Vorstellung und Einleitung zum Timotheusbrief
Guten Abend, mein Name ist Thomas Jettl, für diejenigen, die mich noch nicht kennen. Ich komme aus der Schweiz, bin jedoch Österreicher. Wir leben seit etwa achtzehn Jahren in der Schweiz.
Ich wirke in verschiedenen Gemeinden und bin Bibellehrer.
In den nächsten Tagen wollen wir uns den ersten Timotheusbrief anschauen. Zunächst einige einleitende Bemerkungen, die Sie nicht auf Ihren Blättern haben werden.
Wer ist Timotheus? Herkunft und Hintergrund
Ich beginne mit Römer 1 und dem Empfänger: Wer ist Timotheus und was tut er?
In Apostelgeschichte 16,1 lesen wir, dass Timotheus ein Halbjude ist. Dort heißt es: Ein Jünger war dort mit Namen Timotheus, Sohn einer gewissen jüdischen gläubigen Frau, aber eines griechischen Vaters. Das bedeutet, der Vater war Grieche, also ein Heide, und die Mutter eine jüdische Christin, eine gläubige Jüngerin.
Timotheus kommt wahrscheinlich aus Lystra. Wir lesen in Apostelgeschichte 16,1: Paulus kam nach Derbe und Lystra, also zwei Ortschaften in Kleinasien. Und siehe, ein Jünger war dort mit Namen Timotheus, der ein gutes Zeugnis hatte von den Brüdern in Lystra und Ikonion, heißt es in Vers 2.
Paulus kommt also nach Derbe und Lystra; dort war ein Jünger, der ein gutes Zeugnis von den Brüdern in Lystra und Ikonion hatte. Zwei Tatsachen werden hier berichtet: Paulus besucht zwei Ortschaften, und Timotheus ist in beiden bekannt. Das Zeugnis hat er von den Brüdern in Lystra und Ikonion. Der gemeinsame Nenner dieser beiden Tatsachen ist Lystra. Deshalb dürfen wir gut annehmen, dass Timotheus aus Lystra stammt. Lystra ist der gemeinsame Ort, an dem beide Ereignisse stattfinden: Paulus kam dorthin, und Timotheus hatte dort ein gutes Zeugnis.
In Apostelgeschichte 20,4 kommt Timotheus noch einmal vor. Dort erfahren wir: Es begleiteten ihn bis nach Asien Sopater, ein Berührer von Thessalonichern, Achis, Tarchus und Sekundus, auch Gaius, ein Derbier, und Timotheus sowie die Asiaten Tychikus und Trophimus.
Manche haben aus diesem Vers entnommen, dass Timotheus von Derbe war. Das hängt jedoch davon ab, ob man hier ein Komma setzt oder nicht. Wenn es heißt: „Gaius, einer aus Derbe, und Timotheus“, dann wissen wir von Timotheus ohnehin, dass er schon bei Paulus dabei war. Daher muss bei Timotheus nicht gesagt werden, woher er stammt. Von den anderen wird überall angegeben, woher sie kommen, aber bei Timotheus nicht.
Es scheint also wirklich so zu sein, dass Timotheus aus Lystra stammt und Gaius aus Derbe. Das ist jetzt auch nicht so wichtig.
Timotheus’ geistliche Erziehung und Beziehung zu Paulus
Jedenfalls war er schon früh in der Heiligen Schrift unterwiesen worden. Im zweiten Timotheusbrief lesen wir, dass er von Kindheit an die Heiligen Schriften kennt. In 2. Timotheus 3,15 heißt es: „Weil du von Kindheit an die Heiligen Schriften kennst, die dich weise machen können zum Heil durch den Glauben, der in Christus Jesus ist.“
Paulus wusste also, dass Timotheus gut unterwiesen worden war. Wer hat ihn unterwiesen? In 2. Timotheus 1,5 werden seine Mutter Eunike und seine Großmutter Lois erwähnt. Offensichtlich waren beide Christinnen, denn sie werden dort namentlich genannt.
Timotheus wurde also schon früh in den Schriften, dem Alten Testament, erzogen. Seine jüdische Mutter und seine jüdische Großmutter haben ihn von klein auf unterwiesen. Später kam Timotheus dann zum Glauben, und auch seine Mutter wurde gläubig.
In 1. Korinther 4,17 wird Timotheus noch einmal erwähnt. Dort heißt es: „Ich habe euch gesandt Timotheus, mein geliebtes und treues Kind im Herrn.“ Paulus bezeichnet Timotheus hier als sein geistliches Kind. Das bedeutet vielleicht, dass Paulus dazu beigetragen hat, dass Timotheus zu Christus kam.
Jedenfalls hat Paulus Timotheus im Glauben erzogen und ihn intensiv begleitet.
Timotheus’ Dienst mit Paulus und seine Beschneidung
Und wieder zurück zur Apostelgeschichte, Kapitel 16. Auf dieser zweiten Missionsreise kam Timotheus mit Paulus mit (Apostelgeschichte 16,3). Paulus wollte, dass Timotheus mit ihm zusammen auszog. Deshalb nahm er ihn an sich und beschnitt ihn wegen der Juden, die an jenem Ort waren.
Denn sie kannten alle seinen Vater und wussten, dass er ein Grieche war. Timotheus war noch nicht beschnitten, doch jetzt wurde er beschnitten, um bei den Juden einen Eingang zu haben. Paulus wollte nicht von vornherein ein Hindernis schaffen.
Es ist ja nicht verboten, jemanden zu beschneiden. Die Beschneidung geschah nicht, damit Timotheus gerettet wird, sondern um Juden zu gewinnen.
Timotheus’ besondere Gnadengabe und Weissagungen
Dann erfahren wir noch etwas in 2. Timotheus 1,6. Dort heißt es: Er erhielt eine besondere Gnadengabe.
In 2. Timotheus 1,6 wird daran erinnert, weiterhin das Feuer der Gnadengabe Gottes zu entfachen, die durch das Auflegen der Hände von Paulus in ihm ist. Das bedeutet, dass Timotheus eine Gnadengabe Gottes in sich trägt, die ihm durch das Auflegen der Hände von Paulus übertragen wurde. Dieses Auflegen der Hände war der Begleitumstand, als er die Gnadengabe empfing.
Der Begleitumstand bestand darin, dass Paulus für ihn betete. Dieses Gebet erfolgte mit Handauflegung, also als öffentliches Gebet. Das sichtbare Zeichen beim Beten war das Auflegen der Hände. Dadurch wurde Timotheus vom Herrn mit einer besonderen Gnadengabe ausgestattet. Welche Gnadengabe genau das war, erfahren wir nicht. Jedenfalls hat der Herr ihn ausgerüstet, wahrscheinlich für den Dienst, um dann mit Paulus zu gehen.
In Bezug auf Timotheus erfahren wir, dass die ganze Ältestenschaft, das heißt, dass jemand Weissagungen über Timotheus ausgesprochen hat. Diese Ältestenschaft wird uns erst später bekannt. So heißt es in 1. Timotheus 1,18: „Diese Anweisung vertraue ich dir an, Kind Timotheus, gemäß den vorangehenden Weissagungen über dich, damit du in ihnen den edlen Kampf kämpfen möchtest.“
Das bedeutet, Timotheus hatte Weissagungen erhalten. Wann genau, wie oft und von wem, wird nicht erwähnt. Wir erfahren nur, dass es Weissagungen über Timotheus gab. Vielleicht hat der Herr jemandem aus der Gemeinde etwas aufs Herz gelegt und übernatürliche Prophezeiungen ausgesprochen, dass Gott ihn für einen besonderen Dienst gebrauchen würde. Genaues wissen wir nicht, denn es steht nicht explizit im Text. Wir können hier nur Vermutungen anstellen.
An einer anderen Stelle wird erwähnt, dass die Ältestenschaft die Hände auf Paulus gelegt hatte. Diese Stelle finden wir in 1. Timotheus 5,21 – oder genauer gesagt, ich suche die Stelle, es ist 1. Timotheus 4,14.
Dort heißt es: „Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir gegeben wurde durch Weissagung mit Händeauflegung der Ältestenschaft.“
In 1. Timotheus 4,14 wird also erneut von Weissagung gesprochen, die wiederum in Verbindung mit Gebet und Händeauflegung stand. Das bedeutet, beim Beten legten nicht nur Paulus, sondern auch die Ältesten die Hände auf Timotheus. Damals geschah die Gnadengabe; Gott hat ihn dadurch begabt.
Paulus hatte gebetet, die Ältesten hatten gebetet, und der Herr hatte Timotheus mit einer besonderen Gnadengabe ausgerüstet. Wahrscheinlich geschah dies zu dem Zeitpunkt, als Timotheus aus der Gemeinde wegzog, um seinen Dienst anzutreten.
Timotheus’ Wertschätzung durch Paulus und sein Dienst in Ephesus
Gut, dann erfahren wir noch etwas über ihn in Philipper 2,19-23. Paulus schätzt Timotheus sehr, sogar weit mehr als die anderen Mitarbeiter, die er hatte. Offenbar kennt er ihn schon von früher. Im Philipperbrief stellt Paulus ihm das beste Zeugnis aus.
Der Brief wurde etwa in den frühen sechziger Jahren nach Christus geschrieben, vielleicht um das Jahr 62, also etwa drei bis vier Jahre vor dem ersten Timotheusbrief. Dort heißt es in Kapitel 2, Vers 19: „Ich hoffe, in dem Herrn Jesus Timotheus bald zu euch zu schicken.“
Etwas später, in den Versen 20-22, schreibt Paulus weiter: „Denn ich habe niemanden, der so eingestellt wäre, der sich mit echter Sorge um eure Umstände annehmen wird. Denn sie suchen alle das Ihre, nicht das, was Christi Jesu ist. Aber ihr kennt seine Bewährung, dass er wie ein Kind für den Vater zusammen mit mir Sklavendienst leistete.“
Das bedeutet, dass Timotheus zusammen mit Paulus gedient hat. Sein Dienst war wie ein Sklavendienst – er stand Paulus zur Seite, wie ein Sklave seinem Herrn. Für die gute Botschaft wirkte er selbstlos, wie ein Kind für den Vater. So heißt es an anderer Stelle, hier in Vers 23: „Wie ein Kind für den Vater hat er gedient.“
Paulus schätzt ihn also sehr. Außerdem erfahren wir, dass Paulus ihn gerne bei sich haben möchte, besonders am Ende seines Lebens. Er hat große Sehnsucht nach Timotheus.
In 2. Timotheus 4,9 lesen wir aus dem letzten Brief des Apostels Paulus, der uns überliefert wurde: „Befleißige dich, schnell zu mir zu kommen. Lukas allein ist bei mir. Nimm Markus zu dir und bringe ihn mit, wenn du selbst kommst, denn er ist mir gut brauchbar zum Dienst.“
In Vers 12 heißt es weiter: „Tychikus sandte ich nach Ephesus. Den Mantel, den ich in Troas bei Karpus zurückließ, bringe, wenn du kommst, und die Bücher, vor allem die Pergamente.“
Und in Vers 21: „Befleißige dich, vor dem Winter zu kommen.“
Paulus bittet also zweimal darum, dass Timotheus sich beeilt und schnell kommen soll. Er hat große Sehnsucht nach ihm.
Das ist also dieser Timotheus. Wir haben jetzt einige Verse aus verschiedenen Briefen, die uns etwas über ihn erzählen.
Was macht Timotheus? Er hat mit Paulus zusammen eine Zeit lang in Ephesus gedient. Dann ist Paulus weggezogen und hat Timotheus zurückgelassen. Timotheus soll jetzt seinen geistlichen Vater in Ephesus und in der Umgebung vertreten.
Paulus war Missionar, also Apostel, und Timotheus soll nun als missionarischer Lehrer gewissermaßen Paulus vertreten. Das heißt, er soll die Gläubigen, die Gemeinden und die Gruppen von Christen im Raum Ephesus lehren und evangelisieren.
Im vierten Kapitel des zweiten Timotheusbriefs erfahren wir, dass er auch den Dienst eines Evangelisten tun soll. Er ist also Lehrer und Evangelist.
Was macht Timotheus? Er handelt und wirkt als Apostel. So wie Paulus als Apostel gewirkt hat, so wirkt auch Timotheus. Heute würden wir sagen: Er ist Missionar.
Apostel und Missionar: Begriffserklärung und Bedeutung
Das Wort Apostolos ist griechisch, und das Wort Missionarius ist lateinisch. Beide bedeuten dasselbe: Sendbote, jemand, der mit einer Botschaft ausgesandt wird – einfach ein Gesandter.
Er erfüllt denselben Dienst wie Paulus, also den Dienst, den Paulus getan hat. Natürlich war Paulus ein besonderer Apostel, aber hier sprechen wir ganz allgemein von Aposteln.
Es gab ja noch mehrere Apostel neben den zwölf. Zum Beispiel Barnabas, der ebenfalls Apostel genannt wird. Er gehörte nicht zu den zwölf und auch nicht zu den grundlegenden Aposteln, ebenso wenig wie Timotheus. Dennoch wird Barnabas als Apostel bezeichnet. In Apostelgeschichte 14,14 heißt es: „Als die Apostel Barnabas und Paulus das hörten, zerrissen sie ihre Kleider usw.“ Hier werden Barnabas und Paulus als Apostel bezeichnet.
Auch Timotheus wird als Apostel genannt. In 1. Thessalonicher 2,6 steht: „Noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen; als Christi Apostel hätten wir das Gewicht unserer Stellung spüren lassen können.“ Paulus spricht hier in der Wir-Form. Dabei meint er nicht den Majestätsplural, sondern bezieht sich auf diejenigen, die damals in Thessaloniki waren – nämlich Paulus, Silas und Timotheus. Das lesen wir in 1. Thessalonicher 1,1, wo diese drei am Anfang des Briefes als Grüßende genannt werden.
Daher müssen wir das „Wir“ in Kapitel 2, Vers 6 auf Paulus, Silvanus und Timotheus beziehen. Damit haben wir hier drei Personen, die als Apostel bezeichnet werden.
Wir sehen also, dass das Wort Apostel im Neuen Testament für einen größeren Kreis von Personen verwendet wird – nicht nur für die zwölf Apostel und Paulus. Das war zunächst eine kurze Anmerkung zu Timotheus.
Absicht und Zweck des ersten Timotheusbriefes
Und dann einiges über die Absicht dieses Briefes. Auch das möchte ich voranstellen, bevor wir den Text durchnehmen.
Die Absicht, was war die Absicht, was war der Zweck dieses Briefes? Das ist bei mir jetzt in positiver und negativer Hinsicht etwas.
In positiver Hinsicht war die Absicht ganz sicher zuerst einmal, Timotheus zu ermutigen. Timotheus war allein gelassen worden und brauchte Ermutigung. Wir werden feststellen, dass er ein bisschen zaghaft war. In 2. Timotheus 1 liest man davon.
Paulus wusste, dass er Timotheus ermutigen muss. Timotheus hatte eine sehr wichtige Aufgabe dort in Ephesus und Umgebung. Jetzt will Paulus Timotheus unterstützen, ihm persönlich Mut machen und auch seinen Dienst unterstützen. Das war ganz wichtig.
Dieser Brief, den er hier bekommen hat, sollte auch wie ein Ausweis für Timotheus sein. Diesen Brief, den er in der Hand hat – und natürlich haben die anderen erfahren, dass er den Brief bekommen hat, wahrscheinlich wurde er auch vorgelesen – jedenfalls hat er jetzt etwas in der Hand, womit die anderen sehen, dass der Apostel Paulus ganz hinter diesem Mann steht und ihn stützt.
Timotheus arbeitet hier im Auftrag von Paulus. Das soll den Brüdern dort klar sein. Seine Berechtigung für den Dienst und seine Autorität für diesen Dienst wird also unter anderem durch das Wort Gottes gegeben, das Paulus geschrieben hat, nämlich durch den ersten Timotheusbrief hier.
Die Autorität des Timotheus wird gestützt durch dieses Stück Wort Gottes, das er in der Hand hat.
In negativer Hinsicht war die Absicht des Briefes zu korrigieren und zu warnen. Es waren da welche, die Gefahr brachten in diesen Gemeinden, und es sollte die Reinheit des Evangeliums bewahrt werden.
Deshalb erwähnt Paulus hier ganz konkret solche, die nichts Würdiges sagen, oder eigentlich heißt es, die nichts sagen. Sie predigen und sagen nichts dabei, sie machen leere Worte, wenn sie verkündigen.
Und da gab es solche, die etwas Falsches sagten, wenn sie verkündigten. Beide werden negativ dargestellt: solche, die einfach predigen und nichts sagen, und solche, die etwas Falsches sagen in ihrer Verkündigung.
Das muss klargestellt werden, denn es geht darum, das Evangelium zu bewahren, die reine Lehre zu bewahren, die gesunde Lehre.
Was wir da haben, ist eigentlich kein Lehrbrief über Gemeinde oder über das Thema Gemeindeleitung. Ein Lehrbrief ist das nicht.
Timotheus kannte die Lehre des Apostels Paulus, und Paulus muss ihm nicht einen Lehrbrief schreiben, damit er weiß, was die richtige Lehre über Gemeinde ist.
Nicht das, aber es war eine Korrektur, eine Ergänzung zur Lehre des Paulus. Timotheus brauchte einige Ergänzungen, und die sind hier ganz wichtig zum Thema Gemeinde und zum Thema Leitung der Gemeinde.
Von daher ist also sehr viel Lehrmäßiges in diesem Brief drin, aber er ist kein systematischer Brief wie der Römerbrief oder der Epheserbrief.
Paulus braucht auch nicht lange zu argumentieren, denn er schreibt zu seinem engsten Mitarbeiter. Timotheus kennt Paulus, und Paulus kennt Timotheus.
Also wird ihm einfach diese Hilfe gegeben, die er braucht. Von daher ist es ein Ergänzungsbrief, nicht so sehr ein richtiger Lehrbrief, ein klassischer Lehrbrief.
Kernaussage und Thema des Briefes
Römer 3 habe ich hier bei mir. Was ist der Kern, was ist die Kernaussage dieses Briefes? Ich denke, Kapitel 3, Verse 14 bis 16 enthalten eine sehr zentrale Aussage, vor allem Vers 15.
In Kapitel 3, Vers 14 schreibt Paulus: „Solches schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen. Falls ich mich aber verzögere, sollst du wissen, wie man sich im Hause Gottes verhalten soll, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit.“
Das bedeutet, dass du wissen sollst, wie man sich verhält – nämlich als was? Was dich betrifft, als Missionar dort, und was die anderen betrifft: die Männer, die Frauen, die älteren Männer, die älteren Frauen, die jüngeren Männer, die jüngeren Frauen usw.
Einige Gemeindeordnungen werden hier gegeben, vor allem in Kapitel 2 und 3, aber auch in Kapitel 5, wo es um die Versorgung der Witwen geht.
Der Kern, das Thema, habe ich schon genannt. Es wäre jetzt dann Römer 4. Das Thema dieses Briefes ist eine Ermutigung und Anweisung eines Missionars an einen Missionar. Ein Missionar schreibt einem anderen Missionar. Ein großer Apostel, ein fundamentaler Apostel, schreibt einem kleineren Apostel und gibt ihm Anweisungen für seinen apostolischen Dienst.
Auf die Gliederung werde ich später noch eingehen.
Allgemeine Bemerkungen zu den Briefen Timotheus und Titus
Römisch 6 – Bemerkungen zu den Briefen Timotheus und Titus allgemein
Zunächst zur Bezeichnung dieser Briefe: Sie werden als Pastoralbriefe bezeichnet. Pastoralbriefe bedeutet wörtlich „Hirtenbriefe“. Allerdings ist diese Bezeichnung nicht ganz zutreffend. Wenn man etwas genauer darüber nachdenkt, stellt man fest, dass es sich dabei eher um eine Fehlbezeichnung handelt.
Der Begriff Pastoralbriefe suggeriert, dass diese Briefe an Gemeindeleiter gerichtet sind. Timotheus und Titus werden oft als Gemeindeleiter verstanden. Doch Timotheus war kein Gemeindeleiter im herkömmlichen Sinn, und Titus ebenfalls nicht. Sie waren keine Pastoren, also keine Hirten an einem festen Ort.
Timotheus war vielmehr ein überörtlicher Hirte, ein Missionar, der unterwegs war und zeitweise in Ephesus blieb. Auch Titus war eine Zeit lang in Kreta, aber auch er war eher ein überörtlicher apostolischer Mitarbeiter, ein Missionar, ein überörtlicher Hirte, Lehrer und Evangelist. Die Bezeichnung Pastoralbriefe ist daher irreführend.
Man könnte einwenden, dass sie doch Hirten waren – und das stimmt natürlich. Aber sie waren keine dauerhaften Hirten an einem festen Ort. Besser wäre es deshalb, diese Briefe als Mitarbeiterbriefe zu bezeichnen. Denn Timotheus und Titus waren keine Bischöfe oder örtlichen Hirten, sondern Missionare und Mitarbeiter des Paulus. Sie waren missionarische Mitarbeiter.
Natürlich sind alle Briefe von Paulus in gewissem Sinne Hirtenbriefe, denn Paulus spricht immer auch den Hirten- oder Leitungsdienst an. Trotzdem kann man diese drei Briefe nicht als spezielle Hirtenbriefe bezeichnen. Sie sind eher Apostel- oder Missionsbriefe – ein Missionar schreibt an andere Missionare.
Paulus, Timotheus und Titus waren reisende Verkündiger. Auch heute gibt es Menschen, die an verschiedenen Orten unterwegs sind. Sie haben nicht unbedingt mehr Autorität als die Ortsgemeinden, aber ihr Kennzeichen ist die Reisetätigkeit.
Paulus nimmt hier eine besondere Stellung ein, weil er zu den grundlegenden Aposteln gehört, die den Herrn Jesus persönlich gesehen haben. Im ersten Timotheusbrief ist Paulus derjenige, der unterwegs ist und sich nach Ephesus zu Timotheus bewegt.
Im zweiten Timotheusbrief ist es umgekehrt: Paulus befindet sich in Rom, und Timotheus bewegt sich zu ihm nach Rom. Im Titusbrief sind beide unterwegs, Paulus irgendwo in Mazedonien und Titus in Kreta. Beide bewegen sich auf einen gemeinsamen Treffpunkt in Nikopolis zu.
Diese Briefe stammen also von Menschen, die unterwegs waren.
Bibelstellen zur Unterstreichung der Reisetätigkeit
Das jetzt zu diesen Namen, Pastoralbriefe.
Hier einige Bibelverse, die zeigen, dass sie unterwegs waren:
In 1. Timotheus 3,14 schreibt Paulus: „Solches schreibe ich dir in der Hoffnung, schneller zu dir zu kommen.“ In 1. Timotheus 4,13 heißt es: „Bis ich komme, widme dich dem Lesen usw.“ Das bedeutet, dass Timotheus für eine Zeit lang diesen Dienst dort tun sollte, bis Paulus wiederkommt.
In 2. Timotheus 4,9 ist es umgekehrt, da kommt Timotheus zu Paulus. Titus 3,12 zeigt, wie beide unterwegs sind und sich dann im Nikopolis treffen: Titus und Paulus.
Durch diese Briefe bekommt man einen Einblick in die Tätigkeit eines Missionars. Heutzutage verwenden wir das Wort „Missionar“ oft etwas anders. Wir denken, ein Missionar sei jemand, der irgendwo in Afrika ist.
Das ist aber nicht so. Wir sollten wieder biblische Begriffe verwenden. Missionare gibt es genauso in Deutschland wie in Afrika. Und nicht jeder, der nach Afrika geht und dort etwas für den Herrn tut, ist automatisch ein Missionar.
Es gibt Menschen, die sind Diener, Diakone oder einfach Helfer, aber sie sind in einem entfernten Land tätig. Die Bibel nennt sie dann nicht Missionare, sondern einfach Diener.
Abfassungszeit und historische Einordnung der Briefe
Zur Abfassungszeit – hier war ich jetzt abgelenkt. Den Aufenthaltsort haben wir bereits besprochen, das lassen wir jetzt außen vor. Zur Abfassungszeit: Wir müssen uns überlegen, wo Paulus zu der Zeit war. Hier gibt es eine Diskussion über die Abfassungszeit dieser Briefe. Das hängt eng damit zusammen, ob Paulus nach seiner Gefangenschaft in Rom jemals wieder freigelassen wurde oder nicht. Darauf möchte ich jetzt etwas näher eingehen.
Für uns ist wichtig, dass wir im 1. Timotheus 1,3 lesen, dass Paulus nach Makedonien zog – man kann diese Provinz griechisch oder römisch aussprechen – und Timotheus in Ephesus und Umgebung blieb. An jedem Ort in Ephesus soll dieses und jenes geschehen. Timotheus ist also in Ephesus und Umgebung, also Milet und vielleicht auch Troas und dieser Gegend, Laodizea usw., während Paulus in Makedonien ist.
Wenn wir uns das ansehen, betrifft es die ganze Gegend um Milet. Ich kann es von meiner Warte aus schlecht sehen, aber Sie sehen es selbst: Es ist diese Gegend um Milet – hier, ich sehe es nicht genau – vielleicht hier? Milet, Ephesus, vielleicht auch Laodikea, ein bisschen weiter im Landesinneren. Paulus ist nicht lange weg gewesen. Er war noch vor kurzem in Ephesus gewesen. Er war auch auf Kreta, wie er im Titusbrief schreibt, und zwar auch nicht lange vor dem Schreiben dieses Briefes.
Später sehen wir im 2. Timotheusbrief, dass Paulus als Gefangener in Rom ist. Einige Zeit vorher war er in Troas. Es scheint also, dass Paulus wieder freigelassen wurde. Vor allem der Philipperbrief zeigt uns das. Wir wollen uns kurz auf diese Stellen konzentrieren.
Der Philipperbrief wurde ganz sicher während Paulus’ erster Gefangenschaft geschrieben. Es kann nicht sein, dass der Philipperbrief in Cäsarea verfasst wurde, denn dort gab es nicht das Prätorium, von dem Paulus grüßen lässt. Menschen aus dem Prätorium grüßen zu lassen, deutet darauf hin, dass Paulus in Rom war, als er den Brief schrieb.
Vor allem die Verse 24 in Kapitel 1 zeigen, dass Paulus die Hoffnung hat, frei zu werden: „Da ich von diesem überzeugt bin, weiß ich, dass ich bleiben werde und zugleich bei euch allen bleiben werde, zu eurem Fortschritt und eurer Freude des Glaubens, damit euer Rühmen an mir in Christus Jesus reich sei durch mein Wiederkommen zu euch.“ Paulus sagt den Philippiern, dass er wiederkommen wird. Und er sagt das durch den Heiligen Geist.
Manche haben gesagt, Paulus habe sich getäuscht und kam nicht zurück, sondern blieb im Gefängnis und wurde nie freigelassen. Doch dieser Vers ist zu stark formuliert, und er wurde unter Inspiration des Heiligen Geistes geschrieben. Daher müssen wir annehmen, dass Paulus tatsächlich frei wurde.
Auch in Kapitel 2, Vers 24 sagt er sogar: „Ich bin überzeugt im Herrn, dass ich selbst auch bald kommen werde.“ Es ist also ganz klar, dass er nach dieser Gefangenschaft, von der er im Philipperbrief schreibt, wieder frei wird.
Auch im Philemonbrief drückt Paulus seine Hoffnung aus: „Zugleich bereite mir auch eine Unterkunft, denn ich hoffe, ich werde durch eure Gebete euch geschenkt werden.“ Das heißt, er wird kommen, und sie können bereits vorbereiten. Er ist sich also sehr sicher, dass er freigelassen wird.
Im Römerbrief, den er viel früher schrieb, hatte Paulus gesagt, dass er über Rom nach Spanien ziehen werde. Wir haben auch Berichte von Kirchenvätern, etwa im Barnabasbrief und im Clemensbrief, die davon berichten, dass Paulus den äußersten Westen des Römischen Reiches erreicht hat. Der äußerste Westen ist nicht Rom, sondern Spanien. Auch davon ausgehend können wir annehmen, dass Paulus tatsächlich wieder frei wurde und sogar nach Spanien kam.
Clemens von Rom und der Barnabasbrief berichten davon. Wenn Paulus also nach dieser ersten Gefangenschaft frei wurde, kommen wir zu dem Szenario, dass er irgendwann nach seiner Befreiung wieder nach Philippi kam. Nach Ephesus kam er vermutlich nicht zurück, aber nach Philippi schon. Nach Milet kam er nicht, denn in Apostelgeschichte 20 sagt Paulus den Ältesten von Milet, dass er sie nie mehr sehen werde.
Ob er nach Ephesus zurückkam, wissen wir nicht, aber er hatte es jedenfalls vor. Das bedeutet, dass wir zwei Gefangenschaften bei Paulus haben. Die erste Gefangenschaft war etwa von 60 bis 62 nach Christus. Das ist die Gefangenschaft, von der Lukas am Ende der Apostelgeschichte berichtet (Apostelgeschichte 28).
Aus dieser Gefangenschaft schrieb Paulus den Philipperbrief, vorher den Epheserbrief, den Kolosserbrief und den Philemonbrief – diese vier berühmten Gefangenschaftsbriefe. Also Epheser, Kolosser, Philemon und danach den Philipperbrief. Dann wurde er frei.
Nachher wurde Paulus noch einmal gefangen genommen. Aus dieser zweiten Gefangenschaft schrieb er den 2. Timotheusbrief. Früher habe ich lange darüber nachgedacht und auch Bücher gelesen. Eine Zeit lang vertrat ich die Ansicht, dass Paulus nur einmal gefangen war. Doch ich musste mich geschlagen geben, vor allem wegen Philipper 1 und Philipper 2. Dort ist es ganz klar gesagt.
Wir haben also den 1. Timotheusbrief und den Titusbrief, die irgendwann zwischen 62 und, ich würde sagen, vielleicht sogar bis 65 nach Christus entstanden sind. Danach, etwa 65, 66 oder 67 nach Christus, wurde der 2. Timotheusbrief in der zweiten römischen Gefangenschaft geschrieben.
Wahrscheinlich wurde Paulus im Jahr 67 unter Kaiser Nero enthauptet, spätestens im Jahr 68. Kaiser Nero starb im Juni 68, und vorher wurde Paulus noch enthauptet. Das wissen wir aus außerbiblischen Zeugnissen der Kirchengeschichte, etwa von Eusebius und anderen. Darin ist man sich ziemlich einig, dass Paulus noch unter Nero enthauptet wurde.
Das heißt für uns: Der 1. Timotheusbrief wurde etwa zwischen 62 und 65 nach Christus geschrieben.
Kritik an der Verfasserschaft und Gegenargumente
Die Verfasserschaft wurde später auch angezweifelt. Man behauptete, diese Briefe seien unecht und passten nicht in das Leben des Paulus. Ebenso entsprächen sie nicht der Apostelgeschichte. Zudem wurde gesagt, die Irrlehren im ersten und zweiten Timotheusbrief seien erst im zweiten Jahrhundert entstanden. Deshalb könne dieser Brief nicht von Paulus stammen, sondern sei erst im zweiten Jahrhundert von jemandem in seinem Namen verfasst worden.
Man argumentierte auch, dass die Theologie in diesen Briefen nicht paulinisch sei. Außerdem verwende der Verfasser andere Wörter und einen anderen Wortschatz als Paulus sonst, was angeblich zeige, dass die Briefe unecht seien. Dasselbe wurde über den zweiten Timotheusbrief und den Titusbrief behauptet.
Dem ist jedoch nicht so. Es gibt einfache Argumente gegen diese Behauptungen. Zum ersten Argument, dass die Briefe nicht zur Apostelgeschichte passen: Wenn Paulus nach seiner Gefangenschaft freigelassen wurde, kann das in der Apostelgeschichte nicht erwähnt sein. Diese endet nämlich um das Jahr 62, mit dem Ende der ersten römischen Gefangenschaft. Daher ist es verständlich, dass spätere Ereignisse dort nicht enthalten sind.
Zum zweiten Argument, dass die Briefe eine Irrlehre aus dem zweiten Jahrhundert enthalten: Es gibt Unterschiede zu der sogenannten gnostischen Irrlehre, die im zweiten Jahrhundert entstand. Die Gnosis war eine spezielle Lehre über den Geist und Christus und eine philosophische Richtung von außen. Die Briefe im Timotheusbrief richten sich jedoch gegen Irrlehren innerhalb der Gemeinde. Diese Lehrer waren keine Gnostiker, das steht ausdrücklich nicht da.
Am Ende des Timotheusbriefes heißt es, man solle sich enthalten von der sogenannten falschen Erkenntnis, dem Wort „Gnosis“. Doch dabei handelt es sich um frühere judaistische gesetzliche Lehren. Es begann zwar mit einer gewissen Irrlehre, doch das war noch nicht die gleiche Gnosis, die im zweiten Jahrhundert bekannt wurde. Dieses Argument, die Briefe wegen der angeblichen Gnosis-Irrlehre als unecht zu erklären, ist daher sehr fadenscheinig und nicht haltbar.
Zum dritten Argument, die Theologie sei nicht paulinisch: Wer das behauptet, kennt Paulus offenbar nicht. Die Theologie in den Briefen ist sehr paulinisch. Es wird von der Inspiration der Schrift gesprochen, also vom Gottgehauchtsein der Heiligen Schrift. Auch das Rufen und Erwählen Gottes, das Heil, die Gottheit Jesu Christi sowie das stellvertretende Sühnerwerk Jesu werden betont. All das ist typisch paulinisch. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie man auf die Idee kommen kann, diese Briefe seien nicht von Paulus.
Zum vierten Argument, dass andere Wörter verwendet werden als sonst: Das ist verständlich. Wenn jemand zehn Jahre älter ist und über ein anderes oder ähnliches, aber doch anderes Thema spricht, verwendet er auch andere Wörter. Der erste Timotheusbrief wurde etwa zehn Jahre nach dem Korintherbrief geschrieben. Da ist es normal, dass andere Wörter gebraucht werden. Dennoch finden sich viele gleiche Wörter. Dieses Argument ist daher sehr schwach, um die Verfasserschaft des Paulus anzuzweifeln.
Außerdem wissen wir aus der Urgemeinde, dass diese Briefe nie angezweifelt wurden. Die Gemeinde Jesu glaubte stets, dass diese Briefe von Paulus stammen. Die Briefe selbst geben ein eindeutiges Bild von Paulus wieder. Daher müssen wir uns von solchen Kritikern nicht einschüchtern lassen. Dieses Thema wurde bereits ausführlich behandelt.
Gliederung des ersten Timotheusbriefes
Zur Gliederung dieses Briefes
Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Man kann den Brief in fünf große Abschnitte unterteilen: Kapitel 1 als erster Abschnitt, Kapitel 2 und 3 als zweiter Abschnitt, Kapitel 4 als dritten Abschnitt, Kapitel 5 als vierten Abschnitt und Kapitel 6, Verse 3 bis 19 als fünften Abschnitt, so grob gesprochen.
Das ist auch nicht so schwierig, denn Paulus spricht immer wieder neue Themen an. Kapitel 1, nach dem Gruß, behandelt in den Versen 3 bis 20 den Auftrag, den Timotheus hat. Das ganze Kapitel spricht von diesem Auftrag, den Paulus Timotheus gegeben hat. Es war ein Evangeliumsauftrag, nämlich das Evangelium zu verkündigen.
Evangelium bedeutet bei Paulus nicht nur die vier geistlichen Gesetze – kennt ihr die? Evangelium heißt nicht nur ein paar Grundsätze von Gottes Wort oder die frohe Botschaft. Evangelium bedeutet bei Paulus die Lehre von Christus, die frohe Botschaft, die gute Nachricht von Jesus Christus, von seinem Kommen, von dem Heil in Christus und von seiner Zukunft, unserer Zukunft mit ihm. Das ist also der Auftrag: die Verkündigung des Evangeliums.
In Kapitel 2 und 3 geht es dann ganz konkret um das Verhalten, wie man sich im Hause Gottes verhält. Das heißt: Wie sollen sich die Christen im Hause Gottes verhalten? Dabei muss man verstehen, was Paulus unter dem Haus Gottes meint. Er meint nicht eine aus Steinen gebaute Räumlichkeit, sondern die Gemeinde, die Gemeinde Gottes, gebaut aus lebendigen Steinen, also Menschen.
Kapitel 2 und 3 geben Anweisungen für das Verhalten im Haus Gottes. Kapitel 2 behandelt vor allem das Gebet und was die Männer zu tun haben, dazu auch etwas über die Frauen. Es werden gewisse grundsätzliche Anordnungen für die Versammlung gegeben, wenn das Haus Gottes zusammenkommt. Es gibt Gelegenheiten, bei denen die Gemeinde zusammenkommt, und dann muss man bestimmte Anweisungen beachten.
In Kapitel 3 geht es um die Leitung des Hauses Gottes vor Ort. Wie sieht diese Leitung aus, wer sind die Hirten? Worauf muss man achten, wenn man Hirten einsetzt?
Kapitel 4 ist der sogenannte „römische Drei“. Hier geht es wieder um Timotheus persönlich, aber nun mit ganz konkreten Anweisungen für seinen Dienst. Während Kapitel 1 allgemein den Auftrag beschreibt, wird es in Kapitel 4 konkret: Paulus gibt Timotheus genaue Anweisungen für seinen Lehrdienst und Verkündigungsdienst.
In Kapitel 5 spricht Paulus verschiedene Gruppen der Gesellschaft an: die alten Männer, also überhaupt die Männer, die Frauen, die Witwen und die Ältesten. Es geht darum, wie Timotheus mit diesen Gruppen umgehen soll. Wie soll sein Umgang mit alten Männern oder allgemein mit Männern sein? Wie mit Frauen, mit alten und jüngeren Frauen? Wie mit Witwen? Was ist zu tun? Wie unterweist man sie?
Das Thema Witwen war damals ein Problem. Heute ist das bei uns nicht so groß, weil wir ein Sozialversicherungssystem haben. Damals gab es das nicht. Auch der Umgang mit Ältesten wird behandelt: Wie geht man mit Ältesten um, die Hilfe brauchen?
Kapitel 5 beschäftigt sich also mit dem Umgang mit geistlichen und materiellen Gütern. Kapitel 6, Verse 3 bis 19, ist sehr allgemein gehalten. Paulus ringt hier um einen gemeinsamen Nenner. Wenn man diese Verse durchliest, merkt man, dass es oft um Gewinn, Besitz und Güter geht – einerseits geistlicher Art, andererseits materieller Art. Daher der Titel für diesen Abschnitt.
Man könnte auch eine andere Überschrift für Kapitel 6, Verse 3 bis 19 wählen, zum Beispiel „Sonstiges“ oder Ähnliches.
Das war jetzt ziemlich viel Information. Ich hoffe, ich habe Sie damit nicht erschlagen.
Fragen und weitere Gedanken zur Abfassungszeit
Sind dazu noch Fragen geblieben? Ja, bitte. Wahrscheinlich war es die Zeit, in der er schrieb, sodass er nicht weiter schreiben konnte. Lukas hat sich sehr intensiv um die Details für das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte bemüht. Er hat viele Leute befragt, und das war um die Zeit der frühen 60er Jahre.
In dieser Zeit entstand auch das Lukasevangelium, das mit der Gefangenschaft des Paulus endet. Man wusste nicht, wie alles weitergehen würde. Lukas wollte das natürlich veröffentlichen und verbreiten oder hat anderes abgeschrieben. Jedenfalls wurde die Geschichte nicht weitergeführt. Vielleicht wissen wir auch nicht genau, wie lange Lukas lebte.
Es gibt noch weitere Gedankenfragen. Ich habe mir meine Argumente aufgeschrieben, ich habe sie nicht alle im Kopf, aber ein wichtiger Grund war, dass Paulus eine große Hoffnung und Überzeugung hatte, dass er frei wird. Das war nicht nur eine psychologische Meinung von Paulus, sondern durch den Heiligen Geist gewirkt. Wir glauben ja, dass der Philipperbrief durch den Heiligen Geist geschrieben wurde.
Wenn Paulus im Heiligen Geist schrieb, dass er die große Überzeugung hat, bald bei den Philippern zu sein, dann müssen wir das akzeptieren. Es kann also nicht sein, dass noch zwei oder drei Jahre vergehen, bis es so weit ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ausdruck, der im Philipperbrief verwendet wird: „Es grüßen euch die von des Kaisers Hause“ am Ende des Briefes. Im ersten Kapitel wird das Prätorium erwähnt. Das sind alles Ausdrücke, die man in Rom verwendete. In Cäsarea gab es zwar auch römische Soldaten, aber das Haus des Kaisers war nicht dort. Auch den speziellen Ausdruck Prätorium, der ein römisches Richthaus oder ähnliches bezeichnet, gab es in Cäsarea nicht.
Das sind starke Argumente gegen eine Abfassung des Philipperbriefes in Cäsarea.
Paulus’ Gewissheit, dass er frei werden wird, ist also ein wichtiger Punkt.
Nun wollen wir vielleicht doch noch ein bisschen in die ersten Verse des Briefes eintauchen. Ich muss mal schauen.
Zuerst das Grußwort. Ich habe das Grußwort und das Schlussgebet jetzt keine Nummer zugewiesen. Wir haben fünf große Abschnitte im Timotheusbrief, eigentlich wären es sieben. Der Gruß ist ein eigener Abschnitt ganz am Anfang, und der Schlussaufruf und das Gebet ganz zum Schluss.
Schauen wir uns zuerst den Gruß an.
Der Gruß im ersten Timotheusbrief: Bedeutung und Theologie
Wie es bei Paulusbriefen üblich ist, gibt es einen dreiteiligen Gruß oder besser gesagt drei Abschnitte im Gruß: Zuerst wird genannt, wer grüßt, dann, wer gegrüßt wird, und schließlich das Grußwort. Das ist in jedem Paulusbrief so – es sei denn, der Hebräerbrief stammt ebenfalls von Paulus. Wenn dem so ist, dann ist es im Hebräerbrief nicht so. Ansonsten ist es in dreizehn Briefen genau so: Paulus grüßt.
Zu diesem Gruß könnte man diesmal ein paar Worte verlieren, denn oft lesen wir einfach darüber hinweg und gehen gleich weiter. Es ist aber schön, wenn man sich Gedanken darüber macht. Der Grüßende ist Paulus, genannt „der Kleine“, auf Griechisch „Paulos der Kleine“, vielleicht wegen seiner Statur. Jedenfalls hat es Gott gefallen, ihn zu einem sehr Großen zu machen – groß durch Christus, nicht durch sich selbst. Im Psalm heißt es einmal: „Deine Güte machte mich groß.“ Also dürfen sich alle kleinen Leute freuen: „Deine Güte machte mich groß“ (Psalm 18,36).
Paulus stellt sich vor als Apostel Jesu Christi „nach Befehl Gottes“ – hier im Griechischen heißt es „nach ausdrücklichem Befehl“. Das ist ein starkes Wort, ein Wort mit einer Vorsilbe, das ausdrückt, dass dieser Befehl nicht nur ein einfacher war, sondern ein strenger oder ausdrücklicher Befehl. Gott hat extra befohlen, dass Paulus ein Apostel sein soll.
Ein Apostel ist jemand, der einen besonderen Auftrag von Gott bekommen hat und von Gott gesandt wird. Ein Apostel steht immer im Schatten dessen, der ihn sendet. Hier wird genannt, wer Paulus gesandt hat: „ein Apostel Jesu Christi“. Jesus Christus hat den Apostel Paulus gesandt.
Man unterscheidet zwei Arten von Aposteln, wie ich bereits erwähnte. Es gibt Apostel, die das Fundament legen, wie in Epheser 2,20 beschrieben: „Die Gemeinde Gottes ist aufgebaut auf dem Fundament der Apostel und Propheten.“ Diese Apostel legen das Fundament durch ihre Botschaft. Sie haben das Wort Gottes inspiriert weitergegeben, manchmal schriftlich. Einige Apostel haben nichts Schriftliches hinterlassen, andere schon. Dieses Fundament ist für uns wichtig.
In diesem Sinne waren diese Apostel auch Propheten. Diese Gruppe war Apostel und Prophet zugleich. Interessant ist, dass im Griechischen in Epheser 2,20 der Ausdruck „der Apostel und Propheten“ ohne einen zweiten Artikel steht. Es heißt nicht „der Apostel und der Propheten“, sondern „der Apostel und Propheten“. Das legt nahe, dass es sich um eine Gruppe handelt, die sowohl Apostel als auch Propheten waren.
Das bedeutet, ihr Wort ist prophetisches Wort im engsten Sinne, also direkt von Gott gesprochen. Das Ergebnis dessen, was sie aufgeschrieben haben, ist hundert Prozent Wort Gottes. Wenn wir also Paulusbriefe lesen, haben wir hundert Prozent Wort Gottes. Auch wenn Paulus zum Beispiel seine Meinung äußert, wie in 1. Korinther 7, so ist auch das Wort Gottes, denn er wird vom Heiligen Geist geleitet.
Alle Paulusbriefe sind Wort Gottes, ebenso alle Briefe von Petrus, Johannes und anderen. Das ist das Fundament für die Gemeinde Jesu.
Natürlich gab es auch Menschen, die geschrieben haben und keine Apostel waren. Lukas beispielsweise war kein Apostel im Sinne der Zwölf. Er war ein Mitarbeiter des Paulus und hat dessen Lehre weitergegeben. Markus war ebenfalls kein Apostel, aber ein enger Mitarbeiter des Petrus. Er hat die Botschaft von Petrus erhalten, sodass das Markus-Evangelium in gewissem Sinne das Evangelium des Petrus ist.
Es gibt also zwei Arten von Aposteln: Die fundamentlegenden Apostel, zu denen die Zwölf gehören. Judas wurde durch Matthias ersetzt (Apostelgeschichte 1). Somit haben wir wieder zwölf. Paulus war der Dreizehnte. Die Zwölf waren besonders für die Juden, das Volk Israel, Apostel, das heißt, sie hatten den Auftrag, unter den Juden zu evangelisieren. Paulus hingegen bekam den Auftrag, besonders zu den Heiden, den Nichtjuden, zu gehen.
In diesem Sinne haben wir also zwölf plus eins, die ihre Botschaft direkt vom Herrn Jesus Christus erhalten haben und Wort Gottes gegeben haben. Vielleicht könnte man noch Jakobus hinzufügen als den Vierzehnten. Jakobus, der Herrenbruder, wird auch einmal Apostel genannt, nämlich in Galater 1,19. Paulus schreibt dort, dass er nach Jerusalem ging, um die Apostel zu sehen, und er sah nur Petrus und Jakobus, den Bruder des Herrn. Jakobus wird hier auch Apostel genannt. Ob Paulus hier Apostel mit kleinem „a“ meint, also Missionar, oder ob er ihn zu den Säulen der Gemeinde zählt, ist nicht ganz klar. Jakobus, Johannes und Petrus galten in der Jerusalemer Gemeinde als Säulen, als Leiter und Basis.
Damit hätten wir Paulus plus Jakobus plus die Zwölf, also vierzehn Apostel. Übrigens gibt es bei den Stämmen Israels auch nicht nur zwölf. Joseph hatte zwei Söhne, die als Stämme gezählt wurden, sodass es eigentlich dreizehn sind. Wenn man den Halbstamm Manasse separat zählt, sind es sogar vierzehn. Es gibt 21 Listen der zwölf Stämme im Alten Testament, und keine zwei sind identisch. Die Reihenfolge variiert, manchmal fehlt ein Stamm, manchmal wird Levi gezählt oder nicht. Es ist sehr interessant, das zu studieren.
Wir sollten uns also nicht auf die Zahl zwölf fixieren. Wir haben zwölf plus mindestens Paulus und vielleicht noch Jakobus. Das sind die fundamentlegenden Apostel.
Dann gibt es Apostel zweiten Ranges oder einen erweiterten Kreis. Dazu gehören Missionare wie Barnabas, Silas, Timotheus, Titus und wahrscheinlich auch Apollos, der ebenfalls ein Lehrer war und wie ein Apostel umherreiste. Diese wurden vom Herrn Jesus Christus ausgesandt, nicht von der Gemeinde.
Apostel werden grundsätzlich von Jesus Christus ausgesandt. Die Gemeinde darf hinter ihnen stehen, wie bei Paulus, aber sie sendet nicht. Der Sender ist der Herr Jesus Christus. Die Gemeinde darf sie loslassen. In Apostelgeschichte 13 heißt es: „Sondert mir aus Barnabas und Paulus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe.“ Die Gemeinde entließ sie, und sie wurden vom Heiligen Geist ausgesandt. So wurden sie von Jesus Christus und dem Heiligen Geist gesandt, und die Gemeinde gab ihnen den Segen mit.
Apostel sind also Menschen, die missionarisch tätig sind, aber nicht nur missionarisch, sondern auch lehrend. Beides finden wir in der Bibel. Apostel oder Missionare sind unterwegs für Jesus Christus, je nachdem, wie der Herr sie führt. Sie beginnen neue Werke, formieren Gruppen von Christen, evangelisieren und helfen den Gemeinden zu funktionieren. Lehrer wie Apollos oder Titus setzten den Dienst fort. Auch heute gibt es solche Dienste.
Das Wichtige ist, dass sie unterwegs und beweglich sind, nicht an einen Ort gebunden. Das hat Vor- und Nachteile. Sie haben aber nicht mehr Autorität als andere und stehen nicht über den Hirten vor Ort. Christus ist die Autorität über allen.
Zurück zum Text: Paulus nennt sich „Apostel Jesu Christi nach ausdrücklichem Befehl Gottes, unseres Retters.“ Wie wurde Paulus Apostel Jesu Christi? Es wurde ihm ein ausdrücklicher Befehl erteilt. Hinter dem Befehl steht ein Rettergott. Gott ist ein Rettergott und hat ein großes Anliegen, dass Menschen gerettet werden.
Paulus betont das in den Timotheusbriefen und im Titusbrief: Gott ist ein Rettergott, der Menschen retten möchte. Die Botschaft, die die Apostel weitergeben, ist eine Retterbotschaft.
Der ausdrückliche Befehl kommt von Gott, unserem Retter, und vom Herrn Jesus Christus. Jesus Christus wird auch „unsere Hoffnung“ genannt. Die Sendung des Paulus kommt von einem Herrn, der unsere Hoffnung ist – die Hoffnung von Paulus, Timotheus und den Christen in Ephesus und Umgebung.
Das heißt, Jesus Christus ist eine zuverlässige Hoffnung. Er hat die Rettung vollbracht und bringt uns eines Tages zur Vollendung des Heils. Deshalb haben wir eine Zukunft.
Der Begriff „Hoffnung“ wird im Neuen Testament im Sinne von „Zukunft“ gebraucht – eine sichere Zukunft. Das Wort „Zukunft“ im heutigen Sinn kommt nicht vor, aber „Hoffnung“ meint hier eine sichere, gewiss eintretende Zukunft.
Bei uns ist Hoffnung oft etwas Unsicheres, weil wir Menschen unsicher sind. Aber göttliche Faktoren sind nicht unsicher. Deshalb ist die Hoffnung der Bibel eine sichere Hoffnung.
Nun zum Gegrüßten: Wer wird gegrüßt? Timotheus, „dem echten Kind im Glauben“. Paulus behandelt ihn wie seinen Sohn, was bedeutet, dass Timotheus durch Paulus zum Glauben gekommen ist oder zumindest durch ihn auferzogen wurde.
Dann folgt das Grußwort: „Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, unserem Vater, und Christus Jesus, unserem Herrn.“ Diese Begriffe kommen immer wieder vor.
Was auffällt in den Timotheusbriefen und im Titusbrief ist, dass hier zwischen Gnade und Friede noch ein zusätzliches Wort steht: Barmherzigkeit. Nun haben wir drei Begriffe, mit denen Paulus Timotheus grüßt.
Vielleicht sollten wir ein paar Minuten über das Thema Gruß verlieren, denn der Gruß ist in der Bibel sehr wichtig. Heute verkümmert der Gruß oft. Man winkt nur noch oder sagt „Hi“ oder „Hoi“, aber niemand weiß mehr, was das eigentlich bedeutet.
Ein Gruß zeigt: „Ich existiere, und ich erkenne, dass du existierst.“ Aber es ist mehr als das.
Hier wird gegrüßt, indem der Apostel betend wünscht, dass derjenige, den er grüßt, Gnade, Barmherzigkeit und Friede empfängt – von Gott, dem Vater, und von Christus Jesus, unserem Herrn.
Schrittweise: Gnade – was ist Gnade? Das griechische Wort ist Charis. Charis hängt eng zusammen mit Chara oder Chare, was Freude bedeutet. Gnade und Freude sind eng miteinander verbunden.
Gnade ist etwas Angenehmes in der Heiligen Schrift, etwas, das Freude macht. Gnade ist immer etwas, das man nicht verdient hat, also ein Geschenk.
Gnade ist Ausdruck von Liebe. Hinter der Gnade steckt immer Liebe. Wenn jemand Gnade empfängt, dann von jemandem, der liebt. Ein Geschenk bekommt man von jemandem, der liebt.
Gnade ist eine Form der Liebe und kann verschiedene Gesichter haben. Wir erfahren Gnade als Vergebung: Wenn wir zum Glauben kommen, schenkt uns Gott Vergebung unserer Sünden.
Gnade erfahren wir auch als Kraft. Gnade ist hier gleichgesetzt mit Kraft oder Hilfe, wie es heißt: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft kommt in der Schwachheit zur Vollendung“ (2. Korinther 12,9).
Gnade ist außerdem eine besondere Ausrüstung. Wir sprechen von Gnadengaben, Charismata, der Mehrzahl von Gnade. Das sind Gnadenerweisungen in Form von Ausrüstung. Gott gibt jedem Christen eine besondere Ausrüstung zum Dienen.
Es gibt auch noch andere Gnadenerweisungen. Gnade ist also Vergebung, Kraft und Ausrüstung – eine geschenkte Hilfe jeglicher Art von Gott.
Wir brauchen Gnade von Anfang bis Ende unseres Lebens. Nicht nur am Anfang, wenn wir Vergebung empfangen, sondern bis zum letzten Tag auf dieser Erde.
Wir müssen aus der Gnade leben, also für jeden Schritt Gottes Hilfe benötigen. Jesus sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Nur durch Gnade kommen wir ans Ziel.
Im 1. Petrus 1,13 heißt es: „Setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch dargeboten wird in der Offenbarung Jesu Christi.“ Bis zu seiner Offenbarung brauchen wir Gnade, und gerade dann, wenn er kommt, brauchen wir sie erneut.
Wir berufen uns immer auf Gnade, nicht auf uns selbst.
Das zweite Wort ist Barmherzigkeit. Barmherzigkeit steckt eigentlich in der Gnade, wird hier aber gesondert erwähnt.
Barmherzigkeit ist, wenn wir Gottes Hilfe als Hilflose erfahren. Gnade ist das Geschenk, das wir nicht verdienen. Barmherzigkeit ist die Erfahrung, dass Gott uns in unserer Hilflosigkeit mitfühlt und sich erbarmt.
Der Unterschied liegt darin, dass bei Gnade die Betonung auf dem Geschenk liegt, bei Barmherzigkeit auf unserer Hilflosigkeit und Armut.
Das dritte Wort ist Friede. Friede heißt auf Hebräisch Schalom, auf Griechisch Eirene.
Paulus verbindet hier einen griechischen Gruß mit einem hebräischen und bringt sie zusammen. Der griechische Gruß ist Charis, Freude, hier Gnade, und der hebräische Gruß ist Schalom, Friede, Wohlergehen.
Friede bedeutet im weitesten Sinne Wohlergehen, Heil, Gesundheit und Gedeihen. Wenn es einem gut geht, hat man Frieden.
Gerade in den Timotheus- und Titusbriefen fällt das auf. Warum nur hier? Vielleicht, weil Paulus mitfühlt mit der Schwachheit und Hilflosigkeit von Timotheus und Titus für ihren Dienst. Sie brauchen einen barmherzigen Gott.
So werden sie darauf hingewiesen: Es ist jemand da, der für Menschen da ist, die sich außerstande sehen für ihren Dienst, die als Arme und Hilflose zu Gott kommen.
Vielleicht auch, weil Paulus sich bewusst wurde, wie sehr er selbst auf Gottes Barmherzigkeit angewiesen ist, je schwächer und älter er wird.
Das geht uns allen so: Je älter wir im Glauben werden, desto mehr wird uns bewusst, dass aus uns nichts zu holen ist. Dann vertrauen wir mehr auf Gottes Barmherzigkeit. Sie wird uns bewusster und wichtiger.
Das ist der schöne Gruß in diesem Brief.
Ich denke, hier wollen wir schließen und eine Pause machen. Wie lange die Pause dauert, weiß ich nicht. Wo ist unser Chairman?
