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Römer 9, 14-22

Römer 9-11 - Eine Auslegung, Teil 2/7
10.01.2013Römer 9,14-22
SERIE - Teil 2 / 7Römer 9-11 - Eine Auslegung

Einführung: Die Gnade Gottes und der Ausschluss Israels vom Heil

Wir kommen nun zu den Versen 14 bis 29.

Zuvor wurde im ersten Teil, in den Versen 6 bis 13, klargemacht, warum der teilweise Ausschluss Israels vom Heil möglich ist. Dieser Ausschluss hängt nicht von der Abstammung ab und auch nicht von Leistungen. Wir werden allein aus Gnade gerettet, und jeder kann gerettet werden – unabhängig davon, ob er von Abraham abstammt oder nicht.

Es besteht immer die Gefahr, sich auf Äußerlichkeiten zu verlassen. Das gibt es auch bei uns. Man geht Tag für Tag in die Versammlung und denkt, weil man regelmäßig dabei ist und vielleicht schon von Kindesbeinen an, sei man automatisch Christ. Aber das macht dich nicht zum Christen. Nur weil du Sonntag für Sonntag in die Versammlung gehst, bist du noch kein Christ.

Bei den Juden war es ähnlich: Äußerlichkeiten wie die Abstammung oder das Halten des Gesetzes Mose reichten nicht zum Heil. Es geht nicht nur um das äußerliche Befolgen des Gesetzes, sondern es muss innerlich sein.

Was Paulus nun zeigt, ist, dass das Wort Gottes nicht hinfällig geworden ist. Die Verheißungen für Israel gelten weiterhin. Für die Israeliten, die nicht an den Messias glauben, gelten diese Verheißungen jedoch nicht einfach so. Wenn jemand nicht an den Messias glaubt, gelten ihm die Verheißungen nicht, denn nicht alle, die von Israel abstammen, sind wirklich Israel.

Es gibt also äußerliche Israeliten und solche, die nicht nur äußerliche Israeliten sind, sondern auch innerliche Israeliten – das wahre, treue Gottesvolk. Denen gelten die Verheißungen, und nicht nur ihnen, sondern auch den Heiden, wie wir gleich sehen werden.

Gottes Gerechtigkeit im Ausschluss Israels vom Heil

In den Versen 14 bis 29 lese ich zunächst einige Verse: „Was werden wir also sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! Denn er sagt zu Mose: Ich werde barmherzig sein, gegen wen immer ich barmherzig sein werde, und ich werde mich erbarmen über wen immer ich mich erbarmen werde.“ Bis hierhin.

In diesem zweiten Abschnitt, der bis Vers 29 reicht, geht es darum, warum der Ausschluss Israels vom Heil gerecht ist. Der teilweise Ausschluss Israels vom Heil ist gerecht. Die Israeliten, die nicht an den Messias glauben, sind vom Heil ausgeschlossen, und das will Paulus jetzt erklären.

Die Juden könnten Paulus möglicherweise vorwerfen – und das weiß er – dass Gott ungerecht sei. Sie könnten sagen: „Wir stammen von Abraham ab, und Abraham hat ganz besondere Verheißungen erhalten. Jetzt sollen wir auf die gleiche Ebene gestellt werden wie die Heiden, und wir sind nichts Besonderes mehr?“

Wenn die Heiden völlig aus Gnade gerettet werden und nur durch Glauben, dann ist das doch ungerecht uns Juden gegenüber. Wir laufen dreimal im Jahr nach Jerusalem zu den Festen, wir laufen, um den Sabbat zu feiern, und wir laufen, um die Gebote zu halten. Wir sind unterwegs, um Gott zu gefallen. Wir laufen hin und her – und das soll uns nichts helfen? Und die Heiden, die Bösen, werden einfach aus Gnade gerettet?

Gottes Souveränität und Freiheit im Handeln

Vers 14: Was werden wir sagen? Gibt es etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Paulus sagt, dass Gott nicht ungerecht ist. Er ist nicht jemand, der einfach willkürlich handelt.

Gott hat zwar das Recht, zu bestimmen, was er tut, aber er handelt nicht willkürlich. Paulus bringt hier ein Argument und will den Juden zeigen: Erstens soll euch klar sein, dass du Gott nicht vorschreiben kannst, was er tun soll. Du bist nicht der Chef über Gott.

Gott ist souverän. Das heißt, er ist frei, so zu handeln, wie er will. Niemand kann ihm vorschreiben, unter welchen Bedingungen er Menschen rettet. Er kann es so bestimmen, dass diejenigen gerettet werden, die an den Messias glauben, und die, die nicht an den Messias glauben, nicht gerettet werden. Das kann Gott so bestimmen, schließlich ist er Gott.

Hier geht es um die Freiheit Gottes. Darf Gott tun, was er will? Ja, Gott darf tun, was er will. Das Interessante und Wichtige ist aber: Gott tut nicht einfach irgendetwas willkürlich. Wenn Gott etwas tut, dann weiß er, warum er es tut. Das heißt, er hat Kriterien und handelt nach bestimmten Maßstäben.

Beispiel aus der Geschichte: Gottes Barmherzigkeit beim goldenen Kalb

In Vers 15 führt der Apostel Paulus ein Beispiel aus der Geschichte an. Dies ist sein erstes Argument, um zu zeigen, dass Gott frei ist. Gleichzeitig macht er deutlich, dass Gott, obwohl er frei ist, nach bestimmten Kriterien handelt und nicht einfach willkürlich.

Er sagt in Vers 15 zu Mose: „Ich werde barmherzig sein, gegen wen immer ich barmherzig sein werde, und ich werde mich erbarmen, über wen immer ich mich erbarmen werde.“

Woher stammt dieser Vers? Er kommt aus dem zweiten Buch Mose, Kapitel 33. Was geschah dort? Es war die Zeit des goldenen Kalbs. Die Israeliten hatten sich ein goldenes Kalb gemacht, und Gott sagte zu Mose: „So, jetzt ist Schluss. Ich werde dieses Volk auslöschen, nur dich lasse ich übrig.“ Gott war bereit, das Volk auszurotten, weil sie das Gesetz bereits gebrochen hatten, noch bevor sie es schriftlich in der Hand hatten.

Was machte Mose? Gott sprach mit Mose, und Mose antwortete: „Das kannst du nicht tun! Was werden die Ägypter sagen, wenn sie das hören? Was willst du für deine große Ehre tun?“ Die Ägypter würden denken, dass Gott nicht in der Lage war, die Israeliten ins Land zu führen. Daraufhin betete Mose so gut er konnte.

Und weißt du, was Gott tat? Gott zeigte sich gnädig gegenüber Mose. Er entschied sich, nicht nach dem Motto „Gerechtigkeit“ zu handeln, sondern nach Barmherzigkeit. Gott ist gnädig und barmherzig.

In diesem Zusammenhang wurde der Vers gesprochen: „Ich werde barmherzig sein, gegen wen ich barmherzig sein werde, und ich werde mich erbarmen, über wen ich mich erbarmen werde.“

Die Bedeutung von Gottes Barmherzigkeit für Juden und Heiden

Die Israeliten oder die israelitischen Christen hätten vielleicht gesagt: „Aber das ist doch ungerecht! Wir sind Israeliten, wir haben so viel für Gott getan, und Gott muss uns doch gerecht behandeln. Wir laufen herum und wollen den Geboten gehorchen, und dann muss Gott doch jetzt gerecht mit uns verfahren. Wir sind doch mehr als die Heiden!“

Da sagt Paulus: „Warte mal, warte mal! Weißt du wirklich, dass Gott nach Gerechtigkeit mit dir verfährt? Willst du das wirklich?“ Wie war das damals beim goldenen Kalb? Was wäre geschehen, wenn Gott an jenem Tag nach Gerechtigkeit verfahren wäre? Dann gäbe es dich nicht mehr. Sei froh, dass Gott damals barmherzig war und nach Barmherzigkeit vorging und nicht nach Gerechtigkeit.

Warum hat Gott damals nicht die Israeliten getötet, wenn er gerecht gehandelt hätte? Warum hat Gott also beschlossen, barmherzig zu sein? War es, weil die Israeliten so gute Leute waren? Nein! Gott hat entschieden, barmherzig zu sein, weil er barmherzig ist, weil er ein barmherziger Gott ist.

Darf er barmherzig sein? Darf er jedem gegenüber barmherzig sein? Darf er barmherzig sein dem gegenüber, dem er barmherzig sein will? An dieser Stelle sind die Juden still geworden. Gott, der dir gegenüber barmherzig war, darf doch jetzt auch den Heiden gegenüber barmherzig sein.

Gott hat das Recht, anderen gegenüber genauso barmherzig zu sein. Wenn Gott sich entschieden hat, barmherzig zu sein, kannst du ihn nicht daran hindern. Gott hat beschlossen: Ich will den Juden barmherzig sein, damals beim goldenen Kalb, und ich will den Heiden barmherzig sein, jetzt, die zu Jesus kommen dürfen. Alle stehen auf einer Ebene.

Gott ist also barmherzig, und es kann nicht darauf ankommen, dass jemand sagt: „Nein, ich bin gelaufen, ich habe das Gesetz gehalten, bin überall hingelaufen und habe meine Opfer gebracht.“ So geht es nicht. Es kommt nicht auf das Laufen oder Wollen eines Menschen an, sondern auf den barmherzigen Gott.

Wem ist Gott barmherzig?

Und wem ist Gott gegenüber barmherzig? Ist Gott willkürlich in seinem Erbarmen? Ist Gott willkürlich, wenn er jemandem Barmherzigkeit widerfahren lässt? Was sagt die Schrift darüber, wem Gott barmherzig ist?

Gott ist barmherzig denen, die hilflos und leer, mit leeren Händen zu ihm kommen und sagen: Herr, sei mir Sünder gnädig – so wie der Zöllner im Tempel, der um Barmherzigkeit bat.

„Gott ist all denen barmherzig, die sich auf seine Barmherzigkeit berufen und nicht auf ihre eigenen Leistungen.“ So war Gott den Juden barmherzig, und dann war Gott auch den Heiden barmherzig (Römer 11,30): „Gleichwie auch ihr einst im Unglauben Gott nicht gehorchtet, nun aber Barmherzigkeit erfahren habt durch ihren Ungehorsam, so waren auch diese, diese Heiden, nun ungehorsam zugunsten eurer Barmherzigkeit, damit auch sie Barmherzigkeit erfahren möchten.“

Denn Gott schloss alle zusammen ein in den Ungehorsam, damit er allen Barmherzigkeit widerfahren lasse. Gott schloss alle ein in den Unglauben. Er hat allen den Unglauben aufgedeckt und gezeigt: Schaut, ihr seid alle Sünder, und ich bin allen barmherzig.

Jeder darf kommen, heißt das. Gottes Absicht war immer Barmherzigkeit.

Schlussfolgerung: Nicht Leistung, sondern Gottes Barmherzigkeit entscheidet

Die Schlussfolgerung steht in Vers 16. Es ist also nicht eine Sache des Wollens oder des Laufens, sondern des barmherzig Seienden, also Gottes.

Es hängt nicht davon ab, ob der Jude die Gebote erfüllt, herumrennt, den Sabbat hält, die Feste feiert oder Opfer darbringt. Nein, es liegt nicht an den Leistungen des Menschen, sondern an der Barmherzigkeit Gottes.

Gott hat sich in seiner Freiheit entschieden, jedem gegenüber barmherzig zu sein, jedem, der zu ihm kommt – auf dieser Basis: Herr, nicht ich. Niemand kann Gott daran hindern, dies so zu wollen und mit den Menschen so zu handeln.

Wenn wir dieses Kapitel lesen, sollten wir stets beachten, dass es hier um die Absichten Gottes für Israel und für die Heiden geht. Das ist das zentrale Thema.

Wenn Gott also jetzt die Heiden erwählt, damit sie auch zu ihm kommen dürfen, dann ist das keine Willkür, sondern Barmherzigkeit. Das entspricht seinem Wesen.

Gottes Macht und Freiheit: Beispiel Pharao

Ja, und dann haben wir noch ein Beispiel in den Versen 17 und 18. Hier kommt ein zweites Beispiel aus der Geschichte des Pharao. Nun zeigt sich die andere Seite, und es ist äußerst wichtig, genau aufzupassen, was hier steht.

Die Schrift sagt zu Pharao: "Eben hierzu habe ich dich aufgestellt, auf dass ich meine Kraft an dir erzeige, damit mein Name weithin kundgetan werde auf der ganzen Erde." Dann heißt es weiter, dass Gott barmherzig ist gegen wen er will und wen er will, verhärtet er.

Diese Verse wurden oft völlig missverstanden, weil der Zusammenhang nicht beachtet wurde. Schauen wir uns diesen Zusammenhang genauer an. Der Apostel zitiert hier in Vers 17 aus 2. Mose 9,16: "Eben hierzu habe ich dich aufgestellt, dass ich meine Kraft an dir erzeige, damit mein Name weithin kundgetan werde auf der ganzen Erde."

Wie war das mit dem Pharao? Der Pharao war ein böser Mensch, ziemlich hart gegen die Israeliten. Er wollte sie nicht ziehen lassen. Immer wieder sagte er: "Nein, ich lasse euch nicht ziehen." Sechs Mal verhärtete er sein Herz und ließ die Israeliten nicht ziehen.

Dann sagte Gott: "Na warte, jetzt ist genug." Er hätte den Pharao töten können, und er hätte es auch getan. Aber weißt du, was Gott stattdessen gemacht hat? Er hat den Pharao nicht getötet. Stattdessen hat er ihn verwendet – für seine Herrlichkeit, für seine Ehre –, damit die Heiden sehen, wie groß Gott ist.

Gott verhärtete den Pharao, damit die Heiden sehen, was er an den Israeliten tun würde, wenn er sie durchs Rote Meer führen würde. Gott entschied sich also, den Pharao nicht zu töten, obwohl er es verdient hätte – den Tod und das ewige Gericht. Aber das tat Gott nicht. Er sagte: "Nein, das mache ich nicht. Ich verhärte dich."

Warum verhärtete Gott den Pharao? Damit die Völker Kanaan und alle anderen Völker hören, was Großartiges Gott bei den Israeliten getan hat: wie er sie durch das Meer geführt hat, durch die Wüste, und wie er sich mächtig erwiesen hat am Pharao und seinem ganzen Volk.

Gott hat sich frei entschieden, den Pharao nicht zu töten. Warum tat er das? Aus Barmherzigkeit gegenüber den Völkern, damit sie draußen erfahren, wer Gott ist. Gott verhärtete den Pharao, der eigentlich den Tod verdient hätte, ließ ihn aber weiterleben und verhärtete ihn, damit die Größe Gottes verkündet wird und viele Heiden sich zu Gott wenden können.

Das hat Gott so entschieden. "Hierzu stellte ich dich auf", heißt es hier. Nicht: "Hierzu habe ich dich geboren werden lassen", sondern: "Hierzu habe ich dich leben lassen." Andernfalls hätte Gott den Pharao töten können.

Gottes Freiheit in Barmherzigkeit und Verhärtung

Wenn Gott in seiner Souveränität frei entscheidet, wen er rettet, dann ist er ebenso frei, zu entscheiden, wen er verhärtet. Im Fall des Pharao hat Gott sich entschieden: „Den verhärte ich.“

Gerettet wird derjenige, der an Gott glaubt. Zurückgewiesen wird der, der sich Gott gegenüber verschlossen hat, der nicht glauben will. Solche Menschen weist Gott zurück.

War das also blinde Willkür? Bedeutet das, Gott würde willkürlich entscheiden: „Dich verhärte ich, dich rette ich, dich verhärte ich, dich rette ich“? Nein.

Der Pharao wurde erst verhärtet, nachdem er sehr böse gehandelt hatte. Wiederholt und immer wieder hat er Gott abgewiesen. Erst dann hat Gott gesagt: „Gut, jetzt verhärte ich dich.“

Es war also keine Willkür, wenn Gott jemanden verhärtet. Der Grund, warum Gott den Pharao verhärtete, lag in seiner Liebe zu den anderen Menschen. Durch diese Geschichte sollten sie Gott kennenlernen.

Anwendung auf Israel und die Heiden

Nun, wie war das bei den Juden? Es gab Juden, die an den Herrn Jesus nicht glaubten. Sie glaubten nicht, obwohl sie das Evangelium immer wieder hörten – zuerst durch den Herrn Jesus selbst, dann durch Johannes den Täufer, anschließend durch die Apostel. Doch sie wollten nicht hören.

Was macht Gott jetzt? Er verhärtet sie, das ungläubige Israel. Wozu verhärtet er sie? Damit die Heiden das Evangelium hören können. Gott hat sich von den Israeliten abgewandt und sich den Heiden zugewandt, damit diese nun hereinkommen können.

Warum hat er das getan? Um die Israeliten durch Eifersucht vielleicht doch wieder zum Glauben zu bringen. Das wird später in Kapitel 11 noch besprochen werden.

Also darf Gott auch heute Israel verhärten, nachdem sie sich so oft selbst verhärtet haben und schließlich den Messias sowie die Apostel verworfen haben. Gott darf sie verhärten mit dem Ziel und der Absicht, dass das Heil nun zu den Völkern, zu den Heidenvölkern, hinausgebracht wird.

In Vers 18 heißt es: Dann ist er also barmherzig gegen wen er will, und er verhärtet, wen er will. Gott ist frei; er darf tun, was er will. Er darf barmherzig sein gegen den, den er will, und er darf verhärten, wen er will.

Wem gilt Gottes Barmherzigkeit und Verhärtung?

Frage: Gegen wen will er denn barmherzig sein? Am liebsten gegen alle, am liebsten gegen alle.

Aber tatsächlich zuerst gegen diejenigen, die kommen und sagen: „Herr, bitte vergib mir! Herr, nicht ich, nicht meine Werke, sondern nur du. Ich berufe mich nur auf deine Gnade.“

Bei solchen Menschen ist er gerne barmherzig. Da kann er barmherzig sein.

Und wen verhärtet er? Wen er will.

Und wen will er verhärten? Die will er verhärten, die sich stur widersetzen, immer wieder widersetzen und noch einmal widersetzen.

Diese Menschen will er verhärten.

Gott handelt also nicht willkürlich in seinem Tun.

Gottes Souveränität und menschliche Verantwortung

Vers 19: Du wirst nun zu mir sagen: Warum tadelt er noch? Wer hat seinem Vorhaben widerstanden? Das heißt: Wer kann ihm widerstehen, wenn er sich so entscheidet? Wer kann ihm widerstehen?

Paulus spricht hier von Gottes Freiheit und seiner Souveränität. Wenn Gott tut, was er will, könnte man fragen: Warum tadelt er dann noch? Warum straft er noch? Er hat sich doch so entschieden.

Im Vers 20 sagt der Apostel: „O, wer bist du, Mensch, dass du Gott entgegnest! Pass auf, was du machst, wenn du jetzt gegen Gott sprichst.“ In der Mitte von Vers 20 steht: „Wird etwa das Geformte zu den Formenden sagen: Warum machtest du mich so? Oder hat der Töpfer nicht Vollmacht, aus derselben Masse Ton ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen?“

Israel war wie ein Gefäß. Nehmen wir ein Tongefäß: Ein Töpfer hat einen Klumpen Ton. Er arbeitet daran, doch der Ton will nicht gelingen, er ist widerstrebsam. Der Töpfer schafft es nicht, den Ton so zu formen, wie er möchte. Darf er dann den Ton verwerfen und ein neues Gefäß machen? Natürlich darf er das.

Israel war so ein widerstrebender Ton. Der Töpfer wollte Israel zu einem schönen Gefäß formen, doch Israel war rebellisch und wollte seine eigenen Wege gehen. Israel wollte Leistung bringen und auf sich selbst pochen. Israel verwirft den Messias, ist wie ein widerspenstiger Ton, der sich nicht biegen lassen will.

Dieser Ton hat einen freien Willen, einen eigenen Willen – einen eigensinnigen Willen. Die Israeliten waren hier wie der Ton. Übrigens steht dieses Bild auch in Jeremia Kapitel 18. Paulus hat dieses Beispiel nicht erfunden. In Jeremia 18 wird beschrieben, dass Israel wie der Ton ist, der sich nicht formen lassen will.

Wenn Israel also missraten ist und Gott sich von Israel abgewandt hat, um sich den Heiden zuzuwenden, dann ist das Gottes gutes Recht. Er hat die Freiheit dazu, und niemand kann ihn daran hindern.

Wenn du den Messias ablehnst, darfst du dich nicht wundern, wenn Gott dich verwirft. Gott darf das tun. Wenn er dann die Heiden erwählt, ist das sein Recht.

Damals hast du dich auch nicht beschwert, als Israel das goldene Kalb anbetete. Da war Gott barmherzig, und du hast dich nicht beschwert. Auch damals hast du dich nicht beschwert, als Gott Jakob zum irdischen Heilsvolk erwählte und Esau verworfen hat.

Also beschwere dich jetzt nicht, wenn Gott diejenigen verwirft, die sich nicht bekehren wollen – die Juden – und sich den Heiden zuwendet. Niemand kann Gott etwas vorschreiben. Das wäre genauso töricht, als wenn der Ton dem Töpfer etwas vorschreiben wollte.

Gottes Geduld und Barmherzigkeit trotz Zorn

Die Anwendung dieses Prinzips, das gerade genannt wurde, findet sich in Vers 22: „Wenn aber Gott, da er seinen Zorn erzeigen und seine Kraft kundtun wollte, in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die für das Verderben fertig geworden waren, ertrug…“

Dieser Satz ist unvollständig, der Schluss fehlt. Paulus stellt hier eine Frage: Was willst du dann tun? Willst du gegen Gott aufstehen und sagen: „Gott, du darfst das nicht“?

Noch einmal: „Wenn aber Gott, da er seinen Zorn erzeigen und seine Kraft kundtun wollte, in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die für das Verderben fertig geworden waren, ertrug, was willst du da machen?“

Ich hoffe, hier liegt eine gute Übersetzung vor. Es heißt „die Gefäße des Zorns, die fürs Verderben fertig geworden waren“. Es steht nicht „die Gefäße des Zorns, die fürs Verderben vorherbestimmt waren“. Das steht so nicht im Text.

Diese Gefäße des Zorns sind reif geworden fürs Verderben, das ist der Gedanke. Sie wurden nicht einfach so Gefäße des Zorns. Sie wurden Gefäße des Zorns, weil sie sich widersetzten.

Wer sind diese Gefäße des Zorns? Um wen geht es hier? Wer sind die Gefäße des Zorns, die Gott verworfen hat? Es sind die Israeliten, die den Herrn Jesus nicht annehmen wollten.

Noch einmal: „Wenn aber Gott, da er seinen Zorn erzeigen und seine Kraft kundtun wollte, in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die für das Verderben fertig geworden waren, ertrug, was dann?“

Die Gefäße des Zorns waren fertig, reif für das Verderben, reif für das Gericht. Und was hat Gott gemacht? Er hat sie nicht gerichtet.

Die Israeliten haben den Herrn Jesus verworfen. Was hat Gott getan? Hat er am Tag ihrer Kreuzigung ein Gericht vom Himmel geschickt? Nein. Er hat sie getragen, er hat sie geduldig weitergetragen, er hat gewaltet.

Er hat die Apostel ausgeschickt. Die Apostel gingen nach Jerusalem, nach Judäa und nach Samaria. Überall verkündigten sie das Evangelium. Noch einmal wurde das Evangelium überall hingetragen.

Gott hat gewartet. Vierzig Jahre lang trug er sie in Geduld und Langmut. Zur Zeit, als Paulus dies schrieb, war das noch vor dem Jahr 70 nach Christus.

Im Jahr 70 nach Christus gab es ein Gericht, das stimmt. Aber das, was hier geschrieben wurde, war vor diesem Jahr. Bis zu dem Tag, an dem Paulus schrieb, hat Gott die Juden getragen – obwohl sie das Gericht verdient hätten.

Er hat sie aus Barmherzigkeit getragen, bevor er schließlich das Gericht schickte. Das entspricht seinem Wesen, seiner Barmherzigkeit.

Also hat dieses ungläubige Israel durch sein böses, unbußfertiges Verhalten Gottes Zorn gereizt, und Gott war geduldig ihnen gegenüber. Darf Gott geduldig sein mit den Israeliten? Darf er das? Natürlich.

Also bitte, schreibe ihm nicht vor, was er zu tun hat. Sei froh, dass er noch nicht eingeschritten ist zum Gericht.

Das dürfen wir auch für uns selbst sagen: Seien wir froh, dass Gott in unserem persönlichen Leben noch nicht eingeschritten ist. Vielleicht bist du noch nicht gläubig. Dann sei froh, dass er bis heute gewartet hat.

Und ja, komm jetzt zum Herrn Jesus und übergib ihm dein Leben.

Keine Vorherbestimmung zur Verdammnis

Dieser Text, liebe Geschwister, sagt nicht, dass Gott einige Menschen vorherbestimmt hat, in die Hölle zu gehen, und andere, dass sie in den Himmel kommen. Das steht im Text überhaupt nicht.

Manche wollen das jedoch in den Text hineinlesen. Aber was wäre das für ein Bild von Gott, der von vornherein bestimmt hat: „Dich schicke ich in die Hölle und dich in den Himmel“? So ist es nicht.

Gottes Herrlichkeit und die Vorbereitung der Gläubigen zur Herrlichkeit

Aber es geht weiter in Vers 23: „Und wenn Gott dieses getan hat, damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit erkennen lasse, die er zuvor zu Herrlichkeit bereitet hat.“

Wenn Gott sich entschieden hat, mit Israel zu warten und es noch nicht zu richten – was willst du dagegen machen? Darf er das? Ja, das darf er.

Und in Vers 23 heißt es weiter: Wenn Gott sich jetzt den Heiden zuwendet, denen, die das Evangelium aufnehmen wollen, dann hat Gott das getan. Er hat mit dem Gericht gewartet und die Juden verhärtet, damit das Evangelium zu den Heiden hinausgehen kann. So lässt er den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit erkennen, die er zuvor zu Herrlichkeit bereitet hat.

Was kann Gott daran hindern? Die Gefäße der Barmherzigkeit sind die Menschen, die sich auf die Barmherzigkeit berufen und sagen: „Herr, nicht meine Leistungen, nur du!“

Was hat Gott mit den Gefäßen der Barmherzigkeit getan? Er hat sie im Voraus zu Herrlichkeit bereitet. Ich hoffe, Sie haben eine genaue Übersetzung. Es sollte nicht heißen, er hat sie zur Herrlichkeit bereitet, sondern zu Herrlichkeit. Er hat vorher bereitet, dass sie Herrlichkeit bekommen sollten.

Wissen Sie, wie das ist? Das ist so wie bei meiner Tochter. Sie kam eines Tages nach Hause und sagte: „Papa, Mama, ich habe ein Kleid, ein Babygewand gekauft.“ Ich fragte: „Wow, wozu ein Babygewand? Du bist ja gar nicht verheiratet.“ Sie sagte: „Das ist das Gewand für mein Baby.“ Sie war noch nicht einmal verlobt – oder vielleicht gerade verlobt, ja? – aber das war für ihr Baby.

Was hat sie getan? Sie hat ihr Baby zuvor bestimmt oder vorbereitet, um dieses Babygewand zu tragen. Das Baby war noch gar nicht da, und sie konnte auch nicht bestimmen, wer das Baby sein wird. Aber sie hat schon im Voraus das Baby zu Herrlichkeit bereitet – zum Tragen eines herrlichen Babygewandes.

Wir verstehen den Vergleich: Gott gibt denen, die sich bekehren, nicht nur das Heil, sondern auch Herrlichkeit. Gott hat die Gläubigen im Voraus zu Herrlichkeit bestimmt und vorbereitet; sie sollten Herrlichkeit bekommen.

Der Text sagt nicht, dass Gott eine bestimmte Anzahl von Menschen vorbestimmt hat, die sich bekehren. Das steht überhaupt nicht im Text. Der Text sagt, dass sie zu einer wunderbaren Herrlichkeit bereitet sind: die Gefäße der Barmherzigkeit.

Wenn Heiden zum Glauben kommen, dürfen sie in das herrliche Heil eintreten, das Gott ursprünglich den Juden verheißen hatte. Gott hat das so gewollt. Darf er das? Ja, das darf er. Denn er ist frei, und niemand kann ihn daran hindern.

Schlusswort und Gebet

Soweit ich diese Texte, die nicht einfach sind, verstehe, fällt es mir leichter, wenn wir den Zusammenhang kennen. Dann können wir ihnen besser folgen und kommen nicht zu einer falschen Meinung über Gott.

Möge der Herr uns segnen und uns helfen, seine Barmherzigkeit zu verstehen.

Wollen wir nun zum Gebet aufstehen?