Angelangt möchte ich zuerst das Kapitel zwölf lesen und anschließend einige Gedanken dazu weitergeben.
Einblick in besondere Offenbarungen und das Rühmen in der Schwachheit
Ich beginne mit 2. Korinther 12,1. Das Rühmen nützt mir zwar nichts, aber ich möchte von den Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn sprechen.
Ich weiß von einem Menschen in Christus, der vor vierzehn Jahren – ob im Leib oder außerhalb des Leibes, weiß ich nicht, Gott weiß es – bis in den dritten Himmel entrückt wurde. Ich weiß auch von einem solchen Menschen, ob im Leib oder außerhalb des Leibes, weiß ich nicht, Gott weiß es, dass er ins Paradies entrückt wurde und unaussprechliche Worte hörte, die ein Mensch nicht sagen darf.
Wegen eines solchen will ich mich rühmen. Meiner selbst wegen aber will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheiten.
Zwar wäre ich nicht töricht, wenn ich mich rühmen wollte, denn ich würde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit niemand mehr von mir hält, als er an mir sieht oder von mir hört.
Und damit ich mich wegen der außergewöhnlichen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Pfahl ins Fleisch gegeben – ein Engel Satans, der mich mit Fäusten schlägt, damit ich mich nicht überhebe.
Deshalb habe ich dreimal den Herrn gebeten, dass er von mir ablassen soll. Er aber hat zu mir gesagt: „Lass dich an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in der Schwachheit vollkommen.“
Darum will ich mich am liebsten vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi in mir wohne.
Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Misshandlungen, an Nöten, an Verfolgung und an Ängsten um des Christus willen, damit, wenn ich schwach bin, ich stark bin.
Die Herausforderung des Dienstes und der Umgang mit Widerständen
Ich bin töricht geworden in meinem Rühmen; ihr habt mich dazu gezwungen. Denn ich sollte von euch empfohlen werden, da ich den bedeutenden Aposteln in nichts nahe stehe, auch wenn ich selbst nichts bin.
Die Zeichen eines Apostels sind unter euch gewirkt worden in aller Geduld, in Zeichen und Wundern und Kraftwirkungen. Womit seid ihr benachteiligt worden gegenüber den anderen Gemeinden, außer dass ich euch selbst nicht zur Last gefallen bin? Vergibt mir dieses Unrecht.
Siehe, zum dritten Mal bin ich nun bereit, zu euch zu kommen, und ich werde euch nicht zur Last fallen. Denn ich suche nicht das Eure, sondern euch. Es sollen ja nicht die Kinder den Eltern Schätze sammeln, sondern die Eltern den Kindern.
Ich aber will sehr gerne Opfer bringen und mich für eure Seelen opfern, auch wenn ich, je mehr ich euch liebe, desto weniger geliebt werde. Doch sei es so, dass ich euch nicht belästigt habe. Weil ich aber schlau bin, habe ich euch mit List gefangen.
Habe ich euch etwa durch irgendjemanden von denen, die ich zu euch sandte, übervorteilt? Ich habe den Titus gebeten und mit ihm den Bruder gesandt. Hat etwa Titus euch übervorteilt? Sind wir nicht im selben Geist gewandelt, nicht in denselben Fußstapfen?
Meint ihr wiederum, wir verteidigen uns vor euch? Vor dem Angesicht Gottes reden wir in Christus, und das alles geschieht zu eurer Erbauung.
Die Sorge um die Gemeinde und die Realität von Konflikten
Denn ich fürchte, wenn ich zu euch komme, euch nicht so vorzufinden, wie ich es mir wünsche. Und ihr könntet mich so vorfinden, wie ihr es nicht wünscht.
Es könnte Streit unter euch geben, Eifersucht, Zorn, Selbstsucht, Verleugnung, Verbreitung von Gerüchten, Aufgeblasenheit und Unruhe. Deshalb könnte mein Gott mich bei euch nochmals demütigen, wenn ich komme.
Ich muss trauern über viele, die zuvor schon gesündigt haben und keine Buße getan haben wegen der Unreinheit, Unzucht und Ausschweifung, die sie begangen haben.
Rückblick auf Paulus’ Dienst und seine Haltung gegenüber Herausforderungen
Es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen, was Paulus, ein altgedienter Knecht Gottes, erlebt hat. Er hatte bereits einige Jahre Dienst hinter sich und schaut nun zurück, um seine eigene Position zu beschreiben – sowohl gegenüber der Gemeinde als auch gegenüber Gott.
Die meisten von euch stehen vermutlich noch relativ am Anfang ihres Dienstes. Wahrscheinlich wollt ihr hier auf einen Dienst oder eine Mission in der Gemeinde vorbereitet werden. Ich glaube, dass das, was Paulus aus seiner weiter fortgeschrittenen Perspektive zurückblickend beschreibt, uns herausfordern kann. Es kann uns helfen, zu reflektieren, wie wir uns selbst sehen, wie wir uns definieren und wie wir der Gemeinde oder auch Menschen begegnen, mit denen wir nicht gut zurechtkommen.
Zum Hintergrund: Paulus schreibt diesen Brief, weil es in der Gemeinde in Korinth Auseinandersetzungen gab. Einige Leute traten auf und bezeichneten sich selbst als Apostel und Propheten. Sie brachten die Gemeinde durcheinander und unterstellten Paulus, falsche Motive zu haben.
Paulus reagierte darauf, unter anderem am Anfang des zweiten Korintherbriefs mit dem sogenannten Tränenbrief. Unter Tränen ermahnte er die Gemeinde, die er aufgebaut hatte und in der er Menschen zum Glauben geführt hatte. Wir können jetzt lernen, wie er mit diesen Leuten umgeht.
Weist Paulus sie zurecht und droht ihnen mit Gericht oder Hölle? Zeigt er, wie viel Autorität er besitzt, um die falschen Apostel und Propheten zu korrigieren? In diesem Kapitel, so meine ich, können wir einiges darüber lesen, wie wir mit anderen Menschen umgehen – besonders mit denen, die uns Schwierigkeiten bereiten. Es geht um Menschen, die unsere Gegner im geistlichen Bereich sind. Das ist manchmal noch schlimmer als im weltlichen Bereich.
Paulus hatte viel weniger Probleme, wenn er irgendwo überfallen oder von Juden, Heiden oder Griechen zusammengeschlagen wurde. Aber wenn diejenigen, die ihm am Herzen liegen – die er gewonnen hat und die Christen sind – gegen ihn sind, trifft ihn das tief ins Herz.
Das Rühmen als Ausdruck der Gnade Gottes und nicht der eigenen Leistung
Und im vorherigen Kapitel ist euch das wahrscheinlich noch in Erinnerung. Dort geht es darum, dass Paulus sich tatsächlich rühmt. Er beginnt ja auch in Kapitel 12, Vers 1 mit den Worten: „Das Rühmen nützt mir freilich nichts.“ Wenn wir direkt davor schauen, sehen wir, dass er sich rühmt, aber ganz anders, als das manche große Helden sonst tun würden.
Ich meine, selbst Helden im geistlichen Bereich würden vielleicht sagen: „Ich habe 72 Gemeinden gegründet, 50 Menschen zum Glauben geführt, zehn Bibelschulen gegründet, fünf Missionswerke aufgebaut – und jetzt hört euch das an: Das bin ich, jetzt seht, wer ich bin.“ So etwas tut Paulus nicht.
Bei seiner ganzen Liste, bei den Dingen, die er aufzählt und die er sich zugutekommen lassen könnte, sind es nur Dinge, bei denen wir sagen würden: „Paulus, was ist das denn?“ Er erwähnt: „Ich bin gesteinigt worden, ich bin verfolgt worden, ich habe mich abgemüht.“ Aber er zählt nicht seine Erfolge auf, sondern das, was er gelitten hat. Wir könnten fast sagen, er wirkt wie ein Masochist, der leidet – und sich dann noch dafür rühmt, dass er besonders gelitten hat.
Doch dahinter steckt nicht der Gedanke, dass er sich am Leiden freut. Das entwickelt er erst im Laufe dieses Kapitels. Er will gerade zeigen: „Nicht, ich rühme mich, denn wenn ich mich rühme, dann kommt Gott nicht an die erste Stelle in meinem Leben.“ Dann verherrliche ich nicht Gott durch das, was ich tue, sondern mich selbst. Ich weise auf mich hin, und genau das tun diese falschen Apostel, die sich in den Vordergrund spielen. Das will Paulus nicht tun.
Das ist auch eine Lehre: Wenn wir uns rühmen, dann sollten wir uns nicht rühmen mit „drei Jahren Bibelschule Brake“ oder „zwei Jahren“ oder „so vielen Praktika“. Vielmehr gibt es andere Dinge, die wir bei Paulus als Vorbild nehmen können.
Paulus sagt also: All das, was das Rühmen betrifft, nützt ihm wenig – selbst bei den Dingen, bei denen er kein großer Held war, sondern nur gelitten hat. Doch besonders herausstellt er die Offenbarungen des Herrn, Offenbarungen Gottes.
Er spricht hier von sich in der dritten Person: „Ich weiß von einem Menschen.“ Man kann sich fragen, welcher Mensch das wohl ist. Das ist nur ein Stilelement. Paulus redet eben über sich selbst, wie wir später noch merken. Er sagt zum Beispiel, der Engel des Satans habe ihn geschlagen, damit er sich nicht überhebt. Das zeigt, dass diese Offenbarungen ihm selbst gegolten haben.
Hier erlebt er etwas, was wahrscheinlich nur wenige von uns erlebt haben: eine Art Entrückung, eine Ekstase. Wir wissen nicht genau, ob er mit seinem Körper die Erde verlassen hat und leibhaftig in den Himmel gerückt wurde oder ob er ohnmächtig wurde und Visionen hatte, in denen Gott ihm gezeigt hat, wie es im dritten Himmel aussieht. Das wissen wir nicht.
Es gibt eine Zeitangabe: 14 Jahre. Wenn man in der Apostelgeschichte nachsucht, dann war das vor 14 Jahren. Wir wissen nicht genau, wo Paulus sich damals aufgehalten hat. Sehr wahrscheinlich war es irgendwann, bevor er in Antiochien zum Missionsdienst berufen wurde, aber nachdem er von Jerusalem nach Tarsus zurückgekehrt war. Also irgendwo in der Zeit, von der uns der Galaterbrief berichtet, dass Paulus sich in Arabien aufgehalten hat.
In dieser Zeit diente er Gott, und Gott gab ihm dieses besondere Erlebnis, diese Vision. Er beschreibt den Ort als den dritten Himmel. Ich kann euch leider nicht genau sagen, was der Unterschied zwischen dem ersten, zweiten, dritten oder noch mehr Himmeln ist. Ich wüsste auch nicht, wo wir das genau klären könnten. Es ist aber auch nicht hundertprozentig wichtig.
Wir sehen, dass Paulus in den folgenden Versen, nämlich Vers 4, sagt, er sei ins Paradies entrückt worden. Ich habe hier den Eindruck, dass er Paradies als Synonym für den dritten Himmel benutzt. Er ist also nicht an zwei verschiedene Orte entrückt worden, sondern Paradies und dritter Himmel sind dasselbe.
Im Paradies finden wir ja auch den Baum des Lebens im himmlischen Jerusalem. Das ist also scheinbar genau dasselbe wie das Paradies oder der dritte Himmel. Paulus ist hier einfach in die Gegenwart Gottes hineingerückt, in die Herrlichkeit Gottes, die er gesehen hat.
Und da rühmt er sich. Warum rühmt er sich dessen? Nicht, weil er sagen will: „Ich bin so würdig gewesen.“ Sondern er will sagen: Das Einzige, worauf ich mich rühmen kann, ist, dass Gott sich mir zugewandt hat. Hier nimmt er ein Beispiel, bei dem Gott sich in besonderer Weise ihm zugewandt hat.
Das ist ja nicht sein Verdienst. Paulus schreibt hier nicht: „Weil ich so ein toller Christ bin, hat Gott mir diese Offenbarung gegeben.“ Sondern einfach, weil es ihm in seiner Gnade wohlgefallen hat.
Er sagt noch einmal, dass er nicht weiß, ob er im Leib war oder nur eine Vision hatte, als er ins Paradies entrückt wurde und unaussprechliche Worte hörte, die ein Mensch nicht sagen darf.
Diese unaussprechlichen Worte könnten eine Art Himmelssprache gewesen sein. Vielleicht war es das Lob der Engel, das Gott zugesprochen wurde. Wenn hier steht, dass ein Mensch diese Worte nicht sagen darf, kann das mehrere Bedeutungen haben.
Einerseits könnte es bedeuten, dass der Mensch keine Himmelssprache sprechen darf. Andererseits, und das erscheint mir wahrscheinlicher, hat Paulus es zwar verstanden, Gott hat es ihm gezeigt, aber er darf es auf der Erde nicht wiederholen. Deshalb schreibt er den Korinthern nicht, was genau die Engel gesagt haben, sondern behält es für sich. Er erwähnt nur, dass er dieses Rühmen der Engel gehört hat.
Dann sagt er: „Wegen dieses will ich mich rühmen, meiner selbst aber will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheit.“ Hier wird deutlich: Er rühmt sich nur dessen, was Gott an ihm tut, nicht dessen, was er selbst tut.
Für uns ist das eine der Herausforderungen, die Paulus uns gibt: Wie stehen wir im Verhältnis zwischen Werken und Gnade? Bilden wir uns etwas darauf ein, dass wir besonders gut oder vorbildlich leben? Nicht, dass wir das nicht tun sollten – Paulus tut das ja auch nicht. Er lebt nicht zuchtlos und sündhaft.
Aber dessen rühmt er sich nicht. Er sagt: Wenn ich mich überhaupt etwas rühmen kann, dann dessen, dass Gott mich gefunden hat. So sollten wir eigentlich immer reden, wenn wir etwas geschafft haben, gut in der Gemeinde gedient haben oder eine Predigt gut gelungen ist.
Wir müssten sagen: Gott hat das durch mich geschaffen. Und das nicht aus falscher Demut, sondern realistisch gesehen, wie Paulus es sagt: In meiner Schwachheit könnte ich nichts tun. Selbst wenn ich eine gute Predigt vorbereiten kann, die das Herz der Menschen trifft, kann ich das nicht aus eigener Kraft erreichen.
Eine rhetorisch gute Predigt kann an den Köpfen der Menschen vorbeigehen. Eine Predigt, die in Zittern und Sagen vorbereitet wurde, kann das Herz der Menschen treffen und Veränderung bewirken.
So ist es eine Herausforderung, wenn wir Paulus sehen, dass wir ähnlich vorgehen sollten. Nicht uns eine Heldenliste anführen, die wir vor uns hertragen, sondern wenn wir uns rühmen, dann dessen, dass Gott in unserem Leben Großes getan hat und durch uns wirkt – so wie Paulus es hier tut.
Die Demut im Leiden und die Kraft Gottes in der Schwachheit
Es ist ja töricht, nicht wahr? Zwar wäre ich, wenn ich mich rühmen wollte, deshalb nicht töricht. Paulus erwähnt das auch vorher noch. Wenn wir nämlich zurückschlagen, findet sich das in Kapitel 11, Vers 1. Dort sagt er: „Möchte ich noch ein wenig in meiner Torheit ertragen.“
In Kapitel 10, Verse 17 und 18, sagt er: „Wer sich aber rühmen will, der rühme sich des Herrn. Denn nicht der sich selbst bewährt, ist der selbst.“
Nicht der sich bewährt, empfiehlt sich selbst, sondern der, der den Herrn empfiehlt. Hier sagt Paulus, dass ein Christ eigentlich Jesus empfehlen soll, nicht sich selbst. Es geht nicht darum, zu zeigen, wie toll man selbst ist, sondern wie großartig der Herr ist.
Mit diesen Worten will er sagen, dass es nicht falsch wäre, wenn er heraushebt, was er getan hat, weil es der Wahrheit entspricht. Aber geistlich ist es nicht richtig, und deshalb tut er es nicht.
Er enthält sich dessen, damit niemand mehr von ihm hält, als das, was er sieht oder hört. Das heißt, Paulus hat es gar nicht nötig, zu zeigen, wie großartig er ist. Die Menschen sehen an seinem Leben und an seinem Reden, wer er ist.
Das ist natürlich auch eine Herausforderung für uns. Sehen Menschen in erster Linie in euch, wenn ihr in eure Heimatgemeinde zurückkehrt, den Bibelschüler der Bibelschule Brake, denjenigen, der schon einige Heldentaten vollbracht hat? Oder sehen sie in uns als Mitarbeitern, eben als Mitarbeiter der Bibelschule Brake, tatsächlich das, wie wir den Menschen begegnen, wie wir handeln und wie wir sprechen – Jesu Liebe?
Sind sie überzeugt durch das, was ihnen wirklich begegnet, oder nur durch den großen Namen, der ihnen entgegentritt? Paulus sagt: Das brauche ich nicht. Ich habe es nicht nötig, selbst Werbung für mich zu betreiben. Ihr habt mich kennengelernt, ihr wisst durch eure eigenen Erfahrungen, wer ich bin.
Die Bedeutung von Demut durch Leiden als Schutz vor Überheblichkeit
Dann Vers 7 und Vers 8: Hier geht es um die ausserordentlichen Offenbarungen, die Paulus oben erwähnt hat. Er spricht von der Himmelserfahrung, bei der er entrückt wurde. Paulus sagt, dass diese Erfahrung dazu führen könnte, dass er sich überhebt. Er hat so Grosses mit Gott erlebt, dass er dabei die Bodenhaftung verlieren könnte.
Manchmal kann es so sein, dass man beispielsweise im Praktikum grosse Dinge erlebt. Menschen kommen zum Glauben, Gott segnet die Arbeit, und plötzlich passiert etwas, das einen wieder auf den Boden zurückzieht. Ähnlich erging es Paulus hier.
Wir lesen von einem Engel des Satans, der ihn mit Fäusten schlägt. Dazu gibt es viele Spekulationen. In verschiedenen Kommentaren kann man nachlesen, was dazu gesagt wird. Einige deuten es als eine Krankheit, mit der Paulus geschlagen wurde. Andere meinen, es sei eine Augenkrankheit, die er in diesem Brief erwähnt.
Im Zusammenhang mit diesem Brief scheint es jedoch eher um eine Situation zu gehen, die ihre Wurzeln in der Gemeinde in Korinth hat. Eine passendere Deutung ist, dass es die Gegner Paulus’ sind, die vom Satan gebraucht werden, um ihm Leiden zuzufügen. Der ganze Zweite Korintherbrief spricht ja vom Leiden Paulus’. Hier präzisiert er, dass falsche Apostel und falsche Propheten ihm Leiden verursachen.
Möglicherweise haben sie ihm sogar körperlich geschadet. Das Schlagen mit Fäusten könnte darauf hinweisen, dass Paulus bei einem Besuch in Korinth körperlich misshandelt oder geschlagen wurde. Auf jeden Fall sehen wir, dass er leidet.
Dieses Leiden, um das er Gott dreimal bittet, wird von Gott nicht weggenommen. Paulus nimmt es als ein von Gott erlaubtes oder zugelassenes Leiden an. Leidensfreiheit und ewige Gesundheit sind nicht unbedingt nur Zeichen von Gottes Segen.
Hier ist es ein Leiden, das Paulus bewusst als von Gott geschickt erkennt, damit er nicht überheblich wird. Manchmal kann es so sein, dass ihr schwierige Menschen in eurer Umgebung habt. Zum Beispiel, wenn ihr zu dritt auf einem Zimmer im Internat seid oder in der Klasse jemand ist, der euch immer wieder nervt. Vielleicht ärgert ihr euch darüber, wie jemand spricht oder welche Musik er hört oder nicht hört.
Vielleicht ist es ähnlich wie bei Paulus: Ein Mensch, der nicht unbedingt recht steht, aber von Gott benutzt wird, um euch zu demütigen. Er zeigt euch, dass ihr nicht zu viel von euch denken sollt, sondern zurück auf den Boden kommen müsst.
Dann erwähnt Paulus noch einmal: Die Kraft Gottes ist gerade in der Schwachheit vollkommen. Dort, wo wir nicht mehr weiterkommen und nicht wissen, was wir tun sollen, kann Gott vollkommen wirken. Darum hat Paulus auch Wohlgefallen an den Misshandlungen und Nöten.
Die Bereitschaft zum Dienst trotz Widerständen und Missverständnissen
Jetzt geht es um das Ringen der Gemeinde. Paulus schreibt in Vers elf: „Ich bin töricht geworden um meines Rühmens willen.“ Eigentlich wollte er sich ja nicht rühmen. Doch jetzt sagt er, dass ihr ihn dazu gezwungen habt, sich doch zu rühmen, obwohl er das eigentlich nicht wollte.
Auch wenn er seine Heldentaten nicht aufgezählt hat, erwähnt er zumindest, dass Gott ihm in besonderer Weise eine Offenbarung gegeben hat. Dieses „mit ihm töricht werden“ haben wir ja am Anfang von Kapitel elf und auch am Ende von Kapitel zehn gelesen. Es zeigt, dass das eigentlich nur geht, wenn ich auf Gott hinweise, was Paulus ja auch will.
Wir merken, dass Paulus selbst bei solchen todernsten Sachen immer etwas Ironie mit einbringt, fast wie Humor. Man könnte sich vorstellen, dass er dabei lächelt. Dann sagt er nämlich: „Denn ich soll von euch empfohlen werden, da ich den bedeutenden Aposteln in nichts nachstehe.“ Mit „bedeutend“ meint er natürlich nicht die wirklich Bedeutenden, sondern die, die sich einbilden, so bedeutend zu sein.
Er meint die, die in Korinth aufstehen und sagen: „Ich bin viel größer als Paulus, und ich bin von Gott gesegnet, und Paulus ist ja nichts.“ Da sagt Paulus: „Ja, was stehe ich denn diesen Aposteln, diesen bedeutenden Aposteln, nach? Ihr kennt mich doch!“ Er erinnert sie daran, dass Zeichen und Wunder durch ihn geschehen sind.
Wenn wir in der Apostelgeschichte lesen, finden wir nicht allzu viele Zeichen, die in Korinth geschehen sind – einzelne schon. Vermutlich meint Paulus hier auch nicht nur die ganz außergewöhnlichen Wunder, sondern auch das Wirken des Heiligen Geistes, dass Menschen zum Glauben gekommen sind. Möglicherweise schließt er auch Heilungen und andere Wunder mit ein.
Dann nimmt Paulus in Vers dreizehn einen Vorwurf der Gemeinden auf: „Denn worin seid ihr benachteiligt worden gegenüber den restlichen Gemeinden, außer dass ich euch selbst nicht zur Last gefallen bin?“ Wieder ein Hauch von Ironie. Er fordert sie auf, zu sagen, was er denn Böses an ihnen getan habe. Und das war ja das Einzige, dass er nichts von ihnen genommen hat.
Man könnte sagen, hier zeigt Paulus auf, was die anderen Apostel tun, die jetzt zu ihnen gekommen sind. Die kassieren nur dick ab, gehen umher und sammeln Geld für sich ein. Sie wollen Ruhm, Ehre und Geld für sich haben. Paulus fragt: „Was habe ich bei euch gemacht?“ All das eben gar nicht. Deshalb habe er sie nicht benachteiligt. Er habe ihnen genau das gegeben, was Gott ihm anvertraut hat. Und dem sollen sie jetzt treu nachfolgen.
Dann sagt er: „Ich bin zum dritten Mal zu euch, nun bereit, zu euch zu kommen.“ Das erste Mal war, als er die Gemeinde gegründet hat. Später kam ein weiterer Besuch, bei dem er unter Tränen wieder abreiste, weil die Gemeinde ihn verworfen hatte. Nun sagt er: „Ich suche nicht das Eure, sondern ich suche euch.“
Das heißt: Er sucht nicht euer Geld, nicht euren Besitz, er sucht nicht, dass ihr ihn groß heraushebt. Sondern er sucht euch. Es geht ihm darum, dass ihr gerettet werdet. So sollte auch unser Anliegen sein, wenn wir irgendwo in der Gemeinde sind. Es sollte nicht darum gehen, dass ich groß herauskomme oder Geld bekomme. Vielmehr sollten die Menschen mir am Herzen liegen – so wie Paulus es hier tut –, damit sie Jesus näherkommen.
Dann sagt er: „Ich würde sehr gerne Opfer bringen oder geopfert werden für eure Seelen.“ „Weil ich euch liebe und liebe, desto weniger werde ich geliebt.“ Hier zeigt sich wieder das Miteinander. Wir suchen nicht nur in der Gemeinde dasselbe, wir sollten nicht nur in der Gemeinde einen Dienst tun, bei dem wir geliebt und bejubelt werden.
Wenn es ein Anliegen von Gott ist, kann es sogar so sein, dass ich die Gemeinde liebe und mich einsetze, auch wenn ich Widerstand erfahre. Manchmal gibt es Gemeinden, da ist es so, dass wir auseinandergeraten sind und meinen, Recht zu haben. Vielleicht ist das auch so. Trotzdem jubeln uns nicht alle zu. Aber dann sollten wir nicht das Unsere suchen, sondern weil wir die Menschen lieben, diesen Dienst tun – so wie Paulus es sagt.
„Geopfert werden für eure Seelen“ bedeutet hier nicht, dass er für sie gerettet wird, also dass er stirbt und sie dadurch gerettet werden. Das ist nicht gemeint. Vielmehr meint Paulus, dass er bereit ist, zu leiden, damit sie vorankommen, Jesus erkennen und ihm näherkommen.
Dann greift Paulus noch einmal einen Vorwurf seiner Gegner in Vers 16 auf: „So sei es nun, dass ich euch belästigt habe oder schlau bin, euch mit List gefangen habe.“ Hier unterstellen ihm seine Gegner, wie wir in den folgenden Versen lesen, dass er die Sammlung für Jerusalem nur gemacht hätte, um heimlich das Geld für sich zu behalten.
Er hat den Titus geschickt, um das Geld einzusammeln. Paulus sagt: „Ihr kennt doch den Titus, und ihr wisst, dass er genauso handelt wie ich.“ Hier steckt auch eine Lektion für uns: Wenn wir Mitarbeiter in der Gemeinde haben, sollten wir hinter ihnen stehen, wenn wir ihnen vertrauen.
Paulus versucht nicht, die Schuld, die ihm untergeschoben wird, auf Titus abzuschieben. Das wäre ja leicht: „Ich weiß von nichts, wahrscheinlich hat Titus das Geld entwendet.“ Das sagt er nicht. Stattdessen sagt er: „Den Titus kenne ich, er ist genauso gesonnen wie ich. Auch wenn ich nicht dabei war, könnt ihr ihm vertrauen – und mir auch. Alles Geld, das für Jerusalem eingesammelt wurde, bekommt auch nur Jerusalem, ich nicht.“
Wenn ihr meint, ich müsste mich vor euch verteidigen, sagt Paulus: „Nein.“ „Ich wäre doch dumm, wenn ich euch belügen würde.“ Letztendlich sei ihm doch klar – und euch auch –, dass er vor Gott stehe.
Man denke an solche Fälle wie Ananias und Saphira. Klar könnte Paulus die Gemeinde belügen. Doch was hätte er davon? Gar nichts. Hier will er sagen: Letztendlich sind wir nicht nur vor Menschen verantwortlich. Menschen können wir vielleicht betrügen und belügen, aber vor Gott nicht.
Auch das ist eine Perspektive des Dienstes, die uns manchmal hilft, wenn wir in der Gemeinde keine Anerkennung bekommen – so wie Paulus sie hier auch nicht bekommen hat. Manchmal ist es schön, wenn uns jemand auf die Schulter klopft. Das ist auch gut, und wir müssen uns deshalb nicht schämen. Aber es gibt immer wieder Situationen in der Gemeinde, in denen wir keinen Lohn oder keine Anerkennung erhalten – so wie Paulus hier.
Die Sorge um geistliche Reife und die Aufforderung zur Umkehr
Ich fürchte, wenn ich zu euch kommen würde, würde ich euch nicht so vorfinden, wie ich es mir wünsche. Und ihr würdet mich auch nicht so antreffen, wie ihr es euch erhofft.
Hier sind zwei Aspekte zu beachten. Einerseits würde ich nicht finden, dass ihr in der Heiligung vorangekommen seid. Ich denke, wenn ich zu euch käme, würde ich dort Zorn, Eifersucht, Selbstsucht und Verleugnung vorfinden. Man merkt, dass die Gemeinden damals nicht viel anders waren als heute. Auch heute gibt es manchmal Rangeleien um den besten Platz in der Gemeinde. „Ich will gern dieses Amt, ich will gern diesen Einfluss.“
Warum weiß Paulus das? Er weiß es genau. Das sind die Motivationen, die die Menschen dazu treiben, ihn abzulehnen, gegen ihn zu opponieren und Streit untereinander zu verursachen. Er kennt die Gemeinde, denn er hat sie selbst gegründet. Er sagt, er habe Angst, wenn er zu euch zurückkommt, dass ihr nicht wirklich gewachsen seid durch die sogenannten Superapostel, die bei euch sind. Im Grunde genommen seid ihr noch in denselben Sünden, die ich früher schon bei euch gesehen habe.
Umgekehrt sagt er aber auch: Ihr würdet mich nicht so antreffen, wie ihr es hofft. Was erwartet die Gemeinde? Sie hofft, einen schwachen und zerknirschten Apostel zu finden, der zugeben würde, gesündigt zu haben. Das würden sie aber nicht finden. Wenn er käme, müssten sie plötzlich erkennen, dass er tatsächlich von Gott gebraucht wird. Dann müssten sie umkehren.
Er sagt weiter, dass es ihn traurig machen würde, wenn er zu euch käme. Es würde ihn demütigen. Er freut sich nicht daran, dass sie von Gott abgewichen sind, sondern leidet mit ihnen. Deshalb fordert er auf, dass viele, die zuvor gesündigt haben, jetzt umkehren müssen, weil sie bisher keine Buße getan haben.
Praktische Lektionen für den Umgang mit schwierigen Menschen und Situationen
Einige Punkte, die wir von Paulus lernen können, betreffen den Umgang mit schwierigen Situationen und insbesondere mit schwierigen Menschen. Dabei zeigt Paulus, dass es nicht darum geht, sich besonders hervorzuheben oder einfach aus der Situation zu fliehen. Er vermeidet es, zu sagen: „Ich habe mit euch nichts mehr zu tun“ oder „Wenn ihr nicht wollt, komme ich nicht zu euch.“
Stattdessen sagt Paulus, dass er bereit ist, selbst unter den Menschen zu leiden. Dieses Leiden und die Widerstände können sogar dazu dienen, dass Gott an ihm arbeitet und ihn weiter voranbringt. So wird Paulus Gott ähnlicher und bewahrt sich davor, überheblich zu werden.
An dieser Stelle möchte ich mit euch beten: Herr Jesus Christus, vielen Dank für die Frage!