Liebe Hörerinnen und Hörer, wir grüßen Sie ganz herzlich aus dem Studio Mitternachtsruf.
Sie hören nun eine Botschaft aus der Vortragsreihe, die während eines Wochenendes in Bad Windsheim aufgenommen wurde. Unter dem Generalthema „Analyse der Zeit“ sprachen Doktor Wolfgang Knestvogel, Ulrich Sgambraks und Norbert Lied.
Diese Botschaften können Sie in unserem Verlag einzeln oder auch im Paket auf CD erhalten.
Wir hoffen, dass Ihnen diese Botschaften zur geistlichen Hilfe und Orientierung dienen, und wünschen Ihnen Gottes Segen.
Ihr Missionswerk Mitternachtshof
Einführung in das Thema und Leitgedanke
Das Thema dieses Vortrags lautet: Renaissance der Werte? Die Umdeutung des Familienbegriffs als Herausforderung für Christen.
Wir wollen diesen Vortrag unter den Leitgedanken von 1. Chronik 12,33 stellen. Dort wird berichtet, wie die Männer von Israel zu David kommen, um ihn zum König zu machen. Anschließend werden die Vertreter der verschiedenen Stämme benannt. Es heißt dort von den Söhnen Isascha: Die Söhne Isascha verstanden die Zeiten zu beurteilen und wussten, was Israel tun musste.
Das ist ein ganz entscheidender Zusammenhang. Wir wissen nur, was wir zu tun haben, wenn wir die Zeiten zu beurteilen verstehen. Dieses Ziel sollen auch alle unsere Referate verfolgen, so auch meine Überlegungen zur Wertfrage und zum Begriff der Familie.
Sie haben bereits festgestellt: Die Familie ist längst wieder ein öffentliches Thema geworden. Immer mehr nachdenkliche Menschen erkennen allmählich, dass, wenn die Familie nicht funktioniert, auf Dauer auch eine Gesellschaft, ein Land oder eine Nation nicht in vernünftigen Formen leben kann.
Gesellschaftliche Bedeutung der Familie und aktuelle Debatten
So erregte es viel Aufsehen, als im März dieses Jahres einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, nämlich Frank Schirrmacher, sein neues Buch herausgab. Das Buch trägt den Titel Minimum, mit dem Untertitel Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft.
In diesem Buch sagt Schirrmacher, dass Familien allgemein zu einem knappen Gut werden, zu einem Minimum, obwohl sie so wichtig wären. Nur in Familien steht man uneigennützig ein für seine Kinder, für Geschwister und für Verwandte. Die Familie, so Schirrmacher, ist die Urgewalt unserer Gesellschaft, ihr innerster Kern. Das ist nicht sehr neu, aber es ist interessant, dass es in dieser Weise wieder einmal gesagt wird – von einem, der nicht gerade in besonderem Verdacht steht, ein nachdrücklicher Vertreter christlicher Positionen in der Medienlandschaft zu sein.
Weiter sagt Schirrmacher, dass oft aus Egoismus und nur wegen der Kosten über Kinder nachgedacht werde, nicht aber unter sozialem und menschlichem Gesichtspunkt. Dann beschreibt er die Spirale der Kinderlosigkeit: Wer keine Kinder mehr aufwachsen sehe, wolle selbst auch keine haben. Das übertrage sich inzwischen auf die Kinder selbst, also jeweils wieder auf die nächste Generation.
Schirrmacher zitiert: „Es wird in den kommenden Jahren viele Familien geben, in denen das jüngste Mitglied bereits jenseits der 40 ist.“ Das jüngste Mitglied jenseits der 40 in vielen Familien. Selbst die notwendige Integration von Ausländern, sagt er, funktioniere nicht, wenn die Einwohner in den Großstädten gar nicht mehr die Chance haben, zu sehen, was eine deutsche Familie ist.
Dann fragt Schirrmacher besorgt, was geschehe, wenn eine Urgewalt, also die Familie, einem Minimum entgegenschrumpfe. Die Verwandtschaften schrumpfen und damit auch die Netzwerke, sagt er. Er erinnert noch einmal daran, dass Blut dicker sei als Wasser. Außerdem verweist er auf historische Unglücksfälle, bei denen wir am besten durchkamen – die Familienverbände.
Er macht das sehr schön klar in einer dramatischen Geschichte eines Siedlerzugs in Amerika: Die Familien erreichten das Ziel noch in höherem Maße als die vermeintlichen Helden, die als einsame Abenteurer auf der Strecke geblieben sind.
Darum lautet Schirrmachers Aufruf: „Zurück zur Familie, zu mehr Kindern! Wir müssen die Talsohle des Minimums durchschreiten.“ Er sagt: „Nachwuchs ist der Urvertrag einer Gesellschaft schlechthin.“
Mit diesen Überlegungen reiht sich Schirrmacher ein in eine ganze Reihe von Autoren wie den Verfassungsrichter Udo Di Fabio in seinem Buch Die Kultur der Freiheit oder auch Professor Paul Kirchhoff, der ja zwischenzeitlich mal im Gespräch war für das Amt des Bundespräsidenten. Er hat sich immer wieder in ähnlicher Weise dazu geäußert.
Historischer Rückblick auf die Familiendebatte
Inzwischen ist diese ganze Diskussion auch in der Tagespolitik angekommen. Noch vor 30 Jahren war die öffentliche Stimmung eine völlig andere. Es ist wichtig, diese damalige öffentliche Stimmung noch einmal in Erinnerung zu rufen, weil viele der Schwierigkeiten, mit denen wir heute kämpfen, ihre Ursache in jener Zeit haben.
Darum leisten wir uns zunächst einen kurzen Rückblick – das ist mein erster Punkt heute Morgen: Rückblick oder die Abwertung der Familie.
Ich kann hier natürlich nur in Stichpunkten sprechen, da es sonst nicht möglich ist, diesen größeren Zusammenhang aufzuzeigen. Ich bitte dafür um Verständnis.
In den sechziger und siebziger Jahren war die öffentliche Meinung von einer Stimmung geprägt, die man durchaus als offen familienfeindlich bezeichnen kann. Nicht in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern weltanschaulich galt die Familie als Auslaufmodell. Sie wurde verunglimpft, schlimmer noch: Sie wurde als ein autoritäres System der Unterdrückung bezeichnet.
Die ideologischen Stichwortgeber waren damals die Wortführer der sogenannten Frankfurter Schule, also jene neomarxistische Philosophie, die hinter der 68er-Bewegung stand, von der ja auch Bruder Lied heute Vormittag schon gesprochen hat. Horkheimer, Marcuse, Adorno – das waren einige der Wegbereiter dieser Frankfurter Schule.
Sie sagten: Wer die Gesellschaft verändern will, muss an die Fundamente heran. Der Hauptfeind des Neomarxismus war daher die klassische Familie. Sie wurde verdächtigt, ein Herrschaftsinstrument zu sein. Institutionen wie die Ehe dienten nur der Unterdrückung und verhinderten echte Emanzipation.
Darum entwickelte man eine emanzipatorische Pädagogik, die vor allem auf antiautoritäre Erziehung setzte. Kinder sollten sich von der Elternherrschaft befreien. Die Pädagogik sollte sie zum Widerspruch und zum Aufbegehren gegen die elterliche Autorität anleiten – und ebenso zum Aufbegehren gegen die Gebote des lebendigen Gottes. Man hielt diese Gebote zwar nicht für einen lebendigen Gott, verstand sie aber als göttliche oder, wie man sagte, kirchliche Gebote.
Selbstbestimmung war das große Wort. Christliche Werte des Zusammenlebens wurden lächerlich gemacht und als Unterdrückungsinstrumente der kapitalistischen Gesellschaft verunglimpft. Man lachte über Treue, Keuschheit und Zuverlässigkeit.
Folgen der ideologischen Umwälzungen
Seit fast vierzig Jahren ist die Wirkung der Frankfurter Schule spürbar. Eine Bilanz, die vor allem mit der Abwertung der Familie einhergeht, lässt sich bei Frank Schirrmacher nachlesen. Die Frankfurter Schule hat ein Trümmerfeld hinterlassen. Der Rohstoff Familie, wie er es nennt, wird zum Minimumfaktor.
Wir befinden uns längst in der sogenannten demografischen Katastrophe. Das bedeutet, dass wir immer weniger Kinder haben. Gleichzeitig wird die Anzahl der Jungen immer geringer. Diese müssen eine immer größer werdende Zahl älterer Menschen auf Dauer finanzieren. Später werden wir noch einmal auf diesen Punkt eingehen.
Die Bindungsunfähigkeit unserer Zeitgenossen wird immer offensichtlicher. Ein Symptom dieser Bindungsunfähigkeit sind die sogenannten Patchwork-Familien. Dabei leben Menschen für begrenzte Zeit zusammen. Sie bringt ihre Tochter mit, er bringt seinen Sohn mit, und gemeinsam leben sie eine Zeit lang zusammen.
Es gibt auch homosexuelle Lebensgemeinschaften, in denen beide Männer Kinder aus vorherigen ehelichen oder zwischengeschlechtlichen Beziehungen mitbringen. Patchwork-Familien auf Zeit, Lebensabschnittspartner.
Die Folgen, besonders im Bereich der Jugendlichen, sind deutlich spürbar. Es gibt eine Zunahme der Jugendkriminalität, Probleme mit Drogen, eine steigende Selbstmordrate und natürlich – im Zusammenhang mit Pisa ausführlich diskutiert – den Bildungsnotstand in Deutschland, dem ehemaligen Land der Dichter und Denker.
Diese wenigen Stichworte machen deutlich, wie tief die Frankfurter Schule ihre Spuren in unserem Land hinterlassen und eingegraben hat.
Persönliche Erfahrungen und literarische Zeugnisse
Die Ersten, die unmittelbar die Früchte dieser emanzipatorischen Erziehung am eigenen Leib erleben mussten, waren wir – die Kinder der 68er.
Eines dieser Kinder hat 2004 einen bewegenden Roman geschrieben, der in der öffentlichen Debatte viel Furore machte: Sophie Dannenberg. Sie schreibt unter Pseudonym, und es wurde viel gerätselt, wessen Tochter sie wohl gewesen sein könnte, da sie ihren Namen nicht preisgeben wollte. Ihren Roman nennt sie „Das bleiche Herz der Revolution“.
Dort beschreibt sie die Kälte und Herzlosigkeit, die diese neomarxistische Philosophie gerade auch in den Familien der 68er hinterlassen hat. Der Spiegel interviewte sie dazu, und in diesem Gespräch sagte Sophie Dannenberg Bemerkenswertes: Die 68er waren groß im Zerstören von Institutionen und Werten. Die deutsche Universität haben sie auf dem Gewissen, ebenso die Familie, das Leistungsprinzip, Etikette und Anstand, Verlässlichkeit, Geborgenheit und Respekt.
Sie erklärt weiter, dass die 68er damals ideologisch legitimierten, also rechtfertigten, einen totalen Umbruch und eine Zerstörung der familiären Strukturen. Dieser Umbruch hat sich gesellschaftlich vollzogen. Allerdings sagt sie, es habe sich nicht als Utopie vollzogen – also nicht als Traum von einer schönen künftigen Welt, der jetzt verwirklicht wurde. Nein, es habe sich als Verwahrlosung vollzogen. Das sei das Ergebnis.
Der Spiegel fragte nach: „Wie meinen Sie das?“ Sophie Dannenberg antwortete: „Wir haben die Schlüssel-Kinder, alleinerziehende Frauen, Patchwork-Familien. Mit der Bildung geht es bergab. Die 68er sind ja mit der Idee angetreten, Schulen und Universitäten zu demokratisieren. PISA zeigt uns, dass da etwas schiefgelaufen ist.“
An anderer Stelle führt sie das noch weiter aus. Sie berichtet von einem Besuch in der Berliner Universität, wo überall Graffitis zu sehen waren und Leute mit leeren Kuhaugen ihr entgegenkamen – wie sie in dem Interview sagt. Diese Menschen strahlten alles andere aus als Zuversicht und Lebensfreude.
Das „bleiche Herz der Revolution“ – so beschreibt es eine junge Dame, die in diesem Milieu, in einer solchen Familie aufwachsen musste – ist das Erbe der Achtziger.
Die Heilige Schrift sagt: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“
Aktuelle Stimmungen und politische Entwicklungen
Inzwischen, so stellen wir fest, hat sich die Stimmung längst gewandelt. Bücher von Autoren wie Schirmacher, Minimum und Sophie Dannenberg sind nur zwei Beispiele von vielen. Immer wieder hören wir von der Sehnsucht, gerade junger Menschen, nach Familie, nach Treue, beständiger Zweisamkeit und eigenen Kindern.
Auch außerhalb des christlichen Milieus werden diese Werte zunehmend wieder wichtig. Dieser Grundton spiegelt sich auch in der aktuellen politischen Diskussion wider.
Damit kommen wir zu unserem zweiten Punkt. Nach diesem kurzen Rückblick auf die letzten vierzig Jahre wenden wir uns der Gegenwart zu. Nach der Abwertung der Familie folgt nun zweitens das Stichwort Aufwertung der Familie.
Das haben Sie auch in den letzten Wahlkämpfen gesehen: Politiker schmückten sich immer wieder damit, die Familie fördern zu wollen. Und es ist noch nicht lange her, Anfang des Jahres, als Bundespräsident Horst Köhler eine Grundsatzrede an der Evangelischen Akademie in Tutzing hielt.
Dort forderte er eine stärkere Beachtung und Wertschätzung der Familie innerhalb der Gesellschaft. Der Bundespräsident sagte, ich zitiere: „Ich möchte über das Glück sprechen, das jeder einzelne neue Erdenbürger seinen Mitmenschen bringen kann. Jedes Kind ist ein Geschenk für mich und für viele Menschen auch ein Geschenk Gottes.“
Köhler fährt fort: „Wir müssen alles tun, um die Familien zu schützen und bei Fürsorge und Erziehung zu unterstützen. Das ist mit gutem Grund ein Auftrag unseres Grundgesetzes.“ Soweit erst einmal der Bundespräsident.
Demografische Herausforderungen und gesellschaftliche Folgen
Ein Auslöser für die neue Aufwertung der Familie und die Besinnung auf sie ist sicherlich auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten das demografische Horrorszenario. Dieses ist längst kein Phantasiegebilde mehr, sondern lässt sich nüchtern mit Zahlen belegen.
Ich nenne Ihnen einige Zahlen: Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts betrug die Zahl der Lebendgeborenen pro Frau in Deutschland bei den Einwohnern mit deutscher Staatsangehörigkeit 1,2 – manche sagen 1,3 – Kinder pro Frau. Für den Ersatz der Elterngeneration durch deren Kinder benötigt man in Ländern mit niedriger Sterblichkeitsrate jedoch eine Geburtenrate von wenigstens 2,1 Kindern pro Frau.
Wir haben aber nur 1,2 bis 1,3 Kinder pro Frau. Daraus lässt sich leicht errechnen, dass die Deutschen ein immer zahlenmäßig weiter schrumpfendes Volk sind und bleiben werden. Diese Entwicklung ist in der Statistik sehr schön erkennbar: Deutschland ist eine alternde Gesellschaft.
Hier können Sie sehen, wie die Alterspyramide im Jahr 1900 aufgebaut war, bei damals 56 Millionen Einwohnern. Viele junge, arbeitsfähige Menschen versorgten eine sehr schmale, schlanke Spitze älterer Mitbürger. Im Jahr 2000 hat sich diese Grafik völlig verändert. Statt einer Pyramide zeigt sie nun einen breiten Bauch und einen breiten Gürtel – die Bevölkerung ist „dicker“ geworden.
Das Verhältnis zwischen jungen Erwerbstätigen und älteren, nicht mehr Erwerbstätigen verändert sich beständig. So wird im Jahr 2050, laut der dritten Grafik, bei schätzungsweise 64 Millionen Einwohnern die Last der vielen Älteren von immer weniger Jüngeren getragen werden müssen.
Ein bekannter Bevölkerungsforscher, Joseph Schmid, sagte im März 2006 in einem Interview im Deutschlandfunk Folgendes: Früher sei das Aussterben der Deutschen belächelt und bekrittelt worden, nun sei es amtlich. Die demografische Implosion der größten Demokratie Europas sei auf jedem kleinen Taschenrechner nachzuvollziehen.
Er spricht hier von der demografischen Implosion – das ganze System bricht in sich zusammen. Weiter sagt Schmid: „Jede Generation macht die nachfolgende um ein Drittel kleiner als die eigene.“ Diese Aussage hat in der Wochenzeitung „Die Zeit“ zu einer treffenden Karikatur geführt.
Dort sitzt ein kleiner Junge im Sandkasten. Auf der Bank am Rande des Sandkastens sitzen viele Generationen, die ihm bei seinem Spiel zuschauen. Der Junge backt Kuchen für alle und sagt: „Eins für Mama, eins für Papa, eins für Oma, eins für Opa, eins für Uroma, eins für Uropa, puh, eins für Uroma, eins für Uropa.“
Dieser kleine Junge hat so viele Vorfahren, die immer älter werden, und er ist der Einzige, der für sie Kuchen backen kann. Das ist ein sehr anschaulicher Ausdruck der demografischen Entwicklung in unserem Land.
Erstaunlich ist, wie wenig Aufmerksamkeit in der ganzen Debatte um dieses Problem der hohen Zahl der Abtreibungen geschenkt wird, obwohl der Bundespräsident in seiner Rede auch darauf hingewiesen hat. Man muss sich das einmal klar machen: Offiziell gibt es etwa 130.000 Abtreibungen pro Jahr, die Dunkelziffer liegt wesentlich höher.
Viele Experten sagen, mindestens doppelt so viele Abtreibungen müssten eigentlich berücksichtigt werden. Auch dann kann man mit oder ohne Taschenrechner ausrechnen, was das für die Entwicklung unseres Bevölkerungswachstums in den zurückliegenden und in den kommenden Jahren bedeutet.
Vor diesem Hintergrund ist es höchste Zeit – und auch kein großes Verdienst –, dass endlich die Bedeutung von Familie und damit verbunden auch von Nachkommenschaft in der Öffentlichkeit und in der Gesellschaft wieder wahrgenommen wird.
Die Frage nach dem Familienbegriff
Damit stellt sich jetzt allerdings eine atemberaubende Frage, die keineswegs selbstverständlich beantwortet werden kann, wie wir sehen: Was ist eigentlich Familie?
Alle reden davon, dass die Familie wiederbelebt werden müsse. Was stellen Sie sich darunter vor?
Nun, der Bundespräsident hat gute, hilfreiche Worte gefunden in seiner Tutzinger Rede. Er hat aber auch Folgendes gesagt, und das sei Ihnen nicht vorenthalten:
Zitat: „Kinder auf das Leben vorzubereiten, partnerschaftliche Lebensentwürfe zu verwirklichen, das kann in ganz unterschiedlichen Strukturen gelingen: in der Ehe, in nichtehelichen und auch gleichgeschlechtlichen Familien“, so der Bundespräsident. „In Patchwork- oder Einelternfamilien.“
Er fügt dann zwar hinzu: „Leitbild ist für mich nach wie vor die Ehe mit Kindern“, aber vorher hat er es gesagt.
Auf der einen Seite ein lautes, rührendes Plädoyer für die Bedeutung der Familie, und wenige Sätze danach ein Eintreten für die ebenso akzeptable Form nichtehelicher und gleichgeschlechtlicher Familien, Patchwork-Familien und Einelternfamilien.
Damit wird in diesen wenigen Formulierungen des Bundespräsidenten deutlich, wie umstritten die Frage ist, was Familie überhaupt bedeutet.
Umwertung des Familienbegriffs
Damit kommen wir zu unserem dritten Punkt in diesem Vortrag. Nach der Abwertung der Familie durch die Frankfurter Schule und der Aufwertung der Familie in der aktuellen Diskussion – gerade auch angestoßen durch die demografische Problematik – erleben wir vor unseren Augen eine Umwertung des Familienbegriffs.
Das ist der dritte Punkt, den ich Ihnen nun an einigen Beispielen verdeutlichen möchte. Wir stehen vor einer massiven Umwertung der Familie. In diesem dramatischen Prozess lassen sich einige Eckpfeiler der Debatte benennen, die ich hier in vier Unterpunkten zusammenfassen möchte.
Diffamierung der Nurhausfrau
Drittens die Umwertung der Familie beziehungsweise des Familienbegriffs. Hier ist der erste Eckpfeiler, wenn Sie so wollen, die sogenannte Diffamierung der Nurhausfrau.
Ein ganz wichtiger Aspekt in der aktuellen Diskussion ist die Diffamierung der Nurhausfrau. Eine Dame, die sich in dieser Debatte besonders hervortut, von der man das eigentlich nicht erwartet hätte, weil sie immer als Vorzeigemutti mit sieben Kindern in den Medien präsentiert wird, ist meine hannoversche Mitbürgerin Frau von der Leyen, die Familienministerin.
Viele hatten, als sie ins Amt kam, erwartet, dass eine Mutter von sieben Kindern, die sich zum Glauben der evangelischen Kirche bekennt, frischen Wind ins Familienministerium bringt. Und ich muss Ihnen sagen: Es kam tatsächlich ein enorm frischer Wind ins Familienministerium. Frau von der Leyen und Frau Merkel haben sich daran gemacht, die Strukturen des Familienverständnisses in unserem Land nachhaltig zu verändern. Sie setzen praktisch um, was Ruth Grün sich in der Deutlichkeit noch nicht zu vollenden getraut hatte. Dieses Ziel vollenden jetzt Frau Merkel und Frau von der Leyen.
Es geht um die Diffamierung der Nurhausfrau. Es gibt interessante Untersuchungen dazu: Von den 18- bis 44-jährigen Frauen in Deutschland sagen nur 17 Prozent, dass sie daran glauben, dass man als Hausfrau anerkannt ist. Das Sozialprestige eines jahrtausendealten Lebensmodells ist innerhalb weniger Jahrzehnte auf ein niedrigstes Niveau gesunken – auch als eine Frucht der Frankfurter Schule.
In einer anderen Untersuchung, die sich nicht nur auf die 18- bis 44-Jährigen konzentriert, sind es sogar nur sieben Prozent der deutschen Hausfrauen und Mütter, die sich in ihrer Rolle akzeptiert fühlen. Wir erleben auf Schritt und Tritt – das konnten Sie zum Teil auch in der Zeitschrift Topic nachlesen – eine gezielte Verunglimpfung von Vollzeitmüttern.
Nur ein Beispiel möchte ich hier nennen: In Topic, April 2006, auf Seite 7 hat Bruders Kambraks das dankenswerterweise ausführlich geschildert. Dort gibt es eine Homepage www.frauenmachenkarriere.de. Diese Homepage schmückt sich mit dem offiziellen Logo des Familienministeriums und dem Bild von Frau Ursula von der Leyen.
Dort wurde im März ein Interview mit einer Journalistin namens Barbara Bierach abgedruckt. Diese Frau Bierach hatte ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Das dämliche Geschlecht“. Sie merken die Doppeldeutigkeit von „Dame“ und „dämlich“. In ihrem Buch schreibt sie über ihre eigenen Geschlechtsgenossinnen.
Im Interview sagte sie: Vor allem die Nurmütter, also Nurhausfrauen, seien oft der schlimmste Feind der berufstätigen Mütter, weil sie diese häufig als Rabenmütter beschimpfen und ihnen ein schlechtes Gewissen machen. Dann wurde sie gefragt, ob das Klischee der Rabenmutter, die sich zu wenig um ihre Kinder kümmere, in Deutschland nicht langsam überwunden sei. Ihre Antwort: Nein, leider nicht.
Die „Mutterkreuz-Fraktion“ sei stärker denn je. Das gehe noch weiter. Es sei ein hartnäckiges und giftiges Erbe aus der Nazizeit. Sie fährt fort: Es gelte wieder zunehmend als soziales Prestigezeichen, wenn eine Familie es sich leisten könne – und dann folgt eine ganz ironisch-hämische Formulierung – dass Mutti zu Hause bleibe.
Hier geschieht also nicht weniger, als dass quasi ein Nazistempel auf diejenigen gedrückt wird, die aus Überzeugung sich um ihre Familie kümmern und deshalb auf Berufstätigkeit verzichten. Der Missbrauch, mit dem Hitler die Mutterschaft für seine Ideologie instrumentalisieren wollte, wird parallelisiert mit den in Anführungszeichen „Nurhausfrauen“ und „Nurmüttern“, die sich dazu entschlossen haben, ganz für ihre Familie da zu sein.
Und das geschieht auf einer Homepage, deren Titelzeile mit dem Logo der deutschen Familienministerin geschmückt ist. Das ist die Situation in unserer Gesellschaft, in unserem Land.
Darum ist es kein Wunder, dass die Tagesschausprecherin Eva Herrmann einen ziemlichen Wirbel auslöste. Einige von Ihnen nicken, sie haben das gelesen, als sie vor einigen Wochen in dem konservativen Magazin Cicero einen Artikel veröffentlichte, in dem sie sich kritisch zur Emanzipationsbewegung äußerte.
Ich will in Klammern dazu sagen: Frau Herrmann ist nun nicht gerade das Paradebeispiel dessen, was der christliche Glaube unter einer beständigen Ehefrau versteht. Sie selbst ist in vierter Ehe verheiratet. Trotzdem ist es umso bemerkenswerter – und das muss man ihr einfach mal abnehmen –, dass ein Mensch ja auch klüger werden kann.
Sie ist nicht bekannt dafür, dass sie Christin sei. Von daher sind offensichtlich auch die biblischen Gebote nicht in der Weise als verbindlich vertraut. Wir können ja von einem Nichtchristen nicht erwarten, dass er aus Überzeugung die biblischen Gebote einhält. Gut, das rechtfertigt das nicht. Ich will nur sagen: Diese Frau Herrmann hat trotz allem Folgendes geschrieben.
Zitat: „Die Frauen, die vor knapp einem halben Jahrhundert entschlossen und hoffnungsvoll dem Ruf der Emanzen und Feministinnen folgten, sind im beruflichen Kampf gegen die Männer am Ende ihrer Kräfte angelangt.“ Sie spricht jetzt davon, dass man sehen müsse, was das Glück bedeutet: ein Baby zu bekommen, einen liebenden Mann an der Seite zu haben und etwas zu erschaffen, was man den Familiensegen nennt.
Sie sagt, viele Frauen vergeudeten ihre wunderbaren Kräfte, um Geld zu verdienen, obwohl sie es nicht müssten. Sie seien wegen permanenter Überforderung ausgelaugt und hätten nicht selten suizidale Phantasien, also würden sich mit dem Gedanken an Selbstmord befassen.
Interessant ist, was diese Äußerung von Frau Herrmann dann ausgelöst hat: Einige Feministinnen forderten in der Debatte, man müsse ihr untersagen, jemals wieder im öffentlichen Fernsehen aufzutreten, weil dort eine Verpflichtung zur Neutralität bestehe.
Das ist eine sehr einseitige Neutralität, die hier herrscht. Die Gegenposition darf frisch und fröhlich verbreitet werden. Sobald sich jedoch jemand mit den unbestreitbaren schlimmen Folgen der Emanzipationsbewegung befasst – gerade als Frau –, wird er in dieser Weise beschimpft. Man möchte ihn am liebsten vom öffentlichen Diskurs ausschließen.
In die Diffamierung der Nurhausfrau passen auch die Pläne des Generalsekretärs der CDU, Pofalla, das Steuerrecht so zu verändern, dass das jahrzehntelang bewährte Ehegattensplitting abgeschafft wird.
Man sagt, gut, man ersetzt das durch ein Familiensplitting. Doch damit setzt man ein deutliches Signal. Es wird bereits die Formulierung gebraucht: „Wir wollen keine Trauscheine finanzieren.“ Das heißt, die Ehe als solche, sofern sie nicht Kinder hervorbringt, gilt nach diesen Äußerungen dem Staat nicht mehr als förderungswürdig.
Dabei sagt das Grundgesetz ganz deutlich, dass die Institution Ehe für sich genommen absolut zu schützen ist, weil man eben weiß, dass sie unverzichtbar ist für die Stabilität des gesellschaftlichen Wertefundaments.
Also passen die Pläne zur Abschaffung des Ehegattensplittings, geäußert vom Generalsekretär der CDU, genau in diese Schiene einer zunehmenden Diffamierung der sogenannten Nurhausfrauen. Diese sollen mit aller Macht dazu gedrängt werden, endlich ins Berufsleben einzusteigen und der wirtschaftlichen Verwendung zur Verfügung zu stehen.
Das ist ein Teil des Geflechts der Umwertung der Familie.
Einebnung der Unterschiede zwischen Mann und Frau
Wir kommen zu einem zweiten Pfeiler, der die Einebnung der Unterschiede zwischen Mann und Frau betrifft. Auch dazu gibt es einen aktuellen politischen Anlass. Erinnern Sie sich bitte an die Diskussion über das Familiengeld, das Frau von der Leyen den Familien zahlen will. Dieses Ausgleichsgeld im Falle einer Geburt gilt zunächst nur für Berufstätige.
Es passt also auch noch zu unserem Punkt A: Es gilt nicht für Mütter, die aus Überzeugung zu Hause bleiben. Dieses Ausgleichsgeld gilt ausschließlich für Berufstätige, die damit einseitig bevorzugt werden. Nun geht es noch weiter: Der volle Betrag, nämlich über 14 Monate, wird nur dann ausgezahlt, wenn der Vater mindestens zwei Monate lang zu Hause bleibt.
Das ist also ein gezielter Schritt auf dem Weg zur Einebnung der Unterschiede zwischen Mann und Frau. Frau Merkel und Frau von der Leyen haben dies auch offen begründet. Sie wollten die Männer ein bisschen erziehen. Ja, sie wollen umgestalten und das Bild verändern. Das sagen sie sehr deutlich – das ist ihr eigentliches Motiv.
Viele haben sich zu Recht darüber mokiert, dass hier eine weltanschauliche Bevormundung der Familien geschieht, und zwar gerade durch jene politischen Kräfte, die sich eigentlich auf die Fahnen geschrieben hatten, der Freiheit zu dienen.
Was am Symptom des Familiengeldes deutlich wird, hat jedoch eine tiefergehende Ursache. Dahinter steht nämlich ein Konzept, für das sich Frau von der Leyen massiv einsetzt – auch in der Öffentlichkeit. Dieses Konzept nennt man Gender Mainstreaming.
Gender Mainstreaming ist der Begriff für das Rollenverständnis von Mann und Frau. Man behauptet, dieses Rollenverständnis sei eine rein kulturelle Prägung und völlig zeitbedingt. Das Wort Mainstreaming steht für einen Hauptstrom.
Bei allen künftigen gesellschaftlichen Entscheidungen soll dieser Hauptstrom gelten. Überall dort, wo es um das Verständnis der Rolle von Mann und Frau geht, soll ein neues Denken durchgesetzt werden. Dieses neue Denken soll in allen Lebensbereichen der Gesellschaft gelten, im Hinblick auf das Verhältnis von Mann und Frau.
Und wie sieht dieses neue Denken aus, das so neu gar nicht mehr ist? Es besagt, dass die Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht schöpfungsbedingt oder naturbedingt sind – bis auf den kleinen biologischen Unterschied. Alles, was über diesen kleinen biologischen Unterschied hinausgeht, sei nur erlernt und durch kulturelle sowie weltanschauliche Entwicklungen geprägt.
Diese Prägungen, diese kulturellen Rollen, müssen nun aufgehoben werden – in einem intensiven Prozess, der auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens gefördert werden soll. Erst wenn diese unterschiedliche Identität zwischen Männern und Frauen mit ihren spezifischen Ausprägungen aufgehoben wird, so heißt es, wird es keine Unterdrückung mehr geben.
Nun fragt man sich natürlich: Wessen Unterdrückung ist hier gemeint? Vielleicht kennen Sie diese alte Lebensweisheit: Im ersten Ehejahr kämpft der Mann noch um die Vorherrschaft, im zweiten um die Gleichberechtigung und im dritten nur noch um das nackte Überleben.
Ich kann das hier nur so mutig sagen, weil ich durch mein Rednerpult geschützt bin und meine Frau in der achten Reihe sitzt. Ich weiß auch nicht, wie es dem Ehemann von Frau von der Leyen ergehen mag.
Aber jetzt haben Sie begriffen, was Gender Mainstreaming bedeutet. Es geht, wenn Sie so wollen, um nicht weniger als die Beseitigung der Schöpfungsordnung mit ihren gottgegebenen Unterschieden von Mann und Frau. Es geht um eine systematische und nachhaltige Abschaffung der Reste von Strukturen, die sich noch dem Schöpfungsverständnis verdanken.
Es ist auch kein Zufall, dass sich auf europäischer Ebene eine Frau besonders für dieses Gender-Mainstreaming-Projekt in den EU-Institutionen einsetzt: die SPD-Europaabgeordnete Lissi Gröner. Sie ist die frauenpolitische Sprecherin der SPD in der EU-Fraktion und Mitglied der interfraktionellen Gruppe Gay and Lesbian Rights.
Sie engagiert sich besonders für die Rechte der Lesben und Homosexuellen und macht sich stark für das Gender-Mainstreaming-Projekt. Das Familiengeld ist also nur ein Symptom. Es geht um Gender Mainstreaming und um eine systematische Veränderung der Schöpfungsstrukturen.
Darin ist auch einzuordnen, was vielen, die daran beteiligt sind, gar nicht bewusst ist: die Durchsetzung der Frauenordination in den Kirchen. Auch die Einführung der Frauenordination, also dass Frauen Gemeinden leiten dürfen – im eindeutigen Widerspruch zu dem, was das Neue Testament dazu sagt – ist letztlich ein Bestandteil dieses emanzipatorischen Veränderungsprozesses in der Zuordnung der Aufgaben von Mann und Frau.
Dort geschieht es auf Gemeindeebene. Viele, die sich mittlerweile auch in evangelikalen und Gemeinschaftskreisen dafür stark machen, dass man doch mit der Zeit gehen müsse und deshalb Frauen gemeindeleitende Verantwortung übernehmen sollten, machen sich nicht klar – jetzt habe ich hier ein bisschen Selterwasser vergossen, aber ich denke, es wird nichts passieren – dass sie vielleicht nicht bewusst und willentlich, aber zumindest als nützliche Idioten Rädchen in diesem gezielten gesellschaftlichen Umwälzungsprozess sind.
Zunehmende außerfamiliäre Betreuung der Kinder
Ein dritter Aspekt bei der Umwertung des Familienbegriffs ist die zunehmende außerfamiliäre Betreuung der Kinder. Zunächst sprachen wir über die Frauen, dann über die Angleichung der Unterschiede zwischen Mann und Frau. Nun stellt die verstärkte Betreuung der Kinder außerhalb der Familie einen weiteren wichtigen Punkt dar.
In der DDR war es üblich, Kinder so früh wie möglich in die Kinderkrippe zu geben. Dies war eine logische Folge der verstärkt angestrebten Berufstätigkeit der Mütter. Auch die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren zu erhöhen. Dieses Ziel wurde von der großen Koalition nicht aufgegeben. Man will bis zum Jahr 2010 in den alten Bundesländern das Betreuungsangebot steigern, also mehr frühe Krippenplätze anbieten.
Derzeit steht für 5 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Betreuungsangebot zur Verfügung. Dieses Angebot soll auf 20 Prozent erhöht werden. Überlegen Sie, was das für die öffentlichen Kassen bedeutet. Es gibt kaum noch Geld für andere Dinge, aber für die Betreuung von 20 Prozent der Kinder unter drei Jahren in den neuen Bundesländern ist man bereit, enorme Summen auszugeben.
In den neuen Bundesländern, also den ehemaligen DDR-Gebieten, ist die Quote natürlich noch höher. Aus früheren Zeiten stehen dort bereits für 37 Prozent der Kinder unter drei Jahren Krippenplätze zur Verfügung. Das entspricht dem Gesellschaftsmodell der DDR.
Die Argumentation dahinter ist bekannt: Frauen wollen Kinder und Karriere, und da wir zu wenige Kinder haben, müssen wir ihnen ermöglichen, beides zu vereinbaren. Damit Frauen trotz ihrer Karriere Kinder bekommen können, müssen sie die Möglichkeit haben, die Kinder so früh wie möglich wieder abzugeben. Die Logik lautet also, dass Frauen nur dann Kinder bekommen, wenn sie sie möglichst schnell wieder loswerden können.
Es wird behauptet, was jedoch nie bewiesen werden konnte, dass gerade die Berufskarriere das Haupthindernis für viele Frauen sei, Kinder zu bekommen. Diese Behauptung ist sehr zu hinterfragen. So berichtete Topic vor einiger Zeit von einer Untersuchung, wonach viele Frauen, insbesondere akademisch gebildete, eher angeben, sie hätten nicht den richtigen Mann gefunden, mit dem sie langfristig eine Familie gründen möchten.
Glauben Sie also nicht an das Märchen oder den Mythos, dass Karriere für die meisten Frauen der Hauptgrund sei, keine Kinder haben zu wollen. Die außerfamiliäre Betreuung der Kinder wird massiv vorangetrieben, mit mehr Krippenplätzen.
Auch die Ganztagsschulen und die ganze Debatte um diese, die ursprünglich im Zusammenhang mit der PISA-Problematik entstanden ist, gehören letztlich in diesen Kontext. Der Berliner Philosoph Professor Norbert Bolz hat das in der Tageszeitung Die Welt sehr treffend formuliert. Er sagt, dass es in der Familienpolitik heute scheinbar nur noch sozialdemokratische Parteien gebe. Welcher Politiker würde es heute wagen, Skepsis gegenüber der Berufstätigkeit der Frau zu äußern?
Alle Parteien sind sich einig, dass man der Wirtschaft die Arbeitskraft der Frauen nicht vorenthalten darf. Deshalb müsse man ihnen die wenigen Kinder, die sie noch haben, so schnell wie möglich vom Hals schaffen. Bolz führt weiter aus, dass es einerseits darum gehe, notleidenden Familien zu helfen – was man tun müsse – oder aber die Verstaatlichung der Kinder als ein „Glückszwangsangebot“ durchzusetzen. Dieser Ausdruck beschreibt sehr gut die Situation, der wir uns heute gegenübersehen: die Verstaatlichung der Kinder als Glückszwangsangebot durch die Politik.
Hinter der außerfamiliären Betreuung der Kinder steht stets die freche Behauptung, die Kinder würden das gar nicht stören. Im Gegenteil, sie würden sich freuen, den ganzen Tag mit ihren Freunden spielen zu können. Inzwischen wird sogar diskutiert, eine Kindergartenpflicht einzuführen. Das bedeutet, dass Kinder mindestens ein Jahr vor Beginn des Schulalters verpflichtend in den Kindergarten gehen müssen.
Als Begründung wird das Integrationsproblem angeführt. Viele ausländische Kinder würden sonst die Sprache nicht lernen. Dieses Argument wird genutzt, um mittelfristig möglicherweise auch deutsche Kinder zum frühen Kindergartenbesuch zu zwingen.
Ein weiteres auffälliges Phänomen ist die zunehmende Bekämpfung des Hausunterrichts, des sogenannten Homeschoolings. In vielen Ländern werden Hunderttausende Kinder von ihren Eltern zu Hause unterrichtet. Was dort legal praktiziert wird, ist in Deutschland verboten. Das juristische und polizeiliche Vorgehen gegen Familien, die sich dem widersetzen, wird immer rigider. Auch dies gehört in diese Denkschiene hinein.
Ein Kollege, Doktor Erdmann, ein Neutestamentler, der mit unserer Akademie für reformatorische Theologie zusammenarbeitet, ist deshalb extra in die Schweiz ausgewandert. Er möchte seine Kinder weiterhin zu Hause unterrichten lassen.
Was macht die Politik also? Sie arbeitet gezielt an Einschränkungen für die Einverdienerfamilie und greift damit massiv in die Entscheidungsfreiheit der Eltern ein.
Nachhaltige Umdeutung des Familienbegriffs
Damit kommen wir zu einem vierten und letzten Aspekt dieser Umwertung der Familie. Zunächst ging es um die Frauen, dann um das Verhältnis von Mann und Frau, schließlich um die Kinder. So haben wir gewissermaßen als Ergebnis eine nachhaltige Umdeutung des Familienbegriffs insgesamt.
Wir stehen vor einer grundlegenden Neuinterpretation dessen, was Familie bedeutet. Selbst im Programm einer sich konservativ nennenden Partei wie der CDU wird inzwischen formuliert: Was ist Familie? Familie ist da, wo Erwachsene mit Kindern zusammenleben – ich zitiere hier etwas frei – und füreinander Verantwortung tragen. Das ist Familie nach dieser neuen Definition. Ob diese Erwachsenen Mann und Frau sind, ob sie verheiratet sind oder nicht, ob sie für zwei Jahre, zwanzig Jahre oder drei Monate zusammenleben, ob es sich um zwei Lesben oder zwei Homosexuelle handelt, bleibt offen.
Sie haben sicherlich auch mitbekommen, dass man inzwischen ernsthaft darüber nachdenkt, das Adoptionsrecht auch für homosexuelle Partnerschaften wieder in Erwägung zu ziehen. Das klassische Verständnis der Familie sah ganz anders aus. Dieses klassische Verständnis hat der Verfassungsrichter Udo Di Fabio in seinem Buch „Die Kultur der Freiheit“ noch einmal sehr gut auf den Punkt gebracht, und dafür tritt er auch ein.
Dort sagt er: Die Familie ist eine von der Verfassung gewollte, bejahte Gemeinschaft, die förmlich geschlossene Ehe zwischen Mann und Frau, die gelebte Gemeinschaft von Mutter und Kind, von Vater und Kind sind und – jetzt ist es ganz wichtig, das zu hören – ursprünglicher Raum privater Freiheit, der für ungerechtfertigte staatliche Eingriffe verschlossen ist. Das ist das Familienverständnis, so wie es unsere Verfassung vorsieht.
Und dann fährt der Verfassungsrichter fort: Ehe und Familie sind hohe Werte, sie sind eine unentbehrliche Voraussetzung der Freiheit. Verstehen Sie jetzt den Zusammenhang zwischen der Integrität der Familie gegenüber staatlichem Zugriff, gegenüber politischer Bevormundung, und der Freiheitsgewähr innerhalb eines Gemeinwesens?
Vor wenigen Jahren hat das noch sehr viel Staub aufgewirbelt, als der damalige Generalsekretär der SPD, ich glaube, es war Olaf Scholz, sagte, es gehe darum, die Lufthoheit über den Kinderbetten zu erringen. Das hat er sehr frank und frei gesagt. Damals haben sich viele aufgeregt und gesagt, das sei eine Einmischung der Politik in die Familie. Und heute sehen wir, dass genau das, was damals bei ihm noch kritisiert wurde, von ganz anderer Seite massiv vorangetrieben wird.
Noch ein letztes Zitat von Di Fabio: Wenn der Staat beginnt, andere soziale Gemeinschaften wie etwa gleichgeschlechtliche Beziehungen den Institutionen Ehe und Familie immer weiter anzunähern, missachtet er den Anspruch auf Abgrenzung – sehr deutlich formuliert. Und er sagt, diese Abgrenzung der Ehe sei notwendig, um die eigene Identität zu erhalten.
Er fährt fort: Es scheint mitunter, als ob diejenigen, die besonders laut von Zivilgesellschaft reden, in Wirklichkeit die freie Gesellschaft mit politischen Programmen aus der Sphäre des Staates umformen wollen. Also viele, die so laut von der Zivilgesellschaft reden, wollen letztlich die freie Gesellschaft umformen.
Einer der entscheidenden Schlüssel dazu ist, den individuellen, intimen Freiheitsraum der Familie zugänglich zu machen für staatliche Eingriffe. Genau das geschieht vor unseren Augen. Das wird dadurch gefördert, wenn die Unterschiede zwischen Mann und Frau, zwischen Ehe und Familie und anderen Lebensformen immer mehr verwischt werden.
In diesem Zusammenhang ist auch nachvollziehbar, warum der Staat zunehmend die Rechte homosexueller Lebensgemeinschaften fördert. Die Homosexuellen selbst machen das als Pressure Group mit ihren Lobbys, um ihre eigene Situation zu verbessern. Aber dass der Staat das in dieser Weise fördert, obwohl es sich nur um eine verschwindend geringe Minderheit handelt, die natürlich überproportional vertreten ist in den Medien und in den politischen Gremien – Sie haben ja heute den Bürgermeister zum Beispiel gehört, wo überall Homosexuelle als Bürgermeister Städte regieren – dass das aber vom Staat so gefördert wird und eine zunehmende Verwischung der Unterschiede zwischen Familie und homosexueller Partnerschaft propagiert wird, hängt zusammen mit dieser nachhaltigen Umdeutung des Familienbegriffs.
Das ist auch ein Mosaiksteinchen im Prozess des Gender Mainstreamings. Lassen Sie mich das noch sagen: Dieser Prozess der Beseitigung, der systematischen Beseitigung von Schöpfungsstrukturen, wird durch zwei Faktoren massiv verschärft.
Einmal dadurch, dass er jetzt vorangetrieben wird durch politische Kräfte, die eigentlich als konservativ galten. Das macht das Ganze natürlich viel dramatischer. Wenn das die Grünen durchgesetzt hätten, dann hätten die Konservativen noch geschrien und gesagt, das sei aus der sozialistischen Mottenkiste geholt, dagegen verweigern wir uns. Aber jetzt machen es eben Frau von der Leyen und Frau Merkel.
Dazu gibt es einen interessanten Kommentar von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sie hat Folgendes gesagt: In der Familienpolitik hat eine Unionsministerin der SPD Linken zur Durchsetzung von Positionen verholfen, die programmatisch in das grüne Spektrum gehören. Gender Mainstreaming, das angewandte Kaderprinzip der feministischen Lobby, war unter einer sozialdemokratischen Familienministerin noch schamhaft verborgen, hat auf der Internetseite ihrer christlich-demokratischen Nachfolgerin inzwischen den großen Auftritt – und das ist nur die leuchtende Oberfläche.
Also dieser Faktor, dass der Prozess von den vermeintlich Konservativen vorangetrieben wird und dadurch viele Menschen dem viel weniger kritisch gegenüberstehen, verschärft das Problem.
Der Parteienforscher Franz Walter hat das so ausgedrückt: In der CDU gibt es einen schwulen Bürgermeister, eine geschiedene Bundeskanzlerin, einen Ministerpräsidenten, der seine Ehefrau verlassen hat – das ist meiner in Niedersachsen. Und dann fährt er fort: Die Dämme, die die Union gegen den Hedonismus, also gegen das Genussprinzip, errichtet hatte, sind gebrochen. Der Konservativismus verliert die Schlacht gegen den Wertewandel zu einem Zeitpunkt, da dieser Wertewandel mittlerweile an Flair gehörig verloren hat.
Die Bedürfnisse nach Bindung wachsen, sagt Franz Walter, und kaum einmal in den letzten vierzig Jahren war das kulturelle Terrain günstiger für einen politischen Konservatismus. Doch die klassische Partei, die CDU, ist längst liberal geworden.
Ich habe mich heute besonders kritisch zur CDU geäußert, nicht um hier Parteipolitik zu machen oder weil ich die anderen besser fände, sondern weil ich die grundsätzliche ideologische Umbruchqualität dieses Prozesses in unserer Gesellschaft daran deutlich machen will. Das ist der eine Faktor: Die Entwicklung wird vorangetrieben durch vermeintlich Konservative.
Der zweite Faktor, der diese nachhaltige Umdeutung des Familienbegriffs mit seinen Auswirkungen auf die Freiheit befördert, ist die Verhinderung einer kritischen Diskussion durch staatliche Strafandrohung. Sie wissen, dass ich damit die Diskussion um das Antidiskriminierungsgesetz meine.
Ich habe im Rahmen dieses Vortrags nicht die Zeit, darauf ausführlicher einzugehen, und möchte Sie darum verweisen auf einen Artikel meines Kollegen Jürgen Burckhardt-Klautke in unserer Zeitschrift Bekennende Kirche. Auf Seite 17 beginnt eine Orientierung zum Antidiskriminierungsgesetz. Sie können sich, solange der Vorrat reicht, dieses Heft gerne kostenlos mitnehmen.
Dieses Antidiskriminierungsgesetz wird uns in Zukunft noch zu schaffen machen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, verfolgen Sie zum Beispiel in Tupik die Berichterstattung dazu, dann sind Sie orientiert und haben stets die neuesten Informationen. Denn es ist nicht immer ganz klar, wie weit dieses Gesetz nun reicht.
Es ist dort verboten, jemanden wegen seines Geschlechts, Alters, seiner Rasse, ethnischer Herkunft, Weltanschauung, Religion, Behinderung oder sexueller Identität zu benachteiligen. Dabei geht es um das Arbeitsrecht, das Zivilrecht und das Abschließen von Versicherungsverträgen.
Man muss sagen, dass natürlich auch Christen gegen jede Form von Diskriminierung sind. Aber was hier geschieht, ist etwas anderes. Hier schafft der Staat die Privatautonomie ab.
Was heißt das? In einem liberalen Staat wie dem unseren war immer der Staat dazu verpflichtet, alle Bürger gleich zu behandeln. Aber die einzelnen Bürger konnten ihre Beziehungen unter sich so gestalten, wie es ihnen gut erschien, solange sie den anderen nicht in seiner Freiheit verletzten. Also konnten die einzelnen Bürger frei entscheiden, mit wem sie Verträge schließen wollten und mit wem nicht, wen ein Hausbesitzer in seine Wohnung hineinlässt und wen nicht.
Das Antidiskriminierungsgesetz versucht – es gab zwar einige Abschwächungen durch die öffentliche Debatte – hier ist eine Tür geöffnet, durch die man immer massiver hindurchschreiten will.
Die Privatautonomie wird abgeschafft. Das ist ein dramatischer Umbruch im Rechtsverständnis der Bundesrepublik Deutschland. Die Freiheit des Umgangs der Bürger mit anderen Bürgern wird staatlichen Regeln unterworfen und damit eingeschränkt.
Mittelfristig kann es dazu führen, dass Sie beispielsweise Ihre Wohnung nicht an ein homosexuelles Paar vermieten wollen, weil Sie nicht möchten, dass Ihre Kinder das tagtäglich sehen und als ganz normales Modell vorgeführt bekommen. Wenn Sie das mit der Homosexualität begründen, kann es passieren, dass Sie entsprechend dafür vor Gericht gezogen werden.
Und wie gesagt, in anderen Ländern ist man schon weiter. Es hat dazu auch interessante Prozesse gegeben, etwa in Skandinavien, in Schweden oder Norwegen – in Schweden war es. Dort hat ein Pfarrer Recht bekommen für seine öffentliche Predigt zu diesem Thema.
Aber das Antidiskriminierungsgesetz öffnet eine erste Tür. Erst die nächsten Jahre werden zeigen, wie weit man noch gehen darf mit öffentlichen Äußerungen, etwa über kritische Themen wie Homosexualität, ohne letztlich vor Gericht zu landen, belangt zu werden und dann irgendwann auch möglicherweise ins Gefängnis gesteckt zu werden.
Hier müssen wir sehr wachsam sein. Wir müssen die Diskussion um dieses Gesetz verfolgen. Vor allem dürfen wir eines nicht tun: Wir dürfen nicht dazu beitragen, dass eine Schweigespirale beginnt. Wir dürfen nicht so vorsichtig sein, dass die Hürde immer höher wird, bis sich überhaupt niemand mehr zu solchen Fragen äußert.
Wir müssen weiter Tacheles reden. Wir müssen die biblische Wahrheit offen bezeugen. Wir sollen nicht bewusst provozieren, aber wir müssen klar und eindeutig – mit aller Liebe zu dem einzelnen Menschen verbunden, aber in der Sache – unsere Position artikulieren.
Die Position ist völlig eindeutig: Gott liebt jeden Sünder, aber Gott sagt nicht Ja zur Sünde. So wie wir die Verantwortung haben, auch homosexuellen Menschen mit der Liebe Jesu Christi zu begegnen, sie zu versuchen für den Glauben zu gewinnen, für sie zu beten und ihnen in ihrer Situation zu helfen, genauso haben wir die Verantwortung, ihnen und unserer Gesellschaft deutlich zu sagen, dass praktizierte Homosexualität Sünde in den Augen des heiligen Gottes ist.
Diese Faktoren – dass die öffentliche Diskussion über kritische gesellschaftliche Fragen immer schwieriger wird – tragen dazu bei, die nachhaltige Umdeutung des Familienbegriffs weiter zu zementieren.
Das sind vier typische Beispiele dieses Umwertungsprozesses: die Diffamierung der Nur-Hausfrau, die Einebnung der Unterschiede zwischen Mann und Frau, die außerfamiliäre Betreuung und zunehmende Entwurzelung der Kinder sowie die nachhaltige Umdeutung des Familienbegriffs.
Ursachen und Hintergründe der Umwertung
Ich fasse das zusammen. Man fragt sich jetzt natürlich, warum das Ganze so geschieht. Welche Interessen stehen dahinter?
Da ist zum einen die Emanzipationsideologie. Viele wittern Morgenluft und forcieren deshalb diese Entwicklung. Dann gibt es die Lobby bestimmter einzelner Interessengruppen, wie zum Beispiel der homosexuellen Bewegung. Hinzu kommt die Problematik der immer kleiner werdenden Bevölkerung und der daraus resultierende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.
Letztlich steckt jedoch noch mehr dahinter. Nach meiner Kenntnis hat das niemand so deutlich ausgedrückt wie ausgerechnet ein Psychologe. Ich stehe zwar nicht in dem Verdacht, den Psychologen alles zu glauben, aber ein deutscher Psychologe, Burkhard Behnke, hat sich genau zu dieser Problematik in einem Aufsatz nachdenklich und klug geäußert.
Er hat Folgendes zu bedenken gegeben: Er machte klar, dass auch in der Debatte, die innerhalb der Pädagogik geführt wird, deutlich wird, dass sich die Mutter-Kind-Beziehung verschlechtert, je früher und länger ein Kind in der Außenbetreuung ist. Das kann man kaum ernsthaft bestreiten. Solche Kinder haben, wenn alle anderen Bedingungen gleich sind, schlechtere Entwicklungschancen bezüglich ihres Denk- und Sprechvermögens, wenn sie so früh wie möglich von zu Hause entfernt und einer außerfamiliären Betreuung anvertraut werden.
Was für Menschen erzieht man auf diese Weise? Behnke sagt, auf diese Weise wird der prototypische Bewohner globalisierter Gesellschaften herangezogen. Warum? Das ist eine interessante Überlegung. Er sagt, in der globalisierten Wirtschaft kommt es darauf an, dass alles der Gewinnmaximierung unterworfen ist. Es gibt Zeitverträge, es gibt Beziehungen auf Zeit. Alles muss im ökonomischen Interesse notfalls kurzfristig austauschbar und veränderbar sein.
Er formuliert weiter: Auf diesem Wege ziehen wir Jugendliche heran, die schon früh an oberflächliche Sozialbeziehungen gewöhnt werden, denen die Bindungslosigkeit zur Natur geworden ist. Er sagt: Eine ausschließlich ökonomisch bestimmte Berufswelt ist daher natürlich am Krippensystem interessiert, dessen Zöglinge die herrschenden Werte und Einstellungen wiederum verstärken.
Man schafft auf diese Weise globalisierungskonforme junge Mitbürger, die von Kindheit an an ständig wechselnde Beziehungen gewöhnt werden und praktisch konditioniert sind, um den typischen Erfordernissen eines globalisierten Wirtschaftssystems besser zu genügen.
Noch etwas kommt hinzu, das nicht direkt mit der Familie zusammenhängt und das ich deswegen hier nur in Klammern erwähne. Das muss in einem anderen Vortrag behandelt werden.
Im Rahmen der wissenschaftlichen Forschungsdisziplinen wird in den letzten Jahren einseitig nur noch die Bedeutung der Natur- und Ingenieurwissenschaften gefördert. Es wird aber massiv der Ruf und die finanzielle Ausstattung von geisteswissenschaftlichen Fächern ausgehöhlt. Das geschieht nicht an allen Universitäten in gleicher Weise, und es gibt sicherlich auch Gegenbeispiele, wo Professoren sich vehement für ihre Fachbereiche einsetzen.
Doch die zunehmende Unterbewertung und Diskreditierung der geisteswissenschaftlichen Forschungsbereiche zugunsten einer einseitigen Bevorzugung von Naturwissenschaft, Technikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft gehört ebenfalls in diesen Zusammenhang. Man ist interessiert an Studenten und Akademikern, die technisch, naturwissenschaftlich und ökonomisch funktionieren, aber möglichst nicht so gründlich in philosophischen, historischen und soziologischen Dimensionen grundsätzliche Fragen erörtern.
Bitte bedenken Sie das sehr deutlich. Natürlich ist gerade im Bereich der Sozialwissenschaften sehr viel Geld unnötig durch den wissenschaftlichen Schornstein verbrannt worden, das ist unbestreitbar. Gerade die 68er haben das Feld der Sozialwissenschaften instrumentalisiert, um ihr Gesellschaftsumstürzungsmodell voranzutreiben. Das ist alles richtig.
Trotzdem ist solide und seriös betriebene Geisteswissenschaft unverzichtbar für die geistige Stabilität einer Gesellschaft. Wenn ich das selbständige Denken und das kritische Hinterfragen eines Volkes nachhaltig und langfristig aushebeln will, dann muss ich seine geisteswissenschaftliche Forschung eliminieren.
Von daher ist es kein Zufall, dass wir diese einseitige Bevorzugung der Naturwissenschaften im akademischen Rahmen haben.
Ich komme zum Schluss, indem ich zusammenfasse: Wir haben festgestellt, dass trotz der Neubesinnung auf die Bedeutung der Familie und trotz einer gewissen Renaissance klassischer Werte wie Treue zugleich massiv daran gearbeitet wird, das klassische Familienverständnis zu verändern.
Hier feiern die Neomarxisten späte Triumphe. Es gibt offensichtlich einen gründlichen Gestaltungswillen aufseiten der Politik, der dazu führen wird, das Schöpfungsverständnis von Familie nachhaltig aus dem Denken einer Gesellschaft zu verbannen.
Auch Schirmacher hat darauf hingewiesen, dass das Ideal – also Vater, Mutter und Kinder – öffentlich fast nur noch in der Form der Karikatur begegnet. Das sollte man sich klar machen. Fast nur noch in der Form der Karikatur, etwa wenn man an die TV-Großfamilie „Die Simpsons“ denkt. Das ist eine witzige Karikatur, eine noch normale Familie, aber eben nur noch in der Form der Karikatur.
Dann sieht man sich diese seltsamen sogenannten Telenovelas an. Wenn man Zeit hat, an einem Nachmittag oder Abend, wie steht es da um das Bild der Familie? Das ist die Situation, der wir uns gegenüberfinden.
Jetzt stellt sich zum Schluss die Frage: Was ist unsere Verantwortung als Christen?
Am liebsten würde ich den Vortrag jetzt von vorn beginnen – keine Sorge, ich tue es nicht. Aber das würde ich am liebsten machen. Ich werde in den wahrscheinlich Oktober- und Novemberwochen im Rahmen einer Predigtreihe in meiner Gemeinde Epheser 5 weiter auslegen.
Wir machen so einen Gang durch den Epheserbrief und werden Ende September, Anfang Oktober bei den Passagen über die Familie angekommen sein. Wenn Sie das ausführlicher nachverfolgen wollen, können Sie es über www.bibeltage.de downloaden.
Denn jetzt muss gründlich geredet werden über Epheser 5, über das biblische Modell des Miteinanders von Mann und Frau in der Ehe.
Ich möchte trotzdem ganz kurz am Schluss viertens die Gotteswertung der Ehe nochmals in Erinnerung bringen und fragen, was die Herausforderung ist, der wir uns jetzt als Christen gegenübersehen.
Zunächst einmal bitte ich Sie um Folgendes: Wir müssen uns aktiv mit dieser Problematik des Zeitgeistes auseinandersetzen. Wir müssen sehr nüchtern sehen, dass bestimmte Keime dieses Denkens auch in die Freikirchen, in die Gemeinschaften und in viele Missionswerke längst eingedrungen sind. Etwa die Frage des Predigtdienstes und der Gemeindeleitung durch Frauen. Das ist in vielen Freikirchen ganz selbstverständlich geworden.
Wie verhalten sich Frauen und Männer in der evangelikalen Szene im Hinblick auf diese Problematik, die wir angesprochen haben?
Manchmal sind es ja nur Kleinigkeiten, die den Leuten gar nicht bewusst sind. Aber die zunehmende Praxis, auch in christlichen Familien der Frau einen Doppelnamen zu verpassen, ist von den Frauen selbst meistens gar nicht in diesem emanzipatorischen Sinne gemeint. Sie kommt aber letztlich von dieser Denkbewegung her.
Ich rate Brautpaaren, die mit so einem Ansinnen zu mir kommen, zwar kann ich es nicht bestimmen, es steht ja auch nicht in der Bibel, dass man keinen Doppelnamen tragen darf. Aber ich rate Paaren ganz gezielt und begründe das auch so, dass sie darauf verzichten.
Denn der Mann ist nach biblischem Verständnis das Haupt der Familie. Das zeigt sich auch darin, dass die Frau den Namen des Mannes annimmt.
Verstehen Sie, das sind Kleinigkeiten, und viele würden sagen: „Übertreib es doch nicht!“ Aber wehe den Anfängen!
Es kommt darauf an, dass wir selbst konsequent denken in diesen Fragen und dass wir unseren Kindern und Jugendlichen dieses konsequente Denken auch vermitteln.
Dann werden wir ihnen das biblische Familienmodell vorleben, erklären, begründen und nahebringen.
Dieses biblische Familienmodell enthält für die Umsturzversuche seitens der aktuell Regierenden eine doppelte Provokation.
Diese doppelte Provokation möchte ich hier am Schluss darstellen.
Sie besagt zum einen: Mann und Frau haben in Ehe und Familie verschiedene Aufgaben und Schwerpunkte.
Lesen Sie dazu bitte Epheser 5,21 in den nächsten Tagen einmal durch. Lesen Sie auch andere Stellen der Bibel, in denen deutlich gesagt wird, dass aufgrund der Schöpfungsordnung Mann und Frau gleichwertig, aber nicht gleichartig sind und deshalb unterschiedliche Aufgaben und Schwerpunkte wahrzunehmen haben.
Wenn Gott ihnen Kinder schenkt, gilt dies erst recht.
Mann und Frau haben nicht nur verschiedene Aufgabenschwerpunkte, sondern sie sind einander auch in einer ganz spezifischen Weise zugeordnet.
Die Frau hat die Aufgabe, sich dem Mann unterzuordnen, ihn in seiner Führungsverantwortung zu stützen und zu ermutigen.
Der Mann darf das – lesen Sie alles in Epheser 5 – gerade nicht zu einem Patriarchat missbrauchen, bei dem er die Frau gewissermaßen als Knecht oder, man müsste ja sagen, Fußabtreter degradiert.
Vielmehr soll er sie liebevoll schützen und pflegen und bereit sein, sein Leben für seine Frau zu opfern.
Dazu muss der Mann bereit sein.
Deswegen hat der amerikanische Intellektuelle Philip Longman, ein amerikanischer Soziologe, der kein bekennender Christ ist, in diese ganze Diskussion eingegriffen.
Er sagte: Wenn der Wohlfahrtsstaat kaputtgeht, dann wird nur eine Form wirklich in der Lage sein, das zu kompensieren und aufzufangen, und das ist die Lebensform des Patriarchats.
Er meint mit Patriarchat die klassische Zuordnung der Aufgaben von Mann und Frau in der Ehe.
Er sagt: „Ich bin kein Konservativer. Aber die Konservativen und Religiösen werden sich in dieser Frage durchsetzen, weil sie aufgrund ihrer Familienstruktur die einzige Antwort auf das Zusammenbrechen des Sozialstaates haben.“
Er fügt hinzu: „Das Patriarchat ist in erster Linie kein Herrschafts-, sondern ein Sozialsystem. Es ist ein System, das Verantwortung zuordnet. Es verlangt von Männern, Ehemännern und Vätern, von Frauen wiederum Ehefrauen und Müttern zu sein.“
Ich spreche hier also nicht von einem System der Männertyrannei, das sagt ein säkularer amerikanischer Soziologe.
Er fährt fort: „Ironischerweise könnten es gerade die Frauen sein, die das Patriarchat als Erste entdecken, denn für die Männer ist das doch eine eher unattraktive Veranstaltung. Denken Sie nur an all die Pflichten, die damit verbunden sind!“
Heute profitiert doch vor allem der Mann von der Selbstverwirklichung. Er kann sich seinen Vorlieben und Hobbys widmen, und wenn man ihn über Gebühr in die Pflicht nehmen will, kann er einfach auf das Partnerschaftsprinzip verweisen.
Im Patriarchat dagegen hat er wieder eine Rolle, eine Aufgabe auszufüllen.
So weit der amerikanische Soziologe Philip Longman.
Es kommt mir so vor, als hätte er den Apostel Paulus gelesen, denn dieser hätte das mit anderen Worten ganz ähnlich formulieren können.
Hier setzt sich einfach die Wirklichkeit der Schöpfungsordnung durch, die interessanterweise auch ein amerikanischer Soziologe, einer der führenden Intellektuellen dort, erkannt hat.
Diese unterschiedliche Aufgabenverteilung bedeutet nicht, dass der Vater sich der Erziehung entziehen kann.
Im Gegenteil: Er muss wissen, was in der Schule los ist. Er muss auch, wenn er beruflich viel beschäftigt ist, sich wirklich Zeit für seine Kinder nehmen.
Ich weiß das, weil mein Vater selbst sehr viel beschäftigt war, beruflich oft unterwegs, und trotzdem hat er sich intensiv um uns gekümmert.
Damals, als die Debatte um Schöpfung und Evolution in der Schule aufbrach, hat er sich viel Zeit genommen, mir alles gut zu erklären und mich zu unterstützen. Er hat auch viel Fußball mit mir gespielt.
Das alles ist nicht ohne Wirkung geblieben.
Hier haben beide Seiten ihre Verantwortung wahrzunehmen: Die Mutter mit dem Schwerpunkt Innendienst, der Vater mit dem Schwerpunkt Außendienst.
Von den häuslichen Frauen ist die Rede zum Beispiel in Titus 2,4-5 und in 1. Timotheus 5,14.
Dann das Zweite, was ich hier noch als Stichwort sagen will: Eltern schulden ihren Kindern geistige und geistliche Führung.
Lesen Sie Epheser 6,1-4, wo in den ersten drei Versen deutlich wird, dass die Kinder sich den Eltern unterzuordnen haben.
In Vers 4 wird deutlich, dass die Eltern die Verantwortung haben, ihre Kinder in der Zucht des Herrn zu erziehen, sie zu führen und ihnen liebevolle sowie eindeutige Orientierung zu vermitteln.
Das steht im deutlichen Widerspruch zur zunehmenden Entwurzelung und Herauslösung der Kinder schon in jungem Alter aus dem Schutz und der Intimität des Familienverbandes.
Ich denke, diese kurzen Ausführungen, diese 65 Minuten, haben ein wenig deutlich machen können, wie dramatisch die Situation in unserem Land an dieser Stelle ist.
Die Weichen, die in der Politik und in den politischen Spezialfragen gestellt werden, sind nicht irgendwelche fernen, abstrakten Zusammenhänge, die uns nichts angehen.
Hier vollzieht sich ein Umgestaltungsprozess mit einer – ich sage das sehr vorsichtig – totalitären Tendenz.
Wenn wir ernst nehmen, was Professor Di Fabio gesagt hat, dann ist der Schutz eines geschlossenen, markanten Familienmodells Grundvoraussetzung für Freiheit in der Gesellschaft.
Wo man die Axt an die Wurzel dieses Modells legt, da legt man zugleich die Axt an die Wurzel der gesellschaftlichen und politischen Freiheit in einem Staatswesen.
Darum haben wir einzutreten für das biblisch begründete Schöpfungsmodell.
Wir haben es dieser Gesellschaft vorzuleben.
Wir haben die Verantwortung, es unseren Kindern und denen, die uns in unseren Gemeinden anvertraut sind, nahezubringen.
Wir wissen, dass wir in alledem auf den Schöpfer selbst angewiesen sind, dass er uns bewahrt.
Wir machen auch genügend Fehler und begehen genug Sünden.
Wir selbst stellen dieses Modell immer wieder in Frage durch unser oftmals inkonsequentes und egoistisches Verhalten.
Aber wir haben die große Zusage unseres Herrn, dass er uns leiten will mit seinen Augen, dass er uns unsere Schuld immer wieder vergeben will und dass er uns die Einsicht und auch die Kraft schenken will, um glaubwürdig entgegen einer immer fragwürdiger sich gebärdenden Gesellschaft das Schöpfungsmodell zu praktizieren und zu propagieren.
Eltern schulden ihren Kindern geistige und geistliche Führung
Lesen Sie Epheser 6, Verse 1 bis 4. In den ersten drei Versen wird deutlich, dass sich die Kinder den Eltern unterordnen sollen. In Vers 4 wird hingegen klar, dass die Eltern die Verantwortung tragen, ihre Kinder in der Zucht des Herrn zu erziehen. Sie sollen sie führen und ihnen liebevolle sowie eindeutige Orientierung vermitteln.
Dies steht in deutlichem Widerspruch zur zunehmenden Entwurzelung und Herauslösung der Kinder schon im jüngsten Alter aus dem Schutz und der Intimität des Familienverbandes.
Ich denke, diese kurzen Ausführungen – diese 65 Minuten – konnten ein wenig verdeutlichen, wie dramatisch die Situation in unserem Land an dieser Stelle ist. Die Weichen, die in der Politik und in den politischen Spezialfragen gestellt werden, sind nicht irgendwelche fernen, abstrakten Zusammenhänge, die uns nichts angehen. Vielmehr vollzieht sich hier ein Umgestaltungsprozess mit einer – ich sage das sehr vorsichtig – totalitären Tendenz.
Wenn wir ernst nehmen, was Professor Di Fabio gesagt hat, dann ist der Schutz eines geschlossenen, markanten Familienmodells eine Grundvoraussetzung für Freiheit in der Gesellschaft. Wo man die Axt an die Wurzel dieses Modells legt, da legt man zugleich die Axt an die Wurzel der gesellschaftlichen und politischen Freiheit in einem Staatswesen.
Darum müssen wir für das biblisch begründete Schöpfungsmodell eintreten. Wir haben es dieser Gesellschaft vorzuleben. Wir tragen die Verantwortung, es unseren Kindern und denen, die uns in unseren Gemeinden anvertraut sind, nahezubringen.
Dabei wissen wir, dass wir in alledem auf den Schöpfer selbst angewiesen sind, damit er uns bewahrt. Wir machen auch genügend Fehler und begehen genug Sünden. Oftmals stellen wir selbst dieses Modell durch unser inkonsequentes und egoistisches Verhalten in Frage.
Doch wir haben die große Zusage unseres Herrn: Er will uns mit seinen Augen leiten, uns unsere Schuld immer wieder vergeben und uns die Einsicht sowie die Kraft schenken, um glaubwürdig entgegen einer sich immer fragwürdiger gebärdenden Gesellschaft das Schöpfungsmodell zu praktizieren und zu propagieren.