Scheinbarer Friede

Jürg Birnstiel
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Serie | 5 Teile

Widerstand gegen Gott - Der Fall Jona

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Einleitende Gedanken

Wer von uns kann Jona nicht verstehen? Die Aufgabe die er erhalten hatte, war wirklich nicht einfach! »Geh nach Ninive, der grossen Stadt, und kündige ihr mein Strafgericht an! Ich kann nicht länger mit ansehen, wie böse die Leute dort sind.« (Jona 1, 2) Einem feindlichen, offensichtlich bösen und brutalen Volk, über das Gott den Untergang beschlossen hatte, sollte er das Gerichtsurteil Gottes bekannt geben. Nein, das wollte er nicht. Doch im Vordergrund stand nicht die Angst vor diesem Volk, wie wir das letztes Mal betrachtet hatten. Jona befürchtete vielmehr – falls die Menschen seine Botschaft ernst nehmen würden und ihr leben änderten – Gott sich erbarmen könnte. Jedenfalls begründete er damit seinen Ungehorsam, denn nachdem Ninive seine Schuld bereute, sagte er verärgert: Ach HERR, genau das habe ich vermutet, als ich noch zu Hause war! Darum wollte ich ja auch nach Spanien fliehen. Ich wusste es doch: Du bist voll Liebe und Erbarmen, du hast Geduld, deine Güte kennt keine Grenzen. Das Unheil, das du androhst, tut dir hinterher leid.” (Jona 4, 2) Jona war von der Liebe, dem Erbarmen, der Geduld und der Güte Gottes so überzeugt, dass er nach Spanien reisen wollte. Er missgönnte den Niniviten die Liebe Gottes. Gottes Gericht über Ninive ist gerecht, er soll sie vernichten und keinesfalls erretten! Sollen sie doch ohne Gerichtsankündigung untergehen. Ich verschwinde! – so hatte er sich das vermutlich gedacht. Er fand ein Schiff, das nach Tarsis fuhr, kaufte die Fahrkarte und begab sich – nichts ahnend – auf die gefährlichste Reise seines Lebens.

I. Erschreckende Erkenntnis

Eine Kreuzfahrt durch das Mittelmehr von immerhin ca. 4’000 Km lag vor Jona. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich auf diese Reise freute. Er würde jetzt die Reise einfach geniessen. Gott würde bestimmt einen anderen Propheten finden, der nach Ninive reist. Das Beste wäre eh, Ninive ohne Vorwarnung zu vernichten, verdient hatten sie es. Das Urteil Gottes ist völlig gerecht. Wenn er dann wieder aus Spanien zurückkommt, wird die Sache eh schon lange erledigt – und hoffentlich – vergessen sein. Doch – wie wir wissen – täuschte sich Jona. Gott liess ihn nicht ziehen. Ein gewaltiger Sturm durchkreuzte sein Vorhaben. Der Sturm den Gott aufkommen liess, drohte das Schiff zu zerreissen. Wer ein stürmisches Meer nur ansatzmässig erlebt hat, kann den Seeleuten ihre Todesängste nachempfinden. Die Seeleute hatten grosse Angst, und jeder schrie zu seinem Gott um Hilfe. (Jona 1, 5) Seeleute waren keine Weicheier. Das waren bestimmt erfahrene Leute, die man nicht so leicht aus der Ruhe bringen konnte, aber das Ausmass dieses Sturmes liess sie das Schlimmste befürchten. Was sollten sie tun? Jeder schrie zu seinem Gott und erflehte Hilfe, doch der Sturm legte sich nicht. Im Gegenteil, die Wellen peitschten mit unheimlicher Kraft über das Schiff. Sie sahen sich gezwungen, gravierende Massnahmen zu ergreifen: Die Ladung muss über Bord. Um die Gefahr für das Schiff zu verringern, warfen sie die Ladung ins Meer. (Jona 1, 5) Gehen sie unter, würde die Ladung eh im Meer versinken. Wenigsten hatten sie mit dieser Massnahme grössere Chancen zu überleben. Nur, wenn sie das überstehen würden, wäre natürlich der wirtschaftliche Schaden immens. Aber das war ihnen in diesem Moment egal, sie wollten überleben. Während die Männer um ihr Leben kämpften, fiel ihnen auf, dass Jona fehlte. Wurde er etwa durch den Sturm ins Meer gerissen und war ertrunken? Nein – Jona schlief tief und fest! Ob er schon vor dem Sturm eingeschlafen war, wissen wir nicht. Jedenfalls ist es eine Kunst, in einem Schiff, das von den Wellen hin und her geworfen wird, zu schlafen. Als ich mit der Fähre nach England fuhr, kamen wir in einen verhältnismässig kleinen Sturm, unbefestigtes Gepäck, Geschirr, Mobiliar, flog auf dem Schiff umher. Ich hätte da nicht weiter schlafen können. Jona schlief tief und fest. Einerseits wird das ein Ausdruck der sorglosen Sicherheit sein, mit der Jona auf der Flucht war. Andererseits vermute ich, dass uns Gott mit dem Tiefschlaf von Jona eine wichtige Lektion lehren möchte.

Gott führt uns damit vor Augen, wie wir uns in scheinbarem Frieden von ihm wegbewegen können. Er zeigt uns, wie zufrieden und glücklich wir im Ungehorsam leben können. Petrus schrieb den Christen: Ich halte es für meine Pflicht, euch zu erinnern und euch wach zu halten, solange ich noch bei euch lebe. (2. Petrus 1, 13) Wie gut können wir in Frieden schlafen, während Menschen verloren gehen?! Wie gut können wir in Frieden schlafen, wenn wir in der Sünde leben?! Ist das nicht eines der Hauptargumente, wenn jemand auf Abwegen ist, dass er – mangels nachvollziehbarer Begründung – sagt, ich habe Frieden darüber. Ich habe kein schlechtes Gewissen, das genügt. Wie Jona können wir heute schnell in einen friedlichen und angenehmen Tiefschlaf fallen, wir vergessen, um was es in dieser Welt geht. Im Neuen Testament werden wir oft vor diesem ungesunden Tiefschlaf gewarnt. Jesus sagte einmal: Haltet euch bereit und sorgt dafür, dass eure Lampen brennen!” Lukas 12, 35. Seid wie Diener, deren Herr auf einem Fest ist und die auf seine Rückkehr warten, damit sie ihm sofort aufmachen können, wenn er kommt und an die Tür klopft.” Lukas 12, 36. Glücklich zu preisen sind die Diener, die der Herr wach und bereit findet, wenn er kommt. Ich sage euch: Er wird sich einen Schurz umbinden und sie zu Tisch bitten, und er selbst wird sie bedienen.” Lukas 12, 37. Jona schlief tief und fest. Der Kapitän fand ihn und sagte fassungslos: »Wie kannst du schlafen? (Jona 1, 6) Bis zu diesem Tag hätte er es für unmöglich gehalten, dass ein Mensch bei einem derartigen Sturm friedlich schläft. Er forderte Jona auf: Steh auf, rufe zu deinem Gott! Vielleicht hilft er uns, und wir müssen nicht untergehen!« (Jona 1, 6) Wie beschämend für Jona. Ein Heide, der Götter verehrt, fordert ihn auf, seinen Gott anzurufen. Tatsächlich, manchmal leben Menschen, die falsche Götter verehren, vorbildlicher als wir Christen. Das ist sehr beschämend. Wir sollten Vorbilder sein. Paulus musste einmal den Korinthern schreiben: Es gibt bei euch doch tatsächlich einen so unglaublichen Fall von Unmoral, dass er nicht einmal bei denen toleriert würde, die Gott nicht kennen! 1. Korinther 5, 1. Das Ausmass des Sturms war so gewaltig, dass die Seeleute davon ausgingen, dass sich irgendein Gott an einem Besatzungsmitglied rächt. Sie entschlossen sich für eine übliche Praxis, wie das auch im Volk Israel gehandhabt wurde. Sie warfen das Los, um den Übeltäter herauszufinden. Das Los fiel, wie könnte es anders sein, auf Jona. Wenn Jona bis dahin nicht klar war, was hier eigentlich läuft, so wusste er es jetzt ganz genau. Das muss für ihn eine erschreckende Erkenntnis gewesen sein. Alle schauten gebannt auf ihn und die Leute wollten jetzt unbedingt mehr von ihm wissen. Sie bestürmten ihn mit Fragen: »Sag uns: Warum sind wir in diese Gefahr geraten? Wer bist du eigentlich? Was für Geschäfte treibst du? Zu welchem Volk gehörst du, wo ist deine Heimat?« (Jona 1, 8) Jona dachte, er könnte Gott entrinnen. Das hatte offensichtlich nicht funktioniert. Er musste erkennen, dass Gott ihn nicht einfach ziehen lässt. Einerseits eine schreckliche Erkenntnis, andererseits ist es wunderbar, dass Gott seine Leute nicht einfach ziehen lässt. Doch Jonas Situation war sehr unangenehme, oder besser gesagt: ausserordentlich bedrohlich. Er befand sich mitten im Sturm auf einem Schiff, das zu zerbersten drohte. Menschen standen um ihn herum, die er mit in dieses Elend gerissen hatte. Ein klassisches Beispiel für Ungehorsam. Zuerst sieht alles gut und viel versprechend aus, doch am Ende befinden wir uns in einem unüberschaubaren Chaos. Nicht nur wir sind schlimm dran, sondern Menschen, die uns eigentlich gut gesinnt sind, haben wir in den Schlammassel hineingezogen. Sie müssen wegen uns leiden und manchmal grosse Verluste in Kauf nehmen. Alles kommt anders als wir dachten, wenn wir ungehorsam sind. Das Resultat hatten wir uns schöner vorgestellt. Bibelstellen zum Nachschlagen: 1. Samuel 14, 42; Psalm 95, 5; Lukas 12, 35-38; Apostelgeschichte 1, 17-38; 1. Korinther 5, 1; 2. Petrus 1, 13

II. Tatkräftiges Bekenntnis

Alle schauten gebannt auf Jona. Sie wollten von ihm wissen, wer er sei und warum sein Gott solche Massnahmen ergreift. Nun sagte er: »Ich bin ein Hebräer und verehre den HERRN, den Gott des Himmels, der Land und Meer geschaffen hat.« (Jona 1, 9) Mit anderen Worten: Kein Zweifel, mein Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, verursachte diesen Sturm. Er erzählte ihnen seine Geschichte, wie er vor dem Auftrag Gottes davongelaufen war und dass er an allem Schuld sei. Sie konnten das nicht verstehen. »Wie konntest du das tun? (Jona 1, 10) Wie kann man dem Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, ungehorsam sein? Jona fragte sich das jetzt vermutlich auch, aber eben, etwas zu spät, das hätte er vorher überlegen sollen. Wenn wir ungehorsam waren und erkennen, welchen Schaden wir dadurch angerichtet haben, fragen wir uns auch: Wie konnte ich nur?! Wie konnte ich nur so kopflos handeln? Aber dann ist es definitiv zu spät. Trotzdem, hatten die Seeleute grossen Respekt vor Jona, denn – so dachten sie vermutlich - muss Jona ein besonderer Mann sein, um dessentwillen Gott einen solchen Sturm aufkommen lässt. Die Verzweiflung wuchs, denn der Sturm wurde immer noch stärker und sie fragten Jona: Was sollen wir jetzt mit dir machen, damit das Meer sich beruhigt und uns verschont?” (Jona 1, 11)

Für Jona gab es nur einen Ausweg: Werft mich ins Meer, dann wird es sich beruhigen. Ich weiss, dass dieser Sturm nur meinetwegen über euch gekommen ist.” (Jona 1, 12) Das war den Leuten zu krass. Sie konnten doch diesen Gottesmann nicht einfach umbringen. So versuchten sie es nochmals aus eigener Kraft, hoffend, Jona verschonen zu können. Aber es hatte keinen Zweck. Das Meer wurde je länger desto ungestümer. So beteten sie zu dem Gott Jonas und flehten ihn an: HERR, strafe uns nicht, wenn wir diesen Mann jetzt opfern müssen! Rechne uns seinen Tod nicht als Mord an. Es war dein Wille, und alles, was du willst, geschieht.” (Jona 1, 14) Es gab eigentlich nur noch diesen Weg. Entweder gehen alle miteinander unter und sterben, oder einer stirbt für alle. Das erinnert uns an Jesus. Als die Priester den Entschluss fassten Jesus zu ermorden, bemerkte der Hohepriester Kaiphas: Habt ihr euch nie überlegt, dass es in eurem Interesse ist, wenn ein Mensch für das Volk stirbt und nicht das ganze Volk umkommt?” Johannes 11, 50. Jona stand vor dem Tod, weil er sich versündigt hatte. Jesus hatte aber keine Sünde. Wie der Tod des Jona, die Männer auf dem Schiff rettete, so rettet der Tod Jesu uns Menschen vor dem Verderben. Oder mit den Worten des Petrus: Unsere Sünden hat er ans Kreuz hinaufgetragen, mit seinem eigenen Leib. Damit sind wir für die Sünden tot und können nun für das Gute leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt worden! (1. Petrus 2, 24) Sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer. Das war die dramatische Folge seines Ungehorsams. Doch gerade hier wird uns Jona zu einem grossartigen Vorbild. Er ist nämlich bereit, das Schreckliche, was er angestellt hatte, nicht nur zu erkennen, sondern es auch zu bekennen. Er gibt Gott in keiner Weise die Schuld an dieser Situation. Ihm war bewusst, dass Gottes Handeln gerecht ist. Er wusste, dass er durch sein Verhalten dieses Elend herbeiführte. Er versuchte auch nicht vor den Seeleuten sein Gesicht zu wahren und irgendeine Ausrede zu finden. Er suchte auch nicht einen scheinbar frommen Weg und sagte, er würde beten und versuchen Gottes Zorn zu beschwichtigen. Nein – Jona bekannte seine Schuld und war bereit die Konsequenzen zu tragen, selbst wenn das ihn das Leben kostet. Er handelte so, wie später Johannes der Täufer die Menschen mit seiner Busspredigt herausforderte: Bringt Frucht, die zeigt, dass es euch mit der Umkehr ernst ist!” Matthäus 3, 8. Macht nicht so halbherzige Schritte. Halbherziges religiöses Getue ist für Gott ein Ärgernis. Einmal sagte er über Israel. Sie schreien zu mir um Hilfe, aber es kommt nicht von Herzen. Sie liegen da und heulen und machen sich Einschnitte, damit ich ihre Bitten um Korn und Wein höre; aber sie sind und bleiben aufsässig gegen mich. (Hosea 7, 14) Sie bekehren sich sogar, aber eben halbherzig: Sie wenden sich um, doch nicht zu mir. Wie ein verzogener Bogen sind sie, mit dem man das Ziel nicht trifft. (Hosea 7, 16) Das erinnert mich an das, was Jesus der Gemeinde in Laodizea sagte: Ich weiss, wie du lebst und was du tust; ich weiss, dass du weder kalt noch warm bist. Wenn du doch das eine oder das andere wärst! Offenbarung 3, 15. Vieles in unserem Leben ordnet sich nicht, weil wir die Verantwortung für unser Handeln nicht übernehmen. Wir machen alle um uns herum verantwortlich, dadurch müssen wir nichts ändern. Aber deshalb ändert sich in unseren Leben eben oft nichts. Egal was es ist, wenn Du etwas zu bereinigen hast, dann mach es. Selbst wenn Deine scheinheilige Welt zusammenbricht. Die Menschen auf dem Schiff wurden durch das verantwortungsbewusste Handeln Jonas zu Verehrern Gottes, denn kaum hatten sie Jona über Bord geworfen, wurde das Meer still, der Sturm legte sich. Da packte sie alle grosse Furcht vor dem HERRN. Sie schlachteten ein Opfertier für ihn und machten ihm Versprechen für den Fall ihrer Rettung. (Jona 1, 16) Nun betete nicht mehr jeder zu seinem Gott, sondern sie beteten alle zum einen wahren Gott! Bibelstellen zum Nachschlagen: Psalm 89, 10; Hosea 7, 13-16; Matthäus 3, 8; Johannes 11, 50; 1. Petrus 2, 24; Hebräer 12, 5-11; Offenbarung 3, 15

Schlussgedanke

Der friedliche und tiefe Schlaf von Jona entpuppte sich als ein scheinbarer Friede. Hätte er nur bedacht, was im Psalm 139 steht, hätte er sich diesen Umweg übers Meer ersparen können. Leider wissen wir meistens ganz genau, was richtig wäre, aber wir bilden uns ein, wir könnten uns vor Gott verstecken. Das geht aber nicht. David schrieb in seinem Psalm: Wohin kann ich gehen, um dir zu entrinnen, wohin fliehen, damit du mich nicht siehst? Psalm 139, 7 Steige ich hinauf in den Himmel - du bist da. Verstecke ich mich in der Totenwelt - dort bist du auch. Psalm 139, 8 Fliege ich dorthin, wo die Sonne aufgeht, oder zum Ende des Meeres, wo sie versinkt: Psalm 139, 9 auch dort wird deine Hand nach mir greifen, auch dort lässt du mich nicht los. Psalm 139, 10 Wir können Gott nicht davon laufen. Er lässt uns glücklicherweise nicht einfach weglaufen. Aber manchmal muss er schmerzhafte Mittel ergreifen, um uns zurückzuholen. Würden wir auf IHN hören, müsste er nicht so handeln. Es stimmt eben schon: Wer nicht hören kann, muss fühlen. Amen