Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie heute Morgen herzlich begrüßen. Ich habe ein Thema mitgebracht, das, denke ich, uns alle betrifft – auch unsere zwei Missionare, die wir diese Woche leider verabschieden müssen. Das Thema habe ich überschrieben mit „Geduld, aber bitte schnell“.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Gehen Sie gern zum Arzt? Nun, die meisten von uns gehen nicht unbedingt gern zum Arzt. Und ich muss ganz ehrlich sagen, was ich besonders nervig finde, ist das Warten im Wartezimmer.
Ich mache gerade eine Anti-Allergie-Therapie, also eine Desensibilisierung gegen Heuschnupfen. Dabei habe ich das Problem, dass ich nicht nur warten muss, bis ich an der Reihe bin und der Arzt mir eine Spritze gibt, sondern danach noch eine halbe Stunde zusätzlich im Wartezimmer bleiben muss. Das geschieht aus Sicherheitsgründen, damit ich nicht plötzlich umkippe oder Ähnliches. Das ist sehr, sehr lästig.
Warten ist wirklich kein Hobby von mir, und ich denke, den meisten von Ihnen geht es wahrscheinlich ähnlich. Warten ist lästig. Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum manche Dinge einfach so lange dauern?
Wir leben heute in einer Zeit mit superschnellen Datenleitungen, Überschallflugzeugen und Raketen, die zum Mars fliegen. Dennoch stehen wir im Stau vor der Ampel und warten. Und wir warten nicht nur im Straßenverkehr, sondern eigentlich unser ganzes Leben lang.
Ich habe mal irgendwo gelesen, dass wir angeblich fünf Jahre unseres Lebens nur mit Warten verbringen. Und eine Studie hat sogar herausgefunden, dass wir durchschnittlich 45 Stunden pro Jahr am Telefon in Warteschleifen warten.
Die Herausforderung des Wartens im Alltag und Leben
Ja, aber es sind nicht nur solche Momente, in denen wir warten und dabei scheinbar nutzlos herumsitzen oder irgendwo herumstehen. Wir Menschen warten oft viel länger.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber manche warten viele Jahre auf einen Ehepartner oder auf einen Freund. Vielleicht wartest du darauf, endlich gesund zu werden – schon Wochen, Monate oder sogar Jahre –, dass die Schmerzen nachlassen. Dabei müssen es nicht unbedingt körperliche Schmerzen sein. Es können auch seelische Schmerzen sein, etwa der Wunsch, von Depressionen frei zu werden, endlich Freunde zu finden oder dass die Geschwister dich so wahrnehmen, wie du es dir wünschst. Vielleicht hoffst du, dass das Leiden ein Ende hat.
Wir warten! Und während wir warten, merken wir, dass es uns nicht wirklich Freude bereitet. Warten ist lästig, wir wollen nicht warten. Wenn wir Schmerzen haben, wollen wir sofort die Tablette. Wenn wir beten, wünschen wir uns sofortige Gebetserhörung und nicht erst nach Monaten.
Warum lässt Gott sich manchmal so viel Zeit? Warum lässt er überhaupt zu, dass wir so lange warten müssen? Warum zermürbt uns dieses Warten manchmal so sehr, dass es uns fertig macht und uns sogar zweifeln lässt? Manchmal bringt es uns an den Rand der Verzweiflung. Langes Warten kann einen wirklich erschöpfen.
Und übrigens: Warum ist Jesus nicht schon längst wiedergekommen? Warum lässt er uns so lange warten? Was hat er davon und was haben wir davon?
Darum soll es heute Morgen gehen. Mir ist dazu ein Bibelzitat eingefallen, in dem es heißt: „Geduld aber tut euch Not.“ Das ist die Luther-Übersetzung aus Hebräer 10.
Geduld als notwendige Tugend im Glauben
In Hebräer 10, Verse 35-37 spricht der Verfasser des Hebräerbriefs, von dem wir nicht sicher wissen, ob es Paulus war, von Zeiten, in denen den Gläubigen Dinge weggenommen wurden. Es handelt sich um Zeiten der Verfolgung. Diese haben sie mit Freude ertragen, so heißt es dort.
In Hebräer 10, Vers 35 steht: „So werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat.“ Ich möchte gerne drei Verse daraus vorlesen:
„Hebräer 10,35-37: So werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn Geduld oder, je nach Übersetzung, standhaftes Ausharren tut euch Not. Das ist wichtig für euch, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung erlangt. Dennoch eine kleine, ganz kleine Weile, dann wird der kommen, der kommen soll, und wird nicht auf sich warten lassen.“
Geduld ist mein erster von vier Punkten heute Morgen. Geduld ist wichtig. Geduld ist etwas sehr, sehr Wichtiges.
Es heißt hier: „standhaftes Ausharren“ oder „Geduld tut euch Not“. Das ist etwas Wesentliches, etwas Wichtiges.
Wenn in der Bibel von „harren“ oder „ausharren“ die Rede ist, dann ist das ein Wort, das wir heute kaum noch verwenden. Auch in dem Lied, das hier ab und zu gesungen wird, „Harre meine Seele, harre des Herrn“, steckt dieses Wort.
Harren oder Ausharren bedeutet einfach standhaftes Aushalten. Es bedeutet, Geduld zu haben. Es heißt, eine Wartezeit auszuhalten, weil ich weiß, dass etwas oder jemand danach kommt und sich das Warten lohnt.
Standhaftes Ausharren, das brauchen wir. So steht es hier, damit wir die Verheißung erlangen, damit wir bekommen, was Jesus uns versprochen hat. Bis wir, wie in Vers 37, sogar ihn bekommen, weil er wiederkommt.
Wir haben Geduld nötig. Geduld ist etwas Wichtiges.
Die Kraft zur Geduld als Gebetsanliegen
Und wenn wir Paulus beim Beten zuhören, zum Beispiel in Kolosser 1, finden wir dort ein Gebet, das er für die Gemeinde in Kolossä formuliert hat. Wahrscheinlich gilt es auch für die Gemeindeglieder in Laodizea, denn der Kolosserbrief sollte ja auch dort vorgelesen werden.
Für was betet Paulus in diesem Gebet? Auch diese Stelle möchte ich noch mit euch lesen.
In Kolosser 1, Vers 9 heißt es:
„Deshalb hören wir auch seit dem Tag, an dem wir es vernommen haben, nicht auf, für euch zu beten und zu bitten. Nämlich für was? Dass ihr erfüllt werdet mit der Erkenntnis seines Willens in aller geistlichen Weisheit und Einsicht, damit ihr des Herrn würdig wandelt und ihm in allem wohlgefällig seid, in jedem Werk fruchtbar seid und in der Erkenntnis Gottes wachst.“
Jetzt pass mal auf:
„... mit aller Kraft gestärkt gemäß der Macht seiner Herrlichkeit zu allem standhaften Ausharren und aller Langmut mit Freuden, indem er dem Vater Dank sagt, der uns tüchtig gemacht hat, teilzuhaben am Erbe der Heiligen im Licht.“
Wenn Paulus betet, dankt er für die Gemeinde. Das drückt er weiter vorne aus. Er dankt für die Gläubigen und bittet dafür, dass sie ein Leben zur Ehre Gottes führen, dass sie Gott immer besser kennenlernen, ihm gefallen und ein Leben zu seiner Freude führen. Das ist das Gebetsanliegen von Paulus.
Auf diesem Weg mit Jesus, in diesem Wachstumsprozess, Jesus immer besser kennenzulernen, gibt es etwas, wofür Paulus ganz besonders betet: dass die Gläubigen mit Kraft gestärkt werden gemäß der Macht seiner Herrlichkeit.
Jetzt macht mal die Bibel zu, wenn ihr sie aufgeschlagen habt. Lasst den Finger im Kolosserbrief drin und macht die Bibel zu.
Wenn Paulus bittet, mit Kraft gestärkt zu werden, gemäß der Macht seiner Herrlichkeit – was meint er damit? Was will er bewirken? Was will er im Gläubigen bewirken, wenn Gott uns seine ganze göttliche Kraft zur Verfügung stellt? Darum bittet Paulus im Gebet.
Wofür benötigen wir diese göttliche Kraft und Stärke? Wie sieht ein Mensch aus, ein Gläubiger, der mit dieser göttlichen Kraft gestärkt ist? Was meint ihr? Ist das ein vollmächtiger Evangelist? Einer, der Kranke gesund machen kann? Ein Prediger einer ziemlich großen Gemeinde oder ein Seelsorger, der so ziemlich alle psychischen Leiden in den Griff bekommt?
Paulus schreibt hier an die ganze Gemeinde, an die Geschwister in Kolossä, die genauso wie er zu Gottes heiligem Volk gehören. So ist es formuliert, also schreibt er nicht nur an die Ältesten.
Was soll Gottes Kraft im Einzelnen bewirken? Was ist der Punkt, auf den Paulus hier hinaus will? Jetzt dürft ihr die Bibel wieder aufschlagen.
In Vers 11 heißt es:
„Mit aller Kraft gestärkt gemäß der Macht seiner Herrlichkeit zu allem standhaften Ausharren und aller Langmut mit Freuden Gott Dank zu sagen.“
Hättest du das gedacht? Hättest du gedacht, dass Geduld etwas sehr Wesentliches ist, was Gottes Kraft in dir bewirken möchte? Dass man Kraft braucht, um geduldig zu sein?
Geduld – das ist ja unser Thema heute Morgen. Ich rede nicht darüber, weil ich besonders viel davon habe, sondern weil ich glaube, dass wir alle besonders viel davon brauchen.
Gläubige, die geduldig sind, haben eine innere göttliche Stärke. Und Gläubige, die ungeduldig sind, sind schwache Menschen, Menschen, die Hilfe brauchen. Ungeduldige sind anfällig für verschiedenste Versuchungen. Das sind Wackelkandidaten.
Deswegen ist Geduld nicht einfach etwas, das der eine in die Wiege gelegt bekommen hat und der andere nicht. Geduld ist für alle Gläubigen etwas sehr, sehr Wesentliches, etwas Wichtiges.
Ehrliche Frage: Bist du geduldig? Bist du ein geduldiger Mensch?
Ich erinnere mich bei dem Thema immer an ein Zitat meines Bruders Thomas, der gesagt hat: „Ich habe immer gedacht, ich wäre ein geduldiger Mensch, bis ich Kinder bekommen habe.“
Ja, Kinder bringen es ans Licht. Manchmal ist es so. Vielleicht war es bei dir ähnlich oder ist es ähnlich. Bei manchen sind es andere Herausforderungen.
Stell dir vor, du bist irgendwo im Stau, und kurz vor dem Ziel schaffst du den Termin schon fast nicht mehr. Du bist aus dem Stau rausgekommen, drückst auf die Tube, und dann vor dir dieses Auto. Der Fahrer scheint plötzlich in dem Moment, in dem du hinter ihm bist, vergessen zu haben, wo das Gaspedal ist, und fährt mit sechzig auf der kurvigen Landstraße.
Ja, da rutschen manchmal auch frommen Menschen Wörter raus, die gar nicht in der Bibel stehen.
Geduld in einer schnelllebigen Welt
Wir leben in einer Zeit, in der Geduld immer mehr in Vergessenheit gerät. Amazon testet gerade die Same-Day-Delivery, also die Lieferung am gleichen Tag. Die Deutsche Post erprobt die Auslieferung mit Drohnen. Eine Lieferung innerhalb von 24 Stunden ist für viele von uns zum Alltag geworden.
Wir können innerhalb von 24 Stunden in fast jede Region dieser Welt fliegen. Über das Internet sind wir in Echtzeit bei vielen Ereignissen auf diesem Planeten dabei. Gegen viele Schmerzen gibt es Salben, Tabletten oder andere Mittel – oder zumindest ein paar YouTube-Clips, die helfen, die Beschwerden möglichst schnell wieder loszuwerden.
Für Paulus ist Geduld jedoch ein wesentlicher Bestandteil des Glaubens. Geduld bedeutet Aushalten und Zuversicht in schwierigen Situationen. Sie ist ein ganz wichtiger Faktor.
Kürzlich haben wir uns im Hauskreis mit dem Römerbrief beschäftigt, genauer mit Kapitel 5. Dort heißt es in Vers 3: „Aber nicht nur das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, weil wir wissen, dass die Bedrängnis Standhaftigkeit bewirkt.“ Und diese Standhaftigkeit bewirkt Bewährung. Bewährung wiederum bewirkt Hoffnung. Und Hoffnung lässt nicht zuschanden werden, „denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.“
In dieser Kette, die Paulus im Römerbrief Kapitel 5 ausbreitet, stehen am Anfang die Bedrängnisse. Am Ende stehen die Hoffnung, die Zuversicht und die Liebe Gottes. Wie kommt man von den Bedrängnissen zu dem Punkt, an dem man sich der Liebe Gottes bewusst ist und Hoffnung hat?
Mittendrin steht die Geduld, das standhafte Ausharren. Ohne Geduld macht Leid dich fertig. Mit Geduld macht Leid dich reif. Ohne Geduld werden Probleme dich von Gott wegbringen, weil du fragst: „Warum ich? Warum passiert mir das?“ Mit Geduld hingegen bringen dich Probleme näher zu Gott, weil sie dich lehren, ihm zu vertrauen und dich in seine Hände zu geben.
Wenn du keine Geduld hast, wirst du denken, wenn Nöte kommen, Gott hat mich gar nicht mehr lieb. Vielleicht gibt es ihn auch gar nicht. Ohne Geduld können Probleme dich in diese Richtung führen.
Mit Geduld wirst du jedoch mitten in der Not dich getragen wissen. Gerade auch durch schwierige Zeiten hindurch wirst du dir der Liebe Gottes immer gewisser werden. Geduld ist etwas sehr, sehr Wichtiges.
Geduld als Mittel zur Charakterveränderung
Geduld ist auch deshalb wichtig, weil Gott möchte, dass du dich veränderst. Mein zweiter Punkt lautet: Geduld ist wichtig, weil Gott möchte, dass du anders wirst. Erster Punkt: wichtig, zweiter Punkt: anders.
Gott will, dass du umgestaltet wirst und nicht so bleibst, wie du bist. Du sollst nicht dieser ungeduldige Mensch bleiben, der bei jedem kleinen Ärger ausrastet. Zum Beispiel der Vater, den seine Kinder ständig auf die Palme bringen und der jedes Mal wütend wird, wenn der Nachwuchs wieder eines seiner zeitlich vergänglichen Güter wie die teure Vase oder das teure Tablet heruntergeschmissen hat. Diese Dinge sind nur das, was sie sind: zeitlich und vergänglich.
Gott möchte auch, dass du nicht die ungeduldige Frau bleibst, die ständig an anderen herumkritisiert, weil sie sich nicht schnell genug so entwickelt, dass sie mit deinem Charakter gut harmonieren und genau so funktionieren, wie du es dir vorstellst.
Geduld ist das Erste, was in der langen Liste in 1. Korinther 13 über die Eigenschaften der Liebe genannt wird. Die Liebe ist langmütig. Das bedeutet nichts anderes als geduldig zu sein, nur noch stärker ausgedrückt: langmütig.
Geduld ist außerdem ein Bestandteil der Frucht des Geistes, wie wir sie in Galater 5,22 finden. Das heißt: Wenn du gläubig bist und der Heilige Geist in dir wohnt, dann wird er deinen Charakter so umformen wollen, dass du ein geduldiger Mensch wirst.
Geduld ist nicht einfach ein Nebenprodukt von Zeiten, in denen manches nicht so läuft wie am Schnürchen. Geduld ist Gottes Ziel mit deinem Charakter. Wartezeiten in deinem Leben sind keine vergeudeten Zeiten in Gottes Heilsplan, sondern seine Schule für dich, um anders zu werden und Jesus ähnlicher zu werden.
Wenn wir ehrlich sind, ist das ganze Christenleben eigentlich ständiges Warten. Aber wenn du gläubig bist und Gott dein Vater ist, dann sind Bedrängnisse, Probleme und Krankheiten Dinge, die uns nicht gefallen und mit denen wir zu kämpfen haben. Doch gerade dadurch will Gott deinen und meinen Charakter umformen – zum Ausharren. Er möchte uns geduldig machen.
Geduld ist wichtig. Wartezeiten sind wichtig, weil Gott will, dass wir anders werden. Wir brauchen Geduld. Jeder Gläubige soll geduldig sein – auch gegenüber anderen Menschen.
In 1. Thessalonicher 5,14 heißt es zum Beispiel: „Wir ermahnen euch aber, Brüder, verwarnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an und seid langmütig gegen die einen und die anderen.“
Geduld und Langmut sind Eigenschaften, die wir allen Menschen gegenüber brauchen. Nicht nur den quengeligen Kindern gegenüber, sondern gegenüber allen. Habt mit allen Geduld.
Geduld als göttliches Markenzeichen und aktives Ausharren
Wenn wir auf unser Leben blicken, ist dieser Blick oft viel zu kurzsichtig. Wir denken, es muss im Reich Gottes doch vorwärtsgehen. Warum sind die Geschwister so langsam? Warum dauern Entscheidungen so lange? Gott kann doch nichts gegen diese Gebetserhöhung haben. Warum geschieht dann nicht einfach das, was wir erhoffen? Warum dauert dieser Zustand, in dem ich schon so lange bin, so lange an?
Aber Gottes Ziel mit meinem Leben ist nicht einfach, dass ich immer genau das bekomme, was ich mir in meiner Kurzsichtigkeit wünsche. Gottes Ziel ist auch nicht, dass Missstände und Schmerzen immer möglichst schnell vorbei sind. Das ist nicht immer der Fall. Gottes Ziel mit meinem Leben ist nicht, dass immer alles klappt und funktioniert, so wie ich es mir vorstelle. Sondern Gottes Ziel ist Charakterveränderung – dass ich anders werde.
Wir sollen in unserem Wesen so umgestaltet werden, dass wir Jesus gleichen. Und wie ist Jesus? Er hat Geduld. Geduld ist eines der Markenzeichen Gottes. Der Herr ist so, heißt es in 4. Mose 14,18: Der Herr ist langmütig und von großer Barmherzigkeit.
In Römer 15,5 nennt Paulus ihn sogar den Gott des Ausharrens. Es gibt eine Szene, in der Mose zum zweiten Mal auf den Sinai steigt, nachdem er zum ersten Mal die Gesetzestafeln zerschmettert hat. Dort heißt es, dass der Herr an Mose vorbeigeht. Eine ganz beeindruckende Szene, in der Gott selbst ruft: Der Herr, der Herr, der starke Gott, der barmherzig und gnädig ist, langsam zum Zorn, von großer Gnade und Treue.
Er ist ein geduldiger Gott. Das wussten die Propheten, das wusste auch Jona schon. Jona macht Gott das sogar zum Vorwurf: „Ich habe schon immer gewusst, dass du ein geduldiger Gott bist.“ Wenn Gott sich selbst vorstellt, dann ist Geduld eines seiner Markenzeichen. Er sagt: „Ich bin ein geduldiger Gott, ich kann warten.“
Und mal ehrlich: Wenn Gott kein geduldiger Gott wäre, dann würde heute Morgen keiner von uns hier sitzen, oder? Er ist geduldig. Unser Herr Jesus Christus ist geduldig, und wir sollen geduldig sein.
Noch eine kurze Anmerkung: Geduld ist nicht dasselbe wie Zögern, Zaudern oder Zweifeln. Wir sollten uns da nicht falsch verstehen. Geduld im biblischen Sinn ist kein passives Über-sich-ergehen-Lassen.
Es gibt einen Vers im Hebräerbrief, der das sehr gut veranschaulicht. Dort heißt es: „Lasst uns mit Ausdauer, also mit Geduld, laufen in dem Kampf oder Wettkampf, der vor uns liegt.“ Wenn wir mit Geduld, mit Ausharren, mit Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen laufen sollen – klingt das nach Abwarten und Tee trinken? Nein.
Wir sollen Kinder Gottes sein, die mit Geduld und Durchhaltevermögen laufen, um das Ziel zu erreichen und die Belohnung zu erhalten. Geduld ist also wichtig. Geduld ist auch deshalb wichtig, weil Gott uns anders machen will. Gott will uns verändern.
Geduld soll unseren Charakter prägen und ein Wesensmerkmal von uns als Gläubigen sein.
Geduld als Trainingsprozess im Leben
Stell dir einmal Folgendes vor: Gottes Ziel mit deinem Leben ist, dass sich dein Charakter verändert.
Stell dir vor, du bist Trainer, persönlicher Coach einer wichtigen Persönlichkeit – sagen wir, des Uli. Du sitzt gerade da, und dein Job als Trainer ist nicht einfach, dass Uli eine Bestzeit im 100-Meter-Lauf erreicht und bei Olympia auf dem Treppchen steht. Nein, als Persönlichkeitscoach bist du für Uli verantwortlich. Du sollst ihm helfen, einen Charakter zu entwickeln, der von Geduld geprägt ist.
Deine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Menschen, mit denen Uli zu tun hat, sagen: „Der Uli hat so einen tollen Charakter. Er ist wirklich ein geduldiger Mensch. Wenn du einen selbstbeherrschten und langmütigen Menschen treffen willst, dann geh zu Uli.“
Was würdest du als Ulis Trainer tun? Welche Trainingseinheiten würdest du dir ausdenken?
Ich denke, es ist genau wie im Sport: Wenn du willst, dass jemand schnell laufen kann, lässt du ihn oft, viel und lange laufen. Manchmal bist du an der Schmerzgrenze. Wenn du willst, dass jemand viel Gewicht heben kann, reicht es nicht, zweimal am Tag eine Kaffeetasse zu stemmen. Da muss man täglich trainieren, und die Gewichte werden immer schwerer.
Und wenn du willst, dass jemand geduldig wird, dann wirst du ihm Trainingssituationen geben, in denen er Geduld braucht. Situationen, in denen er warten und durchhalten muss. Wenn dein Schützling es weit bringen soll, wirst du nicht nur einmal trainieren. Ich habe es mal „Intensivkurse“ genannt – I wie Intensivkurse. Merkst du was?
Wenn Gottes Ziel mit deinem Leben ist, dich zu einem geduldigen Menschen zu machen, weil er selbst geduldig und von großer Güte ist und weil du ein Abbild seines Charakters auf dieser Welt sein sollst, dann wird er dir Trainingszeiten, ja Intensivkurse angedeihen lassen, um genau dieses Ziel zu erreichen.
Deshalb sind Wartezeiten in deinem Leben keine vergeudete Zeit. Gott hat sich nicht im Timing vertan, und er hat dein Gebet auch nicht überhört, wenn es Zeiten in deinem Leben gibt, die du am liebsten möglichst schnell überspringen möchtest. Du darfst wissen: Gott trainiert gerade deine Langmut, deine Geduld, deinen Charakter. Er möchte, dass in deinem Leben die Frucht des Heiligen Geistes – die Geduld – sichtbar wird.
Das war mir wichtig, euch heute Morgen mitzugeben, weil wir Menschen uns so schwer tun, Leid und Nöte auszuhalten und auf die Lösung zu warten. Vor allem, wenn es für uns keinen Sinn ergibt und wir denken: Warum, warum, warum?
Aber wenn ich ein Kind Gottes bin, dann sind Leid, Not, Schmerzen, Krankheit, Verfolgung und vielleicht sogar Probleme in der Familie, am Arbeitsplatz oder mit Freunden kein Fehler oder Ausrutscher in Gottes Plan mit meinem Leben.
Dann sagt Gott nicht: „Oh nein, ich wollte, dass der Stefan ein einfaches und bequemes Leben hat, und jetzt passiert so etwas. Einen kleinen Moment bitte, ich kümmere mich gleich darum, dass es möglichst schnell behoben wird.“
Nein, dann darf ich wissen: Gott trainiert gerade meine Geduld.
Geduld als Zuversicht und Hoffnung
Geduld im biblischen Sinn bedeutet auch das Wissen, dass die Sache gut ausgeht. In der Wartezeit, in der ich durchaus unter der Situation leide, in der ich mich gerade befinde, darf ich wissen: Die Sache wird gut ausgehen.
Geduld ist diese Zuversicht, dass Gott sein Ziel erreichen wird, auch wenn Dinge geschehen, die ich nicht verstehe. Geduld bedeutet, dass ich es aushalte und auf Gott warte. Er wird die Sache gut führen.
Der Prophet Micha hat es so formuliert in Micha 7,7: „Ich aber will nach dem Herrn ausschauen, will harren auf den Gott meines Heils; mein Gott wird mich erhören.“ Ich muss nicht auf Gott warten, wenn er mir jedes Gebet in Lichtgeschwindigkeit erhört, so wie ich es mir vorstelle. Ich muss auf Gott warten und Wartezeiten aushalten, wenn er nicht sofort so handelt, wie ich es mir wünsche.
Die Söhne Koras haben einen Liedvers gedichtet, der gleich dreimal so oder so ähnlich in den Psalmen 42 und 43 vorkommt. Dort heißt es: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?“ Kennst du das? „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?“ Es geht weiter: „Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken für die Rettung, die von seinem Angesicht kommt.“
Das ist Geduld im biblischen Sinn: Gott will mich dahin bringen, wo er meinen Charakter verändern möchte und wo er mir Intensivkurse angedeihen lässt. Als Kind Gottes darf ich wissen, dass der Moment kommen wird, in dem ich ihm noch danken werde. Dieser Moment wird da sein, an dem mir plötzlich die Zusammenhänge klar werden und ich staunend vor meinem Gott und seinem genialen Plan für mein Leben stehen darf.
Deshalb kann ich heute Wartezeiten aushalten – egal, ob es das Warten auf Heilung ist, das Warten auf einen Partner, das Warten darauf, dass Probleme vorübergehen, oder auch nur das Warten in der Supermarktschlange oder im Stau. Wenn ich weiß, dass ich gerade eine Lektion von meinem göttlichen Trainer erhalte, dann fällt es mir in dieser Situation viel leichter. Dann bekommt das Warten plötzlich einen Sinn.
Das ist so wichtig für uns, dass wir es begreifen. Stell dir vor, jemand kommt mit einem Messer auf dich zu und will dich verletzen. Was tust du? Normalerweise wehrst du dich oder läufst weg, oder? Aber wenn ich weiß, dass dieser Mann ein Chirurg ist, der eine Operation durchführen will, um mir zu helfen, gesund zu werden, vielleicht einen Tumor entfernt, der mich sonst umbringen würde, werde ich dann nicht stillhalten?
Der Intensivkurs Geduld kann manchmal wirklich intensiv sein. Er kann sogar eine Intensivstation bedeuten – Zeiten von Krankheit und Leiden, in denen Dinge unausweichlich sind.
Übrigens, weißt du, was Geduld auf Englisch heißt? Patience. Und im Deutschen haben wir ein Wort, das dem ziemlich ähnlich sieht: Patient. Das Wort Patient kommt vom lateinischen „patiens“ und bedeutet geduldig, aushaltend, ertragend.
Wenn du also das nächste Mal wieder einen göttlichen Intensivkurs bekommst – sei es auf der Intensivstation oder anderswo, als Patient, wenn du krank bist – dann erinnere dich an Patience. Als Patient kann man sehr gut Geduld ausharren, also aushalten und ertragen lernen.
Patience – aber nicht nur Krankheiten sind Intensivkurse. Margret Birkenfeld hat zum Thema Geduld eine Liedzeile gedichtet, die mir immer wieder in den Kopf kommt. Manche von euch kennen sie: „Wenn Gott uns Geduld will lehren, schenkt er die Gelegenheit, schenkt uns Menschen, die uns stören.“ Sind wir dann zum Lob bereit?
Jeder, der gerade in einem solchen Geduldsintensivkurs ist, kann das bestätigen: Mit manchen Menschen braucht man extrem viel Geduld, oder? Es stimmt schon, Menschen, bei denen man Geduld braucht, empfinden wir oft als störend. Dabei gehören sie höchstwahrscheinlich zum Intensivkurs Gottes für deinen Charakter.
Noch eine Bemerkung zum Thema Intensivkurs: Wenn hier „Intensivkurs“ steht, dann gibt es in den Buchhandlungen heutzutage tausende Kurse und Ratgeber. Sie finden Reisen, Abnehmprogramme, Tipps für den perfekten Garten, „In drei Monaten zur Traumfigur“, „Zehn Tipps für Nichtraucher“ oder „Bauch weg in zwanzig Tagen“ – solche Patentrezepte für den schnellen Erfolg mögen wir alle.
Aber wisst ihr: Geduld lernt man nicht in einem Intensivkurs in zwanzig Tagen. Ihr kennt ja das Gebet des Ungeduldigen – ich habe das Thema fast so genannt: „Herr, schenke mir Geduld, aber bitte schnell!“ So geht es leider nicht. Auch beim Thema Geduld gilt: Wachstum braucht Zeit.
Wir fragen uns oft: Warum dauert das alles so lange? Warum funktionieren Dinge nicht einfach? Warum muss man so lange kämpfen? Warum ist Jesus nicht schon längst wiedergekommen? Wenn wir den Jakobus fragen würden, was er uns wohl sagen würde, dann hat er es in Jakobus 5,7-11 geschrieben:
„So wartet nun geduldig, ihr Brüder, bis zur Wiederkunft des Herrn. Siehe, der Landmann wartet auf die köstliche Frucht der Erde und geduldet sich ihretwegen, bis sie den Früh- und Spätregen empfangen hat. So wartet auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen. Für Geduld braucht man Stärke, denn die Wiederkunft des Herrn ist nahe. Seuft nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht verurteilt werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür.
Meine Brüder, nehmt auch die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben, zum Vorbild des Leidens und der Geduld. Siehe, wir preisen die Glückseligen, die standhaft ausharren. Von Hiobs standhaftem Ausharren habt ihr gehört und ihr habt das Ende gesehen, das der Herr für ihn bereitet hat; denn der Herr ist voll Mitleid und Erbarmen.“
Merken wir, was Jakobus Wichtiges zum Thema Geduld sagt? Ich fasse seine Aussagen kurz zusammen:
Geduld ist etwas, das wir unbedingt brauchen. „Wartet nun geduldig, ihr Brüder“, so heißt es hier. Wachstum braucht Zeit. Auch der Bauer muss warten; die Ähren wachsen nicht schneller, wenn man an den Halmen zieht.
Menschen, die unsere Geduld beanspruchen, sind lästig, schreibt Jakobus. Er mahnt: „Seufzt nicht gegeneinander, Brüder.“ Geduld zu üben kann uns manchmal zum Seufzen bringen, vor allem, wenn es um unsere lieben Mitmenschen geht.
Dann schreibt Jakobus noch etwas, mit dem ich in den vierten Punkt meiner Predigt einsteigen möchte: nämlich einige Tipps zum Thema Geduld.
Praktische Tipps für mehr Geduld
Praktische Tipps, um ein geduldiger Mensch zu werden – ganz nach dem Ratgeber-Motto: Mit diesen vier Tipps wirst du in zehn Tagen zum geduldigen Menschen. Oder? Nun ja, ganz so einfach ist es nicht. Das klappt nicht sofort. Aber ein paar ganz praktische Hinweise gibt es trotzdem.
Tipp Nummer eins kommt direkt von Jakobus. Er schreibt in Vers 10: „Meine Brüder, nehmt euch auch die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben, zum Vorbild des Leidens und der Geduld.“
Nimm dir also Vorbilder. Kennst du geduldige Menschen? Ja, es gibt sie. Nimm sie dir zum Vorbild. Jakobus nennt hier die Propheten, Menschen, die offenbar schon viele intensive Geduldskurse hinter sich hatten. Besonders erwähnt wird Hiob: „Von Hiobs standhaftem Ausharren habt ihr gehört.“ Von ihm können wir wirklich Geduld lernen.
Vielleicht gibt es auch in deinem Umfeld Menschen, von denen du Geduld abschauen kannst. Vielleicht ist es dein Ehepartner, vielleicht deine Eltern oder die Ältesten in deiner Gemeinde. Dieser Tipp findet sich an verschiedenen Stellen in der Bibel. Nimm dir Vorbilder, gerade wenn es um Aushalten, Ausharren und Geduld geht.
Auch Timotheus hat das so gemacht und sich Paulus’ Geduld zum Vorbild genommen. Der Schreiber des Hebräerbriefes gibt diesen Tipp ebenfalls im sechsten Kapitel seines Briefes. Dort geht es darum, dass die Leser erwachsen und reif werden. Er benutzt Bilder aus der Natur, von Pflanzen, die wachsen, und sagt dann: „Werden also nicht gleichgültig, sondern nehmt euch die zum Vorbild, die unbeirrt und voll Vertrauen auf das ihnen zugesagte Erbe warteten.“
An dieser Stelle im Hebräerbrief wird ein ganz konkretes Vorbild genannt: Abraham. Dazu möchte ich jetzt gar nicht viel sagen, denn das ist gerade Thema der Bibelstunde. Dort finden wir die Fortsetzung: Abraham als Vorbild für Geduld und Ausharren. Also eine Einladung zur Bibelstunde, wo es mit diesem Thema weitergeht.
Ich mache jetzt mal ganz kurz eine halbe Minute Pause. Diese halbe Minute kannst du nutzen, um zu überlegen: Wo gibt es in deinem Leben konkrete Vorbilder für Geduld? Überlege das einmal. Ich bin jetzt kurz leise.
Vielleicht ist dir jemand eingefallen. Ich hoffe es sehr. Falls nicht, schau dich in der Gemeinde noch einmal um. Es gibt geduldige Menschen unter uns. Ich kann dir auch welche nennen, wenn du möchtest. Komm einfach zu mir, falls dir niemand einfällt.
Es ist wichtig, Vorbilder zu haben und von ihnen zu lernen. Natürlich steht außer Frage, dass das größte und beste Vorbild unser Herr Jesus selbst ist. Deshalb heißt es auch in Hebräer 12, Vers 3: „Wenn ihr also in der Gefahr steht, müde zu werden, dann denkt an Jesus. Wie sehr wurde er von sündigen Menschen angefeindet, und wie geduldig hat er alles ertragen. Wenn ihr euch das vor Augen haltet, werdet ihr nicht den Mut verlieren.“
Deswegen feiern wir immer wieder das Abendmahl, um uns daran zu erinnern und um Geduld zu lernen. Gott mutet uns manchmal sehr intensive Kurse zu, aber er mutet uns nicht zu viel zu. Wir dürfen und sollen uns immer wieder daran erinnern, wie unser Herr Jesus geduldig alles ertragen hat. Dann werden wir nicht den Mut verlieren.
Tipp Nummer eins war also: Nimm dir Vorbilder in Geduld.
Tipp Nummer zwei: Bete um Geduld.
Ganz am Anfang haben wir diesen Abschnitt aus dem Kolosserbrief gelesen. Wir dürfen und sollen es wie Paulus machen: sowohl für uns selbst als auch für andere beten, dass wir die Kraft zur Geduld haben, die Kraft zum Aushalten und Warten bekommen. Dass wir gestärkt werden von dem, dem alle Macht und Herrlichkeit gehört, der uns Langmut schenken kann.
Gott hat die Kraft, uns Geduld zu schenken. Der Liederdichter Jochen Klepper sagte einmal: Manchmal denkt man, Gott müsste einem in all den Widerständen des Lebens ein sichtbares Zeichen geben, das einem hilft. Aber dies ist eben das Zeichen: dass er einen durchhalten, es wagen und dulden lässt.
Wenn du eine Gebetserhörung möchtest, bete um Geduld. Und du kannst Gott danken, wenn er dir diese Geduld schenkt und dir das Ausharren ermöglicht.
Tipp Nummer drei: Danke.
Langmut heißt nicht, Langmut mit einem langen Gesicht zu zeigen. Paulus bittet Gott im Kolosserbrief 1 darum, dass die Gläubigen mit Kraft gestärkt werden zu allem Ausharren und aller Langmut. Und wie geht es dann weiter? „Mit Freuden dem Vater dankend.“
So wie der Patient sich freiwillig unter das Messer des Chirurgen begibt, weil er die begründete Hoffnung hat, dass es nach der Operation besser wird, so darf auch ich als Gläubiger in Lebensphasen des Wartens, in Situationen von Leid, Trauer und Problemen wissen: Ich bin ein Kind meines himmlischen Vaters. Er wird mich aus dieser Situation herausbringen, und es wird nachher besser sein als vorher. So wie bei Hiob, Abraham und vielen anderen.
Deshalb darf ich mich schon jetzt in dieser Situation freuen und danke sagen. Denn genau das ist es, was Geduld und Ausharren eigentlich bedeutet: das Bewusstsein, dass mein Leiden nicht sinnlos ist. Gottes Timing, sein Zeitplan ist perfekt, auch wenn es sich für mich nicht so anfühlt. Ich bin überzeugt, dass seine Gedanken höher sind als meine.
Mein letzter Tipp, Tipp Nummer vier: Erinnere dich!
Erinnere dich daran, dass du frei gemacht bist davon, Sklave deiner eigenen sündigen Natur zu sein. Wenn du in der Warteschlange stehst, wenn der Sonntagsfahrer vor dir dich zur Weißglut bringt, wenn deine lange Krankheit schlimmer statt besser wird oder wenn dir Menschen zu schaffen machen – dann erinnere dich: Du musst nicht zornig werden. Du musst nicht das Handtuch werfen.
Du bist kein Sklave von Missmut, Zweifel und Verzweiflung, sondern du darfst einer sein, und dazu bist du befreit. Du darfst einer sein, der Jesus immer ähnlicher wird.
Petrus schreibt am Anfang seines zweiten Briefes auch vom standhaften Ausharren. Wir haben uns damit in der Bibelstunde beschäftigt. Er schreibt dort: Wem diese Dinge fehlen – zum Beispiel auch Geduld – der ist blind und kurzsichtig und hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen.
Erinnere dich: Du bist kein Sklave deiner sündigen Natur mehr. Du musst nicht mehr so egoistisch oder zornig sein. Du darfst geduldig sein. Die Sünden sind dir vergeben, du bist freigemacht. Und genauso, wie Gott geduldig war und ist mit dir und deinem Charakter, so darfst auch du jetzt geduldig sein mit Menschen und in Situationen, die schwierig sind.
Das waren die vier Tipps zum Abschluss.
Ich möchte euch jetzt ganz zum Ende ein Lied vorlesen, das Simon Georg gedichtet hat. Ich mag diese CD sehr, sie heißt „Adjektiv“. Es ist ein Lied, das auch mit der Melodie sehr gut zum Ausdruck bringt, was der Text aussagt. Man kann es auf Sermon Online herunterladen, aber ihr könnt euch auch gerne die CD besorgen. Es sind wirklich einige sehr schöne, gute und hilfreiche Lieder darauf.
Ich möchte mit diesem Lied abschließen, weil es genau das zum Ausdruck bringt, was ich euch heute Morgen mitgeben wollte.
Abschlusslied und Gebet: Langsamkeit und Geduld akzeptieren lernen
Es heißt, wir sind geprägt von einer Schnelllebigkeit. Wir überholen einander am Puls der Zeit. Der Boden, dem wir trauen, trägt uns nicht weit. Wir sind hier und da und immer startbereit.
Wir wissen heute nicht, wohin uns das führt. Das Tempo, das uns unsere Umwelt diktiert, ist hoch. Lass mich verstehen, dass du nicht hektisch bist, dass deine Tagesordnung anders ist.
In der zweiten Strophe heißt es dann: „Ich will, dass Dinge sich sofort ändern. Ja, ich will auch selber anders sein als ich war, wie auf Bestellung. Alles morgen schon da, das fände ich gut, es wäre doch wunderbar.“
Doch ich habe keine andere Wahl, als zu sehen, dass Dinge eben nicht so schnell vorwärtsgehen. Lass mich verstehen, dass das in Ordnung ist, wenn du die Quelle meiner Ruhe bist.
Im Refrain heißt es dann: „Und ich will lernen, wieder Langsamkeit zu akzeptieren, wenn deine guten Hände mich in kleinen Schritten führen. Weil wahre Größe kaum von heute auf morgen existiert, weil echtes Wachstum selten über Nacht passiert. Deine Antwort fällt nicht immer mit der Tür ins Haus, denn manchmal hast du alle Zeit der Welt und Zeit darüber hinaus.“
Ich möchte noch beten und ich darf euch bitten, dazu aufzustehen.
Lieber Vater im Himmel, Langsamkeit zu akzeptieren, das fällt oft so schwer. Wir leben in dieser Zeit, die von Schnelligkeit und von Geschwindigkeit geprägt ist. Der Teufel will uns auch darin beschäftigt halten.
Aber Heiland, du willst uns Geduld beibringen – das Harren, das Aushalten, das Warten auf dich. Das möchtest du uns lehren, weil du ein geduldiger Gott bist und wir so werden sollen wie du, Heiland. Hilf du uns dabei!
Hilf uns zu erkennen, wo die Fallen in unserem Alltag sind, wo wir hineinfallen, weil wir ungeduldig werden, weil wir zornig werden, weil wir uns versündigen.
Und hilf uns zu begreifen, wo Lektionen in unserem Alltag sind, wo du uns Geduld lehren möchtest – durch Menschen, die uns begegnen und uns stören, durch Umstände, die uns begegnen, durch Leid, in dem wir feststecken.
Heiland, hilf uns, auf dich zu schauen und zu begreifen, dass du ein geduldiger Gott bist, dass du mit uns so viel Geduld gehabt hast. Hilf uns zu begreifen, dass wir nicht mehr diese Menschen sein müssen, die getrieben sind, die sich aufregen müssen, die zornig sein müssen, die ungehalten und ungeduldig sein müssen.
Sondern dass wir dazu befreit sind, auf dich zu warten. Schenk uns Vorbilder in unserem Alltag, in unserem Umfeld, die uns das lehren, an denen wir uns das abschauen können, wie es ganz praktisch funktioniert.
Lass uns immer wieder daran denken und zu dir, Herr Jesus, aufschauen – aber auch an all die Propheten, die uns Geduld gelehrt haben. Heiland, ich danke dir für diese Vorbilder und ich danke dir für deinen Heiligen Geist, der uns prägen möchte und diese Frucht in uns bewirken möchte: Geduld!
So geh du mit uns diese Woche. Ich möchte dir danken, dass du als unser himmlischer Vater viele interessante und spannende Lektionen vorbereitet hast und dass du das Beste für uns als deine Kinder im Sinn hast. Amen!