Jetzt wollen wir heute Abend über Erleuchtung sprechen. Dieses Thema lässt sich gut aus einem Text ableiten, den wir im Lukasevangelium finden.
Für einen Menschen mit gesunden Augen ist es schwer vorstellbar, wie es ist, blind zu sein. Wenn man keine Farben sehen kann, ist das nur schwer nachzuvollziehen. In der Bibel wird manchmal davon gesprochen, aber man hat keine Vorstellung davon, was Farben überhaupt sind. Man kann Tag und Nacht kaum auseinanderhalten. Freundliche Blicke kann man weder empfangen noch weitergeben.
Der Mann, von dem hier die Rede ist, lebte in einer einsamen Nacht, in ständiger Dunkelheit. Er verbrachte sein Dasein in völliger Finsternis. Wenn man versucht, sich in jemanden hineinzuversetzen, dem es so geht, gelingt das überraschend gut, wenn man einmal das Dialogmuseum in Frankfurt besucht hat.
Ich weiß nicht, ob jemand von euch dort schon einmal gewesen ist. Dort wird man in absolut lichtlosen Räumen in Gruppen von einem blinden Leiter durch die verschiedenen Abteilungen geführt. Hat das jemand schon einmal erlebt? Nein? Es lohnt sich auf jeden Fall.
In dieser Ausstellung gibt es nichts zu sehen. Außerdem gibt es dort ein Restaurant, in dem man das Essen zu sich nimmt, ohne es wirklich sehen zu können. Man nimmt es erst richtig wahr, wenn man es zum Mund führt.
Jetzt möchte ich uns einen Abschnitt aus Lukas Kapitel 18 vorlesen. Wir waren gestern bereits in Lukas 18, und heute setzen wir den Text quasi fort, und zwar ab Vers 35.
Dort lesen wir in der Bibel: Als Jesus sich der Nähe von Jericho näherte, saß dort ein Blinder am Straßenrand und bettelte. Er hörte die Menge vorbeiziehen und fragte, was los sei. Dabei erfuhr er, dass Jesus aus Nazareth vorbeikam.
Daraufhin rief er laut: „Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“ Die Leute, die Jesus vorausgingen, fuhren ihn an und forderten ihn auf, still zu sein. Doch er schrie nur noch lauter: „Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“
Jesus blieb stehen und ließ ihn zu sich holen. Als der Blinde herangekommen war, fragte Jesus ihn: „Was soll ich für dich tun?“ Er antwortete: „Herr, ich möchte wieder sehen können.“
Jesus sagte: „Du sollst sehen können, dein Vertrauen hat dich gerettet.“ Sofort konnte der Blinde sehen. Er pries Gott und folgte Jesus. Das ganze Volk, das dabei war, rühmte ebenfalls Gott.
Wir befinden uns hier also in Jericho, einer der ältesten Städte der Menschheit. Man kann nachlesen, dass Jericho über zehntausend Jahre alt ist – das habe ich allerdings nicht überprüft. Es ist auf jeden Fall eine sehr, sehr alte Stadt. Wenn ich richtig informiert bin, wird Ennepetal auf 75 oder 76 Jahre geschätzt. Da ist meine Mutter sogar noch älter. Darauf kann man sich also noch nicht allzu viel einbilden. Aber hier sprechen wir von vielen tausend Jahren – einer Stadt, deren Name sicher jeder schon einmal gehört hat.
Wie wunderschön dieses Jericho damals war, erkennt man an der begeisterten Schilderung eines antiken Geschichtsschreibers, Flavius Josephus, der zur Zeit der Apostel geschrieben hat. Man würde nicht fehlgehen, wenn man diesen Ort, an dem die seltensten und schönsten Pflanzen so reichlich wachsen, als göttlich bezeichnete. Wer nicht sehen konnte, der roch die Schönheit zumindest in Jericho.
Doch auch an diesem Ort fehlt das Elend nicht. Gleich im 35. Vers heißt es: „Da saß ein Blinder bettelnd am Weg.“ Vermutlich war Jericho ein guter Platz für Bettler. Die Residenz des Herodes, des jüdischen Königs, war dort. Es gab eine reiche Oberschicht und lebhaften Handel in Jericho. So sitzt der Blinde Tag für Tag am Straßenrand, am Stadtrand – weiter am Rand geht es kaum.
Menschen mit Behinderung stehen selten im Mittelpunkt der Gesellschaft. Sie werden oft an den Rand gedrängt und führen ein Schattendasein, ob sie nun blind sind oder eine andere Behinderung haben. Johannes, den ich kenne, ist auch blind. Er hat vor einiger Zeit auf Facebook geschrieben: „Ich darf jetzt in Deutschland leben, einem Land, in dem man auch als Behinderter unglaublich viele Möglichkeiten hat, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Wenn ich darüber nachdenke, kommt es mir irgendwie blöd vor, darüber zu trauern, dass ich blind bin. Da sollte man lieber dankbar sein für das, was man hat. In Brasilien, wo ich ursprünglich herkomme und geboren wurde, ginge es mir deutlich schlechter als hier.“
Dem Mann damals, von dem wir in der Bibel lesen, ging es nicht wie Blinden in Deutschland. Er hatte keinen Orientierungstrainer, niemanden, der ihm die Blindenschrift beigebracht hätte. Hörbücher gab es damals auch nicht. Es gibt tatsächlich gewisse Fortschritte für Blinde, die ihnen zugutekommen. Aber all das war damals noch viel schwieriger für jemanden, der nichts sah.
So blieb diesem bedauernswerten Mann nichts anderes übrig, als den ganzen Tag um Erbarmen zu schreien und auf Menschen zu hoffen, die etwas für ihn übrig hatten – Geld etwa, das er ja nicht selbst verdienen konnte. Almosen, eben aktives Mitleid.
Nun, in den Versen, die wir eben gelesen haben, ist nicht nur der Bettler blind. Ich kann mir vorstellen, dass in diesem Zelt oder unter uns überhaupt nicht nur solche Menschen wie Johannes blind sind.
Nach meinem Dafürhalten geht es in diesem Text insgesamt ums Sehen. Es werden Augen geöffnet, und zwar nicht nur zwei. Blindheit wird aufgehoben, Schleier, die die Sicht hindern, werden weggezogen. Am Ende des Textes heißt es in einer anderen Übersetzung, dass die ganze Menschenmenge, das gesamte Volk, es sah und Gott lobte.
Sie sahen, was durch die mächtige Hand von Jesus Christus geschah. Sie waren ergriffen und konnten gar nicht anders, als zu reagieren, indem sie spontan beteten und Gott die Ehre gaben. So wie Irina auch immer wieder einen Lobpreis, eine Doxologie, in ihren Lebensbericht eingebaut hat, weil man gar nicht anders kann, wenn man diesem Jesus begegnet ist. Man möchte ihm danken und ihm Ehre geben für seine Größe und seine Barmherzigkeit.
Der letzte Satz ist ein schöner Abschluss dieser Geschichte: „Alles Volk sah es und lobte Gott.“ Aber am Anfang sieht niemand etwas. Alle tappen im Dunkeln, selbst die Jünger, die zum engsten Mitarbeiterkreis von Jesus gehören. Sie verstanden nichts von diesen Worten. In Vers 34 heißt es: „Sie verstanden nichts von diesen Worten, und diese Rede war vor ihnen verborgen, und sie begriffen das Gesagte nicht.“
Welche Worte sind gemeint? Direkt vorher hatte Jesus davon gesprochen, dass er, der Menschensohn, an seine Feinde überliefert werden würde. An diejenigen, die ihm schon lange nach dem Leben trachteten. Er sagte, dass sie ihn verspotten würden, dass er schlecht behandelt werden würde. Sie würden ihn schmähen, wie es heißt, sie würden ihn anspucken, geißeln und mit grausamsten Methoden blutig schlagen. Sie würden ihn töten. Und er würde am dritten Tag auferstehen.
Das war für die Jünger damals nicht leicht zu verstehen, überhaupt nicht. Sie kannten und liebten diesen Jesus. Sie hatten schon so sehr von ihm profitiert. Sie hatten selbst Befreiung und eine neue Perspektive für ihr Leben bekommen. Sie hatten miterlebt, wie Menschen, die blind, gelähmt oder stumm waren oder von Geistern besessen, durch Jesus zu neuen Menschen geworden sind.
Und dann redet Jesus davon, dass das Ganze ein abruptes Ende finden wird. Man wird ihn schlecht behandeln, am Ende wird man ihn umbringen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Jünger das mit der Auferstehung überhört haben. Es heißt jedenfalls, dass sie alles nicht einordnen konnten. Das war für sie eine Überforderung.
Ich glaube, das ist auch heute so, wenn wir solche Verse in der Bibel lesen. Es gibt Menschen, die nicht sehr vertraut sind mit Gottes Wort, die noch nicht viel mit dem Christentum zu tun hatten. Für sie ist es oft schwer, solche Stellen richtig zu verstehen. Sie fragen sich: Warum steht das da? Was hat das zu bedeuten? Warum musste Jesus eigentlich wie ein Verbrecher ans Kreuz genagelt werden? Warum sieht man dieses Kreuz überall an Kirchen? Manche haben es auf ihrer Bibel vorne drauf, andere tragen es als Kette um den Hals.
Für viele ist das ein Rätsel. Die Botschaft vom Kreuz ist für manche sogar ein Grund, schlecht darüber zu reden oder darüber herzuziehen. Das war schon zur Zeit der Apostel so. Der Apostel Paulus hat gesagt: Dieses Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, eine Torheit. Es ist dumm und abstrus für diejenigen, die es nicht persönlich auf ihr Leben bezogen haben.
So ging es den Jüngern. Da sind wir in guter Gesellschaft – oder Sie, wenn Sie sich damit identifizieren, sind in guter Gesellschaft mit den Jüngern. Sie verstanden das alles nicht. Das ist auch gar nicht schlimm, wenn jemand herkommt und das alles noch nicht richtig einordnen kann.
Warum nehmen sie sich hier sechs, sieben Tage Zeit und sprechen die ganze Zeit von einem, der vor 2000 Jahren hingerichtet wurde? Was hat es damit auf sich?
Wir stellen zunächst einmal fest: Blind sind nicht nur die Blinden. Physische Blindheit ist nicht das Allerschlimmste. Es gibt eine noch verhängnisvollere Blindheit, nämlich die geistliche Blindheit. Menschen mit geistlicher Blindheit sehen nicht das, was andere Christen erfüllt, wie zum Beispiel Irina und andere, die in diesen Tagen hier schon zu Wort gekommen sind. Diese Menschen haben einen neuen Lebensinhalt gefunden, nachdem sie von Jesus Christus erfahren haben. Sie wissen, dass er für sie ganz persönlich gestorben ist, für die Schuld und Sünde eines einzelnen Menschen sein Leben gelassen hat. Diese Botschaft haben sie angenommen und können daran glauben.
Dazu gehört auch die Botschaft, dass Jesus auferstanden ist, dass er lebt, erfahrbar und ansprechbar ist und bis heute in unser Leben eingreift. Für viele klingt das merkwürdig. Viele Menschen in unserer Zeit und Gesellschaft sind dafür einfach blind. Die Wahrheit liegt für sie im Dunkeln, und sie erkennen sie nicht. Dabei ist sie greifbar nah, weil sie vielleicht Menschen kennen, die das erlebt haben. Dennoch bleibt es so fern.
Der Apostel Paulus schreibt in einem Brief, den er an Christen in Korinth gerichtet hat: Wenn aber unser Evangelium Evangelium ist, die frohmachende Botschaft von Jesus Christus, und unser Evangelium doch verdeckt ist, so ist es nur bei denen verdeckt, die verloren gehen, den Ungläubigen. Bei ihnen hat der Gott dieser Welt – eine Bezeichnung für den Teufel – den Sinn verblendet, damit sie den Lichtglanz des Evangeliums, die Herrlichkeit Christi, der Gottesbild ist, nicht sehen.
So gibt es bei einer Zusammenkunft wie hier heute Abend immer solche und solche. Die einen haben diesen Lichtglanz gesehen und freuen sich darüber. Die anderen sagen: Das finde ich irgendwie schwierig zu verstehen, ich kann das nicht glauben.
Das Evangelium, diese frohe Botschaft, ist nicht deshalb verborgen, weil sie irgendwo unter der Erde vergraben worden wäre. Es gibt ja zwei Möglichkeiten, etwas zu verheimlichen: Man kann eine Sache entweder verstecken oder demjenigen, der es nicht sehen soll, die Augen zuhalten oder verbinden. Paulus sagt, dass Satan den Menschen den Sinn verblendet hat, um die Wahrheit vor ihnen zu verbergen.
Doch dann schreibt der Apostel Paulus im sechsten Vers dieses Briefes an die Korinther: „Denn Gott, der gesagt hat: Aus Finsternis soll Licht leuchten“ – damit bezieht er sich auf die Schöpfung. Am Anfang, als Gott sagte: „Es werde Licht!“, war es dunkel in der Welt. Welch ein Moment, schon auf den ersten Seiten der Bibel!
Dieser Gott, der gesagt hat: „Aus Finsternis soll Licht leuchten“, ist es, der in unseren Herzen aufgeleuchtet ist. Er bringt den Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht von Jesus Christus. Das ist ein großartiger Bibelvers.
Als ich mich gestern Abend nach meinem Gesprächskreis ein wenig unter die Leute mischte, sprach mich eine 95-jährige Christin an. Sie äußerte ganz einfach den Wunsch: „Ich würde so gerne mit dir beten, dass dieses Zelt von dieser Botschaft erfüllt wird und alle Menschen, die hierher kommen, sie verstehen können.“
Daraufhin setzten wir uns hinten an einen Tisch und beteten gemeinsam. Ich freue mich sehr, dass eine Frau, die selbst erst mit 70 Jahren zum Glauben an Jesus Christus gefunden hat, diesen Wunsch gegenüber Gott zum Ausdruck bringt. Sie wünscht sich, dass alle Menschen diese Botschaft erkennen.
Das ist auch mein Wunsch: dass das, was hier steht, in unseren Herzen aufleuchtet. Dass Gott uns die Herzen öffnet für diese Botschaft, damit wir etwas von der Herrlichkeit Gottes begreifen können. Dass Blindheit aufgehoben wird, wir durchblicken und einen Teil dieser Wahrheit erkennen, die wir mit unseren physischen Augen nicht wahrnehmen können. Es geht um die Wahrheit der unsichtbaren Welt und der Herrlichkeit Gottes.
Im Angesicht von Jesus Christus spielt er dabei die wesentliche Rolle. Er, der von sich gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt.“ Er ist gekommen, damit wir sehen und klar sehen können.
Zurück zu unserer Geschichte: Der Tag beginnt wie jeder andere. Der Bettler wird wach, als es noch dunkel ist, und es wird wohl auch so bleiben, wie an jedem Tag. Meint er jedenfalls. Die Idee, dass Jesus Christus in seiner Biografie eine entscheidende Rolle spielen würde, ist ihm nie gekommen.
Sowohl Matthäus als auch Markus und Lukas erzählen seine Geschichte. So beginnt das Neue Testament mit Matthäus, Markus und Lukas. Insgesamt füllt die Geschichte dieses blinden oder später ehemals blinden Mannes 22 Verse der Bibel. Er hat also keine Ahnung – zumindest zu Beginn dieses Tages – keine Ahnung, dass ihm eine so hohe Ehre zuteilwerden würde.
Deine Geschichte, die auch niedergeschrieben ist – es tut mir leid, dir sagen zu müssen, Irena – wird es nicht in die Bibel schaffen. Seine Geschichte hat es in die Bibel geschafft, und wir können und sollen daraus lernen.
Dann hört er Schritte und Stimmen. Er hört viele Schritte und viele Stimmen. Ein Gerenne ist das heute, ein Gerede. Die Schritte kommen auf ihn zu, und die Rede kommt immer wieder auf Jesus. Es liegt eine greifbare Aufregung in der Luft, ein Strom von Menschen sammelt sich – Menschen voller Wünsche, voller Sehnsüchte, voller Hoffnung. Es war nicht ein Tag wie jeder andere.
Nun, er sieht nichts, und darum fragt er die Leute, was denn da los sei. In Vers 37 steht: „Sie verkündeten ihm aber, dass Jesus der Nazarea vorübergehe.“ Da verkünden ihm Leute die frohe Botschaft von Jesus, obwohl sie selber noch gar nicht zum engeren Kreis von Jesus gehören – so etwas gibt es.
Jetzt fängt er nicht an, mit diesen Männern zu diskutieren, ob Jesus wirklich der ist, was manche glauben, und ob er wirklich helfen kann. Stattdessen bedankt er sich freundlich für ihre Auskunft und ruft aus voller Lunge: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich über mich!“ Er schreit so laut er kann! Ganz egal, was die Leute denken, er ruft zu Jesus.
Jesus schließt sich nicht diesen Mitläufern an. Es gibt damals wie heute viele Mitläufer, die wollen ein bisschen christlich sein, wollen auch dazugehören. Aber darum geht es ihm gar nicht: jetzt irgendwie dazuzugehören, zu einer Community und nicht mehr so alleine zu sein, sich mitreißen zu lassen, vielleicht auch von einer gewissen Begeisterung.
Er schließt nicht aus, dass Jesus ihm helfen kann, und er probiert es einfach aus und tut das sehr direkt. Und das können sie auch. Sie brauchen sich uns ja gar nicht anzuschließen. Manche haben vielleicht den Verdacht, dass, wenn sie hier zu so einer Veranstaltung kommen und sich dann auf Gespräche einlassen, gleich die Adressen notiert werden. Und dann ist man, ehe man sich versieht, ein Mitglied dieser Gemeinde, ein zahlendes Mitglied.
Wahrscheinlich geht es ihnen letztlich nur darum, dass sie nicht mehr genug Leute haben. Man hört ja immer von den vielen Kirchenaustritten. Muss man also irgendwie etwas tun, damit Leute wieder dazukommen oder so? Darum geht es aber in keiner Weise – es sei denn, wir haben es missverstanden. Ich müsste nochmal mit den Veranstaltern reden.
Aber es geht nicht in erster Linie darum, dass Leute sich uns, also in dem Fall einer Gemeinde hier in Milsbe im Schwarzen Weg, anschließen. Ich habe dieser Tage schon einmal gesagt: Eine Gemeinde, ganz egal wie sie sich nennt, in der Jesus Christus Mittelpunkt ist, ist eine neutestamentliche Gemeinde. Und da ist man gut aufgehoben.
Irena hat mit gutem Recht in ihre Geschichte erwähnt, dass sie sich mit Datum sogar genau hier einer Gemeinde angeschlossen hat. Das gehört ganz wesentlich dazu. Ein Soldat ohne Heer ist ein schlechter Soldat, der wird wahrscheinlich nicht allzu weit kommen. Und ein Christ ohne Gemeinde ist auch ein schlechter Christ, der wird wahrscheinlich nicht allzu weit kommen.
Deswegen will ich nichts gegen Gemeinde gesagt haben, aber stelle hier zunächst einmal fest: Es geht ihm um die direkte Begegnung mit Jesus, bevor er sich dann wahrscheinlich später auch mit Leuten, die an Jesus glaubten, abgegeben hat.
Wende dich also erst einmal an Jesus direkt und tue es doch heute Abend. Du kannst ja, unabhängig von Gesprächen, die wir anbieten, wenn du nach Hause kommst, in deinem Zimmer beten und sagen: „Jesus, wenn es dich wirklich gibt, dann zeig mir, was du von mir erwartest, wie es weitergehen soll. Zeig mir etwas von deiner Wirklichkeit. Öffne mir doch mal die Augen für das, was ich bisher übersehen habe.“
Du kannst ihn zwar nicht sehen. Aber hat der Blinde ihn etwa gesehen? Nein, hat er nicht. Er hat ja nur von ihm gehört. Er hat gehört, dass die Leute die ganze Zeit von ihm geredet haben. So hörst du oder hören Sie, wie ich von Jesus rede, wie andere dieser Tage von Jesus geredet haben. Aber gesehen hat er überhaupt nichts.
Und ich kann eigentlich nur so sagen, wie die Leute damals: „Jesus ist da.“ Er erkundigte sich, und sie haben gesagt: Jesus ist da. Und ich sage Ihnen heute Abend: Ja, er ist da. Er ist da, ich habe ihn erfahren.
Ich wohne hier dieser Tage bei einem Ehepaar. Wir haben die Mahlzeiten fast alle miteinander zusammen eingenommen. Dabei ist mir aufgefallen, dass mein Gastgeber in den Gebeten ganz oft die Wunder von Jesus herausstellt und sagt: Danke für die Wunder, die du heute wieder getan hast.
Warum betet der so etwas? Weil Jesus erfahrbar ist, weil Jesus da ist. Weil wir als Christen die Erfahrung gemacht haben: Er greift ein, wenn wir beten, hört er auf unsere Gebete, er meint es gut, und er führt manches so, wie wir es uns nicht vorgestellt haben, aber doch zu einem guten Ende.
Wir glauben, dass dieser Jesus da ist.
Nun, als der Blinde erfuhr, dass Jesus da war, legte er richtig los. Seine Stimme war geübt, und er verwendete die gleichen Worte wie an jedem Tag. Auch benutzte er die gleichen Worte, die jeder Bettler verwendet: „Hab Erbarmen, hab Erbarmen!“
Doch er hatte darüber hinaus auch den Glauben, dass Jesus nicht einfach ein Passant wie alle anderen war, der vielleicht ein bisschen Kleingeld in der Tasche hatte. Nach allem, was wir wissen, hatte Jesus nie Geld dabei. Es ging einmal um die Steuern, und da wurde gefragt: Soll also einer, der Jesus nachfolgt, dem Kaiser Steuern bezahlen?
Daraufhin forderte sein Jünger Petrus ihn auf, seine Angel in den See zu werfen. Im Maul des Fisches, den er fing, war dann ein Taler, der für die Steuerzahlung verwendet werden sollte. Auf diesem Taler war das Bild des Kaisers geprägt. So heißt es: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“
Wissen Sie übrigens, wo das Bild Gottes geprägt ist? Auf jener Münze war das Bild des Kaisers geprägt, so wie wir heute Münzen haben. Es gibt zum Beispiel Zwei-Euro-Münzen mit verstorbenen Kanzlern. Damals war es eben der Kaiser. Aber wo ist Gottes Bild geprägt? Haben Sie schon einmal eine solche Münze gesehen? Ich auch nicht. Aber Gott ist geprägt in deinem Spiegelbild. Schau mal in den Spiegel: Du und ich, wir sind erschaffen in Gottes Bild.
Wenn Jesus sagt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“, was will er damit sagen? Das mit dem Geld ist die eine Sache, aber gebt euch Gott. Ihr gehört zu ihm, gebt euch ihm hin, dann wird euer Leben komplett. Das ist die Botschaft, die Jesus weitergeben wollte.
Hier ahnt dieser Blinde ganz offensichtlich, dass Jesus der Sohn Davids ist. David war der zweite und bedeutendste König in Israel. Von David heißt es, dass sein Nachkomme einmal die Herrschaft antreten würde. Die Juden glaubten daran, dass dieser von Gott angekündigte, vorhergesagte, prophezeite Nachfolger Davids der Erlöser sein würde. Er sollte sein Volk aus der römischen Besatzung befreien, ein politischer Führer, der durchgreift und für Ordnung sorgt. So stellten sich die Juden den Messias vor.
Dieser Messias sollte sich außerdem durch Wunder und besondere Machttaten ausweisen, die nur von Gott kommen können. So war dieser Messias autorisiert von höchster Stelle, von Gott persönlich. Jesus kam, tat diese Wunder, und darum glaubte der Blinde, es mit dem Sohn Davids, also diesem Messias, zu tun zu haben. Er rief: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich über mich!“
Er glaubte, dass dies der Messias, der Christus, der Gesalbte war, den man erwartete. Jener, der auf den Thron Davids folgen sollte, so wie es die Propheten gesagt hatten. Der Blinde war also jemand, der die Bibel gelesen hatte und das auf die Gegenwart übertrug.
Das habe ich auch im Gespräch mit Irina und ihrem Mann festgestellt. Beide sind wirklich Bibelleser. Wir haben schon einige Male hier am Tisch Gespräche geführt, und es macht Freude, mit ihnen zu reden. Reden Sie mal mit Leuten, die sich ein bisschen in der Bibel auskennen. Das sind wirklich Bibelleser. Das verleiht einem Menschen Weisheit und eine gewisse Autorität, wenn er etwas sagen kann, was letztendlich von Gott kommt.
Es sind gute Gelegenheiten, hier an diesen Tagen mit Menschen zu reden, die die Bibel kennen und das auf das Leben übertragen. So jemand scheint der Blinde schon gewesen zu sein. Zumindest waren viele Juden mit dem Alten Testament vertraut und erwarteten, dass Gott das, was er ankündigt, auch erfüllen würde.
Nun, die Schritte hatte der Blinde gehört, jetzt spürte er sie auch. Einer versetzte ihm einen Fußtritt und sagte: „Was fällt dir ein, so herumzuschreien? Wenn sich wichtige Leute unterhalten, stört man nicht. Das ist eine Lärmbelästigung.“
Da bekam er also einen offenen Deckel. Jeder andere hätte in so einer Situation wahrscheinlich kleinlaut beigegeben. Er war ihnen ja unterlegen. Hätte er handgreiflich werden wollen, hätte er wahrscheinlich in die Luft geschlagen. Viele hätten sich einschüchtern lassen, viele hätten aufgegeben. Nicht so dieser Blinde.
Der Glaube gibt niemals auf. Jetzt brüllte er erst recht. Und zwar in einer Lautstärke, die der berühmten Posaune von Jericho im Altertum nahekam. Diese war bekanntlich in Demoll gestimmt und hatte in grauer Vorzeit die Mauern der Stadt Jericho zum Einsturz gebracht. Vielleicht haben Sie die Geschichte im Buch Josua gelesen, das war die Stadt Jericho.
Sein Schrei durchdrang die entsetzte Menge und erreichte schließlich Jesus. Es war ein riesiges Stimmengewirr, aber Jesus hörte das. Da rief jemand: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Es war ein Gebet. Ein sehr kurzes Gebet, das dieser Mann sprach, aber vielleicht ist es auch ein Mustergebet für Sie.
Wenn ich vorhin gesagt habe, Sie sollen doch mal beten, wenn Sie heute Abend nach Hause kommen, und wenn Sie nicht so genau wissen, was Sie sagen sollen, dann fotografieren Sie dieses Gebet hier auf der rechten Seite ab und beten Sie einfach: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich über mich!“ Oder wie auch immer Sie es machen.
Es ist natürlich gut, wenn Sie ganz persönliche, individuelle Worte an Jesus richten. Beten Sie, ob still oder laut, ich weiß ja nicht, wo Sie wohnen. Egal, was die Leute um Sie herum sagen, beten Sie. Jesus hört das, und Jesus bleibt stehen, heißt es ausdrücklich in Vers 40: Er bleibt stehen.
Josua bat einst die Sonne, am Himmel stillzustehen. Er hatte eine solche Gebetsautorität, dass die Sonne stillstand (Josua 10). Aber hier steht, auf Bitten eines blinden Bettlers, „Der Herr der Sonne, der Herr des Mondes, der Herr des Himmels bleibt stehen.“
Solche Macht hat das Gebet. Liebe Christen, solche Macht hat das Gebet. Wenn wir beten, bleibt der Herr stehen. Gott selbst, der Herr über diese ganze Welt und das ganze Universum, hört unser Gebet. Darum sollten wir beten.
Wenn du eine Sehnsucht hast, dann bring sie ihm. Wenn du darum ringst, dass in diesen Tagen hier Menschen zum Glauben kommen, dann bete und nimm jede Gelegenheit wahr, dies zu tun.
Zuhause, hier vor der Veranstaltung, versammeln wir uns hinter der Wand zum Beten, weil wir erwarten, dass Gott auf unser Gebet hört. Lasst es uns tun – immer dann, wenn wir Gespräche miteinander führen. Lasst uns diese Gespräche mit einem Gebet abschließen und ihn mit einbeziehen in das, was uns bewegt.
Jesus ist der Herr der Sonne. Er lässt die Sonne stehen, er ist das Licht.
Johannes, von dem ich anfangs erzählt habe, sagt, dass er die Sonne riechen kann. Können Sie sich das vorstellen? Er sagt: „Ich kann die Sonne riechen.“ Johannes wurde in Brasilien geboren. Dort kam er in ein Kinderheim. In den armen Verhältnissen gab es keinen Arzt, der sich um seine angeborene Augenkrankheit hätte kümmern können. So erblindete er.
Dann kam er nach Deutschland. Dort wurde er von einem Pfarrerehepaar adoptiert, dem Ehepaar Schneider. Sie leben in einem Ortsteil von Herborn und sind im Pfarrdienst sehr fromme, gläubige und vorbildliche Christen. Johannes wohnt mittlerweile in Marburg, also auch nicht weit von dort, wo ich zuhause bin.
Als er zu unserem Sonntagabendtreff kam, den wir kurz „Satt“ nennen – ein großer Jugendgottesdienst, bei dem ich zwölf Jahre mitarbeiten durfte – haben wir uns häufig unterhalten. Auch schriftlich hatten wir Kontakt. Er nutzte bei Facebook einen sogenannten Screen Reader, der ihm die Nachrichten vorgelesen hat. So hatte er damals schon Möglichkeiten, sich einigermaßen zu helfen. Das hat er auch in einem seiner Posts ein wenig herausgestellt.
Ich möchte aber noch einen anderen Facebook-Eintrag vorlesen, der mich persönlich sehr berührt hat. Johannes schrieb einmal:
„Ich hasse diese Dunkelheit. Dieses schwarze Nichts, das mich umgibt. Ich hasse es, ständig ausgegrenzt zu werden und immer wieder zu hören: ‚Nein, das kannst du nicht.‘ Ich hasse es, diesen Kampf zu kämpfen, nur um einigermaßen normal wie früher zu wirken. Ich hasse die ständigen Enttäuschungen, die das schwarze Nichts bringt.
Die einzige Hoffnung ist Jesus Christus. Danke für das Licht, das du in meine Dunkelheit bringst, danke für die Kraft, die du mir jeden Tag neu schenkst. Mit dir lässt sich die große Dunkelheit besiegen und jeder Kampf gewinnen. Du hilfst mir, jeden Tag neu weiterzukämpfen, durchzuhalten und trotz allem Spaß zu haben. Danke, Jesus, und danke für die Dinge, die ich nie so erleben würde, wenn ich nicht blind wäre.“
Da bleibt man nicht ungerührt. Vielleicht ist es die Blindheit von Johannes, die Ihnen die Augen öffnet: Die einzige Hoffnung ist Jesus Christus.
Am Anfang der Erzählung hat noch niemand etwas gesehen. Nach der Heilung sind die Menschen jedoch in der Lage, die Wirklichkeit neu zu deuten. Jesus ist das Licht in der Dunkelheit. Er zeigt uns die ganze Realität, und das nennt die Bibel Offenbarung.
Dabei wird etwas offengelegt, das vorher verborgen oder nicht sichtbar war. Gott macht es für uns sichtbar. Augen werden geöffnet, Blindheit wird aufgehoben, Schleier werden weggezogen. Es gibt Enthüllung, Klarheit und Licht. So sehen wir, was Gott tut, was er getan hat und was er gegenwärtig tut.
Den Blinden ließ Jesus zu sich rufen. Er blieb stehen und sagte: „Bringt diesen Mann mal zu mir!“ Im gleichen Auftrag schickt mich Jesus sozusagen auch zu Ihnen hier nach En. Er ruft dich.
Ich weiß nicht genau, wer du bist oder wer Sie sind. Vielleicht sind einige heute zum ersten Mal hierher gekommen. Ich weiß nicht, wo Sie zu Hause sind, und ich weiß auch nicht, wie finster es in Ihrem Leben aussehen mag. Ich weiß nicht, wie weit am Rand Sie von der Kirche stehen, ob Sie sich dort längst verabschiedet und aufgegeben haben oder sich vielleicht sogar an den Rand des Lebens gedrückt fühlen.
Er ruft Sie. Er ruft Sie. Vielleicht fühlen Sie sich so weit an den Rand des Lebens gedrängt, dass Sie am liebsten abspringen würden. So viele Menschen nehmen sich jedes Jahr das Leben, weil sie keine Perspektive mehr sehen und weil es so dunkel in ihrem Leben geworden ist.
Dann gilt für Sie erst recht: Er ruft dich. Er sagt dir: Wirf dein Leben nicht weg, gib es mir. Ich will etwas daraus machen. Ich mache dein Leben neu zu einem lebenswerten Leben in der Gemeinschaft mit mir, der Quelle des Lebens.
Jesus und der Mann reden jetzt unter vier Augen – von denen zwei nicht funktionieren. „Was willst du von mir?“, fragt Jesus.
Moment mal, weiß er denn nicht, was der Mann für ein Problem hat? Was ist das für eine Frage: „Was willst du von mir?“ Natürlich weiß Jesus, was der Mann von ihm will. Jesus ist ja nicht blind. Er sieht doch, dass der Mann nicht sehen kann und sich sein Augenlicht zurückwünscht. Aber Jesus fragt ihn trotzdem.
Warum fragt Jesus?
Jesus will wissen, was wir wollen. Und wir sollen es ihm sagen – und zwar konkret. Unsere Gebete haben häufig eine Art „Gefühlsschaum-Teppich“ um sich herum. Wir formulieren manche Anliegen so, dass wir im Falle eines anderen Ergebnisses nicht enttäuscht werden. Wir sind selten in der Lage, wie Kinder, mal klar und deutlich zu sagen, was wir eigentlich wollen.
Unsere Kinder haben da weniger Hemmungen. Meine Tochter hat sich zum letzten Geburtstag ein Pferd gewünscht – da hat sie nicht drum herum geredet. Aber wir beten oft so vorsichtig. Wir haben einen Vater im Himmel, dem alle Pferde dieser Welt gehören – und noch viel mehr.
Jesus macht uns Mut, tatsächlich deutlich und dringlich zu bitten. Er lädt uns ein zum Gebet: „Was willst du?“
Willst du frei werden? Willst du frei werden von deinem Zorn, der dich blind macht vor Wut? Willst du frei werden von deinem Egoismus, der dich blind gemacht hat für deine Nächsten, sodass du nur noch deine eigenen Ansprüche siehst? Willst du frei werden von deinem Selbstmitleid, das dich blind macht für die reiche Gnade Gottes, die dich jeden Tag umgibt? Dann siehst du nur das, was gerade nicht so gut ist, aber die vielen Großzügigkeiten Gottes nimmst du gar nicht mehr wahr.
Willst du raus aus dieser Spirale von Zorn, Egoismus und Selbstmitleid? „Was willst du, was ich dir tun soll?“
Wenn wir so ein Bibelvers auf uns selbst übertragen, dann ist das ein Blankoscheck. Jesus fragt uns, was wir von ihm wollen – der alle Macht hat und die Möglichkeit, alles in Bewegung zu setzen, um dir in deiner Situation zu helfen.
Was möchtest du?
Jesus hat alle Macht im Himmel und auf Erden, hat er zu seinen Jüngern gesagt. Und er fragt uns nach unseren Wünschen: Was möchten sie? Möchten sie glauben? Manche sagen uns: „Ich hätte auch gerne so einen Glauben, aber ich kann nicht so glauben wie ihr.“ Aber wenn du dir das wünschst und merkst: „Ich entbehre hier etwas“, dann sag ihm doch: „Hilf meinem Unglauben!“ Das ist auch ein Bibelvers. „Hilf meinem Unglauben“ war vor wenigen Jahren die Jahreslosung.
Oder möchtest du ein neues Leben? Vielleicht merkst du, dass alles irgendwie an die Wand gefahren ist, es aus menschlicher Sicht nicht mehr zu retten ist, und du wünschst dir ein neues Leben. Jesus verspricht denen ein neues Leben, die ihm vertrauen.
Möchtest du von deiner Schuld loswerden? Vielleicht quält dich dein Gewissen, weil du dir sehr bewusst bist, dass du Dinge getan hast, die verkehrt waren. Du würdest gerne die Zeit zurückdrehen und alles anders machen, aber das geht leider nicht.
Es gibt eine andere Möglichkeit: Du kannst zu Jesus kommen und um Vergebung deiner Schuld bitten. Er vergibt dir das, was du gesagt und getan hast. Vor Gott bedeutet das Vergebung, dass nie wieder darüber geredet wird. Wenn er uns unsere Schuld vergibt, dann ist reiner Tisch gemacht. Dann können wir mit einem guten Gewissen vor Gott und unseren Mitmenschen unser Leben weiterführen. Das heißt, ein neues Leben zu beginnen.
Was möchtest du? Sag es ihm doch! Sag ihm deine großen und deine kleinen Wünsche: Ich möchte einen Partner, ich möchte eine Arbeitsstelle, ich möchte eine Wohnung, ich möchte Gesundheit, ich möchte mich endlich mal wieder freuen können.
Warum sagen wir ihm nicht, was wir wollen? Da wird aus dieser am Anfang merkwürdigen Frage „Was soll ich für dich tun?“ ein großzügiges Angebot Gottes.
Und dann wird Jesus nicht sagen: „Warte ab, bis du mal im Himmel bist, da kriegst du eine Wohnung, Gesundheit und Freude in Ewigkeit, Amen.“ Zu dem Bettler hat er auch nicht gesagt: „Eine Blindheit, das ist allerdings ein Problem – medizinisch und theologisch. Da ist hier auf Erden leider nichts zu machen. Aber warte nur ein Weilchen im Jenseits, da wird alles besser.“ Das hat Jesus nicht gesagt.
Zu Petrus hat Jesus einmal gesagt, dass derjenige, dem es um Gottes Sache geht, Vielfältiges zuteilwerden wird – in dieser Zeit und im kommenden Zeitalter ewiges Leben. Im Lukas-Evangelium, Kapitel 18, sagt er zu ihm: „Wer sich für Gottes Reich einsetzt, der bekommt Vielfältiges in diesem Leben und das ewige Leben noch obendrauf.“
Es gibt also in der Bibel kein Vertrösten auf den Himmel irgendwann mal, was ja keiner kontrollieren kann. Es ist keiner zurückgekommen, der gesagt hat: „Ja, es ist alles so gekommen, wie es in der Bibel steht.“ Deswegen sind ja viele skeptisch.
Nein, es steht hier erst einmal: In dieser Zeit wirst du Vielfältiges von dem bekommen, was du entbehrst, wenn du für Jesus investierst. Das ewige Leben kommt noch dazu.
Wenn dir oder mir das Wasser bis zum Hals steht und wir am Absaufen sind, dann nützt es nichts, wenn irgendwann später mal einer kommt und uns einen Rettungsring zuwirft. Den brauchen wir jetzt, sofort, dringend.
Fühlst du dich so, als seist du am Absaufen? Wachsen dir deine Probleme über den Kopf? Gehst du unter in all deinen unterschiedlichen Schwierigkeiten? Dann greif zu, klammere dich an Jesus!
Er ist dieser Rettungsring. Er ist der Retter – das ist doch mehr als ein Ring. Jesus ist Retter, er hat die Lösung, er kann dir helfen. Und so viele können bestätigen, dass sie es genauso erlebt haben.
Als der Mann sagt: „Herr, ich möchte sehen werden“, antwortet Jesus im selben Vers: „Sei sehend, dein Glaube hat dich geheilt.“
Und dann heißt es: „Und sofort wurde er sehend.“ Welch ein schlichter und doch ergreifender Abschluss.
Das ist mehr, als wenn man sich vorstellt, jemand sitzt in einer dunklen Höhle und sieht nichts. Dann kommt ein Fuchs, an dessen Schwanz sich die Person festhält, und der Fuchs führt sie heraus. Das ist eine Legende, die ich heute erzählt bekommen habe.
Ich habe mich heute gefragt, warum hier überall Füchse aus Kunststoff stehen. Überall Füchse, Füchse. Zuerst dachte ich, Füchse stehen für Schlauheit, das hat sicher auch mit der Klugheit der Endebeteiler zu tun, aber es hat wohl auch etwas mit dieser Legende zu tun.
Aber eigentlich ist eure Legende auch ein Evangelium: Einer kam und führte einen heraus, der im Dunkeln saß. Ohne diesen Fuchs wäre er wahrscheinlich verhungert, verdurstet oder vereinsamt.
So ist Jesus: Er holt uns aus der Dunkelheit heraus, er führt uns zum Licht. Ich kenne ja diesen Mann – wer war das? Ein Verwandter von ihm? Wenn Ennwittal erst 75 Jahre alt ist, ist das Ganze ja noch gar nicht so lange her, keine Ahnung.
Jedenfalls kann ich mir vorstellen, dass er, als er herauskam, erst einmal seine Augen reiben musste. Erst einmal mussten sich seine Augen an das Licht gewöhnen. So geht es auch einem, der sich bekehrt hat. Da reibt man sich erst einmal die Augen, nicht wahr?
Ist das wirklich wahr? Ich muss mich mal kneifen. Jetzt hat Gott mir ewiges Leben gegeben, das über diese wenigen Jahre hier hinaus Bestand hat. Ich werde alle Ewigkeit in seiner Gegenwart auf einer neuen Erde verbringen.
Welch eine große Sache, über die die Bibel redet und die wir hier dieser Tage bedenken dürfen.
Ich möchte noch eine kleine Bemerkung zu den Blindenheilungen in der Bibel machen. Diese Heilungen zeigen mir, dass Jesus ganz individuell handelt. Der Mann, von dem wir heute Abend gelesen haben, ist nicht der einzige, von dem die Bibel berichtet, dass er von Blindheit geheilt wurde.
Ich möchte Ihnen drei Beispiele aus dem Matthäusevangelium vorstellen. Im Kapitel 8 hat Jesus einem Blinden in die Augen gespuckt und ihm die Hände aufgelegt. Dann fragte er ihn: „Was siehst du?“ Der Mann antwortete: „Ich sehe Menschen wie Bäume.“ Darauf legte Jesus ihm noch einmal die Hände auf, und plötzlich konnte er klar sehen.
Im Johannes-Evangelium, Kapitel 9, wird von einem Mann berichtet, der blind war. Die Jünger fragten Jesus: „Wer ist schuld, dass er blind geboren wurde? Er selbst oder seine Eltern?“ Jesus antwortete, dass weder er noch seine Eltern schuld seien. Er sei blind, damit die Herrlichkeit Gottes an ihm sichtbar werde. Auch hier vollbrachte Jesus ein Wunder: Er spuckte auf den Boden, mischte den Speichel mit Erde zu einem Brei und schmierte ihn dem Mann auf die Augen. Das mag etwas eklig wirken, aber von Jesus hätte ich mir das gefallen lassen. Dann sagte Jesus zu ihm, er solle zum Teich Siloah gehen und sich das Gesicht waschen. Als der Mann zurückkam, konnte er sehen. Wieder eine Blindenheilung.
Dann haben wir unseren Freund von heute Abend. Hier sagte Jesus nur ein Wort: „Ich will, du sollst gesund sein.“ Sobald er das sagte, konnte der Mann sehen.
Stellen wir uns nun vor, diese drei ehemals Blinden würden miteinander sprechen. Der Erste würde sagen: „Wunderbar, Jesus legt dir die Hände auf, dann siehst du ein bisschen, und nach einem zweiten Mal kannst du plötzlich klar sehen.“ Der Zweite würde entgegnen: „So ein Quatsch! Jesus muss erst auf den Boden spucken, und du musst zum Teich Siloah gehen. Erst dann kannst du sehen.“ Damit haben wir schon zwei Konfessionen: die Handaufleger und die „Matsche-Pampisten“. Der Dritte würde sagen: „Entschuldigung, aber wenn Jesus ein Wort spricht, reicht das aus.“ Damit hätten wir eine dritte Denomination oder Konfession.
So ist es oft auch unter uns. Wie ich es erlebt habe, ist die eigene Erfahrung richtig. Wenn dann jemand mit einer anderen Geschichte kommt, etwas erzählt, was ich selbst nie erlebt habe und nicht bestätigen kann, bin ich gleich skeptisch. Leider gibt es in der Christenheit viele unterschiedliche Auffassungen und Erfahrungen.
Ich bin der Meinung, dass die Jahreslosung in diesem Jahr, „prüft alles“, sehr ernst zu nehmen ist. Ich möchte nicht alles, was Menschen, die Gotteserfahrungen gemacht haben, erzählen, sofort glauben. Ich prüfe das immer anhand des Wortes Gottes, das ist unser Maßstab.
An dieser Stelle möchte ich aber sagen: Jesus handelt ganz individuell. So wie Irina das erlebt hat, musst du es nicht genauso erleben. Andere, die in diesen Tagen ihre Geschichte erzählt haben, berichten ebenfalls unterschiedlich. Wer im Glauben aufgewachsen ist, dem begegnet Jesus meist anders als jemandem, der keine Ahnung von der Botschaft der Bibel hat. Die Verläufe einer Bekehrung und die Geschichte eines Jesusnachfolgers sind jeweils ganz unterschiedlich.
Das wollen wir an dieser Stelle zur Kenntnis nehmen. Mein Rat ist: Orientiere dich nicht an anderen, sondern immer an Jesus. Mach es so wie dieser Mann: Er hat Jesus gerufen und ließ sich nicht von anderen Menschen beeindrucken.
Ich möchte allmählich zum Schluss kommen. Der ehemals Blinde geht spät, aber mit neuen Augen zu Bett. Ich kann mir vorstellen, dass er nicht so schnell ins Bett gegangen ist. Er wollte die Augen so lange wie möglich offenhalten, um all das zu sehen, was sich ihm bot.
Als er am nächsten Morgen aufwacht, merkt er, dass es kein Traum gewesen ist. Welch ein Wunder hat dieser Mann erlebt! Jesus hatte zu Paulus gesagt: „Öffne ihnen die Augen, damit sie aus der Finsternis ins Licht kommen, aus der Gewalt des Satans zu Gott. Denn wenn sie auf mich vertrauen, wird ihnen ihre Schuld vergeben, und sie erhalten ihren Platz unter denen, die Gott zu seinem heiligen Volk gemacht hat.“
Das ist der Auftrag an Paulus, der diese Botschaft an Menschen weitersagen sollte. Und ich darf auch einer sein, der das Evangelium weitergibt. Das will ich auf mich beziehen. Ich möchte versuchen, ihnen die Augen zu öffnen.
Aber ich bin mir bewusst, dass meine Mittel begrenzt sind. Es geht nicht darum, irgendwelche überredenden Worte zu gebrauchen, sondern darum, dass Gott – wie wir gestern Abend gesagt haben – dieses Wunder tun muss: ihnen die Augen zu öffnen. Letztendlich ist er das Licht, das sich uns offenbart.
Da kann ich nur mit der lieben Anita – heißt sie so? Sie ist 95 Jahre alt. Bist du eigentlich heute Abend da, Anita? Da, guck mal! Ich hätte mich gewundert, wenn du in deinen jungen Jahren nicht auch heute Abend hier gewesen wärst.
Wir ringen also miteinander und beten dafür, dass Gott genau dieses Wunder tut und Menschen die Augen geöffnet werden. Lass doch bitte das Licht von Jesus in dein Leben hinein. Das ist eine großartige Gelegenheit, die du heute Abend hast.