Nun, etwas aufzunehmen ist möglich, denn es ist die optimale Stunde – drei Uhr nachmittags. Da kann sowieso kaum jemand aufpassen. Aber mein Gott, es ist ja nicht so tragisch.
Es geht darum, Jesus ähnlicher zu werden und wie das funktionieren soll. Ein englischer Theologe, Selvin Hughes, ist vor ein paar Jahren gestorben. Er hat geschrieben: Gott möchte, dass du und ich Jesus ähnlich werden.
Gottes höchstes Ziel besteht nicht darin, uns zu Missionaren, Ärzten, Predigern oder Pfarrern zu machen. Vielmehr sollten wir seinem Sohn ähnlich werden. Alles andere muss diesem vorrangigen Ziel untergeordnet werden.
Und weil dies das Hauptziel ist, müssen wir uns ernstlich damit befassen. Wir möchten uns jetzt eine knappe halbe Stunde ernstlich damit beschäftigen, was es bedeutet, Jesus ähnlich zu werden.
Die Herausforderung der Authentizität im Glaubensleben
Wenn man einen Job wie meinen hat, lernt man eine Sache ziemlich schnell: Es gibt eine Regel, die man unbedingt einhalten muss, wenn man das tut, was ich tue.
Man muss immer nett sein zu den Gästen, zu den Zuhörern, zu den Menschen, die zu einem kommen. Von einem Prediger erwartet man, dass er nett ist. Wenn er nicht nett ist, kommen keine Zuhörer mehr.
Als Leiter vom Dauernhof erwarten die Gäste ebenfalls, dass ich nett bin. Das muss ich auch sein, sonst haben wir keine Gäste mehr. Als Buchautor muss ich auch nett sein, sonst kauft niemand meine Bücher.
Das heißt, wenn ich weiterhin gut essen und warm wohnen will, muss ich nett sein. Menschen erwarten das. Je größer die Konferenz, desto netter bin ich. Denn sonst enttäusche ich die Menschen, stoße sie vor den Kopf. Das lernt man über die Jahre.
Aber darin besteht eine große Gefahr. Man kann leicht zu zwei verschiedenen Personen werden. Man ist nett, wenn das erwartet wird, man bemüht sich, damit man gut ankommt. Das ist auch einträglich, das bringt etwas.
Man ist freundlich, interessiert sich für den anderen oder tut es zumindest so. Und dann, wenn man aber alleine ist, ist man wieder „normal“ oder zuhause.
Das heißt, es ist sehr leicht, die Verführung zu erleben, eine öffentliche Seite zu haben, auf der man sich so gibt, wie es andere Menschen erwarten, und eine private Seite, wenn niemand einen sieht.
Die Gefahr besteht darin, dass das, was man im Herzen wirklich ist, etwas anderes ist als das, wie man sich in der Öffentlichkeit gibt. Die Bibel nennt so einen Lebensstil Heuchelei.
Die Bedeutung des Herzens für das wahre Leben
Wenn du das Neue Testament liest, fällt auf, dass nichts Jesus mehr verärgerte als Heuchelei.
Wenn Menschen vorgeben, etwas zu sein, was sie im Herzen nicht sind, und wenn religiöse Menschen – und dazu gehören wir, du und ich – nach außen hin etwas darstellen, das innerlich nicht zutrifft, dann hat Jesus das am schärfsten verurteilt.
Wisst ihr, wir Evangelikale, so nennen wir uns, sind den Pharisäern am nächsten verwandt. Niemand ist uns näher als sie, weil die Pharisäer die Bibel sehr ernst genommen haben. Das tun die meisten Evangelikalen auch. Dabei ist es leicht, einen Lebensstil vorzuspielen, der aber nicht dem Herzen entspricht.
Die Menschen damals waren genauso wie du und ich heute. Auch ihnen fiel es leichter, ihr äußeres Verhalten zu kontrollieren als ihr Herz. Im Buch der Sprüche, Kapitel 4, Vers 23, lesen wir: „Behüte dein Herz, denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.“ Du musst dein Herz mehr behüten als alles andere, nicht nur dein Benehmen.
Interessanterweise hat Jesus einmal gesagt, dass einige Pharisäer sich darüber aufregten, dass die Jünger sich nicht die Hände gewaschen hatten. Daraufhin sagte Jesus: „Das, was in den Mund hineingeht, macht euch nicht unrein, sondern das, was aus dem Mund herauskommt, macht euch unrein, denn das kommt vom Herzen.“
Dann erklärt Jesus weiter, dass aus dem Herzen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis und Ähnliches kommen. Das bedeutet: Nicht das Verhalten ist entscheidend, sondern das Herz.
Hier liegt die Gefahr: Wenn du lange genug lernst, dein Verhalten zu kontrollieren, aber dein Herz woanders ist, dann kommt der Tag, an dem dein Herz dein Verhalten überholt. Dann kannst du dein Herz nicht mehr verbergen.
Deshalb werden Menschen, die älter werden und nie an ihrem Herzen gearbeitet haben, sondern nur an ihrem christlichen Benehmen, zunehmend weniger attraktiv. Denn das Herz überholt irgendwann das Benehmen.
Vier Herzensfeinde, die das Leben entstellen
Nun möchte ich heute über vier Dinge sprechen, die unser Herz entstellen. Es handelt sich um vier Bereiche, in denen wir alle mehr oder weniger anfällig sind. Jesus warnt uns vor diesen vier Dingen, denn sie entstellen und korrumpieren unser Herz.
Diese vier Dinge sind Schuld, Zorn, Gier und Neid.
Schau, wir reden sehr leicht darüber, Jesus ähnlich zu werden – ja, genau, super! Aber wie sieht das in der Praxis aus? Oft sprechen wir eine geistliche Sprache: Wir sollen einander lieben, unseren Nächsten und Gott, aber auch uns selbst. Dabei sind wir gierig. Diese Gier entstellt unser Herz. Wir sind neidisch, und das ist es, was unser Herz kaputt macht.
Über diese Dinge spricht sowohl das Neue Testament als auch das Alte Testament ganz klar.
Schuld als belastendes Geheimnis
Vier Dinge
Ich beginne mit Schuld. Ein Mensch, der mit Schuld beladen ist, trägt Geheimnisse mit sich herum. Er sagt: „Ich schulde dir etwas.“ Er hat in der Vergangenheit etwas getan und fühlt sich schuldig dafür. Das ist sein kleines Geheimnis, aber er sagt es nicht. Er hat Angst davor, es zu bekennen, weil er dann seinen Ruf verliert. Er fürchtet, nicht mehr der zu sein, der er vor anderen Menschen sein möchte.
Schuld bedeutet: „Ich schulde dir eine Erklärung, ich schulde dir eine Entschuldigung, ich schulde dir eine Wiedergutmachung.“ Doch der Schuldige hat Angst, dies zuzugeben. Schuldige Menschen tragen ein Geheimnis mit sich herum und tun alles, um zu verhindern, dass dieses Geheimnis nach außen dringt.
Das ist Schuld.
Zorn als Forderung nach Wiedergutmachung
Was ist Zorn? Zorn bedeutet, dass du glaubst, jemand schulde dir etwas.
Zorn hat einen ganz einfachen Ursprung: Er entsteht, wenn du nicht bekommst, was du willst. Wenn du deine Wünsche nicht erfüllt siehst, wirst du zornig. Das ist immer so.
Zorn sagt: „Du hast mir etwas genommen, und du schuldest mir etwas.“
Zornige Menschen sind oft verletzte Menschen. Irgendwo wurden sie verletzt. Zum Beispiel: Mein Vater hat unsere Familie verlassen, als ich zwölf Jahre alt war, wegen einer anderen Frau. Mein Vater hat mir meine Familie geraubt, ein Weihnachtsfest geraubt, die Sicherheit geraubt.
Darum habe ich das Gefühl, ein Recht zu haben, zornig zu sein auf meinen Vater. Er schuldet mir meine Kindheit. Und deshalb bist du ein zorniger Mensch.
Oder eine Frau hat mich benutzt oder ausgenutzt. Ich habe Jahre für diese Frau verschwendet, und jetzt ist sie weggegangen. Sie schuldet mir diese Jahre.
Mein Freund hat mich im Stich gelassen, mein Vertrauen missbraucht. Er schuldet mir diesen Missbrauch.
Zornige Menschen sagen: Jemand hat mir etwas genommen, und dieser jemand schuldet mir etwas. Es geht um eine Schuld, die zurückbezahlt werden muss.
Gier als Anspruch auf alles
Gier, das Dritte: Ein gieriger Mensch sagt: „Ich schulde mir alles. Ich habe das und das und das verdient, es steht mir zu.“
Gier ist der am besten getarnte Feind des Herzens, denn niemand gibt gerne zu, gierig zu sein. Einmal kam jemand zu mir und sagte unter Tränen: „Heute weiß ich, was mein Problem ist – ich bin voller Gier.“
Hast du schon einmal zu jemandem gesagt: „Du bist gierig“? Das sagt man nicht gern, oder? Wir sagen lieber: „Ich bin vorsichtig, wie ich mit meinem Geld umgehe.“ Das klingt etwas netter. Doch das ist Gier.
Ich lasse mich nicht ausnutzen – sehr oft ist das Gier. Dann bist du ein gieriger Mensch. Gierige Menschen sagen dir nicht, wie viel sie haben, denn sie haben Angst, weniger zu besitzen als du.
Ein gieriger Mensch glaubt, sich selbst alles zu schulden und sich selbst alles geben zu müssen.
Neid als Gefühl der Benachteiligung
Und dann das Vierte ist Neid oder Eifersucht. Ein neidischer oder eifersüchtiger Mensch denkt, dass Gott ihm etwas schuldet. Er meint, Gott schulde ihm einen Körper oder ein Aussehen wie bei einer anderen Person, aber nicht das, was er selbst hat.
Er glaubt, Gott schulde ihm einen Ehepartner, so wie jemand anderes ihn hat, aber nicht den eigenen. Ebenso meint er, Gott schulde ihm die Gaben, die jemand anderes besitzt, aber nicht die, die er selbst hat. Warum schenkt Gott dem so viel Erfolg und mir so wenig?
„Gott behandelt mich schlechter als die anderen, deshalb schuldet Gott mir etwas“, denkt er. Das ist Neid und Eifersucht. Ein klares Zeichen dafür, ob man neidisch ist, ist, wenn man sich heimlich darüber freut, wenn jemand, der erfolgreicher ist als man selbst, scheitert.
Wenn du dich darüber freust, dann hast du ein Problem mit Neid. Dann bist du ein neidischer Mensch. Schadenfreude ist ein Ausdruck von Neid.
Wege zur Befreiung von den Herzensfeinden
Diese vier Dinge bestimmen unser Herz. Früher oder später, wenn wir nicht lernen, unser Herz zu kontrollieren, übernimmt es unser Verhalten, und wir können es nicht mehr steuern.
Jesus sagt: Es bleibt nichts im Geheimen. Alles wird von den Dächern gerufen, und jeder wird es sehen.
Hier kommt die gute Botschaft: Wir wollen ja Jesus ähnlicher werden. Deshalb müssen wir uns nicht von diesen vier Feinden unseres Herzens bestimmen lassen.
Alle vier Dinge – Schuld, Zorn, Gier und Neid – sind relativ einfach loszuwerden. Zwar nicht leicht, aber einfach. Die Bibel gibt uns klare Anweisungen, wie wir mit diesen bösen Feinden umgehen sollen, die uns daran hindern, so zu werden wie Jesus.
Könnt ihr euch vorstellen, dass Jesus gierig war? Nein, da war kein Stück Gier. Könnt ihr euch vorstellen, dass Jesus neidisch war? Nein. Möchtest du Jesus ähnlich werden? Dann hier ist die Lösung.
Umgang mit Schuld durch Beichte
Was ist die Lösung, wenn ich mit Schuld beladen bin, wenn ich ein Geheimnis habe und Angst habe, es zu bekennen? Wenn ich alles tue, um es zu verstecken?
Übrigens: Wenn wir Schuld haben, die wir verstecken und verbergen, ist das eine schwere Last, die wir mit uns herumtragen. David hat einmal versucht, zu verheimlichen, dass er Ehebruch begangen hat. In Psalm 32 schreibt er darüber:
„Als ich schwieg, zerfielen meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Tag und Nacht lastete deine Hand auf mir, mein Saft wurde verwandelt in Sommergluten.“
Doch dann schreibt er weiter: „Bis ich meine Schuld bekannt habe.“
Was ist also die Lösung, wenn ich mit Schuld beladen bin und etwas mit mir herumtrage? Ich muss es bekennen.
Jakobus 5,16 sagt: „Bekennt einander die Sünden, damit ihr geheilt werdet.“
Wenn du ein Geheimnis hast, möchte ich dich ermutigen: Beichte es – vor Gott und vor den Menschen, die davon betroffen sind. Ja, natürlich wird dein Ruf vielleicht angekratzt. Aber weißt du was? Dein Herz wird gesund werden.
Wenn du es nicht beichtest, wird sich die Schuld in deinem Leben anhäufen. Du wirst immer mehr zum Krüppel – seelisch und geistlich. Und wenn du Angst hast und denkst: „Was wird er über mich denken, wenn ich das zugebe?“, dann habe ich eine Neuigkeit für dich: Er wird es früher oder später sowieso herausfinden.
Bekenne es, und dein Herz wird gesund. Das ist es, was die Bibel uns lehrt.
Vergebung als Heilmittel gegen Zorn
Was ist die Lösung für Zorn? Ganz einfach: Vergebung.
Wenn du zornig bist, spricht Paulus in Epheser Kapitel vier über Zorn und Vergebung. Er sagt in Epheser 4,32: „Vergebt einander.“ Jetzt wirst du vielleicht sagen: „Ja, aber wie? Wenn du wüsstest, was der mir angetan hat!“ Dann sagt Paulus weiter: „Vergebt einander, so wie Christus euch vergeben hat.“ So sollen wir vergeben.
Was ist übrigens Vergebung? Vergebung bedeutet: Diese Person schuldet mir etwas. Diese Person hat mich verletzt. Sie schuldet mir etwas, aber hier und jetzt beschließe ich, dass diese Schuld vergeben ist. Darum schuldet mir diese Person nichts mehr. Die Schuld ist vergeben.
Vergebung heißt: Ich benenne, was du mir schuldest, und ich streiche die Schuld.
Vergebung sagt: Vater, du schuldest mir nicht länger die Kindheit, die du mir geraubt hast. Die Schuld ist vergeben. Keine Schuld mehr.
Vergebung sagt: Freund, du schuldest mir nicht länger den Missbrauch des Vertrauens. Es ist gestrichen.
Vergebung sagt: Chef, du schuldest mir nicht mehr die Anerkennung, die ich eigentlich verdient hätte. Es ist vergeben.
Erkenne, was dir genommen wurde, streiche die Schuld und vergib – das ist Vergebung.
Und wisst ihr was? Wenn der Zorn wieder hochkommt, vergib wieder. Und wenn er wieder hochkommt, vergib wieder. Wenn er wieder hochkommt, vergib wieder – und dann wieder.
Einmal hat Petrus Jesus gefragt: „Wie oft soll ich vergeben? Siebenmal?“ Jesus antwortete: „Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal.“ Das heißt: jeden Tag. Vergebung ist eine Lebenshaltung.
Willst du, dass dein Herz gesund wird, dann musst du vergeben. Sonst wird dein Herz krank, und früh oder spät kannst du es nicht mehr verbergen.
Großzügigkeit als Gegenmittel gegen Gier
Was ist die Lösung für Gier? Es ist extrem einfach. Wenn du ein gieriger Mensch bist, sagt die Bibel: Geben ist seliger als Nehmen. Glauben wir das eigentlich? Selig heißt Glück. Geben macht dich glücklicher als Nehmen.
Wenn du gierig bist, gibt es eine einfache Lösung: Gib Geld so oft und so viel du kannst an Menschen, die weniger haben, an Werke, die für dich ein Segen waren. Gib so oft und so viel du kannst. Sei nicht nur großzügig, sei mehr als großzügig – es soll wehtun.
Weißt du, warum ich das sage? Weil einzig und allein Großzügigkeit die Macht von Gier bricht – und sonst gar nichts. Julia hat gerade gesagt: Was war an ihrer Mutter so einzigartig? Sie war großzügig.
Wisst ihr, was schöne Menschen sind? Schöne Menschen sind großzügige Menschen. Wisst ihr, was hässliche Menschen sind? Gierige Menschen. Frage: Wollen wir hässlich oder schön sein?
Lerne zu geben, weit über dein Pensum hinaus, und du wirst die Macht der Gier brechen.
Wenn du zum Beispiel die Bibel studierst und herausfinden willst, wie viel du genau geben musst – zehn Prozent, ja – aber es gibt einen Vers, in dem die Leviten ein bisschen mehr geben, nämlich dreizehn Komma fünf Prozent. Ein anderer sagt, die Armen brauchen nur fünf Prozent. Wenn du so herumrechnest, weiß ich etwas über dich: Du bist gierig.
Großzügigkeit ist viel mehr. Gott lässt sich nicht darauf ein, dass wir mathematisch herausfinden, wie viel wir geben sollten.
Ich habe auch über mich nachgedacht, als ich das vorbereitet habe. Ich glaube, ich habe ein Problem mit Gier, besonders wenn es darum geht, Zeit zu geben. Ich muss daran arbeiten. Ich muss geben.
Neid überwinden durch ehrliche Anerkennung
Letztlich, was ist die Lösung für Neid und Eifersucht? Die Antwort ist einfach. Im 1. Petrus 2,1 sagt Petrus: „Legt nun ab alle Heuchelei, Neid, üble Nachrede.“ Petrus fordert uns einfach auf: Leg es ab.
Aber wie soll man das ablegen? Ganz einfach: Feiere den Erfolg des Anderen. Im Hebräerbrief 3,13 lesen wir: „Ermutigt einander, solange es heute heißt, damit ihr nicht verhärtet werdet, damit eure Herzen nicht verhärtet werden.“ Sage dem anderen, dass er es gut gemacht hat – sprich es aus. Nur zu denken, „Das war gut“, hilft nicht, denn der andere weiß nicht, was du denkst. Du musst es über die Lippen bringen: „Super gemacht!“ Gerade wenn du ihn beneidest, dann musst du das sagen.
Mach Komplimente. Und wisst ihr was? Wir Deutschen und Österreicher sind da oft sehr zurückhaltend. Da habe ich viel von Amerikanern gelernt. Die wissen, wie man sich ermutigt – das können wir kaum, wir müssen es lernen. Wir denken, nichts gesagt ist genug gelobt. Das ist unbiblisch, es ist falsch, das ist die alte Frankfurter Schule – eine Katastrophe.
Wir glauben immer, wenn ich sage, wie gut er das gemacht hat, wird er stolz. Nein, dann wird er besser. Dann weiß er, worin er gut ist. Und jetzt sagen einige: „Ja, aber ich beneide doch die, die so schön ist, und ich bin gar nicht so schön wie sie. Jetzt soll ich dir auch noch ein Kompliment machen? Das ist doch Heuchelei!“ Nein, das ist eine Trainingseinheit.
Wisst ihr, ich mache relativ gerne Sport, aber ich fühle mich nicht immer danach, auf den Berg zu laufen. Es gibt Tage, da regnet es, ich fühle mich schlapp und habe keine Lust. Was ich will, ist den Fernseher anschalten, ein paar Chips und ein Bier – das wäre ideal. Aber dann überwinde ich meinen inneren Schweinehund. Und dann gehe ich trotzdem und laufe auf den Berg hinaus.
Genau, wisst ihr, was dann passiert? Meine Muskeln werden trainiert. Es geht nicht darum, ob ich mich danach gefühlt habe oder nicht. Mein Muskel wurde trainiert, weil ich es getan habe. Wenn du lernst, Komplimente zu machen, auch wenn du dich nicht danach fühlst, dann trainierst du dein Herz.
Im 1. Timotheus 4,7 sagt Paulus: „Übt euch in der Gottesfurcht!“ Es ist eine Übung, ein Training. Es geht nicht von alleine. Das heißt, es muss nicht von Herzen kommen, du musst nur das tun, was richtig ist.
Und wisst ihr, wie das aussieht? Wenn du eine Frau siehst, die schöner ist als du und du beneidest sie, dann geh zu ihr hin und sag: „Super Kleid, das steht dir gut.“ Denk es nicht nur, sprich es aus.
Wenn du der Chef einer Firma bist und die Firma gegenüber ist erfolgreicher als deine, dann ruf den Chef dort an und sag: „Gratulation zu eurem super Erfolg! Ihr macht eine gute Arbeit.“
Wenn du eine kleine Kirchengemeinde hast mit fünfzig Leuten und drei Straßen weiter boomt eine Gemeinde mit dreihundert Besuchern, dann ruf den Pfarrer an und sag: „Gratulation! Freut mich für euch, dass ihr so gute Arbeit macht.“ Das ist biblisch.
Und wenn du das nicht tust, wird sich Gier und Neid in deinem Herzen festsetzen. Wir müssen es lernen, es ist ein Training. Wir wollen Jesus ähnlich werden, oder? So funktioniert es.
Die praktische Umsetzung im Alltag
Seht ihr, diese Dinge sind für die meisten von uns nichts Neues. Es ist ähnlich, als würde ich sagen: Wenn du abnehmen willst, iss weniger und geh joggen. Ja, wow, gratulierend, das ist etwas Neues – das weiß doch jeder. Aber es zu wissen, nützt überhaupt nichts. Wir müssen es tun.
Wir müssen bekennen, wo wir Schuld haben, Schuld streichen, wo wir zornig sind, geben, wo wir gierig sind, und ermutigen, wo wir neidisch sind.
Ein Missverständnis, das es oft gibt, ist folgendes: Christen beten und sagen: „Ja, lieber Gott, bitte gib mir ein großzügiges Herz, ich will ein großzügiger Mensch sein.“ Dann sagt Gott: „Okay, gib tausend Euro da drüben, die brauchen es.“
Die Reaktion ist dann oft: „Na, na, Gott, zuerst musst du mein Herz großzügig machen, und dann werde ich geben.“ Nein, Gott sagt: „Gib, und du wirst ein großzügiger Mensch werden.“
Und weißt du, was du feststellen wirst, wenn du lernst zu geben? Am Anfang tut es weh, weil die Gier es nicht hergeben will. Aber zwei Jahre später schaust du in den Spiegel und weißt, was du siehst? Einen großzügigen Menschen. Weil du dich in Gottesfurcht geübt hast und dein Herz trainiert hast.
Eine weitere Gefahr ist, dass einige hier drinnen sitzen und sagen: „Ich kenne jemanden, der sollte diese Predigt hören. Ich kaufe die CD und gebe sie dem.“ Dann hast du das Ganze missverstanden. Es geht nämlich um dein Herz.
Persönliche Herausforderungen und Ermutigungen
Und ich habe eine persönliche Frage: Schleppst du ein Geheimnis mit dir herum?
Dann möchte ich dich ermutigen, es zu bekennen. Sonst wird dein Herz dein Verhalten eines Tages überholen.
Bist du zornig oder, wie wir auch sagen, enttäuscht? Ärgerst du dich ein wenig über jemanden? Weißt du, wie du erkennst, ob du zornig bist?
Wenn du im Kopf diese geheimen Diskussionen führst mit dem Trottel, der dir etwas schuldet, und in diesen Diskussionen gewinnst du immer, während alle applaudieren, weil du so gute Argumente hast – wenn das der Fall ist, dann hast du Sorgen. Dann musst du vergeben.
Bist du gierig? Vielleicht sagst du: Mir geht es ähnlich, ich bin in einer armen Familie aufgewachsen. Wir mussten immer sehr vorsichtig mit Geld sein. Ja, das stimmt, trotzdem ist es eine Herzenssache.
Oder beneidest du jemanden, der schöner, besser oder erfolgreicher ist als du? Wisst ihr, wer mir das kennt? Zum Beispiel, wenn jemand sagt: „Ist sie nicht eine extrem attraktive Frau?“ Und dann sagt jemand: „Ja, aber weißt du was, sie ist naiv.“
Dann hast du Neid im Herzen, weil du weißt, du wirst nie so schön sein wie sie. Darum musst du sie auf einem anderen Gebiet auf deine Ebene herunterziehen: „Ich bin wenigstens intelligenter als sie.“ Und dann folgen Blondinenwitze und so weiter.
Seht ihr, wir alle kämpfen mit Unvergebenheit, mit Geiz, mit Zorn. Wir wissen, es ist falsch, wir predigen, es ist falsch. Die Frage ist nur: Was tust du dagegen?
Ich habe auch schon erlebt, dass ein Christ gesagt hat: „Ja, ich habe Neid in meinem Herzen, das habe ich schon erlebt.“ Aber wisst ihr was? Er glaubt, nur weil er es bekannt hat, ist er jetzt gerechtfertigt, weiter neidisch zu sein.
Nein! Wenn du neidisch bist, dann gib. Oder jemand sagt: „Ich bin zornig, ich bin halt ein zorniger Mensch.“ Und er glaubt, das berechtigt ihn, weiter zornig zu sein. Nein! Was tust du dagegen? Du musst vergeben.
Und letztlich ist die unterschwellige Motivation für all diese Dinge immer Angst.
Ich habe Angst, die Wahrheit zu bekennen, weil ich meinen Ruf verliere.
Ich habe Angst zu vergeben, weil ich nicht noch einmal verletzt werden will.
Ich habe Angst, großzügig zu geben, weil ich ja zu kurz kommen könnte.
Ich habe Angst, den Erfolg anderer zu feiern, weil ich dann nicht mehr im Mittelpunkt stehe.
Es ist immer Angst, die uns da motiviert.
Die Kraft der Liebe als Überwindung der Angst
Und die Bibel sagt klipp und klar: Mit diesem Vers möchte ich schließen.
Erster Johannes 4,18: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat mit Strafe zu tun. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.“
Ganz entscheidend ist: Wir sollten nicht aus Angst motiviert leben, sondern aus Liebe. Nur so erfüllen wir das Gesetz Gottes. Und nur dann werden wir Jesus tatsächlich ähnlicher. Amen.