Die Herausforderung der Gegenwart und die Suche nach Sicherheit
In Zeiten wie diesen meinen Platz in der Zeit zu finden, die Angst machen kann – das ist der Titel der heutigen Bibelarbeit. Vielleicht fragst du dich manchmal: Was passiert eigentlich um mich herum? Ist das eigentlich normal? Und wie kann man in solchen Zeiten oder in unserer heutigen Zeit seinen Glauben gut leben?
Ich frage mich das tatsächlich manchmal. Ein Jahreswechsel eignet sich gut für einen kleinen Rückblick. Wenn ich zurückschaue, überlege ich, was um mich herum passiert und was es mit mir macht, was ich sehe, höre und in den Nachrichten lese.
Ich sehe den Konflikt im Nahen Osten, Israel und die Hamas. Wie schrecklich ist das eigentlich! Und es ist immer noch nicht vorbei – es dauert schon sehr lange. Als Christin frage ich mich manchmal: Wie stehe ich dazu? Ich bin eigentlich für Frieden. Gleichzeitig sehe ich, dass Israel sich verteidigen muss, und deute das auf das Ende der Zeiten hin. Manche sagen das ja, ich weiß es nicht.
Ich sehe viele andere Konflikte auf der Welt. Bei meiner Arbeit bin ich immer wieder damit konfrontiert: Ukraine, Sudan, Jemen. Die Bundeswehr, die wehrfähige Streitkraft in Deutschland – so etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nie erlebt. Was kommt da auf uns zu?
Dann das Thema Naturkatastrophen und Klima – egal, wie ich dazu eigentlich stehe: Die Naturkatastrophen nehmen zu. Erdbeben, extreme Dürre, Flut, Überschwemmungen. Ich war im Sommer in Indonesien, und die Hauptstadt Jakarta versinkt jedes Jahr um 25 Zentimeter im Meer. Irgendwann wird es sie gar nicht mehr geben.
Ja, was ist da eigentlich los? Was bedeutet das? Ist das, wie die „letzte Generation“ sagt, dass wir die letzte Generation sind? Wie ordne ich das als Christin ein? Wie gehe ich damit um?
Dann die politischen Entwicklungen: Populismus, der stark zunimmt, Überforderung von Politik und Gesellschaft mit Migration, Globalisierung, Abhängigkeit von Handelsketten. Es wird immer extremer gewählt, rechts und links. Wie geht es weiter?
Oder in der Kirche – gucke ich da hin? Da ist es auch nicht viel besser. Viele Menschen treten aus der Kirche aus. Oft steht die Kirche unter Generalverdacht, etwa wegen Missbrauch und Postkolonialismus. Man könnte das endlos fortsetzen – das möchte ich gar nicht.
Was will ich damit sagen? Eigentlich glaube ich, dass die Zeiten, in denen wir leben, uns manchmal überfordern können. Sie können uns Sorge oder auch Angst machen.
Was wir uns dann manchmal wünschen, ist einfach Sicherheit. Wir wünschen uns, dass Dinge bleiben, wie sie sind. Oder dass uns jemand an die Hand nimmt und sagt, wo es langgeht. Dass uns jemand garantiert, dass alles gut wird, dass nichts passiert, kein Krieg kommt, dass nicht immer mehr Konflikte oder Armut da sind oder was auch immer.
Gottes Plan in schwierigen Zeiten erkennen
Ich möchte heute eine andere Frage stellen, eine, die wir auch in der Bibel finden: Könnte es nicht sein, dass Gott uns gerade wegen der Zeit, in der wir leben, hierher gestellt hat? Könnte es sein, dass er uns aufgrund seines Plans und seiner Sache genau an diesen Ort und in diese Zeit gestellt hat, auch wenn wir es manchmal gerne anders hätten?
Diese Frage wird im Buch Esther gestellt. Wir wollen uns in der Bibelarbeit ein wenig mit Esther beschäftigen, die ebenfalls in solchen Zeiten lebte, die ihr Angst machten. Dabei wollen wir herausfinden, wie man in solchen Zeiten leben kann, so dass Gott geehrt wird.
Wir schauen uns das Buch Esther an, speziell Kapitel 4. Bevor wir in dieses Kapitel einsteigen, möchte ich einige allgemeine Dinge zu Esther sagen, weil ich das sehr spannend finde.
Esther ist ein Buch im Alten Testament. Die Handlung spielt in Persien, ungefähr 500 vor Christus – also schon sehr lange her. In dieser Zeit lebte das jüdische Volk nicht mehr in oder um Jerusalem, sondern war gefangen genommen und nach Babylon verschleppt worden.
Worum geht es im Buch Esther eigentlich? Es gibt einen König namens Ahasveros, der der alleinige Herrscher in diesem ganzen Land war. Alle wichtigen Entscheidungen traf er oder konnte sie zumindest treffen. Er war ein Machtmensch und beeindruckte andere gerne mit seinem Reichtum.
Er veranstaltete eine große Show, ein Fest, zu dem er viele Fürsten einlud, um sie zu beeindrucken. Diese Riesenfeier dauerte 180 Tage, also ungefähr ein halbes Jahr. Dabei zeigte er, was er alles besaß: viel Alkohol, viel Essen, viel Gold und schöne Frauen.
An einem Abend, vermutlich schon spät, waren der König und die eingeladenen Männer schon betrunken. Da fiel ihm ein, dass er gerne seine schöne Frau vorführen wollte. Die Königin weigerte sich jedoch und kam nicht.
Man muss wissen, dass es damals so war, dass man umkommen konnte, wenn man dem Befehl des Königs nicht folgte. Es war also sehr mutig von der Königin, sich zu weigern. Daraus entstand ein großer Konflikt.
Der König überlegte, was er tun könne. Man riet ihm, die Königin abzusetzen und sich eine neue zu suchen. Das sollte ein Beispiel sein, dass Frauen im ganzen Land ihren Männern zu gehorchen haben.
Der König begann daraufhin, nach einer neuen Frau zu suchen. Er ließ im ganzen Land schöne Mädchen zusammenbringen. Diese wurden ein Jahr lang mit den besten Schönheitsprodukten und der besten Ernährung versorgt, um auf die Begegnung mit dem König vorbereitet zu werden.
Dann verbrachten sie eine Nacht mit dem König, und dieser suchte sich eine Frau aus.
Hier kommt Esther ins Spiel. Sie war eine junge Frau, jüdisch und gehörte somit einer Minderheit in Persien an. Sie lebte bei ihrem älteren Cousin, da ihre Eltern bereits gestorben waren.
Ob Esther freiwillig oder unfreiwillig an den Königspalast gekommen ist, wissen wir nicht. Sie war jedenfalls ein Jahr lang im Frauentrakt und wurde auf die Begegnung mit dem König vorbereitet, wie viele andere auch.
Esther war sehr hübsch. Der Verantwortliche für die Frauen hatte einen besonderen Blick für sie und sorgte dafür, dass sie gut beim König ankam.
Als der Tag kam, an dem sie zum König gebracht wurde, war dieser sehr beeindruckt. Er wählte sie als neue Königin aus.
Esther wurde gekrönt, es wurde gefeiert, und sie war die neue Königin. Bis dahin hatte sie jedoch niemandem erzählt, dass sie Jüdin war.
Die Lage spitzt sich zu, als der erste Berater des Königs, Haman, ins Spiel kommt. Haman war Amalekiter. In der Bibel lesen wir, dass es einen Konflikt zwischen den Juden und den Amalekitern gab.
Mordechai, der ältere Cousin, bei dem Esther aufgewachsen ist, war Jude. Zwischen Mordechai und Haman bestand ein persönlicher Konflikt.
Haman wurde sehr wütend auf Mordechai und auf alle Juden. Er schmiedete einen Plan, um alle Juden in Persien umbringen zu lassen.
Er brachte diesen Plan beim König vor, der ihm erlaubte, ihn auszuführen.
Das ist die angespannte Situation, in der sich die Juden, insbesondere Mordechai und damit auch Esther, befinden. Sie alle können umgebracht werden.
Es folgt ein Austausch zwischen Mordechai und Esther. Dazu möchte ich einige Verse vorlesen und anschließend vier Punkte dazu erläutern.
Mut und Verantwortung in der Krise: Der Austausch zwischen Mordechai und Esther
Ich lese uns die Verse vor, Kapitel 4, die Verse 11 bis 17.
Esther ließ Mordechai ausrichten: Alle Bediensteten des Königs und alle Bewohner der Provinzen kennen das unumstößliche Gesetz. Jeder, ob Mann oder Frau, wird hingerichtet, wenn er unaufgefordert zum König in den innersten Hof des Palastes geht. Sein Leben ist nur dann nicht verwirkt, wenn ihm der König das goldene Zepter entgegenstreckt.
Mich hat der König sogar schon dreißig Tage nicht mehr zu sich rufen lassen. Kurz davor hat Mordechai sie aufgefordert, zum König zu gehen.
Da ließ Mordechai Königin Esther ausrichten: Glaub nur nicht, dass du als einzige Jüdin mit dem Leben davonkommst, nur weil du im Königspalast wohnst. Wenn du jetzt nichts unternimmst, wird von woanders her Hilfe für die Juden kommen. Du aber und deine Familie, ihr werdet sterben. Und wer weiß, ob du nicht gerade um dieser Zeit willen zur königlichen Würde gekommen bist.
Esther schickte Mordechai die Antwort: Geh und ruf alle Juden zusammen, die in Susa wohnen. Fastet für mich, esst und trinkt drei Tage und Nächte lang nichts. Ich werde mit meinen Dienerinnen ebenfalls fasten. Dann will ich zum König gehen, obwohl ich damit gegen das Gesetz verstoße. Komme ich um, so komme ich um.
Da ging Mordechai weg und tat, was Esther ihm gesagt hatte.
Das sind unsere Verse, um die es heute geht, und ich habe vier Punkte mitgebracht, die wir aus diesem Bibeltext mitnehmen können. Der erste ist: Gott hat einen Plan, und er braucht normale Menschen.
Gottes Wirken durch gewöhnliche Menschen
Ich möchte euch noch einmal etwas über Esther erzählen. Ich habe es vorhin schon kurz angesprochen: Esther war eine schöne, junge und hübsche jüdische Frau. Sie wuchs bei ihrem älteren Cousin auf, da ihre Eltern bereits gestorben waren. Von Geburt an war sie Jüdin.
Die Juden lebten – und viele tun das auch heute noch – streng nach einem Gesetz, das Gott ihnen gegeben hat. Dieses Gesetz umfasst nicht nur die Zehn Gebote, sondern auch viele weitere Regeln und Hinweise, die Gott dem Volk Israel gegeben hat. Dazu gehört zum Beispiel, den Sabbat zu halten, bestimmte Essensvorschriften einzuhalten oder keine Partner aus anderen Nationen zu wählen.
Hinter diesen Vorschriften steckt kein Rassismus, sondern die Beobachtung, dass durch Partner aus anderen Nationen andere Religionen, Götter und Traditionen in die Gemeinschaft kommen. Ein vorbildlicher Jude oder eine vorbildliche Jüdin, die Gott ehren wollen, würden all diese Regeln einhalten.
Das sehen wir zum Beispiel im Buch Daniel. Daniel und seine Freunde lebten ungefähr zur gleichen Zeit wie Esther. Auch sie gehörten zu den verschleppten Juden, die nicht mehr in Israel lebten, sondern unter fremder Kultur und Herrschaft standen. Daniel und seine Freunde weigerten sich beispielsweise, das Essen am Königshof zu essen, und hielten ihre Gebetszeiten strikt ein. Dafür riskierten sie ihr Leben und hätten zum Beispiel im Feuerofen oder in der Löwengrube umkommen können.
Heute geht es aber nicht um Daniel, sondern um Esther. Wenn wir uns ihr Leben anschauen, sehen wir, dass sie ganz anders lebt. Sie hält die Essensvorschriften nicht ein, denn sonst wäre es am Königshof aufgefallen. Außerdem verschweigt sie ihren Glauben und ihre Herkunft. Am gravierendsten ist, dass sie einen Mann heiratet, der kein Jude ist.
Der König Ahasveros wird in der Bibel als ein Trinker beschrieben, der seinen Impulsen folgt. Er legt viel Wert auf Reichtum, Erfolg und äußeren Schein – er ist also kein gottesfürchtiger Mann. Auch die Gesellschaft, in der Esther lebt, ist nicht gottesfürchtig, sondern eher das Gegenteil. Strenggläubige Juden hätten Esthers Verhalten wahrscheinlich nicht als vorbildlich angesehen.
Esther erreicht ihre hohe Position als Königin, indem sie ihre Herkunft verschweigt, einen Schönheitswettbewerb gewinnt und zunächst das tut, was andere ihr sagen. Man könnte sich also fragen, ob Esther eine starke, kernige Frau mit einem festen Charakter ist. Am Anfang, so wie wir es lesen, scheint das eher nicht der Fall zu sein.
Trotzdem finde ich es sehr interessant, dass Esther in diese hohe Position gelangt. Dort kann sie für das Volk Israel eintreten und handeln. Gott gebraucht sie eindeutig. Im entscheidenden Moment fordert Gott Esther heraus und sagt: „Jetzt kommt es auf dich an.“ Er traut ihr etwas zu, obwohl sie vorher nicht so vorbildlich als Jüdin gelebt hat, obwohl sie mitten in einer gottlosen Gesellschaft lebt und obwohl sie vorher keinen besonderen Charakter gezeigt hat, der darauf hindeutet, dass sie so richtig hinstehen kann.
Was können wir daraus lernen? Gott gebraucht Menschen und traut ihnen zu, nach seinem Willen zu handeln – auch wenn es vorher nicht unbedingt danach aussah. Er gebraucht nicht immer diejenigen, die von Anfang an total geistlich wirken. Er gebraucht ganz normale Menschen, die manchmal Angst haben, schüchtern sind oder vielleicht auch mal über das Ziel hinausgeschossen sind.
Gott schenkt Möglichkeiten, ihn zu ehren, und fordert uns auf, seinem Plan in aller Freiheit zu folgen. Man muss es nicht tun, aber er gibt uns die Möglichkeit dazu.
Ich glaube, das gilt auch für uns. Auch wenn wir in der Gemeinde vielleicht nicht immer aufgefallen sind, nicht jeden Gottesdienst oder jede Gemeindeveranstaltung besucht haben oder nicht immer den Bibelleseplan gelesen haben. Vielleicht denken wir bei den Zeugnissen von anderen: „Krass, was die im brasilianischen Urwald machen. Ich weiß gar nicht, ob ich das hinkriegen würde. Ich weiß nicht, ob eine Missionsgesellschaft mich überhaupt annehmen würde, wenn sie wüsste, wie ich bin.“
Ich weiß nicht, wie es bei dir ist. Aber ich sehe in der Bibel, dass Gott unperfekte Menschen gebraucht. Er traut ihnen große Aufgaben zu und spannt sie in seine Pläne ein. Gott schreckt nicht davor zurück, ganz normale Menschen wie dich und mich zu gebrauchen und zu sagen: „Jetzt ist deine Zeit gekommen. Ich will dich gebrauchen. Das und das ist zu tun. Bist du bereit?“
Gott lässt sich nicht davon abhalten, uns zu gebrauchen, nur weil wir uns vielleicht gerade nicht so fühlen. Er schenkt uns die Möglichkeit, ihm zu dienen, leitet uns an und fordert uns heraus, seinem Plan zu folgen.
Gottes Wirken im Verborgenen
Und wie handelt Gott dann? Das ist mein zweiter Punkt, wenn wir uns anschauen, wie Gott handelt und wie wir uns für seine Pläne einspannen lassen können.
Mein zweiter Punkt lautet: Gott wirkt manchmal im Verborgenen. Ich finde das einen ganz spannenden Aspekt, besonders bei der Geschichte von Esther in der Bibel. Esther ist neben dem Hohelied das einzige Buch in der Bibel, in dem Gott nie erwähnt wird. Das muss man sich mal vorstellen: Die Bibel ist Gottes Wort, eine von Gott inspirierte Schrift. Es geht also immer um Gott. Und dennoch gibt es dieses Buch Esther, in dem Gottes Name kein einziges Mal vorkommt.
Man kann sich fragen: Was ist da los? Ist da etwas schiefgelaufen? Nein, das ist nicht der Fall. Auch wenn Gott nicht ausdrücklich erwähnt wird, können wir sehen, dass Gott hinter den Ereignissen steckt. Man kann ihn im Hintergrund, eben im Verborgenen, entdecken. Es gibt viele Hinweise darauf, wie Gott handelt. Man könnte sie für Zufälle halten, doch sie zeigen Gottes Wirken.
Ich nenne einige Beispiele: Der König stimmt zu, dass seine Königin abgesetzt wird. Wäre Königin Wasti nicht abgesetzt worden, hätte Esther niemals Königin werden können. Esther wurde aus vielen jungen Frauen ausgewählt – eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit. Sie erregt die Aufmerksamkeit des Königs und des Verantwortlichen im Frauentrakt. Schließlich entscheidet sich der König für sie.
Wenn das alles nicht passiert wäre, hätte Esther als Jüdin ihr Volk nicht beschützen können. Sie wäre einfach eine ganz normale jüdische Frau geblieben. Die Geschichte geht weiter: Esther entscheidet sich, vor den König zu treten und für ihr Volk einzustehen. Sie nimmt all ihren Mut zusammen, obwohl sie dafür hätte getötet werden können.
Es gelingt ihr schließlich, den König zu überzeugen, den Befehl zur Vernichtung der Juden aufzuheben. Sie erklärt ihm das Dilemma, und der König willigt ein, dass die Juden gerettet werden dürfen. Auch hier hätte der König Esther einfach abweisen oder sogar töten lassen können.
Insgesamt sind viele Besonderheiten zusammengekommen, die man auch als viele Zufälle deuten könnte. Gleichzeitig ist die Rettung des Volkes Israel eine Verheißung Gottes. Gott hat das von Anfang an geplant, angedeutet und seinem Volk versprochen.
Das bedeutet, wir können hinter all dem Gottes Verheißungen und Wirken erkennen, obwohl er nie erwähnt wird. Er fädelt alles ein, auch wenn die beteiligten Personen das vielleicht gar nicht verstehen. Er lenkt den König und den Auswahlprozess, er fordert Esther heraus, damit es zur Rettung seines Volkes kommt. Gott handelt im Verborgenen.
Ist es nicht manchmal auch in unserer Zeit so? Wir wünschen uns, dass Gott erwähnt wird, dass er in unserer Zeit groß gemacht wird. Wir wünschen uns manchmal ein klares Reden Gottes, einen Zettel vom Himmel. Doch oft hören wir nichts dergleichen. Wir haben kein klares Reden, keine Zettel. Und wir bemerken vielleicht, dass Gott in Deutschland immer mehr aus dem öffentlichen Leben verschwindet. Es scheint nicht mehr gewünscht zu sein, dass er vorkommt.
Das heißt aber nicht, dass Gott nicht handelt. Er handelt, aber eben im Verborgenen. Er fädelt ein, lenkt und ist der Herrscher der Welt. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir das wahrnehmen. Gerade als Christen in einer Gesellschaft, die immer säkularer und gottloser wird, ist es wichtig, diese Wirklichkeit zu erkennen.
Immer mehr Menschen wenden sich von der Kirche ab – das habe ich vorhin schon erwähnt, man sieht es an den Zahlen. Man könnte meinen, viele Menschen meinen, Gott wird nicht mehr gebraucht, nicht mehr erwähnt oder er darf nicht mehr vorkommen. Und manchmal schließen wir daraus, dass Gott sich zurückzieht und nicht mehr wirkt.
Ich denke aber, das ist ein falscher Schluss. Gott ist nicht abwesend, nur weil wir sein Handeln nicht direkt sehen oder sein Name nicht erwähnt wird. Im Buch Esther war sein Ziel die Rettung des Volkes Israel. Das hatte er Abraham, Isaak und Jakob versprochen, und er hat es durchgezogen – ob er erwähnt wird oder nicht, in einer völlig gottlosen Gesellschaft.
Gottes Ziel heute ist die Rettung jedes einzelnen Menschen. Er möchte, dass alle Menschen seine Liebe sehen und eingeladen werden, ein Leben mit ihm zu führen. Und er wird davon nicht ablassen.
Egal, wie wir uns verhalten, egal wie die Gesellschaft um uns herum ist: Gott handelt, ob wir ihn sehen oder nicht, ob sein Name genannt wird oder nicht.
Meine ersten beiden Punkte sind also: Gott hat einen Plan, den setzt er um – manchmal im Verborgenen – und er gebraucht Menschen dazu.
Die Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen
Und im dritten Punkt wollen wir uns anschauen, was unser Platz darin sein kann. Gott fragt uns, ob wir in seinem Plan mitmachen möchten und ob wir bereit sind, alles zu geben, unser Leben zu riskieren. Das ist der dritte Punkt: Bist du bereit, alles zu geben?
Wir schauen uns noch einmal diese Bibelstelle an. Es ist ein Austausch zwischen Mordechai und Esther. Es geht um sehr viel – um Leben und Tod der Juden hier in Persien. Mordechai weiß, dass Esther die einzige ist, die die Macht oder die Möglichkeit hat, einzugreifen. Sie ist ganz nah am König dran, und nur der König kann letztlich etwas bewirken.
Also fordert Mordechai die Königin Esther auf, aktiv zu werden und auf den König zuzugehen. Esther reagiert zunächst zurückhaltend. Warum genau, wissen wir nicht, denn es steht nicht im Text. Aber sie lässt Mordechai ausrichten: Jeder, der unaufgefordert vor den König kommt, riskiert sein Leben. Der König kann ihn umbringen lassen. Außerdem hatte der König sie schon einen Monat lang nicht mehr rufen lassen.
Der König war also nicht unbedingt sehr auf sie fokussiert, und sie hatte berechtigte Bedenken. Wahrscheinlich hatte sie Angst um ihr Leben oder wusste vielleicht einfach nicht, was sie tun sollte. Mordechai schreibt ihr daraufhin relativ streng zurück. Er sagt: Glaub nur nicht, dass du als einzige Jüdin mit dem Leben davonkommst, nur weil du im Königspalast wohnst.
Wenn du jetzt nichts unternimmst, wird von anderswo Hilfe für die Juden kommen. Du aber und deine Familie werdet sterben. Und wer weiß, ob du nicht gerade für diese Zeit Königin geworden bist? Er sagt also: Glaub nicht, dass du dich selbst retten kannst, wenn du abwartest. Wenn du nichts tust, wirst du alles verlieren.
Wenn du nichts tust, wird Gott von woanders Hilfe schicken, und du wirst auch umkommen, weil herauskommt, dass du Jüdin bist. Mordechai gibt Esther also etwas zum Nachdenken mit. Vielleicht bist du genau wegen dieser Sache jetzt an deinem Platz. Vielleicht ist genau das deine Aufgabe. Vielleicht hat Gott dich genau an diese Stelle gestellt, um dir die Möglichkeit zu geben, jetzt zu handeln und seine Verheißung zu erfüllen.
Er sagt klar: Wenn du nicht riskierst, deine Macht oder deine Position zu verlieren, dann wirst du alles verlieren. Dann bleibt nichts mehr. Ich glaube, diese Aufforderung von Mordechai können wir auch für uns mitnehmen. Wir sollten unsere Position, unsere Fähigkeiten, unsere Karriere, unsere Persönlichkeit, unsere Schönheit – was auch immer – für Gott und für andere nutzen.
Wenn wir das nicht tun, wird es uns von innen her auffressen. Dann verlieren wir uns selbst, und am Ende bleibt vielleicht gar nichts. Wenn wir unseren Wert in unseren Job setzen oder von unserer Schönheit, unserer Gesundheit, unseren Fähigkeiten und unserem Können abhängig machen, dann ist das irgendwann vielleicht nicht mehr da.
Wir werden vielleicht alt und runzelig, krank oder verlieren den Job – und dann bleibt nichts mehr, der Wert ist weg. Deshalb ist dieser Hinweis von Mordechai so wichtig: Wenn du nicht bereit bist, das aufzugeben, dann wird am Ende gar nichts bleiben.
Nutze deine Fähigkeiten, deine Position und das, was du kannst, für Gott und für andere. Dann hängt dein Wert woanders, er ist unabhängig. Nutze deine Möglichkeiten nicht für dich selbst, sondern für andere.
Es gibt viele Möglichkeiten. Manchmal frage ich mich selbst und andere Leute, mit denen ich spreche, ob sie sagen: Ich weiß gar nicht, was meine Berufung ist, ich weiß nicht, wo Gott mich eigentlich haben will. Aber ich glaube, dass Gott uns das zeigt.
Er handelt manchmal im Verborgenen und manchmal ohne klares Reden. Trotzdem dürfen wir uns mit dem, was uns geschenkt ist, einbringen. Ich glaube, dass uns viel geschenkt ist. Viele von uns sind hier in Deutschland aufgewachsen. Das heißt, wir haben eine gute Bildung genossen oder genießen sie noch.
Wir könnten uns fragen: Wem diene ich mit meinem Wissen, das ich habe? Vielleicht haben wir einen guten Job und verdienen viel Geld. Was machen wir damit? Vielleicht hat jemand eine Leitungsposition oder wird eine haben. Was machen wir mit der Verantwortung oder dem Handlungsspielraum, der uns geschenkt ist?
Oder wir haben freie Tage, ein Wochenende oder Urlaub. In vielen Ländern gibt es nur eine Sechstagewoche oder zwei Wochen Urlaub im Jahr – mehr nicht. Was machen wir mit unserer freien Zeit? Die Frage kann jeder für sich ganz unterschiedlich beantworten. Die Antwort ist immer individuell.
Manche bringen sich voll in der Gemeinde ein. Manche haben eine bestimmte Menschengruppe voll auf dem Herzen und investieren sich dort total. Manche nutzen den Handlungsspielraum, den sie auf der Arbeit haben, immer wieder für Entscheidungen, die Gott ehren.
Manche investieren ihr Geld in die weltweite Gemeinde Gottes. Vielleicht ist es für dich jetzt dran, hier bei der Jumiko zu sagen: Ich möchte das, was ich geschenkt bekommen habe – meine Fähigkeiten, meine Zeit, mein Geld – investieren für Menschen im Ausland, damit Menschen von Gottes Liebe hören können.
Jeder von uns hat eine unterschiedliche Situation, aber jeder von uns hat Möglichkeiten, Gott zu dienen. Vielleicht fordert er dich heute auch heraus – wie Mordechai. Kann es nicht sein, dass du gerade wegen dieser Zeit an diesem Ort bist? Nutze deine Möglichkeiten, die du dort hast.
Esther hat sich entschieden, alles auf eine Karte zu setzen und gesagt: Komme ich um, dann komme ich um. Gott hat sie gebraucht, um sein Volk zu retten. Auch uns gilt diese Herausforderung.
Kann es nicht sein, dass wir gerade wegen dieser Zeit an diesem Ort sind? Dass wir Fähigkeiten besitzen, die wir haben? Manche können gut reden, sind sprachbegabt, können schnell mit Menschen in Beziehung treten, gut zuhören oder andere gut anleiten und Wissen weitervermitteln.
Kann es vielleicht sein, dass Gott dich ruft, deine Möglichkeiten für seine Sache einzusetzen?
Esther als Hinweis auf Jesus Christus und die Kraft des Loslassens
Wir haben am Anfang einen kurzen Blick in die aktuelle Zeit geworfen, und ich habe einige Fragen zur Epoche gestellt, in der wir leben. Kürzlich hörte ich von einem Gesellschaftsforscher, dass wir in einer toxischen Gesellschaft leben – einer Gesellschaft, die sich nicht unbedingt positiv weiterentwickelt. Weder wirtschaftlich, noch politisch oder sozial zeigt sich ein Fortschritt.
Kann es also sein, dass Gott dich gerade wegen dieser schwierigen Zeiten ruft? Dass er dich beruft, Menschen zu retten, ihnen von Jesus zu erzählen und sie zu Gott hinzuführen?
Mordechai und Esther haben über die Situation geklagt, doch sie wurden auch aktiv. Ich glaube, dass wir in Deutschland und auch als Christen manchmal über unsere Lage klagen. Die Wirtschaft schwächelt, wir hören viel von Kriegen, fragen uns, ob wir überhaupt noch sicher sind, die Preise steigen – und so weiter. Diese Zeiten können Angst machen, und unser Wunsch ist es, mehr Sicherheit zu haben.
Aus dem Buch Esther können wir lernen, dass Klagen seine Zeit hat und zum Leben dazugehört. Auch das Weinen hat seine Zeit und ist wichtig. Aber Gott ruft uns eindeutig dazu auf, aktiv zu werden. Nicht, um mehr Sicherheit zu schaffen, sondern um für Gottes Sache tätig zu sein. Seine Sache ist es, dass alle Menschen von seiner Liebe hören.
Man kann sich fragen: Wie soll das denn gehen? Das ist eine so große Aufgabe, dass alle Menschen davon hören sollen. Ich will nicht wie Esther mein Leben riskieren, ich will es nicht verlieren. Ich werde nie so mutig sein wie sie.
Das führt mich zu meinem vierten und letzten Punkt: Wie kann das gehen? Wir können Esther als Vorbild nehmen. Es ist eine gute Idee zu sagen: Ich möchte so mutig sein wie Esther. Aber es ist auch klar, dass wir das nicht vollständig schaffen werden – zumindest nicht alle von uns. Wir sind nicht wie Esther.
Deshalb ist es nicht das Beste, Esther einfach als Vorbild zu nehmen. Vielmehr kann sie uns als Hinweis dienen, wie ein Straßenschild, das auf etwas hindeutet und den Weg zeigt. So kann Esther auf etwas Größeres hinweisen.
Esther hat ihr Volk gerettet. Sie hat sich mit ihrem Volk identifiziert und ist vor dem König für die Juden eingetreten. Sie war bereit, ihre Privilegien, ihre Macht und ihren Reichtum aufzugeben – sogar ihr Leben zu riskieren.
An wen erinnert uns das? An Jesus Christus. Esther weist auf Jesus hin. Jesus hat den Himmel verlassen, die Nähe zum König, zu seinem Vater. Er hat seine Macht und seinen Reichtum aufgegeben. Er kam auf die Erde, nicht nur, um das Volk Israel zu retten, sondern alle Menschen.
Er hat sich mit uns Menschen identifiziert und war wie wir. Doch er ging noch weiter als Esther: Er hat nicht nur sein Leben riskiert, sondern es verloren. Er gab sein Leben, damit wir es finden – damit wir ein Leben in Fülle und mit Gott haben.
Wenn wir sagen: „Mein Leben, mein Geld, mein Studium, meine Karriere, meine Träume, meine Gesundheit, meine Beziehungen – das gehört alles mir, ich will darüber bestimmen und es behalten“, dann hätte Jesus das auch sagen können. Er hätte sagen können: „Das ist mein Leben, ich gebe es nicht auf, ich möchte sicher im Himmel bleiben.“ Doch er hat es für uns gegeben, damit wir frei sein können – nicht, um Sicherheit zu haben.
Das verwechseln wir manchmal. Wir wünschen uns, alles sicher zu behalten, was wir haben. Aber Jesus hat sein Leben gegeben, damit wir frei sein können – frei von all dem, was uns die Gesellschaft manchmal als wichtig vorgaukelt.
Wir dürfen loslassen und mit leeren Händen vor Gott treten. Wir dürfen uns immer wieder neu von ihm füllen lassen und uns von ihm die Kraft schenken lassen, damit wir unsere Möglichkeiten für ihn einsetzen können.
Gott hat einen Plan, den er seit Anbeginn der Welt verfolgt: dass alle Menschen gerettet werden. In 1. Timotheus 2,4 lesen wir: „Denn er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“
Dazu hat Gott das Volk Israel bestimmt, damit es als Beispiel für alle Länder und Nationen dient. Aus Israel ist Jesus hervorgegangen, der am Kreuz unsere Schuld getragen hat, damit wir gerettet werden.
Gott wird diesen Plan weiterverfolgen – egal in welcher Zeit wir leben, egal ob mit uns oder ohne uns. Aber Gott möchte uns dabei haben, um diesen Plan umzusetzen.
Er möchte uns gebrauchen und fordert uns auf, wie Mordechai es vielleicht getan hat: Könnte es nicht sein, dass wir gerade wegen Gottes Sache in dieser Zeit leben? Möchtest du deine Möglichkeiten für ihn nutzen?
Vertrauen auf Gottes Plan und der Aufruf zum Mitwirken
Wir haben uns damit beschäftigt, dass wir in einer Zeit leben, die Angst machen kann – nicht muss, aber kann. Dabei haben wir uns gefragt, wie es möglich ist, unseren Glauben in dieser Zeit gut zu leben.
Am Beispiel von Esther haben wir gesehen, dass Gott einen Plan für die Welt hat. Er möchte, dass alle Menschen gerettet werden. Diesen Plan verfolgt er unbeirrt und lässt sich davon nicht abbringen. Manchmal handelt er im Verborgenen, doch das sollte uns nicht abschrecken.
Gott gibt uns nicht die Sicherheit, die wir uns manchmal wünschen. Er garantiert uns nicht, dass die Zeiten besser werden oder dass uns nichts passiert. Aber er schenkt uns die Gewissheit, dass ihm nichts aus dem Ruder läuft.
Gott fordert uns auf, an seinen Plänen mitzuwirken – als ganz normale Menschen. Er wünscht sich, dass wir unsere Möglichkeiten für ihn und für andere einbringen.
Ich wünsche mir, dass wir mehr und mehr lernen, auf Gottes Wirken zu vertrauen. Dass wir darauf vertrauen, dass er einen Plan hat, auch wenn die Zeiten danach nicht so aussehen.
Ich wünsche mir, dass wir wie Esther sagen: Gerade jetzt, in unserer Zeit, möchten wir das, was wir haben – unsere Möglichkeiten, die uns geschenkt wurden – für ihn, für seinen Plan und für andere Menschen einsetzen.
Und ich wünsche mir, dass wir gespannt sind, was Gott tut und wie er wirkt. Dass wir uns überraschen lassen von seiner Größe, seiner Liebe und seiner Herrlichkeit.
Schlussgebet
Ich bin am Ende meiner Bibelarbeit angekommen und möchte nun beten.
Ja, Herr, ich danke dir für dein Wort und dafür, dass wir immer wieder in dein Wort hineinschauen können. So dürfen wir sehen, wie du bist und wie du handelst. Danke, Herr, dass du zu uns sprichst und dein Wort lebendig ist.
Ich danke dir, dass du uns zu dir hinrufst, dass du uns berufst, dir nachzufolgen und an deinem großen Plan mitzuwirken. Manchmal erscheint uns das so groß, dass wir gar nicht wissen, wo wir anfangen sollen oder wo unser Platz genau ist.
Manchmal machen uns auch die Zeiten, in denen wir leben, Sorgen. Wir wissen nicht, wie sich alles weiterentwickelt und was genau unser Platz darin ist.
Herr, du möchtest uns helfen, unseren Platz zu finden, dir nachzufolgen und Menschen zu dir hinzurufen. Ich bitte dich, dass du uns deine Kraft schenkst, deinen Geist gibst und uns Weisheit schenkst.
Schenke uns auch andere Menschen um uns herum, mit denen wir gemeinsam dir nachfolgen und Menschen zu dir hinrufen können.
Danke, dass du unser gemeinsamer Herr bist und dass wir in deiner Hand sind. Amen.
