Einführung in das Thema und Überblick über den Römerbrief
Ich weiß nicht, ob das mit diesen technischen Dingen funktionieren wird, aber wir werden sehen. Es wird funktionieren.
Ich möchte Sie heute Abend herzlich begrüßen. Wir sind bei einem Thema angelangt, Römer 9 bis 11, das sehr viel Inhalt hat und auch Dinge enthält, über die Christen immer wieder diskutieren. Beten wir, dass der Herr uns hilft! Beten Sie bitte auch in diesen Stunden, dass der Herr uns unterstützt.
Es geht um den Text, den wir betrachten wollen. Wir werden also genau im Text arbeiten müssen.
Übrigens, es gab eine Frage: Was würden Sie empfehlen, welche Bibelübersetzung man zum Predigen verwenden sollte? Nun, ich würde die Schlachter- und die Elberfelder-Bibel empfehlen. Wer die Janssen-Bibel hat, kann ich auch empfehlen, besonders für Kinder und Jugendliche. Für Kinder und Jugendliche würde ich ebenfalls die Schlachter- und die Elberfelder-Bibel empfehlen, denn die Kinder sind nicht so dumm, dass sie das nicht verstehen. Mit der Zeit kommen sie immer mehr hinein. Sie brauchen gar nicht in verschiedene Bibeln umzusteigen. Das war nur eine Frage, die hier gestellt wurde.
Wenn wir uns den Römerbrief ansehen, ist das Thema des Römerbriefes die Gottesgerechtigkeit. Das ist ein anderer Begriff als Heil oder Rettung. Die Frage lautet: Wie werde ich gerecht vor Gott? Wie bekomme ich Gottes Gerechtigkeit? Das ist dasselbe wie: Wie bekomme ich das Heil, die Rettung? Das ist das Thema des Römerbriefes.
Nach einer Einleitung gibt es den ersten Punkt: Warum man das Heil braucht, also die Rettung und die Gottesgerechtigkeit. Das sind die Kapitel 1,18-23.
Danach folgt der zweite große Teil: Was denn die Gottesgerechtigkeit ist, oder was die Rettung, das Heil ist, was das beinhaltet und was es bedeutet, gerettet zu sein und gerecht vor Gott zu sein.
Das dritte große Thema ist dann in Kapitel 3,21 bis Kapitel 5 Ende. Das vierte große Thema ist Kapitel 6 bis 8. Hier zeigt der Apostel Paulus, wie das Heil zu einem neuen Leben befreit, denn das Heil ist Befreiung – Befreiung von Sünde und dem Müssen des Sündigens. Er beschreibt in diesen Kapiteln, wie das Heil oder die Rettung, die Gottesgerechtigkeit, zu einem neuen Leben befreit, sodass man in einem neuen Leben wandeln kann.
Im vierten großen Teil wird dann in Kapitel 9 bis 11 beschrieben, wie das Verhältnis dieses Heils zu Israel ist, und zwar zur Verwerfung Israels. Israel wurde verworfen, weil es den Messias verworfen hat. In welcher Hinsicht wurde es verworfen? Gibt es keine Zukunft für Israel? Diese Fragen werden dort behandelt, und wir werden das gleich sehen.
Im fünften Teil geht es darum, wie man die Gottesgerechtigkeit lebt. Das heißt konkret: praktische Hinweise. Dabei steht vor allem die Liebe im Mittelpunkt.
Dann folgt noch ein Schlussabschnitt ab Kapitel 15, Vers 14 bis zum Ende des Briefes.
Das war jetzt nur die Gliederung des Römerbriefes, damit Sie wissen, wo wir stehen.
Der Römerbrief wurde etwa im Jahr 56 oder 57 nach Christus geschrieben. Paulus schrieb ihn an Christen, an Heilige in Rom. Diese Menschen in Rom waren nicht in einer einzigen Versammlung. Rom war erstens viel zu groß für eine einzige Versammlung. Die Christen versammelten sich nicht in riesengroßen Häusern.
Zweitens waren die Christen auch verschieden in ihrer Herkunft. Das heißt, es gab in Rom Judenchristen und Heidenchristen. Es gab viel Gespräch und Gemeinschaft unter den Christen in Rom. Aber es gab immer wieder auch Schwierigkeiten, weil die Herkunft unterschiedlich war.
Ein Grund, warum Paulus den Brief geschrieben hat, war gerade, um den Christen zu helfen, die Spannungen zwischen Judenchristen und Heidenchristen beizulegen.
Die Verwerfung Israels im Römerbrief: Einleitung und Problemstellung
In den Kapiteln neun bis elf geht es um das Heil beziehungsweise die Gottesgerechtigkeit sowie um die Frage der Verwerfung und Rettung Israels. In Kapitel neun wird das Problem angesprochen, dass Israel verworfen ist. Es wird dargestellt, dass nicht alle Israeliten den Messias angenommen haben und deshalb nicht alle gerettet sind. Dieses Problem wird in diesem Kapitel behandelt.
Kapitel zehn beschäftigt sich mit dem Grund für die Verwerfung Israels. Es wird erklärt, warum Israel verworfen wurde. Kapitel elf behandelt die Grenzen dieser Verwerfung. Das bedeutet, dass Israel nicht gänzlich und nicht endgültig verworfen ist. Es besteht immer noch die Möglichkeit zur Umkehr, so der Apostel Paulus. Dies werden wir später noch genauer betrachten.
Zunächst wollen wir die Gliederung im Blick behalten und uns heute dem Text in Kapitel neun zuwenden. Es geht vor allem um die Frage und das Problem der Verwerfung Israels. Israel ist nicht deshalb verworfen, weil Gott ungerecht ist. Dieser Vorwurf wird in dem Kapitel thematisiert, und Paulus sagt klar: Nein, Gott ist nicht ungerecht. Israel ist nicht aufgrund von Gottes Ungerechtigkeit verworfen.
Zuerst folgt eine Einleitung in den Versen 1 bis 5:
„Ich sage die Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, mein Gewissen bezeugt es zusammen mit dem Heiligen Geist, dass ich in großer Betrübnis bin und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen habe. Denn ich wünschte, ich selbst wäre verflucht und von Christus entfernt für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleisch, die Israeliten sind, deren die Sohnesstellung ist, die Herrlichkeit, die Bündnisse, die Gesetzgebung, der verehrende Dienst und die Verheißungen gehören. Deren die Väter sind und aus denen nach dem Fleisch der Christus ist, der über allem ist, Gott gelobt in Ewigkeit.“
Paulus drückt hier seine Sorge um Israel aus. Er hat große Sorge um seine Verwandten, seine Verwandten nach dem Fleisch. Es geht also um das fleischliche Israel. Das ist das Thema: das fleischliche Israel, also die Israeliten, die von der Geschichte her als Israel bekannt sind. Das sind die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs. Dieses Volk war durch die Geschichte hindurch das Volk, durch das Gott gehandelt hat, und aus dem der Messias, Jesus Christus, hervorgegangen ist.
Um diese Verwandten des Apostels Paulus geht es in diesem Abschnitt.
Die Vorrechte Israels und der Ausschluss vom Heil
In den Versen 6 bis 13 spricht Paulus von einer Frage, die er beantwortet: Warum ist der Ausschluss Israels vom Heil möglich? Israel hat viele Vorrechte. Es besitzt die Sohnesstellung und damit eine besondere Stellung zu Gott. Das heißt, es hat die Herrlichkeit, was wahrscheinlich ein Hinweis auf die Bundeslade ist. Gott hat Bündnisse mit Israel geschlossen. Das Gesetz wurde ihnen anvertraut, und sie hatten den Gottesdienst im Tempel in Jerusalem.
Zudem gab es spezielle Verheißungen auf das Heil und die Ewigkeit. Aus Israel sollte der Messias hervorgehen. Das sind alles große Vorrechte Israels. Warum sollte Israel also einfach verworfen sein?
In den Kapiteln 1 bis 8 des Römerbriefs erklärt Paulus, dass Gott Sünder nur durch Gnade und Glauben rettet. Juden und Nichtjuden stehen auf derselben Grundlage: Rettung nur aus Gnade. Niemand wird durch Werke oder aufgrund seiner Verwandtschaft, also seiner Stammeslinie, gerettet.
Wenn das so ist, bedeutet das, dass es keinen Unterschied zwischen Israel und den Heiden gibt. Das störte natürlich die jüdischen Christen in Rom. Paulus wusste, dass sie das störte, und deshalb geht er in diesem Brief gleich auf diese Frage ein.
Die Israeliten sagten: „Wir sind doch etwas Besonderes.“ Übrigens verwendet Paulus manchmal den Begriff „Israeliten“ und manchmal „Juden“. Wenn er „Israeliten“ sagt, betont er das historische Volk Gottes, das von Abraham, Isaak und Jakob abstammt. Wenn er „Juden“ sagt, meint er die tatsächlichen Juden, die damals lebten.
Denn es waren hauptsächlich Juden, aber nicht nur. Es gab auch Benjaminiter und einige aus dem Stamm Asser. In der damaligen Zeit gab es bereits einige aus den zehn Stämmen, denn diese waren frühzeitig aus dem Nordreich ins Südreich zurückgekehrt.
Als Jerobeam König wurde und den Götzendienst im Nordreich einführte, heißt es, dass viele ins Südreich kamen. Das kann man in 2. Chronik 11 nachlesen. Das bedeutet, dass es im Südreich nicht nur Juda und Benjamin gab, sondern auch Vertreter der anderen zehn Stämme.
Die zehn Stämme sind also nicht verloren, sondern hatten ihre Vertreter im Südreich. Die Juden, von denen hier die Rede ist, waren die Menschen, die zu jener Zeit in Israel lebten. Sie waren vor etwa 500 Jahren aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt.
In Babylon waren die Juden gewesen, und viele von ihnen waren zurückgekehrt aus Babylon ins Land Palästina, ins Land Israel.
Das Wort Gottes und die Verheissungen an Israel
Vers 6 bedeutet jedoch nicht, dass das Wort Gottes hinfällig geworden wäre. Das Wort Gottes sind die Verheißungen. Das heißt nicht, dass die Verheißungen, die Gott im Alten Testament in Bezug auf Israel gegeben hat, jetzt nicht erfüllt werden. Im Gegenteil, sagt Paulus, sie werden erfüllt. Gott wird diese Verheißungen sehr wohl zur Erfüllung bringen. Er hat seine Zusagen nicht wirkungslos gemacht.
Was er jetzt sagen wird, erkläre ich ein wenig, und dann lesen wir den Text. So wird es vielleicht etwas leichter verständlich. Paulus sagt nämlich, dass das Verheißungswort nicht allen Israeliten gilt. Wenn Gott eine Verheißung gegeben hat, ein Versprechen für die Zukunft Israels, dann gilt das nicht für alle Israeliten. Für die Juden war das ein ziemlich neuer Gedanke: Warum sollte das nicht für alle Israeliten gelten?
Lesen wir, was Paulus sagt, im Kapitel 9, Vers 6: „Das heißt aber nicht, dass das Wort Gottes hinfällig geworden wäre, denn nicht alle, die aus Israel sind, sind Israel.“
Was soll das bedeuten? Paulus spricht hier seine Situation an. Kommen wir mit zurück ins Jahr 56 nach Christus. Stellen wir uns vor, wir leben jetzt alle im Jahr 56 nach Christus. Damals gab es viele Israeliten, die an den Herrn Jesus nicht glaubten, und viele Israeliten, die an den Herrn Jesus glaubten. Paulus sagt: Nicht alle aus Israel sind Israel.
In Vers 7 heißt es weiter: „Noch sind nicht alle Kinder, weil sie Abrahams Same sind, sondern in Isaak wird dir ein Same genannt werden.“ Das heißt, es sind nicht die Kinder des Fleisches, die Kinder Gottes sind, sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommen gerechnet. Denn dies ist ein Wort der Verheißung: Zu dieser Zeit werde ich kommen, und Sarah wird einen Sohn haben.
Aber nicht nur hier ist es so, sondern auch als Rebekka schwanger war von Isaak, unserem Vater, war es so: Denn als sie noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Schlechtes getan hatten, damit der Vorsatz Gottes nach Erwählung bestehen bliebe – nicht aus den Werken, sondern aus dem Rufenden – wurde zu ihr gesagt: „Der Größere wird dem Kleineren dienen“, so wie geschrieben steht: „Jakob liebte ich, aber Esau hasste ich.“
Die geistliche Bedeutung der Erwählung und Abstammung
Paulus möchte in diesem Brief zeigen, dass zu dem Zeitpunkt, als er schrieb, nicht alle Israeliten echte Israeliten sind. Das bedeutet, dass nur diejenigen als Kinder Gottes gelten, die den Messias angenommen haben. Es zählt also nicht allein die Abstammung von den Juden oder Israeliten, sondern der Glaube an den Messias. Wer den Messias nicht angenommen hat, dem nützt auch die jüdische Herkunft nichts. Wenn man nun sterben würde oder das Gericht Gottes käme, wäre man genauso verloren wie die Heiden.
Für die Juden war diese Aussage natürlich eine harte Sprache, doch Paulus macht deutlich: Wer den Messias nicht angenommen hat, gilt nicht als wahrer Israelit. Das heißt, denjenigen gelten die Verheißungen Gottes, die im Alten Testament dem Volk Israel gegeben wurden, nicht. Sobald jemand den Messias annimmt, gelten diese Verheißungen jedoch.
Paulus argumentiert dabei mit einem Beispiel aus der Geschichte: Er erinnert an Abraham, der zwei Söhne hatte. Haben beide Söhne die Verheißung erhalten? Nein, nur Isaak bekam die Verheißung. Paulus sagt also: Obwohl Abraham zwei Söhne hatte, half es Ismael nichts, dass er von Abraham abstammt. Die Abstammung allein reicht nicht aus.
Es gab somit zwei Kategorien von Abrahams Söhnen: Die einen waren Kinder der Verheißung, die anderen nur Kinder des Fleisches. Genauso ist es im Jahr 56 nach Christus. Es gibt zwei Arten von Nachkommen Abrahams: Die einen sind Nachkommen nur nach dem Fleisch, die anderen sind Nachkommen nach dem Fleisch und zugleich Kinder der Verheißung. Letztere sind alle, die von Abraham abstammen und an den Messias glauben.
Die anderen, die nicht an den Messias glauben, sind nur das Israel nach dem Fleisch. Ihnen gelten die Verheißungen nicht. Das Israel nach dem Fleisch ist also vergleichbar mit Ismael, der nur äußerlich von Abraham abstammte, aber die Verheißungen nicht erhielt. Diese Parallele zieht Paulus in diesem Text.
Noch einmal zusammengefasst: Nicht alle Kinder sind Kinder Gottes, nur weil sie von Abraham abstammen. Sie sind nicht alle Abrahams Kinder im geistlichen Sinn. Die Schrift sagt: „In Isaak wird dir ein Same genannt werden“ (Galater 4,28). Das heißt, nur die in Isaak gelten als Kinder der Verheißung.
Es sind also nicht die Kinder des Fleisches, sondern die Kinder der Verheißung, die als Nachkommen Abrahams gerechnet werden. Kinder Gottes sind folglich nur die Kinder der Verheißung, also die Nachkommen über Isaak. Und im Jahr 56 nach Christus sind das nur diejenigen, die den Messias angenommen haben.
Nur die Juden, die an den Messias glauben, gelten als Kinder der Verheißung. Ihnen gelten die Verheißungen, sie sind Kinder Gottes.
Was wir hier lernen können, ist, dass nicht derjenige Jude ist, der es äußerlich ist – etwa durch die Beschneidung am Fleisch. Ein Jude ist vielmehr derjenige, der an den Messias glaubt und geistlich beschnitten ist. Paulus hat das bereits in Kapitel 2, Vers 28 angesprochen. Dort heißt es: Nicht derjenige, der äußerlich Jude ist, oder die äußerliche Beschneidung am Fleisch sind entscheidend. Vielmehr ist der Jude derjenige, der es im Verborgenen ist, und die Beschneidung ist die des Herzens – im Geist, nicht nach dem Buchstaben oder dem geschriebenen Gesetz.
Das bedeutet: Nur diejenigen Juden, die geistlich beschnitten sind, zählen als wahre Juden. Die anderen, die ohne geistliche Beschneidung sterben, gehen verloren.
Gottes souveräne Erwählung und die Freiheit Gottes
Zurück zu Kapitel 9: Gott hatte Abraham eine Verheißung gegeben. Er hatte bestimmt, dass die Linie über Isaak gehen soll. Wie hatte er das bestimmt? Souverän – das heißt, er hat sich einfach so entschieden. So ist es.
Warum geht die Verheißung über Isaak und nicht über Ismael? War Ismael böse und Isaak gut? Nein, darum geht es nicht. War Isaak mehr von Abraham abstammend als Ismael? Nein, beide stammen gleich von Abraham ab.
Man könnte sagen, beim einen ging es über eine Ägypterin, Hagar, da sei es etwas anderes Blut. Das ist aber nicht der Grund. Wie war es denn bei den Söhnen von Isaak? Isaak hatte auch zwei Kinder, aber nicht von zwei verschiedenen Frauen, sondern von nur einer Frau. Beide Kinder waren im Bauch der Mutter: der eine heißt Esau, der andere Jakob.
Und was hat Gott beschlossen? Die Linie soll durch Jakob gehen. Jetzt kann man nicht sagen, das liege daran, dass sie unterschiedliche Mütter hätten – sie hatten dieselbe Mutter. Vielleicht war der eine böse, Esau, und der andere gut, Jakob? Das geht nicht, denn sie waren noch im Mutterleib. Im Mutterleib kann man nicht gut oder böse sein.
Das heißt, es geht nicht um Abstammung und auch nicht um gut oder böse sein. Worum geht es dann? Es geht nach Gottes Ratschluss. Er hat es so gewollt: Er wollte Isaak nehmen und von Isaaks Kindern Jakob auswählen. Nicht weil sie Gutes oder Böses getan hatten, sondern einfach, weil Gott es beschlossen hatte.
Das ist das, was hier dargestellt wird, was Paulus aus der Geschichte den Israeliten zeigt. Gott darf doch so handeln. Darf Gott das tun, dass er Isaak wählt und dann Jakob? Ja, er ist Gott, natürlich darf er das tun. Wer bist du also, Mensch, dass du Gott vorschreibst, was er tun darf?
Man fragt sich vielleicht, warum das wichtig ist und warum Paulus das sagt – das wissen wir doch ohnehin. Nun, das war wichtig für die Judenchristen und Heidenchristen jener Zeit. Die Judenchristen damals behaupteten fest: Wir Judenchristen stammen von Abraham ab und sind deshalb besonders. Israel ist etwas Besonderes. Es ist unfair, dass die Heiden, die nichts Besonderes sind, auf die gleiche Stufe gestellt werden wie wir Juden.
Paulus sagt: Wer bist du eigentlich? Du stützt dich auf deine Abstammung? Du willst sagen, nur weil du von Abraham abstammst, bist du besser? Und was ist mit Ismael? Der stammt ja auch von Abraham ab. Sollte Gott dann nicht auch Ismael erwählt haben? Abstammung hilft dir gar nichts.
Wenn Gott jemanden ruft, geht es nicht nach Abstammung. Das nächste Argument ist: Wir Juden haben nach der babylonischen Gefangenschaft das Gesetz hochgehalten. Wir haben keinen Götzendienst zugelassen, wir haben das Gesetz getan und die Gottesdienste brav ausgeführt, so wie Gott es gesagt hat. Wir sind ein besonderes Volk. Wir haben uns dazu gestellt und sind nicht mehr so böse Götzendiener wie früher. Wir sind wirklich besser als die Heiden.
Die Heiden leben in furchtbaren Sünden. Jetzt dürfen die Heiden zu Christus kommen, und wir kommen auch zu Christus. Sollen wir jetzt auf der gleichen Stufe stehen wie die Heiden?
Paulus sagt: Wer bist du eigentlich, Jude? Was erlaubst du dir? Wie war es denn bei Isaak und seinen Kindern? Er hatte Esau und Jakob. Welcher war besser? Keiner. Sie waren beide noch im Mutterleib. Wenn keiner besser war, welchen hat Gott erwählt? Jakob. Und warum hat er ihn erwählt? Weil er Gott ist. Einfach, weil er Gott ist.
Darf Gott das tun? Ja. Warum berufst du dich dann auf deine Werke? Du sagst, wir sind bessere Leute, weil wir Juden sind, und die Heiden sind böse. Es ist unfair, dass Gott die Heiden auf die gleiche Stufe bringt. Wer bist du eigentlich? Meinst du, Gott stellt dich nur deshalb auf eine bessere Stufe, weil du das Gesetz gehalten hast? Wird man denn durch Gesetzeshaltung gerettet oder kommt man auf eine höhere Stufe, weil man das Gesetz hat? Paulus sagt: Nein. Wir sind alle auf der gleichen Stufe – Heiden und Juden.
Der Ausschluss vom Heil und die Gnade Gottes
Nun schauen wir uns seine Argumentation weiter an. Er sagt, ein Teil von Israel ist vom Heil ausgeschlossen. Ein Teil der Israeliten, die im Jahr 56 oder 57 nach Christus leben, ist vom Heil ausgeschlossen.
Welcher Teil ist das? Die, die nicht glauben. Diese sind ausgeschlossen.
Darf Gott jemanden ausschließen? Die Antwort lautet ja. Aber es wird eingewandt: Das sind doch Israeliten, und sie haben so viele Vorrechte. Dennoch sind sie, obwohl sie Israeliten sind, vom Heil ausgeschlossen.
Warum ist das so? Weil das Heil aus Gnade und durch Glauben geschieht. Das heißt, man kommt nur hinein, wenn man an den Messias glaubt und sich auf die Barmherzigkeit Gottes stützt. Denn nur auf dem Weg der Barmherzigkeit wird man gerettet, nicht durch Werke. Also ist es vergeblich, es mit Werken versuchen zu wollen. Es geht ausschließlich um den Glauben an Christus.
Daher ist es nicht ungerecht, wenn Gott diejenigen Juden, die sich nicht an den Messias halten und nicht an ihn glauben wollen, vom Heil ausschließt. Israels Ausschluss aus dem Heil ist also möglich. Der Teil von Israel, der nicht glaubt, ist durchaus ausgeschlossen. Es ist gerecht von Gott und nicht ungerecht, wenn diejenigen Israeliten, die nicht an den Messias glauben, vom Heil ausgeschlossen werden.
In Vers 12 hat er gesagt: „Der Größere wird dem Kleineren dienen.“ Der Größere war Esau, der dem Kleineren, Jakob, dienen wird. Das bedeutet, der Ältere wird dem Jüngeren dienen. Gott hat so beschlossen, dass der Jüngere die Verheißung bekommt und der Ältere nicht.
Wie war das Dienen? Hier geht es um die Geschichte. Die Edomiter erhielten nicht die Verheißung, die Gott dem Volk Israel gegeben hat. Die Edomiter bekamen keinen Segen, die Israeliten hingegen schon.
Dann heißt es weiter, es wird Malachi 1,2 zitiert: „Wie geschrieben steht: Jakob liebte ich, aber Esau hasste ich.“ Übrigens haben die Worte „lieben“ und „hassen“ im Hebräischen nichts mit Emotionen zu tun. Sie bedeuten vielmehr „vorziehen“ und „zurückstellen“.
Zum Beispiel hatte Jakob zwei Frauen; eine liebte er, die andere hasste er. Er hasste sie jedoch nicht emotional, sondern stellte sie zurück und zog die andere vor. Er hatte die eine lieber als die andere.
Genauso verhielt es sich mit Jakob: Gott zog den Jakob vor. Warum? Weil er es wollte. Er wollte, dass die Heilslinie durch Jakob geht. Das heißt, Jakob erhielt die Verheißungen, Esau nicht.
Darf Gott das tun? Ja, natürlich.
Die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes und seine souveräne Barmherzigkeit
Jetzt sagt Paulus vielleicht in Vers 14: Was werden wir also sagen? Ist Gott etwa ungerecht? Nun kommt also der Vorwurf, dass das nicht gerecht sei.
Zuerst möchte ich zusammenfassen, damit wir den Gedankengang des Apostels klar im Kopf behalten. Die Erwählung zum Heilsvolk, also zum Volk Gottes, geschieht nicht nach Abstammung – etwa Ismael oder Isaak – und auch nicht nach Werken, wie bei Jakob und Esau. Die Erwählung geschieht einfach, weil Gott es so beschlossen hat. Gott hat beschlossen, dass die Israeliten durch Isaak und Jakob die Heilslinie bis zum Messias führen sollen.
Und Paulus sagt: Genau so ist es auch heute. Gott hat beschlossen, dass es ein fleischliches Israel gibt – das sind diejenigen, die nicht an den Messias glauben – und ein geistliches Israel, das sind die, die an den Messias glauben. Gott hat souverän beschlossen, dass man nur aus Gnade gerettet werden kann, nicht durch Werke.
Die Juden hätten gerne durch Werke gerettet werden wollen. Sie sagten: „Wir haben einiges aufzubieten, wir haben einiges zu bieten, bitte Gott, rette uns nach Werken, denn dann sind wir besser dran als die Heiden.“ Aber Gott sagte: „Nein, das will ich nicht. Ich will nur aus Gnade retten.“
Das war das Problem der Juden. Die Gnadenlehre störte sie. Dass man aus Barmherzigkeit Gottes gerettet wird, war ihr Problem. Ebenso störte sie, dass die Israeliten, die nicht an den Messias glauben, vom Heil ausgeschlossen sind.
Nun, in der nächsten Stelle denken einige: Wenn Gott im Alten Testament einfach souverän entschieden hat, dass die Heilslinie nicht durch Esau, sondern durch Jakob laufen soll, ist das doch nicht ungerecht? Paulus geht auf den Einwand ein, dass Gott ungerecht sei, weil die Heiden völlig aus Gnade durch Glauben gerettet werden, während die Juden, die so viele gute Werke vorweisen können, das nicht sind.
In Vers 14 heißt es: Was werden wir also sagen? Ist Gott etwa ungerecht? Das sei ferne! Denn Gott sagt zu Mose: „Ich werde barmherzig sein, gegen wen immer ich barmherzig sein werde, und ich werde mich erbarmen, über wen immer ich mich erbarmen werde.“
Es ist also nicht eine Sache des Wollens oder Laufens, sondern des barmherzig Seienden Gottes.
Bis hierher: Gott handelt souverän, das heißt, er handelt aus freier Entscheidung. Das war ja das Argument. Gott handelt immer aus freier Entscheidung. Wenn Gott sich entscheidet, dass das Heil in Christus rein aus Gnade erlangt wird, dann ist das sein gutes Recht. Er ist schließlich Gott und kann tun, was er will.
Paulus zitiert nun einen Vers aus dem 2. Buch Mose, Kapitel 33, Vers 19. Das ist die Stelle, als die Israeliten das goldene Kalb machten.
Damals sagte Gott zu Mose: „Mir reicht’s!“ Die Israeliten hatten ein goldenes Kalb gemacht. Gott gab ihnen das Gesetz, und sie versprachen hochheilig, es zu halten. Doch kaum war Mose weg, brachen sie das Gesetz sofort, noch bevor sie es schriftlich erhalten hatten. Sie machten sich das goldene Kalb.
Gott sagte zu Mose: „Geh auf die Seite, ich vernichte das Volk. Ich lasse nur dich und Josua übrig, und aus euch mache ich ein neues Geschlecht.“
Mose betete und sagte: „Gott, das kannst du nicht machen! Was werden die Amoriter und Hethiter sagen, wenn sie erfahren, dass du das Volk, das du mit großer Macht aus Ägypten geführt hast, in der Wüste tötest? Was willst du für deinen großen Namen tun?“
Gott ging darauf ein und sagte: „Gut.“ In diesem Zusammenhang sagt er: „Ich werde barmherzig sein, gegen wen immer ich barmherzig sein werde, und mich erbarmen, über wen immer ich mich erbarmen werde.“
Gott entschloss sich also, diesem Volk zu vergeben. Darf er das? Ist das erlaubt? Er ist Gott. Wenn er vergeben will, dann kann er vergeben. Niemand kann sagen: „Gott, das kannst du nicht machen!“
Mose und Josua waren gerecht geblieben, sie hatten kein goldenes Kalb gemacht. Die anderen aber schon. Man hätte also die anderen vernichten und nur Mose und Josua leben lassen können. Das hätte Gott auch tun können, aber er entschied sich für Barmherzigkeit.
Darf Gott barmherzig sein oder nicht? Das ist die große Frage in Römer 9. Ist es erlaubt, Menschen, die den Tod verdient haben, trotzdem barmherzig zu sein und sie zu retten?
Die Juden hätten gesagt: „Er darf nicht! Wir sind Juden, wir haben das Gesetz festgehalten. Was machst du? Du stellst die Bösen auf die gleiche Stufe wie uns, und die werden aus Gnade gerettet, und wir guten Juden auch. Das kannst du nicht machen, das ist ungerecht!“
Paulus sagt: Wo ist da eine Ungerechtigkeit? Wenn Gott sich entschließt, barmherzig zu sein, wem er barmherzig sein will, dann darf er das tun.
Das ist der ganze Gedanke hier. Paulus fragt: „Jude, wer bist du eigentlich?“ Denk zurück an dich selbst. Waren das nicht Juden damals beim goldenen Kalb, genauso wie du?
Wisst ihr, was passiert wäre, wenn Gott nach dem Kriterium der Werke gehandelt hätte? Wo wärst du heute, du Jude? Nirgends, schon längst in der Hölle.
Versteht ihr, wie er argumentiert? Allein durch diesen Vers zeigt er, dass Gott sich damals für Barmherzigkeit entschied. Liebe Juden, das ist der Grund, warum es euch überhaupt noch gibt: Barmherzigkeit Gottes.
Seid also froh, dass Gott sich für Barmherzigkeit entscheidet und nicht für Gerechtigkeit.
„Ja, aber das ist nicht gerecht.“ Willst du Gerechtigkeit haben? Willst du das wirklich? Ich rate dir davon ab. Denn wenn Gott gerecht handelt, dann wärst du längst nicht mehr da. Seit dem goldenen Kalb wärst du nicht mehr da.
Das ist das Argument, mit dem Paulus vorgeht, um zu zeigen, dass es gerecht ist von Gott, wenn er beschließt, dass man nur aus Gnade gerettet wird. Die Juden, die die Gnade nicht annehmen, sind vom Heil ausgeschlossen. Die, die nicht an Jesus Christus glauben, sind ausgeschlossen vom Heil. Ihre Abstammung hilft ihnen nichts.
Es ist also nicht eine Sache des Wollens oder Laufens, sondern des barmherzig Seienden Gottes.
Paulus sagt weiter: Es geht nicht darum, wer gut oder schlecht ist. Die Juden sagten: „Wir sind gelaufen, wir haben das und das getan.“ Das hilft nichts. Es geht nicht ums Laufen.
„Aber wir wollten Gott sein Volk sein“, sagen sie. Auch das hilft nicht. Es geht nicht um das Wollen. Ihr könnt noch so viel wollen, es geht um Barmherzigkeit.
Die Basis, um vor Gott gerecht zu werden, ist allein Gottes Barmherzigkeit. Gnade und Barmherzigkeit sind die einzige Grundlage, auf die du dich berufen kannst. Das ist hier das Argument des Apostels.
Dann sagt Paulus weiter: Es kann also niemand sagen: „Ich bin gelaufen und habe so viele Gebote gehalten, deshalb darf ich in den Himmel.“ Nein!
Jetzt könnte der Jude sagen: „Gut, ich habe verstanden. Es geht also nur um die Barmherzigkeit Gottes, und ich kann nichts dazu tun.“
Ist das eine willkürliche Art? Bedeutet das, dass Gott einfach sagt: „Dir bin ich barmherzig, dir nicht, dich mag ich nicht, dir bin ich nicht barmherzig, dir schon?“ Nein, sagt Paulus.
Es geht hier um die Frage: Wen will Gott barmherzig sein? Es geht um das Wesen Gottes.
Die Juden wollten Gerechtigkeit, aber Gott will Barmherzigkeit. Das heißt, Gott will nach Barmherzigkeit handeln.
Es geht um das Wesen Gottes, nicht um einzelne Menschen. Manche Ausleger meinen, Paulus wolle sagen: „Es geht nicht darum, wer sich bekehrt, sondern alles bestimmt Gott. Er hat alles vorausbestimmt, wer gläubig wird und wer nicht.“
Das steht nicht im Text und ist auch nicht das Thema. Das Thema sind Juden und Heiden. Es geht um das Wesen Gottes. Darf Gott barmherzig sein? Die Antwort ist: Ja, er darf.
Das ist die Basis, auf der wir zu Gott kommen: Wen er barmherzig sein will, dem ist er barmherzig.
Wen will er denn barmherzig sein? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht? Grundsätzlich will Gott jedem Menschen barmherzig sein. Aber er kann nicht jedem barmherzig sein.
Warum? Weil es stolze Menschen gibt, die sagen: „Nein, ich will nicht auf Basis von Barmherzigkeit kommen, sondern auf Basis von Werken.“
Kennt ihr den Pharisäer im Tempel? Er betet: „Oh Gott, ich danke dir, dass ich nicht so bin wie diese Sünder und Zöllner. Ich tue dies und das.“ Er zählt seine Werke auf.
Der Sünder steht hinten und sagt: „Oh Gott, ich habe nichts zu bringen, könntest du mir nicht barmherzig sein? Erbarme dich, sei mir barmherzig.“
Wer wird an dem Tag gerechtfertigt? Der Pharisäer nicht. Gott kann ihm nicht barmherzig sein, weil er auf der Ebene der Gerechtigkeit kommt: „Ich bin gerecht.“ Er wird verloren gehen.
Der andere kommt auf der Ebene der Barmherzigkeit. Dem kann Gott barmherzig sein.
Wem will Gott barmherzig sein? Was sagt Römer 11? Das ist derselbe Text, der Schlussstrich. Ich greife jetzt ein bisschen vor.
In Römer 11, Vers 29 heißt es: Gottes Gnadengaben und das Rufen Gottes sind unbereubar. Denn gleichwie auch ihr einst Gott nicht gehorcht habt, nun aber Barmherzigkeit erfahrt durch ihren Ungehorsam, so waren auch diese nun ungehorsam zugunsten eurer Barmherzigkeit, damit auch sie Barmherzigkeit erfahren möchten. Denn Gott schloss alle zusammen in den Ungehorsam ein, damit er allen Barmherzigkeit widerfahren lasse.
Ich will den Bibeltext nicht im Einzelnen erklären, sondern nur zeigen, worum es geht.
Der letzte Satz: „Damit er allen Barmherzigkeit widerfahren lasse.“ Zuerst wandte sich Gott den Juden zu. Dann verworfen sie den Messias und waren ungehorsam.
Durch den Ungehorsam der Juden öffnete sich die Tür, und das Evangelium kam zu den Heiden. Nun konnte Gott den Heiden barmherzig sein. Viele Heiden nahmen das Evangelium an und erhielten Barmherzigkeit.
Das Ziel ist aber, durch die Heidenmission wieder Juden zu gewinnen, damit sie eifersüchtig werden und wieder hineinkommen. Das ist Kapitel 11, ich greife vor.
Das ist die Reihenfolge: Gott will allen barmherzig sein. Er will jeden Menschen in seinem Königreich haben.
Diejenigen, die nicht wollen, denen kann er natürlich nicht barmherzig sein, weil sie nicht wollen. Aber diejenigen, die aus den Heiden sind und nichts vorzuweisen haben, dürfen auf der Basis der Barmherzigkeit kommen.
Gebetspause und Ermutigung für das weitere Studium
Wir machen jetzt eine Pause und setzen anschließend fort. Damit wir frisch und konzentriert bleiben, beten wir zum Abschluss und stehen dabei auf.
Jetzt machen wir weiter und stehen am Anfang wieder auf zum Gebet.
Treuer Vater, wir danken dir, dass du uns Konzentration schenkst. Hilf uns jetzt, deinem Wort zu folgen und die Verse des Apostels zu verstehen. Amen.
Gottes souveräne Barmherzigkeit und das Beispiel Pharao
Wir sind jetzt bei Vers 17. Wenn ich kurz zusammenfassen darf: Gott hat in seiner Souveränität entschieden, allen gegenüber barmherzig zu sein, die auf der Grundlage seiner Barmherzigkeit zu ihm kommen. Niemand kann ihn daran hindern, diese Entscheidung zu treffen, allen barmherzig zu sein.
Paulus zeigt auf, dass Gott ein Heilsvolk erwählt hat, zum Beispiel Israel. Dabei tut er dies nicht aus Willkür, sondern aus Barmherzigkeit. Wenn Gott sich über die Heiden erbarmt und sie erwählt, nachdem Israel den Messias verworfen hat, dann geschieht das ebenfalls aus Barmherzigkeit, vollkommen aus seiner Souveränität heraus. Niemand kann ihn daran hindern, barmherzig zu sein.
Nachdem Paulus in Vers 16 gesagt hat, dass Gott dem barmherzig sein wird, dem er barmherzig sein will (Vers 15), und dass es nicht vom Wollenden oder Laufenden – also nicht vom Menschen – abhängt, sondern von Gott und seiner Barmherzigkeit, gibt er ein weiteres Beispiel aus der Schrift. Er zitiert 2. Mose 9,17:
„Denn die Schrift sagt zum Pharao: Eben hierzu stellte ich dich auf, ließ dich stehen, ließ dich am Leben, auf dass ich meine Kraft an dir erzeige und damit mein Name weithin kundgetan werde auf der ganzen Erde.“
Diese Geschichte stammt aus den Plagen in Ägypten, genauer gesagt nach der sechsten Plage. Nachdem Pharao sechsmal sein Herz verhärtet hatte, sagt Gott zu ihm: „Pharao, jetzt sollte ich dich eigentlich töten.“ Das können Sie in 2. Mose 9,15 nachlesen: „Denn jetzt hätte ich meine Hand ausgestreckt und hätte dich und dein Volk mit der Pest geschlagen, und du wärest ausgetilgt worden von der Erde.“
Aber Gott ließ Pharao am Leben, damit er seine Kraft an ihm zeigen konnte und damit sein Name überall auf der Erde bekannt würde. Gott sagt zu Pharao: „Das Maß ist voll. Jetzt käme eigentlich das Gericht über dich. Ich brauche nur so zu handeln, und du und deine ganze Macht sind weg. Aber weißt du, was ich jetzt tue, Pharao? Jetzt wirst du mir dienen, ohne dass du es willst.“
Gott wird Pharao gebrauchen – für seine Herrlichkeit und Ehre –, damit die Heiden, zum Beispiel Rahab in Kanaan, gerettet werden. Er wird Pharao verhärten und mächtige Taten an Ägypten vollbringen. Er wird die Israeliten herausführen, um seinen Namen herrlich zu machen. Die Wunder, die er an Ägypten tun wird, dienen seinen Zwecken, und Pharao steht ihm jetzt zur Verfügung.
Durch diese Verhärtung wird in der ganzen Welt bekannt, also in Kanaan und den umliegenden Ländern, was Gott tun kann. So geschah es dann auch: Gott tat weitere Wunder, bis der Pharao schließlich die Israeliten aus Ägypten ziehen ließ. Die Kanaaniter hörten von den großen Wundern des Herrn, und sie bekamen Angst.
Mindestens Rahab, die Hure aus Kanaan, und ihre Familie wurden durch diese Wunderwerke, die über vierzig Jahre lang berichtet wurden, zum Glauben geführt. Rahab hörte, was Gott an Israel getan hatte, und sie bekehrte sich.
Das heißt: Um das Evangelium zu den Heiden zu bringen, hat Gott den Pharao verwendet. Er hat ihn verhärtet, damit das Evangelium zu den Heiden gelangt. Darf Gott das tun? Darf er sagen: „Pharao, jetzt verhärte ich dich“? Natürlich darf er das. Er ist Gott. Er hätte Pharao auch töten können, aber er entschied sich, ihn leben zu lassen und zu verhärten, damit er ihm dient.
Warum hat Gott das getan? Weil er ein barmherziger Gott ist. Weil er an Rahab und die anderen Menschen denkt, die er ebenfalls retten will. Durch die Verhärtung des Pharao wird das Evangelium von den großen Taten Gottes hinausgetragen, und die anderen Kanaaniter hören, welch wunderbarer Gott er ist.
Reine Barmherzigkeit war es, den Pharao zu verhärten – Barmherzigkeit an den Völkern ringsum. Der Text lautet: „Ebenso eben hierzu stellte ich dich auf oder ließ dich stehen, ließ dich am Leben, auf dass ich meine Kraft an dir erzeigte und damit mein Name weithin kundgetan würde auf der ganzen Erde.“
Paulus fasst zusammen: Gott ist barmherzig gegen wen er will, und er verhärtet, wen er will. Darf Gott barmherzig sein gegen wen er will? Ja, klar. Darf er verhärten, wenn er will? Ja, ebenfalls klar.
Aber wen will er verhärten? Er will den verhärten, der ihm dazu dient, dass andere Menschen gerettet werden. Das ist sein Heilsweg.
Zur Zeit von Paulus kam das Evangelium zuerst zu Israel, zu den Pharisäern und Schriftgelehrten im Jahr 30 durch Jesus. Diese haben sich verhärtet, und Jesus wurde getötet. Gott hätte einen Schlussstrich ziehen und Israel zerstören können, aber das tat er nicht. Er ließ sie leben, damit das Evangelium zu den Heiden hinausgehen kann.
Das heißt aber nicht, dass alle Israeliten an dem Tag, als Jesus gekreuzigt wurde, verhärtet waren. Nein, es waren vor allem die Obersten, die Hohenpriester und Schriftgelehrten, die verhärtet waren. Doch es gab noch andere Israeliten im Land.
Was tut Gott? Er bringt seinen Messias von den Toten zurück, setzt ihn zur Rechten Gottes auf den Thron Davids im Himmel und schüttet den Heiligen Geist auf die Jünger aus. Dann sendet er die Jünger aus – zuerst in Jerusalem, dann in Judäa, Samaria und bis ans Ende des Römischen Reiches, überall dorthin, wo Juden lebten.
Damals waren Juden im ganzen Römischen Reich zerstreut. Die Apostel gehen immer zuerst zu den Juden – zuerst im Land Israel, dann in Judäa, Samaria und Galiläa. Paulus geht noch weiter hinaus über Palästina hinaus. Immer, wenn er irgendwo hinkommt, geht er zuerst zu den Juden, dann zu den Griechen und anderen.
Wenn die Juden nicht hören, sagt Paulus: „Dann wird Gericht über euch kommen.“ Er bringt sofort die Gerichtsbotschaft. Das können Sie zum Beispiel in Apostelgeschichte 13 nachlesen. In Antiochia hören die Juden, einige glauben, andere nicht und widersetzen sich. Sofort kommt das Gerichtswort: „Dann wird Gott euch richten.“
Das Gerichtswort heißt: „Auf euch komme, was der Prophet gesagt hat, er wird ein Werk unter euch tun, das einem die Ohren gellen wird, wenn man davon hört.“ Was geschah? Antiochia war im Jahr 48. 29 Jahre später kam das Gericht im Jahr 70.
Oder Paulus kommt nach Rom. Wohin geht er zuerst? Zu den Juden. Er versammelt die Ältesten der Juden und verkündigt ihnen das Evangelium. Einige nehmen es an, andere diskutieren und lehnen es ab. Als Paulus merkt, dass sie nicht glauben wollen, spricht er ein Wort, frei zitiert aus Jesaja 6:
„Hörend werden sie nicht hören und sehend werden sie nicht sehen, auf dass an ihnen das Gerichtswort vollbracht werde.“
Dieses Gerichtswort aus Jesaja 6 wird dreimal zitiert: Jesus zitierte es bei den Pharisäern (Matthäus 13), kurz vor seinem Tod nochmals zu den Juden (Johannes 12), und Paulus zitiert es hier in Apostelgeschichte 28.
Es bedeutet, dass dieses Volk sich nicht bekehrt und umkommt. Doch die Botschaft geht weiter.
Interessanterweise macht Gott noch nicht Schluss, als selbst die Juden in Rom das Evangelium nicht aufnehmen und ihnen das Gericht ansagt. Im Jahr 60 gibt Gott ihnen noch zehn Jahre Zeit zur Umkehr, bevor das Gericht kommt.
Das Evangelium kommt zu den Heiden, um die römischen Juden zu reizen, dass sie doch noch gläubig werden. Das heißt: Verhärtung bedeutet nicht, dass sie sich nicht bekehren können. Verhärtung heißt, dass sie eine Zeit lang Nein gesagt haben. Jetzt öffnet sich die Tür zu den Heiden, das Evangelium geht hinaus.
Paulus hofft, dass gerade dadurch, dass viele Heiden zum Glauben kommen, die Juden wieder wach werden und erkennen: „Was haben wir da verworfen? Unser Messias wird den Heiden verkündigt. Den dürfen wir nicht verpassen.“
Es kamen tatsächlich einige Juden zum Glauben. Doch dann kam der Schlussstrich, und das Gericht war schrecklich. Wahrscheinlich wurde die Hälfte der damals existierenden Juden getötet.
Man kann sich das kaum vorstellen: Allein in Jerusalem wurden 1,1 Millionen Juden im Jahr 70 getötet, als der Tempel und die Stadt zerstört wurden. Der Krieg tobte im ganzen Land, zuerst in Galiläa. 60.000 römische Soldaten kämpften gegen 100.000 Galiläer und vernichteten sie. Die Römer gewannen.
Der Krieg dauerte drei Jahre, von 67 bis 70, bis Titus im Frühling die Stadt fünf Monate lang belagerte. Im August 70 fiel die Stadt. Viele verhungerten, und es gab Streit und gegenseitige Tötungen in der Stadt. Es war eine schreckliche Geschichte.
Das Gericht Gottes über Israel war so furchtbar, dass man es sich kaum vorstellen kann. Die Juden aus der Diaspora, die ins Land gekommen waren, um gegen die Römer zu kämpfen, fanden dort den Tod.
Wenn Sie sich dafür interessieren, können Sie bei Josephus Flavius, Tacitus oder Hegesippus nachlesen, die als Geschichtsschreiber darüber berichteten.
Aber das ist jetzt ein Nebenschauplatz. Kehren wir zurück: Gott ist barmherzig gegen wen er will, und er verhärtet, wen er will. Er ist souverän und frei.
Er darf jedem barmherzig sein, den er will. Und er darf auch einen Pharao verhärten, wenn das seinen Zwecken dient. Ebenso darf er die Juden verhärten, wenn das seinen Zwecken dient, um sie dann zur Eifersucht zu reizen.
Das darf er tun.
Bibelstellen zur Verhärtung und Gottes Gericht
Übrigens, was die Verhärtung betrifft, habe ich hier noch drei Bibelstellen, die ich gerne mitteilen kann.
Wenn Menschen dem Herrn die Barmherzigkeit nicht annehmen wollen, dann darf er sie verhärten.
Jesaja 27,11: „Es ist kein verständiges Volk, darum erbarmt er sich seiner nicht. Darum erbarmt sich seiner nicht der, der es gemacht hat und der es gebildet hat; er erweist ihnen keine Gnade.“
Es gibt einen Schlussstrich, sagt Gott. Wenn du so lange der Barmherzigkeit Gottes widerstehst, dann sagt Gott: So, und jetzt ist Schluss. Das ist der Tag, an dem man stirbt – es ist Schluss. Gott setzt einen Tag, an dem der Mensch stirbt. Dann hast du keine Chance mehr, dich zu bekehren. Nach dem Tod gibt es keine Möglichkeit mehr zur Umkehr. Es gibt ewige Verdammnis.
Hesekiel 5,11: „Wahrlich, weil du mein Heiligtum verunreinigt hast durch alle deine Scheusale und durch alle deine Gräuel, will auch ich mein Auge abziehen ohne Erbarmen, und auch ich will mich nicht mehr erbarmen; ich will mich nicht erbarmen.“
Und was war damals? Gericht kam – damals war es die Zerstörung Jerusalams durch Nebukadnezar.
Hesekiel 5,11.
Hesekiel 8,17-18: „Hast du gesehen, Sohn des Menschen, ist es dem Hause Juda zu gering, die Gräuel zu verüben, die sie hier verüben, dass sie auch das Land mit Gewalttat füllen und mich immer wieder reizen? So will auch ich handeln in meinem Grimm. Mein Auge soll nicht schonen, und ich werde mich nicht erbarmen.“ Das heißt, ich werde nicht barmherzig sein.
Wenn Gott sich entscheidet: Jetzt ist Schluss mit Barmherzigkeit, dann kommt Gericht. Und das kam dann auch im Jahre 587 v. Chr. durch Nebukadnezar.
Gottes Souveränität und der Töpfer-Vergleich
Zurück zum Text in Römer 9: Es geht weiterhin um das Thema, ob Gott ungerecht ist, wenn die Heiden auf dieselbe Grundlage gestellt werden wie die Juden. In Vers 19 heißt es: „Du wirst daraufhin zu mir sagen: Warum tadelt er noch? Denn wer hat seinem Vorhaben, seinem Entschluss widerstanden?“ Die Frage lautet also: Wer hat Gottes Entschluss widerstanden? Hier geht es um die Souveränität Gottes.
Nun könnte jemand sagen: Wenn Gott aus freiem Willen handelt, warum kann er dann noch Richter sein, der die Menschen für ihre Taten richtet? Wenn Gott tut, was er will, wie kann er dann für das Handeln der Menschen verantwortlich gemacht werden?
In Vers 20 heißt es: „So, wer bist du, o Mensch, dass du Gott entgegnest? Wird etwa das Geformte zu dem Formenden sagen: Warum machtest du mich so? Oder hat der Töpfer nicht Vollmacht, über den Ton aus derselben Masse ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen?“ Hier wird auf Jeremia 18,3-6 angespielt. Bitte schlagen Sie diese Stelle noch auf.
Ich lese ab Vers 1, um den Zusammenhang zu zeigen: „Das Wort des Herrn an Jeremia: Vers 2: Mach dich auf, geh in das Haus des Töpfers hinab, dort werde ich dir meine Worte hören lassen.“ Jeremia geht hinaus, und in Vers 3 lesen wir: „Siehe, der Töpfer machte eine Arbeit auf der Scheibe.“ Vers 4: „Und das Gefäß, das er aus dem Ton machte, missriet in der Hand des Töpfers, und er machte wieder ein anderes Gefäß daraus, wie es in den Augen des Töpfers richtig war.“
Dann geschah das Wort JHWHs zu mir folgendermaßen: „Vermag ich euch nicht zu tun wie dieser Töpfer, Haus Israel? So ist der Ausspruch des Herrn: Siehe, wie der Ton in der Hand des Töpfers, so seid ihr in meiner Hand, Haus Israel. Einmal rede ich über ein Volk und über ein Königreich, es auszureißen und abzubrechen. Kehrt aber jenes Volk, über das ich geredet habe, von seiner Bosheit um, so lasse ich mich des Übels gereuen, das ich ihm zu tun gedachte. Und ein anderes Mal rede ich über ein Volk und über ein Königreich, es zu bauen und zu pflanzen. Tut das aber, was böse ist in meinen Augen, so dass es auf meine Stimme nicht hört, so lasse ich mich des Guten gereuen, das ich ihm zu erweisen gesagt hatte.“
Worum geht es hier? Wer ist der Ton in diesem Abschnitt? Der Ton ist Israel, das Volk. Jetzt ist ein Töpfer da, und er formt den Ton. Der Ton ist widerspenstig, so wie die Israeliten. Die Israeliten sind auch widerspenstig. Dieser Ton macht, was er will. Der Töpfer sagt: „Nein, das kannst du nicht machen, du kannst nicht so widerspenstig sein.“ Er nimmt den Ton, wirft ihn weg und macht einen neuen. Darf das der Töpfer? Ja, klar, denn er ist der Töpfer. Wenn der Ton nicht will, wie ich will, dann kann ich den Ton auswechseln. Das ist das Bild.
Paulus sagt in Römer 9: Wenn da ein Ton ist, darf der Töpfer mit dem Ton machen, was er will, oder darf er nicht? Wenn der Ton nicht mitmacht, dann kann er auch ein Gefäß zur Unehre machen, zum Beispiel einen Nachttopf, oder er macht ein Gefäß für den Festtag, das auf den Tisch kommt, wo man die besten Speisen serviert. Das liegt in der Hand des Töpfers.
Wenn nun ein Ton da ist, der nicht mitmachen will, dann hat Gott das Recht, ein Gefäß zur Unehre daraus zu machen. Frage: Wer ist denn das Gefäß des Zorns, ein Gefäß zur Unehre oder ein Gefäß des Zorns? Wer ist das Gefäß des Zorns hier in unserem Text in Römer 9?
Schauen wir uns den Text an: Vers 20: „Wer bist du, o Mensch?“ Vers 21: „Hat der Töpfer nicht Vollmacht über den Ton aus derselben Masse, ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen?“ Vers 22: „Wenn aber Gott, da er seinen Zorn erzeigen und seine Kraft kennenlassen wollte, in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die fürs Verderben fertig geworden waren, ertrug…“ Vers 23: „Und wenn er dies tat, damit er kennenlasse den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er im Voraus zu Herrlichkeit bereitete, an uns, die er auch rief, nicht nur von den Juden, sondern auch von den Heiden…“
Was willst du sagen? Wir müssen uns ergänzen. Was willst du sagen? Bist du jemand, der sagen kann: „Gott, warum handelst du so?“ Bist du jemand, der Gott zur Rechenschaft ziehen kann, wenn er aus dem einen Ton ein Gefäß zur Ehre macht und aus dem anderen Ton ein Gefäß zur Unehre?
Hier haben wir zwei Arten von Ton: Der eine Ton ist widerwillig, rebellisch, trotzig und stur. Er macht nicht mit. Es ist ein eigenwilliger Ton, würde ich sagen. Der andere Ton ist gefügig und lässt sich so formen, wie Gott es gern haben möchte. Und daraus macht der Herr ein anderes Gefäß.
Frage: Wer ist der trotzige Ton gewesen? Israel. Wir sind immer noch beim Thema. Das Gefäß des Zorns ist Israel. Der trotzige, widerwillige Ton, der ein Gefäß zur Unehre geworden ist, ist Israel.
Wer hat ihn denn so gemacht? Was sagt der Text? Der Töpfer handelt, weil der Ton nicht mitmacht. Der Ton selbst ist so ein trotziges Ding, dass der Töpfer sagt: „Na gut, dann mache ich dich zum Gefäß des Zorns oder der Unehre.“ Das heißt, die Schuld für das, dass er so geworden ist, liegt nicht bei Gott, nicht beim Schöpfer, sondern beim Ton, weil er nicht mitmacht.
Wenn der Ton nicht mitmacht und sich nicht fügt, dann macht Gott ein Gefäß der Unehre daraus. Aber was macht Gott? Gott hätte ja dieses Gefäß des Zorns namens Israel schon längst ausradieren können. Er hätte es schon längst tun können, aber hat er nicht gemacht.
Wir schreiben das Jahr 56 nach Christus. Jetzt sind 26 Jahre vergangen. Im Jahr 30 wurde Christus getötet, und jetzt sind 26 Jahre verstrichen. Gott wartet 26 Jahre lang. Er wartet und trägt die Gefäße des Zorns, die schon zubereitet sind durch ihr sündiges, trotziges, stures Verhalten. Er trägt sie weiter und wartet weiter.
Wieso eigentlich? Was sagt der Text? Vers 22: „Da er seinen Zorn erzeigen und seine Kraft kennenlassen wollte, in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die für das Verderben fertig geworden waren, ertrug.“ Wer bist du, dass du ihm etwas sagen kannst? Wer bist du, dass du sagen kannst: „Gott, du kannst das nicht machen, du hättest Israel schon längst töten sollen, warum tust du es nicht?“
Gott sagt: Ob ich jemanden töte oder verhärte, das liegt an mir. Schließlich bin ich Gott und kann machen, was ich will. Ich töte die Israeliten zu meiner Zeit, aber ich habe mich entschieden, sie leben zu lassen.
Warum? Wie beim Pharao: Ich lasse sie leben, damit durch meine Taten das Evangelium zu den Heiden geht und die Heiden es annehmen. Und dann werden vielleicht einige Juden auf dem Rückweg eifersüchtig und nehmen doch noch den Messias an.
Darf Gott so etwas machen? Na klar, aber das ist Gott. Wer bist du, Mensch, dass du Gott vorschreiben willst, was er machen darf?
Wenn aber Gott seinen Zorn erzeigen wollte und seine Kraft kennenlassen wollte, in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die für das Verderben fertig geworden waren, ertrug, wer bist du, dass du ihm etwas vorwerfen kannst?
Und wenn er das getan hat, damit er kennenlasse den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, wenn Gott das alles gemacht hat, um die Heiden zu erreichen, wer bist du, dass du Gott Vorschriften machen willst?
Genau das hat er getan. Er hat sie getragen, er hat das Gericht noch nicht kommen lassen, er hat sie getragen. Das Evangelium ist zu den Heiden gegangen, damit jetzt auf dem Rückweg wieder die Juden erreicht werden können. Das spricht er dann in Kapitel 11 an. Ich greife ein bisschen vor, aber wir können wieder zurück zu Kapitel 9.
Wenn er das getan hat, damit er kennen lasse den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, dann kannst du ihm doch nichts vorschreiben.
Wer sind denn die Gefäße der Barmherzigkeit? Sind das einfach die, die Gott von Ewigkeit her bestimmt hat? Du bist ein Gefäß der Barmherzigkeit, du des Zorns, du der Barmherzigkeit, du des Zorns? Nein, da geht es um Heiden und Juden.
Wer sind die Gefäße der Barmherzigkeit? Das sind diejenigen, die den Messias annehmen, nicht nur aus den Juden, sondern auch aus den Heiden.
Gott hat das Ganze zugelassen, damit jetzt das Evangelium zu den Heiden kommt. Die Gefäße, die dem Töpfer gefügig werden und den Messias annehmen, sind die Gefäße der Barmherzigkeit. Und die hat er zuvor bereitet, zu Herrlichkeit.
Das heißt, zu ehrenvollem Gebrauch hat er sie bereitet. Er hat sich entschieden, dass jeder, der an den Messias glaubt, ein Gefäß wird zur Ehre Gottes, zur Herrlichkeit.
Das ist das. Gott hat das getan für seinen herrlichen Namen, damit sein Name auf der ganzen Welt durch diese Menschen, die den Messias annehmen, geehrt wird.
Die Wiederherstellung des Volkes Gottes
Was sagt Paulus weiter?
Und wenn er das getan hat, damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit erkennen lasse, die er im Voraus zu Herrlichkeit oder zu Ehren bereitete – nämlich uns –, wer sind diese „uns“? Es sind diejenigen, die er auch rief, nicht nur von den Juden, sondern auch von den Heiden.
Die Gläubigen sind die Gefäße der Barmherzigkeit. Das sind die Gefäße, die jetzt aus den Juden geglaubt haben, aber auch die aus den Heiden, die geglaubt haben. So wie es auch in Hosea heißt: „Ich werde ein Nichtvolk mein Volk nennen.“ Gott erhebt Heiden zu seinem Volk. Und „ich werde die Nichtgeliebte Geliebte nennen.“
Mit diesen Gedanken schließe ich nur noch diese zwei oder drei Sätze. Paulus zitiert hier aus dem Propheten Hosea. Hosea ist ein Prophet, der über das Volk Israel gesprochen hat. Er sagte, dass sie Gott verlassen haben. Daraufhin hat Gott gesagt: Wenn ihr mich verlasst, dann ziehe ich mich von euch zurück. Dann mache ich euch zu einem Nichtvolk. Dann seid ihr nicht mehr Gottes Volk. Das heißt, ihr giltet für mich wie die Heiden.
So war es dann auch: Gott hat sie weggeschickt nach Babylon, wie die Heiden. Wenn ihr Heiden seid, dann bitte schön, dann geht zu den Heiden. Sie waren siebzig Jahre in Babylon und sind dort gestorben. Natürlich ist die Generation gestorben, denn siebzig Jahre überlebt man normalerweise selten, wenn man schon 20 oder 30 Jahre alt ist.
Das heißt, er schickt sie weg nach Babylon. Sie sind ein Nichtvolk. Aber wenn sie sich bekehren, steht in Hosea, dann macht er das Nichtvolk wieder zu einem Gottesvolk. So war es ja dann auch: Sie haben sich bekehrt in der Gefangenschaft. Dann hat er sie wieder zurückgeführt, hat Jerusalem wieder aufbauen lassen und so weiter. Er hat sein Volk wieder angenommen.
Also das heißt: Paulus sagt hier, wie geschrieben steht: Ein Nichtvolk wird wieder Gottes Volk heißen. Das heißt, Menschen, die eigentlich Heiden sind, kann er wieder zu seinem Volk machen, wenn sie sich bekehren – sowohl von den Juden, die sich bekehren, als auch von den Heiden, die sich bekehren.
Die Juden waren durch ihre Sünden wie Heiden geachtet. In Babylon waren sie einfach weg. Aber wenn sie sich bekehren, macht er sie wieder zu seinem Volk. Und die Heiden, die nie Juden waren: Wenn sie sich bekehren, was ist mit denen? Die macht er auch zu seinem Volk.
Darf Gott so etwas tun? Das ist die Frage in Römer 9. Ist es erlaubt, so etwas zu tun? Ja, bitteschön. Wer ist denn Gott? Wer bist du, Mensch, dass du Gott vorschreibst, was er machen darf und was nicht?
Und ihr Juden, beruft euch nicht auf eure Abstammung. Beruft euch nicht auf eure Werke, denn Gott hat entschieden: Er geht nach dem Kriterium der Barmherzigkeit. Barmherzigkeit, Gnade – das ist der Heilsweg.
Deshalb kommt runter von euren Werken, demütigt euch. Wenn ihr euch auf die Stufe der Barmherzigkeit und Gnade stellt, dann kann Gott euch gnädig sein, wenn ihr euch demütigt.
Und die Heiden auch, auch wenn sie vorher Sünder waren. Sie kommen alle auf die gleiche Ebene. Das ist eigentlich der Gedanke in Römer 9.
Damit wollen wir jetzt schließen. Morgen machen wir eine Fortsetzung. Wir stehen jetzt auf zum Gebet, und einige können uns leiten. Ich mache den Abschluss.