Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt! Amen!
Wir hören ein Wort der Heiligen Schrift. Es steht im 53. Kapitel des Propheten Jesaja. Diese wundervolle Verheißung bezieht sich auf das Kreuz Jesu:
Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber doch, Herr, war unsere aller Sünde auch ihm. Da er gestraft und gemartert war, tat er seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, seinen Mund nicht auftut.
Er ist aber aus Angst und Gericht genommen. Wer will seines Lebens Länge ausreden? Denn er ist aus dem Land der Lebendigen weggerissen, da er um die Missetat meines Volkes geplagt war.
Darum, dass seine Seele gearbeitet hat, wird er seine Lust sehen und die Hülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen, denn er trägt ihre Sünden.
Darum will ich ihm große Menge zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, darum, dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist, vieler Sünden getragen hat und für die Übeltäter gebetet.
Herr, dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost. Amen.
Wir singen aus dem Lied 251 den dritten Vers. Ja.
Die Bedeutung des Kreuzes im Leben der Menschen
Wir hatten uns vorgenommen, die Stätten der Passion, die Orte, an denen Jesus gelitten hat, zu besuchen. Heute lesen wir Lukas 23,33: „Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn daselbst und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken.“
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit! Amen!
Ich muss offen bekennen, dass ich erschrecke vor dem, was in den nächsten zwanzig Minuten vor mir liegt. Es geht darum, Ihnen deutlich zu machen, dass das, was vor zweitausend Jahren auf Golgatha geschehen ist, für die Menschen im Atomzeitalter unendlich wichtig ist – für die Ewigkeit wichtig.
Ich muss Ihnen gleich zu Beginn sagen, dass mir diese Aufgabe so sehr auf der Seele liegt, dass ich dafür zittere. Meine Aufgabe ist es nicht, Sie ein wenig zu unterhalten, sondern Ihnen Leben und Tod vorzulegen – ewiges Leben und ewigen Tod.
Ich möchte damit beginnen, zwei Verslein nebeneinanderzustellen, die sich sehr ähnlich sind. In diesen beiden Verslein wird auf phantastische Weise deutlich, wie arm ein Leben ist, das nicht unter Jesu Kreuz gelebt wird – und wie Jesu Kreuz unser Leben im Zentrum erfassen kann.
Das erste dieser beiden Verslein stammt von einem unbekannt gebliebenen Dichter, der um die Jahrhundertwende lebte:
„Viel Wege bin ich gangen, der Kreuz und in die Quer,
im Dunkel und im Irren, manch Leid tat mich verwirren,
mein Herz war arm und leer.
Dann heißt es ein paar Zeilen weiter:
Du findest nimmer Ziel,
geht’s dunkler Weg und heller
und harst vor jeder Schwelle
und bis des Windes Spiel.“
Wenn ich die Menschen um mich ansehe, sage ich: Es ist erschütternd.
Das andere Verslein fängt ganz ähnlich an. Es stammt vom Grafen Zinzendorf, und ich habe es hier oft zitiert:
„Ich bin durch manche Zeiten, ja auch durch Ewigkeiten
in meinem Geist gereist.
Nichts hat mir das Herz genommen,
als da ich angekommen auf Golgatha,
Gott sei gepreist!“
Das sind die beiden Möglichkeiten zu leben: Du bist das Windespiel – oder du sagst: Gott sei gepreist!
Macht uns das nicht Lust? Lockt uns das nicht, meine Freunde, nach Golgatha zu gehen? Lassen Sie uns im Geiste dorthin gehen. Wir sehen heute an das Kreuz.
Das Kreuz als Zentrum der Passion und Symbolik
Ich möchte meine Predigt unter das Thema „Das Kreuz“ stellen. Wie üblich gliedert sich die Predigt in drei Teile. Zuerst betrachten wir den vertikalen Balken, den senkrechten Balken des Kreuzes.
Dazu muss ich ein paar Worte vorwegschicken. Wir haben uns in der Passionszeit vorgenommen, die Stätten der Passion zu betrachten – das heißt die Orte, an denen der Herr Jesus gelitten hat. So sind wir an den Sonntagen der Passionszeit unterwegs gewesen: durch den Saal, in dem das Abendmahl stattfand, in den Garten Gethsemane, in den Palast des Hohenpriesters, bei Pilatus und auf dem Weg nach Golgatha.
Es ist natürlich logisch und selbstverständlich, dass am Karfreitag noch Golgatha dran ist. Doch dann wurde mir klar: Die Stätte des letzten Leidens, des unermesslichen Leidens des Sohnes Gottes, ist nicht der Hügel Golgatha. Nicht einmal der Hügel Golgatha selbst. Die wahre Stätte des unermesslichen Leidens Jesu ist in der Luft.
Man hat ihn hinausgehängt in die Luft, man hat ihn an den Pfählen befestigt. Dort, am Kreuz, zwischen Himmel und Erde, hängt er. Das Kreuz ist die letzte Stätte der Passion Jesu.
Die alten Ausleger haben immer wieder darauf hingewiesen, dass das Kreuz selbst, die Balken des Kreuzes, eine große Symbolik enthalten. Da ist zunächst dieser senkrechte Balken, der nach oben zeigt, sozusagen zu Gott hin, und nach unten, zu den Menschen hin.
Daran hängt Jesus – zwischen Gott und Mensch. Und zwar so, dass beide ihn hinausgehängt haben: Gott und der Mensch. Es hat nie einen Verfluchten in der Welt gegeben wie Jesus. Von den Menschen hinausgetan und vom lebendigen Gott hinausgetan, hängt er zwischen Himmel und Erde.
Davon spricht dieser Balken. Wie, er ist von Menschen hinausgetan? Das muss ich jetzt nicht mehr lange erklären. Das haben wir in den Passionssonntagen gesehen: wie das Volk, die Römer, die Soldaten – wahrscheinlich Germanen – alle beteiligt waren. Wie der Hohepriester, wie Kirche und Staat, Pöbel und Soldaten gemeinsam daran beteiligt sind, ihn hinauszuführen und auszustoßen.
Er ist von Menschen hinausgetan, meine Freunde. Er ist aber auch hinausgetan vom lebendigen Gott. Als Jesus schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, war das nicht ein kleiner Schmerzruf, wie wenn man Zahnschmerzen hat und zu Gott sagt: „Was tut das weh!“. Nein, das war ernst gemeint.
Er war von Gott verlassen, er war von Gott hinausgetan – von Menschen und von Gott.
Nun sehen wir: Das kann auch ein geistlich blinder Mensch in der Passionsgeschichte erkennen, dass Jesus von Gott und von den Menschen hinausgetan ist. Diesen Tatbestand kann jeder erkennen, dazu braucht es keinen besonderen Begriff. Aber warum das geschehen ist, warum Jesus von Menschen und Gott verflucht wird – dieses Geheimnis, warum und wieso – das kann uns nur die Bibel erklären, nur Gottes Wort.
Die Sünde, Gottes Zorn und das Kreuz als Schutz
Ich möchte Ihnen jetzt in wenigen Worten erklären, was die Bibel uns darüber sagt, warum Jesus von Menschen und von Gott hinausgetan ist. Um das zu veranschaulichen, stelle ich mir am liebsten eine große Tafel vor. Denken Sie daran, dass hier im Geist eine solche Tafel steht.
Oben an den Rand schreiben wir „Gott“. Damit meinen wir den, der Himmel und Erde geschaffen hat, den Richter der Welt, den mächtigen und furchteinflößenden Gott. Unten an den Rand schreiben wir „Mensch“ – besser noch, Sie schreiben Ihren eigenen Namen hin, zum Beispiel Wilhelm Busch, Karlheinz Bunzkopf oder wie Sie gerade heißen.
Wir stehen Gott gegenüber. Meine Freunde, jede Sünde, jede Lieblosigkeit, jeder Hass, jede Unkeuschheit und jede Gottlosigkeit ist eine Beleidigung Gottes. Auf der Tafel, dort wo unser Name steht, malen wir viele Pfeile, die gegen Gott gerichtet sind. Das ist unsere Sünde, die auf sein Herz trifft.
Gott reagiert auf unsere Sünde – darauf können Sie sich verlassen. Die Bibel sagt, dass Gottes Zorn gegen alle Ungerechtigkeit der Menschen entbrennt, die die Wahrheit in Lüge verwandeln. Was fürchten die Menschen? Haben sie Angst vor Atombomben? Nein, Narren! Vor Gottes Zorn sollten wir uns fürchten! Dieser Zorn entbrennt über die Berge von Schuld.
Nun malen wir auf unserer Tafel große Speere, die von Gott hinunter zu den Menschen gehen. Sehen Sie das Bild vor sich? Dieses Schaubild zeigt uns unsere Lage: Wir beleidigen Gott mit unseren Pfeilen, und Gottes Zorn entbrennt gegen uns.
Unsere Vorfahren sagten: Das Erste, was ein Mensch erkennen muss, ist sein verlorener Zustand. Das ist der verlorene Zustand.
Nun machen wir weiter. Sie haben hoffentlich die Tafel vor sich. Jetzt malen wir genau zwischen Gott und Mensch das Kreuz Jesu. Dieses Kreuz, dessen Längsbalken nach oben und unten zeigt.
Das Kreuz sperrt die Pfeile, die von unten kommen, den Weg. Ebenso blockiert es die Speere, die von oben auf uns zukommen. Und genau das sagt die Bibel: Jesus nimmt unsere Sünde auf sich. Wörtlich heißt es, er hat unsere Sünden hinaufgetragen an das Kreuz. Die Bibel sagt auch, er hat die Speere Gottes gegen uns abgefangen.
Dort steht geschrieben: Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden haben. Jesus trägt unsere Schuld und Gottes Gericht. Darum hängt er zwischen Gott und Mensch, an diesem Balken. Er trägt Gottes Zorn und unsere Sünde.
Dieses Schaubild macht uns etwas sehr Wichtiges deutlich. Ich hoffe, Sie haben genug Phantasie, um es sich vorzustellen. Gerade an diesem Bild wird klar, was wir tun sollten.
Ich bin vor dem Zorn Gottes nur geschützt, solange ich im Schatten des Kreuzes stehe, solange dieses Kreuz zwischen mir und Gott steht. Nun muss ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Von Natur aus stehen wir nicht im Schatten des Kreuzes. Sie sind nicht im Schatten des Kreuzes geboren. Die Taufe hat Sie ordentlich in den Schatten des Kreuzes gerückt.
Von Natur aus stehen wir auf der anderen Seite. Sehen wir uns das Schaubild noch einmal an: Dort steht Ihr Name. Meine Sünde geht direkt zum Herzen Gottes, und Gottes Zorn trifft direkt auf Sie.
Der natürliche Mensch ist in Zeit und Ewigkeit verloren. Es gibt ein Verlorengehen, es gibt eine Hölle. Wenn Sie sagen, Millionen gehen in die Hölle, dann sagen Sie: Millionen gehen in die Hölle. Spotten Sie nicht über Gott! Er lässt sich nicht verspotten.
Unsere Pfeile fliegen gegen den lebendigen Gott, und seine Speere gehen gegen uns Menschen. Wir müssen im Leben einen Schritt tun: Wir müssen von dieser ungeschützten Stelle, an der wir stehen, in den Schatten des Kreuzes gehen, sodass Jesu Kreuz zwischen mir und dem Zorn Gottes steht.
Diesen Schritt unter Jesu Kreuz nennen wir Bekehrung, die Bekehrung zum Glauben. Ohne diese Bekehrung kann ich Gott keine Chance geben, und Gott gibt ihr keine Chance. Diesen Schritt müssen wir tun.
Ich kann nur hoffen, dass Menschen heute Morgen zu diesem Schritt unter Jesu Kreuz gerufen werden. Wer auch immer ich bin, was ich auch gedacht habe und welche Schuld in meinem Leben liegt – hier unter Jesu Kreuz bin ich gerettet für Zeit und Ewigkeit.
Das ist das Erste.
Der Querbalken des Kreuzes und die menschliche Schuld
Lassen wir uns ein zweites Element betrachten. Wir wollten uns das Kreuz ansehen. Dabei betrachten wir nun den Querbalken.
Ich wiederhole noch einmal: Die alten Ausleger haben uns immer wieder darauf hingewiesen. Auch die Väter der Erweckung betonten, dass der Querbalken des Kreuzes eine tiefe Symbolik und Bedeutung enthält.
Schauen wir uns nun als Zweites diesen Querbalken an. Dieser Balken, an dem Jesus genagelt ist, zeigt nach rechts und links. Nach rechts zeigt er auf einen Mörder, der ebenfalls gekreuzigt ist. Und nach links zeigt der Balken auf Golgata auf einen weiteren Mörder, der ebenfalls gekreuzigt wurde. Eine nette Umgebung, nicht wahr?
Wenn Sie die Balken ins Unendliche verlängern, umfasst das schließlich die ganze Menschheit. Natürlich sagen Sie jetzt: „Wir sind doch keine Mörder, oder?“ Wir sind ja keine Mörder. Doch ich möchte, dass Sie einen Moment darüber nachdenken. Bitte folgen Sie meinem Gedankengang.
Diese beiden Mörder, die rechts und links von Jesus gekreuzigt waren, waren bestimmt Verbrecher. Jedes Vergehen hat jedoch eine doppelte Seite: Es ist ein Übertreten des menschlichen Gebots, aber auch eine Übertretung von Gottes Gebot.
Ich nehme an, hier sitzen Leute, die menschliche Gesetze nicht übertreten haben. Es sitzen hier keine Zuchthauskandidaten, das heißt, so ganz sicher bin ich mir auch darin. Und wenn ich Sie damit beleidige, dann wird mir immer deutlicher, dass die Hälfte der Menschheit kriminell ist – und nur davon lebt, dass sie nicht erwischt wurde.
Was meinen Sie, wie viele Leute hier sitzen, die aus der Vergangenheit Dinge zu verbergen haben, die, wenn sie ans Licht kämen, gegen menschliches Gesetz Verbrechen wären? Mich kennen eine ganze Reihe von Menschen, die ihr Leben lang geklaut haben. Da ist der Griff in die Portokasse, das kleine Diebstahlchen, das jemand nicht anzeigen kann.
Ich bin also nicht amtlich sicher, aber das ist jetzt nicht so wichtig. Ich sage: Jedes Vergehen ist ein Übertreten des menschlichen Gesetzes, aber auch eine Übertretung von Gottes Gesetz. Gottes Gesetz haben wir alle übertreten, wir sind alle schuldig.
Es möge niemand aufstehen und den dämlichsten Satz sagen, den das 20. Jahrhundert erfunden hat: „Ich tue Recht und scheue niemand.“ Es ist keiner hier, der Gottes Gebot nicht übertreten hat. Darum gleichen wir am entscheidenden Punkt den beiden Mördern, die neben Jesus gekreuzigt sind.
Gott helfe uns ins Licht der Wahrheit! Das wäre eine Karfreitagsfeier, wenn endlich einmal stumme Lippen aufgingen und jemand sagte: „Herr, mein Gott, ich habe gesündigt!“ Haben Sie das schon einmal zu Gott gesagt?
Sie kommen nicht weiter, wenn Sie nicht endlich den Schritt tun, ins Licht Gottes ganz alleine zu treten und zu sagen, wie der verlorene Sohn: „Ich habe gesündigt, ich gehöre zu diesen beiden Mördern.“ Das fällt uns sehr, sehr schwer, das zu sagen. Da rebelliert alles in uns.
Wenn wir sagen: „Herr Pastor Busch, es ist doch immer noch ein Unterschied zwischen einem anständigen Kaufmann oder einer wackeren Hausfrau und diesen beiden Mördern“, dann sage ich: Ist dieser Unterschied wirklich so fulminant groß?
Jesus sagt: Wer mit seinem Bruder einen Streit hat, der ist Mörder. Denn in seinem Herzen liegt die Gesinnung eines Mörders. Ist der Unterschied wirklich so groß?
Haben wir nicht oft die Wahrheit ermordet, wenn wir unsere Wege mit Lügen und Heimlichkeiten ebnen wollten? Haben wir nicht Reinheit an uns und anderen ermordet, mit schmutzigen Worten und triebhaften Taten? Haben wir nicht den Sohn Gottes mitermordet, jedes Mal, wenn wir ihn neu ans Kreuz nageln, ihm die Tür verschließen und das Recht verweigern, uns zu regieren?
Meine Freunde, es ist eine furchtbare Welt, in der wir leben, und in dieser Welt sind wir furchtbar. In diese Welt strecken sich die beiden Kreuzesarme aus. Der waagerechte Balken, eigentlich der Balken, die Hände, die daran genagelt sind, strecken sich aus nach dieser Sünderwelt.
Meine Freunde, dass die angenagelte Hand sich heute Morgen nach unserer Sünderversammlung hier ausstreckt, das ist das, was überwältigt, finden Sie nicht? Wir sind in der Sünderversammlung.
Nun gehen wir noch einmal nach Golgatha. Sehen Sie, als Jesu Hände dort angenagelt waren und sich zu den beiden Mördern ausstreckten, geschah etwas Erschütterndes, etwas Beunruhigendes.
Der eine der beiden Mörder wandte sich ab und sagte Jesus mit lästerlichen Worten: „Ich will dich nicht, bleib mir mit deinem Heil vom Leibe!“ Der andere aber rief ihn an: „Du König des Himmelreichs, erbarme dich über mich!“ Und Jesus antwortete: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
Zwei Wege, zwei Möglichkeiten. An Jesus, dem Gekreuzigten, entscheidet sich unser zeitliches und ewiges Schicksal.
Das Kreuz als Zeichen des Lebens und der Hoffnung
Ich möchte noch kurz ein drittes sagen. Wir hatten uns den Längsbalken angesehen, dann den Querbalken, und jetzt wollen wir uns das ganze Kreuz anschauen. Das Kreuz ist ein mathematisches Zeichen. Ich glaube, hier gäbe es viel zu erkennen, wenn ich nicht immer so ein schlechter Mathematiker gewesen wäre, nicht? Aber das weiß ich ja nun auch noch, dass das Kreuz zunächst ein Pluszeichen ist. Drei plus drei gleich sechs, nicht?
Darf ich das so sagen: In einer Welt, in der alles immer negativ ist und alles verheerend ausgeht, ist das Kreuz Gottes Pluszeichen in der Welt. Das Kreuz ist Gottes Ja zu uns, der uns haben und retten will. Aber das Kreuz ist mehr als das, es ist ein mathematisches Zeichen. Das Kreuz ist der Nullpunkt eines Koordinatensystems. Ein Koordinatensystem fängt mit dem Kreuz an, nicht?
Es wird mir klar, dass Gott am Karfreitag ein neues Koordinatensystem für die Menschheit gelegt hat, dessen Nullpunkt dieses Kreuz auf Golgatha ist – Jesus. Darüber gäbe es viel zu sagen. Lesen Sie dazu mal das erste Kapitel des Kolosserbriefs. Dort heißt es etwa: Jesus ist vor allem, und in ihm besteht alles. Das heißt, hier ist der Nullpunkt eines neuen Koordinatensystems. Gott zieht die Welt nur von Jesus her.
Wenn Sie Jesus nicht im Mittelpunkt Ihres Denkens haben, dann haben Sie ein schiefes Bild – jedenfalls ein anderes als Gott. Aber ich will lieber diesen gefährlichen Boden der Mathematik verlassen, weil ich mich dort immer sehr unsicher fühle, und möchte dasselbe noch einmal ein bisschen einfacher sagen.
Sehen Sie, vor einiger Zeit kam einer unserer Jungs, der hatte so einen kleinen Lungenknacks, in ein Sanatorium, in ein Waldsanatorium am Neckar. Und da schrieb er mir eine Postkarte – natürlich eine Ansichtspostkarte, da braucht man nicht so viel draufzuschreiben. Mein Junge schreibt mir gerne. Auf der Karte war das Städtchen unten zu sehen und am Waldrand das Sanatorium.
Dann schrieb er: „Das Zimmer, in dem ich wohne, habe ich angekreuzt. Ich habe da ein Kreuz hingemacht.“ Und dann sah ich, wie der Postbote die Karte liest: Da liegt das Haus, und da war so ein Kreuz. Da bin ich. Der Junge sagte also mit dem Kreuz gewissermaßen: Der Neckar ist ganz hübsch auf dem Bild, das Städtchen auch, aber was dich interessieren muss, Pastor Busch, ist, wo ich wohne. Da habe ich ein Kreuzchen gemacht, das habe ich angekreuzt.
Darf ich das so sagen: Gott hat gleichsam seinen Sohn nicht nur gekreuzigt für uns, er hat ihn angekreuzt, damit wir kapieren, dass es gar nicht so wichtig ist, wie Jesus, der geoffenbarte Gott, in dem alle Fülle der Gottheit wohnt, alle Barmherzigkeit Gottes, der Wille Gottes zur Errettung.
Gott hat seinen Sohn gleichsam angekreuzt, damit wir kapieren: Hier ist Friede, bei Jesus ist Leben, bei Jesus ist Kraft, bei Jesus ist Freude, bei Jesus ist Hoffnung – bei Jesus ist alles, was man hat ersehnen können. Es heißt in einer biblischen Geschichte am Schluss: „Sie sah niemand außer Jesus allein.“ Und das wünsche ich uns für den Karfreitag: Sie sah niemand außer Jesus allein und betete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart.
Ich gebe mich hin in dem freien Triebe, mit dem ich warm geliebt war. Ich will, anstatt an mich zu denken, mich ins Meer der Liebe versenken.
Schlussgebet
Lassen wir uns beten.
O Jesus, dass dein Name tief im Grunde unseres Herzens eingeprägt bleibe,
lass deine süße Jesusliebe in Herz und Sinn fest verankert sein!
Amen!