Aufbruch durch persönliche Hingabe und Erneuerung
Ich lese aus dem Römerbrief, Kapitel 12, die ersten beiden Verse:
„Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und gottwohlgefällig ist; das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“
Alle haben eine große Sehnsucht nach Erweckung, dass Gott in unserem Land noch einmal einen großen Aufbruch schenkt. Wir sind bedrückt, wenn wir sehen, wie die Gottlosigkeit so viel Raum gewinnt – in der eigenen Familie und um uns herum. Wir sehnen uns danach, dass unser Dienst auch in der Gemeinschaft und in den Hauskreisen weiter wirkt und Frucht trägt.
Vor ein paar Wochen hatte ich ein interessantes Gespräch mit einer jungen Frau, einer Abiturientin. Sie war nach einem einjährigen Dienst in Uganda zurückgekehrt. Als ich sie fragte, was wir verbessern könnten, wenn wir junge Leute für zwölf Monate in den Missionsdienst schicken, sagte sie: „Also, ich bin ganz tüchtig frustriert.“
Sie hatte eigentlich immer gedacht, dass draußen in der Mission der große Aufbruch sei, dass dort Leben sei. Doch sie war gerade an ein Krankenhaus geraten, das natürlich ein kirchliches Krankenhaus war, in dem die Revolution ausgebrochen war. Dort streikten alle, und die Ärzte aus Europa mussten abziehen. Es gab Streit, und es ging ganz schlicht um Geld. Sie sagte enttäuscht: „Es ist ja wie bei uns. Da sieht man gar nichts mehr von der ostafrikanischen Erweckung. Man sieht nur, wie der Teufel wirkt, zerstört und alles zerbricht. Es ist kein Leben mehr da. Es gibt nur noch die äußere Form. Man marschiert in der Tradition weiter. Das ist ja nicht sehr ermutigend.“
Bei uns scheint es doch so zu sein, dass in Europa besonders massiv die Gottlosigkeit alles in der Hand hat. Vielleicht waren falsche Propheten schuld, die uns in den letzten Jahrzehnten seltsame Visionen geschildert haben. Als ob jeden Augenblick bei uns in Deutschland eine irrsinnige Erweckung ausbrechen würde.
Ich weiß nicht, was man sich vorgestellt hat und mit welchen astronomischen Zahlen man gerechnet hat. Wahrscheinlich ist es in der Mission genauso wie bei uns: Die biblischen Wachstumsgesetze des Reiches Gottes sind immer noch gültig. Jesus sprach davon, dass das Reich Gottes wächst wie ein Senfkorn. Es wird ganz groß, aber man sieht es am Anfang kaum.
Zeugnis von langem treuen Dienst und kleinem Anfang
Da hat mich eine Frau aus Ludwigsburg angerufen und mir Grüße von einem Missionar aus Bali, Roger Louis, überbracht. Ich fragte sie, wie sie mit ihm in Verbindung steht. Ich kannte diesen Missionar. Er war vierzig Jahre lang auf dieser Insel tätig, wo der Hinduismus mit seinen dreihundert Millionen Göttern eine Finsternis der Dämonen aufgebaut hat. Dort gibt es fast keine Christen.
40 Jahre lang hat Roger Louis dort gearbeitet, ohne Frucht zu sehen – gar nichts. Treu hat er jeden Tag seine Besuche gemacht und seine Dienste verrichtet. Dann sagte die Frau: „Wissen Sie, mein Sohn ist bewusst Christ geworden. Er war Manager im Bali Beach Hotel, dem größten Hotel mit 1500 Betten.“ Das wusste ich, denn ich war dort einmal dabei.
Dort hielt Roger Louis alle vier Wochen abends einen Gottesdienst. Wissen Sie, wie viele Leute kamen? Maximal fünf. Doch eines Abends war plötzlich der Manager des Hotels dabei. Und dann hat Jesus zugeschlagen. Es kam zur klaren Bekehrung.
Wenn Sie heute nach Bali kommen, sehen Sie die Frucht eines vierzigjährigen Dienstes. Was ist passiert? Überall gibt es Aufbrüche, Leben und Gemeinden sind entstanden – mitten in diesem finsteren Heidentum. Denn es ist wahr, was Jesus sagt: Der Aufbruch beginnt ganz, ganz klein und unscheinbar in der großen, treuen Hingabe unseres Dienstes.
Deshalb möchte ich zuerst darüber sprechen: Der Aufbruch muss bei uns selbst beginnen. Der Aufbruch muss bei uns selbst beginnen.
Erfahrungen mit gescheiterten Aufbruchsversuchen
Wir sehnen uns nach Erweckung, doch der Aufbruch muss bei uns selbst beginnen.
Wenn man ein älterer Mann ist und auf 40 Jahre kirchlichen Dienst als Pfarrer zurückblickt, muss man feststellen: Was wurde in diesen 40 Jahren allein im Raum der Kirche in Württemberg an Aufbruch gewollt? Vor dreißig Jahren erinnere ich mich noch gut an den großen Wellenschlag – den Kinogottesdienst mit der großen Band. Davon ist heute nichts mehr übrig geblieben. Es war eine gute Idee, denn man wollte die Menschen erreichen.
Vor zwanzig Jahren kam die Idee auf, einen Aufbruch der Christen zu wagen. Damals ließ man einen muslimischen Mullah auf der Kanzel der Hospitalkirche sprechen. Das wurde als Zeichen der Weltoffenheit der Christen gefeiert. Man ließ Politiker predigen, probierte vieles aus, führte Interviews und Diskussionen. Das war nicht schlecht, aber ein echter Aufbruch blieb aus, und die Kirchen wurden immer leerer.
Man versuchte es mit allen möglichen Mitteln. Als ich damals als Pfarrer im Schwarzwald anfing, erinnere ich mich noch gut an einen Mitarbeiter der Akademie Bad Boll. Er sagte uns, die Gottesdienstzeit um halb zehn komme vom bäuerlichen Rhythmus. Man brauche ganz neue Zeiten für den Gottesdienst. Doch alles blieb beim Alten. Man hat sich nicht wirklich aus den Angeln heben lassen.
Natürlich wäre es toll, Gottesdienste auch am Abend oder in der Nacht zu feiern – oder wie man es eben nennt. Man sprach über alle möglichen Reformen, die eingeleitet werden sollten. Gemeinden mussten zusammengelegt werden, die Talare sollten farbiger werden. Es ist interessant: Man kann immer an der Verpackung herumreformieren, doch ein echter Aufbruch bleibt aus.
Man dachte, junge Leute wären wirklich angesprochen, wenn man neue Räume schafft und die richtigen Clubsessel aufstellt. Das gibt etwas Neues. Das ist alles nicht schlecht. Wenn es unser Lebensstil ist – warum nicht? Ich sitze selbst gerne im Sessel.
Aber wie entsteht ein Aufbruch? Danach sehnen wir uns doch in unserer gottlosen Zeit: ein Aufbruch des Reiches Gottes. Man kann Jongleure, Täuschungskünstler und Pantomimen einsetzen – das ist alles gut. Aber wie entsteht ein Aufbruch? Man hat ein neues Gesangbuch, neue Lieder, doch wie entsteht ein Aufbruch, der die Menschen wirklich ergreift und sie zu Jesus führt, in die Nachfolge? Wie entsteht ein solcher Aufbruch?
Aufruf zur inneren Erneuerung und Bekehrung
Im letzten Buch des Neuen Testaments, der Offenbarung, begegnet uns ein Sinnschreiben. Dort spricht der erhöhte Jesus und zeigt deutlich auf, wo es fehlt: „Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot. Wache auf, der du schläfst!“ Diese Worte richten sich an uns Gläubige, nicht an irgendwelche anderen Menschen. Es geht uns an: Du hast den Namen, dass du lebst.
So beginnt Paulus mit seiner Ermahnung: „Ich ermahne euch, ich ermahne euch.“ Wenn es zum Aufbruch kommen soll, sind wir gefragt. Aber wo sollen wir reformieren? Nicht in der äußeren Verpackung. Diese wird sich von selbst so gestalten, wie es unserer Zeit entspricht. Wir wollen sie so gestalten, dass sie dem Leben entspricht – angepasst und schön.
Doch wie kommt es zum neuen Leben? Indem wir uns Jesus zuwenden, der die Lebensquelle ist. Er, der auferstandene Herr, fordert auf: „Tue Buße, kehre um!“ Das heißt in den Sinnschreiben der Offenbarung immer: Sonst will ich deinen Leuchter umstoßen. Es ist erschreckend, dass Jesus in unseren Tagen von seiner Gemeinde die Hand abziehen kann. Das sollte uns heute wieder beschäftigen.
Wir sind nie die Macher. Wir können gar nichts bewirken, wir können keinen Menschen zum Glauben führen. Wir können mit Menschen reden und Engelgesänge anstimmen, aber wir können niemandem das Verstehen des Evangeliums ermöglichen. Wenn man dann seine ganze Hilflosigkeit spürt, etwa bei einem Besuch, wo man sagt: „Wie soll ich diesem Menschen in seiner angefochtenen Lage mit seinen Zweifeln Trost zusprechen?“, dann tut das allein Jesus, der Herr.
Wir können gar nichts, wir sind nicht die Macher, unser Können ist nichts. Was wollen wir denn mit unserem Leben? Es ist so gut, wenn wir immer wieder an den Punkt geführt werden: „Ach, mein Herr Jesus, wenn ich dich nicht hätte und wenn dein Blut nicht für die Sünder redete, wo sollte ich, der Ärmste unter den Elenden, mich sonst hinwenden?“ Herr, fang doch noch einmal bei uns in unserem Ort an! Du musst uns erwecken mit neuem Leben, mit neuem Feuer, mit neuer Freude an deinem Wort.
Paulus sagt: „Ich ermahne euch.“ Und dann fügt er hinzu: „Durch die Barmherzigkeit Gottes habt ihr sie erlebt.“ Wie war das, als ihr gläubig wurdet? Wie war es, als ihr erlebt habt, wie Jesus euch die Schuld durchgestrichen hat? Wisst ihr das noch? Frei geworden, alles weggelegt, Jesus ist mein Heiland, ich darf ihm dienen.
Wie kann Jesus sagen: „Vergiss doch die erste Liebe nicht!“ Liebe Schwestern und Brüder, der Aufbruch zur ersten Liebe mit Jesus ist wichtig. Dort sitzt Leben, und dass Jesus mit uns allen wieder arbeiten kann, ist wunderbar, wenn er anfängt, durch die Barmherzigkeit unseres Herrn ganz lebendig und frisch den Gottesdienst richtig zu gestalten.
Paulus sagt, es gibt einen unvernünftigen Gottesdienst. Wir lesen das auch bei den Propheten des Alten Bundes: „Tu mir weg das geblärrte Lied.“ Warum haben sie nicht schön gesungen? War das disharmonisch? Bestimmt nicht. Aber Gott sagt: „Ich bin euren Feiertagskram leid, mir braucht ihr keine Gottesdienste zu feiern, wenn Gehorsam fehlt.“ Das ist der zweite Punkt: Aufbruch zum Gehorsam.
Es hilft niemandem, wenn man das Evangelium heute billig verkauft und den Menschen sagt: „Komm zu Jesus, es kostet nichts.“ Das stimmt nicht. Es kostet sehr viel. Jesus sagt: „Rechne die Kosten durch!“ Wir helfen nicht bei der Evangelisation, wenn wir die Eintrittsbedingungen zu niedrig ansetzen. Der schmale Weg wird nicht verbreitert, und die enge Pforte bleibt, wie sie ist.
Jesus sagt: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst.“ Aber nicht, weil Jesus uns etwas von der Lebensfreude nehmen will, sondern weil er uns die volle Freude geben will. Interessant ist, dass gerade das das Attraktive am Evangelium über die Jahrhunderte war, auch bei den Vätern der süddeutschen Gemeinschaft. Sie forderten eine radikale Bekehrung, dass ihr eure Leiber hingebt, nicht nur leere Worte.
Nicht nur kurz die Arme hochheben und wedeln, sondern das musst du mit deinem Leben bewähren. Oft sehe ich es als Vorteil, dass man bei Evangelisationen nicht immer vortreten muss. Es hat viele Vorteile, aber manchmal muss man auch sagen: „Jetzt gehst du nach Hause, bringst zuerst deine Dinge in Ordnung, und dann kommst du und folgst Jesus nach.“ Versöhne dich mit deinem Bruder, leg die dunklen Dinge ab.
So wie Zachäus zuerst seine Kunden in Ordnung bringt und das Schwarzgeld wegschafft, gibt es einen unvernünftigen Gottesdienst. Auch wenn man heute oft hört, wie das versucht wird. Ich war einmal entsetzt, als es im gesegneten Jugendwerk vom Weiglehaus in Essen hieß, eine Predigt dürfe heute höchstens sieben Minuten dauern. Nein, mit sieben Minuten kann man keinen Menschen erreichen. Das ist kein Aufbruch, das ist Abbruch.
Ich erinnere mich noch, als ich im Weiglehaus in Essen war. Zuerst dachte ich, die Billardtische und das tolle Programm seien das Wichtigste. Der Intelligenzclub war vorbildlich, und es gab Hunderte von Mitarbeitern. Nach dem Gottesdienst gingen sechshundert junge Leute auf die Knie und bildeten eine Gebetsgemeinschaft. Sie beteten: „Rede, Herr, dein Knecht hört. Herr, ich will mich dir ganz geben.“
Aufbruch, da muss es anfangen! „Ich will mich dir ganz aufs Neue weihen, nicht mit irgendwelchen Mätzchen, sondern ich will mich dir aufs Neue weihen. Mein Mund, mein Geld, mein ganzes Denken, mein Tun sei dir, Jesus, geweiht. Ich will mich ganz dir hingeben.“ Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.
Und ihr, liebe Schwestern und Brüder, das ist euer Vorteil in unserem Pfarrdienst. Wir reden oft von der Kanzel herunter. Ich finde es toll bei Gemeinschaftsleuten, dass sie mit beiden Beinen im Leben stehen, im Ort bekannt sind und ein ganzheitliches Zeugnis geben – vom Geschäft, vom Familienleben, vom Umgang mit den Nachbarn, so wie man sich begegnet im Ort.
Das ist unser Gottesdienst: Wir wollen ihm ganz ergeben sein.
Drittens: Habt den Mut, anders zu sein! Habt den Mut, anders zu sein und euch nicht dieser Welt gleichzustellen! Immer wieder haben wir Probleme, wenn uns jemand sagt, wir wirken etwas fremd. Oft meinen wir, wir müssten uns an die Welt anpassen, um mit dem Evangelium richtig anzukommen. Nein, wir sollten echt und menschlich sein, aber stellt euch nicht dieser Welt gleich!
Wir müssen immer wieder daran denken: Auf allen Gebieten ist uns die Welt überlegen – beim Sport, bei der Kunst, bei der Musik, beim Theater. Überall können wir nie mithalten. Wir als Gemeinschaftsleute sind nur an einem Punkt unschlagbar: Wenn wir beim Weitersagen des Wortes Gottes bleiben.
Wenn wir das Geschäft nicht mehr können, dann sollen wir einen Laden dichtmachen. Aber das soll so sein, dass wir selbst vom Wort Gottes bewegt sind, dass wir brennen und bis ins Gewissen getroffen werden. Es ist furchtbar, wenn das langweilig ist und abstößt. Wie soll man jemanden in so einem „Ofen“ vorlocken?
Wir können nur einen Dienst richtig machen, und auf den wollen wir unsere ganze Kraft konzentrieren: So von Jesus zu reden, wie er zu uns geredet hat.
Ich denke an den Anfang der Gemeinschaftsbewegung im Siegerland. Dort hatten die Pfarrer Sorge, etwa in Freudenberg, als die ersten Stunden-Leute dort waren. Das waren Handwerker, die von Wuppertal in ihren Heimatort zurückkamen. Der Pfarrer schrieb das Konsistorium an und warnte: „Das ist eine gefährliche Sache, da treffen sie sich heimlich über der Bibel, das ist höchst verdächtig.“
Daraufhin wurde der Bürgermeister beauftragt, Untersuchungen anzustellen. Er schickte einen Polizisten, der sich an einem Sommerabend heimlich im Garten unter offene Fenster schlich, um zu lauschen, was dort verhandelt wurde – in dieser heimlichen Konventikelsache, dieser pietistischen Sache.
Was passierte? Nach ein oder zwei Kontrollspitzeldiensten unterm offenen Fenster ging der Polizist in die Versammlung hinein und sang fröhlich mit: „Mir ist Erbarmen widerfahren, Erbarmen, deren ich nie werde.“ Sein Herz wurde getroffen.
Dann setzte sich der Bürgermeister selbst unters Fenster und lauschte. Es dauerte etwas länger, weil er von der hohen Position kam. Doch dann half Gott nach: Sein Sohn wurde todkrank, und die Brüder und Schwestern kamen an das Krankenbett und beteten. So öffnete sich das Herz dieses Mannes.
Wisst ihr, dass Jesus Menschen zieht? Wir wollen uns nicht anbieten, wir wollen aufbrechen – aber wir wollen aufbrechen von der Sache her, wo es nötig ist, um Jesu Willen.
Und noch ein Letztes: Bleibt flexibel! Das ist mir ganz wichtig. Als ich als Missionsleiter tätig war, war ich so glücklich, dass ich den Talar auszog. Ich predige heute meist ohne Talar, auch wenn ich in einer Kirche predige. Seid froh, dass ihr das nicht tragen müsst – so ein schwarzes Ding.
Es gibt viele Riten und Symbole. Wir wollen sie nicht bekämpfen oder dagegen sein, aber es ist eine bittere Tatsache, dass heute viele Menschen, die um uns leben, nur Riten, Symbole und Traditionen kennengelernt haben.
Seid von der Gemeinschaft her bitte so flexibel! Was heißt das? Biegsam, elastisch. Seid so elastisch, dass ihr eure Versammlungen so gestaltet, dass sie echt und glaubwürdig rüberkommen – nicht in kirchlicher Feierlichkeit, sondern direkt im Zeugnis, so wie wir es erlebt haben.
Ich habe in den letzten Wochen überlegt, wo es im Neuen Testament Modelle vom Aufbruch der Gemeinde gibt. Es gibt keine. Im Neuen Testament wird kein Modell erwähnt, wie Gemeinde aussehen soll. Es gibt keine Systeme.
Heute gibt es viele Systeme und eine Unzahl von Büchern. Ich weiß nicht, ob das richtig ist. Ich denke immer wieder an die große Freiheit, flexibel den Dienst zu gestalten, Menschen einzuladen und das Evangelium in großer Freude zu verkünden.
Ich habe immer wieder gestaunt, wie erfinderisch die Leute waren. Wie man gesungen hat und wie es den jungen Leuten Spaß gemacht hat, Musik zu machen – nicht um anzukommen, sondern weil es echt rüberkam als Lebenszeugnis, so wie die ersten Christen sich einfach trafen, beieinander waren, in der Freude und Anteilnahme.
Vor ein paar Wochen war ich in einer Gemeinschaft zu einigen Vorträgen eingeladen. Dort war ich überrascht: Der Leiter der Gemeinschaft lud mich zum Abendbrot in der Küche ein – richtig gemütlich.
Er erzählte, dass er Schuhmacher war und von den großen Spannungen in der Gemeinde, die dazu führten, dass sie sich zurückziehen mussten. Heute ist das ein Schnitt, weil man merkt: „Wir sind uns nicht mehr eins in Jesus. Verkündigung trennt uns.“
Dann begannen sie ihre Gemeinschaft. Sie wurden ausgegrenzt und verpönt. Was machten sie? Sie nahmen sich der drogensüchtigen Menschen an. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich weiß nicht, wie viele junge Leute in der Gemeinschaft waren.
Sie berichteten, dass einer sieben Jahre Alkohol- und Drogensüchtiger war und plötzlich frei wurde. Der Schuhmacher erzählte: „Ich bin jeden Abend unterwegs, sitze bei jungen Leuten und lese mit ihnen die Bibel. Ihr könnt gar nicht wissen, welch ein Hunger nach Jesus in dieser Welt lebt.“
Lasst uns aufbrechen, flexibel und elastisch auf die Menschen zugehen! Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist – nämlich das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene.
Seid Jesu Zeugen! Dann erlebt, was Jesus verheißen hat: Dass das Wachstum des Wortes Gottes, jedes Samenkorn, das gepflanzt ist, aufgeht und vielfältig Frucht bringt.
Wir wollen beten: Lieber Herr Jesus Christus, wir danken dir, dass du deine Gemeinde baust – auch mit unseren Schwachheiten, Mängeln und Fehlern. Du bist der Macher seit zweitausend Jahren. Du hast immer wieder mit unfähigen Werkzeugen gearbeitet.
Wir bitten dich dennoch um eine Erweckung, um neues Leben – nicht um Spektakuläres, sondern um den Bau deines Reiches, in das wir als lebendige Steine hineingebaut werden.
Wir bringen dir besonders die Orte, aus denen wir kommen, und die Menschen, die uns anvertraut sind. Ja, wir wollen alles nur für dich. Wir wollen uns ganz neu dir zur Verfügung stellen, damit auch bei uns in Deutschland und Europa deine große Ernte eingebracht wird.
Dass Menschen gerettet werden und nicht verloren gehen. Amen.
Aufbruch zum Gehorsam und radikaler Nachfolge
Das ist der zweite Punkt: Aufbruch zum Gehorsam. Es hilft niemandem, wenn man das Evangelium heute billig verkauft und den Menschen die Einladung ausspricht: „Kommt zu Jesus, es kostet nichts.“ Das stimmt so nicht, es kostet sehr viel.
Jesus sagt: Rechne die Kosten durch. Dabei helfen wir nicht bei der Evangelisation, wenn wir die Eintrittsbedingungen zu niedrig ansetzen. Der schmale Weg wird nicht verbreitert, und die enge Pforte wird nicht ausgehängt – sie bleibt, wie sie ist. Jesus sagt: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst.
Das geschieht jedoch nicht, weil Jesus uns etwas von der Lebensfreude wegnehmen möchte, sondern weil er uns die volle Freude geben will. Es ist interessant, dass gerade diese Radikalität im Evangelium durch die Jahrhunderte hindurch attraktiv war, auch bei den Vätern der süddeutschen Gemeinschaft. Sie forderten eine echte, radikale Bekehrung – dass ihr eure Leiber hingebt, nicht nur leere Worte von euch gebt.
Es geht nicht darum, nur kurz die Arme hochzuheben und zu wedeln. Das musst du mit deinem Leben beweisen. Ich finde es oft gar nicht nachteilig, dass man bei Evangelisationen nicht immer sofort vortreten muss. Das hat viele Vorteile. Es kann auch sein, dass man sagen muss: „Geh jetzt nach Hause, bring zuerst deine Dinge in Ordnung, und dann komm und folge Jesus nach. Versöhne dich mit deinem Bruder, leg die dunklen Dinge ab.“
So wie Zachäus zuerst seine Kunden in Ordnung bringt und das Schwarzgeld wegschafft, gibt es auch einen vernünftigen Gottesdienst.
Heute hört man oft, wie versucht wird, die Predigtzeit zu verkürzen. Ich war einmal entsetzt, als im gesegneten Jugendwerk vom Weiglehaus in Essen – einst Jugendpfarramt Weigle, später unter Wilhelm Buste und Großen Dienst – einer seiner Nachfolger sagte, eine Predigt dürfe heute höchstens sieben Minuten dauern. Nein, mit sieben Minuten kann man keinen Menschen erreichen. Das ist kein Aufbruch, das ist Abbruch.
Ich erinnere mich noch, als ich im Weiglehaus in Essen war. Zuerst dachte ich, die Billardtische, das tolle Programm und der Intelligenzclub seien das Wichtigste. Sie waren vorbildlich, mit Hunderten von Mitarbeitern. Doch nach dem Gottesdienst knieten sechshundert junge Leute nieder und bildeten eine Gebetsgemeinschaft. Sie beteten: „Rede, Herr, dein Knecht hört, kniend. Herr, ich will mich dir ganz geben. Aufbruch!“
Da muss es anfangen. „Ich will mich dir ganz aufs Neue weihen, nicht mit irgendwelchen Mätzchen, sondern ich will mich dir aufs Neue weihen. Mein Mund, mein Geld, mein ganzes Denken, mein Tun sei dir, Jesus, geweiht. Ich will mich ganz dir hingeben.“
Das soll euer vernünftiger Gottesdienst sein. Und ihr, liebe Schwestern und Brüder, das ist euer Vorteil in unserem Pfarrdienst. Wir reden oft von der Kanzel herunter. Ich finde es so schön bei Gemeinschaftsleuten, dass sie mit beiden Beinen im Leben stehen, dass man sie im Ort kennt und dass ihr Zeugnis ganzheitlich ist – vom Geschäft her, vom Familienleben, vom Umgang mit den Nachbarn, so wie man sich im Ort begegnet.
Das ist unser Gottesdienst: Wir wollen ihm ganz ergeben sein.
Mut zur Andersartigkeit und authentischem Zeugnis
Und drittens: Habt den Mut, anders zu sein! Habt den Mut, anders zu sein, und stellt euch nicht dieser Welt gleich!
Wir haben ja immer wieder Probleme, wenn uns jemand sagt, wir wirken etwas fremd. Wisst ihr, das ist oft gar nicht so wichtig für die Welt und die Menschen, die uns umgeben. Wir meinen, wir müssten uns an die Welt anpassen, um mit dem Evangelium richtig anzukommen. Nein, wir sollten natürlich echt und menschlich sein, aber stellt euch nicht dieser Welt gleich!
Wir müssen immer wieder daran denken: Auf allen Gebieten ist uns die Welt überlegen – beim Sport, bei der Kunst, bei der Musik, beim Theater, überall. Wir können nie mithalten. Wir als Gemeinschaftsleute sind nur an einem Punkt unschlagbar: wenn wir dabei bleiben, das Wort Gottes weiterzusagen.
Wenn wir das nicht mehr können, dann sollen wir einen Laden dichtmachen. Aber das soll so sein, dass wir selbst vom Wort Gottes bewegt sind, dass wir brennen und bis ins Gewissen hinein getroffen sind. Es ist ja furchtbar, wenn das langweilig ist und abstoßend. Wie soll das jemand in den Ofen locken?
Wir können nur einen Dienst richtig machen, und auf den wollen wir unsere ganze Kraft konzentrieren: Wir wollen so von Jesus reden, ja so, wie er zu uns geredet hat.
Ich denke dabei an den Anfang der Gemeinschaftsbewegung im Siegerland einst. Dort hatten die Pfarrer in Freudenberg zum Beispiel Sorge, als die ersten Stunden Leute dort waren. Das waren Handwerker, die von Wuppertal wieder in ihren Heimatort zurückkamen. Dann schrieb der Pfarrer an das Konsistorium und sagte, das sei eine gefährliche Sache. In einem Haus träfen sie sich höchst verdächtig über der Bibel.
Daraufhin wurde zuerst der Bürgermeister beauftragt, Untersuchungen anzustellen. Er schickte einen Polizisten, der natürlich geschickt war. Es war ein Sommerabend. Der Polizist schlich sich im Garten unter offene Fenster und lauschte, was sie da oben verhandelten in dieser heimlichen Konventikelsache, dieser pietistischen Sache.
Was ist passiert? Nach ein oder zwei Kontrollspitzeldiensten unterm offenen Fenster bei dieser Versammlung ging der Polizist hinein und sang fröhlich mit: „Mir ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung deren ich nie werde.“ Es hat sein Herz getroffen.
Dann machte sich der Bürgermeister selbst auf, setzte sich unters Fenster und lauschte. Bei ihm dauerte es etwas länger, das kam von seiner hohen Position her. Aber dann half Gott nach: Sein Sohn wurde todkrank, und die Brüder und Schwestern kamen an das Krankenbett und beteten. Darüber öffnete sich das Herz dieses Mannes.
Wisst ihr, dass Jesus Menschen zieht? Wir wollen uns doch nicht nur anbieten, wir wollen aufbrechen. Aber wir wollen aufbrechen von der Sache her, wo es nötig ist, um Jesu Willen.
Flexibilität und Echtheit in der Gemeindearbeit
Und noch ein letztes: Bleibt flexibel, bleibt flexibel! Das ist mir ganz wichtig. Seitdem ich als Missionsleiter tätig bin, war ich so glücklich, dass ich den Talar ausgezogen habe. Ich predige heute meist ohne Talar, auch wenn ich in einer Kirche predige. Seid bloß froh, dass ihr das nicht tragen müsst – so ein schwarzes Ding!
Es gibt so viele Riten und Symbole. Wir wollen sie nicht bekämpfen und nicht dagegen sein. Aber es ist eine bittere Tatsache, dass heute viele Menschen, die um uns leben, nur Riten, Symbole und Traditionen kennengelernt haben.
Seid in der Gemeinschaft bitte so flexibel! Was heißt das denn? Biegsam, elastisch. Seid so elastisch, dass ihr sagt: Wir wollen unsere Versammlungen so gestalten, dass sie echt rüberkommen, glaubwürdig sind – nicht mit kirchlicher Feierlichkeit, sondern direkt im Zeugnis, so wie wir es erlebt haben.
Ich habe mir in den letzten Wochen viele Gedanken gemacht, wo es im Neuen Testament Modelle vom Aufbruch der Gemeinde gibt. Es gibt keine! Im Neuen Testament wird kein Modell erwähnt, wie Gemeinde aussehen soll. Es gibt keine Systeme.
Heute gibt es so viele Systeme und eine Unzahl von Büchern. Ich weiß nicht, ob das richtig ist. Ich denke immer wieder an die große Freiheit, flexibel den Dienst zu gestalten, Menschen einzuladen und das Evangelium in großer Freude zu verkünden.
Ich habe immer wieder gestaunt, wie erfinderisch die Leute waren: Wie man gesungen hat und wie es den jungen Leuten Spaß gemacht hat, Musik zu machen. Nicht um anzukommen, sondern weil es echt rüberkam – als Lebenszeugnis. So wie die ersten Christen sich einfach trafen und beieinander waren, in der Freude und im Teilen, wo man sich umeinander gekümmert hat.
Vor ein paar Wochen war ich in einer Gemeinschaft eingeladen zu einigen Vorträgen. Da war ich schon überrascht. Der Leiter der Gemeinschaft hat mich zum Abendbrot in der Küche eingeladen. Das war richtig gemütlich. Dann erzählte er, dass er Schuhmacher war und von den großen Spannungen, die es in der Gemeinde gab, und wie sie sich dann zurückziehen mussten.
Das ist heute ein Schnitt, weil man plötzlich merkt: Wir sind uns nicht mehr eins in Jesus. Verkündigung trennt uns. Dann haben sie angefangen mit ihrer Gemeinschaft. Sie wurden geschnitten und waren verpönt.
Was haben sie gemacht? Sie haben sich plötzlich der Suchthilfe für Rauschgiftsüchtige angenommen. So etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt. Ich weiß gar nicht, wie viele da in der Gemeinschaft waren – lauter junge Leute.
Und da sagen sie: Er war sieben Jahre alkohol- und drogensüchtig und ist in einem Augenblick frei geworden. Dann erzählt der Schuhmacher, er sei jeden Abend unterwegs und sitze irgendwo bei jungen Leuten, liest mit ihnen die Bibel.
Ihr könnt gar nicht wissen, welch ein Hunger nach Jesus in dieser Welt lebt. Lasst uns aufbrechen, flexibel und elastisch auf die Menschen zugehen!
Abschluss: Aufbruch durch Erneuerung und Zeugnis
Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch die Erneuerung eures Sinnes. So könnt ihr prüfen, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene.
Seid Jesu Zeugen! Dann erlebt das, was Jesus verheißen hat: dass das Wachstum des Wortes Gottes jedes Samenkorn, das gepflanzt ist, aufgehen lässt und vielfältige Frucht bringt.
Wir wollen beten: Lieber Herr Jesus Christus, wir danken dir, dass du deine Gemeinde baust – auch mit unseren Schwachheiten, Mängeln und Fehlern. Du bist der Macher seit zweitausend Jahren. Immer wieder hast du mit unfähigen Werkzeugen gearbeitet.
Dennoch bitten wir dich um eine Erweckung, um neues Leben. Nicht um Spektakuläres, sondern um den Bau deines Reiches, in das wir hineingebaut werden als lebendige Steine. Besonders bringen wir dir die Orte, aus denen wir kommen, und die Menschen, die uns anvertraut sind.
Ja, wir wollen alles nur für dich geben. Wir stellen uns ganz neu dir zur Verfügung, damit auch bei uns in Deutschland und Europa deine große Ernte eingebracht werden kann. Dass Menschen gerettet werden und nicht verloren gehen. Amen!
