Einführung in das Thema Streit und seine Bedeutung
Rund ums Thema Streit – Tipps von einem Ex-Jähzornigen. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch: dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es darum, sich nicht überall einzumischen. Eine Woche lang dreht sich alles rund ums Thema Streit.
Bevor ich überhaupt anfange, möchte ich den Begriff Streit definieren. Mit Streit meine ich nicht den sinnvollen Austausch unterschiedlicher Meinungen, sondern das, was man gemeinhin darunter versteht. Also unschöne Worte, Geschrei, Beleidigungen, Rechthaberei, aber natürlich auch die stillen Varianten wie Flucht, Schweigen oder Dinge in sich hineinfressen.
Bei einem Streit geht es aus meiner Sicht also nicht darum, sinnvoll einen Konflikt zu lösen, sondern sich mit der eigenen Meinung auch schon mal auf Kosten der Wahrheit oder der Liebe – aber wohl immer auf Kosten der Höflichkeit – durchzusetzen.
Hinter einem Streit steht ein zu großes Ego, ein Ego, das unbedingt sein Ding durchziehen will und dem es nicht um ein Wir geht, geschweige denn um ein liebevolles Miteinander voller Verständnis, Sanftmut und Entgegenkommen.
So viel zur Definition.
Das Thema Streit wird in der Bibel von verschiedenen Seiten her beleuchtet, und ich will das diese Woche genau so tun. Anfangen möchte ich mit einer Episode, die mich fasziniert, weil hier jemand klug handelt: Gallio, der Prokonsul der Provinz Achaia.
Gallios kluge Entscheidung, sich nicht einzumischen
Paulus befindet sich in Korinth, wo es zu einem Aufstand gegen ihn kommt. Wir lesen darüber in Apostelgeschichte 18,12-17.
Als Gallio Prokonsul von Achaia war, traten die Juden einmütig gegen Paulus auf. Sie führten ihn vor den Richterstuhl und sagten: „Dieser überredet die Menschen, Gott entgegen dem Gesetz zu verehren.“
Als Paulus den Mund öffnen wollte, sagte Gallio zu den Juden: „Wenn es ein Unrecht oder eine böse Handlung wäre, Juden, so hätte ich euch vernünftigerweise ertragen. Wenn es aber Streitfragen sind über Worte und Namen und das Gesetz, das ihr habt, so seht ihr selbst zu. Über diese Dinge will ich nicht Richter sein.“
Er trieb sie von dem Richterstuhl weg. Alle aber ergriffen Sostenes, den Vorsteher der Synagoge, und schlugen ihn vor dem Richterstuhl. Gallio kümmerte sich nicht um dies alles.
Bis dahin erscheint die Episode auf den ersten Blick nur als eine weitere Begebenheit aus dem Leben eines verfolgten Apostels. Nur dass diesmal der Richter die Anklage gar nicht erst annimmt. Das ist gut für Paulus, aber schlecht für Sostenes, der dafür von seinen eigenen Leuten Prügel kassiert.
Die Frage ist: Warum lehnt Gallio, der Prokonsul von Achaia, die Anklage ab? Ganz einfach: Weil er kein Richter über innerjüdische Streitereien sein will. Er sagt wörtlich, es gehe um „Streitfragen über Worte und Namen und das Gesetz“. Darüber wolle er kein Richter sein und sich nicht einmischen.
Das ist natürlich ein kluger Schachzug – und zwar ganz grundsätzlich. Es ist weise, sich nicht in Streitereien einzumischen, die einen nichts angehen.
Biblische Weisheit gegen unnötige Einmischung
Wir lesen dazu in Sprüche 26,17: „Der packt einen Hund bei den Ohren, wer im Vorbeigehen sich über einen Streit ereifert, der ihn nichts angeht.“
Dieser Vers ist leicht zu verstehen. Hunde wurden von vielen Rabbis als unreine Tiere angesehen. Es gab sie also in Israel, wenn überhaupt, dann nur als Wachhunde oder halb verwildert frei herumlaufend. Wer solche Hunde an ihren empfindlichen Ohren packte, musste damit rechnen, von ihnen angefallen zu werden.
So wie man einen Hund nicht einfach an den Ohren packt, sollte man sich nicht in einen fremden Streit einmischen. Der Apostel Petrus greift dieses Thema ebenfalls auf, wenn er schreibt in 1. Petrus 4,15: „Denn niemand von euch leide als Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der sich in fremde Sachen mischt.“
Fremde Sachen, also die Probleme anderer, sind nicht deine Probleme. Manchmal sind wir zwar Lastenträger, Friedensstifter oder Mülleimer, die sich kümmern, befrieden oder zuhören. Dennoch sollte man genau überlegen, wie tief man sich in fremde Probleme hineinziehen lässt.
Wenn du merkst, dass du dazu neigst, dir viel zu schnell die Probleme anderer anzuziehen, und dass du in dir den Anspruch verspürst, die Probleme der Welt lösen zu müssen – oder zumindest die Probleme all derer, die mit dir im Hauskreis sind – dann will dich Petrus warnen. Überlege dir gut, was du tust.
Vor allem, wenn es darum geht, dass zwei sich streiten, müssen die Dritten vorsichtig sein. Sie sollten darauf achten, nicht gebissen zu werden oder Prügel zu beziehen.
Deshalb war der Prokonsul Gallio klug. Er wusste, dass er in der Sache nur verlieren konnte. Man wollte ihn zum Richter über innerjüdische Streitigkeiten machen, doch er lehnte dankend ab.
Jesus’ Haltung zu Streit und Einmischung
Wenn wir über das Thema Streit oder Streitereien sprechen, ist es wichtig, einen bestimmten Punkt im Blick zu behalten. Es ist falsch, unnötig Leid auf sich zu nehmen, weil man sich in fremde Angelegenheiten einmischt, die einen nichts angehen.
Jesus verhält sich diesbezüglich übrigens nicht anders. In Lukas 12,13-15 bittet ihn jemand aus der Volksmenge: „Lehrer, sage meinem Bruder, dass er das Erbe mit mir teilt.“ Doch Jesus antwortet: „Mensch, wer hat mich als Richter oder Erbteiler über euch eingesetzt?“
Direkt im Anschluss folgt eine Warnung. In Vers 15 sagt er: „Seht zu und hütet euch vor aller Habsucht, denn auch wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht aus seiner Habe.“
Seht ihr, Jesus winkt freundlich ab. Er tut das, weil er eines weiß: Streitereien entstehen wahrscheinlich fast immer aus einer schlechten Haltung.
Dazu morgen mehr.
Die Balance zwischen Einmischung und Friedensstiftung
Zum Abschluss stellt sich die Frage, wie es zusammenpasst, dass wir uns einerseits nicht einmischen sollen und andererseits Friedensstifter sein sollen. Sind Friedensstifter nicht per se solche, die sich einmischen?
Die Antwort scheint nein zu sein. Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass es nicht unser Streit ist, wenn Menschen sich streiten. Das gilt auch im Bereich der Evangelisation. Wir können Menschen darauf hinweisen, dass es Frieden mit Gott gibt. Aber wir können leider nie mehr tun, als in aller Freundlichkeit einzuladen: Lasst euch versöhnen mit Gott!
Ein Friedensstifter kann nur dort Frieden wirken, wo die betroffenen Parteien das auch wollen. Deshalb heißt es in Römer 12,18 ganz nüchtern: „Wenn möglich, so viel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden.“ Merkt ihr die Einschränkungen „wenn möglich“ und „so viel an euch ist“?
Wir suchen den Frieden in unserem Umfeld, bieten uns als Friedensstifter an und laden zur Bekehrung ein. Aber immer müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass es beim Thema Streit immer mehr als eine Partei gibt. Und alle Parteien müssen den Frieden wollen, sonst mühen wir uns vergeblich.
Friedensstifter mischen sich nicht ein, aber sie bieten sich an, weil sie den Frieden lieben, so wie Gott ihn liebt. Deshalb werden sie auch „Söhne Gottes“ genannt. Matthäus 5,9: „Glückselig sind die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes heißen.“
Persönliche Reflexion und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, ob du dazu neigst, dich für Probleme von Menschen verantwortlich zu fühlen, die dich eigentlich nichts angehen.
Das war's für heute. Am Mittwoch findet wieder meine Online-Bibelstunde um 19:15 Uhr statt. Es geht weiter im 1. Johannes 1.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.