Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart. Mein Name ist Thomas Powileit, und mir gegenüber sitzt Marion. Herzlich willkommen hier bei uns, Marion.
Ja, vielen Dank, Thomas. Ich freue mich, dass wir heute den Podcast aufnehmen dürfen.
Ja, ich freue mich auch. Unser Podcast will zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen. Heute beschäftigen wir uns mit dem Thema „Berufswunsch Missionar – wie wird er wahr?“
Mission oder Missionar sind mittlerweile Worte, die in unserer Gesellschaft oft negativ wahrgenommen werden. Mission wird so verstanden, dass sie Kultur zerstört. Missionare zwängen anderen Menschen ihren Glauben auf, und es gibt verschiedene Vorwürfe in diese Richtung.
Dennoch gibt es jedes Jahr, und das fasziniert mich, in Deutschland Hunderte von meist jungen Leuten, die berufliche Karrieren hinter sich lassen und ihr Leben dafür hergeben, anderen von Jesus zu erzählen. Manche von ihnen träumen schon ein Leben lang davon, Missionar zu werden.
Sie fühlen sich innerlich gedrängt, in andere Länder zu gehen, um Gottes Auftrag zu erfüllen. Dieser lautet ja: „Geht hin in alle Welt und sagt das Evangelium allen Völkern.“
Marion, auch du bist jemand, der vieles hinter sich gelassen hat, um in einem anderen Land für Jesus da zu sein. Bevor wir näher darüber sprechen, möchte ich fragen: Wie gehst du eigentlich mit den oft gehörten Argumenten um, dass Missionare Kultur zerstören und anderen ihren Glauben aufzwingen?
Ich persönlich bin mit diesem Argument eher selten konfrontiert worden, kenne es aber sehr gut. Die Geschichte zeigt ja auch, dass tatsächlich solche Dinge passiert sind: Kultur oder ganze Kulturvölker wurden zerstört, und Religion wurde den Menschen übergestülpt.
Ich glaube, man hat in den vergangenen Jahrzehnten oder Jahrhunderten dazugelernt. Auch Missionare sind kultursensibler geworden. Ganz wichtig finde ich die Frage: Was bringen wir den Menschen eigentlich? Wir bringen ihnen keine neue Kultur, sondern das Evangelium. Das Evangelium aus Gottes Wort ist für alle Kulturen da. Wir bringen ihnen die frohe Botschaft, die kulturübergreifend ist.
Natürlich ist es sehr wichtig, dass Missionare kultursensibel sind. Das bedeutet, dass sie wissen, auf welche Kultur sie sich einlassen und wie diese Kultur Dinge wahrnimmt und für sich aufnimmt. Es kann sein, dass ein Bibelvers in einer Kultur ganz anders verstanden wird als in unserer ursprünglichen deutschen Übersetzung. Für einen bestimmten Stamm muss er dann vielleicht ganz praktisch anders übersetzt werden.
Grundsätzlich bringen wir keine andere Kultur mit, sondern Gottes Liebe und die frohe Botschaft. Damit zerstören wir nichts, sondern bringen den Menschen etwas Gutes.
Ich habe auch einmal gehört, dass jemand eine bestimmte Kultur vorgestellt hat, die 50 verschiedene Worte für Angst kennt. Das drückt natürlich aus, wie sehr Angst diese Kultur prägt. Wenn dann das Evangelium in diese Kultur hineinkommt, heißt das nicht, dass die Menschen keine Angst mehr haben. Aber viele dieser Ängste können dadurch zumindest ein Stück weit bearbeitet werden.
Genau das ist es: Unsere Botschaft macht auch Angst frei.
Ich sehe das in dem Volk, in dem ich arbeite, unter den Peruanern, dass es eine Kultur ist, die von Angst geprägt ist. Sie haben genau das erlebt, dass Europäer kamen und ihnen ihre Religion brachten. Sie mussten dieser Religion folgen, ohne gefragt zu werden.
Sie waren gezwungen, dem katholischen Glauben mit all seinen Aspekten anzuhängen. Im Herzen haben sie sich jedoch überhaupt nicht verändert. Ihr Ahnenkult blieb bestehen. Zum Beispiel glaubten und beteten sie weiterhin die Mutter Erde, Pachamama. Nach außen hin bejahten sie alles und gingen diesen Weg mit, aber im Inneren blieben sie das indigene Volk, das Mutter Erde anbetet und Opfer bringt. Das ist bis heute spürbar.
Es ist sehr interessant zu beobachten, dass man im Gespräch, gerade mit den Quechua-Indianern, unter denen wir arbeiten, merkt, dass sie zunächst alles bejahen, was man ihnen sagt. Sie sagen „sí, sí“, also „ja, ja, es ist alles wahr“. Man merkt jedoch, dass diese Zustimmung nicht wirklich im Herzen angekommen ist.
Ich finde es sehr schwierig, wirklich zum Herzen durchzudringen. Die Wahrheit muss ihr Herz erreichen, damit sie merken, dass sie eine Entscheidung treffen dürfen. Es wird ihnen nicht einfach vorgesetzt, und sie müssen nicht etwas tun, sondern es ist eine bewusste Entscheidung erforderlich.
Aus der Geschichte heraus finde ich es manchmal schwierig, dass diese Menschen eine echte, tiefgehende Entscheidung treffen, die ihr Leben verändert. Manche Vorwürfe sind berechtigt und haben einiges verzerrt. Aber das war eigentlich nicht im Sinne der Bibel, sondern eher im Sinne einer sogenannten christlichen Religion, die ihnen übergestülpt wurde.
Genau so, ja. Gut, aber es geht vor allem um Missionare, die Gesandte sind. Sie sind ja von Gott zu anderen Menschen geschickt, und das setzt voraus, dass sie eine Beziehung zu Gott haben.
Ich kann anderen schlecht erzählen, sie bräuchten eine Beziehung zu Gott, wenn ich selbst keine habe. Wie war das denn bei dir? Wie hast du eine Beziehung zu Gott bekommen?
Das ist eine sehr interessante Frage, und tatsächlich ist es das Allerwichtigste, diese Beziehung zu Gott zu haben. Diese Beziehung fing vor vielen Jahren an, mit meiner Entscheidung, Jesus zu folgen. Ich wollte mein Leben nicht einfach nur so leben, sondern ganz bewusst Jesus in mein Leben einladen und nach seinem Wort leben.
Diese Entscheidung habe ich schon sehr jung getroffen, ich war damals zwölf Jahre alt. Natürlich war das damals eine ganz andere Beziehung als die, die ich heute habe. Diese Beziehung durfte wachsen, und sie wächst dadurch, dass man sich immer wieder trifft und austauscht.
Man kann sagen: Wie wächst eine Beziehung? Indem man sich trifft, miteinander spricht und Zeit verbringt. Genauso ist es mit Gott. Ich suche seine Nähe, rede mit ihm und lese in seinem Wort. So baut sich eine Beziehung auf.
Dann erlebe ich ihn auch im Alltag, spüre seine Nähe, und die Beziehung wächst. Ich glaube, das ist ein lebenslanger Prozess, der immer weitergeht. Je länger und intensiver die Beziehung ist, desto schöner wird sie.
Das heißt, du lebst aus dieser Beziehung. Das ist das Wesentliche – nicht dein Auftrag, sondern die Beziehung zu Jesus.
Aber du bist ja Missionarin geworden. Wie ist dieser Wunsch in dir gewachsen, Missionarin zu werden? Kannst du dich noch daran erinnern?
Ja, Thomas, ich kann mich sehr gut daran erinnern, denn ich hatte überhaupt nicht den Wunsch, Missionarin zu werden. Ich wollte immer zu Hause bleiben. Ja, in den Urlaub bin ich schon immer gerne gefahren, aber Missionarin? Nein, das war eine Nummer, die ich ganz sicher nicht für mein Leben haben wollte.
Aber da hat Gott einiges verändert. Es ist auch genial zu sehen, wie sich das entwickelt hat. Es fing ganz natürlich an: Ich habe ein Projekt kennengelernt, in dem ich heute noch arbeite, und zwar das Projekt Dios Bisoyana. Dieses Projekt wurde vor rund zehn Jahren aufgebaut. Es ist ein Missionskrankenhaus, mittlerweile auch eine Schule, ein Medienzentrum und es gibt dort Kinderclubs.
Ich habe dieses Projekt kennengelernt und war sehr berührt von dem, was dort entstanden ist. Ich erinnere mich noch, wie ich damals von einem Arbeitskollegen diese Information bekam. Er sagte: „Ja, ich war kürzlich bei einem Vortrag, da war ein Ehepaar, das nichts hatte und ein Millionenprojekt aufgebaut hat.“ Ich dachte: „Wow, sie hat nichts und ein Millionenprojekt?“ Da gingen mir verschiedene Gedanken durch den Kopf. Entweder ist das irgendein Hokuspokus oder Gott steckt dahinter. Denn wir wissen alle: Wenn wir nichts haben, können wir auch kein Haus bauen – logisch.
Dann hörte ich diese Geschichte und sie berührte mich tief. Nicht nur, dass Menschen sich aufgemacht haben, sondern vor allem, dass dieser Gott dort so viel Gnade und finanzielle Mittel geschenkt hat – bis hin zu Arbeitskräften. Dort steht jetzt wirklich ein Millionenprojekt in den peruanischen Anden, und dieser Gott ist mein Gott.
Ich habe vor Glück geweint. Ich hatte wirklich so ein Glücksgefühl, weil ich dachte: „Wow, mit diesem Gott ist mir doch alles möglich. Ich brauche keine Ängste mehr zu haben.“ Ich bin jetzt nicht der mutigste Mensch, aber mit diesem Gott, wie David sagt, kann ich über Mauern springen. Ich bin auch nicht so sportlich, aber wirklich dieses Gefühl hatte ich: Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.
Dieser Vers war damals so in mir. Ja, das hat in mir etwas verändert. Das war aber nur der Anfang, sodass ich dachte: „Wow, das wäre wirklich schön.“ Ich hatte schon so ein bisschen im Herzen, na ja, ich habe in der freien Wirtschaft gearbeitet, siebzehn Jahre lang, und dachte: „Soll das alles gewesen sein? Ich würde gern etwas Sinnvolleres machen, als dass jetzt irgendein Konzern noch mehr Gewinn macht.“ Aber was könnte das sein als Industriekauffrau? Wo sollte ich da arbeiten? In der Mission werden ja nur Ärzte, Krankenschwestern gesucht, Lehrer vielleicht noch.
Ja, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Gott hat nach und nach in mir gearbeitet. Irgendwann hatte ich es auf dem Herzen: Ich würde da gern einsteigen, ich würde gerne helfen. Dann hörte ich auch, dass sie jemanden in der Verwaltung suchen. Das passte dann schon besser zu einer Industriekauffrau. Und so hat Gott wirklich mein Herz verändert, sodass ich dachte: „Ich würde da gerne hingehen.“
Und Verständnisfrage: Warst du vorher schon einmal kurz dort oder warst du das erste Mal da, als du das erste Mal hingegangen bist?
Nein, ich bin tatsächlich das erste Mal dort gewesen. Für zwei Jahre war geplant, auszureisen, und ich war vorher noch nie da. Also ich habe dieses ganze Land und das Projekt tatsächlich erst einmal aus der Ferne kennengelernt, darüber gelesen und die Entstehungsgeschichte des Projekts gehört. Ich war in Vorträgen über das Projekt, das war schon alles. Ich habe viele Informationen eingeholt, aber ich war nie vor Ort. Das kam dann erst mit dem Schritt, dass ich tatsächlich ausgereist bin.
Okay, du hast es also das erste Mal gesehen, als schon klar war, dass du jetzt für mindestens zwei Jahre dort sein wirst.
Richtig, genau.
Gab es auch Widerstand oder Ängste in dir? So nach dem Motto: Mann, was machst du da, zwei Jahre lang irgendwo hinzugehen?
Ja, definitiv. Und ich glaube, das ist auch ein Stück weit normal. Zum einen sind wir Deutschen ja sehr mit unserem Sicherheitsdenken behaftet. Irgendwie hat alles eine gefühlte Versicherung, die ich abschließen kann. Und das fällt natürlich ganz schnell weg, wenn man weiß, ich kündige jetzt meinen festen Job, ich habe kein festes Einkommen mehr. Da schwinden die Sicherheiten.
Deswegen ist ein Punkt ganz sicher, zu wissen: Das ist jetzt mein Weg. Denn jede Abenteuerlust, die dann so reinkommt, die hört ganz schnell auf, spätestens zu dem Zeitpunkt, wo es dann mal schwierig wird. Dann hört sie auf. Dann ist man eben im Alltag dort vor Ort. Und dann muss ich wissen: Ist das jetzt mein Weg? Ist Gott mit dabei? Oder bin ich diesen Weg gegangen, weil ich gerne reise und gerne neue Länder und Kulturen kennenlernen möchte?
Mit diesem Wissen lässt sich dann schon mal echt viel managen. Ja, Gott ist mit dabei, er geht mit. Diese Beziehung, von der wir am Anfang gesprochen haben – wenn die stimmt, wenn ich dranbleibe und daran arbeite.
Aber natürlich kommen auch Ängste, allein aus der eigenen Familie. Ich weiß, ich habe meinem Bruder erzählt: Du, ich habe jetzt meinen Job gekündigt, ich werde da nicht mehr weiterarbeiten. Er sagte: Ach ja, okay, wenn du einen neuen guten Job hast. Ich sagte: Ja, ich werde jetzt in Peru arbeiten. Er meinte: Ach ja, gut, wenn du da mehr Geld verdienst.
Dann kam der Knackpunkt: Ich habe gesagt, nein, so ist es leider nicht. Ich werde tatsächlich von Spenden unterstützt und finanziert. Und ja, das fand dann überhaupt kein Verständnis mehr, was ich auch verstehen kann. Es ist tatsächlich ein bisschen verrückt. Da gibt es schon Bedenken.
Es ist vielleicht bei einer Single-Missionarin noch ein bisschen weniger als bei jungen Familien, die ausreisen. Da weiß ich oft, dass es teilweise bis dahin geht, dass sie Druck von ihrer Familie bekommen, wenn junge Familien mit kleinen Kindern in ein Gebiet oder in ein Land ausreisen, wo die medizinische Versorgung nicht so gut ist.
Das kann großen Druck auf die Eltern aufbauen, die ja nicht nur für sich diesen Weg entscheiden, sondern auch für ihre Kinder. Die Verantwortung steigert sich dadurch noch. Und das sind natürlich dann wirklich Situationen, in denen man auch wieder diesen Punkt haben muss: Gewiss zu sein, dass das mein Weg ist und in dieser Beziehung mit Gott zu leben.
Und bei dir diese Gewissheit – das war dieses Empfinden, das du beschrieben hast, diese innere Überzeugung, die man wahrscheinlich nicht greifen kann: Das ist mein Weg, das ist nicht nur Marions Abenteuerlust.
Es war tatsächlich ein Prozess. Zuerst war da dieser Gedanke: Ja, ich kann mir das vorstellen. Aber das reichte nicht, das wusste ich. Mir fehlte lange Zeit diese Gewissheit, um sagen zu können: Auch wenn mein Bruder sagt: „Ja, sag mal, geht’s noch, deinen Job hier zu kündigen?“ oder wenn du merkst, dass die Mutter erst einmal schockiert ist, weil ihr Kind in die weite Ferne geht.
Mission war bis zu diesem Zeitpunkt auch für sie wichtig. Aber wenn es dann doch in die eigene Familie geht und die Tochter weiter weg ist, verändern sich die Dinge. Es war wirklich ein längerer Prozess: Erst von diesem Gedanken und Wunsch zu merken, dass dieser Wunsch und dieser Gedanke nicht vergeht.
Man hat ja oft so: Man liest irgendwas oder schaut sich etwas an und ist völlig begeistert. Eine Woche später sieht man das schon nüchterner, und einen Monat später hat man es ganz aus den Augen verloren und vergessen. Aber bei mir blieb dieses Brennen dafür. Das war wirklich auffällig: Es erlosch nicht, sondern blieb konstant da, in meinem Kopf.
Dann habe ich Freunde mit einbezogen und ihnen davon erzählt. Ich habe meine Gemeinde mit einbezogen und davon erzählt. Da gab es teilweise auch Vorbehalte. Man hörte erst einmal zu, so nach dem Motto: „Na ja, jetzt hat sie so einen Wunsch, aber mal schauen, was daraus wird.“
Ich habe dafür gebetet. Ich habe Gott wirklich gebeten, mir klarzumachen, ob es jetzt meine Idee, meine Vorstellung, mein Wunsch, mein Abenteuer ist – oder ob er das Abenteuer mit mir gehen möchte.
Es gab eine lange Zeit, in der nichts passierte. Ich wurde immer unruhiger, und es entstand ein gewisser Druck: „Okay, ich muss mich jetzt mal entscheiden.“ Ich wusste, sie brauchten jemanden in der Verwaltung, die theoretisch auf meine Bewerbung warteten. Aber ich hatte nicht die Freiheit, mich zu entscheiden, weil ich diese Unsicherheit in mir hatte.
Ich kam an einen Punkt, an dem ich eine innere Verzweiflung spürte: Ja, ich könnte mir vorstellen, zu gehen, aber ich bin mir nicht ganz sicher. Ich hatte nicht diesen Frieden, diesen Schritt jetzt zu tun. Meine Mutter war mir dabei keine Hilfe. Es war alles irgendwie so.
Ich merkte, ich muss es jetzt mit Gott klären. Ich weiß noch, dass ich an einem Abend rausging. Der Himmel war wolkenverhangen, es war fast regnerisch. Ich habe innerlich oder vielleicht auch laut – ich weiß es heute nicht mehr – zu Gott geschrien und gesagt: „Herr, zeig mir es doch!“
Ich war so weit, dass ich sagte: „Ich mache jetzt, was du willst, aber ich muss es jetzt wissen. Ich hätte jetzt gerne den Zettel vom Himmel. Sag mir: ‚Okay, du gehst, dann kündige ich und gehe‘ oder ‚Nein, das ist nichts, lass die Finger davon‘, und ich bleibe.“
Und dann kam der Zettel? Gute Frage. Leider nicht. Auch das habe ich noch nicht erlebt. Der Zettel kam nicht. Aber es kam eine E-Mail einen Tag später von einer Freundin, die auch im Nahen Osten tätig ist. Es war nicht selbstverständlich, dass sie direkt antwortet, weil ich ihr an dem Abend geschrieben hatte und gesagt hatte: „Du, denk doch mal bitte an mich. Ich habe ein Projekt kennengelernt, ich könnte mir vorstellen, dort zu arbeiten, aber ich habe keine Ahnung, ob das mein Weg ist.“
Sie schrieb mir prompt am nächsten Tag zurück und sagte: „Ich denke an dich“ und wollte mir einen Vers schicken.
Wer schon in meinem Vortrag war, dem ist dieser Vers wahrscheinlich begegnet: Psalm 32, Vers 8. Dort spricht Gott oder ganz persönlich zu mir: „Ich will dir den Weg zeigen, den du gehen sollst. Ich will dich mit meinen Augen leiten.“
Diesen Vers hatte ich ein halbes Jahr zuvor in meiner Bibellese gelesen, als ich mit der Frage vor Gott stand: War das jetzt alles in meinem Leben – 17 Jahre Industriekauffrau und weitere 17 Jahre hier – oder was willst du von mir?
Ich hatte diesen Vers gelesen, und es war ganz klar, als hätte Gott in diesem Moment zu meinem Herzen gesprochen. Das hatte ich nie vorher so erlebt und auch später nicht mehr so klar.
Diesen Vers schickte sie mir, und in dem Moment, als ich ihn las, sank Frieden in mein Herz. Ich wusste ganz genau: Ja, das ist mein Weg.
Vor allem gab es viele Kleinigkeiten, die in der Zwischenzeit passiert waren. Bis dahin hatte ich Anspruch auf eine Betriebsrente, aber es hätten noch zwei Jahre gefehlt, dass ich in dem Betrieb hätte arbeiten müssen.
Dann dachte ich: Na ja, dann ist es jetzt eh nicht dran. So etwas einfach in den Wind zu setzen, das muss ja nicht sein. Ich habe ja auch einen Verstand.
Ich bin dem aber nachgegangen, und irgendwann rief unser Personalchef an und sagte: „Wissen Sie was? Hier gab es eine Gesetzesänderung. Sie haben schon Anspruch auf diese Betriebsrente.“
Jetzt schon, quasi? Genau, in dem Jahr schon.
Ich dachte: Okay, was soll Gott denn noch alles tun, wenn er schon Gesetze für dich ändert?
Von diesem Moment an wusste ich ganz genau: Ich habe abends meine Bewerbung ausgefüllt, meiner Gemeindeleitung geschrieben: Ich weiß jetzt, dass ich gehen muss. Und ich bin gegangen.
Also das waren auch die konkreten Schritte, die du gegangen bist: Erst einmal das Ringen um diese innere Gewissheit. Dann hast du wahrscheinlich deine Arbeitsstelle gekündigt, oder?
Genau. Dann habe ich ganz normal eine Bewerbung geschrieben und hatte Vorstellungsgespräche – sowohl bei Diosbizuyana, dem Projekt, als auch bei der Missionsorganisation, bei der ich angestellt bin. Die Schritte liefen dann peu à peu ab.
Danach habe ich das in der Arbeit angekündigt und meine Kündigung fristgerecht eingereicht. Außerdem habe ich Vorbereitungskurse bei meiner neuen Missionsorganisation besucht. Ein halbes Jahr später bin ich dann ausgereist.
Also von dem Zeitpunkt, an dem man sagt: „Okay, ich bin mir jetzt sicher“, bis man aus dem Flieger steigt, dauert es, je nachdem, wo man hinfährt, mindestens ein halbes Jahr, würde ich sagen.
Eher ein bisschen mehr. Ich sage immer: Von der Entscheidungsphase – die bei jedem unterschiedlich lange dauert – bis zur Ausreise vergehen etwa anderthalb Jahre. Bei mir war die Entscheidungsphase ein halbes Jahr, danach folgten fast noch einmal neun Monate Vorbereitung.
Man kann also, was wir in unserem Projekt erlebt haben, ungefähr so zusammenfassen: Von dem ersten Berührungspunkt bis zur Ausreise vergehen etwa ein Jahr.
Okay, wenn man den Vortrag über die Aspergillaner gehört hat, etwa ein Jahr später, so ungefähr. Ja, so ungefähr, okay.
Du hast das vorhin schon ein bisschen angedeutet und auch andere Leute gefragt, also nicht nur gesagt „ich und der Herr“. Es ist ja wichtig, dass man, wenn man geht, von einer Gemeinde ausgesendet wird. Welche Rolle hat deine Gemeinde in diesem Prozess gespielt?
Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt: Die Gemeinde muss auch ihr Ja dazu geben. Wie das dann in der Praxis aussieht, ist ein anderer Punkt. Aber dass sie das Ja dazu hat und dich unterstützt – das ist entscheidend.
Für mich persönlich war damals der wichtigste Punkt, dass meine Gemeinde im Gebet hinter mir steht. Dass sie mich im Blick hat als Missionarin, die irgendwo draußen in der großen weiten Welt ist, aber hier in der Heimat für mich betet.
Das habe ich damals auch tatsächlich so dem Gemeindeleiter gesagt und erklärt, dass das mein Wunsch ist. Sie haben dann bei mir auch gemerkt, dass ich da eine Sicherheit und Gewissheit hatte: Jetzt ist es dran.
Und das war ja für die zwei Jahre. Nachdem sie dich erst einmal geschickt hatten, bist du wieder nach Deutschland zurückgekommen.
Fast, also genau: Ich war zwei Jahre draußen. Ich hatte meiner Nichte versprochen, zu ihrer Einschulung da zu sein. Danach musste ich für zwei Jahre zurückkehren. Aber gegen Ende hatte ich bereits entschieden, dass ich auf jeden Fall ein weiteres Jahr verlängere. Ich habe innerlich gemerkt, dass ich hier noch nicht fertig bin. Das konnte ich nicht genau an etwas festmachen, aber ich wusste: Nein, ich komme wieder zurück.
Ich war dann für einen kleinen Heimatdienst zu Hause, was zur Einschulung meiner Nichte ganz wichtig war. Danach bin ich noch einmal ausgereist für ein weiteres Jahr. Daraus wurden dann eineinhalb Jahre. Insgesamt war ich also dreieinhalb Jahre in diesem Projekt und in der Verwaltung des Missionskrankenhauses tätig.
Dann bist du zurückgekommen nach Deutschland und hast auch in einem evangelikalen Werk mitgearbeitet, wenn ich das richtig im Kopf habe.
Zurückgekommen war ich etwas müde und erschöpft. Ich wusste auch nicht genau, wie es weitergehen sollte. Aber ich hatte einen großen Wunsch in mir. Ich habe es sehr zu schätzen gelernt, dass wir bei der Arbeit, wenn es Probleme gab, gesagt haben: „Hey, komm, lass uns zusammensetzen und dafür beten.“ Wirklich mit Christen zusammenzuarbeiten, fand ich sehr bereichernd und schön.
Ich habe irgendwie gedacht: Eigentlich würdest du gern in diesem Kontext bleiben – was auch immer und wo auch immer, erst mal in Deutschland weiter. Auch da gab es viele Fragen. Doch das hat sich ganz schnell gelöst. Ich habe dann weiterhin in einer missionarischen Organisation gearbeitet, während ich in Deutschland war.
Und jetzt bist du wieder dort, wo du hinausgereist warst. Brauchte es dann noch einmal eine neue Bestätigung, oder war das einfach ein Weg, der fast vorgezeichnet war?
Da gibt es jetzt zwei Perspektiven. Ich bin ganz sicher, dass dieser Weg von Gott vorgezeichnet war, definitiv. Rückblickend sehe ich schon einen roten Faden, einen dicken roten Faden, wie Gott Dinge geplant hat, die ich überhaupt nicht hätte sehen können.
Auf der anderen Seite konnte ich das nicht wissen. Es war nicht ausgeschlossen, dass ich vielleicht noch einmal ins Ausland gehe, aber es war mir auch nicht sicher. Ja, es brauchte auf jeden Fall eine ganz neue Bestätigung.
Und die hast du bekommen. Das war dann auch wieder so eine tiefe Gewissheit wie am Anfang.
Ja, es war wieder ein Ringen, ein Abwägen. Ich hatte tatsächlich zwei Stellenangebote, wie man so schön sagt. Ein Stellenangebot mit meiner Aufgabe in Peru und eines hier in Deutschland.
Ganz ehrlich, rein menschlich gesehen wäre die Stelle in Deutschland viel attraktiver gewesen. Ich hätte mein Auto nicht verkaufen müssen, nur einen Umzug stemmen müssen und hätte weiterhin meine Freunde sehen können – und so weiter und so fort.
Natürlich habe ich diese Punkte abgewogen und überlegt: Was ist dran? Beides hätte dem entsprochen, was ich gerne machen möchte.
Auch da habe ich wieder Freunde einbezogen und gesagt: „Hey, betet bitte dafür.“ Ich habe erzählt. Manchmal, nachdem ich fertig war, haben die Leute mich angeguckt, gegrinst und gesagt: „Eigentlich ist doch schon klar, wohin du gehst.“
Ich war dann so: „Ja, okay.“ Mein Herz hat schon irgendwie auch für Peru gebrannt. Das kam aus dem, was ich selbst erfahren hatte, und aus dem Wissen, dass dort Bedarf ist.
Dann kam auch der Gedanke, da jetzt wirklich mal ganz genau hinzuschauen: Wenn ich noch einmal ins Ausland gehe, dann jetzt – und nicht erst in zehn Jahren.
Es war also beides: Ein Ringen um die ganz fachlichen, sachlichen Punkte, um sie abzuwägen, aber auch die Frage: Was ist der Weg, den Gott mich führen will?
Und jetzt bist du draußen, auch mit einer Gemeinde ausgesandt. Jetzt bist du einfach kurz mal da, obwohl die Wochen sehr vollgepackt sind.
Wir sagen dir danke, dass du dir trotzdem Zeit genommen hast, hier für den Podcast aufzutauchen.
Und das war er wieder, der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, ihr habt durch diesen Podcast einen noch besseren Blick für Mission bekommen. Außerdem wisst ihr jetzt, warum Mission so wichtig ist und wie man Gottes Berufung, die gute Nachricht von ihm zu verbreiten, zum Beruf machen kann.
Übrigens: Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen. Egal, ob ihr Missionar seid oder nicht, wir wünschen euch viele missionarische Gespräche, in denen ihr anderen mit Freude von Jesus erzählen könnt.