
Wir sind im Matthäusevangelium und haben gerade über zwei Texte gesprochen, mit denen wir uns nun etwas näher beschäftigen wollen. Dabei werfen wir noch einmal einen Blick auf das, was zwischen dem liegt, was wir in der letzten Stunde besprochen haben, und dem, was wir jetzt lesen.
Wir sind im Kapitel 9 stehen geblieben und haben dort von der Heilung der Tochter des Jairus und ihrer Auferweckung gelesen. Danach hörten wir von der Heilung der blutflüssigen Frau sowie von der Heilung des Besessenen beziehungsweise des Stummen. Anschließend folgt in Kapitel 9, Vers 35, die Aufforderung, dass Jesus Erntearbeiter in die Ernte schicken soll. Diese Aufforderung ist indirekt auch eine Einladung an uns. Zwar nicht so sehr an dieser Stelle, dass wir selbst gehen sollen, sondern vielmehr, dass wir Gott in dieser Hinsicht vertrauen und ihn ernsthaft darum bitten.
Allerdings ist es zwangsläufig so, dass, wenn wir Jesus ernsthaft darum bitten, er Menschen sendet, er auch uns senden kann. Wir sollten zumindest innerlich bereit sein dafür. In Kapitel 10 lesen wir dann von der Berufung und ab Vers 5 von der Aussendung der Jünger. Darauf folgt der Hinweis auf die Verfolgung ab Vers 16, der die Jünger ausgesetzt sein werden, sowie die Zusicherung der Nähe Gottes in jeglicher Verfolgung.
Die Herausforderung, Stellung zu Jesus und zu Gott zu beziehen, finden wir ab Vers 26 bis zum Ende des Kapitels. Danach kommt die Anfrage Johannes des Täufers an Jesus: Welche Zeichen gibt es, bist du derjenige, auf den wir warten? Jesus antwortet, dass sich das Alte Testament erfüllt hat. Dabei bezieht er seine Stellung und die Aufgabe Johannes des Täufers ebenfalls auf das Alte Testament.
In Vers 20 lesen wir, dass Jesus Chorazin und Bethsaida verurteilt, weil sie trotz der großen Taten, die bei ihm geschehen sind, nicht auf ihn gehört haben. Jesus nimmt Stellung zum Sabbat in Kapitel 12, Vers 1, mit der Kernstelle in Vers 8: „Der Menschensohn ist Herr auch über den Sabbat.“
Dann heilt Jesus erneut Besessene ab Vers 22. Anschließend spricht er über die Sünde gegen den Heiligen Geist, nachdem die Pharisäer ihm vorwerfen, diese Heilungen aus der Kraft Satans, des Teufels, zu vollbringen. Direkt im Anschluss spricht Jesus von der Sünde gegen den Heiligen Geist.
Ab Vers 32 und 33 lesen wir die Verse, die wir bereits näher betrachtet haben, über das Sprechen und Reden. Dies ist auch der Kern dessen, womit wir uns heute Morgen beschäftigen werden: Jesu Herausforderung bezüglich unserer Zunge und unseres Redens.
Im Neuen Testament finden wir immer wieder Stellen, die uns ermahnen und auf die Gefahr hinweisen, gerade mit der Zunge zu sündigen, also mit der Sprache falsch umzugehen. Wahrscheinlich ist dies eine der häufigsten Sünden, die wir begehen, wenn wir nicht richtig mit dem umgehen, was wir sagen.
Deshalb spüren wir oft eine starke Herausforderung, wenn wir diese Texte lesen. Viele andere Dinge fallen uns vermutlich leichter, wenn es darum geht, äußerlich gerecht zu handeln. Es fällt uns eher leicht zu sagen, dass wir keinen Diebstahl begehen oder niemanden ermorden, als zu sagen, dass wir unsere Sprache nicht falsch gebrauchen.
Schon beim Lügen tun wir uns schwerer. Es fällt uns wahrscheinlich schwerer, nicht zu lügen, als niemanden zu ermorden. Natürlich hängt das auch davon ab, wie sehr wir unser Gewissen durch Jesus Christus schärfen lassen. Inwieweit wir dann manche Aussagen nicht mehr als Lügen ansehen und so um diese Sünde herumkommen.
Ähnlich wie bei den Pharisäern, die sagten: „Du sollst am Sabbat nicht arbeiten“, aber erst ab einer bestimmten Menge Arbeit gilt es als Arbeit. So ist es auch beim Lügen: Erst wenn es ganz extrem ist, gilt es als Lüge. Sonst ist es vielleicht nur eine Halbwahrheit, oder wir haben etwas einfach nicht gesagt, und der andere versteht es falsch.
Manchmal windet man sich auch so, dass man irgendwie noch die Wahrheit sagt, aber in dem Bewusstsein, dass der andere es sowieso falsch verstehen wird. Auch das gibt es, und hier zeigt sich die Gefahr, die von der Zunge ausgeht.
Wahrscheinlich ist der Text, der uns das Ganze am eindringlichsten vor Augen führt und den ich hier zumindest kurz nennen möchte, im Jakobusbrief zu finden. Im Jakobusbrief Kapitel 3 lese ich nur die ersten Verse, die uns ganz deutlich zeigen, welche Zwiespältigkeit in dem steckt, was wir mit unseren Worten anderen Menschen antun können.
Da lesen wir nämlich in Jakobus 3:
„Liebe Brüder, nicht jeder von euch soll ein Lehrer werden, und wisst, dass wir ein desto strengeres Urteil empfangen werden. Denn wir verfehlen uns alle mannigfaltig. Wer sich aber im Wort nicht verfehlt, der ist ein vollkommener Mensch und kann den ganzen Leib im Zaum halten.“
Hier wird also erneut die große Bedeutung herausgehoben, wie wichtig es ist, wie wir sprechen und uns ausdrücken.
Wenn wir den Pferden den Zaum ins Maul legen, damit sie uns gehorchen, so lenken wir ihren ganzen Leib. Siehe auch die Schiffe: Obwohl sie groß sind und von starken Winden getrieben werden, werden sie doch gelenkt von einem kleinen Ruder, wohin der will, der es führt.
Es wird also gesagt, dass es nur ein kleiner Teil des Menschen ist – manchmal denken wir vielleicht, es sei unbedeutend, nämlich unser Mund, unsere Sprache. Doch sie ist ganz, ganz wichtig für unser ganzes Leben und für die Begegnungen mit anderen Menschen. Deshalb der Vergleich mit dem Schiff und mit dem Zaumzeug des Pferdes.
So ist auch die Zunge ein kleines Feuer und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welchen Wald zündet es an? Wahrscheinlich denkt Jakobus hier an solche Dinge wie ein kleines Gerücht, ein kleines Wort. Wir sagen es, ohne uns große Gedanken darüber zu machen. Und plötzlich sagt es der eine dem anderen weiter, und wie ein Strohfeuer – selbst wenn man es noch bremsen will und zur Person zurückgeht und sagt: „Naja, so habe ich das ja nicht gemeint“ –, hat es sich schon so verbreitet, dass es gar nicht mehr einzudämmen ist.
Jakobus sagt also, dass solche Auswirkungen möglich sind, die wir häufig gar nicht mehr in der Hand haben.
Denn jede Art von Tieren und Vögeln und Schlangen und Seetieren wird gezähmt und ist gezähmt von Menschen. Aber die Zunge kann kein Mensch zähmen – das unruhige Übel, voll tödlichen Gifts. Mit ihr loben wir den Herrn, den Vater, und mit ihr fluchen wir den Menschen, die nach dem Bilde Gottes gemacht sind.
Aus einem Mund kommt Lob und Fluch – das soll nicht so sein. Meine lieben Brüder, lässt auch die Quelle aus einem Loch süßes und bitteres Wasser fließen? Die Antwort auf diese rhetorische Frage ist natürlich: Nein.
Kann auch, liebe Brüder, ein Faulbaum Oliven oder ein Weinstock Feigen tragen? So kann auch eine salzige Quelle kein süßes Wasser geben.
Wer ist weise und klug unter euch? Der zeige es mit seinem guten Wandel und Werken in Sanftmut und Weisheit. Danach geht es darum, dass wir Gott um Weisheit bitten sollen – für das, was wir tun, aber natürlich auch für das, was wir sprechen.
Hier merken wir schon einen Teil der Spannung, die wir in den Versen im Matthäusevangelium gespürt haben. Dort haben wir uns die Frage gestellt: Kann man das hohe Ziel überhaupt erreichen?
Jakobus meint, auch wenn wir uns darüber unterhalten können, dass hier – da Jesus ja in erster Linie die Pharisäer vor Augen hat, das ist der Hintergrund, von dem er spricht – er doch auch uns als Christen meint, die wir ermahnt werden sollen. Das sehen wir spätestens hier im Jakobusbrief ganz deutlich, denn hier sind Christen angesprochen.
Allerdings finden wir auch den Hinweis in der Zustandsbeschreibung: Jakobus sagt, na ja, es ist so, ihr sagt, ihr lobt Gott und flucht den Menschen, ihr tut das. Aber er sagt, das soll nicht so sein. Denkt daran: Eigentlich ist Jesus in euch geboren, er hat euch innerlich erneuert, und das sollte nicht so sein.
Es wäre sozusagen eine Missgeburt, wenn wir das tun. Wir verunehren Gott und uns selbst dabei, wenn wir nicht auch in den Worten ihm nachfolgen.
Im Matthäusevangelium finden wir noch weitere Stellen, die ich zuerst überlegt habe, mit hineinzunehmen. Diese sagen uns einiges über den Umgang mit unserer Zunge. Ich möchte sie hier nur kurz erwähnen für diejenigen, die sich noch tiefer mit dem Thema auseinandersetzen wollen. Anschließend komme ich speziell auf die beiden Bibelabschnitte zu sprechen, die ihr ja gerade in diesem Zusammenhang gelesen habt.
Ein Abschnitt, den ich gerne noch hinzufügen möchte, ist Matthäus 10, Verse 16 bis 23. Ich werde nicht alles vorlesen, sondern nur einen Ausschnitt. Der Zusammenhang ist, dass wir, genau wie Jesus, ebenfalls verfolgt werden und von Menschen angegriffen werden. Es geht hier darum, treu bei Jesus zu stehen – in Wort und Tat –, wenn Menschen uns bezüglich des Glaubens in die Ecke drängen wollen.
In Vers 20 lesen wir: „Sorgt euch also nicht darum, wie oder was ihr reden sollt. Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern euer Vater im Himmel, sein Geist, der durch euch redet.“ Hier sehen wir einen anderen Aspekt bezüglich unseres Umgangs mit der Zunge. Das heißt auch, wir sollen sie Gott ausliefern. Gerade in dem Moment, wenn wir über den Glauben sprechen, sollen wir uns bewusst werden, dass der Heilige Geist in uns wirkt. Gott hat ihn in uns hineingegeben, als wir gläubig wurden und ihm unser Leben ausgeliefert haben. Dem Heiligen Geist sollen wir Raum geben, damit er durch uns spricht. Dann sind wir es nicht mehr selbst, die reden.
Hier könnten wir darüber nachdenken: Du sollst mehr sprechen oder darauf achten, dass du nicht zu sehr schweigst, wo Gott will, dass du sprichst. Oder: Benutze deine Zunge zum Segen Gottes – oder wie wir das auch immer ausdrücken würden. Diesen Aspekt finden wir also auch darin: nicht einfach zu schweigen, wenn wir angefochten werden, zu sagen „Ich weiß ja nichts, also bleibe ich lieber ruhig“. Stattdessen finden wir hier die starke Aufforderung: Sprecht mehr!
Die anderen Verse, die wir später lesen werden, sagen eher: Sprich weniger. Aber es kommt immer darauf an, in welchem Zusammenhang. Das heißt nicht, dass ich, wenn ich die Herausforderung habe, am besten gar nichts mehr sage. Ich soll ja alles bedenken, was ich sage, aber das bedeutet nicht, dass ich mit meinen Arbeitskollegen oder Nachbarn gar nicht mehr über den Glauben sprechen darf. Nein, das betrifft es nicht.
Hier sehen wir deutlich die Herausforderung: Sprich mehr! Sei bereit, dich von Gott gebrauchen zu lassen, um andere Menschen auf ihn aufmerksam zu machen. Wenn wir das im Gebet tun, uns vorbereiten und bereit sind, uns von Gott gebrauchen zu lassen, habe ich schon oft die Erfahrung gemacht, wie Gott es wirklich benutzt. Manchmal gibt er mir einen Bibelvers in den Kopf, den ich im Gespräch gebrauchen kann, und ich merke, dass es genau der Vers ist, den die andere Person gerade braucht. Oder ich finde ein Beispiel, das genau zum Lebensumfeld der Person passt, mit der ich zu tun habe.
Dann merken wir: Das ist der Heilige Geist, der uns das eingibt. Wir müssen innerlich offen dafür sein und auch bereit, vielleicht mehr zu sprechen, als wir es manchmal tun, wenn wir uns zurückhalten oder Scheu haben. „Na ja, über den Glauben zu sprechen, ich bin ja kein Prediger, kein Evangelist, ich kann nicht gut reden.“ Das gibt es bei Jesus nicht. Jeder ist Zeuge. Jeder kann, sagt die Bibel, über das reden, was er im Glauben erlebt hat. Alles andere ist entweder Faulheit, Bequemlichkeit, Menschenangst oder Ähnliches.
Das heißt nicht, dass jeder Evangelist ist und immer eine Straßenpredigt vor zweihundert Menschen halten muss – etwa in der Fußgängerzone von Köln, Frankfurt oder anderswo. Aber es heißt, dass ich in dem Umfeld, in dem ich lebe, zu Jesus stehen soll.
Denn ich habe hier die Zusage, und ich hoffe, ihr wollt das Wort Gottes nicht der Lüge bezichtigen, dass diese Zusage nicht stimmt. Gott wird uns führen, wenn wir bereit sind, ihm nachzufolgen.
In Kapitel 13, Verse 1 bis 23, finden wir dann noch einen weiteren Hinweis. Es geht um das Gleichnis vom Sämann. Dort sehen wir die innere Beziehung zwischen dem, was wir aussäen, und dem, was Jesus daraus macht. Noch einmal eine Aufforderung, das gute Wort Gottes auszustreuen. Gott ist es, der daraus etwas macht.
Auch hier gilt die Aufforderung: Sprich ruhig, denn Gott will das gebrauchen.
Der Schwerpunkt liegt heute Morgen auf den Versen, die wir bereits begonnen haben zu lesen. Es handelt sich um Matthäus 12, Verse 33 bis 37. Diese wollen wir nun Stück für Stück durchgehen und anschließend zu Matthäus 15, Verse 10 bis 20 kommen.
Matthäus 12,33-37 lautet:
„Nehmt an, ein Baum ist gut, so wird auch seine Frucht gut sein. Und nimmt man an, ein Baum ist faul, so wird auch seine Frucht faul sein, denn an der Frucht erkennt man den Baum.“
Wir haben bereits einige Gedanken dazu ausgetauscht, insbesondere zur Frage: Wie gehen wir damit um? Die meisten von uns nehmen für sich in Anspruch, Jesus Christus zu kennen, eine Beziehung zu ihm zu haben, neu geboren zu sein und somit ein Baum zu sein, der gute Früchte hervorbringt. Doch manchmal ist das vielleicht gar nicht der Fall.
Das Erste, was wir tun sollten, ist nicht am Wort Gottes herumzukritisieren oder es zu interpretieren, damit es in unseren Alltag passt. Manchmal sagen wir: „In meinem Leben sehe ich keine guten Früchte, also muss am Wort Gottes etwas nicht stimmen, das gilt vielleicht gar nicht.“ Oder wir meinen, es stehe ja eigentlich, dass wir gute und schlechte Früchte bringen können, und sind dann zufrieden, bestätigt und glauben, alles sei in Ordnung. Wir haben unsere Bestätigung erhalten und das Wort Gottes sagt uns nichts mehr.
Ich denke, das ist ein völlig falscher Umgang mit dem Wort Gottes. Es will uns gerade in solche peinlichen Situationen hineinführen. Es ist scharf, um Mark und Bein zu trennen. Es will uns in Frage stellen. Jesus will uns einen Maßstab vor Augen führen, selbst wenn wir ihm nicht entsprechen. Wenn wir das Wort Gottes immer passend machen, wozu brauchen wir es dann überhaupt noch? Wenn wir sowieso schon wissen, dass alles in Ordnung ist, was wir machen, warum lesen wir dann überhaupt noch in der Bibel? Dann könnten wir sagen: „Brauche ich nicht mehr.“ Nur um eine Bestätigung für das zu bekommen, was ich ohnehin schon weiß und lebe, dafür brauchen wir das nicht.
Was wir hier lesen, ist eine starke Herausforderung: Wie sieht es in unserem Leben aus, in dem, wie wir leben, in den Früchten, die wir tragen? Das ist nicht die einzige Stelle über die Früchte, die wir tragen. Denken wir an die Gleichnisse, die Jesus bringt, zum Beispiel mit den anvertrauten Talenten. Dort wird auch gefragt: Was machst du mit den Talenten? Gibt es ein gutes Ergebnis, Gewinn? Setzt du das Gut ein oder nicht? Und danach folgt das Urteil.
Wir können all die Stellen, die sagen, dass unser Handeln wichtig ist, nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Manchmal betonen wir sehr stark die Umkehr und meinen dann, unser Handeln spiele keine Rolle mehr. Das ist nicht die Botschaft Jesu. Unser Handeln ist wichtig. Jesus sagt: „Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“ Das ist der Maßstab für die Entscheidung beim großen Gericht – das, was die Menschen getan haben.
Im Jakobusbrief und im Johannesbrief lesen wir ebenfalls, dass der Glaube sich durch Taten zeigt. Dort heißt es: „Zeige mir deinen Glauben durch deine Werke.“ Die Taten sind also entscheidend wichtig.
Was wir festhalten müssen, ist: Gerettet werden können wir nicht durch unsere Taten. Das müssen wir eingestehen. Wir müssen eine Bankrotterklärung vor Gott und Jesus abgeben und sagen: „Ich schaffe es nicht.“ Das ist der Irrtum der Pharisäer, die meinten, durch ihre guten Taten gerettet zu werden.
Das heißt aber nicht umgekehrt, dass wir, weil wir nicht durch Taten gerettet werden können, keine guten Taten mehr tun müssen. Luther hat im Vergleich zur damaligen Kirche gepredigt, dass allein die Gnade zählt, nicht die Werke und Taten. Er hatte Recht. Einige seiner Schüler hörten das und dachten: „Wenn das stimmt, dann müssen wir es noch extremer sehen.“ Einer seiner Schüler sagte sogar: „Gute Taten sind schädlich für den Glauben.“ Das ist natürlich absurd und zeigt, dass er die Bibel nicht richtig gelesen hat.
Er meinte damit, wenn wir gute Taten tun, könnten wir uns darauf etwas einbilden und meinen, nicht nur die Gnade Gottes rette uns. Deshalb könnten wir sündigen, damit die Gnade umso größer werde. Das widerspricht sowohl der Botschaft Jesu als auch dem, was Gott durch Paulus offenbart hat.
Paulus fragt im Galaterbrief: Wenn das Gesetz untauglich ist, uns zu retten, heißt das, wir sollen einfach sündigen, damit das Gesetz nicht mehr gilt? Er sagt: „Das sei ferne!“ – die schärfste Verneinung im Neuen Testament. Natürlich sollen wir das Gesetz einhalten. Der Irrtum ist nur, dass das Gesetz uns nicht rettet. Es zeigt uns den Willen Gottes weiterhin. Deshalb lesen wir es auch, und Jesus sagt: „Kein Strich aus dem Alten Testament wird vergehen.“ Natürlich gilt das, aber es rettet uns nicht.
Wir können versuchen, so gut wie möglich nach dem Gesetz zu leben, aber das rettet uns nicht. Und so ist auch die Herausforderung Jesu hier: Wenn wir sehen, dass in unserem Leben keine guten Früchte sind, sollten wir ernsthaft zum Arzt gehen.
Das ist so, wie wenn ihr starke Schmerzen habt oder plötzlich nichts mehr seht – nehmen wir an, ihr seid blind. Würdet ihr sagen, das ist normal? Nein, ihr würdet zum Arzt gehen, denn irgendetwas stimmt nicht. Und das ist gut so, denn nur dann kann etwas behoben werden.
Wenn ihr seht, dass in eurem Leben keine guten Früchte sind, ist es höchste Zeit, zum Arzt zu gehen und euch nicht selbst zu entschuldigen mit: „Das muss halt so sein.“ Das ist eine starke Herausforderung.
Natürlich kann es sein – wie Jakobus es auch schreibt –, dass wir mit unserer Zunge Gutes und Böses sagen. Aber was sollten wir empfinden? Wir sollten sagen: Das ist nicht normal, das ist eine Katastrophe. Aufgrund dieser Katastrophe sollten wir Jesus bitten: „Herr Jesus, befreie mich davon, warum ich das tue.“
Was uns hier deutlich gesagt werden soll, ist auch Folgendes: Er spricht in erster Linie zu den Pharisäern. Deshalb habe ich auch die Stelle aus Jakobus genannt, um zu zeigen, dass die Ermahnung bezüglich der Zunge nicht nur an die Pharisäer gerichtet ist, aber hier in erster Linie an sie.
In Vers 34 sagt Jesus: „Ihr Schlangenbrut!“ – eine sehr harte Anrede. Stellt euch vor, ein Prediger würde euch am Sonntag so anreden! Das wäre sehr schockierend. Vor allem sind hier die Pharisäer gemeint.
Diese Anrede soll uns daran erinnern, dass die Schlange im Paradies das Tier war, in dem sich der Teufel vergegenwärtigte. Die Pharisäer bezichtigen Jesus, seine Wunder aus der Kraft des Teufels zu tun. Jesus schlägt zurück – als Sohn Gottes – und sagt: „Ihr seid die Schlangenbrut.“ Der Satan hat euch ausgebrütet mit dem, was ihr tut.
Ihr bezichtigt das Handeln Gottes, aber vergleicht es mit dem Handeln eures Vaters, nämlich des Satans. Eine sehr krasse Aussage. Wahrscheinlich blieb den Pharisäern der Mund offen stehen, als sie das hörten.
Es ist nicht die einzige Stelle, an der Jesus hart mit den Pharisäern ins Gericht geht. In Kapitel 23, Vers 33 heißt es: „Ihr Schlangen, ihr Otternbrut, wie wollt ihr der höllischen Verdammnis entrinnen?“ Hier zeigt Jesus erneut, was er von ihnen hält, beziehungsweise was Gott von ihnen hält.
Wieder derselbe Vorwurf: „Ihr Schlangen!“ Und deshalb auch hier der Hinweis, dass „Schlange“ im Zusammenhang mit dem Teufel steht. Sie sind die Schlangenbrut, das, was sie tun, ist eine Auswirkung ihrer Gottferne. Sie wollen mit Gott nichts zu tun haben, das kommt vom Teufel.
Jesus fragt: „Wie könnt ihr Gutes reden, die ihr böse seid? Bis das Herz voll ist, geht der Mund über.“ Wir sehen den Zusammenhang: Sie verspotten Jesus, und er sagt: „Ihr braucht euch keine Mühe zu geben, spielt den anderen nichts vor.“ Hier zeigt sich, was in eurem Herzen drin ist, und das kommt früher oder später heraus.
Deshalb will Jesus sie nicht einfach so stehen lassen, sondern ruft sie zur Umkehr. Er sagt aber auch: Dieses Vorspielen bringt nichts. Wie könnt ihr Gutes reden, wenn ihr böse seid? Das sagt er ganz deutlich.
Das ist klar: Es gibt böse Menschen, die können Gutes reden, aber das ist nicht das, was aus dem Herzen kommt, sondern nur Vorgespieltes. Hier will Jesus sagen: Eigentlich könnt ihr nichts Gutes reden. Wenn ihr es versucht, klappt es nur kurzzeitig, weil euer Herz nicht voll davon ist.
Das ist eine ernsthafte Anfrage. Das Wort „Herz“ ist hier nicht anatomisch gemeint, also nicht der Fleischklumpen in unserer Brust, sondern nach der Bibel der innerste Kern des Menschen, der Kern unserer Persönlichkeit. Aus dem alles herauskommt: unsere Werte, Gefühle und so weiter. Das Herz ist immateriell, Teil unserer Seele und unseres Geistes, die in unserem Körper wohnen.
Es kommt also darauf an, was in unserem Herzen ist. Die Frage ist: Wie sieht es in unserem Herzen aus? Erschrecken wir manchmal über das, was in unbedachten Momenten aus unserem Herzen herauskommt: Ungeduld, Unzufriedenheit, Lüge, Missgunst und Ähnliches?
Dann merken wir, unser Herz kann wie eine Schlangengrube sein, voll von vielen Dingen, die wir unter Kontrolle halten müssen. Das ist die Herausforderung.
Lasst uns nicht zuerst an unserer Sprache herumdoktern, sondern Jesus mehr in unser Herz lassen. Lasst euch von Jesus prägen, damit das, was innen ist, sich verändert. Wenn wir versuchen, das zu unterdrücken wie in einem Dampfdrucktopf, hilft das wenig. Wir müssen die Flamme kleiner stellen, also an unserem Herzen arbeiten.
Wenn Jesus unser Herz verändert, wird sich automatisch auch unsere Sprache verändern. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten Schatz seines Herzens, ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz.
Hier ist nicht die Einzeltat gemeint, sondern das, was der Mensch gewohnt ist zu tun, was typisch für sein Leben ist. Im Neuen Testament, besonders in den Ermahnungen von Paulus, finden wir das oft. Dort steht, dass Lügner und dergleichen das Reich Gottes nicht erben.
Heißt das, wenn wir einmal lügen, sind wir verloren? Nein. Es geht um das, was das Leben prägt. Wenn jemand ständig lügt, ist er ein Lügner. Das ist das Zusammenfassende.
So ist es auch hier. Es geht um die Gesamtbilanz, nicht um einzelne Taten. Das sehen wir auch bei Petrus, der Jesus einmal verleugnet, aber das ist nicht typisch für ihn. Er bereut und fängt neu an.
Jesus sagt: „Ich sage euch, dass die Menschen Rechenschaft ablegen müssen am Tag des Gerichts für jedes nichtsnutzige Wort, das sie gesprochen haben.“
Das ist eine starke Herausforderung: Jedes nichtsnutzige Wort. Das griechische Wort dafür heißt aergos, was von Ergon kommt. Ergon bedeutet Tat, was wir tun, unser Handeln. Aergos heißt ohne Tat, ohne Wirkung, etwas Unfruchtbares.
So kann man auch sagen, jemand, der nichts hervorbringt, ist wie ein unfruchtbarer Baum oder ein Brachfeld. Für so etwas nutzt man das Wort „unnützes Wort“. Es sind Worte, die im Sinne Gottes nichts Positives bewirken, deshalb unnütz.
Das ist eine starke Herausforderung: Wie sieht das in unserem Alltag aus? Wie reden wir in unbeobachteten Momenten, wenn wir unsere Zurückhaltung fallen lassen, weil uns jemand geärgert hat oder wir schlecht geschlafen haben? Was kommt dann aus uns heraus?
Nicht die sorgfältig vorbereitete Rede voller Berechnung und Heuchelei, sondern das, was ehrlich ist, wenn wir zu Hause sind, im Privatleben, nicht im Geschäft, wo wir freundlich sein müssen, weil der Chef es erwartet.
Wenn der andere gegangen ist, sagen wir vielleicht: „Dieser blöde Kerl, das hat er schon wieder gewollt.“ Das merken die anderen nicht, aber wir selbst. Das ist die Spannung zwischen dem, was wir sagen und dem, was wir denken.
Wir sollen unsere Rede überprüfen und unser Herz erkennen. Das ist eine Art Diagnoseprogramm, das Jesus uns gibt. Er sagt: Diagnostiziere deine Sprache, was aus dir herauskommt, und du kannst erkennen, wie es in dir aussieht.
Täusche dich nicht selbst, sondern arbeite daran, gesund zu werden. Gib dich Jesus hin und bitte ihn, dass er in seinem Heiligen Geist in dir wirkt. Sei bereit, Nein zur Sünde zu sagen, ohne immer wieder mit ihr zu diskutieren.
Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen. Die leeren Worte der Pharisäer sind nur ein Punkt. Es gibt weitere Herausforderungen, auf die ich gleich noch eingehen werde, wenn wir den Text zu Ende gelesen haben.
Das, wofür wir vor Gott Rechenschaft ablegen müssen – das unnütze Wort –, finden wir auch an anderen Stellen der Bibel. Ich möchte stellvertretend Psalm 14,1 nennen: „Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott. Sie taugen nichts, ihr Treiben ist ein Gräuel, da ist keiner, der Gutes tut.“
Hier sehen wir den engen Zusammenhang zwischen dem, was Menschen im Herzen sprechen und aussprechen. Gott verurteilt sie als Toren.
Wir finden zahlreiche Stellen, auch im Jakobusbrief, die deutlich machen, dass das Wort, das wir sprechen, eine wichtige Rolle spielt.
Jetzt stellt sich die Frage nach dem Gericht. Hier steht, dass die Menschen, die Jesus anspricht, sich vor dem Gericht rechtfertigen müssen. In Vers 37 heißt es: „Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.“
Nehmen wir zuerst das vordringliche Zielpublikum Jesu. Dieses sind die Pharisäer. Sie stellen sich möglicherweise vor Gott und sagen: „Ich habe den Zehnten von allem gegeben, was ich besaß. Ich bin regelmäßig zum Synagogengottesdienst gegangen, habe für arme Menschen gespendet und regelmäßig gefastet.“ Was auch immer sie auf ihrer Liste haben, womit sie sich rühmen können – das wollen sie Gott gerne präsentieren und sagen: „Hier, das ist mein Eintrittsticket in den Himmel.“
Doch dann steht hier: „Ja, das ist gar nicht das Entscheidende.“ Vielmehr wird Gott aus dem zitieren, was du gesagt hast. Sozusagen wird er dir zeigen, was eigentlich in dir drin ist. Genau das meint Jesus an dieser Stelle.
Wir müssen uns das so vorstellen: Dann stehen die Pharisäer im Himmel und sagen: „Ja, ich habe doch ein paar Leute gesund gemacht. Ich habe meinen Sohn gesandt, damit ihr erkennt, wer ich eigentlich bin.“ Daraufhin fragt Gott: „Was hast du denn da gesagt?“
Die Antwort könnte lauten: „Na ja, so habe ich das bestimmt anerkannt, ich bin bereit, Frau Kommann.“ Dann wird vielleicht ein Tonband eingeschaltet, auf dem alles aufgenommen ist. Und Gott sagt: „Das ist aber hier die Tat des Teufels, der treibt den Beelzebub aus.“
„Oh, das habe ich gesagt?“ Ja, und darauf folgt die Verurteilung aufgrund dessen. Das heißt, Jesus wird so sein, dass er die Leute darauf zurückführt, was sie selbst gesagt haben. Er kann sie aufgrund dessen festnageln. Das soll hier damit gesagt werden. Jesus wird die Leute aufgrund dessen verurteilen.
Das bedeutet: Niemand kommt schuldlos in die Hölle oder in die Gottferne. Alle Menschen sind schuldig. Das ist auch die Botschaft, die die Bibel uns gibt. Sie sagt nicht, dass du irgendwann durch Zufall, Unwissenheit, Pech oder weil du nicht genug gute Taten getan hast, in die Gottferne kommst. Sondern gerechtfertigt wirst du eben nicht.
Adam hat das gestern einmal kurz erzählt, mit dem Beispiel eines Autofahrers, der durch Lemgo fährt, eine rote Ampel überfährt und danach ein paar gute Sachen tut. Wahrscheinlich verliert er trotzdem seinen Führerschein und muss Strafe bezahlen, selbst wenn er danach noch so oft bei grüner Ampel fährt. So ist Gott im Himmel.
Gott freut sich, wenn wir gute Taten tun. Selbst wenn ein Atheist seinem Nachbarn hilft, freut sich Gott darüber. Aber das rettet ihn nicht. Genauso wie ein Polizist sich freut, wenn die Leute die Verkehrsregeln einhalten. Ob ein Polizist Christ ist oder nicht, weiß ich nicht. Vielleicht freut er sich auch nicht, weil er von Strafgeldern profitiert. Aber generell gehe ich davon aus, dass sich ein Polizist freut, wenn die Leute sich an die Regeln halten.
Jedenfalls tut das Gott auch. Er freut sich darüber, aber er kann die Menschen trotzdem nicht ins Reich Gottes lassen, wenn sie schlechte Taten getan haben. Das ist die Botschaft Jesu: Selbst wenn du einmal in deinem Leben gesündigt hast und sonst nicht, gehst du verloren, weil du das nicht wieder gut machen kannst. Es geht nur, wenn Jesus es gut macht. Deshalb müssen wir uns an ihn wenden. Das ist die entscheidende Botschaft der Bibel, gegen alle Selbstgerechtigkeit.
Wir werden also verurteilt. Jesus wird das nennen „gerechtfertigt“. Hier haben wir mit dem guten Baum und dem schlechten Baum sicherlich auch das gemeint: Was wir gesagt haben, wird vor Gott ausgewertet. Aber wir wissen als Christen, dass wir nicht mehr ins Gericht kommen, um entschieden zu werden, ob wir verloren oder gerettet sind.
Wir sind als Christen schon durch das Gericht hindurchgekommen. Wir werden zwar gerichtet, aber nur noch nach dem Preis, den wir erhalten. Wir stehen auch vor Jesus und müssen uns rechtfertigen. Aber es geht nicht mehr darum, ob wir verloren gehen wegen dem, was wir Böses gesagt haben. Es geht darum, welchen Platz wir im Himmel einnehmen und welche Krone wir bekommen.
Oder sind wir so, wie Paulus es sagt, diejenigen, die gerade wie durchs Feuer hindurch gerettet werden? Bei denen bleibt eigentlich nichts übrig. Man könnte sagen, sie haben mehr Glück als Verstand. Sie haben sich irgendwann entschieden und sich an Jesus festgeklammert, wie der Schächer am Kreuz. Dieser konnte keine guten Taten mehr tun, niemanden für Jesus gewinnen, keine Spenden geben oder Gottesdienste besuchen. Trotzdem sagt Jesus, dass er mit ihm im Paradies sein wird, dass er gerettet ist, wie durchs Feuer hindurch.
Diese Idee führte in der katholischen Kirche zur Lehre vom Fegefeuer. Diese Lehre finden wir so nicht in der Bibel, nur in einigen apokryphen Schriften. Aber die Botschaft ist biblisch: Alles, was irdisch, weltlich und schlecht ist, wird verbrennen. Das wird weg sein und nicht in den Himmel kommen.
Für manche bleibt dann nichts übrig. Sie stehen da und schauen – und es ist nichts mehr da. Wenn nicht Gottes Gnade wäre, wären sie vollkommen aufgelöst oder würden in der Hölle leiden. Aber gerade noch so werden sie gerecht.
Das sollte allerdings nicht unser Ziel sein. Paulus sagt ja auch: „Ich strebe nach dem Siegeskranz, dass ich ihn erfasse.“ Er will, dass Gott etwas vorzuweisen hat, dass wir etwas mitbringen, dass wir Schätze im Himmel sammeln und nicht mittellos dastehen. Das ist die Botschaft, die hier dahintersteht.
Und jetzt stellt sich für uns natürlich die Frage: Wie machen wir das in der Praxis? Wie gehen wir damit um? Was sind die Dinge, die uns häufig Probleme bereiten in unserem Leben, besonders im Umgang mit der Sprache?
Das sind sicherlich verschiedene Aspekte. Den Ernst des Gerichtes haben wir hoffentlich erkannt, und diesen sollten wir auch an uns herankommen lassen. Denn auch für das, was wir sagen, werden wir uns vor Gott verantworten müssen. Nur wenn wir Jesus Christus kennengelernt haben und ihm unser Leben gegeben haben, werden wir nicht deshalb in die Hölle kommen. Aber verantworten müssen wir uns trotzdem für das, was wir gesagt haben.
Dann stellt sich die Frage: Was sagen wir eigentlich? Da gibt es sicherlich vieles, was wir zu viel sagen, wo wir besser den Mund halten sollten. Das betrifft zum Beispiel das Spotten, wenn wir unseren Spaß oder unsere Schadenfreude am Leid anderer äußern. Das tut dem anderen nicht gut und uns selbst auch nicht.
Ein weiteres Problem ist das viele Reden, das man als eine Art Redemüll bezeichnen könnte. Oft erinnern wir uns später selbst nicht mehr daran, was wir gesagt haben. Es entsteht einfach so eine schöne Atmosphäre, man sitzt mit ein paar Freunden zusammen, redet und redet, aber eigentlich ist alles Unsinn und überflüssig. Selbst wenn es nicht schädlich ist, bewirkt es nichts Positives. Es baut nicht auf, hilft niemandem und ist vollkommen überflüssig.
Auch viele dieser Worte sollten wir sicherlich vermeiden. Die Mönche des Mittelalters haben das so gehandhabt. Sie sagten, die Sprache sei gefährlich, und man müsse sehr vorsichtig damit umgehen. Besonders mit dem viel überflüssigen Reden müsse man Einhalt gebieten. Deshalb hatten sie die Regel, dass den ganzen Tag über kaum gesprochen werden sollte – nur mit Gott.
Vielfach hätten wir dann auch viel mehr Zeit, an Gott zu denken und darüber nachzudenken, was wir sagen, wenn wir nicht so viel reden würden oder nicht immer etwas Überflüssiges äußern würden. Eine Stunde am Tag durften sie in einen speziellen Raum gehen, um zu sprechen. Diejenigen, die nicht sprechen wollten, blieben draußen und konnten schweigen. In dieser Stunde konnte man sich dann über wichtige Fragen unterhalten.
Wenn man den ganzen Tag darüber nachgedacht hat, was man in dieser Stunde sagen will, dann redete man nicht einfach über Überflüssiges. Wenn die Zeit vorbei war, war Schluss, erst am nächsten Tag ging es wieder weiter. So wurde genau überlegt, was gesagt wird.
Selbst beim Mittagessen war es so, dass die Mönche nicht überflüssig redeten. Sie überlegten genau, was sie tun. Deshalb wurde schweigend gegessen. Einer der Mönche, der auf das Essen verzichtete, las währenddessen aus dem Wort Gottes oder aus einer Ordensschrift vor, die geistlich aufbauen sollte. So wurde man beim Essen leiblich und geistlich gleichzeitig erbaut. Das war ihre Regel.
Ich denke, wir werden das hier in Brake nicht einführen. Ihr dürft also nachher durchaus noch weiterreden. Aber diese Praxis fordert uns heraus, über die Konsequenzen unseres Redens nachzudenken. Denn Sprache ist gefährlich. Deshalb sollte man hier ganz vorsichtig und dosiert damit umgehen.
Manchmal reden wir aber auch zu wenig, gerade dort, wo geredet werden sollte. Möglicherweise werden wir auch Rechenschaft ablegen müssen über die Worte, die wir nicht gesagt haben – vielleicht in der Ehe. Ich kenne die Statistik, dass der durchschnittliche Ehemann sieben Minuten am Tag mit seiner Ehefrau spricht. Das ist natürlich nicht viel.
Dabei wäre es manchmal gut, sinnvolle, liebe, nette und aufbauende Dinge in der Ehe zu sagen – oder auch Ermahnungen, wenn Kinder zurechtgewiesen werden müssen. Vielleicht sollten wir auch in der Politik nicht einfach schweigen.
Ich bin erstaunt, wie sehr wir als Christen in Deutschland schweigen, wenn es um Fragen wie die Homoehe oder die Abtreibung geht. Wo sind da die Christen, die in der Öffentlichkeit auftreten? Es sind nur ein paar kleine Splittergruppen, ein paar hundert Leute. Wie viele Christen gibt es denn in Deutschland? Sind wir uns bewusst, dass jedes Jahr mindestens zweihunderttausend Menschen durch Abtreibung getötet werden? Ist uns das bewusst, oder haben wir uns einfach daran gewöhnt?
Wir sagen vielleicht: „Das machen die bösen anderen Leute, wir tun das ja nicht.“ Aber wir sind doch aufgerufen, etwas zu tun und auch mal etwas zu sagen. Unsere Stimme zu erheben, das wäre ein sinnvolles Wort, statt uns nur zu beschweren, dass die Politik nicht das macht, was wir als Christen gerne wollen.
Wie sollen sie das machen, wenn wir nicht einmal etwas sagen? Wir erwarten, dass ein atheistischer Politiker, der mit Gott nichts zu tun hat, christliche Beweggründe nennt und christliche Politik macht. Aber wie soll das gehen? Der Bibel zufolge ist der böse Baum nicht in der Lage, gute Früchte zu bringen.
Wir sind gefragt, etwas zu tun und zu sagen und nicht einfach jedes Jahr das Alltägliche hinzunehmen. Das ist eine Herausforderung.
Wie sieht es aus mit übler Nachrede, mit Lügen, Halbwahrheiten oder verschwiegenen Lügen? Wie ist es, wenn wir in der Gemeinde dazu beitragen, Gerüchte zu verbreiten? Das kann manchmal sehr leicht geschehen.
Manchmal wird das sogar getarnt, unter dem Deckmantel eines Gebets. Zum Beispiel: „Hast du schon gehört, wie der mit seiner Frau umgeht? Natürlich nur, damit du für ihn betest.“ Aber der andere betet dann nicht wirklich, sondern erzählt es weiter. So kann man das fromm tarnen, aber es hilft natürlich nicht.
Das heißt nicht, dass wir nicht füreinander beten sollten – das sollten wir unbedingt. Aber wir müssen selbst überprüfen, wo wir anderen Menschen Schaden zufügen, statt ihnen zu helfen. Wo wir mit Unzufriedenheit meckern oder streitsüchtig sind.
Manchmal ist es ja so: Nicht am Ende der Predigt, sondern irgendwie danach im Gottesdienst oder Zuhause, da wird nicht gefragt, was Gott einem sagen will. Stattdessen hört man nach jeder Predigt zuerst: „Ich hätte das anders gemacht“, oder „Der hat das nicht gesagt“, oder „Wie der da mit seiner Fliege oder Krawatte aussah, war alles falsch.“
Das ist falsches Reden. Das baut nicht auf. Eure Kinder hören noch zu, und das Einzige, was sie dabei behalten, ist: Predigten sind blöd, Predigten sind langweilig, der Prediger ist auch blöd, höchstens meine Eltern sind gut. Das ist das, was die Kinder mitnehmen, wenn sie das hören.
Und dann sollen wir uns nicht wundern, wenn sie später nichts mehr mit Gottes Wort anfangen wollen. Es ist klar, wenn sie von uns immer nur hören, wie blöd die Predigt war.
Wir sollten uns ehrlich fragen: Wie oft sind wir nach einer Predigt rausgegangen und haben im Auto gesagt: „Oh toll, das hat mich angesprochen. Hier muss ich etwas verändern. Das war ein wichtiger Vers, und hier habe ich etwas erfahren“? Das ist eine ehrliche Frage.
Und dann stellt sich ganz automatisch die Frage: Wie stehen wir innerlich und äußerlich dazu? Spott, Sarkasmus, Scheu, Menschenscheu, dass wir andere verführen und letztlich nur uns selbst reden – all das gibt es.
Wie können wir also verantwortungsvoll reden? Zuerst sollten wir überlegen und realisieren, dass Gott bei dem ist, was wir gerade sagen. Wir sollten nicht jede Meinung des anderen einfach übernehmen und weitertragen.
Wir sollten uns Zeit nehmen, um mit anderen zu reden, aber auch Zeit der Ruhe und des Schweigens, um nachzudenken. Wir sollten über die Konsequenzen unseres Gesagten nachdenken, bevor wir etwas herausplappern.
Wir sollten uns fragen, ob das, was wir sagen, dem anderen, uns selbst oder sonst wem hilft. Alles, was wir sprechen, soll so sein, wie es im Neuen Testament heißt: wohllautend und lieblich.
Das ist eine interessante Herausforderung, nicht wahr? Wir sollten uns überlegen, was da mit uns ist, wenn es um diese Sache geht.
Nun möchte ich in aller Kürze noch auf die Verse 10 bis 20 aus Matthäus 15 eingehen, weil ich denke, dass sie uns noch etwas Wichtiges sagen. Ich werde die Verse nicht vorlesen, da ihr sie bereits gelesen habt und sie euch im Gedächtnis sind. Stattdessen möchte ich einige Gedanken dazu teilen.
Im Vers 10 ruft Jesus das Volk zu sich und erklärt, dass nicht das, was in den Mund hineingeht, den Menschen unrein macht, sondern das, was aus dem Mund herauskommt. Damit weist er darauf hin, dass das eigentliche Problem in Vers 19 gelöst wird: Es sind die Worte und Gedanken, die aus dem Mund kommen, die uns verunreinigen. Er meint nicht, dass etwa das Übergeben, wenn etwas aus dem Mund herauskommt, uns unrein macht. Das wäre eine falsche Interpretation.
Jesus stellt klar, dass es nicht um äußere Reinheit geht, sondern um das, was im Herzen ist. Dabei steckt auch das pharisäische Denken dahinter, das wir uns heute kaum vorstellen können. Die Pharisäer hatten eine ganz andere Vorstellung von Reinheit und Unreinheit. Sie glaubten, dass alles, was von einem Pharisäer kommt, rein sei, weil er zum Volk Gottes gehört. Selbst wenn ein Pharisäer an eine Wand spuckte oder urinierte, galt das als rein. Kommt jedoch ein Heide vorbei und tut dasselbe, gilt es als unrein, weil ein Heide nicht zum heiligen Volk Gottes gehört.
Dieses Denken zeigt, dass die Pharisäer alles, was aus ihrem Mund oder von ihnen ausgeht, als rein ansahen, weil sie sich als rein betrachteten. Jesus widerspricht dem deutlich. Für ihn ist nicht entscheidend, ob jemand zum Volk Gottes gehört, sondern was im Herzen eines Menschen ist.
Diese Aussage war revolutionär und führte dazu, dass die Jünger fragten, wie die Pharisäer darauf reagieren würden. In Vers 12 heißt es, dass die Pharisäer Anstoß an diesen Worten nehmen würden, weil sie ihrer Auffassung widersprechen.
Ich habe euch erzählt, dass in einem Hotel, in dem ich gearbeitet habe, die Leute dachten, sie könnten unrein werden, wenn sie von einem Teller essen, auf dem vielleicht mal Fleisch und später Milchprodukte waren. Dabei geht es nicht um chemische Verunreinigung, sondern um die Vorstellung, dass der Teller selbst unrein ist, wenn jemand darauf gegessen hat. Wenn man davon isst, macht man sich selbst unrein. Ähnlich war es bei der blutflüssigen Frau, deren Bett als unrein galt, weil sie darauf gelegen hatte. Das ist die pharisäische Vorstellung von Reinheit.
Jesus sagt, dass das alles nicht entscheidend ist. Es geht um das, was im Herzen ist. Das entspricht auch dem, was er in der Bergpredigt über Ehebruch sagt: Es ist nicht nur die Tat selbst eine Sünde, sondern bereits der Gedanke im Inneren.
Dann spricht Jesus weiter und sagt, dass alle Pflanzen, die der himmlische Vater nicht gepflanzt hat, ausgerissen werden. Damit weist er darauf hin, dass die Pharisäer sich für den von Gott gepflanzten Ölbaum hielten. Sie sahen sich als Teil des Volkes Gottes, das der Feigenbaum oder Ölbaum symbolisiert. Jesus warnt sie, dass diejenigen, die nicht von Gott gepflanzt wurden, bei der Stunde des Gerichts ausgerissen werden. Die Botschaft lautet: Macht euch Gedanken darüber, zu wem ihr wirklich gehört.
Weiterhin spricht Jesus von den blinden Führern. Dieses Bild ist auch humorvoll gemeint: Stellt euch vor, ein Blinder führt einen anderen Blinden, und beide laufen gegen eine Wand. Das ist unsinnig, aber genau so beschreibt Jesus die Pharisäer. Sie sind selbst blind für das Reich Gottes und wissen nicht, wohin der Weg führt. Sie suchen auf der Erde nach dem Reich Gottes, indem sie Gesetze einhalten, anstatt auf Gott zu schauen.
Jesus sagt, dass sie nicht einmal merken, dass Gott zu ihnen spricht, sondern das Wirken Gottes für das Wirken des Teufels halten. Sie sind so blind, dass sie anderen Menschen zeigen wollen, wie sie das Reich Gottes finden können – obwohl sie selbst den Weg nicht kennen.
In Vers 17 erklärt Jesus, dass alles, was in den Mund hineingeht, durch den Bauch geht und danach in die Grube ausgeschieden wird. Das heißt, es schadet uns nicht, weil es den Körper verlässt. Unser Herz aber, was wirklich in uns ist, bleibt. Die Gedanken bleiben in uns und können nicht einfach weggespült werden. Sie schaden uns und anderen.
Was aus dem Mund herauskommt, stammt aus dem Herzen und macht den Menschen unrein. Die Frage ist: Warum macht uns das unrein? Jesus hat doch gesagt, dass aus guten Bäumen gute Früchte und aus bösen Bäumen böse Früchte kommen. Das heißt, das Böse ist bereits im Herzen. Ich denke, dass durch das Aussprechen der Worte wir uns selbst noch mehr verunreinigen. Wir lassen das Böse nicht nur in uns schlummern, sondern zeigen es nach außen. Damit verunehren wir Gott, andere Menschen und verführen sie zur Sünde. Letztlich verunreinigen wir auch uns selbst.
Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugenslästerung. Interessanterweise zitiert Jesus hier viele Punkte aus den Zehn Geboten. Er will damit sagen: Ihr wollt die Gebote einhalten, die Mose euch gegeben hat, aber selbst das schafft ihr nicht, weil das Böse in eurem Herzen wohnt. Nach außen unterdrückt ihr es, doch im Inneren bleibt es.
Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen. Aber ungewaschene Hände beim Essen machen den Menschen nicht unrein. Das bedeutet nicht, dass wir jetzt aufhören sollten, uns die Hände zu waschen oder zu duschen. Hygiene bleibt wichtig. Aber es ist nicht entscheidend für unsere Rettung.
Ich hoffe, das ist uns jetzt deutlich geworden. Eine Frage bleibt: Können wir das überhaupt einhalten? Kann jemand gut leben und entsprechend handeln? Die Antwort ist: Nein, das ist eigentlich nicht möglich.
In Matthäus 19, Vers 26 sagt Jesus: „Bei den Menschen ist es unmöglich, aber bei Gott sind alle Dinge möglich.“ Das gibt uns Hoffnung.
Vorhin haben wir auch Psalm 19, Vers 15 gehört: „Lass die Worte meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig sein vor dir, HERR, mein Fels und mein Erlöser.“ Dieses Versprechen zeigt, dass wir Gott um Hilfe bitten können, wenn wir uns herausgefordert fühlen.
Wir müssen uns die Frage stellen: Will Gott uns zeigen, dass wir innerlich fehlgehen und Zugang zu Jesus brauchen? Müssen wir unser Leben als Bankrotterklärung sehen und aufhören, uns durch gute Taten retten zu wollen?
Wenn wir Christen sind, müssen wir uns fragen: Verunehren wir Jesus durch unsere Worte? Auch wir werden vor Gericht kommen – zwar nicht, um verloren zu gehen, aber um einzugestehen, wie sehr wir ihn und uns selbst verletzt haben.
Wir sollten unser Herz aufräumen lassen, den Heiligen Geist in uns wirken lassen. Die Herausforderung ist, an unserem Reden zu arbeiten, weniger zu reden und mehr auf Jesus zu hören.
Lasst uns zum Abschluss miteinander beten und dazu aufstehen.