Einführung und Kontextualisierung des Gebets
Dass du da bist und die Vorgaben gibst, schenkt uns das Verständnis für den Geist, der hier spricht. Amen!
Es gab eine Frage, ob wir für Kim, wie er heißt, Kim aus Nordkorea beten sollen – ob wir beten sollen, dass er lange lebt und so weiter. Doch hier geht es nicht um Weltgeschichte, Politik oder den Antichristen. Das ist nicht das Thema, das der Herr Jesus hier anspricht.
Der Herr Jesus spricht von persönlichen Feinden. Es steht nirgends in der Bibel, dass man Antichristen segnen soll. Es geht hier um persönliche Feinde. Sogar innerhalb des Reiches Gottes gibt es solche, die zu Feinden werden. In diesem Zusammenhang muss man bleiben.
Natürlich beten wir, dass der Herr Jesus bald wiederkommt und dass dann Gerechtigkeit herrscht. Die Heiligen unter dem Altar rufen: „Herr, wie lange noch? Wann greifst du ein?“ Und der Herr wird eingreifen und Gerechtigkeit schaffen. Aber wir rächen uns selbst nicht – das gilt in jedem Fall.
Ich wollte noch etwas sagen, weil ich von Gnade gesprochen habe und vom Unterschied zwischen Christentum und Islam. Ich habe hier ein Büchlein, das ich selbst neu aufgelegt habe. Es ist ein altes Buch aus dem 18. oder 19. Jahrhundert. Falls das interessiert: Es ist eine Lebensgeschichte – nein, eine Bekehrungsgeschichte eines zum Tode Verurteilten.
Hier kann man sehr ergreifend lesen, was der Herr für eine tiefe Sündenerkenntnis in Menschen bewirken kann. Wer das möchte, kann sich bei mir melden. Ich habe ein paar Exemplare da. Spendenrichtwert sind zwei Euro. Das ist aber kein Verkaufsangebot, denn ich darf eigentlich keine Bücher verkaufen.
Wer auch eine Bibelübersetzung von Herbert Janssen möchte, ich habe noch drei Stück da. Auch hier ist der Richtpreis zehn Euro – nur falls jemand Interesse hat.
Die Bedeutung des Vaterunsers und die richtige Haltung beim Gebet
Aber jetzt zurück. Der Herr Jesus geht auf die Frage ein, wie und was wir beten sollen. Das Modellgebet ist nicht so gedacht, dass man es einfach wie die Heiden herunterbetet oder wie die Moslems. Diese sagen zwar, dass sie beim Rezitieren eines Formelgebets auch nachdenken wollen. Doch die Gefahr besteht immer, dass das Gebet nur formelhaft gesprochen wird.
Muslime selbst betonen, dass sie während des Gebets an den Sinn der Worte denken. Das ist die idealistische Denkweise. In der Praxis denkt aber nicht jeder Muslim genau darüber nach, was er betet. Das sei nur am Rande erwähnt.
Wie sollen wir also beten? „Unser Vater, der du bist in den Himmeln“ – mit diesen Worten wird uns bewusst, dass wir nicht alleine sind, sondern eine Familie haben, einen Vater. Übrigens kommt das Wort „Vater“ in der zweiten Hälfte der Bergpredigt nach meiner Zählung dreizehnmal vor. Das betrifft die zweite Hälfte, also die Worte sechs bis zehn. In der ersten Hälfte, den Worten eins bis fünf, erscheint „Vater“ nur ein- oder zweimal.
Hier liegt eine starke Betonung auf Gott und der Beziehung zu ihm. Es geht um seinen Namen, den wir ehrfurchtsvoll behandeln sollen. Es geht um sein Reich, für das wir beten sollen, dass es komme, und vielleicht auch darum, dass wir dafür zur Verfügung stehen.
Dann geht es um seinen Willen, der so ausgeführt werden soll, wie er im Himmel geschieht. Auch auf der Erde soll das geschehen. Hier ist unsere Treue gefragt.
Weiter geht es um das Brot, das unsere Abhängigkeit zeigt. Dann um Vergebung, die ebenfalls unsere Abhängigkeit verdeutlicht, aber auch unser Bewusstsein für unsere Schuld während des Gebets.
Schließlich geht es um die Bewahrung vor Versuchung. Dabei sind wir uns unserer Schwachheit bewusst, nicht unserer Schuld. Wir wissen, dass wir leicht verführbar sind, und deshalb beten wir auch darum.
Drei Bitten für Gottes Sache im Vaterunser
Ich möchte jetzt einfach mal einige Gedanken zum Vaterunser teilen. Darüber wurde ja schon viel gepredigt, und ich möchte nicht zu lange dabei verweilen. Dennoch möchte ich drei Bitten hervorheben, die zuerst für Gottes Sache stehen.
An erster Stelle steht der Name. Der Name Gottes ist sehr wichtig. Auch in den Zehn Geboten steht er im Zentrum der ersten Tafel des Gesetzes. Der Name Gottes soll nicht entweiht, sondern geheiligt werden. Das bedeutet, er soll auf eine besondere Seite gestellt, abgesondert und rein gehalten werden. Wir sollen ihn nicht verschmutzen oder profan verwenden, also nicht so, als ob er zu Alltagsgegenständen gehört – etwa mit Ausdrücken wie „mein Gott“ im Sinne von Fluch oder Schimpfwort.
Der Name Gottes ist geheiligt. Das heißt, wir geben ihm einen ganz besonderen Platz, wenn wir von ihm sprechen oder seinen Namen in den Mund nehmen. Unser großes Ziel ist es, diesen Namen hinauszutragen. In der Apostelgeschichte heißt es einmal, dass der Name Gottes hinausgetragen wurde. Gemeint ist der Name Christi, der Name Jesu, der gepriesen wurde (Apostelgeschichte 19,17). Dort wurde evangelisiert, und der Name Gottes sowie der Name Jesu wurden gepriesen – der Name über alle Namen.
„Jesus, dein Königreich komme“ – das ist die nächste Bitte. Das Wort „Reich“ meint in der Bibel immer „Königreich“. Das griechische Wort hier ist „Basilea“, was Königreich oder Königsherrschaft bedeutet. Wir beten also dafür, dass seine Königsherrschaft komme. Das bedeutet einerseits, dass sie jetzt unsichtbar wirkt, andererseits wird sie sichtbar sein, wenn der Herr Jesus wiederkommt.
Im Moment ist das Reich unsichtbar in unserem Leben. Jedes Mal, wenn ich oder jemand von uns dem Herrn mehr Raum gibt, also wenn er über mehr Bereiche unseres Lebens regiert, dann wächst sein Reich. Und jedes Mal, wenn jemand zum Glauben kommt und Jesus an die erste Stelle seines Lebens setzt, wächst das Reich und seine Königsherrschaft weiter. Wir sollen beten, dass es sich ausbreitet und eines Tages in Kraft aufgerichtet wird. Zur Ausbreitung des Reiches trage ich bei, wenn ich dafür bete, dass das Reich komme.
Die nächste Bitte lautet: „Dein Wille geschehe, wie er im Himmel geschieht, auch auf der Erde.“ Diesen Vers sollten wir bewusster lesen. Oft kennen wir ihn so gut, dass wir darüber hinweglesen. Was sagt er wirklich aus? Es ist der Wunsch, dass Gottes Wille auf der Erde genauso geschieht wie im Himmel.
Wie geschieht Gottes Wille im Himmel? Dort geschieht er gleich, ganz, gern, genau und gut – vielleicht sogar noch mehr. Gleich bedeutet, dass die Engel sofort gehorchen, wenn Gott etwas sagt. Sie laufen oder fliegen los, um seinen Willen auszuführen. Einige Engel, wie die Cherubim, haben Flügel. Das ist ein Bild dafür, wie schnell sie sind. Sie warten gespannt auf jeden Wink Gottes und sind sofort unterwegs.
Der Wille Gottes geschieht im Himmel augenblicklich und ganz – keine halben Sachen. Außerdem geschieht er dort gern, denn die Engel dienen dem Herrn mit Freude. Auch auf der Erde soll es so sein, dass die Menschen dem Herrn mit Freude dienen. Psalm 100 ruft uns dazu auf.
Der Wille Gottes geschieht im Himmel ganz genau, nicht nur grob, sondern mit Aufmerksamkeit für jedes Detail. Wir sollen nicht beten: „Herr, mein Reich komme, mein Wille geschehe“, sondern „mein Name werde geehrt“. Beten ist kein Mittel, um uns selbst in den Mittelpunkt zu stellen.
Das waren drei Bitten für Gottes Sache. Danach folgen die drei Bitten, die für die Anliegen der Menschen stehen.
Drei Bitten für die menschlichen Bedürfnisse
Das Brot, unser Brot – jetzt weiß ich nicht genau, wie das in den verschiedenen Übersetzungen wiedergegeben wird. Hier besteht eine gewisse Schwierigkeit bei den Übersetzungen. "Unser Brot, das wir für den Tag brauchen, gib uns heute." Das kann bedeuten: für den heutigen Tag oder für den morgigen Tag. Es kann heißen: "Gib mir heute das Brot für morgen, für den kommenden Tag" oder "Gib mir heute das Brot für heute." Beides ist möglich.
Ein Lehrer der Heiligen Schrift übersetzt es so: "Unser Brot, alles, was wir für den kommenden Tag zum Leben brauchen, das gib uns heute." Gemeint ist, dass ich sage: Herr, Du weißt, was ich brauche. Und zwar jetzt. Morgen zum Frühstück brauche ich gewisse lebensnotwendige Dinge, und für die sollen wir beten, für die dürfen wir beten.
Warum? Brot brauche ich, damit mein Körper wieder gestärkt wird. Dann kann ich dem Herrn wieder dienen, damit sein Name geehrt wird, sein Wille geschieht und sein Reich komme. Brot hieß hier Speise. Also darf ich auch für Kartoffeln beten, für den Garten und so weiter, für den Weizen und für das Wetter, damit das Wachstum gelingt – besonders für die, die in der Landwirtschaft tätig sind.
Das irdisch Notwendige ist gemeint. Das brauchen wir, ohne das können wir nicht dienen. Ohne das sind wir krank oder sterben.
"Vergib uns unsere Verschuldungen." Das ist die Vorsorge in Bezug auf unsere bereits geschehenen Sünden. Wir beten hier, dass die Beziehung zum Herrn rein ist. Wenn wir bekennen, vergibt er uns. Wenn wir bekennen, vergibt er uns in dem Moment.
Dabei denken wir daran, dass wir nicht vollkommen sind und immer schuldig vor Gott stehen. Schuldig im Sinne davon, dass wir nichts bringen können. Es ist immer Gnade. Unser Stand ist immer ein Gnadenstand.
Weiter? Ja, natürlich: Vergebung brauche ich. Wenn ich Vergebung brauche, brauchen auch mein Bruder, meine Schwester und meine Frau Vergebung. Wir alle brauchen Vergebung. Und falls ich ihnen vergeben soll, muss ich es so machen wie Gott.
Denn es heißt: "Wenn ihr nämlich den Menschen eure Übertretungen vergebt, wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen ihre Übertretungen nicht vergebt, wird euer Vater eure Übertretungen auch nicht vergeben." Für die Unbarmherzigen gibt es keine Vergebung.
Es geht hier um das Prinzip, um das grundlegende Prinzip: Wenn ich meinem Nächsten, der mir Unrecht getan hat, nicht vergebe, dann bin ich unbarmherzig. Gott sagt, für Unbarmherzige gibt es keine Vergebung.
Aber es gibt Buße – wunderbar! Man kann Buße tun, oder? Aber die muss zuerst kommen. Erst dann kann Gott vergeben, wenn ich Buße getan habe.
Vers 13: "Bringe uns nicht in Versuchung hinein." Im Sinne von: Gib uns nicht der Versuchung preis, bringe uns nicht in Versuchung hinein, sondern befreie uns von dem Bösen.
Das Böse ist hier wahrscheinlich Sünde und überhaupt das Böse in der Welt gemeint. Satan ist wahrscheinlich nicht personifiziert gemeint, denn dann hätte es heißen können: "Das hätte der Herr befreie uns vor dem Satan." Wahrscheinlich meint man ganz allgemein das Böse, einschließlich Satan natürlich.
"Bringe uns nicht in Versuchung hinein." Gott führt ja sowieso nicht in Versuchung. Im Jakobusbrief lesen wir, dass Gott nicht der ist, der uns aktiv zur Sünde reizt. Das macht der Teufel oder unser Fleisch. Unser eigenes Wesen reizt uns zur Sünde. Gott macht das nicht.
Aber Gott ist Herr der Lage und kann entscheiden, ob ich in eine Situation komme, in der ich geprüft werde oder nicht. Dann sage ich: Herr, ich bin mir meiner Schwachheit so bewusst, bitte lass es nicht dazu kommen, dass Gelegenheit, Reiz und Versuchung zur Sünde zusammenkommen.
Es ist eine demütige Haltung. Man betet: Bitte schick mir keine zu großen Prüfungen. Ich weiß, wie schwach ich bin.
Petrus sagt: Kein Problem, oder? Niemand wird dich verlassen, ich werde dich nie verlassen, auch wenn dich alle verlassen. Das ist die falsche Haltung, die er erst lernen musste.
Jesus fragt ihn: "Hast du mich lieb?" Petrus antwortet: "Ja, ich habe dich gern, Herr. Du weißt, dass ich dich gern habe." Er sagt nicht, dass er eine gewaltige Liebe in sich hat, sondern nur Zuneigung.
Darauf sagt Jesus: "Dann habe ich einen Dienst für dich: Werde Hirte meiner Schafe."
Also: "Bringe uns nicht in Versuchung." Gott kann uns in Situationen führen, in denen die Reizung zum Bösen sehr stark ist und er uns auf die Probe stellt. Aber wir beten: Herr, sei gnädig und barmherzig in solchen Versuchungssituationen.
Wenn sie doch kommt, sollen wir in der richtigen Haltung bleiben und uns bei Jesus verstecken.
Psalm 18,10: "Der Name des Herrn ist ein starker Turm, der Gerechte läuft dahin und ist in Sicherheit."
Wenn die Versuchung kommt, fliehen wir zum Turm, dort sind wir in Sicherheit.
Bitte, habe ich gesagt, Psalm, Sprüche 18,10.
Im 1. Timotheus 6,9 steht: "Die, die reich werden wollen, fallen in Versuchung und eine Schlinge und viele sinnlose und schädliche Lüste, welche die Menschen in Ruin und Untergang versenken."
Das ist Versuchung zur Habsucht.
Das heißt, ich muss mir klar sein: Wenn ich reich werden will, ist das Wunschdenken. Wenn das mein Wunschdenken ist, werde ich in Versuchung fallen.
Wenn ich einfach reich wäre, ohne dass ich reich werden will, ist das etwas anderes.
Aber wenn mein Denken sich darum dreht, viel zu besitzen und reich zu werden, dann lebe ich für das falsche Ziel. Das ist gefährlich.
Da kommen viele Versuchungen und eine Schlinge, die uns in sinnlose und schädliche Lüste führen können, die den Menschen in Ruin und Untergang versenken.
Praktische Hinweise zur Bewahrung vor Sünde
Das gehört jetzt zwar nicht zum Thema und nicht zu Matthäus 5, aber ich habe mir einmal Gedanken gemacht, wie wir zur Bewahrung vor Sünde beitragen können. Es ist ja nicht nur so, dass Gott uns vor Sünde bewahrt. Wir lesen in der Schrift auch, dass wir uns selbst bewahren sollen.
Das wird mehrmals erwähnt. Timotheus zum Beispiel wird aufgefordert, dass er, wenn er das und das tut, sich selbst bewahren wird. Aber was sollen wir konkret tun? Wie können wir uns selbst bewahren?
Das Erste ist, dass wir uns nicht zu viel zutrauen – nicht wie Petrus. Es gibt eine Stelle, die ich erwähnt habe, Sprüche 18, Vers 10. Wir sollen uns nicht zu viel zutrauen. Das Zweite ist, Abstand halten. Wir sollten uns nicht in gefährliche Situationen begeben und denken: „Ich schaffe das schon, ich halte dieser Versuchung stand.“ Das ist gefährlich und ähnlich wie das Erste, nämlich dass wir uns zu viel zutrauen.
Paulus sagt, wir sollen Abstand halten. Von jeder Gestalt des Bösen sollen wir uns fernhalten. In 1. Thessalonicher 5, Vers 22 heißt es: „Von aller Art des Bösen haltet euch fern.“ Wir sollen Abstand halten und uns nicht in die Gefahrenzone begeben.
Das Dritte ist, dass wir bitten. Hier steht es: „Führe uns nicht in Versuchung.“ Wir sollen einfach darum bitten, bewahrt zu werden. Besonders junge Leute, aber nicht nur sie, haben das Problem der Versuchung – zum Beispiel in Bezug auf Beziehungen. Das ist ein wichtiges und großes Prüfungsthema für junge Leute: Wie gehe ich mit Beziehungen um? Werde ich treu sein oder lasse ich mich von Gefühlen leiten?
Darum kann man wirklich beten: „Herr, bewahre mich. Bewahre mich und reiß mich heraus aus jeder Versuchung, aus dem Bösen.“
Eine Stelle, die ich vorher nennen wollte, ist 1. Timotheus 4, Vers 16: „Habe stets Acht auf dich selbst und auf die Lehre. Bleibe bei diesen Dingen. Wenn du das tust, wirst du sowohl dich bewahren als auch die, die dich hören.“
Auch 2. Petrus 3, Vers 17 mahnt: „Seid auf der Hut, damit ihr nicht durch den Irrtum der Gottlosen weggeführt werdet und mit ihnen aus der Festigkeit fallt.“
In 1. Johannes 5, Vers 18 steht: „Wer aus Gott geboren ist, der bewahrt sich; der Böse greift ihn nicht an.“ Und in 1. Johannes 5, Vers 21 heißt es: „Kindlein, hütet euch vor den Götzen!“ – also: Hütet euch!
Es geht also darum, dass ich mich hüte und aufpasse. Es ist kein „Das passt schon, der Herr Jesus trägt mich sowieso überall durch.“ Das wäre zu leichtfertig. Natürlich trägt er mich durch, wunderbar, aber ich muss auch an ihm hängen und sagen: „Herr, ohne dich könnte ich nicht.“
Und wenn etwas passiert ist, dann muss ich schnell bekennen. Eine große Gefahr ist, dass wir nicht schnell genug bekennen: „Ich habe gesündigt.“ Dann hängen wir durch und sagen: „Herr, das war Sünde.“ Ich muss mich dazu stellen. Wenn andere betroffen sind, muss ich zu ihnen gehen und es ihnen bekennen.
Ich gehe da jetzt ein bisschen schnell durch, aber ich denke, wir brauchen dazu nicht viel Kommentar.
Ausblick auf das nächste Thema und Überblick über die folgenden Worte Jesu
Das nächste Thema möchte ich morgen mit uns besprechen. Es handelt sich um einen langen Abschnitt von Vers 19 bis Vers 34, der über die Schätze spricht. Diesen Abschnitt möchte ich jetzt überspringen, damit ich schnell weiterkomme.
Wir gehen weiter mit Kapitel 7, Vers 1. Ich habe bereits gesagt, dass wir fünf Worte Jesu haben. Genauer gesagt, gibt es fünf Worte Jesu in den Kapiteln sechs bis sieben. Das erste dieser Worte – oder besser gesagt, das Wort Nummer sechs insgesamt – finden wir in Kapitel sechs. Die ersten fünf Worte befinden sich in Kapitel fünf, dann folgen fünf weitere in Kapitel sechs.
In Kapitel sechs, also beim sechsten Wort, geht es um das Beten zum Vater. Dieses Thema ist dreiteilig: Beten, Almosen geben und Fasten. Im letzten Wort geht es ebenfalls um das Bitten zum Vater. Auch dieses ist dreiteilig: bittet, sucht, klopft an. Diese beiden Worte haben etwas gemeinsam, nicht wahr?
Das zweite und das vorletzte Wort beschäftigen sich mit Schätzen. Das zweite Wort, das wir in Kapitel sechs, Vers 19 bis zum Ende des Kapitels finden, sagt uns, dass wir keine irdischen Schätze anhäufen sollen. Beim neunten Wort, dem vorletzten, geht es darum, mit den Schätzen Gottes richtig umzugehen. Wir sollen die geistlichen Perlen nicht den Hunden und Schweinen vorwerfen.
In der Mitte steht das Wort aus Kapitel sieben, Verse 1 bis 5: Nicht richten! Hier geht es um unser Reden und Denken. Darüber möchte ich jetzt noch einige Gedanken anstellen, denn es steht nicht ohne Grund in der Mitte dieser zweiten Tafel.
Die Herausforderung des Nicht-Richtens im Umgang mit anderen
Kapitel 7, Vers 1: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!“
Diese Aufforderung ist in einem bestimmten Kontext gesprochen, also in einem gewissen Zusammenhang. Wenn der Herr Jesus vom Nicht-Richten spricht, ist dies nicht absolut gemeint, dass es keinen Fall gibt, in dem ein Christ richten soll. Tatsächlich gibt es Situationen, in denen ein Christ richten soll. Aber es gibt auch viele Fälle, in denen wir nicht richten sollen.
Nun wollen wir uns anschauen, was wir nicht richten dürfen, was wir richten sollen, wann wir richten sollen und wann nicht. Vielleicht könnte man auch noch hinzufügen: Schauen wir uns das ein bisschen genauer an. Man muss diese Aussage in einen größeren Zusammenhang stellen, denn sonst versteht man diese Stelle vielleicht falsch.
Zuerst schauen wir uns an, was oder wen wir nicht richten dürfen. Der Herr Jesus sagt hier: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“ Was meint er damit? Er meint, dass ich mich nicht auf die Fehler anderer konzentrieren soll, während ich meine eigenen Fehler ignoriere.
Es gibt mehrere Beispiele, in denen das zum Ausdruck kommen kann. Zum Beispiel könnte ich die Motive eines anderen Menschen beurteilen. Ich lese zuerst den Vers und dann schauen wir uns ein Beispiel dazu an.
In Jakobus 4, einer Parallelstelle, heißt es in Vers 11: „Redet nicht gegeneinander, Brüder! Wer gegen den Bruder redet und seinen Bruder richtet, der redet gegen das Gesetz und richtet das Gesetz. Wenn du das Gesetz richtest, bist du nicht ein Täter des Gesetzes, sondern ein Richter. Einer ist Gesetzgeber, der zu retten und zu verderben vermag. Wer bist du, der du den anderen richtest?“
Hier geht es nicht darum, dass wir keine falschen Gerüchte über einen Bruder verbreiten sollen. Das ist nicht das Thema im Jakobusbrief. Im Jakobusbrief geht es um Weltlichkeit. Dort spricht er von Ehebrechern und Ehebrecherinnen und davon, Freundschaft mit der Welt zu machen. Das Thema ist Weltlichkeit. Das ist eine heikle Sache unter Christen.
Zum Beispiel: Du hast Kontakt zu zwei Schwestern, die eine heißt Claudia und die andere Doris. Du redest mit Claudia über eine dritte Christin, Barbara, und sagst etwas, das richtig ist, nichts Falsches. Dann redest du mit Doris über Barbara, ebenfalls nichts Falsches. Worüber redest du? Zum Beispiel: „Hast du schon gehört? Barbara hat ein neues Hobby. Sie fährt jetzt ständig Fahrrad.“ Das ist wahr; Barbara fährt tatsächlich viel Fahrrad. Sie hat das Fahrradfahren als Sport entdeckt.
Dein Problem vor der Bekehrung war Fahrradfahren, und für dich war das ein Götze. Jetzt denkst du, du hast deine Götzen abgelegt, aber Barbara hat denselben Götzen, den du früher hattest. Du redest mit Doris und Claudia über Barbaras neuen „Götzendienst“. Wo liegt der Fehler? Barbara fährt wirklich viel Fahrrad. Aber woher weißt du, dass das ihr Götzendienst ist? Vielleicht fährt sie Fahrrad, um zu beten.
Du urteilst darüber, was du dir denkst, was sie während des Fahrens denkt. Das ist ihr Götze. Du projizierst dein Problem auf sie. Früher war das dein Problem, jetzt projizierst du es auf die andere und redest mit den Schwestern darüber. Dann bist du derjenige, der richtet – Barbara und sogar andere Schwestern.
Das ist nicht unsere Aufgabe. Wie gesagt, es kann sein, dass das überhaupt kein Götzendienst ist. Selbst wenn es Götzendienst wäre, ist der Weg nicht richtig. Was haben Claudia und Doris mit Barbaras Fahrradfahren zu tun? Wenn du denkst, es ist Götzendienst, müsstest du mit Barbara darüber reden. Wenn du dich nicht traust, kannst du vielleicht einen der Ältesten bitten, mit ihr zu sprechen und sie fragen, ob das ihr Götzendienst ist. Oft traut man sich ja nicht direkt.
Hier legst du einen Maßstab an und schiebst Gedanken in das Tun des anderen hinein. Das ist nicht in Ordnung. Hier werden also Motive und Beweggründe anderer gerichtet. Das ist nicht unsere Aufgabe.
Wer gegen den Bruder redet und ihn richtet, redet gegen das Gesetz und richtet das Gesetz. Was sagt das Gesetz? Sagt das Gesetz, du sollst nicht Fahrrad fahren? Nein, es sagt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Ich habe das Gesetz übertreten, oder? Wenn du das Gesetz richtest, bist du nicht Täter des Gesetzes, sondern Richter. Aber das Gesetz sagt: Liebe deinen Nächsten.
Was ist, wenn Barbara wirklich etwas Falsches tut? Dazu kommen wir später. Wenn sie zum Beispiel in Ehebruch lebt, sprechen wir später darüber. Aber jetzt: Motive von anderen, die ich nicht kenne, darf ich nicht richten. Ich darf mich nicht zum Richter erheben oder kritisieren.
Wer bist du, dass du das tust? Wer bist du, dass du den anderen richtest, sagt der Apostel Jakobus, der Bruder des Herrn.
Zum Thema Erbstreitigkeiten: Lukas 12, Vers 14 berichtet von Erbstreitigkeiten zwischen Leuten. Der Herr Jesus hat sich nicht eingemischt in diese Erbstreitigkeiten. Er ließ sich auch nicht zum Richter machen bei Geldstreitigkeiten von Leuten.
Oder der Dienst: Es gibt Geschwister, die dienen. Ich habe das erlebt: In Süddeutschland gab es eine Gemeinde, in der der eigene Leiter kritisiert wurde, weil er vor dem Herrn entschieden hatte, mit seinem Beruf aufzuhören. Er wollte sich ganz auf den Herrn verlassen und mehr Zeit der Gemeinde widmen. Er hatte das vor dem Herrn im Stillen entschieden und den Brüdern nichts gesagt. Doch es kam dann doch irgendwie zur Sprache, und er wurde kritisiert.
Das war ein falsches Verhalten der Geschwister. Er hatte niemandem gesagt: „Ihr müsst mir so und so viel Geld pro Monat zahlen.“ Er vertraute wirklich auf den Herrn und sagte nur, dass er sich aus dem Beruf zurückzieht und auf die Versorgung durch den Herrn vertraut. Das ist sein Dienst. Wenn er meint, dass der Herr ihn so führt, soll er so geführt sein. Wenn er scheitert, dann ist das seine Erfahrung.
Ein anderer Bruder aus dem süddeutschen Raum sagt, er habe vom Herrn die klare Führung bekommen und gehe jetzt nach Brasilien, um Missionsarbeit zu leisten. Dann darf ich nicht sagen: „Das darfst du nicht machen.“ Ich kann ihm sagen, dass ich es aus bestimmten Gründen nicht tun würde, aber er muss selbst entscheiden. Das darf ich schon sagen. Aber ich kann den Dienst des anderen nicht kritisieren.
Wenn er nach einem Jahr zurückkommt, ausgebrannt und erschöpft, hat er eine Erfahrung mehr gemacht. Aber ich will nur sagen: Den Dienst anderer darf ich nicht richten.
1. Korinther 4, Vers 5 sagt: „Richtet nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt.“ Dort geht es um den Dienst des Paulus. Eines Tages wird jedem Gottes Lob zuteilwerden.
Römer 14, Vers 4 behandelt dasselbe Thema: „Wer bist du, der du über einen fremden Hausknecht urteilst? Er steht oder fällt seinem eigenen Herrn.“
Eine Schwester entscheidet sich, Kinderstunden zu machen, ohne die Ältesten zu fragen. Sie sammelt Kinder der Gläubigen bei sich zu Hause unter der Woche und fragt, ob sie bereit sind. Die Ältesten haben nichts gesagt, aber sie hat ein Anliegen vom Herrn.
Jetzt kann ich nicht sagen: „Weil ich Ältester bin, darf ich das nicht.“ Wieso sollte sie das nicht dürfen? Sie möchte dem Herrn dienen. Wenn sie falsche Lehre verkündigen würde, müssten die Ältesten eingreifen. Aber sie möchte einen Dienst tun.
Andere Schwestern treffen sich irgendwo zum Bibelstudium, und ein Ältester sagt: „Oh, was werden die jetzt machen? Ich habe Angst.“ Er kann sich ja dazusetzen und sehen, was sie machen. Es ist schön, wenn Geschwister sich zum Bibelstudium treffen. Es muss nicht alles über den Leiter laufen.
Auf der anderen Seite sollen wir den Leiter schätzen und auf seinen Rat hören. Aber den Dienst der anderen darf ich nicht kritisieren.
Wenn ein Dienst aus falschen Motiven geschieht, müssen diese Motive auf den Tisch gelegt werden. Das heißt, man muss Beweise vorlegen. Zum Beispiel: „Schau, das und das beweist, dass du nicht das tust, was du sagst, sondern dass du eigentlich lügst.“ Das ist etwas anderes. Da ist Böses im Spiel, und das muss von der Gemeindeleitung behandelt werden.
Wann und wie sollen Christen richten?
Es gibt auch Fälle, in denen man richten muss – zum Beispiel dort, wo wir tatsächlich zum Richten aufgefordert sind. Ein Beispiel dafür findet sich in 1. Korinther 5,12-13: Was geht es mich an, die außerhalb sind, zu richten? Paulus sagt, dass er die Ungläubigen nicht richtet. Aber richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Die Antwort lautet: Ja, natürlich. Die, die drinnen sind, sollt ihr richten. Die, die draußen sind, richtet Gott. Und deshalb sollt ihr den Bösen aus eurer Mitte entfernen.
Hier geht es um offensichtliche Sünden. Da ist ein Trunkenbold, jemand, der in Hurerei lebt, zum Beispiel mit der Frau seines Vaters. In solchen Fällen muss etwas geschehen. Man kann nicht wegschauen, wenn sie zusammenleben, gemeinsam in den Urlaub fahren und so weiter. Das muss behandelt werden. Man muss hingehen und die Sache klären. Wenn sich derjenige nicht korrigieren lässt, müssen weitere Personen hinzugezogen werden. Wenn dann immer noch keine Korrektur erfolgt, muss die Gemeinde informiert werden.
Die Gemeinde muss ganz klar die Fakten kennen: Dort und dort waren sie zusammen im Urlaub, sie waren gemeinsam im Hotel, hatten das gleiche Zimmer. Was sollen sie dort machen? Selbst wenn sie nichts täten, wäre das Zeugnis bereits beschädigt. Vor allem, wenn man sie konfrontiert hat und sie sich nichts sagen lassen wollen, sondern böse reagieren, dann muss geurteilt werden. Das ist wichtig: Richtet ihr nicht die, die drinnen sind?
In 1. Korinther 6,2 geht es um Streitigkeiten unter Brüdern. Paulus sagt, wenn es Rechtsstreitigkeiten gibt, soll man nicht vor weltliche Gerichte ziehen. Gibt es nicht Geschwister unter euch, die den Fall schlichten können? Bei Streitigkeiten, die den Frieden der Gemeinde gefährden, müssen Geschwister eingreifen. Er sagt: Wisset ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wenn die Welt von euch gerichtet wird, seid ihr dann der kleinsten Gerichte unwürdig? Ihr seid doch würdig, kleine Gerichte zu führen. Ihr könnt sagen, was richtig und was falsch ist. Eines Tages werdet ihr sogar Engel richten.
Wisset ihr nicht, dass wir Engel richten werden? Wie viel mehr dann die Angelegenheiten des irdischen Lebens! Wenn es also Streitigkeiten gibt, die Hilfe brauchen, muss man eingreifen. Dabei braucht es Fakten. Es geht nicht um Motive, sondern um klare Tatsachen.
Bevor man jedoch richtet – und das ist das Wichtige, was der Herr Jesus sagt –, muss man zuerst das richtige Maß an sich selbst anlegen. Das steht in Matthäus 7,2-5: Mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; mit welchem Maß ihr messt, wird euch wieder gemessen werden.