Der heutige Gottesdienst wird vom Evangeliumsrundfunk aufgezeichnet und am Totensonntag ausgestrahlt. Halten wir heute also einen Gottesdienst zum Totensonntag?
Ich habe gedacht, dass uns dieses Wort heute besonders gut tun könnte. Vielleicht will Gott auch hier zu uns etwas Wichtiges und Bleibendes sagen.
Zunächst darf ich Ihnen die Abkündigungen mitteilen: Am nächsten Sonntag findet abends um 18 Uhr wieder eine Evangelisation statt. Manche von Ihnen wissen vielleicht gar nicht, wie hilfreich es sein kann, wenn wir Menschen einladen – auch Angehörige aus unseren Familien. Diese Evangelisation ist eine ganz unkonventionelle Form der Verkündigung des Evangeliums.
Wir freuen uns, dass der bekannte Liedermacher Manfred Siebald zu Beginn dabei sein wird. Darf ich Sie bitten, dafür einzuladen? Am Ausgang werden kleine grüne Zettel verteilt. Wenn Sie ein ganzes Bündel mitnehmen und in Ihrem Bekanntenkreis bewusst dazu einladen, tun Sie damit einen großen Dienst.
Nehmen Sie die Zettel bitte am Ausgang an der Tür mit.
Das heutige Opfer ist für den Evangeliumsrundfunk bestimmt. Wir grüßen auch den Techniker und den Redakteur, die heute bei uns sind, und freuen uns immer wieder über den Dienst, der hier geleistet wird.
Einleitung und Hinweise zum Gottesdienst
Wir erheben uns.
Bestattet wurde in unserer Gemeinde in der vergangenen Woche Herr Hermann Bussee, 75 Jahre, Berufsberater im Unteren Kienle 14. Wir hörten das Wort: „Tragt einer des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Und jetzt nehmen wir Platz. Ich darf auch noch darauf hinweisen, dass wir nach dem Segen, ohne dass ich etwas sage, noch einmal Platz nehmen. Das Orgelnachspiel wird wahrscheinlich noch ein Stück weit dauern. Es sollte dann noch einmal ruhig sein, wenn Sie nach dem Segen noch einmal Platz nehmen, bis die Techniker uns hinten ein Zeichen geben.
Nun wollen wir mit dem Gottesdienst beginnen. Jetzt ist Jesus als der Herr mitten unter uns und auch bei denen, die über das Radio mit uns verbunden sind. Keiner von uns lebt für sich selbst, und keiner von uns stirbt für sich selbst. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, ob wir leben oder sterben, wir gehören dem Herrn.
Wir wollen miteinander das Lied „Morgenglanz der Ewigkeit“ singen, Nummer 349, den ersten Vers sowie die beiden letzten Verse vier und fünf.
Wir bitten: Lieber Herr, das ist unsere Bitte jetzt, dass doch dein Lichtschein hineinfalle in unsere Welt des Todes. Wir sind oft bedrückt und traurig, wenn wir erleben, wie die Schatten des Todes uns bedecken. Wir leiden unter der Trauer. Wir sind verzagt und mutlos, wenn wir sehen, wie um uns herum gestorben wird und wenn wir auch die Zeichen des Todes an unserem eigenen Leib erkennen.
Herr, da gib uns heute dein Licht, das die Macht des Todes zerbricht! Du kannst heute alle Bekümmerten, Trauernden und Leidgeprüften aufrichten und trösten. So lass jetzt keinen unter uns sein, mit dem du nicht redest, der nicht sein Haus bestellt und der nicht bereit ist auf deine große Zukunft hin, auf deine Ewigkeit, wann du uns auch rufst.
Wir wollen dir jetzt, lieber Herr, in der Stille alles sagen, was uns bekümmert. Danke, Herr, dass du Worte ewigen Lebens hast. Amen.
Die Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde
Wir lesen aus Offenbarung 21, Verse 1 bis 8. Dort wird uns ein Blick in die Zukunft gezeigt. Das macht die Christen so froh, denn sie können weit hinausblicken über die Schrecken des Todes hinweg.
„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen, und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst wird Gott mit ihnen sein. Ihr Gott wird bei ihnen sein, und Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen. Der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der, der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. Und er sprach: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss. Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein. Die Feigen aber und Ungläubigen und Frevler und Mörder und Unzüchtigen und Zauberer und Götzendiener und alle Lügner – deren Teil wird in dem Pfuhl sein, der mit Feuer und Schwefel brennt. Das ist der zweite Tod.“
Liebe, wir singen das Lied „Brichereien, Süsserschein, Selger, Ewigkeit“, Nummer 576, alle vier Verse.
Die Kraft des Evangeliums gegen den Tod
Für unsere Predigt heute habe ich nur einen Satz ausgesucht, der uns begleiten soll. Damit wir ihn behalten können, steht er im zweiten Timotheusbrief Kapitel 1 Vers 10: Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen und das Leben sowie ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium.
Das müssen Sie einmal miterleben, liebe Schwestern und Brüder, wenn wir Mittwochabend unseren Jugendbibelkreis haben. Junge Leute tauschen sich dort frisch und lebendig darüber aus, was sie im Bibelwort entdecken. Dabei herrscht immer eine fröhliche Atmosphäre.
Gerade beschäftigen wir uns mit der Missionsreise des Paulus, als er in das Gebiet der heutigen Türkei kam, nach Antiochien in Pisidien. Es hat uns beeindruckt, wie Paulus es verstand, großen Wirbel zu machen. Die Leute strömten zusammen, fast die ganze Stadt war da. Natürlich gab es auch Demonstranten und Protestierer. Es kam zu ärgerlichen Zwischenrufen.
Doch dann wird erzählt, dass unter diesen Heiden einige gläubig wurden. Was uns in unserem Bibelkreis am letzten Mittwoch besonders beeindruckt hat, war die Formulierung, die Lukas verwendet. Er sagt nicht einfach, die Menschen wurden gläubig. Stattdessen berichtet er: Als die Heiden das Evangelium hörten, wurden sie froh, priesen das Wort Gottes und wurden gläubig.
Das Erste war also die Freude, bevor sie gläubig wurden. Sie wurden fröhlich. Das ist genau das, was junge Leute hören wollen: Dass vom Evangelium Freude ausgeht und es lebendig macht. Das ist wirklich die erste Lebensäußerung. Im Glauben ist Freude, daran kann man erkennen, ob man Christ ist.
Das wollen ja nicht nur junge Leute hören. Das könnte auch das Wort für Sie heute sein. Es erinnert daran: Wenn Sie das Evangelium hören und gläubig werden, dann muss man das an der Freude spüren. So wie damals in der Stadt Antiochien. Man spürt förmlich, wie die Menschen aufatmen, ganz erleichtert sind, weil Lasten von ihnen abfallen.
Was sie bedrückt hat, ist plötzlich nicht mehr schwer und schlimm. Sie sind richtig erleichtert und froh geworden durch das Evangelium.
Die Realität der Trauer und die Hoffnung im Evangelium
Immer wenn ich in der Straßenbahn sitze, hat man ja Zeit, ein wenig die Gesichter der Leute zu beobachten. Schauen Sie sie mal an: Wie viele blicken da traurig und ernst drein! Wahrscheinlich ist das das Kennzeichen so vieler Menschen um uns herum. Sie sind bedrückt und belastet.
Und das kann ja auch heute Morgen bei uns so sein, hier in diesem Gottesdienst oder wo wir diesen Gottesdienst mitfeiern, dass wir bedrückt und belastet sind. Es gibt viele traurige Leute, die sagen: Mein Leben ist zerstört, seitdem ein Mann gestorben ist. Ich kriege keinen Boden mehr unter die Füße.
Und dann soll heute bei uns Folgendes geschehen: Wenn Sie das Wort hören, werden Sie froh. Das soll heute passieren. Davon wollen wir jetzt reden. Und ich möchte an diesem schönen Wort des Apostels Paulus Ihnen drei Dinge wichtig machen.
Zuerst: Keiner muss jetzt mehr den Kopf hängen lassen. Keiner muss jetzt mehr den Kopf hängen lassen. Ja, das ist der Grund, warum wir auch so wild darauf sind, allen Menschen in der Welt das Wort oder das Evangelium zu sagen. Das treibt uns um, dass es keinen Flecken mehr auf dieser Welt geben darf, wo nicht das Evangelium gepredigt wird.
Manchmal sagt einer dann: „Ja, sag mal, warum seid ihr so wild zu missionieren? Lasst doch die Buddhisten oder diese Moslems oder auch die Freidenker in Ruhe, zwingt ihnen doch nichts auf!“ Nun ja, aufzwingen wollen wir ihnen nichts. Aber wir wissen doch, dass es nichts gibt, was Menschen froh macht als das Evangelium.
Und es gibt nichts gegen die unheimliche Terrorherrschaft des Todes. Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen, niemand sonst. Das müssen doch die Menschen wissen. Wir müssen es doch allen weitersagen.
Die Bedeutung der Verkündigung des Evangeliums
Ich möchte heute einmal in der Predigt dieses Wort auslegen und dabei von hinten herangehen. Vielleicht fällt Ihnen dann erst auf, dass Paulus hinzufügt: Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen – und zwar durch das Evangelium. Was ist damit gemeint?
In einer neueren Übersetzung der Bibel heißt es, und das ist richtig übersetzt: Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen durch die Verkündigung der Heilsbotschaft. Die Schrecken des Todes werden überall dort durchbrochen, wo das Evangelium verkündigt wird. Dort gibt es keine Trauer mehr, dort werden Menschen froh.
Ich kann Ihnen das ganz praktisch erklären. Ich muss ja von Berufs wegen immer wieder auf den Friedhof. Vielleicht packt mich das Grauen des Todes mehr als Sie. Wenn man am Krematorium an den Särgen vorbeigeht, lässt mich das nie kalt. Ich will das auch nie berufsmäßig tun. Wenn ich dort stehen muss und predigen, ist es doch furchtbar, dass Menschen sterben. Was soll man da sagen? Es gibt doch gar nichts.
Am liebsten – Sie kennen das doch – sagen wir nur den stillen Händedruck, das Mitgefühl, das wir den Trauernden zeigen als etwas Menschliches, Symbolisches. Nein, es gibt etwas viel, viel Stärkeres: das Evangelium. Und da beobachte ich immer wieder bei den Trauerfeiern, die wir dort halten, dass es irgendwo unter die Haut geht. Wenn dann noch die Orgel anfängt, zieht das an den Gefühlen.
Ich finde es auch schlimm, dass man da sitzen muss und auf den Sarg starren soll. Und dann machen wir den Mund auf und predigen das Evangelium. Und plötzlich sind die Schrecken des Todes durchbrochen durch das Evangelium. Da wird dem Tod die Macht genommen – durch das Evangelium.
Wissen Sie, welche Kraft in dem evangelischen Evangelium vom Sieg Jesu über die Macht des Todes steckt? Von seiner Auferstehung und dem Trost, den er denen gibt, die an ihn glauben?
Ich könnte Ihnen jetzt lange erzählen von Erlebnissen, die ich bei schweren Bestattungen hatte. Viele Jahre her war das, da war das einzige Kind gestorben. Es war durch das Medikament Contergan verkrüppelt geboren worden und starb dann. Es sollte eine Beerdigung gehalten werden.
Ich sagte zu den Eltern: Das machen wir ganz einfach. Ich lese ein Lied, ich lese einen Abschnitt aus der Bibel. Ich kann da nicht reden, das schaffe ich nicht. Das stehe ich menschlich nicht durch, da gehen mit mir auch die Gefühle durch. Die Eltern sagten: Wir wollen eine Ansprache haben, auch wenn wir nur im ganz kleinen Kreis sind.
Ich hatte so furchtbare Angst. Wenn man das so miterlebt – wissen Sie, das ist das Schwerste: wenn eine Mutter sich über das Kindersäuglein beugt und man es dann hergeben soll. Und da soll man noch ein Wort reden, ein Zeugenwort. Da meint man, die Stimme versagt und das Herz geht einem immer.
Und dann spricht man die ersten Worte: Gelobt sei Gott, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit neugeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Und da stehen die Eltern. Man kann ihnen in die Augen sehen und von der Freude, der Zuversicht und der Hoffnung der Christen am Grab reden.
Ich hoffe, dass Sie in Ihrem Leben Raum dem Evangelium geben. Dass Sie in den Trauerzeiten Ihres Lebens hinhören. Oder wenn Sie sich rüsten in einer schweren, kranken Zeit auf Ihr eigenes Sterben, dann geben Sie Raum dem Evangelium. Es zerbricht die Macht des Todes.
Erfahrungen mit dem Evangelium bei Beerdigungen und im Sterben
Eine Beerdigung, die mir sehr schwerfiel
Eine Frau hatte sich unter sehr schlimmen Umständen das Leben genommen. Es gab ganz verworrene Familienverhältnisse. Zur Bestattung kamen sehr viele Menschen. Die Trauerfeier fand nicht hier, sondern auswärts statt. Die Halle auf dem Friedhof war überfüllt mit Menschen.
In solchen Momenten bin ich immer froh, dass ich nicht über die Menschen urteilen muss. Ich bin ja nicht der Oberschiedsrichter, der das Leben von Menschen beurteilen und Prämierungen oder Noten verteilen muss – wer war gut, wer schlecht oder fromm. Gott richtet. Meine Aufgabe ist es, das Evangelium für die zu verkünden, die kommen. Ich rede zu Lebenden.
Nachdem ich fertig war, kam der Vertreter des Personalrats nach vorne und wollte einen Nachruf halten. Sie wissen ja, wie Nachrufe normalerweise aussehen. Doch dieser sagte: "Kollegen, wir wussten alle nicht, wie ein Mensch um uns herum innerlich zerbrach." Dann bat er: "Bringt euer Leben mit Gott in Ordnung! Glaubt an Jesus Christus und setzt euch wieder hin!"
Dieses Bewegtsein in der Trauerfeier durch das Evangelium war spürbar. Da wurde etwas vom Trost sichtbar.
Freimütig will ich Ihnen sagen: Ich bin kein guter Tröster. Ich kann das nicht. Das Evangelium ist ein guter Tröster. Sie müssen dem Evangelium Raum geben. Dann singen Sie in Ihrer Trauer die großen Trostlieder, den Schatz, den wir in unserem Gesangbuch haben. Lesen Sie die Worte Gottes und lassen Sie sich informieren über den Sieg Jesu, den er über den Tod errungen hat.
Wenn wir Kranke auf ihrem letzten Weg begleiten, möchte ich Ihnen Mut machen, die Mediziner manchmal zurückzudrängen. Es ist schön und gut, was sie alles können. Aber es gibt Augenblicke, da wissen wir: Jetzt geht es zum Sterben. Dann sagen wir: "Herr Doktor, jetzt lassen Sie uns mal ganz allein. Wir wollen Zeit haben zum Beten."
Rufen Sie den Sterbenden Gottesworte zu, Bibelworte, das Evangelium. Was ist das, wenn uns die ganze Kraft genommen wird und wir in das Todestal geführt werden? Da möchte ich jemanden an meinem Bett sitzen haben, der mir Gottes Worte sagt – das Evangelium, das die Macht des Todes zerbricht.
Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen durch das Evangelium. Wo es verkündigt wird, hat der Tod keine Macht mehr. Wie kann das aufrichten, trösten und erquicken! Wenn wir nur die ganz bekannten Worte sagen: "Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein." Haben Sie schon erlebt, wie Schwerkranke danken und ihre Hand drücken, wenn sie nicht mehr reden können?
Und: "So du durchs Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen." Lernen Sie Bibelworte auswendig, damit Sie sie parat haben in den Stunden, wenn es kommt. Oder: "Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen", spricht der Herr, dein Erbarmer.
Es leben um uns herum viele Menschen, die Angst vor dem Sterben haben. Sie reden nicht darüber, auch unsere Schwerkranken nicht. Aber sie wissen es zuallererst: Wenn man so schwer krank wird, dann kann es jetzt zum Sterben gehen.
Wie gut wäre es, wenn wir dann das Evangelium beim Krankenbesuch sagen! Warum sind wir so feig? Warum genieren wir uns so? Sagen Sie doch: "Ich will Ihnen noch einen Vers vorlesen aus meinem Neuen Testament. Den habe ich Ihnen mitgebracht. Das ist mir das Wichtigste."
Die Trostworte, die wir selbst fabrizieren, sind oft kraftlos und schwach. Aber das Evangelium nimmt dem Tod die Macht. Sie haben die Möglichkeit, dem Tod die Macht wegzunehmen, dort, wo er zugeschlagen hat – in die Trauerhäuser hineinzugehen, Briefe zu schreiben, Menschen fröhlich und zuversichtlich zu machen.
Das ist unser Amt und unser Auftrag in der Verzweiflung und Traurigkeit der Welt heute – einer Welt, die keine Hoffnung hat.
Die Realität des Todes und die christliche Perspektive
Aber nun ein zweites: Das erste war, dass keiner den Kopf hängen lassen muss. Das zweite ist, dass der Tod umfunktioniert ist. Ja, wir Christen wechseln manchmal sehr schnell zwischen dem Grauen des Todes und der großen Zuversicht. Manche können gar nicht so schnell umschalten.
Wir wollen uns nicht über die Schrecken des Todes hinwegmogeln. Gerade in unserer Zeit, in der so wenig über das Sterben gesprochen wird, wollen wir ganz offen und ehrlich sagen, dass das Sterben die schlimmste Bewährungsprobe des Lebens ist. Und da kann keiner von sich aus bestehen. Selbst wenn jemand stolz sagt: „Das schaffe ich, das meistere ich“, schafft er es nicht.
Vor zwei Jahren habe ich in unserem Gemeindeblatt einen Artikel geschrieben: „Die letzten Stunden vor der Hinrichtung“. Darin habe ich das Leben der Menschen beschrieben, die in der Todeszelle sitzen. Oh, das gab erregte Briefe! Ein Krankenhauspfarrer schrieb mir, er könne das Gemeindeblatt nicht mehr verteilen, weil die Leute durchdrehen würden, wenn sie das lesen.
Ich sehe das anders. Ich halte es für wichtig, dass wir als Christen unseren Mitmenschen immer wieder sagen, was sie eigentlich doch wissen, nur nicht wahrhaben wollen: Wir leben in der Todeszelle. Und wenn immer die Schlüsselratten klappern, weiß man nicht, wer gerufen wird, wer der nächste ist. Die ganze Angst, die wir auch in diesen Tagen wegen der Gefahren aus der Umwelt beobachten, ist letztlich Todesangst. Wann kommt das Ende? Durch was vergifte ich mich? Wo kommt das Ende meines Lebens auf mich zu?
Gerade weil unsere Mitmenschen kaum noch vom Sterben her denken, reagieren sie oft komisch, wenn der Tod plötzlich kommt – manchmal fast albern, dann wieder mit völliger Verzweiflung. Deshalb wollen wir Christen offen immer wieder über den Ernst des Todes reden. Wir wollen sagen: Das Schlimmste am Sterben ist nicht einmal der biologische Tod, den der Mediziner Exitus nennt. Das Schlimmste am Sterben ist, dass Gott dem Tod so viel Macht gegeben hat.
Viele haben das nie begriffen. Sie sagen dann: „Ist Gott der größte Killer? Dann müssen wir gegen Gott protestieren.“ Ja, Gott hat dem Tod Macht gegeben, weil der Tod uns ins Gericht Gottes holt. Und das ist so schlimm, dass wir uns vor dem Sterben fürchten. Wenn ich über mein schuldiges Leben im Licht Gottes Rechenschaft geben muss, hat die Todesangst ihren Grund.
Und da liegt jetzt auch wieder das Wichtigste für uns Christen: Warum wir uns vor dem Tod nicht mehr fürchten. Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen. Der Tod kommt bei Christen nicht mehr als Henker. Er holt uns nicht mehr ins Gericht.
Nun muss ich einfach fragen: Haben Sie Ihr Leben mit Gott in Ordnung gebracht? Das ist das Wichtigste. Leben Sie im Frieden mit Gott? Ist alle Schuld Ihres Lebens vergeben? Sind Sie jeden Tag bereit, dass Gott Sie rufen kann? Dann brauchen Sie den Tod nicht mehr zu fürchten.
Dann geschieht bei Christen das Wunderbare: Selbst das biologische Sterben wird zum Heimgang zum Leben. Das ist eine ganz große Verwandlung. Dort wollen wir an die Sterbebetten treten und rufen: „Tod, du hast doch keine Macht mehr über den!“ Da ist doch einer, der Jesus gehört. Und dieser singt auch im Sterben in die offenen Arme Jesu zum Leben!
Philipp Spitta hat den schönen Vers gedichtet in dem Lied „Bei dir, Jesu will ich bleiben“:
Bleib mir dann zur Seite stehen,
Kauf mir vor dem kalten Tod,
Als dem kühlen, scharfen Wehen,
Vor dem Himmelsmorgen ruht.
Wird mein Auge dunkler drüber,
Dann erleuchte meinen Geist,
Dass ich fröhlich ziehe hinüber,
Wie man nach der Heimat reist.
Ach, ich wollte heute in den Dank ausbrechen: Herr Jesus, danke, dass du dem Tod bei mir die Macht genommen hast.
Und ich weiß nicht, wann meine Todesstunde kommt. Es interessiert mich auch nicht. Ich will jeden Tag bereit sein und dann zu dir eintreten in dein ewiges Reich.
Darum finden sich im Neuen Testament auch so wenige Sterbegeschichten. Christen sind nie rückwärts orientiert. Da muss man nicht dauernd reden: „Ach, wie war das noch so schön, als mein Mann lebte, als Vater noch unter uns war.“ Man pflegt die Erinnerungen und sagt: „Das waren noch seine letzten Worte, so sah er aus, da ist das Grab, wo wir ihn hingelegt haben.“
Christen sind doch nicht im Grab. Jesus hat gesagt: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein“ – zu dem, der neben ihm hing. Oder er sagt es in einem anderen Wort: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Wer da lebt und glaubt an mich, wird nimmermehr sterben.
In unserer Todesstunde werden wir, wenn wir mit Jesus im Glauben verbunden sind, zum Leben eingehen. Da steht nichts von einer gemütlichen Ruhepartie, die auf uns wartet, sondern vom Heimgang zum Herrn und seinem Dienen in Ewigkeit.
„Tod, wo ist dein Stachel?“ Nein, bei denen, denen Jesus die Schuld vergeben hat, kann der Tod nicht mehr reißen mit seinem Stachel. Er kann nicht mehr verwunden, nicht mehr treffen und keine Angst mehr machen.
Jetzt muss ich Sie fragen: Ist bei Ihnen dem Tod die Macht genommen? Können Sie fröhlich warten, bis Jesus uns ruft, heim zu sich? Klären Sie doch einmal die Dinge Ihrer Todesstunde. Das muss Nummer eins sein, dass das bei Ihnen klar ist. Sagen Sie: „Ich weiß, wohin ich gehe, ich bin meines Weges ganz gewiss.“
Sie müssen wissen, dass Sie sagen können: „Ja, ich weiß, dass Jesus mich aufnimmt. Ich habe alles geklärt.“ Nicht, weil ich besser bin als andere, sondern weil er mir vergeben hat, weil er mich erlöst hat.
Das Leben als zentrales Thema des Glaubens
Jetzt haben wir also darüber gesprochen: Keiner braucht den Kopf hängen zu lassen, denn der Tod ist umfunktioniert. Ich möchte jetzt noch darüber sprechen, dass uns jetzt nur noch das Leben interessiert.
In unserer Welt wird viel, viel über den Tod gesprochen. Nicht ganz offen, aber es kommt plötzlich heraus. Dann reden alle darüber, wie schlimm das Sterben ist. In unserem Jahrhundert gibt es so viele Erlebnisse, die uns schockieren – von millionenfachem Tod. Was ist das für eine grausame Welt, in der wir leben?
Bei uns Christen ist es plötzlich merkwürdig: Selbst an so einem Tag reden wir nicht vom Tod, auch wenn alle vom Tod sprechen. Wir reden vom Leben. Das Thema der Christen, auch am Sarg, ist nicht der Tod. Wir lassen uns doch nicht vom Tod das Thema vorschreiben. Wir reden vom Leben.
Ein Christ denkt auch gar nicht immer an seine Sterbestunde. Es ist uns doch so unwichtig, ob sie morgen kommt oder ob ich noch zehn Jahre habe. Es ist ja auch gar nicht so wichtig, wie viele Jahresringe ich noch zusetzen kann. Es geht eigentlich um etwas ganz anderes. Es geht darum, ob ich das Leben ergreife.
Da steht ja: Jesus Christus hat Leben und unvergängliches Wesen ans Licht gebracht. Jetzt muss ich Sie kurz mit der biblischen Redeweise bekannt machen. Da werden die Worte ganz anders gebraucht, als wir sonst denken. Mit Leben ist etwas anderes gemeint.
Die Bibel kann sagen, dass das, was man so abspult – die 70, 80 Jahre seines Lebens – selbst wenn man ein geehrter, geachteter Mensch ist, mit viel Erfolg, tot sein können. Denn der Tod nimmt alles weg. Wenn Sie es einmal mit den Augen Jesu ansehen, dann ist das Sterben über so viel gebreitet, was uns wichtig ist. Sie werden nichts mitnehmen.
Jesus hat in der Kürze seiner Wirksamkeit, es waren ja nur wenige Jahre, das Leben ans Licht gebracht, was wirklich Leben ist. Das ist etwas ganz anderes als das, was in der Tagesordnung der Welt obenan steht.
Leben aus Gott – da muss ein völlig neuer Anfang her. Nicht bloß unser natürliches Leben, so wie wir es haben von unserer Geburt an, sondern ein Leben aus Gott.
Ich muss Ihnen sagen: Das Wichtigste ist, dass Sie überhaupt einmal mit dem Leben aus Gott beginnen. Dass Jesus in Ihrem Leben einen Einschnitt machen kann und Sie sagen: So, ich will nicht bloß das leben, was heute gerade alle Menschen leben. Ich will aus Gott leben, aus der Fülle.
Mein Leben soll etwas für Gott darstellen, für die Ewigkeit. Ich will in meinen ganzirdischen Aufgaben, in denen ich stehe, etwas für Gott wirken. Leben ist ins Licht getreten, unvergängliches Wesen.
Man kann jetzt auf dieser Erde ein qualitativ völlig anderes Leben schon haben – neues Leben mit Jesus. Und das wird überall in der Bibel erzählt, dass da Leute angefangen haben, nicht mehr auf ihre Todesstunde hinzuleben, sondern auf die Ewigkeit.
Die Bibel nennt das ewiges Leben, das man heute schon hat: ein Leben ohne Grenze, das nicht abbricht in meiner Todesstunde, sondern das heute von der Nähe Jesu geprägt ist.
Unser Textwort steht im zweiten Timotheusbrief, wo der alte Kämpfer Paulus seinen jungen Mitstreiter Timotheus ermahnt. Es ist der letzte Brief, den wir aus der Feder des Paulus haben, geschrieben in der Gefangenschaft in Rom. Wir spüren schon, wie der alte Apostel sich auf sein eigenes Sterben rüstet.
Aber ich wollte, dass unsere Alten so reden könnten wie Paulus. Da ist nichts vom Klagen über die Beschwerden und über das Schwere des täglichen Ablaufs seiner Leiden hier. Stattdessen ist er erfüllt davon, dass die Jungen das packen.
Timotheus, greife doch nach dem Leben! Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Zucht. Jetzt geh doch in eine Welt des Todes hinein! Es war damals die römische Welt, wo die großen Triumphbögen standen, wo die Menschen sich berauschten an der Lebensfreude und der Sinnenlust.
Paulus sagt: Du musst die Botschaft vom Leben in Rom verkündigen. Das ist doch kein Leben, das die haben. Und wenn sie alle Orgien feiern: Leben kommt aus der Nähe Jesu. Sag das denen und schäme dich nicht am Evangelium!
Wir haben doch die Botschaft, die Frohmacht. Wie war Paulus glücklich am Evangelium! Und das wollte ich, dass das bei Ihnen heute passiert. Dass die Trauer Sie nicht hinunterziehen darf.
Wie viele Trauernde kreisen nur noch um den Schmerz, der sie verwundet. Aber dann gehen sie los und verkünden anderen das Evangelium, gerade deshalb, weil sie selbst aus der Trauer kommen.
Und dann sagen sie das allen Menschen weiter in dieser Welt: Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen. Und sagen Sie, dass man heute das neue, erfüllte und große Leben schon ergreifen kann.
Da war ein großer Missionstheologe, Gustav Warneck, der hat vor vielen Jahrzehnten ein Buch geschrieben, wie das Evangelium in die Heidenvölker kommt. Das Thema des Buches war „Lebenskräfte des Evangeliums“.
Ich wollte, dass in Ihren Familien und Häusern, bei Ihnen selbst, an den Krankenbetten der Alten im Pflegeheim Lebenskräfte des Evangeliums auf einmal sichtbar werden und gefunden werden, wo Menschen froh werden und das Evangelium preisen, glücklich werden und sagen: Ach, wie bin ich reich! Was muss ich tun?
Lass einfach Jesus Herr sein über dein Leben. Da hat Paulus diesem Timotheus zugerufen: Ergreife das ewige Leben, dazu du auch berufen bist. Amen!
Abschlussgebet und Segensworte
Und nun singen wir das Lied „Wir warten dein, o Gottes Sohn, und lieben dein Erscheinen“ 123, die Verse eins, zwei und vier.
Wir wollen beten: Herr Jesus Christus, du Sieger über den Tod, wir danken dir, dass du den Tod entmachtet hast. Er hat kein Anrecht mehr auf uns, weil du für unsere Schuld bezahlt hast.
Ach, da wollen wir dich jetzt bitten für alle, die unter den sichtbaren Zeichen des Todes leiden und sich ängstigen. Stärke du unseren schwachen Glauben, damit wir fröhlich hinüberziehen können, wie man nach der Heimat reist.
Wir möchten dich für die Sterbenden bitten und für die Trauernden, die so verwundet sind und oft in ihrer Bitterkeit nicht mehr weiterwissen. Sei du bei den Schwerkranken und rede zu ihnen dein Wort, damit sie froh werden. Sie sollen auch für viele andere weitersagen können, wie du heilst, erquickst und fröhlich machst.
Wir bitten dich, dass dein Evangelium heute von vielen gehört wird und im Glauben aufgenommen wird. Gib doch in unserem Volk noch einmal eine große Aufnahmebereitschaft, damit viele Menschen das von dir angebotene Leben ergreifen.
Gib uns die rechten Worte in den Mund, damit wir von dir und deinem großen Trost weitersagen können.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen,
denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Wir singen noch „Gloria sei dir gesungen“, Lied 121, den letzten Vers.
Herr segne uns und behüte uns,
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig,
Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.