Nehemia Kapitel 1 beschreibt die Trauer Nehemiahs über den Zustand Judas und Jerusalems.
Als Nehemia in Susa war, erfuhr er von den schlechten Nachrichten über Jerusalem. Die Stadtmauern waren zerstört, und die Tore waren verbrannt. Dies erfüllte ihn mit großer Trauer und Kummer.
Nehemia wandte sich im Gebet an Gott. Er bekannte die Sünden seines Volkes und bat um Gottes Erbarmen. Dabei erinnerte er Gott an seine Verheißungen gegenüber Mose und dem Volk Israel.
Er bat Gott, ihm Erfolg zu schenken, wenn er vor den persischen König treten würde, um für Jerusalem einzutreten. Nehemia zeigte damit seinen festen Glauben an Gottes Hilfe und seine Bereitschaft, aktiv für die Wiederherstellung Jerusalems zu arbeiten.
Das Kapitel endet mit Nehemia, der sich aufmacht, um seinen Plan zur Wiederherstellung Jerusalems umzusetzen. Seine Trauer wird zur Motivation für sein Handeln, und sein Gebet zeigt seine Abhängigkeit von Gott.
Das ist die Geschichte Nehemiahs, des Sohnes Hachaljas.
Es geschah im Monat Kislev des zwanzigsten Jahres, als ich in der Burg Susa war. Da kam Hanani, einer meiner Brüder, zusammen mit einigen Männern aus Juda zu mir.
Ich fragte sie nach den Juden, den Entkommenen, die von den Gefangenen übrig geblieben waren, und nach Jerusalem. Sie antworteten mir, dass die Übriggebliebenen, die von den Gefangenen in der Provinz zurückgekehrt sind, in großem Unglück und in Schmach leben.
Die Mauer von Jerusalem ist niedergerissen, und seine Tore sind mit Feuer verbrannt.
Als ich diese Worte hörte, setzte ich mich hin, weinte und trauerte tagelang. Ich fastete und betete vor dem Gott des Himmels.
Und ich sprach: Ach Herr, Gott des Himmels, du großer und furchtbarer Gott, der den Bund und die Gnade denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote halten, lass doch dein Ohr aufmerksam sein und deine Augen offen, damit du das Gebet deines Knechtes hörst.
Heute bete ich Tag und Nacht für die Söhne Israel, deine Knechte, vor dir. Dabei bekenne ich die Sünden der Söhne Israel, die wir gegen dich begangen haben. Auch ich und meines Vaters Haus haben gesündigt. Sehr böse haben wir gegen dich gehandelt und haben nicht die Gebote, Ordnungen und Rechtsbestimmungen bewahrt, die du deinem Knecht Mose geboten hast.
Denke doch an das Wort, das du deinem Knecht Mose geboten hast, in dem du sprachst: Werdet ihr treulos handeln, dann werde ich euch unter die Völker zerstreuen. Kehrt ihr aber zu mir um und bewahrt meine Gebote und tut sie, selbst wenn eure Vertriebenen am Ende des Himmels sein sollten, werde ich sie von dort sammeln und an den Ort bringen, den ich erwählt habe, um meinen Namen dort wohnen zu lassen.
Sie sind ja deine Knechte und dein Volk, das du erlöst hast durch deine große Kraft und deine starke Hand. Ach Herr, lass doch dein Ohr aufmerksam sein auf das Gebet deines Knechtes und auf das Gebet deiner Knechte, die gewillt sind, deinen Namen zu fürchten.
Lass es doch deinem Knecht heute gelingen und gewähre ihm Barmherzigkeit vor diesem Mann. Ich war nämlich Mundschenk des Königs.
Wer eine Bibel haben möchte, hebt die Hand. Ihr bekommt dann eine gebracht oder nehmt euch eine von den Seiten. Hebt die Hand, bekommt eine Bibel, schlagt Nehemiah 1 auf und schaut mit mir gemeinsam in den Text hinein.
Wir sind jetzt zum zweiten Mal im ersten Kapitel des Buches Nehemiah. Letzte Woche haben wir bereits gehört, dass die Juden die Erlaubnis bekommen hatten, aus der Verschleppung zurück nach Israel zu kehren und dort die Aufbauarbeiten wieder zu beginnen. Sie durften den Tempel wieder aufbauen und sollten auch die Stadtmauer errichten. Ohne Stadtmauer gab es quasi keine Stadt.
Nehemiah hört von diesem Zustand, dass die Aufbauarbeiten sehr schleppend verlaufen und die Stadtmauer nicht steht. Wir haben es eben gerade noch einmal in der Lesung gehört. Von Margarete haben wir erfahren, dass in Nehemiah 1 die Mauer von Jerusalem niedergerissen ist und seine Tore mit Feuer verbrannt wurden. Das löst in Nehemiah eine heftige Trauer und Betroffenheit über den Zustand des Ortes der Anbetung Gottes aus.
Jerusalem, der Tempel, diese Stadt ist der Ort, an dem Gott angebetet wird, wo man Gott begegnet, wo er einem begegnet und wo man seinen Segen erleben soll. Denn in der letzten Woche haben wir gesehen, dass wir heute im Neuen Testament beziehungsweise im Neuen Bund durchaus etwas von diesem Text lernen können. Auch wenn wir kein Jerusalem mehr als Ort der Anbetung haben, sind wir Gläubige, wir Christen, als Gemeinde Jesu Christi der Ort der Anbetung Gottes.
Ich habe uns die Frage gestellt, ob uns – so wie Nehemiah – der Zustand des Ortes der Anbetung beschäftigt. Dass die Mauern zerrissen waren – macht uns der Zustand der Gemeinde auch betroffen? Oder sehen wir das und es tangiert uns eigentlich nicht so richtig?
Wer war letzte Woche da? Okay, es waren einige. Ihr könnt euch vielleicht daran erinnern. Es ist natürlich auch die Frage, inwiefern uns das auch als Gemeinde beschäftigt. Wir sind ja auch Gemeinde Jesu Christi – das ist der Anspruch, den wir haben.
Deshalb beten wir auch jede Woche Jesus an, weil er unser Herr ist und wir seine Gemeinde sind. Wir sind sein lebendiges Haus und Steine an seinem Gebäude. Wie steht es um unser Mauerwerk? Stehen wir sicher oder sehen wir einen Mangel auch unter uns in unserer Gemeinde, für den es gilt, betroffen zu sein – aber nicht nur betroffen zu sein, sondern auch einzutreten im Gebet?
So weit, so gut. Ich möchte jetzt Jessie bitten, nach vorne zu kommen. Im vergangenen Bibelkreis am Mittwochabend hat Jessie eine Gebetserhöhung von mir bekommen. Als wir miteinander beteten, habe ich Gott gebeten, dass er uns ein prophetisches Wort schenken möge. Jessie war dann so mutig, dass sie aufgestanden ist und gesagt hat, sie möchte gern etwas weitergeben.
Wir glauben, dass Gott durch sie zu uns sprechen möchte. Das war am Mittwoch gut, und das ist heute immer noch gut. Deswegen möchte ich, dass eine größere Gruppe das auch mitbekommt und wir uns das mitnehmen, um es mit dem Text zu verknüpfen.
Ich muss dazu sagen, dass ich es noch nicht geschafft habe, deine Predigt nachzuhören. Also war es ganz unvoreingenommen. Wir haben gebetet, und ich hatte plötzlich ein Bild von einem ganz großen, starken Baum vor Augen. Er hatte einen festen Stamm, eine große grüne Krone mit vielen Blättern und starken Ästen. Außerdem sah ich Äste, die neu heranwachsen.
Das Schlechte an dem Bild, oder besser gesagt, der Punkt, an dem Gott uns aufrütteln möchte, ist, dass dieser starke Baum unter der Erde eine breite, aber ganz kurze Wurzel hatte. Ganz unten sah ich noch eine Spitze, eine Wurzelspitze. Zwischen der Spitze und der breiten Wurzel war jedoch eine große Lücke.
Ich glaube, Gott möchte uns damit etwas sagen. Der Eindruck war, dass Gott möchte, dass wir dorthin kommen, wo unsere breite, kurze Wurzel zu einer starken, zusammengedrehten Wurzel wird, die tief in ihm verwurzelt ist.
Ich möchte euch bitten, aufzustehen, damit wir hier kurz dafür beten können.
Vater, ich danke dir, dass du zu uns sprichst. Ich danke dir auch, dass du in Bildern zu uns sprichst, damit wir besser verstehen können, was du von uns möchtest.
Ich bete, dass wir mutig sind. Ich bete, dass wir unsere Herzen öffnen und mutig sind für unsere Nächsten und für die Gemeinschaft, die wir hier erleben.
Ich bete, dass wir fest in dir verwurzelt werden und dass wir uns auch fest miteinander verwurzeln. Alles, was du hier aufbauen möchtest, soll wirklich erstarken. Die Äste dürfen weiter genährt werden durch unsere Nächstenliebe und durch deine Liebe zu uns.
Ich bete, dass wir aufbrechen und dass die Mauern fallen bei jedem Einzelnen von uns, die uns daran hindern, uns wirklich einzubringen und hier anzukommen, hier zu sein.
Ich bete, dass wir keine Angst haben, sondern uns öffnen und dir öffnen. Lass uns einfach erfüllt werden von deiner Liebe.
Ich danke dir, dass du da bist, dass du dich über uns freust, dass du uns anlächelst und dass du alles Schlechte nicht siehst. Du siehst nur das, was strahlt, und was du aus uns machen möchtest.
Ich bete, dass wir hier erleben dürfen, für unsere Gemeinde und für die ganze Stadt, dass wir strahlen. Dass diese Gemeinde strahlt und dass alle Menschen, die dich noch nicht kennen, auch strahlen dürfen und sehen können, welche Herrlichkeit du in uns gelegt hast und in sie gelegt hast.
Dass wir deine Ebenbildlichkeit in uns tragen und erkennen dürfen, was das bedeutet, welche Ehre das ist und was für ein großes Zeichen deiner Liebe das an uns ist.
Amen.
Ja, das Interessante an diesem Bild ist, dass die äußerliche Pracht des Baumes offensichtlich ist. Doch darunter verbirgt sich noch viel Entwicklungspotenzial.
Das ist, finde ich, auch ziemlich genau der Zustand unserer Gemeinde. Gott hat dieses Bild Jesse offenbart, und wir in der Ältestenschaft nehmen es genauso wahr und sehen es so.
Von außen mag hier alles gut und schön aussehen – ihr wisst, was ich meine. Aber Gott möchte hineinblicken und in die Tiefe gehen. Es soll nicht nur nach außen hin eine schöne Pracht sein, die man bewundern kann. Vielmehr sollen wir ein tiefes Wurzelwerk haben. Amen!
In der letzten Woche habe ich einige Beispiele genannt, in denen ich zerrissene Mauern sehe – sowohl in unserer Stadt als auch in der Kirche weltweit. Könnt ihr euch daran erinnern? Es war vielleicht für einige etwas derb oder krass. Man hat mir gesagt, ich rede ziemlich schnell. Ich halte das für ein böses Gerücht. Aber gut, ich wurde gefragt, weil man manchmal nicht genau wusste, was jetzt meine Position ist und was ich gerade als Fremdposition referiere. Was ist die zerrissene Mauer? Und was glaube ich, was richtig ist?
Ich möchte nur zwei Beispiele kurz anführen. Davon hatte ich schon erzählt, und hier muss ich mich korrigieren: Das berühmte Gebet „Vater unser im Himmel“ wird manchmal verkehrt wiedergegeben. Ich hatte letzte Woche gesagt „Mutter Gottes im Himmel“. Natürlich muss es richtig heißen „Vater unser im Himmel“. So wird es auch gebetet, aber manchmal hört man es auch als „Mutter unser im Himmel“. Ich hatte dargelegt, dass in christlichen Kreisen die Idee verbreitet wird, Gott als Vater zu sehen, und dass wir dieses männerfixierte Gottesbild überwinden sollten. Wir sollten anfangen, Gott auch als Mutter im Himmel anzusprechen.
Falls das nicht ganz klar geworden ist, auf welcher Seite ich stehe: Ich hatte gesagt, Jesus hat uns Gott als Vater offenbart. Deshalb beten wir Gott als Vater an. Nicht, weil wir gern einen Mann im Himmel haben möchten, sondern weil wir die Selbstoffenbarung Gottes ernst nehmen. Das ist meine Position. Wir beten hier nicht „Mutter unser im Himmel“. Das werdet ihr von mir nicht hören, und ich halte es auch nicht für weise, wenn du es tust.
Denn ich sage euch Folgendes: Im Römerbrief heißt es, dass wenn der Geist Gottes in uns ist, er uns dazu bewegt, zu rufen „Vater“. Der Geist Gottes treibt uns dazu, nach dem Vorbild Jesu zu beten und gerne zu sagen „Lieber Vater“. Das ist nicht unsere eigene Idee. Wenn jemand damit Schwierigkeiten hat: Gott ist langmütig und geduldig. Wie ich letzte Woche gesagt habe, gehe in seine Seelsorge, beschäftige dich mit ihm und seinem Wort und lerne kennen, dass er es gut mit dir meint.
Aber wer von diesem Punkt nicht wegkommen will, in Rebellion bleibt und Gottes Selbstoffenbarung nicht respektiert, da muss ich mich fragen: Welcher Geist ist in diesem Herzen? Und wer ruft da? Vielleicht war das letzte Woche schon krass, aber jetzt ist es noch krasser.
Ich hatte auch davon gesprochen, dass ich in einer Predigt einen Prediger und Pastor gehört habe, der den stellvertretenden Tod Jesu für unsere Schuld verneint hat. Er sagte, dass Jesus damit Gottes Zorn über unsere Sünde nicht abgewendet habe und den Preis nicht bezahlt habe. Meine Position ist, dass das nicht geht. Ich habe gesagt, diese Person wendet sich gegen alles, was in der Bibel steht.
Unsere Position ist: Jesus Christus ist gekommen, um für Sünder zu sterben und den berechtigten Zorn Gottes über unsere Sünde abzunehmen. Das ist meine gute und frohe Botschaft. Vielleicht fandest du das letztes Mal schon krass, lass mich in meiner diplomatischen Art noch einen draufsetzen.
Paulus sagt im Galaterbrief: „Wie ich es euch früher schon gesagt habe, so sage ich es jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas als Evangelium, als gute Nachricht, verkündigt, das entgegen dem steht, was ihr empfangen habt, er sei verflucht.“ (Galater 1,8-9)
Das ist meine Position. Wer aufsteht und sagt, Jesus sei nicht für unsere Sünde gestorben, sondern nur ein Opfer unserer Menschheitsgeschichte und unserer Bestialität als Menschen, das ist auch richtig. Aber wer den Sühnetod, den stellvertretenden Tod Jesu leugnet, der sei verflucht. Nicht weil ich ihn verdammt sehen möchte, sondern weil er sich selbst Gericht redet.
Warum ist die Bibel an dieser Stelle so hart? Die Bibel sagt uns Predigern und Lehrern, dass sie ein schweres Gericht erwarten, weil sie große Verantwortung tragen. Hier nach vorne zu gehen und Menschen in Gottes Wort zu unterweisen, ist nicht einfach eine Happy-Clappy-Aktion. Ich mache mal so, was ich denke, und erzähle euch nette Gedanken, die ich für richtig halte. Das kann es doch nicht sein. Dafür haben wir das Fernsehen.
Wenn wir uns als Gemeinde versammeln, wollen wir Weisung von Gott bekommen und seine gute Nachricht hören – nicht irgendeine gute Nachricht von irgendwo anders. Wer etwas anderes verbreiten möchte, soll das tun, aber nicht unter uns.
Wir müssen beten, dass diese zerrissenen Mauern wieder aufgerichtet werden und dass Gott diesen Menschen Umkehr schenkt. Dass sie neu die Schönheit des stellvertretenden Todes Jesu erkennen. Dass sie verstehen, was Jesus für uns erlitten hat. Damit ist nicht nur das körperliche Leiden gemeint. Viele Menschen sind in der Geschichte gestorben, viele Christen wurden auch gekreuzigt, aber sie haben Lieder gesungen am Kreuz. Wie geht das?
Jesus hat noch eine andere Ebene erlebt. Er hat die Trennung vom Vater erfahren, die wir nicht erleben sollen. Das war sein Entschluss. Und deswegen sollte das unser Herz anregen und uns auch ins Gebet treiben.
Ich hatte in der letzten Woche Hesekiel zitiert, wie er beklagte, dass niemand da ist, der in den Riss tritt. In Hesekiel 22,30 heißt es: „Und ich suchte einen Mann unter ihnen, der die Mauer zumauern und vor mir für das Land in den Riss treten könnte, damit ich es nicht verheeren müsste, aber ich fand keinen.“
Wir haben gesehen, dass mit Nehemia 1 endlich der Zeitpunkt gekommen ist, an dem das, was Hesekiel sagt, quasi in Erfüllung gegangen ist. Gottes Suche hat in Nehemia ein vorläufiges Ende gefunden. Nehemia ist ein Mann der Tat und des Gebets. Er ist derjenige, der in den Riss tritt, die zerstörte Mauer sieht und sagt: „Der Ort Gottes muss aufgerichtet werden.“ Das kann uns nicht kalt lassen.
Von Nehemias Gebet, das wir uns jetzt gleich anschauen werden, lernen wir, was geschehen muss, um in diesen Riss treten zu können und auch zu wollen. Das ist der Titel meiner Predigt heute: Nehemia hat die Selbstüberschätzung überwunden und die Gottunterschätzung überwunden.
Unser erster Punkt lautet: Wir unterschätzen Gottes Verheißungen und überschätzen unsere Unmöglichkeiten. Das ist ein Grund, warum wir nicht so oft mutig eingreifen und nicht so kühn beten können wie Nehemia. Wir unterschätzen Gottes Verheißungen, aber überbewerten unsere Unmöglichkeiten.
In Vers 5 bringt Nehemia gleich zu Beginn seines Gebets Folgendes zum Ausdruck: „Ach, Herr, Gott des Himmels, du großer und furchtbarer Gott, der den Bund und die Gnade denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote bewahren!“ Die Übersetzung „furchtbarer Gott“ ist fast schon witzig. Besser finde ich „du großer und ehrfurchtgebietender Gott“. Gott ist hier nicht im Sinne von schrecklich gemeint, sondern ehrfurchtgebietend. Wenn man in seine Gegenwart kommt, wenn man erkennt, wer er ist, wenn man ihn sieht, bekommt man tatsächlich einen Schrecken darüber, wie anders Gott ist und wie groß er ist – viel größer, als wir uns vorstellen können.
Damit beginnt Nehemia sein Gebet: „Ach Herr, Gott des Himmels, du großer Gott.“ Jemand hat zu diesem Gebet folgendes gesagt: „Nehemias Größe beruhte darauf, dass er von einem großen Gott große Dinge erwartete und im Vertrauen auf ihn große Dinge versuchte.“ Noch einmal: Nehemias Größe beruhte darauf, dass er von einem großen Gott große Dinge erwartete und im Vertrauen auf ihn große Dinge versuchte.
Wir können Nehemia nicht lesen und einfach sagen: Preist den Nehemia, was für ein Mann! Die Größe, die wir bei Nehemia sehen, diesen Glaubensmut, dieses kühne Gebet, sind ein Ergebnis der Größe Gottes, die sich in seinem Gebet widerspiegelt und die er reflektiert. Es ist keine Größe, die aus sich selbst herauskommt, bei der er sagt: „So, ich reiße mich zusammen und werde jetzt das Unmögliche tun, werde nach Jerusalem gehen und die Mauern dort aufrichten.“
Nehemias Größe beruht darauf, dass Gott groß ist und dass er auf seine Möglichkeiten schaut, auf seine Verheißungen vertraut und deswegen große Dinge versucht. Wenn ich mein Leben betrachte – und ich weiß nicht, wie es bei dir ist – neigst du nicht auch manchmal dazu, deine Unmöglichkeiten zu überschätzen? Deine verzweifelte Situation, in der du dich vielleicht gerade befindest, vielleicht schon seit Jahren oder sogar Jahrzehnten, erscheint dir so groß, dass sie unmöglich ist?
Vor einiger Zeit hatten wir hier in der Gemeinde eine Gebetszeit. Einige Geschwister begannen sehr kühn zu beten, sehr mutig, sie beteten groß. Nach der Gebetszeit kam ein Bruder zu mir – ihr dürft raten, wer es ist, aber ich verrate nicht, ob er heute hier ist oder nicht, ob er überhaupt zu unserer Gemeinde gehört oder nicht. Ein Bruder sagte: „Ich kann da nicht mit. Das war mir zu viel. Ich kann da nicht mit.“ Wenn in solchen Superlativen gebetet wird, klingt das für manche total unrealistisch. Ja, das ist schon unrealistisch, wenn wir zu Gott beten und von ihm Dinge erbitten, die aus menschlicher Sicht so unwahrscheinlich sind.
Kennst du das? Wenn du neben einem Glaubensmann oder einer Glaubensfrau sitzt, die plötzlich so mega kühn beten, denkst du: Echt jetzt? Hörst du dir zu? Glaubst du, was du gerade betest? Die, die jetzt nicht genickt haben, sind diese Glaubenshelden. Wenn es uns schwerfällt, Dinge zu beten, die so unwahrscheinlich sind, möchte ich euch folgende Fragen stellen:
Wie wahrscheinlich war es, dass der kleine Joseph aus der alttestamentlichen Erzählung nach seiner wirklich schrecklichen Biografie plötzlich zur Rechten des Pharaos sitzt und der Grund ist, warum seine ganze Familie eine große Hungersnot überlebt hat? Wie wahrscheinlich war das?
Wie wahrscheinlich war es, dass Mose sich einige Jahre später so krass gegen den Pharao behaupten konnte? Wie wahrscheinlich war es, dass Israel mit Mose aus Ägypten zog oder floh und das Rote Meer durchquerte? Wie wahrscheinlich war es, dass sich das Meer teilte?
Wie wahrscheinlich war es, dass Israel, als es auf das Land Kanaan zuging, als kleinste militärische Macht so eine Wirkung erzielen und das Land einnehmen konnte? Wie wahrscheinlich war es, dass David sich gegen Goliath stellte und den riesigen Helden besiegte?
Wie wahrscheinlich war es, dass als Christus kam, Blinde sehen, Taube hören, Lahme gehen und Tote auferstehen? Wie wahrscheinlich war es, dass aus depressiven, eingeschüchterten Jüngern, die völlig fertig waren, als Jesus gestorben war, eine Bewegung entstand, die das gesamte römische Imperium ergriff und bis heute existiert und sich ausbreitet?
Auch wenn wir hier in unserem Kulturkreis denken, Christen würden immer kleiner, kleiner werden – meine Freunde, in einigen Teilen der Welt erleben wir die größten Erweckungen der Menschheitsgeschichte. Wir sollten unsere Augen nicht nur auf unser kleines, schnuckeliges Umfeld richten. Glaubt mir, es gibt mehr. Ich habe in der Nähe von Berlin studiert, es gibt mehr.
Wie wahrscheinlich war es, dass über 3000 Prophezeiungen aus der Bibel tatsächlich eingetroffen sind? Ihr wisst, worauf ich hinaus möchte.
Ich möchte dir die Frage stellen: Wie groß muss der Berg der Unmöglichkeit sein, damit Gott ihn nicht bewegen kann? Wie groß? Es gibt ja diese schöne philosophische Frage: Kann Gott einen Stein erschaffen, den er selbst nicht tragen kann? Viele finden diese Frage eine Gehirngrätsche, die nicht zu lösen ist.
Selbstverständlich lässt sie sich lösen: Nein, Gott kann das nicht. Denn wenn er etwas erschaffen würde, das größer als er selbst ist, würde er seine Allmacht verlieren. Weil Gott allmächtig ist, kann er nichts tun, was größer ist als er, denn dann würde er seine Gottheit aufgeben.
Ich habe einmal eine interessante Debatte gehört zwischen einem gelehrten Muslim und einem gelehrten Christen, beide Professoren. Aus dem Publikum kam die Frage: Kann Gott lügen? Kann Allah lügen? Kann Jahwe lügen? Der muslimische Theologe antwortete: „Natürlich kann Allah lügen, Allah kann alles.“ Der christliche Theologe entgegnete: „Der Gott des Alten und Neuen Testaments kann nicht lügen, weil er Wahrheit ist.“ Er wird sich nicht selbst verleugnen. Der Raum tobte, die Christen freuten sich.
Die Dinge sind so unwahrscheinlich, meine Lieben. Auch wenn du in der Schule Wahrscheinlichkeitsrechnung gelernt hast, interessiert sich Gott nicht für unsere Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Das ist ihm völlig egal. Rechne aus, was du willst, aber am Ende der Tage ist es Gott egal, was du für wahrscheinlich oder unwahrscheinlich hältst.
Das ganze Buch ist voller Unwahrscheinlichkeiten. Deshalb glauben wir an einen Gott, der das möglich macht, was aus unserer Perspektive unmöglich erscheint.
Meine Lieben, wir brauchen wirklich eine radikal gottzentrierte Theologie, eine gottzentrierte Lehre, eine gottzentrierte Weltanschauung – auch für uns als Gemeinde und in unserem Land. Wir müssen die Dinge von Gott her denken. Was wir von Gott für wahr halten, wird auch unseren Blick auf unsere Realität verändern.
Das Problem ist nur, dass Gott in den letzten Jahrhunderten aus dem Fokus, aus dem Zentrum gerückt wurde. Wir bauen Gemeinden um den Menschen herum und denken sehr stark vom Menschen her. Was wir vom Menschen für wahr halten, stülpen wir dann Gott über. Deshalb glauben viele Christen an einen ohnmächtigen Gott, der mit ihren Unmöglichkeiten nicht fertig wird.
Darum beten wir auch nicht so, wie Nehemia betet. Aber Nehemia begann sein Gebet anders: Er begann mit der Größe Gottes. Wenn du betest, erkläre Gott, nicht wie groß dein Problem ist, sondern erkläre deinen Problemen, wie groß dein großer Gott ist. Die Größe deines Problems beeindruckt die Größe Gottes nicht. Aber wenn wir unseren Problemen mit der Größe Gottes begegnen, müssen sie in die Knie gehen.
Für Nehemia gründete sich das auf das Versprechen Gottes, nicht einfach nur auf einen Wunsch. Es geht nicht darum, dass er sich etwas Tolles wünscht und es dann passiert. Seine Kühnheit und sein Mut basieren auf Gottes Versprechen und Verheißungen.
Und jetzt schlagen wir mal einen Propheten auf, der wahrscheinlich sehr vernachlässigt ist: Zacharja, Kapitel 8, Verse 1 bis 8. Dieser Mann hat einige Zeit vor Nehemia prophezeit. Achtet mal, was er prophezeit hat. Es ist ein großartiger Text.
Und es geschah das Wort des Herrn der Heerscharen: So spricht der Herr der Heerscharen: Ich eifere für Zion. Zion ist ein anderes Wort für Jerusalem. Ich eifere für Zion, mit großem Eifer, mit großem Zorn eifere ich dafür. So spricht der Herr: Ich kehre nach Zion zurück und wohne mitten in Jerusalem, und Jerusalem wird Stadt der Treue genannt werden und der Berg des Herrn der Heerscharen heiliger Berg.
Wohlgemerkt: Jerusalem ist noch in ungefähr dem Zustand von Nehemia und noch davor. Also es sieht nicht gut aus, sieht nicht gut aus. Aber hier kommt ein Versprechen von Gott, was Gott tun möchte.
So spricht der Herr der Heerscharen: Es werden noch Greise und Greisinnen – ich wusste nicht, dass es eine weibliche Form von Greis gibt – es werden noch Greise und Greisinnen auf den Plätzen von Jerusalem sitzen, jeder seinen Stab in seiner Hand wegen der Fülle der Tage. Und die Plätze der Stadt werden voll von Jungen und Mädchen sein, die auf ihren Plätzen spielen.
Also dieser Gedanke der Wiederbevölkerung, dass die Generationen miteinander sind, dass wieder gespielt wird – gespielt ist eine biblische Angelegenheit.
So spricht der Herr der Heerscharen: Wenn das zu wunderbar ist in den Augen des Restes dieses Volkes in jenen Tagen, sollte es auch in meinen Augen zu wunderbar sein? Das ist genau unser Thema, oder?
So spricht der Herr der Heerscharen: Sie, ich werde mein Volk retten aus dem Land des Aufgangs und aus dem Land des Untergangs der Sonne. Und ich werde sie zurückbringen, und sie werden mitten in Jerusalem wohnen, und sie werden mein Volk sein, und ich werde ihr Gott sein in Treue und in Gerechtigkeit.
Das ist eine Verheißung, die Gott gegeben hat, und die kannte Nehemia. Nehemia ist eigentlich, wenn du die Bibel aufblätterst, müsste eigentlich Nehemia das allerletzte Buch im Alten Testament sein. Tatsächlich ist es irgendwo mittendrin, aber chronologisch ist Nehemia vor Matthäus.
Nehemia kannte das Alte Testament, kannte die Verheißungen Gottes, und darauf gründet er sein Gebet und kann dann auch so kühn beten.
Und in 2. Chronik 16,9 heißt es: Denn des Herrn Augen durchlaufen die ganze Erde, um denen treu beizustehen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist. Ist ein Herz ungeteilt auf ihn gerichtet? Gott sucht, Gott ist auf der Suche, und er wird treu sein.
Gott ist ein Gott, der das Unmögliche möglich macht. Deswegen unterschätze Gottes Verheißungen nicht, denn Gott ist ein großer und ehrfurchtgebietender Gott. Amen!
Wir kommen zum zweiten Punkt, der lautet: Wir unterschätzen Gottes Souveränität und überschätzen unsere Freiheit.
Menschlich betrachtet war die Situation, in der Nehemiah sich befand, so unmöglich, dass eine Veränderung kaum vorstellbar schien. Das hatten wir letzte Woche schon kurz angesprochen. Einige Jahre zuvor hatte der König – ich muss immer wieder nachschauen, wie er heißt – Artaxerxes, in manchen Bibeln auch Attaxerxes genannt, eine Entscheidung getroffen. Attaxerxes ist die griechische Form des hebräischen Namens Ataxer. Namen können also übersetzt werden, ähnlich wie bei meinem eigenen Vornamen: In Russland hieß ich nicht Waldemar, sondern Wladimir, was dann ins Deutsche schön als Waldemar übersetzt wird. Wer sich fragt, warum ich das erwähne, kann sich die letzte Predigt anschauen.
Artaxerxes hatte einige Jahre zuvor, nachdem ihm empfohlen wurde, Israel solle nicht nur den Tempel, sondern auch die Stadtmauer wieder aufbauen, kalte Füße bekommen. Er sagte: „Alles klar, stopp! Bis ich etwas anderes sage, haltet sie auf. Sie sollen diese Mauer nicht bauen.“ Nehemiah wusste, dass Artaxerxes oder Ataxerxes, wie man ihn auch nennen mag, den weiteren Mauerbau verboten hatte.
Dennoch betet Nehemiah als Mundschenk des Königs mutig und kühn. Warum? Weil Nehemiah weiß, dass so souverän ein König auf Erden auch sein mag, der eigentliche Souverän nicht der irdische König ist, sondern der König im Himmel. Gott ist der wahre Souverän.
Deshalb betet Nehemiah – achtet mal genau – in Bezug auf den König. In Vers 11 heißt es im zweiten Teil: „Lass es doch deinem Knecht, also mir, Nehemiah, heute gelingen, und gewähre ihm Barmherzigkeit vor diesem Mann.“ Er bittet darum, dass ihm, als Mundschenk des Königs, Barmherzigkeit von Gott geschenkt wird, damit das Gespräch mit dem König gelingt.
Nehemiah glaubte, dass Gott in allem, was er tut, souverän ist und unumstößlich vom Himmel her regiert. Gott ist, wenn es um uns Menschen geht, nicht auf Augenhöhe. Das ist der einzige Grund, warum wir wirklich Hoffnung haben, wenn wir für andere Menschen beten. Wir glauben, dass Gott über diesen Menschen regiert und ihn überwinden kann. Gott ist nicht nur ein Berater.
Oft haben wir in christlichen Kreisen die Vorstellung, Gott sei wie ein Trainer am Spielfeldrand, der nur ruft: „Komm, komm, jetzt mach doch!“ Unser Gott funktioniert anders.
Lass uns drei kurze Verse anschauen:
Jeremia 10,23: „Ich habe erkannt, Herr, dass der Weg des Menschen nicht in seiner Macht steht und dass es keinem, der geht, gegeben ist, seinen Schritt zu lenken.“ Keinem.
Heißt das, dass ich keinen Einfluss auf den Weg der Menschen nehme? Ja, natürlich nehme ich Einfluss, selbstverständlich. Aber im ultimativen Sinn sind wir niemals als Geschöpfe Gottes so autonom, dass wir selbstbestimmt unterwegs sind – niemals! Denn Gott ist es, der uns das Leben gibt und uns erhält. Dass du jetzt in diesem Augenblick atmest, ist nicht nur ein Produkt der Biologie, sondern ein Produkt der Gnade Gottes über dein Leben.
Wenn Gott sich radikal von dir entziehen und dich in völlige Selbstbestimmung entlassen würde, glaubst du, du würdest einfach nur das tun, was du willst? Nein. Dass überhaupt ein Organismus am Laufen gehalten wird, ist eine Gnade Gottes.
Sprüche 16,9: „Das Herz des Menschen plant seinen Weg, aber der Herr lenkt seinen Schritt.“
Und der letzte Vers: Sprüche 21,1: „Wie Wasserbäche ist das Herz eines Königs in der Hand des Herrn; wohin immer er will, neigt er es.“
Das muss für Nehemiah eine große Ermutigung gewesen sein. Wir glauben, dass Gott groß ist, dass er Macht hat – aber auch so viel? Ist er wirklich in der Lage, so radikal einzubrechen? Selbstverständlich! Die ganze Bibel ist voll davon.
Deshalb sagt Jesus zu seinen Jüngern etwas, das vieles von unserem Denken auf den Kopf stellt: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt. Haben wir uns also gar nicht selbst erwählt? Ja, genau. Gott hat uns zuerst geliebt. Niemand kann sich rühmen und sagen: „Ich habe es ganz allein aus mir heraus erkannt, die Weisheit besessen, im Vergleich zu den anderen.“ Das ist wichtig für uns zu hören.
Wir leben in einer Gesellschaft, die von der Maxime der Freiheit des Menschen ausgeht. Das ist aber nicht das biblische Weltbild. Es gibt einen Souverän – und das bist nicht du, Gott sei Dank.
Gott lenkt die Geschicke. Deswegen ist auch das Ende dieses Weltlaufes keine Frage: Gewinnen wir Menschen am Ende? So habe ich als Teenager gedacht. Wer weiß? Vielleicht überstimmen wir ja Gott. Nein. Das Schicksal der Menschheit und des Planeten überlässt Gott nicht uns.
Obwohl man es manchmal meinen könnte – sorry an alle Aktivisten, die glauben, sie retten hier irgendetwas: Ja, wirf deine Dose bitte nicht in den Wald, recycle. Aber was glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du denkst, du kannst den Planeten retten? Die Welt und die Zeit liegen nicht in deiner Hand. Gott ist souverän.
Einige sind noch nicht ganz überzeugt. Nehemiah hatte keine Kenntnis darüber, was gleich geschehen würde. Er kannte Gottes Versprechen, aber wusste nicht, ob Gott auf sein Gebet antworten würde. Er hatte keine direkte Zusage, dass Gott auf sein Gebet achtgeben würde.
Deshalb betet er: „Habe Acht auf das Gebet deines Knechtes. Lass mich das Werkzeug sein, durch das du deinen Willen erfüllst.“ Nehemiah wusste das nicht, aber die Geschichte zeigt ihm, dass Gott Großes tun kann.
Eigentlich möchte ich jetzt mit euch, liebe Bildtechnik, Esra 1,1-4 lesen. Dort wird beschrieben, wie die Juden überhaupt aus ihrer Verschleppung zurück in ihr Land durften – ein absolutes Eingreifen Gottes. Das werden wir jetzt überspringen; lest es zuhause nach. Esra 1,1-4 zeigt, wie Gott Königsherzen vorbereitet und lenkt zu seinem Gefallen.
Dieses souveräne Eingreifen Gottes in der Geschichte gab Nehemiah Mut und Glauben, gegen die Verzweiflung anzukämpfen.
Was aus seinen Bemühungen wird, ist nicht Nehemiahs Problem. Das liegt nicht in seiner Hand. Er gibt es Gott. „Ich gebe es Gott, und Gott, es ist deine Angelegenheit.“ Aber er hat aus Gottes Wort gelernt, dass Gott durch Beter arbeitet. Also ist er ein Beter geworden.
Auf Gottes Wort hin betet er das Unmögliche, weil er glaubt, dass Gott auch souveräne Menschen souverän lenken kann, so wie es ihm gefällt.
Im weiteren Verlauf lesen wir – und das werden wir in der Predigtreihe immer wieder hören – dass Nehemiah sagt: „Die gute Hand Gottes war über mir.“ Ganz interessant: Er sieht das im Vollzug. Er betet am Anfang, dann gelingen die Dinge, die er gebetet hat, und anschließend sagt er: „Und die gute Hand Gottes war über mir.“
Das ist ein Geschehen, das sich im Vollzug ereignet.
Also, unterschätzt niemals Gottes Souveränität. Gott ist groß und ehrfurchtgebietend. Amen.
Letzter Punkt. Nee, das ist zu weit. Ich möchte gerne sagen: Wir unterschätzen Gottes Treue. Guck mal, der Erwin möchte schon, dass die Predigt vorbei ist. Wir unterschätzen Gottes Treue und überschätzen unsere Verlorenheit.
Im Gebet von Nehemiah sehen wir nicht, dass Nehemiah mit dem Schicksal des Volkes Israel hadert – dass sie bestraft wurden, dass sie aufgrund ihrer Sünde verschleppt wurden und nicht mehr dort sind, wo sie sein sollten. Er gibt in seinem Gebet zu, dass es selbstverschuldet ist, und er gibt Gott Recht in seinem Urteil. Er versteckt sich nicht, sondern sagt zu Gott: Ja, du sprichst Recht, und es ist richtig, dass du zornig warst.
Ich finde stark an diesem Gebet, dass Nehemiah sich aus der Buße, aus dieser Umkehr zu Gott nicht herausnimmt. Er kannte Gottes Gebote und Weisungen, und Nehemiah selbst hat sie missachtet. Meine Lieben, Nehemiah ist kein Überflieger.
Lasst uns mal die Verse 6 bis 7 lesen:
„Lass doch dein Ohr aufmerksam und deine Augen offen sein, dass du auf das Gebet deines Knechtes hörst, dass ich heute Tag und Nacht für die Söhne Israel, deine Knechte, vor dir bete. Und mit dem ich die Sünden der Söhne Israel bekenne – nicht gutrede – bekenne, die wir gegen dich begangen haben. Auch ich und meines Vaters Haus haben gesündigt, sehr böse haben wir gegen dich gehandelt und haben nicht auf die Gebote und die Ordnungen und die Rechtsbestimmungen bewahrt, die du deinem Knecht Mose geboten hast.“
Nehemiahs Stärke ist, dass er nicht vor seiner Schwäche wegläuft. Er bekennt sie vor seinem Gott. Er möchte seine Schuld, seine Sündhaftigkeit nicht zudecken, sondern vor Gott bringen. Dort, wo wir oft vor unserer eigenen Schuld weglaufen oder sie vertuschen wollen, geht Nehemiah noch einen Schritt weiter.
Er tritt sogar ein für fremde Schuld. Er sagt nicht nur: „Ja, okay, ich habe gesündigt, aber mit den anderen habe ich nichts zu tun.“ Nein, er merkt, dass er in einem Beziehungsgefüge mit seinem Volk steht. Er ist damit verbunden. Und er macht sich eins mit ihnen. Er betet für diese gesamte Schuld und bittet um Vergebung.
Das scheint hoffnungslos, aber er bittet um Vergebung. Wir sehen hier einen Vorschatten auf Jesus Christus in dem, was Nehemiah tut. Was Nehemiah hier tut, hat Jesus noch viel, viel größer getan – nur mit einem Unterschied: Jesus hat auch für die anderen um Vergebung gebeten, hat sich eins gemacht mit der Schuld und sie auf sich getragen. Aber der Unterschied ist: Jesus selbst.
Nehemiah hätte an einem Punkt aufgehört zu beten, wo Jesus nicht aufgehört hat. Nehemiah sagt: „Auch ich und mein Vaters Haus haben gesündigt.“ Das betet Jesus nicht.
In 2. Korinther 5,21 lesen wir: „Den, der Sünde nicht kannte – also Jesus, der Sünde nicht kannte – hat Gott für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“ Er kannte keine Sünde und hat sich dennoch mit uns vereinigt, damit unsere Schuld abgetragen wird.
Zurück zu Nehemiah: Dieser Punkt ist jetzt wirklich sehr wesentlich. Nehemiah wacht aus dem Schlaf auf. Er hat vor, für andere einzutreten, eine Mauer aufzubauen, Belebung zu sorgen. Aber Nehemiah kann das erst für andere tun, wenn er selbst Aufbau, Belebung und Erneuerung erfahren hat.
Du kannst nicht der Held für andere sein, wenn du diese Erneuerung nicht an deinem eigenen Leib erlebt hast. Du kannst Menschen immer nur dorthin führen, wo du selbst gerade stehst. Und wenn du Menschen dorthin bringen möchtest, musst du wissen, wie es dorthin geht und selbst dorthin gebracht worden sein, damit du anderen behilflich sein kannst.
Nehemiah nimmt sich nicht heraus, sondern wartet selbst auf Erneuerung von Gott und setzt diese dann für andere ein.
Was ich stark finde – und das müssen hier einige hören: Nehemiah überschätzt nicht seine Verlorenheit, sondern er glaubt an Gottes Gnade, an Gottes Treue und an Gottes Vergebung. Davon haben wir heute schon viel gehört.
In den Versen 8 bis 9 lesen wir:
„Denke doch an das Wort, das du deinem Knecht Mose geboten hast, indem du sprachst: ‚Werdet ihr treulos handeln, dann werde ich euch unter die Völker zerstreuen. Kehrt ihr aber zu mir um und bewahrt meine Gebote und tut sie, wenn auch eure Vertriebenen am Ende des Himmels sein sollten, selbst von dort werde ich sie sammeln und sie an den Ort bringen, den ich erwählt habe, um meinen Namen dort wohnen zu lassen.‘“
Meine Verlorenheit, die real ist, macht mich nicht hoffnungslos frei. Die Verlorenheit, die Hoffnungslosigkeit, die du vielleicht über deine eigene Sünde verspürst, kann dich nicht so weit von Gott entfernen, dass Gottes Arm zu kurz wäre, um dich noch zu erreichen.
Du kannst mit deiner Schuld, so groß sie auch ist, nicht so tief fallen, als dass Gott nicht in diesen Abgrund gehen könnte und dich dort herausholen würde – aus Gnade, Freundlichkeit und Liebe. Das hat Christus uns gezeigt, als er ins Grab hineinging, den Tod schmeckte und dort, wo du sagst: „Fertig, finito, Gott kann mir das nicht mehr verzeihen“, sagt Gott: „Ich kann und ich will.“
Wenn du dich im Vertrauen an ihn wendest, dann wird er auch.
Was haben wir gehört? Meine Untreue hebt Gottes Treue nicht auf. Entschuldigung, danke. Meine Untreue hebt Gottes Treue nicht auf.
Denn es ist das Letzte, was ich sage: Gott muss einfach handeln. Es geht schließlich um seine Ehre und Glaubwürdigkeit.
In Vers 10 sehen wir, was Nehemiah macht. Es ist ganz spannend, was Nehemiah hier tut. Er kitzelt hier etwas heraus:
„Herr, sie sind ja deine Knechte und dein Volk, das du erlöst hast, und durch deine große Kraft und deine starke Hand. Ach Herr, lass doch dein Ohr aufmerksam sein auf das Gebet deines Knechtes und auf das Gebet deiner Knechte, die gewählt sind, deinen Namen zu fürchten.“
Es geht hier um nichts weniger als um Gottes Glaubwürdigkeit. Es geht um seine Ehre, um das, was er versprochen hat.
Also, Herr, wie sieht es aus? Bist du treu oder nicht treu? Du hast doch angefangen, du hast es doch begonnen, du bist auch in der Lage, es zu einem Ziel zu bringen.
Unterschätze niemals Gottes Treue, denn wir haben einen großen und gebietenden Gott.
Wir werden jetzt gleich zum Abendmahl gehen, und ich möchte mit einem Wort aus dem fünften Buch Mose schließen.
Du wirst deinen Gott finden, wenn du mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele nach ihm fragst.
Amen! Amen!