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Liebe & Gesetz

Römerbrief mit André Töws, Teil 26/31
20.08.2023Römer 13,8-10
SERIE - Teil 26 / 31Römerbrief mit André Töws
Sollen wir unseren Schwerpunkt auf die Liebe oder auf das Gesetz legen? Hebt das Gebot der Liebe die restlichen Gebote auf?

Ich habe euch heute zwei Gegenstände mitgebracht: Auf der einen Seite ein Plüschherz, auf der anderen ein Gesetzbuch. Das Gesetzbuch, ein BGB, gehört nicht mir, sondern wurde mir von einem unserer Jurastudenten für die Predigt geliehen.

Das Herz steht für die Liebe, das Gesetzbuch symbolisiert in meiner Predigt das Gesetz – aber im biblischen Sinne, also das Gesetz des Mose.

Wir fahren heute Nachmittag als Pastoren weg, um gemeinsam mit den Kandidaten über die zukünftigen Schwerpunkte unserer Gemeinde nachzudenken. Wenn ich euch jetzt die Frage stellen würde: Worauf sollen wir den Schwerpunkt setzen als Gemeinde – auf die Liebe oder auf das Gesetz? Was würdet ihr sagen? Liebe? Beides? Ja, okay, da merken wir schon eine gewisse Unsicherheit. Intuitiv würden wir wohl sagen: Liebe. Denn als Christen sind wir ja nicht mehr unter dem Gesetz.

Das ist auch richtig: Wir sind nicht mehr unter dem Gesetz. Aber heißt das, dass wir die Liebe komplett losgelöst von Gottes moralischem Willen sehen sollen? Sollen wir die Zehn Gebote einfach wegwerfen, weil sie uns nichts mehr sagen? Wie hängen Gesetz und Liebe miteinander zusammen? Schließen sie sich gegenseitig aus? Oder gibt es einen Zusammenhang?

Jemand hat „beides“ gesagt. Ja, aber inwiefern beides? Bringen wir jetzt Opfer im Gottesdienst dar und lieben uns dabei? Grillen wir danach den Ochsen, den wir hier geopfert haben? Wie hängen Gesetz und Liebe miteinander zusammen? Genau das ist das Thema meiner heutigen Predigt.

Das Predigtthema lautet: Liebe und Gesetz – ganz einfach. Es ist eigentlich ein komplexes Thema, aber ich hoffe, dass uns Römer 13,8-10 weiterhelfen kann. Ich möchte den Text einmal zu Beginn lesen und dabei schon die jeweiligen Betonungen anhand der Gegenstände aufzeigen.

Paulus sagt: „Seid niemand etwas schuldig, als nur einander zu lieben; denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. Denn das: Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren – und wenn es ein anderes Gebot gibt – ist in diesem Wort zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses.“

Die Erfüllung des Gesetzes ist also die Liebe.

Wir merken also: Irgendwie hängen die beiden Themen doch mehr miteinander zusammen. Aber wie genau? Was ist der Schwerpunkt? Was sollen wir daraus machen?

Wir sind im Römerbrief, Kapitel 13. Für mich ist es immer wichtig zu betonen, dass der Römerbrief eigentlich das Herzstück des Neuen Testaments ist. Das hat Martin Luther wunderbar auf den Punkt gebracht. Die Kapitel 1 bis 11 sind eine wunderbare Darlegung der Schönheit und eine Verteidigung des Evangeliums. Ab Kapitel 12 bis 16 beginnt der sogenannte praktische Teil.

Dort beantwortet Paulus die Frage: Wie sollen wir denn jetzt leben, wenn wir Christen geworden sind und das Evangelium angenommen haben?

Deshalb überrascht es nicht, dass Paulus im praktischen Teil schon wieder über Liebe spricht. Wenn ihr euch daran erinnert, in Kapitel 12 hatten wir schon zwei Predigten zum Thema Liebe – ungeheuchelte Liebe und überwindende Liebe. Und jetzt, in Kapitel 13, ist Paulus wieder beim Thema Liebe, denn wenn du über das christliche Leben sprichst, musst du über Liebe sprechen.

In dieser Predigt geht es aber auch mehr darum, wie Liebe und Gesetz zusammenhängen.

Die immer ausstehende Schuld der Liebe

Zu Beginn unseres heutigen Textes geht es um die Liebe als eine immer ausstehende Schuld. Das ist mein erster Punkt: Liebe, die immer ausstehende Schuld.

In Vers 8 heißt es: „Seid niemand irgendetwas schuldig.“ Bevor Paulus hier über die Liebe spricht, spricht er zunächst über Schulden. Damit schafft er eine Überleitung vom vorherigen Text – für diejenigen, die sich daran erinnern können.

Im letzten Text haben wir über die Beziehung des Christen zum Staat nachgedacht. Im vorherigen Vers, also Kapitel 13, Vers 7, dem Vers vor Vers 8, sagt Paulus Folgendes: „Gebt allen, was ihr ihnen schuldig seid: der Steuer dem, der Steuer, dem Zoll dem, der Zoll, der Furcht dem, der Furcht, die Ehre dem, der Ehre gebührt.“

Paulus sagt also, ein Christ soll vorbildlich leben und Steuern zahlen. Seine finanzielle Schuld dem Staat gegenüber soll er nachkommen und auch Zölle zahlen. Das weitet Paulus jetzt in unserem Text zunächst einmal aus und sagt: „Seid niemand irgendetwas schuldig.“

Ich denke, er will damit nicht sagen, dass ein Christ sich nie Geld leihen darf, auch wenn Paulus hier am Anfang noch über finanzielle Schulden spricht. Das heißt nicht, dass wir, wenn wir ein Haus bauen oder kaufen wollen oder ein Auto kaufen, es nicht finanzieren dürfen. Aber Paulus sagt, zum christlichen Verhalten gehört es eigentlich, dass man seinen Verpflichtungen nachkommt und in diesem Sinne niemandem etwas schuldig bleibt.

Dann sagt Paulus jedoch, es gibt eine Ausnahme. Lesen wir mal weiter: „Seid niemand irgendetwas schuldig als nur einander zu lieben.“ Das ist die Ausnahme. Paulus sagt, im Leben eines Christen darf es beziehungsweise wird es eine Schuld immer geben: die Schuld, den Nächsten zu lieben.

Hier geht es nicht um Sündenschuld – die hat Christus getilgt –, sondern um eine Verpflichtungsschuld. Wir sind immer unserem Nächsten gegenüber zur Liebe verpflichtet. Wir schulden unserem Mitmenschen immer Liebe.

Vor vier Jahren haben wir uns als Familie ein Auto gekauft. Ich bin nicht so der Schraubertyp; ich bewundere diese Männer immer. Wir haben uns kein stark gebrauchtes Auto gekauft, weil das für uns direkt mit Ärger verbunden gewesen wäre. Wir haben gesagt, wir kaufen uns einen Jahreswagen. Dieser war dann teurer und musste finanziert werden.

Dieses Jahr habe ich die letzte Rate bei der VW Bank abgezahlt. Ihr kennt das vielleicht: Wenn man einen Kredit abzahlt, wenn man Schulden begleicht, ist das ein wunderbares Gefühl, oder? Endlich keine Schulden mehr.

Aber weißt du was? Eine Schuld wird es in unserem Leben immer geben, die wir nie abgezahlt haben – und das ist die Schuld, unseren Nächsten zu lieben.

Vor einiger Zeit schrieb mir eine ziemlich verzweifelte Ehefrau aus einer anderen Gemeinde eine E-Mail. Es war ein Hilferuf. Sie klagte ihr Leid darüber, wie passiv ihr Ehemann ist und was sie bisher alles für die Ehe getan hat. Ich konnte ihre Frustration irgendwo verstehen. Es muss frustrierend sein, wenn der Mann nichts macht.

Aber als sie die Konsequenzen angedeutet hat, die sie jetzt ziehen will, ständig mit dem Verweis darauf, was sie alles für die Ehe tut, ist mir aufgefallen: Diese Frau hat angefangen, eine Lüge zu glauben. Und das ist die Lüge: „Ich habe genug geliebt. Ich habe meinen Mann genug geliebt, jetzt kann ich aufhören und aus der Ehe gehen. Ich habe genug geliebt.“

Versteht mich nicht falsch, mir geht es hier nicht darum, mit dem Finger auf eine leidende Person zu zeigen. Aber kann es sein, dass wir alle immer wieder in diese Lüge hineinfallen in unserem Denken und sagen: „Jetzt habe ich genug gemacht, ich muss nicht mehr lieben.“

Weißt du was? Du hast nie genug geliebt, sagt unser Text. Du hast nie genug geliebt.

Es kann so schnell passieren, dass wir das denken: „Ich begrüße Sie immer so herzlich, Sie ignorieren mich fast, ich werde Sie von jetzt an meiden. Ich habe genug geliebt.“

Oder: „Wir haben als Familie die Familie XY schon zweimal zu uns nach Hause eingeladen, ohne Gegeneinladung. Ab heute brechen wir den Kontakt ab, wir haben sie genug geliebt.“

Oder: „Ich kümmere mich schon um Person X und Y in der Gemeinde, wenn jetzt noch Person Z etwas von mir will – das kann ich nicht mehr. Ich werde sie ignorieren, ich werde sie ablehnen, ich habe schon genug Personen geliebt.“

Ihr Lieben, was dieser Text uns sagt: Wir haben nie genug geliebt. Die Liebe ist eine immer ausstehende Schuld.

Stell dir mal vor, Gott würde irgendwann aufhören, dich zu lieben. Gott würde sagen: „Jetzt reicht es, ich habe genug für dich getan.“ Ich meine, er hätte als Einziger das Recht, das zu sagen. Aber Gott hört nie auf, dich zu lieben.

Gott liebt dich jeden Tag. Auch wenn es dir schwerfällt, das manchmal zu verstehen, lass dir diesen Satz heute mal wieder auf der Zunge zergehen: Heute Morgen bist du aufgewacht und Gott sagt: „Ich liebe dich so sehr, egal wie deine Woche war.“

Gott hört nie auf, uns zu lieben. Gott liebt uns nicht mal mehr und mal weniger.

33 Jahre nach Christus, als du noch nicht auf der Welt warst, hat Gott einen Liebesbeweis gebracht und dabei an dich gedacht. Als Jesus für dich gestorben ist, hat er an dich gedacht. Er hat es aus Liebe zu dir getan.

Das Kreuz ist ein fortdauernder Liebesbeweis Gottes. Gott sagt dir jeden Morgen: „Schau auf das Kreuz, das ist meine Liebe zu dir.“

In Römer 8 sagt Paulus: „Ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukunftiges, noch Mächte, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns wird scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“

Gott hört nie auf, dich zu lieben. Du kannst vieles mit Gott machen, du kannst Gott ignorieren, aber du wirst ihn nie daran hindern können, dich zu lieben. Das kannst du nicht.

Und Gottes Liebe zu uns soll sich in unseren Beziehungen zu unseren Mitmenschen widerspiegeln. Wir sollen Gottes Wesen widerspiegeln. Deswegen dürfen wir und können wir nicht einfach sagen: „Jetzt reicht es.“ Wir haben nie genug geliebt.

Die Liebe als Erfüllung des Gesetzes

In den nächsten Versen begründet Paulus, warum die Liebe so zentral ist, und zeigt uns, wie Liebe und Gesetz zusammenhängen. Damit kommen wir zum zweiten Punkt meiner Predigt: Liebe, die Erfüllung des Gesetzes.

Paulus macht im zweiten Teil von Vers 8 eine erstaunliche Aussage: Warum ist die Liebe so zentral? Paulus sagt: Denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. Wie ist das zu verstehen? Wer andere liebt, hat das Gesetz erfüllt.

Im ersten Moment könnte man meinen, Paulus sagt, ab jetzt gibt es für Christen nur noch ein Gebot: Liebe deinen Nächsten, alle anderen Gebote zählen nicht mehr. Man könnte denken, man soll die zehn Gebote aus der Bibel herausschneiden, denn es gibt nur noch ein Gebot. Aber das sagt Paulus nicht.

Schaut mal Vers 9: Dort zitiert er nämlich andere Gebote, als ob sie weiterhin bestehen. Vers 9: Denn das „Du sollst nicht ehebrechen“, „Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht stehlen“, „Du sollst nicht begehren“ und wenn es ein anderes Gebot gibt, ist in diesem Wort zusammengefasst: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Paulus sagt nicht, das Gebot der Nächstenliebe schafft alle anderen Gebote ab. Paulus sagt, das Gebot der Nächstenliebe erfüllt alle anderen Gebote, die bestehen. Das ist das, was der Text sagt. Alle anderen Gebote, die das mitmenschliche Miteinander regeln, kann man eigentlich zusammenfassen in das Gebot der Nächstenliebe.

Jetzt sehe ich immer noch einige Fragezeichen. Das Thema Gesetz ist eben ein komplexes Thema, und ich möchte euch jetzt ein bisschen mehr aufzeigen, wie Liebe und Gesetz eigentlich zusammenhängen.

Jesus wird im Neuen Testament gefragt: Was ist das größte Gebot? Und Jesus antwortet in Matthäus 22, Verse 37 bis 40 folgendes:

Er sprach zu ihm: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Das ist das große und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“

Paulus sagt, das ganze Gesetz, also alles, was wir im Alten Testament haben – Dritte Mose, inklusive allem –, hängt letztendlich an dem Doppelgebot der Liebe.

Ich habe euch meine Grafik mitgebracht. Ich finde diese Grafik extrem hilfreich. Unser ehemaliger Pastor Sascha Neudorf hat sie einmal vorgestellt, und ich habe sie von ihm übernommen. Alles, was grün ist, könnt ihr euch jetzt mal wegdenken, okay? Für uns ist nur das Schwarz, Blau und Rot jetzt entscheidend.

Jesus sagt, im Kern des ganzen Gesetzes steht das Doppelgebot der Liebe. Das Gesetz besteht aus dem Doppelgebot der Liebe, dann aus den zehn Geboten und dann nochmal aus 613 Einzelgeboten. Paulus sagt, im Kern dieses ganzen Komplexes steht das Doppelgebot der Liebe: Liebe Gott und liebe deinen Nächsten.

Und dann gibt es ja die zehn Gebote. Es ist so interessant: Die zehn Gebote lassen sich auf das Doppelgebot der Liebe zurückführen. Die ersten vier Gebote beantworten eigentlich die Frage: Wie liebe ich Gott? Man kann diese vier zusammenfassen als: Liebe Gott. Diese vier Gebote sind: Du sollst den Herrn, deinen Gott, alleine anbeten, seinen Namen nicht missbrauchen usw.

Der zweite Teil der zehn Gebote, also die Gebote fünf bis zehn, beantworten die Frage: Wie liebe ich meinen Nächsten? Hier sehen wir das Doppelgebot der Liebe, und darum bilden sich dann die zehn Gebote. Jedes einzelne Gebot kann man auf eines der Doppelgebote der Liebe zurückführen. Verstanden?

Aber jetzt haben wir das Problem, dass die zehn Gebote relativ pauschal sind: Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, okay. Aber ist das auch schon Ehebruch? Deswegen braucht es ganz viele Einzelgebote, die verschiedene Ausnahmen oder Betonungen schildern.

Zum Beispiel haben wir im fünften Buch Mose ein Gesetz, das lautet: Wenn du ein Haus baust, dann sorge dafür, dass du ein Geländer baust, damit niemand herunterfällt und du keine Blutschuld auf dich lädst. Hier geht es um ein Gebot, dass Leben geschützt werden soll.

Das wiederum ist zurückzuführen auf das Gebot: Du sollst nicht töten. Versteht ihr, was ich meine? Du sollst nicht töten heißt nicht nur, jemanden nicht umzubringen. Du sollst nicht töten heißt auch, Leben muss vorher geschützt werden.

Und jetzt spielen wir das mal zurück: Eines der 613 Einzelgebote sagt, baue ein Dach, damit niemand ums Leben kommt. Das ist zurückzuführen auf eines der zehn Gebote: Du sollst nicht töten. Und das ist wiederum zurückzuführen auf: Liebe deinen Nächsten. Verstanden?

Das Gleiche haben wir auch mit anderen Geboten. Zum Beispiel: Du sollst nicht ehebrechen. Dann gibt es Einzelgebote, die sagen: Was ist bei Vergewaltigung? Wenn eine verheiratete Frau von einem anderen Mann vergewaltigt wird, hat sie jetzt die Ehe gebrochen? Die Bibel sagt: Nein, natürlich nicht. Sie ist das Opfer, sie hat geschrien. Sie steht nicht unter der Strafe, nur der Täter muss bestraft werden.

Aber das Ganze ist, wie gesagt, ein Komplex, und im Kern heißt es: Liebe Gott und liebe deinen Nächsten.

Das erklärt ein Stück weit mehr. Paulus bezieht sich jetzt eigentlich nur auf die Nächstenliebe in unserem Text in Römer 13, da sind wir jetzt wieder zurück.

Paulus sagt dementsprechend: Wenn du das zweite Gebot hältst, deckst du die Gebote fünf bis zehn der zehn Gebote eigentlich mit ab. Er sagt: Denn das „Du sollst nicht ehebrechen“, „Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht stehlen“, „Du sollst nicht begehren“ und wenn es ein anderes Gebot gibt, ist in diesem Wort zusammengefasst: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Paulus sagt hier mit anderen Worten: Legt den Schwerpunkt auf die Liebe. Die Liebe wiederum erfüllt das Gesetz. Denn wenn du liebst, brichst du nicht die Ehe. Wenn du liebst, bestehst du die Person nicht. Aber der Fokus ist die Liebe. Ohne Liebe geht es nicht.

Paulus sagt: Das ganze Gesetz, all das, was Gottes Willen darstellt, lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Liebe. Und wenn du Liebe streitest, streitest du das Christsein.

Ich bin oft schockiert, wenn ich von Christen und Gemeinden aus einem sehr gesetzlichen Hintergrund höre, was da abgeht. Da wird peinlich genau auf menschengemachte Regeln gepocht, und dabei streitet man sich, und das geht durch die Familien. Da schlägt man sich fast die Köpfe ein, alles, weil das Gesetz und zusätzliche Gemeinderegeln, die gar nicht so in der Bibel stehen, irgendwie gehalten werden müssen.

Aber was fehlt, ist der eigentliche Kern: die Liebe. Das ist genau Pharisäertum. Das ist das, was Christus an den Pharisäern so kritisiert.

Wisst ihr, die Pharisäer haben peinlich genau auf jeden Paragraphen geachtet. Sie haben sogar Minze und Kümmel verzehntet, von allem den Zehnten. Und Jesus sagt: Ihr achtet so peinlich genau auf jedes einzelne Gebot, aber das große Bild habt ihr vergessen.

Da ist ein Blinder, der von Geburt an blind war. Was für ein Leiden, nie Farben zu sehen. Jesus kommt, Jesus ist der Heiler, und Jesus heilt diesen Blindgeborenen. Er sieht. Und wisst ihr, die Pharisäer können sich nicht freuen. Es war am Sabbat, am Sabbat, Gebot halten. Aber das große Bild, die Liebe, sehen sie nicht mehr.

Ich bin so schockiert, wenn ich höre, was in manchen gesetzlichen Kreisen abgeht. Mein Gebet ist, dass Gott Umdenken schenkt.

Ich habe es erlebt bei meinem Opa. Mein Opa ist vor ein paar Monaten heimgegangen. Er war sein Leben lang – oder zumindest in den letzten Jahrzehnten – in einer sehr, sehr gesetzlichen Gemeinde. Und es war oft schwer, sage ich ganz offen, die Gespräche mit ihm.

Ich habe ihn besucht. Es ist mein Opa, ich wollte ihn ehren. Und es ging immer um das Gesetz. Immer waren wir beim Thema Gesetz. Ich habe das einfach schweigend hingenommen. Ich dachte, diskutieren bringt nicht so viel. Ich bin wieder weggefahren. Irgendwann habe ich angefangen, für ihn zu beten.

Was jetzt passiert ist, will ich nicht sagen, dass es aufgrund meines Gebetes passiert ist. Aber ich war am Beten im Prayerwork: Herr, bitte schenk du Opa offene Augen, dass er das Evangelium noch mehr sieht, dass er sich darüber freut, was du für ihn getan hast, dass er die Zusammenhänge versteht.

Mein letzter Besuch vor seinem Tod war ein ganz anderer. Ich habe meinen Opa nicht mehr erkannt. Plötzlich erfreut er sich über das, was hier in Ostheim passiert. Er sagt: „Boah, das sind so gute Nachrichten.“ Mit neunzig noch umgedacht.

Andere kommen zu mir und sagen: „Was ist mit dem Opa los? Der ist ja ein anderer Mensch.“ Er sagt: „Es geht nur noch um die Liebe.“ Das war seine Botschaft zum Schluss: Es geht um die Liebe.

Und deswegen habe ich Hoffnung. Und das ist das, was Paulus dir heute sagen will: Es geht um die Liebe. Denn die Liebe erfüllt das Gesetz.

Möge Gott Umdenken schenken in vielen gesetzlichen Prägungen.

Die Gefahr einer entleerten Liebe ohne Moral

Aber es gibt auch eine andere Gefahr, und diese besteht tatsächlich. Die Gefahr liegt darin, dass wir Liebe und Gebot nicht mehr zusammen sehen – im Sinne von: Die Liebe erfüllt das Gebot. Stattdessen sagen wir, wir entleeren den Begriff der Liebe und haben mit Moral nichts mehr zu tun. Moral war gestern, und im Namen der Liebe ist alles erlaubt.

Das wäre jedoch ein völliger Gegensatz zu unserem Bibeltext, denn Paulus sagt: Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Was heißt das? Liebe hat ein moralisches Empfinden. Was ist böse? Wenn ich liebe, begehe ich keinen Ehebruch. Das bedeutet, die Liebe braucht Moral als Grundlage dafür, was gut und böse ist.

Ich kann mir vorstellen, dass wir hier in unserer Gesellschaft eine sehr große Unklarheit haben. Wir haben Liebe und Moral – und damit meine ich, wir als westliche Welt haben Liebe und Moral voneinander getrennt. Es sind zwei völlig verschiedene Dinge.

Schaut mal: Die schwedische Schauspielerin und Sängerin Zara Leander sang schon im Jahr 1938 das bekannte Lied „Kann denn Liebe Sünde sein?“ Ich habe euch ein paar Strophen dieses Liedes mitgebracht. Sie singt:

„Kann das wirklich Sünde sein,
wenn man immerzu an einen nur denkt,
wenn man einmal alles ihm schenkt vor Glück?
Niemals werde ich bereuen, was ich tat,
und was aus Liebe geschah,
das musst du mir schon verzeihen,
dazu ist sie ja da.

Liebe kann nicht Sünde sein,
auch wenn sie es wäre,
wäre es mir egal,
lieber will ich sündigen mal,
als ohne Liebe sein.

Jeder kleine Spießer
macht das Leben mir zur Qual,
denn er spricht immer nur von Moral,
und was er auch denkt und tut,
man merkt ihm leider an,
dass er niemand glücklich sehen kann.

Sagt er dann, zu meiner Zeit gab es sowas nicht,
frag ich voll Bescheidenheit mit lächelndem Gesicht:
Kann die Liebe Sünde sein?“

Hier haben wir eine deutliche Trennung von Liebe und Moral. Moral ist langweilig, Moral ist von gestern, Liebe ist spannend und aufregend – und die beiden haben nichts miteinander zu tun. Das war schon die populäre Meinung im Jahr 1938, also 30 Jahre vor der 68er-Generation.

Die Frage, die wir uns stellen müssen, um unsere Welt zu verstehen, in der wir leben und in der wir morgen wieder auf der Arbeit sind, lautet: Warum tickt die Gesellschaft so, wie sie tickt? Wie sind wir dahin gekommen, Liebe – den Liebesbegriff – vollkommen von Moral zu entleeren und im Namen der Liebe alles zu erlauben?

Da sind zwei Jugendliche aus christlichem Elternhaus, die vorehelich zusammenkommen und das mit den Worten rechtfertigen: „Ja, wir lieben uns doch.“ Was machen wir mit den zwei Frauen, die sich lieben und heiraten wollen? In sogenannten christlichen Kreisen wird dann gesagt: Ja, das, was die Bibel ablehnt, ist die ausbeutende Homosexualität. Aber wenn es im Einklang miteinander geschieht, wenn die beiden sich doch lieben, dann ist das in Ordnung.

Ich habe dazu in meiner Predigt über Römer 1 mit dem Titel „Ein verhängnisvoller Tausch“ mehr gesagt. Auf diese Predigt möchte ich an dieser Stelle verweisen.

Aber schaut mal: Mit dieser Argumentation – alles, was Liebe ist, ist auch erlaubt – können wir irgendwann Inzest und Pädophilie legitimieren. Wenn sich zwei leibliche Geschwister lieben und heiraten wollen, dann dürfen sie das doch, oder?

Versteht ihr? Liebe braucht immer eine moralische Grundlage, sonst geraten wir in Teufels Küche.

Die Prägung unserer Zeit durch fünf Denker

Die Frage ist: Wie sind wir dahin gekommen? Carl Truman, der das Buch „Der Siegeszug des modernen Selbst“ geschrieben hat – ich empfehle es wärmstens, erschienen im Werbung Verlag – zeigt die Entwicklungen auf. Ich möchte euch kurz mit hineinnehmen, einfach um aufzuzeigen, dass wir Kinder unserer Zeit sind.

Es gab Denker, die die Denkweisen unserer heutigen Zeit geprägt haben. Fünf davon möchte ich euch ganz kurz vorstellen.

Zunächst Jean-Jacques Rousseau, ein französischer Philosoph aus dem 18. Jahrhundert. Wisst ihr, was Rousseau gesagt hat? Er ist bis heute sehr einflussreich. Der Mensch ist von Natur aus gut. Seine Umstände und die Gesellschaft verderben ihn. Kommt euch das bekannt vor? Das ist aus dem 18. Jahrhundert. Deshalb braucht der Mensch einen Fokus auf sich und seine Gefühle. Der Einzelne ist am authentischsten, wenn er in der Öffentlichkeit die Wünsche und Gefühle auslebt, die sein Innenleben prägen. Fazit: Das Gefühl ist die Norm für das, was richtig und falsch ist. Richtig ist, was sich richtig anfühlt. Ich achte immer auf mein Gefühl. Problematisch.

Dann kam Karl Marx. Marx kam mehr von der Wirtschaft her und sagte, die Geschichte sei eine Geschichte der Unterdrückung. Diese Unterdrückung müsse aufhören. Moralische Regeln, die es gibt, dienen eigentlich nur der Unterdrückung. Eigentlich sind es die Machthaber, etwa Kirchenoberhäupter, die die Zehn Gebote proklamieren, um Menschen zu unterdrücken. Fazit: Die moralischen Regeln müssen abgeschafft werden, weil sie die Menschen unterdrücken. Das war die Botschaft von Karl Marx.

Dann kam Charles Darwin, den wir besonders aus dem Biologieunterricht kennen. Darwin vermittelte die Botschaft: Der Mensch hat keine gottgegebene Bestimmung, weil er lediglich eine Weiterentwicklung des Affen ist. Fazit: Wenn du nur die Weiterentwicklung eines Affen bist, dann gibt es keine gottgegebenen Gesetze und keine klare Zielsetzung für dein Leben.

Auf diesem Boden trat Friedrich Nietzsche auf. Nietzsche sagte: „Gott ist tot.“ Das bedeutet, das Fundament der Religion sei entlarvt worden. Was Nietzsche besonders ärgerte, war, dass obwohl wir Gott für tot erklärt haben, die Gottesmoral weiterhin unsere Gesellschaft prägt. Dem müsse ein Ende gesetzt werden. Fazit: Der Mensch wird zum Urheber dessen, was falsch und richtig ist. Wenn Gott tot ist, gibt es keine letztendliche Instanz mehr. Dann entscheidet der Mensch, was gut und richtig ist.

Dann kam Sigmund Freud. Freud sagte, der Mensch werde durch sein sexuelles Begehren definiert. Sinn und Inhalt eines guten Lebens sei die persönliche sexuelle Erfüllung. Fazit: Die Moral ist ein Spielverderber für die Liebe.

Warum bin ich auf diese fünf Personen im Rahmen eines Gottesdienstes eingegangen? Weil die Gedanken dieser fünf Männer unsere Gesellschaft bis heute extrem prägen. Wir finden diese Gedanken in Schulbüchern – schaut mal bei euren Kindern hinein, da sind die Gedanken dieser fünf Männer. Wir finden sie in den Vorlesungen der Universitäten. Wir finden sie in Filmen und Serien. Wenn man Filme analysiert, fragt man sich: Welche Botschaft, welche Predigt kommt hier rüber? Bist du bei einem dieser fünf mindestens?

Deshalb kann es so schnell passieren, liebe Leute, und das ist mein Anliegen, dass wir der Botschaft dieser Welt glauben. Es hört sich doch auch so gut an: Lasst uns einfach lieben, „one love“, eine Liebe für alle. Es klingt attraktiv, es geht um die Liebe. Aber was die Welt meint, ist eine Liebe, losgelöst von jeder Moral.

Paulus sagt in Römer 12, Vers 2: „Stellt euch nicht der Welt gleich. Übernehmt nicht das Denken dieser Welt!“

Was uns klar sein muss, ist: Wir haben als Christen eine komplett andere Weltanschauung. Wir glauben an einen Gott, der uns gemacht hat zu seiner Ehre, nicht zu unserer Selbstverwirklichung, sondern damit wir für ihn leben. Er hat alles für uns getan, damit wir uns jetzt in einer Liebesbeziehung ihm hingeben und Freude daran finden, seinen Willen zu tun.

Das Gesetz im Leben des Christen – Zusammenfassung und Ausblick

Ich möchte euch ermutigen, unsere Denkweise immer wieder anhand des Wortes Gottes erneuern zu lassen. Vielleicht denkst du jetzt: „Okay, Andre, das ist nachvollziehbar, aber ich habe das mit dem Gesetz immer noch nicht ganz verstanden. Muss ich mich jetzt an die Gesetze halten oder nicht?“

Ich möchte nicht, dass jemand verwirrt aus dem Gottesdienst geht. Deshalb nutze ich die Gelegenheit, um so ziemlich alles, was Paulus zum Gesetz sagt, noch einmal kurz und bündig zusammenzufassen.

Paulus macht an vielen Stellen im Neuen Testament klar, dass kein Mensch durch das Halten des Gesetzes gerettet wird. Niemand wird durch das Gesetz gerettet. Das Gesetz wurde dem Menschen gegeben, damit er erkennt, was Gottes Anspruch an sein Leben ist, was Gottes Wille ist, was Sünde ist und was keine Sünde ist.

Das ist ein Problem für uns Menschen, denn durch das Gesetz erkennen wir, was Sünde ist. Aber wir haben die Sünde in uns – sie ist wie ein Virus, das seit unserer Geburt in uns ist. Wir haben von uns aus keine Fähigkeit, das Gesetz zu halten. Überhaupt nicht. Und das Gesetz gibt uns auch nicht die Befähigung dazu. In diesem Sinne ist das Gesetz ein Instrument der Verurteilung.

Das Gesetz ist ein Instrument der Verurteilung. Wenn wir das mit einem medizinischen Vergleich verdeutlichen wollen: Das Gesetz ist wie ein Röntgengerät. Ein Röntgengerät ist super zur Diagnostik, aber unbrauchbar zur Therapie. Es zeigt auf, wo das Problem ist, kann aber nicht die Lösung schaffen.

Deshalb haben wir ein Problem: Das Gesetz ist gegen uns gerichtet, und wir brauchen Hilfe von außen. Und genau dann kommt Galater 4 ins Spiel. Dort steht: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer jüdischen Frau, als Jude, unter das Gesetz getan.“

Anders als Adam und seine Nachkommen war Jesus der einzige, der jedes einzelne Gebot vollkommen im Gehorsam erfüllt hat. Er hat das Gesetz vollkommen gehalten. Und dann ist Jesus stellvertretend für uns ans Kreuz gegangen. Eigentlich hätten wir dort hängen müssen, weil das Gesetz gegen uns gerichtet ist.

Jesus sagt: „Ich nehme den Fluch des Gesetzes, ich nehme die Strafe, die du tragen müsstest, weil du schuldig bist, auf mich.“ Er geht ans Kreuz und bezahlt dafür, damit du losgekauft wirst vom Fluch des Gesetzes, damit Sünde vergeben werden kann und die Strafe gesühnt wird.

Jeder Mensch, der das erkennt, der kapituliert und erkennt: „Ich kann mich nicht selbst retten. Das Einzige, was ich brauche, ist meine Kapitulationsurkunde. Ich habe versagt, und Jesus ist meine einzige Hoffnung.“ Dieser Mensch setzt seine ganze Hoffnung nicht auf sein Werk, sondern auf Jesu Werk.

Die Bibel sagt: Diesem Menschen wird die Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert und die Christus erfüllt hat, durch den Glauben zugerechnet, als ob wir alles selbst erfüllt hätten.

Ihr Lieben, das ist das Evangelium, die gute Botschaft. Jesus sagt: „Du bist nicht mehr schuldig, weil du an mich glaubst.“ Und nicht nur das, Jesus erklärt dich für gerecht.

In einem Lied, das ich sehr schätze, heißt es:
„Sein Kleid für meins – ein Tausch so wunderbar,
ein Schuldgewand trug er, das meines war.
Gerechtigkeit umhüllt mich, mich den Rebell,
ich leb in ihm, er starb an meiner Stelle.“

Ich möchte dir heute sagen: Jesus ist für dich ans Kreuz gegangen. Jesus hat deine Sünden auf sich genommen. Jesus ist für dich gestorben, damit du echtes Leben finden kannst.

Wenn du heute erkennst: „Ja, das Gesetz ist gegen mich gerichtet, ich schaffe es nicht, es zu halten, der Zorn Gottes liegt auf mir“, dann möchte ich sagen: Flieh zum Kreuz! Flieh zu Jesus!

Das kannst du praktisch gleich nach dem Gottesdienst tun. Wir können gerne mit dir zusammen beten. Bleib zurück und sag: „Ich möchte mein Leben Jesus anvertrauen. Ich möchte in Anspruch nehmen, was er für mich am Kreuz getan hat.“

Was für eine Aufgabe! Wie stehen wir als Christen jetzt zum Gesetz, nachdem wir gerechtfertigt worden sind? Die Bibel sagt: Als Christ bist du nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade (Römer 6,14).

Das heißt, und das ist eine gute Nachricht für dich als Christ: Das Gesetz beherrscht dich nicht mehr, weil du einen neuen Herrn hast – Jesus Christus. Das Gesetz kann dich nicht mehr beherrschen. Noch besser: Das Gesetz kann dich nicht mehr wirksam verdammen.

In Römer 8,1 steht: „Es gibt keine Verdammnis mehr für die, die in Christus Jesus sind.“ Da kann das Gesetz nicht mehr verdammen. Gott sieht uns durch Jesus, auch wenn wir unzulänglich sind und sündigen. Jesus, der Rechte Gottes, tritt für dich ein und sagt: „Ich habe für ihn bezahlt.“

Deshalb kann kein Verkläger und kein Gesetz dich wirksam verklagen. Das ist gute Nachricht.

Aber – und jetzt kommt ein wichtiges Aber: Dass wir Gläubige nicht mehr unter dem Gesetz sind, bedeutet nicht, dass es keine moralischen Ansprüche mehr an unser Leben als Christen gibt. Amen!

Wie sehen wir das? Es geht nicht darum, dass ich sage: „Okay, Eintrittskarte in den Himmel, safe, und jetzt kann ich tun und lassen, was ich will.“ Das haben wir nicht verstanden.

Auf der einen Seite stellt die Bibel klar: Der alte Bund hat ein Ende. Speisegebote, Riten, Reinheitsgebote, Beschneidung, Opfer – das alles ist mit dem Kreuztod Jesu erledigt. Der Vorhang ist zerrissen, und der neue Bund tritt in Kraft.

Auf der anderen Seite stellt Paulus klar, dass er zwar nicht mehr unter dem Gesetz steht, aber auch nicht ohne Gesetz ist (1. Korinther 9). Was bedeutet das? Paulus sagt: „Ich stehe unter dem Gesetz Christi.“

Was ist das Gesetz Christi? Das heißt, wie es in Galater 6,2 heißt: „Tragt die Lasten des Anderen, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

Das Gesetz Christi ist die Betonung auf diesen Kern: Liebe Gott und liebe deinen Nächsten.

Und eine Sache, ihr Lieben – und das ist der Hammer – hat sich grundlegend geändert: Das Gesetz wird an einen Christen nicht mehr von außen herangetragen. Es ist nicht mehr ein Maßstab, der von außen an uns herangetragen wird mit „Du sollst“.

Die Bibel sagt, das Gesetz ist jetzt in unser Herz geschrieben worden. Das ist ganz neu.

Im Alten Testament heißt es: „Er wird das steinerne Herz herausnehmen und uns ein fleischernes Herz geben.“ Das heißt, ein Herz, das Gottes Willen tun kann und tun will. Er schenkt uns Wollen und Vollbringen.

Kann es sein, dass wir manchmal niedergeschlagen sind, weil wir es nicht auf die Reihe kriegen? Weißt du was? Du hast ein neues Herz.

George Alden Lad fasst das, was ich hier gesagt habe, gut zusammen. Ich möchte das Zitat einmal lesen:
„So hat Christus das Gesetz als Weg der Gerechtigkeit und als zeremoniellen Kodex zu Ende gebracht, aber das Gesetz als Ausdruck des Willens Gottes ist dauerhaft. Und die Person, in der der Heilige Geist wohnt und die so von der Liebe gestärkt wird, wird befähigt, das Gesetz zu erfüllen, wie es Menschen unter dem Gesetz niemals könnten.“

Das ist die große Veränderung. Jetzt können wir es – aber nicht wir, sondern der Heilige Geist in uns.

Wenn wir denken, bei unserer Wiedergeburt sind wir nur ein bisschen besser geworden, dann unterschätzen wir, was bei unserer Wiedergeburt alles passiert ist. Christus hat uns komplett neu gemacht und uns einen Geist gegeben, der uns hilft.

Im heutigen Predigttext ging es schwerpunktmäßig um die Liebe. Paulus hat die Liebe hochgehalten und sagt: Legt darauf den Schwerpunkt, denn die Liebe erfüllt das Gesetz.

Und wir haben am Anfang der Predigt festgehalten: Wir sind immer unserem Nächsten Liebe schuldig.

Ermutigung zur Liebe durch die Kraft des Heiligen Geistes

Vielleicht sitzt du jetzt hier und denkst: Andres, es fällt mir oft so schwer zu lieben. Meine kleinen Kinder bringen mich an meine Grenzen. Und ich, als junge Mutter, bin abends oft einfach nur mit einem schlechten Gewissen da. Ich denke, ich kann sie nicht lieben, mir fehlt die Geduld, es ist so schwer.

Vielleicht sitzt du heute hier und sagst: Ja, André, du sprichst von Liebe. Aber weißt du, mit welchem Ehepartner ich verheiratet bin? Es fällt mir manchmal, nicht immer, aber oft so schwer, meinen Mann oder meine Frau zu lieben.

Vielleicht sitzt du heute hier und sagst: Ich habe einen Verwandten in unserer Familie, einen Arbeitskollegen oder einen Nachbarn, den ich nicht lieben kann, obwohl ich Christ bin.

Ich möchte dir sagen: Vertraue nicht auf deine eigene Kraft. In dir lebt dieselbe Kraft, die Christus aus den Toten auferweckt hat. Der Heilige Geist ist Power, der Heilige Geist hat so eine Kraft. Deshalb möchte ich dir heute als Zuspruch mitgeben: Versuch es nicht aus deiner eigenen Kraft. Denn dann stößt du an die Grenzen deiner Liebe.

Vertraue stattdessen auf die Kraft des Heiligen Geistes in dir. Der Heilige Geist in uns hat beständig nur ein Anliegen: Er will Liebe, er will die Frucht des Geistes hervorbringen.

In diesem Sinne wünsche ich uns wirklich, dass wir dem Geist Gottes in unserem Leben vertrauen. Lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes. Amen.