doch wenn Sie sich vorgenommen haben, im Sommer lang schwierige Psalmstellen zu betrachten, habe ich es dennoch gewagt, mit Ihnen auf dieses Wort zu hören. Und wir wollen versuchen, etwas zu hören. Es ist Gottes Wort.
Erster Teil der Auslegung: Was bedeutet „Er wird trinken vom Bach am Wege“? – Luthers Sicht
Na jetzt, lebender Gott, rede zu uns! Ich lese den Satz noch einmal: „Er wird trinken vom Bach an dem Wege, darum wird er das Haupt emporheben.“ Er wird trinken vom Bach an dem Wege – was bedeutet das?
Ich habe drei Teile. Eh, das ist ein bisschen komisch im Reden, ich gebe es zu.
Erster Teil: Was sagt Luther zu diesem Wort? Wissen Sie, man kann erst ganz richtig folgen, wenn man im Moment überlegt, wie man dieses Bibelbuch versteht. Sind doch in der Küste. So leid, wenn ich jetzt darüber nachmittags reden müsste.
„Er wird trinken vom Bach an dem Wege“ – wir wollen hören, was Luther dazu sagt. Sehen Sie, der Reformator – äh, können Sie mich hinten verstehen? Läutet es hier? Schlecht, du bist schwach eingestellt, das glaube ich. Geht es jetzt besser? Du musst mit Stärke einstellen. Geht es jetzt gut? Danke.
Bitte melden Sie sich während der Predigt und nicht nachher. Ich finde es immer schrecklich ermüdend, wenn hinterher jemand kommt und sagt: „Es war schön, aber ich habe nichts verstanden.“
Was sagt Luther? Sehen Sie, der Reformator Luther war ein gewaltiger Ausleger. Und um ihn herum waren kluge und gelehrte Männer, wie Melanchthon, der große Kenner der hebräischen Sprache. Sie haben ihm geholfen, die Bibel auszulegen. Darum tun wir bei solchen schweren Stellen immer gut daran, zuerst einmal auch diese Reformatoren zu hören.
Was Luther sagt, will ich Ihnen jetzt mit meinen Worten wiedergeben. Sehen Sie, der ganze Psalm spricht von dem herrlichen Sieg des Sohnes Gottes. Ich bin so froh, dass ich Jesus gehöre, denn damit gehöre ich von dem Moment an, in dem ich ihm gehöre, auf die Seite des Siegers.
Der Psalm fängt an, dass der Vater zu dem Sohn sagt: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“ Das geschah an Himmelfahrt. Wir haben einen erhöhten Herrn, der lebt, regiert, beglückt und segnet.
Und dann ist hier die Rede von den Siegen Jesu in aller Welt. Es steht hier: „Deine Kinder werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte.“ Es ist eine große Sache, dass der Name Jesu auf allen Kontinenten dieser Erde ausgerufen wird. Nein, die Sache Jesu ist weiß Gott keine Winkelsache. Und wenn der deutsche Spießbürger sie dafür ansieht, dann spricht das gegen den deutschen Spießbürger und nicht gegen Jesus.
Die Rede hier im Psalm ist vom letzten großen Sieg Jesu, wenn er wiederkommen wird in Herrlichkeit. Darauf wartet die Gemeinde Jesu Christi. Und wenn die Welt tausendmal sagt, das sei ja eine närrische Sache, man warte seit zweitausend Jahren, dann antworten wir: Was sind vor Gott zweitausend Jahre?
Wir wissen es gewiss, dass die Herren dieser Erde gehen und vergehen, wie Spreu, die der Wind zerstreut. Aber unser Herr kommt. Der Satz stammt nicht von mir, sondern von Dr. Heinemann. Und sehen Sie, davon redet unser Psalm: von den fortschreitenden Siegen Jesu.
Nun sagt Luther im letzten Vers nur einmal die Begründung, warum Jesus alle Gewalt gegeben ist, nämlich darum, weil er für die Welt gestorben ist und gelitten hat. „Er wird sein Haupt emporheben, weil er vom Bach am Wege trinkt.“ Luther sagt also, das Trinken vom Bach am Wege ist eine geheime Bezeichnung für Jesulein.
Da darfst du zunächst mal sagen, dass die Bibel ja nicht so ist wie eine Illustrierte. Sie können ihr Gehirn nicht rausoperieren und dann verstehen Sie jede Illustrierte noch spiegelnd oder die Wildzeitung, nie wahr? Aber zur Bibel gehört schon ein bisschen mehr. Darum spricht sie oft in geheimnisvoller Sprache.
Und nun sagt Luther: „Er trinkt vom Bach am Wege.“ Das ist eine Bezeichnung, eine Geheimsprache für Jesu Leiden, und das will ich Ihnen eben erklären.
Er wird trinken vom Bach am Wege. Zunächst ist hier ein Wanderer gezeichnet, der müde und durstig über eine Langstraße geht. Stellen Sie sich nicht eine asphaltierte Autostraße vor, sondern eine Straße ohne Autos und ohne Asphalt. So eine Straße, wie sie im Morgenland wahrscheinlich noch sind. Die war noch nie da.
Und nun trinkt er, weil er sonst nichts hat, vom Bach, der neben dem Wege herausfließt. Da ist zunächst Jesu Niedrigkeit geschildert. Als Sohn Gottes kam er in die Welt, aber nicht im königlichen Pomp über die Straßen der Welt gezogen, obwohl ihm dieser königliche Pomp zustand.
Da waren keine Wachsoldaten und Fotografen und Adjutanten, nichts. Er war der Wanderer, der Pilger, der Gast, der Niedrige. Und getrunken hat er.
Sehen Sie, der Herr Jesus vergleicht sein Leiden mit einem bitteren Trank: „Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?“ Er hat die Niedrigkeit, das Leiden, den Jammer, die Verachtung, den Spott, den Hohn, den Tod gleichsam hineingetrunken.
Luther sagt, der Mensch trinkt lieber von einer klaren Quelle als von einem Bach am Wege. Da ist eine verächtliche Stelle zum Trinken, da wird Schmutz drin sein. Und Luther sagt, damit wird hingewiesen, dass Jesu Leiden für uns ein gemeines Leiden war. Es war kein großartiges Leiden.
Sehen Sie, wenn jetzt ein nächster Weltfahrer in der Bracke in Luft geht und nicht zurückkommt, da war es ein pompöses Sterben, nicht? Darum spricht die Welt: Jesuleiden war kein pompöses Sterben. Es war Trinken vom schmutzigen Bach am Wege.
Er wurde als Verbrecher gehängt, zwischen Verbrechern. Es ist ein gemeines Sterben, ein niedriges.
Luther weist noch darauf hin, dass in der lateinischen Übersetzung der Bibel, man nennt sie Vulgata, die Bibel, die die katholische Kirche heute benutzt, für Bach das Wort Torrens steht. Das heißt eigentlich Wildbach.
Luther sagt es so: Das heißt ein Wasser, das stark läuft, als in vollem Strom daherfährt und dahin reißt. Jesu Leiden klingt aus einem Strom, aus einem Bach, in dem die schreckliche Macht der Welt, der Pöbel, die Gelehrten, das Imperium Romanum und die Brutalität und die Hölle daherbrausen. Das Wasser reißt mit.
Das ist Luthers herrliche Auslegung, und er sagt, nach diesem wundervollen Siegespsalm wird gesagt: Jesus erhebt sein Haupt und ist über alle erhöht – trotz seines Leidens.
Und das ist genau das, was der Philipperbrief sagt. Kennt ihr die Stelle? „Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass im Namen Jesus sich alle einmal beugen müssen, alle, alle. Sie werden Zähne knirschen, die Knie gehen vor Jesus – oder jetzt freiwillig –, weil er gehorsam war bis zum Tod am Kreuz.“
Er hebt sein Haupt, obwohl er vom Bach am Wege getrunken hat. Haben Sie das verstanden? Wir müssen ein bisschen mitdenken, nicht? Wir haben hier keine Illustration.
Und sehen Sie, in dieser Auslegung ist mir das so groß, dass hier wieder, dass dem Luther in diesem Siegespsalm am Schluss doch einfach das Kreuz Jesu gezeigt wird. Da wird deutlich, dass das Kreuz Jesu die Hauptsache im Christentum ist.
Fragen Sie mal einen deutschen Bürger, was die Hauptsache am Christentum ist. Er sagt: Für die Nächstenliebe. Und dann sagen Sie: Was tun Sie? Er sagt: Ich habe Krach mit meinem Nachbarn.
Die Hauptsache am Christentum ist das Kreuz Jesu, das der Sohn Gottes für unsere schmutzigen Sünden bezahlt hat. Dass er zum Hohenpriester wurde, der sich selbst als Lamm geopfert hat auf dem Altar des Kreuzes.
Das Kreuz Jesu ist die Hauptsache im Christentum. Sehen Sie, wenn jemand von Ihnen sich bekehrt zum Herrn, dann wird ihm das Kreuz Jesu über alles groß, sodass man die ganze Vergangenheit loswerden kann.
Das Blut Jesu Christi macht mich rein von aller Sünde. Und im Fortgang des Christenlebens wird einem das Kreuz immer größer, denn da lernt man immer besser sein verlorenes Herz kennen.
So ein dummes Gebaren wie „Ich tue niemandem rechten Scheu“ kann ein Nachfolger Jesu nicht mehr sagen. Er kennt sein böses Herz und wird immer froher daran, dass da ein Versöhner und Heiland ist, der ihn rettet.
Von ihm sterbe ich mir nichts Herrliches als den Anblick des Kreuzes Jesu.
Der Mensch von heute weiß ja nicht mal, mit welcher Bibel man sterben soll, ne? Schamum lässt er sich mit Morphium so lange betäuben, dass man nicht mehr weiß, wo der Tod angefangen und aufgehört hat.
Deshalb geht er doch in die Ewigkeit vor Gottes Angesicht. Aber ich möchte ihm sterben, dass ich das Bild des gekreuzigten Heilandes vor mir sehe, dass ich weiß: Er hat mich gerettet vom Tode, von der Welt, von meinen Sünden und von allem!
So, das war der erste Teil. Und nun kommt der zweite Teil.
Den zweiten Teil überschreibe ich. Verstehen Sie hinten gut jetzt? Ich traue dem Mikrofon heute nicht ganz, es war kaputt. Geht’s? Danke.
Zweiter Teil der Auslegung: Was Hengstenberg, Spörgen und andere zu unserem Text sagen
Den zweiten Teil überschreibe ich: Was Hengstenberg, Spörgen und andere zu unserem Text sagen.
Im neunzehnten Jahrhundert gab es einen großen lutherischen Theologen, einen bedeutenden und kraftvollen Mann, der oft umstritten war: Hengstenberg. Er war ein großer Bibelausleger. Ich habe gelesen, was Hengstenberg zu unserem Text sagt. Es ist bemerkenswert, dass seine Auslegung, obwohl er ein ziemlich orthodoxer Lutheraner war, mit der des großen englischen Baptisten und Erweckungspredigers Spörgen übereinstimmt.
Ich hoffe, Sie wissen, wer Spörgen war: ein Mann, der in London jeden Sonntag vor drei- bis viertausend Menschen predigte. Er war einer der gesegnetsten Zeugen Jesu Christi der modernen Zeit und ein Baptist. Spörgen und der lutherische Hengstenberg gehen also in ihrer Auslegung einig. Ich muss sagen, dass mich diese Auslegung, die diese Männer vertreten, sehr erquicket hat.
Nun muss ich ein Wort einfügen: Vielleicht fragen Sie sich, wenn diese beiden es unterschiedlich auslegen, was denn dann das Richtige ist. Da sage ich: Sie können sich raussuchen, was Ihnen zusagt. Ich persönlich bin überzeugt, dass beide Recht haben. Es ist eine Eigentümlichkeit von uns Menschen, dass wir mit vielen Worten oft gar nichts sagen. Lesen Sie mal eine politische Rede von Coenja – Sie lachen sich tot.
Wir können mit vielen Worten nichts sagen, aber Gottes Wort sagt mit wenigen Worten so viel, dass ein großer Geist es allein nicht ausschöpfen kann. Der zweite, der dritte und alle zusammen können es nicht ganz erfassen. Gottes Wort hat immer neue Reichtümer. Nun wollen wir also hören, was Hengstenberg, Spörgen und andere dazu sagen.
Im Psalm wird Jesus als großer Kämpfer, als Kriegsmann, als Feldherr Gottes dargestellt. Damit schauen wir auf einen Teil der biblischen Welt. Der natürliche Mensch, der nicht auf die Bibel hört, geht an der Welt zugrunde, weil er sie einfach nicht begreifen kann. Wenn etwas schiefgeht, fragen sie: Wie kann Gott so etwas zulassen? Geht es ein bisschen gut, sagen sie: Sind wir nicht tüchtig, wir Deutschen, wir Klugen? Geht es wieder schief, fragen sie erneut: Wie kann der liebe Gott so etwas zulassen? Wenn es gut geht, schreiben sie sich den Verdienst zu; wenn es schlecht geht, geben sie Gott die Schuld. Das stimmt aber nicht.
Der Mensch ist so dumm, dass er nur von seiner Dummheit auf Gott schließen kann. Wir müssen die biblische Weltanschauung aufnehmen. Sie besagt, dass Gott die Welt geschaffen hat und sie sein Eigentum ist. Aber Gott hat ihr auch erlaubt, sich von ihm loszureißen. In einem gewaltigen Abfall hat sich die Welt von ihrem rechtmäßigen Herrn getrennt, und damit begann das Elend.
Nun gibt es Kriege, Jammer, Tränen, Gefängnisse, Schützengräben, Streit zwischen Mann und Frau, Konflikte in Häusern und viele ungelöste Fragen. In der Bibel wird der Teufel als „Gott dieser Welt“ bezeichnet. Der Teufel ist der Gott dieser gefallenen Welt.
Wenn jemand denkt, das sei eine pessimistische Weltanschauung, dann sage ich: Hören Sie mit Ihren Illusionen auf und sehen Sie sich die Welt an, wie sie wirklich ist! Die Bibel sagt, dass in diese gefallene Welt der Sohn Gottes aus einer anderen Dimension, aus der Welt Gottes, hereingebrochen ist. Seitdem gibt es einen Kampf zwischen Licht und Finsternis.
Dieser Kampf ist entschieden. Als Jesus am Kreuz rief: „Es ist vollbracht!“, war der Sieg des Reiches Gottes entschieden. Doch der Kampf tobt noch, bis Jesus wiederkommt. Er tobt hier und jetzt. Deshalb spricht dieser Psalm von kriegerischen Ausdrücken. Es ist die Rede von Sieg und Kampf.
Ich möchte nur einige Worte nennen: Schlagen, Feinde, Zerschmettern – das sind alles Bilder von Schlachtfeldern. Der Kampf zwischen Licht und Finsternis, meine Freunde, wie kämpft Jesus auch um unsere Seelen? Keiner hier wird das nicht schon gespürt haben: den Kampf zwischen Licht und Finsternis. Er begann, als Jesus am Kreuz rang, um meine Seele, damit sie nicht verloren geht.
Jesus ringt heute Morgen um Ihre Seele, damit er Sie errettet aus Ihrer Selbstgerechtigkeit, Ihrem dummen Denken, Ihrem Hochmut, Ihrer Verlorenheit, Ihrer Verzweiflung und allem Bösen. Er ringt um uns gegen die Macht Satans und der Hölle. So wird uns Jesus im Psalm als der Kämpfer, als der Streiter Gottes gezeigt.
In der Bibel entsteht eine wunderschöne Geschichte von einem Streiter. Wer war das Vorbild Jesu, der Vorläufer Jesu? Gideon. Kennen Sie die Geschichte von Gideon? Er sammelte ein Heer, um die Feinde Gottes zu bekämpfen. Gott sagte, das Heer sei viel zu groß. Er wolle mit kleinen Mitteln große Wirkungen erzielen.
Deshalb musste Gideon jeden einzelnen Soldaten prüfen. Er führte sie an einen Brunnen. Sie waren durstig vom Marsch. Da sagte Gideon: „Trinkt!“ Einige ließen sich nieder, machten es sich bequem, legten ihre Ausrüstung ab, holten Butterbrote heraus und blieben dort. Diese schickte Gideon nach Hause.
Aber die richtigen Streiter tranken nur vom Wasser, indem sie es mit der Hand zum Mund führten, und gingen weiter in den Kampf. Mit diesen 300 Kämpfern gewann Gideon den Krieg. Spörgen sagt zu dieser Geschichte: Jesus ist so ein richtiger Streiter Gottes. Er macht keine Pausen, trinkt nur kurz am Brunnen und geht weiter in den Kampf.
Im Krieg Jesu gibt es keinen Halt, keine Pause. Man kann im Kalten Krieg mal Frieden schließen, aber im Krieg Jesu um die Welt gibt es keine Ruhe. Das ist hier gemeint. Gerade heute muss die Welt das erfahren. Schauen Sie sich an: In Westdeutschland ist fast jeder Bürger überzeugt, Christ zu sein, aber im Osten will man das Christentum vernichten.
Die ganze Welt muss sich mit Jesus beschäftigen und wird damit nicht fertig. Es gibt keine Pause im Antrieb Jesu auf die Welt, und es gibt keine Pause im Ringen Jesu um Ihr Herz. Ein junger Mann sagte mir einmal, nachdem er im Gottesdienst das Wort von Jesus gehört hatte, ganz wütend: „Er soll mich doch in Ruhe lassen!“ Da dachte ich: Meinst du, ich soll dich in Ruhe lassen?
Er antwortete: „Nein, er soll mich in Ruhe lassen, aber tut er nicht.“ Es kann keinen Frieden geben, bis Jesu Liebe sich durchsetzt und der Kreis der Erde und dein Herz zu seinen Füßen liegen. Es kann keinen Frieden geben im Großen, wenn ein Streiter Jesu fällt. Dann muss der Nächste erwachen.
Wer endgültig verloren gehen will und ohne Heiland leben und sterben möchte, muss schon große Mühe aufwenden. Er muss sich die Ohren zuhalten. Das wäre die zweite Auslegung: Es gibt keine Ruhe, keine Pause im Kampf Jesu.
Dritter Teil der Auslegung: Die Einsamkeit Jesu und der Trost des Baches am Wege
Und noch ein drittes. Können Sie noch? Ich gebe zu, heute fällt es mir schwer, aber hier ist ja kein Kindergarten, nicht wahr? Lassen Sie mich noch eine dritte mögliche Auslegung darlegen.
Hier wird beinahe gesagt – wir haben erst gehört, was Luther sagt, und wir haben gehört, was Spurgeon sagt. Ist ein Arzt hier? Ja, kommt einer. Wir wollen uns nicht beunruhigen lassen.
Ich könnte jetzt sagen, was ich meine, aber so will ich es nicht ausdrücken. Stattdessen möchte ich sagen: Ja, sehen Sie, ich kann mich natürlich nicht mit Spurgeon und Luther vergleichen. Aber jedes Kind Gottes hat das Recht, sich Gedanken über die Bibel zu machen und zu horchen, was Gott hier sagt.
Nun will ich Ihnen noch sagen, was ich zu dem gehört habe, was wir jetzt gehört haben: eine dritte mögliche Auslegung. Und alles, in einem Wort gesagt, ist reich; alles führt zusammen. In einem Wort steckt eine Menge.
Sehen Sie mal: Der Herr Jesus hat oft vom Tränken mit einem Becher kalten Wassers gesprochen – wer seine Jünger mit einem Becher kalten Wassers tränkt. In unserem Text sehen wir einen Wanderer, den niemand tränkt. Er wird trinken vom Bach am Wege.
Da sehe ich eine Rede von Jesus, vom kommenden Messias, vom Messias. Und da sehen wir die Einsamkeit Jesu. Als Jesus über die Erde ging, war er unerhört einsam. Er war einsam, sogar unter seinen Jüngern, die ihn meistens nicht verstanden haben.
Aber er hatte immer an seinem Wege den Bach, aus dem er trinken konnte. Dieser Bach, an dem er sich erquickte, war immer neben seinem Weg. Und das war das stille Gespräch mit dem Vater.
Es tat ihm keiner Gutes, aber an seinem einsamen Weg war der Bach das stille Gespräch mit dem Vater, wo er aus den Wassern Gottes trinkt.
Es gibt eine Geschichte im Evangelium, die ist unerhört herrlich und illustriert den ganzen Vers. Da wird erzählt, dass die Feinde Jesu toben und rasen und beschließen, ihn zu töten. Sie halten eine große Sitzung ab, wie das geschehen soll.
Und in derselben Nacht, während dieser Sitzung, geht er auf einen einsamen Berg im Gebirge und redet mit dem Vater. Da trinkt er vom Bach am Wege, aus den Wassern Gottes.
Am Morgen hebt er sein Haupt empor. Es wird erzählt, wie er sich feierlich in die Volksmasse begibt, sich setzt und die zwölf Jünger einzeln mit Namen beruft, die seinen Namen in die Welt tragen sollen.
Er wird das Haupt erheben, weil er getrunken hat vom Bach am Wege.
Und sehen Sie, das gilt nun auch für jeden Nachfolger Jesu. Es gibt keinen Nachfolger Jesu, der nicht einsame, staubige Straßen ziehen muss.
Ich denke an so manchen Jungen, dessen Eltern im Grunde dagegen sind, dass er Christ wird. Er ist völlig unverstanden, da fährt sich der Junge die Haare rau. Er muss etwas Gescheites werden, wenn dieser religiöse Fanatismus so und nicht so genannt wird oder wenn er etwas ernst nimmt.
Vielleicht gibt es auch eine Frau, deren Mann völlig anders denkt, oder umgekehrt: der Mann geht nicht mit. Es ist sehr schwer, wenn man an der entscheidenden Stelle des Lebens den liebsten Menschen nicht an seiner Seite hat.
Wie einsam manch einer im Betrieb ist! Er wird ausgelacht, weil er Christ ist. Wir sind ja ein christliches Abendland, aber er wird ausgelacht, wenn er es ernst meint – in diesem Narrenvolk!
Und da möchte ich Ihnen sagen: Neben dem einsamen Christenweg ist immer der Bach. Du darfst beten, du darfst mit dem Heiland reden. Der Bach begleitet deinen Weg immerzu.
Du wirst trinken vom Bach am Wege, aus den Wassern Gottes. Du darfst dein Herz ausschütten und trinken vom Trost, von der Vergebung, der Gnade, der Hilfe und dem Reichtum, die Jesus dir im Gebet gibt.
Dann kann man wieder fröhlich weiterwandern und sein Haupt emporheben.
Und nun wollen wir auch trinken vom Bach am Wege. Ja, Herr, wir wollen auch trinken vom Bach am Wege, indem wir mit dir reden.
Unser Herz ist dürstig nach Leben, Frieden und Wahrheit. Du bist das alles und bietest dich uns an. Wir danken dir. Amen.