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Durst nach Leben

16.01.2000Johannes 4,1-18

Sehnsucht nach Leben und Erfüllung

Es ist eine alte Sehnsucht, die sich durch die Menschheit zieht: die Sehnsucht nach Leben, nach Erfüllung, nach Freude und nach Lust. Die Bibel spricht immer wieder vom Durst nach Leben.

Sie kennen aus den Psalmen die Worte, mit denen ich Sie heute grüßen möchte: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele zu Gott. Zu dir, meine Seele, dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue?“

Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben. Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du drängst sie mit Wonne wie mit einem Strom. Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Licht sehen wir das Licht.

Das ist das Thema dieser Sonntage nach dem Erscheinungsfest, nach Epiphanias. Wir wollen noch einmal das schöne Lied von Allendorf singen: „Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude“. Johann Ludwig Conrad Allendorf war Hofprediger in Köthen. Wer sich ein wenig in der Musikgeschichte auskennt, weiß, dass kurz vorher Johann Sebastian Bach in Köthen war.

Köthen war ein wichtiger Ort der Musik, ein Treffpunkt. Deshalb hat sich auch die schöne, bewegte Melodie aus Köthen mit diesem Lied verbunden. Wir singen aus dem Lied 66 die Verse eins und zwei sowie die Verse sieben und acht.

Gebet um neue Lebenskraft

Wir wollen beten: Jesus, du Heiland der Verlorenen und der nach Leben Dürstenden, wir kommen heute zu dir. Oft haben wir nicht einmal mehr Durst, sondern sind so gleichgültig und abgestorben. Doch du willst unserem Leben neuen Glanz und neue Freude schenken. Du willst, dass wir erfüllt von deiner Kraft wirken können.

Darum bitten wir dich, dass du uns heute begegnest. Du weißt, wo viele unter uns bedrückt und belastet sind, unter Fluch, Jammer und Tod. Du kennst das, was bei uns abgestorben ist, auch unter Untreue, Ungehorsam und Sünde.

Wir wollen dir und deiner ganzen Größe und Herrlichkeit begegnen. Du richtest uns auf, schenkst neue Kraft und erfüllst uns mit Leben. Gib doch, dass wir erneuert und verändert werden, jetzt auch durch eine Begegnung mit dir.

Wir legen bei dir ab, was vor dir nicht recht ist, was nicht taugt, was Schuld und Sünde ist. Wir bitten dich, dass du durch dein Wort an uns wirkst, dass du uns neu machst und veränderst. Nun dürfen wir dir in der Stille alles Persönliche mit dir besprechen.

Danke, Herr, dass du versprichst, die satt werden, die nach dir dürsten. Amen!

Wir singen nun aus dem Liedheft das Lied 809: Du gibst das Leben, das sich wirklich lohnt.

Psalm 84: Gottes Kraft in schwierigen Zeiten

Wir wollen gemeinsam den Psalm 84 beten. Im Gesangbuch ist er unter der Nummer 734 zu finden. Diesen Psalm wollen wir so miteinander lesen, denn er zeigt, wie wir die Kräftigung Gottes mitten in den wüsten Strecken unseres Lebens erfahren.

Sein Wort ist uns besonders wichtig. Am Eingang auf der Turmseite steht es in diesem Steingegraben zur Erinnerung an die Grundsteinlegung unserer Kirche. Im Februar denken wir besonders an die fünfzig Jahre, in denen wir diese Kirche hier haben. Sie wurde für uns zu einer Stätte der Offenbarung Gottes, weil sein Wort hier verkündigt wurde und wir in der Gemeinschaft ihn gefunden haben.

Wir lesen nun gemeinsam:

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth!
Meine Seele verlangt und sehnt sich nach deinen Vorhöfen.
Mein Leib und meine Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.

Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen, deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.
Wohl denen, die in deinem Hause wohnen und dich immerdar loben!
Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln.

Wenn sie durchs Dürretal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.
Sie gehen von einer Kraft zur anderen und schauen den wahren Gott in Zion.

Herr Gott Zebaoth, höre mein Gebet, vernimm es, Gott Jakobs, Gott unser Schild!
Schaue doch, sieh doch an das Antlitz deines Gesalbten!
Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend.
Ich will lieber die Türhüter in meines Gottes Hause sein als wohnen in der gottlosen Hütte.

Denn Gott, der Herr, ist Sonne und Schild.
Der Herr gibt Gnade und Ehre; er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.
Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!

Ja, dem kann man gratulieren. Und das soll Ihnen gelten, dass Sie sagen: So soll mein Leben sein.
Ich will mich ganz auf den Herrn verlassen.

Wir singen nun gemeinsam das Lied „Vierhundertsieben Stern, auf den ich schaue“, Nummer 407.

Begegnung Jesu mit der Samariterin: Das lebendige Wasser

Ich habe für heute den Abschnitt aus Johannes 4 ausgesucht: Jesus spricht mit der Samariterin am Jakobsbrunnen in Sychar (Johannes 4, Seite 114 in ihren Bibeln).

Wir lesen ab Vers 5: Da kam Jesus in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Joseph gab. Dort war der Jakobsbrunnen. Weil Jesus müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder.

Es war um die sechste Stunde, also genau mittags, in der größten Hitze um zwölf Uhr. Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen.

Jesus spricht zu ihr: "Gib mir zu trinken." Seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen.

Die samaritische Frau antwortete Jesus: "Wie bittest du mich, um etwas zu trinken, der du ein Jude bist, und ich eine samaritische Frau?" Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern.

Jesus antwortete ihr: "Wenn du die Gabe Gottes erkennen würdest und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, dann würdest du ihn bitten, und er gäbe dir lebendiges Wasser."

Die Frau sagt zu ihm: "Herr, du hast doch nichts, womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief. Woher hast du dann lebendiges Wasser? Bist du mehr als unser Vater Jakob, der uns diesen Brunnen gegeben hat? Er hat daraus getrunken, ebenso seine Kinder und sein Vieh."

Jesus antwortete ihr: "Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt."

Die Frau spricht zu ihm: "Herr, gib mir solches Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen."

Jesus spricht zu ihr: "Geh hin, ruf deinen Mann und komm wieder her."

Die Frau antwortete: "Ich habe keinen Mann."

Jesus sagt zu ihr: "Du hast recht geantwortet: Ich habe keinen Mann. Fünf Männer hast du gehabt, und den, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Das hast du recht gesagt."

Die Frau spricht zu Jesus: "Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg angebetet, und ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten soll."

Jesus spricht zu ihr: "Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, dass ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr wisst nicht, was ihr anbetet. Wir wissen aber, was wir anbeten, denn das Heil kommt von den Juden.

Aber es kommt die Zeit – und ist schon jetzt –, in der die wahren Anbeter den Vater anbeten werden, im Geist und in der Wahrheit. Denn auch der Vater will solche Anbeter haben.

Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten."

Die Frau spricht zu ihm: "Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen."

Jesus spricht zu ihr: "Ich bin es, der mit dir redet."

Die Bedeutung der persönlichen Lebensfragen

Einer von Ihnen hat uns vor ein paar Tagen noch den Tipp gegeben und gesagt: Wenn ihr nach Florida kommt, könnt ihr Mickey Mouse vergessen. Das ist in Orlando nicht wichtig. Aber eines müsst ihr unbedingt gesehen haben: Cape Canaveral, diese riesigen Raketenabschussrampen.

Ich muss schon sagen, man hat das ja im Fernsehen gesehen, auf allen Bildern. Aber wenn man wirklich unter so einer Apollo-Rakete steht, ist das schon etwas Beachtliches. Ich habe die jungen Leute nie verstanden, wenn sie ihre große Weltraumbegeisterung zeigen. Doch wenn man in so einem Simulator sitzt und sich mehrfach überschlagen lässt, ist das wirklich eine tolle Sache, ein beeindruckendes Erlebnis.

Was man dort erleben kann! Mensch, was hat der Mensch Großes geschaffen! Dort stehen emeritierte Ingenieure der NASA und erklären, wie hunderte von Milliarden Dollar in die Programme geflossen sind und wie die Weltraumstationen gebaut werden. Am Anfang des dritten Jahrtausends kann man sich wirklich begeistern, was der Mensch alles kann.

Das sind unglaubliche Entwicklungen in kürzester Zeit. Denken Sie nur an die modernen Fortschritte in der Medizin. Selbst heute können gefährlichste Krankheiten beherrscht und sogar teilweise geheilt werden – etwas, das man vor Jahren für unmöglich hielt. Und wenn Sie an die Informationstechnik denken, was heute alles möglich ist!

Wir haben heute Morgen einen Text, der sich mit einem ganz privaten Seelsorgegespräch Jesu mit einer Frau beschäftigt. Man versteht die Ungeduld, wenn Leute sagen: „Mensch, ihr müsst euch doch auch um die großen Weltfragen kümmern! Wir haben doch große politische und soziale Fragen. Wo läuft die Welt hin? Was wird aus der Menschheit?“

Es ist sehr interessant, dass Jesus die großen Fragen seiner Zeit – das Römische Reich, die Steuerordnung, die Wirtschaftsordnung und die Gerechtigkeit – überhaupt nicht direkt angegriffen hat. Das wäre auch anstößig gewesen. Stattdessen setzte sich Jesus an den Brunnenrand und sprach mit dieser Frau.

Jesus machte für uns alle deutlich: Die größten Fragen liegen wahrscheinlich gar nicht dort, wo wir unsere babylonischen Türme bauen. Dort, wo man sagt: Was ist Fortschritt? Dass man in der Küche plötzlich Teflonpfannen benutzen kann? Großer Erfolg durch hunderte von Milliarden für Raumfahrt? Was ist Erfolg?

Jesus sagt: Durch die Jahrhunderte hindurch bleibt eine Not bestehen. Menschen suchen das Leben – und finden es nicht. Sie suchen mit Heißhunger, mit Gier, mit Sehnsucht und wildem Eifer. Und das ist seit Jahrhunderten gleich geblieben: Eine junge Generation sagt, das Leben der Älteren sei spießbürgerlich. „Ich will das Leben richtig haben, wo es rauscht, wo es Lärm gibt, wo das Blut in den Adern pulsiert. Was kümmern mich deren Tabus und Vorbehalte? Lass mich doch leben, ich will das Leben genießen!“

Und Jesus setzt sich mit dieser Frau an den Brunnenrand und redet über dieses Thema: Wie bekommt unser sehnsüchtiges Herz Erfüllung? Das ist wirklich die Frage an uns.

Sind die Probleme, die wir immer vorgeben, wirklich die entscheidenden? Oder läuft unser Leben letztlich auf die Frage hinaus: Was packe ich in die wenigen Jahre meines Lebens hinein, in die kurze Zeit, die mir Gott gegeben hat?

Das Evangelium ist eine Zumutung – auch für uns, so wie es damals eine Zumutung war. Jesus legt den Finger auf den Punkt und sagt: Das ist die entscheidende Sache. Wir müssen den Menschen wieder zurufen und sagen: Darum geht es doch!

Hast du das Leben gefunden, das lohnende, das erfüllte Leben? Was wird einmal der Stolz und der Ruhm deines Lebens sein, wenn du zurückblickst und sagst: Das war mein Leben, das habe ich gearbeitet, das war mir wichtig? Was erfüllt dich? Was ist dir so groß? Und was bedeutet das für dich?

Die Suche nach Erfüllung und die Begegnung mit Jesus

Die Eleonore, Fürstin Zurois, hat dieses Lied gedichtet:

Ich bin durch die Welt gegangen, die Welt ist schön und groß,
und doch zieht mich mein Verlangen mich weit von der Erde los.
Ich habe die Menschen gesehen, die sie schaffen und sich mühen,
sie suchen, was sie nicht finden – in Ehre, in Liebe, in Glück –
und kommen belastet, mit Sünden und unbefriedigt zurück.

Unbefriedigt – I can get no satisfaction,
ich kriege keine Befriedigung und schlage unserer Zeit,
ich kriege keine Befriedigung, ich suche,
und wenn ich alles versuche und nehme, was mir geboten wird,
alles, was ich mit Geld kaufen kann –
was gibt meinem Leben Befriedigung?

Sehr interessant ist, wie Jesus mit der Frau redet. Für uns ist das ganz ungewohnt.
Warum predigt Jesus die Frau nicht an? Weil Jesus wusste, dass wir nicht hören,
wenn uns jemand die Ohren vollquatscht. Gut, wenn wir daran denken, hat es gar keinen Sinn, einfach loszulabern.

Jesus setzt sich hin und lässt die Frau zunächst spüren, dass er sie versteht.
Er begibt sich auf eine Ebene mit dieser Frau. Es gibt ja im Denken der Christen oft dieses Rätsel,
über das man grübelt: Warum ist Jesus Mensch geworden und warum kommt er in dieser irdischen Gestalt, so unscheinbar, zu uns?

Weil Jesus will, dass wir es über unsere eigenen Lebensfragen erst selbst entdecken müssen:
über Krisen, über Enttäuschungen, über Sehnsüchte – Fragen wie: Herr, wer bist du denn eigentlich?

Diese Frau war nicht besonders religiös. Sie hat einiges vom Messias gehört, sie hat einiges erfahren,
aber besonders tief scheint sie das nicht bewegt zu haben. Darum ist es so gut, dass Jesus sich nicht nur von religiös vorgewärmten Leuten finden lässt,
sondern direkt auf diese Frau zugeht und sagt: "Du, wo du Sehnsucht hast. Da, wo dein Puls schlägt, deine Sehnsucht läuft, deine Wünsche liegen,
da will ich mich von dir finden lassen."

Er spricht mit dieser Frau ganz einfach und direkt. Sie hat ein schweres Leben.
Diese Frau rennt zur Mittagszeit an den Brunnen, um Wasser zu schöpfen, wenn niemand da ist. Warum tut sie das?
Warum fürchtet sie die Gemeinschaft mit den anderen?

Sie braucht es doch nicht zu fürchten, sie ist doch eine moderne Frau. Für ihre damalige Zeit war sie sehr modern.
In unserer Zeit wäre sie sehr modern. Sie lebt sehr freizügig, ohne jedes Tabu. Für sie gibt es nichts, was sie nicht ausprobieren kann,
was sie nicht meistert und was sie nicht tut – aber sie hat große Todesangst vor den Menschen.

Sehr interessant ist, dass man auf einmal auf die Spur kommt, woher die moderne Anonymität kommt, das Alleinsein,
die Angst vor den Menschen. Denn sie ist eine merkwürdige Kehrseite der Freizügigkeit, die wir auch heute kennen.

Warum gibt es so viele Singles, die sich zurückziehen, die die Tür zumachen, die nicht mit anderen reden können?
Kann es sein, dass es die Angst vor anderen Menschen ist? Dass man immer den Eindruck hat, sie tuscheln über dich?
Und die verborgene Scham, dass man im Leben etwas zudecken will?

Warum schämt sie sich überhaupt? Warum geht sie an den Brunnen, wenn niemand sonst da ist?
Warum fürchtet sie, den anderen Menschen ins Gesicht zu schauen?

Ja, sie hat diese Welt kennengelernt. Es ist keine fromme Welt, in der sie lebt, sondern eine gottlose Welt.
Aber diese Welt ist heuchlerisch. Wer hat sie eigentlich hineingetrieben? Wer hat ihr das "groß gemacht"?
"Komm, leb doch nicht so brüde, sei kein Frosch, komm, leb dich doch aus!"

Sie hat eigentlich nur das gemacht, was alle geredet haben. Und dann steht sie plötzlich allein da.
Heute gibt es ein modernes Wort dafür: Mobbing. Das gibt es nicht nur im Beruf, sondern auch gesellschaftlich.
Gesellschaftsmobbing – die Angst vor den anderen.

Man hat nicht den Mut, mit seinem eigenen Leben vor den Menschen zu bestehen, wenn sie es wüssten.
Denn tief im Innersten klagt alles an: Ich habe das Leben irgendwo falsch angepackt, ich habe etwas versäumt im Leben.
Ich will eigentlich nichts versäumen im Leben, jetzt habe ich alles versäumt und alles falsch gemacht.

So ist die Welt, und so fühlen sich Menschen heute im einundzwanzigsten Jahrhundert genauso wie diese Frau.
Darum sind sie so einsam.

Ich kann nur den Rat geben: Gehen Sie vorurteilslos auf diese Menschen zu – voll Liebe, voller Zuneigung und voller Anteilnahme.
Es sind arme Menschen, ganz arme Menschen, gerade auch unsere jungen Leute mit all ihren Enttäuschungen und Bindungen.
Gehen Sie voll Liebe auf sie zu, wie Jesus es uns vormacht. Setzen Sie sich mit ihnen zusammen.

Jesus als Quelle des lebendigen Wassers

Und dann spricht Jesus mit ihr über ein erfülltes Leben – das hat sie schnell begriffen.

In der Bibel ist es schon immer so gewesen, dass Wasser in einem wüsten Land eine besondere Bedeutung hat. Viele von uns wissen noch, was Hunger bedeutet, weil sie das selbst erlebt haben. Aber in den heißen Ländern hat man vor allem Durst erfahren. Dort wusste jeder, dass Durst nach Wasser ein Bild für Lebenserfüllung, Freude und Lust ist. Jesus spricht mit ihr darüber und sagt: Liebe Frau, zuerst bittet Jesus sie um einen Dienst.

Ich hatte einen alten Großonkel, der noch im letzten Jahrhundert geboren wurde. Er war Dorfschulrektor und betrieb nebenbei Landwirtschaft. Doch vor allem war er ein erfahrener Pädagoge. Als er einmal in der Klinik war, besuchte ihn mein Bruder, der damals Vikar war. Der alte Schulrektor fragte ihn: „Hast du auch Probleme in der Schule?“ Mein Bruder antwortete: „Ja, ich habe einen Schüler, mit dem komme ich überhaupt nicht zurecht. Er stört schrecklich und ist mit nichts erreichbar. Ich habe alles probiert.“

Daraufhin sagte der erfahrene Schulrektor: „Dann mach in der nächsten Stunde Folgendes: Gib deinem Schüler deinen Geldbeutel, so wie du ihn hast, und lass ihn ungezählt dein Geld holen. Dann schick ihn zum Bäcker, damit er zwei Brezeln holt. Du wirst sehen, du hast deinen Freund gewonnen.“

Erfahrener Pädagoge: Einen schwierigen Menschen Vertrauen geben – so macht es Jesus auch. „Komm, gib mir Wasser.“ Die Frau antwortet: „Das gibt es doch nicht! Ich bin doch Jude. Die Juden sagen, dass man mit Samaritanern nicht zusammen sein darf, das ist, als würde man Hundefleisch essen. Das ist das Schlimmste und Ekligste für einen Juden. Und du willst von mir Wasser trinken? Warum willst du das von mir?“

Jesus hat die Frau zunächst einmal nachdenklich gemacht. Er ging auf sie zu und weckte Vertrauen, bevor er sie voll predigte. Dann sagt er diesen Satz: „Wenn du erkennen würdest, wer der ist, der mit dir redet, wenn du es erkennen würdest...“

Ach ja, wissen Sie, wenn Sie wüssten, dass Jesus vor Ihrer Türe steht und anklopft, wenn Sie wüssten, was Jesus in Ihrem Leben an Freude, Hilfe und Ermutigung schenken würde – wenn Sie das nur ahnen würden! Obwohl Sie ja schon viel wissen, Sie sind ja schon informiert. Wenn Sie ahnen würden, wie das Herz von Jesus für Sie brennt, würden Sie gar nicht so zögernd da sitzen. Sie würden sich ganz weit öffnen.

Diese alte Not betrifft nicht nur diese Frau, sondern auch uns: Wir sind voller Vorurteile oder falscher Informationen über Jesus. Man kann sogar sagen, das ist die Not der Christen und der Kirchen. Auch wenn alle wissen, wer Jesus ist, gibt es dennoch Nöte in der Kirche. Wenn die Leute wirklich wissen würden, wer Jesus ist – nicht nur diese Frau –, würden wir rufen und sagen: „Herr, nur eins ist nötig, dass du in unser Leben trittst. Nur eins ist nötig, dass du in unserem Leben handelst. Wir wollen dir Vertrauen schenken und auf dich bauen.“

Aber sie erkennt Jesus nicht, und das ist die Not daran. Alles bleibt so schwierig, weil sie Jesus nicht erkennt. Die Not ist unglaublich – keine Informationsnot, sondern eine Erkenntnisnot. Wir erkennen den nicht, der mit uns redet, ein ganzes Leben lang.

Man kann es machen wie diese Frau: Sie zankt mit Jesus, führt ein religiöses Streitgespräch darüber, ob der Kult der Samaritaner richtig ist oder der Tempelkult in Jerusalem. Jesus sagt: „Ich will mit dir nicht streiten. Es geht im Leben nur um eins: dass du Jesus erkennst, sonst gar nichts.“

Ich bin so froh, dass das in der Mitte des Evangeliums steht: „Wenn du doch erkennen würdest, wer der ist, der mit dir redet!“ Wenn du in deinem ganzen Leben nur das eine erkennen würdest – nur das eine! Ach, wenn du doch das merken würdest!

Man kann durchs Leben ziehen, sich in der Arbeit vergraben, in Zerstreuung Erfüllung suchen und sich mit allerhand Mitteln berauschen. Aber wenn Menschen nicht erkennen, dass Jesus vor ihrer Türe steht und anklopft, ist alles vergeblich.

Die Not der Dritten Welt und die Bedeutung von sauberem Wasser

Und diese Frau hat in ihrem Heißhunger getrunken. Die Not der Dritten Welt ist vor allem eine Wassernot. Das wird mir immer deutlich, wenn man weiß, dass heute die schlimmste Ursache für Leid in Afrika trotz der 25 Millionen Aids-Infizierten noch nicht einmal Aids ist. Obwohl Tausende und Abertausende daran sterben und ganze Dörfer entvölkert sind.

Das Schmutzwasser ist das größte Problem Afrikas. 1,2 Milliarden Menschen, das sind 1.200 Millionen, können in ihrem Leben nie ein sauberes Glas Wasser trinken – niemals! Mit jedem Schluck trinken sie die Infektionen in ihren Körper hinein. Die Kinder bekommen Durchfall und sterben weg wie die Mücken. So ist das Leben dieser Frau.

Schmutzwasser ist doch das, was man nimmt und warum viele Menschen belastet mit Sünden und unbefriedigt zurückkommen. Es verursacht Krankheiten und Infektionen. Das ist kein Wasser, das befriedigt.

Heute gibt es oft Diskussionen, auch unter Christen, ob einzelne Bereiche aus dem geschlechtlichen Leben, aus dem Eheleben oder dem vorehelichen Leben herausgenommen werden sollen. Ist das in der Bibel klar gesagt oder nicht? Die Frage ist doch, ob es dein Leben gesund macht, ob das saubere Wasser sich ergibt. Das ist doch die entscheidende Frage.

Natürlich beschreibt die Bibel nicht jede Sünde detailliert oder gibt einen vollständigen Katalog an. Es geht doch um sauberes Wasser. Mir gefällt, wie in der Bibel so ganz dezent und vornehm Schleier darüber gebreitet werden. Auch bei dieser Frau. Die Filme und Romane erzählen die Geschichte dieser Frau oft ausführlich, aber die Bibel erzählt nicht, was sie mit den fünf Männern getrieben hat. Das interessiert nur eine gewisse Fantasie.

Die Bibel interessiert das nicht. Jesus interessiert das saubere Wasser, und dass Menschen sauberes Wasser trinken. Er sagt: „Komm doch, lass doch diese Pfützen, aus denen du getrunken hast. Die machen dich doch nur krank.“

Es ist wahr, dass viele Lebensformen, die heute als selbstverständlich und natürlich gelten, Menschen krank machen, nicht befriedigen und keine Freude schenken. Und ersparen Sie mir jetzt die Details dazu, Sie wissen es doch selbst.

Jesus sagt: „Du, das Entscheidende ist doch, wenn du zu mir kommst, kann ich aus deinem wüsten, stinkenden, kranken Leben eine neue Quelle machen, die reines Wasser gibt.“ Das ist das herrliche Angebot Jesu, wenn du erkennen würdest, wer der ist, der mit dir redet.

Die Freude am Glauben und die Veränderung des Lebens

Es ist bemerkenswert, dass hier nicht über große Weltfragen, Raumfahrt oder die Weltwirtschaftsordnung gesprochen wird, sondern über die größte Sache: dass Menschen durch die Begegnung mit Jesus neu werden.

Jesus sagt: „Ich kann dir Wasser geben, das dich erfüllt.“ Oft hat dies bei anderen Spott ausgelöst. Wenn Menschen erlebt haben, wie Christen sich verändern, hieß es: „Die Christen spinnen doch.“ Tatsächlich spinnen sie, wenn jemand Jesus entdeckt. Das ist noch schlimmer als eine Verliebtheit. Die Freude, die jemand mit Jesus erlebt, ist so groß, dass andere sagen: „Der hat einen Tick, der spinnt irgendwo.“

Petrus zum Beispiel gab seinen mittelständischen Fischereibetrieb auf. Barnabas verkaufte seine Güter. Man kann sich vorstellen, wie schlimm das für sie war, denn sie hatten gehofft, diese Güter zu erben. Wenn jemand Jesus gefunden hat und das Lebenswasser bei ihm, verändert sich der ganze Lebensstil. Er setzt alles auf eine Karte – auf das, was ihm Erfüllung und Freude schenkt.

Ich halte oft den Atem an, wenn ich junge Leute erlebe, die eine glänzende akademische Karriere hinter sich haben und sich dann für ein Taschengeld in einen Dienst an Elenden senden lassen. Sie sagen: „Das wird die höchste Befriedigung und die größte Freude meines Lebens.“ Ist das wirklich so? Erlebt und erfährt ein Mensch das wirklich? Oder ist es nur ein Rausch?

Nein, es ist kein Rausch. Das, was wirklich befriedigt und groß macht, ist, wenn man heute Jesus in sein Leben einlässt. Wenn er das Leben verändern kann, ein neues Lebensziel setzt, selbst zur Mitte und zur Kraft des Lebens wird. Dann beginnt ein Genuss ohne Reue. Es gibt nichts Größeres, als Gemeinschaft mit Jesus zu haben.

Die anderen, die spotten, sagen dann: „Was haben die immer? Warum reden sie immer noch von Jesus?“

Wer ihn hat, ist still und satt, erfüllt und reich.

Darum wird hier nur am Rande die Not dieser Frau gestreift, die Jesus nur dezent und vornehm anrührt. In der Seelsorge hört man heute oft den Satz: „Wir sollen Menschen annehmen, wie sie sind.“ Das ist eine Binsenwahrheit. Natürlich können wir Menschen nicht anders machen, als sie sind. Aber es ist Unsinn, Menschen einfach so anzunehmen, wie sie sind.

Das Tolle an christlicher Seelsorge ist, dass sie mehr geben kann: Sie sagt den Menschen, dass aus einer zerrütteten, kranken Ehe ein Gesundbrunnen für viele werden kann. Aus deinem Wesen, an dem du so leidest, weil du mit dir selbst uneins bist, kann etwas Neues entstehen. Das will Jesus machen: dass du zum Segen für viele wirst.

Du bist nicht ein Brechreiz für deine Umgebung. Jesus will dich erneuern und verändern. Das verspricht er hier: Du wirst ein Brunnen werden.

Wir hören das immer wieder von unseren Wasseringenieuren. Wenn Hartmut Schak oder Matthias Stahl erzählen, wie spannend es ist, in Afrika Brunnen zu bohren, immer tiefer einzudringen, die Angst, ob das Bohrgestänge hält – und dann plötzlich das Wasser sprudelt. Der erste Becher frisches Wasser!

Ist das bei Ihnen im Leben so? Können Sie Wasser weitergeben, nicht nur Sprüche? Können andere Menschen durch Sie und mit Ihnen etwas von Jesus erleben? Was Jesus in Ihrem Leben neu macht und verändert? Was Sie freimacht von Bindungen an Ehre, Geiz, Ehrsucht und Kleinkrämerei? Wo Sie ein Mensch werdender Liebe sind, erfüllt und getrieben von ihm?

Am Ende ließ die Frau ihren Krug stehen. Das war nicht mehr wichtig für sie. Früher war sie stolz auf ihren Eimer, doch Jesus hat keinen Eimer. Sie hatte keinen, mit dem sie schöpfen konnte. Und jetzt sagt sie: „Das ist gar nicht wichtig. Das Schöpfen mit Wasser ist nicht wichtig.“

Plötzlich ist in ihrem Leben eine neue Rangfolge eingetreten. Sie hat im Gespräch Jesus entdeckt, ihren Heiland, ihren Retter. Sie muss allen Menschen davon erzählen, von dieser herrlichen Sache.

Das wünsche ich Ihnen: dass Sie das können, ganz schlicht, so wie Jesus es getan hat. Nicht mit Gewalt oder Druck, sondern geduldig einem Menschen sagen: „Du solltest Jesus kennen. Er steht vor dir, und du darfst mit ihm reden.“ Er kann dein Leben erneuern, so wie du es selbst entdeckt hast.

Denn das ist das Größte an Erfüllung, die größte Freude dieser Welt, der größte Schatz, den man finden kann, und die wichtigste Nachricht, die man weitergeben muss.

Amen!

Abschlusslied und Gebet

Dann singen wir vom Lied „Bei der Jesu will ich bleiben“, Nummer 406, die Verse 2 und 3.

Wir wollen beten:

Du, Jesus Christus, unser Herr, du willst, dass wir dich immer besser erkennen. Deine Liebe ist ohne Ende und trägt uns. Dein Erbarmen reißt nie ab. Deine Kraft überwindet all unsere Schwachheit. Du bist eine Gegenwart, die nichts dazwischen treten lässt – weder Dunkles noch Trauriges. Denn wir werden im Leben und im Sterben von dir getragen.

Danke, Herr, dass du alles sein willst. Gib uns jetzt dieses Erkennen immer besser, beim Bibellesen, beim Hören auf dein Wort und auch in der Gemeinschaft. Gib uns die Ungeduld, immer nur auf das eine zu dringen: dich zu erkennen. Gib du in deiner Christenheit, dass du die Mitte bist, dass du dich unter uns offenbarst und wir dich erkennen und darüber froh werden.

Wir bitten dich, dass wir das weitertragen können, wo so viele Menschen unerfüllt und traurig durchs Leben gehen – enttäuscht und auch verbittert. Es tut uns immer leid, lieber Herr, wenn wir Menschen abstoßen, auch mit unserer Frömmigkeit. Hilf uns, dass wir uns nicht immer wieder vorstellen müssen, sondern dass wir von dir dort reden können, wo Menschen Hunger nach Leben haben.

Hilf uns, dass wir es so tun, dass Menschen selbst Schritt für Schritt entdecken, wer du bist und wie du dich ihnen offenbarst. Du willst nicht, dass Menschen verloren gehen, sondern dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Du bist gekommen, damit Menschen Leben in überfließender Fülle haben.

Wir danken dir, dass dies auch von dir wahrgemacht wird bei den Leidenden, bei den Kranken und bei den Angefochtenen und Schwermütigen. Dass du es auch auf wüsten Wegen klar machst, wie deine Kraft uns erfüllt und wie du unsere Stärke bist.

So wollen wir dich auch bitten für den Dienst all derer, die in deinem Namen viel wagen, die hinausgehen und dir dienen, die in unserem Land in deinem Namen alles hingeben. Erfülle sie und setze sie zum Segen.

Lasst uns gemeinsam beten:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Hinweise zum Gemeindeleben und Segenswünsche

Bleiben Sie noch einen Moment stehen. Wir möchten nur noch darauf hinweisen: Heute Abend um 18 Uhr ist in der Johanneskirche der Abschluss der Allianzgebetswoche. Zu Gast ist Volker Teich aus Tübingen, der Vorsitzende der Ludwig-Hofacker-Vereinigung.

Am Dienstag starten wir mit einer neuen Bibelstundenreihe über die Apostelgeschichte. Thema ist, wie das Evangelium die hellenistische römische Welt erobert hat. Das Evangelium wird in schlichten Worten durch die Apostel weitergetragen – eine Kraft, die die Welt verändert. Wie das geschieht, wird immer wieder mitreißend dargestellt.

Wir bieten mittags eine Bibelstunde für diejenigen an, die abends nicht mehr so gern kommen, und zwar um 14:30 Uhr. Dann folgt um 19:00 Uhr unsere Bibeltrainingstunde im großen Saal.

Nach dem zweiten Gottesdienst wird Andrea Hilger anwesend sein. Sie arbeitet in Maputo, früher Lorenzo Marques, in Mosambik. Dort ist sie im Koordinierungsbüro der medizinischen Arbeit der evangelischen Kirchen tätig. Mosambik ist ein riesiges Land in Südostafrika, fast 3.000 Kilometer lang, mit kaum befahrbaren Straßen, die oft für die Mission gesperrt sind.

Dennoch gibt es dort eine wache evangelische Gruppe von etwa elf Prozent bibeltreuer Christen. Andrea Hilger leistet einen großen Dienst, besonders unter den Straßenkindern. Dies tut sie bisher in ihrer Freizeit, möchte jetzt aber hauptamtlich einsteigen.

Die Arbeit mit den Straßenkindern in Maputo ist besonders herausfordernd. Die Stadt gehört zu den afrikanischen Städten, in denen es lebensgefährlich ist, nachts an einer Ampel zu stehen, wegen der hohen Kriminalität. Viele neunjährige Kinder dort sind bereits geschlechtskrank.

Andrea Hilger erzählt immer sehr bewegend, wie sie diesen Dienst an den Kindern tun kann. Sie bringt ihnen Jesus näher und bietet äußere Hilfe durch Liebe. So wird das Leben verändert, obwohl es in der frühen Kindheit oft schon schwer zerstört ist.

Nun will Jesus mit diesen Kindern gehen und ihnen viele Erfahrungen ermöglichen. Er möchte, dass sie Schritt für Schritt selbst entdecken, wie Jesus ihnen Befriedigung und Erfüllung schenkt – ähnlich wie die samaritanische Frau. Er zeigt ihnen, wie sie auch in Enttäuschungen und im Suchen Halt finden können.

Herr, segne uns und behüte uns! Herr, lass dein Angesicht über uns leuchten und gib uns deinen Frieden!