Einführung und biblische Grundlage
Wenn ihr die Bibel zur Hand habt, schlagt bitte den Jakobusbrief, Kapitel 1, auf. Am vergangenen Sonntag haben wir bereits einige Verse daraus gelesen. Heute möchte ich besonders auf einen Vers eingehen. Ich lese noch einmal Jakobus 1,2-5:
„Meine Brüder, haltet es für laute Freude, wenn ihr in verschiedene Anfechtungen geratet. Wisst, dass euer Glaube, wenn er bewährt ist, Geduld bewirkt. Die Geduld aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und unversehrt seid und keinen Mangel leidet. Wenn aber jemandem unter euch Weisheit mangelt, der bitte Gott darum, der jedem gern gibt und nichts vorenthält. Dann wird sie ihm gegeben werden.“
In diesen Versen finden wir Stichworte wie Freude, Anfechtung, Glaube, Geduld und im Weiteren auch Reife und Beständigkeit.
Gerade in diesem Jahr, so glaube ich, wurden diese Eigenschaften besonders gefordert. Und...
Rückblick auf das vergangene Jahr und Gottes Wirken
Als ich zusammen mit meiner Frau über das vergangene Jahr nachdachte, wurden unsere Herzen sehr froh. Wir haben viel von der Weisheit Gottes gesehen, auch in unserem Gemeindeleben in diesem Jahr.
Wir hatten bemerkt – und auch ab und zu erwähnt –, wie Gott uns auf diese Zeit vorbereitet hatte, ohne dass wir geahnt hätten, dass sie kommen würde. So hatten wir durch die Datenbank die Verwaltung viel einfacher gemacht, um euch zu den Gottesdiensten einzuladen, so wie es heute geschieht.
Kurz zuvor hatten wir technisch überhaupt erst eine Livestream-Übertragung möglich gemacht. Viele junge Menschen hatten große Freude an Technik – und nicht nur Freude, sondern auch Fähigkeiten. Diejenigen, die den Livestream durch tolle Präsentationen perfektioniert haben: Ihr erinnert euch noch an den wunderschönen Greenscreen? Wahrscheinlich wirst du ihn vermissen, Elias, oder? Ja? Nicht wirklich.
Auch die Moderatoren haben dazugelernt und sich großartig entwickelt. Wir hatten neue Musikteams, die uns im Gesang angeleitet haben, als wir nicht hier sein konnten, sondern zuhause singen mussten.
Ich möchte allen, die daran teilgehabt haben – ob sichtbar hinter dem Tresen da oben oder hier vorne – ganz herzlich danken für euren riesigen Einsatz. Ich glaube, das war ein großer Segen für die Gemeinde, und ich hoffe, ihr habt auch persönlich davon profitiert.
Veränderungen und Herausforderungen in der Gemeinde
Das Abendmahl hat sich verändert und seine Form wurde angepasst. Das war uns schon länger ein Wunsch, aber wir haben es bisher nicht so richtig hinbekommen. Dann hat uns die Pandemie gewissermaßen dazu gezwungen, etwas zu verändern. Nun läuft das Abendmahl in einer etwas anderen Form ab.
Wir haben mehr Menschen, Brüder, die sich daran beteiligen. Durch Zeugnisse haben wir gesehen, wie das Abendmahl wirklich gehaltvoll wurde. Außerdem sind viel mehr Leute zum Abendmahl gekommen. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir weniger Versammlungen anbieten konnten.
Die Kinder- und Jugendfreizeiten mussten alternativ gestaltet werden. Gott hat den Mitarbeitern viel Weisheit gegeben, sodass es trotz allem gute und wertvolle Tage für die Teilnehmer wurden.
Die Jugendgottesdienste, die jetzt am Jahresende begonnen wurden, haben die beiden großen Jugendgruppen zusammengeführt. Es war ein Segen, dass viele eingeladen werden konnten – auch solche, die Jesus noch nicht kennen.
Dank an die jungen Menschen und Mitarbeitenden
Ich möchte das gerne all den jungen Leuten sagen, ich meine jetzt mal diejenigen von 25 Jahren abwärts – ihr seid noch richtig jung. Eure Aktivität in der Gemeinde zu sehen, eure Freude und Begeisterung für Jesus, für sein Wort und die Freude, ihm zu dienen und die Gemeinde zu bereichern, ist wunderbar. Ihr helft uns dabei, dass diese schwierige Zeit keine traurige Zeit wurde, sondern eine Zeit geistlichen Segens.
Dafür möchte ich euch jungen Menschen, die ihr euch so engagiert habt, von ganzem Herzen danken. Ihr wart mir auch ganz persönlich eine große Ermutigung.
Ich danke auch all denen, die sich in die tiefsten Details der Hygieneverordnungen eingearbeitet haben. Da gibt es nicht nur eine Verordnung, sondern mehrere. Das macht richtig Spaß – vor allem für Leute, die keine studierten Juristen sind. Aber es musste getan werden. Auch euch, liebe Schwestern, ganz herzlichen Dank, die ihr euch da hineingebt.
Geistliches Wachstum und Gemeinschaft trotz Einschränkungen
Ich habe auch viel geistliches Wachstum erlebt, ebenso viel Freude im Glauben, viel Geduld und auch Reife.
Wir haben beobachtet, wie Menschen in der Entschlossenheit ihrer Hingabe gewachsen sind und sich mehr als zuvor auf Jesus konzentriert haben.
Darüber hinaus konnten wir neue Besucher begrüßen, die uns durch den Livestream kennengelernt haben. Viele von ihnen hatten zuvor keine geistliche Heimat und suchten eine solche – zum Teil haben sie sie bei uns gefunden.
Von außerhalb erhielten wir zahlreiche Zuschriften, in denen uns für den Livestream-Gottesdienst gedankt wurde. Dieser erreichte viele Haushalte.
In der Spitze waren es bis zu 1.300 Haushalte, die Sonntag für Sonntag Gottes Wort hörten. Das bedeutet, dass mehrere tausend Menschen mit Gottes Wort erreicht und ermutigt wurden, insbesondere weil sie an ihren Orten oft keine Gottesdienste hatten.
Dankbarkeit trotz Herausforderungen
Wir durften Gottesdienste fast immer feiern, mit Ausnahme der ersten sechs Wochen. Trotz dieser Bedingungen haben wir alles aus Gottes Hand angenommen und gemeinsam versucht, das Beste daraus zu machen. Im nächsten Jahr wollen wir es noch besser machen.
Wir dürfen dankbar sein für stabile Gemeindefinanzen, die es ermöglicht haben, alles durchzuführen. Auch das ist ein großes Geschenk.
In der Corona-Situation haben wir kaum Arbeitslosigkeit wahrgenommen. Maria hat es vorhin im Gebet erwähnt: Wir können Gott danken, dass niemand aus unserer Gemeinde, soweit wir wissen, schwer an Corona erkrankt ist oder daran gestorben ist.
Außerdem wurden wir bewahrt davor, ein sogenanntes Superspreading auszulösen, also eine starke Verbreitung des Virus. Das hätte möglicherweise dazu geführt, dass wir unsere Gemeinderäume schließen müssten – so wie es bei anderen Gemeinden der Fall war, die ich zum Teil auch persönlich kenne.
Gott war uns gnädig, das dürfen wir von ganzem Herzen sagen.
Schwierigkeiten und Herausforderungen im Alltag
Natürlich hat uns manches auch Mühe bereitet. Für die Familien war es manchmal sehr anstrengend, wenn die Kinder Woche für Woche oder Monat für Monat zu Hause waren.
Es war schmerzlich, dass wir für eine gewisse Zeit nicht in die Altenheime und Krankenhäuser gehen konnten, um unsere Schwerkranken oder Sterbenden zu besuchen. Das sollte nicht wieder passieren.
Manchmal war es anstrengend, das Programm immer wieder umzustellen und vieles abzusagen, das mit Herzblut vorbereitet worden war. Vieles Gewohnte mussten wir vermissen.
Wir haben natürlich auch manchmal diskutiert, uns vielleicht manchmal über einander gewundert und möglicherweise – auch wenn wir das nie tun würden – uns auch mal über den anderen geärgert. Gott war uns gnädig.
Dank für Geduld und Miteinander
Auch wenn wir manche Dinge heute noch nicht sicher einordnen oder klar bewerten können, danke ich euch als Gemeinde für eure Geduld, eure Mitarbeit und euer Mittragen dessen, was zu ertragen war.
Ihr habt dies trotz unserer Begrenzungen getan und auch trotz mancher Dinge, die wir vielleicht übersehen haben. Dafür danke ich euch. Selbst wenn manches gefordert werden musste, das unangemessen oder hart schien, habt ihr mitgetragen.
Der Herr hat uns als Gemeinde bis hierher bewahrt, und dafür bin ich ihm von Herzen dankbar. Trotz allem haben wir im vergangenen Jahr viel Segen erlebt und viel Weisheit gewonnen.
Beim Nachdenken ist mir aufgefallen, dass uns diese Weisheit allein dadurch zuteilwurde, dass wir durch Gottes Wort geprägt waren.
Verzicht und geistliche Prioritäten
Vieles, was der Bevölkerung verboten wurde, habe ich persönlich nicht vermisst, weil es nicht zum Lebensstil eines Gläubigen gehört.
Ich bin zwar aus dem Alter heraus, aber auch die Jüngeren haben die Discos nicht vermisst, weil sie dort vorher schon nicht zu Hause waren. Wir mussten unsere Freude nicht im Stadion hinausbrüllen. Wir mussten auch nicht dauernd ausgehen und große Partys feiern. Sogar aufs Essen gehen konnten wir verzichten.
Was uns aber wichtig war, das blieb uns erhalten. Es waren die Gottesdienste in vielerlei Gestalt. Am Sonntag bei den Abendmahlsversammlungen, in der allermeisten Zeit des Jahres, bei allen Jugendveranstaltungen, den Kindergruppen und in den Hauskreisen.
Wir durften Apostelgeschichte 2,42 fortwährend erleben. Wir hatten immer die Lehre von Gottes Wort. Wir konnten fortwährend im Brotbrechen zusammenkommen. Wir durften Gemeinschaft pflegen, auch wenn der Smalltalk hier vielleicht manchmal begrenzt war.
Gemeinschaft und Gebet als geistliche Stütze
So durften wir doch Anteil nehmen. Das ist es, was das Wort eigentlich bedeutet: Gemeinschaft meint nicht Smalltalk, sondern das Anteilnehmen und das Miteinandertragen.
Das ist in vielerlei Hinsicht geschehen. Wir durften zusammenkommen zum Gebet. Unsere Gebetsstunden mussten nie ausfallen. Immer wieder durften wir erleben und praktizieren, dass dort, wo zwei eins werden, Jesus mitten unter ihnen ist.
Das ist Wirklichkeit gewesen. Es sind Vorbereitungen Gottes für uns als Gemeinde. Ich habe mich schon immer privilegiert gefühlt, Jesu Nachfolger zu sein. Doch in diesem Jahr ganz besonders, denn mein Leben war trotz allem reich.
Einschränkungen und Perspektive auf das Wesentliche
Natürlich hatten wir manchen Luxus nicht. Heute Abend sind wirklich viele hier. Ich kann mich kaum erinnern, in dieser Zeit so viele Leute in diesem Saal gesehen zu haben. Trotzdem können wir immer noch keine Vollversammlung durchführen. Leider sind noch viele zuhause an den Bildschirmen.
Wir können hier im Gemeindehaus nicht gemeinsam essen. Die Kinder in der Jungschar durften keine Spiele mehr machen. Mancher weltliche Luxus hat uns ebenfalls gefehlt. Bei manchen war vielleicht das Weihnachtsoratorium in der Liederhalle ein Jahresprogramm. Dieses musste dieses Jahr leider ausfallen. Man durfte es nur auf CD zu Hause anhören.
Aber, Geschwister, mal ehrlich: Ist das nicht das berühmte Jammern auf sehr, sehr hohem Niveau?
Gebet um Weisheit und geistliche Einsicht
Wir wollen weiter dazulernen, Gottes Weisheit zu verstehen und zu leben. Zu Jakobus 1,5 möchte ich einige Gedanken weitergeben.
Dort heißt es: „Wenn jemand unter euch Weisheit mangelt.“ Hier wird deutlich, dass wir göttliche Weisheit brauchen. Oft ist es schwer zu erkennen, was Gott will und was richtig ist. Manchmal fällt es schwer, aus der Bibel herauszufinden, was gerade wichtig ist, was für die aktuelle Situation gilt und welche Glaubensüberzeugungen jetzt besonders betont werden sollten.
Was gilt es jetzt zu lernen? Was bedeutet Geduld in dieser Situation? Deshalb beten wir zu Gott um Weisheit. Ein Satz, den Paulus an die Kolosser schrieb, bedeutet mir viel. In Kolosser 1,9 betet er darum, dass sie erfüllt werden mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht.
Wir brauchen seine Weisheit und geistliche Einsicht. Jesus ist uns zur Weisheit gemacht worden, und deshalb dürfen wir zu ihm kommen.
Die Suche nach Gottes Führung in schwierigen Zeiten
Deswegen ist es wichtig, gerade in einer Zeit wie der heutigen, in der öffentlich so heftig um den richtigen Kurs gestritten wird, das Angesicht des Herrn zu suchen.
Es ist entscheidend, zu fragen: Herr, was hast du zu sagen? Nicht nur: Was sagt das RKI, die Kanzlerin, die Querdenker oder sonst irgendwelche Leute? Sondern: Was hast du zu sagen?
Er hat uns ein Versprechen gegeben, das mir sehr viel bedeutet. Im Lukas-Evangelium, Kapitel 11, Vers 13, heißt es:
Wenn ihr euren Kindern gute Gaben zu geben versteht, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn darum bitten.
Geschwister, wenn wir je die Erleuchtung durch den Heiligen Geist gebraucht haben, dann ganz gewiss heute.
Die Bedeutung des Gebets um den Heiligen Geist
Ein Bibelausleger hat zu diesem Vers aus Lukas elf gesagt: Die äußeren Gaben gibt Gott auch denen, die ihn nicht darum bitten. Er hat ja gesagt, er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
Doch seinen Geist und sich selbst drängt er niemandem auf. Hier will er gebeten sein.
Wir waren sicherlich manchmal in der Gefahr, Antworten zu suchen in dieser Zeit. Und wir haben ja eine unergründliche Quelle in dem wunderbaren Internet.
Aber, Geschwister, wie oft haben wir das Angesicht des Herrn gesucht? Vielleicht auch nach Psalm 123, wo es heißt: Wie die Augen der Magd auf die Hände ihrer Herrin und die Augen der Knechte auf die Hände ihres Herrn sehen, bis sie ihnen gnädig sind, so blicken unsere Augen nach dir.
Ermutigung zum beharrlichen Gebet
Ich wünsche uns allen für das kommende Jahr, dass wir dranbleiben und Gott beständig im Gebet nahe sind. Wie es im Buch Jesaja heißt, sollen wir ihm keine Ruhe lassen, sondern ihn bitten: Herr, lass mich verstehen, was deine Weisheit ist.
Wir brauchen Weisheit.
Wie Gott Weisheit schenkt
Wie schenkt Gott seine Weisheit? Wie kommen wir dazu?
Der gleiche Bibelausleger, den ich eben zitiert habe, erklärt es so: Im Hören auf Gottes Wort und im betenden Nachdenken fällt durch Gottes Geist Licht auf unsere Lage und unsere Frage. Es wird Einsicht in das jetzt Gebotene geschenkt. Ebenso erhalten wir die Gabe, ein klärendes, wegweisendes und helfendes Wort zu sagen.
Hat Paulus den Korinthern nicht auch das gesagt, als er ihnen über die Geistesgaben schrieb? In 1. Korinther 12,8 heißt es: „Dem einen wird durch den Geist das Wort der Weisheit gegeben, dem anderen aber das Wort der Erkenntnis durch denselben Geist.“
Und, Geschwister, das brauchen wir. Wir brauchen Gottes Reden, gerade auch in unserer Zeit.
Beispiel aus der Apostelgeschichte für göttliche Einsicht
Mir gefällt Jakobus sehr gut in Apostelgeschichte 15, als das sogenannte Apostelkonzil stattfand. Dort gab es lange Diskussionen, bei denen die Beteiligten richtig aneinandergerieten und Argumente austauschten.
Als alles gesagt war und man immer noch nicht wusste, was man tun sollte, stand Jakobus auf. Was dann beschrieben wird, findet sich in Apostelgeschichte 15. Zunächst liest man Vers 13: Danach, als sie schwiegen – also als die Diskussion abgeklungen war –, antwortete Jakobus: „Ihr Männer und Brüder, hört mir zu!“
Dann folgt seine von Gott geschenkte Einsicht im Vers 19: „Darum urteile ich, dass man denen, die sich aus den Nationen zu Gott bekehren“ – das war das Thema, die Bekehrung der Heiden – „nicht vorschreiben soll, dass sie beschnitten werden, damit man ihnen keine Unruhe mache.“
Gott schenkte ihm in dieser Situation eine Einsicht, für die es keine Blaupause gab. Er schenkt seine Einsicht dann, wenn wir ihn von ganzem Herzen suchen, in seinem Wort. Wenn wir im suchenden Gebet wirklich still vor ihm werden und ihn auch einmal bedrängen, indem wir sagen: „Herr, ich werde nicht aufhören zu fragen, bis du mir weiterhilfst.“
Wem schenkt Gott Weisheit?
Die dritte Frage, die ich mir in dem Text gestellt habe, ist: Wem schenkt Gott Weisheit? Wem? Darf ich damit rechnen? Darfst du damit rechnen?
Was sagt der Text in Jakobus 1,5? Dort heißt es: Wenn aber jemandem unter euch Weisheit mangelt... Nun, das spricht doch von uns allen, oder? Also auf jeden Fall von mir. Ich hoffe, du bist so demütig, dass du sagst: Ja, von mir auch. Von dem, der Mangel hat und der sich diesen Mangel auch zeigen lässt.
Ich war vor ein paar Wochen wieder beim Zahnarzt. Ich weiß nicht, ob er auch so gerne hingeht. Einmal im Jahr gehe ich da hin. Ich habe einen ganz sanften Zahnarzt, einen tollen Mann, und da war ich zum Check.
Ich bin immer ganz glücklich, wenn er lange reingeguckt hat und nichts gesagt hat. Wenn irgendwann der erlösende Satz kommt: Herr Happle, ist alles in Ordnung, nur ein bisschen Zahnstein. Dann wird das weggemacht und ich darf nach Hause.
Aber manchmal hat er auch schon gesagt: Herr Happle, da ist ein Loch. Wenn wir das nicht behandeln, wird es größer und der Zahn geht kaputt. Also machen wir es heute zu.
Dann muss ich halt den Bohrer ertragen und ein Mann sein. Man darf ja nicht auf die Zähne beißen. Dann wird das in Ordnung gebracht.
Dann bin ich ihm dankbar – nicht, dass ich ein Loch im Zahn habe, sondern dass er es entdeckt hat.
Die Bedeutung von Erschütterungen und Prüfungen
Und, Geschwister, manchmal geraten wir in Lebenssituationen – mit oder ohne Corona – in denen wir ein wenig erschüttert werden.
Ich möchte sehr bewusst noch einmal zwei Sätze aus dem vorherigen Abschnitt in Hebräer 12 lesen, die mich besonders beschäftigt haben. In Hebräer 12,26 heißt es: „Von Gott, dessen Stimme zu jener Zeit die Erde bewegte, nun aber hat er verheißen und spricht: Noch einmal will ich nicht allein die Erde erschüttern, sondern auch den Himmel.“
Dieses „Noch einmal“ zeigt, dass das Erschütterliche verwandelt werden soll – als etwas Geschaffenes –, damit das Unerschütterliche bleibt. Gott muss also das, was in unserem Leben erschütterlich ist, erschüttern. Das muss deutlich werden.
Es muss einem Test unterzogen werden, ähnlich wie der Zahnarzt mit seinem Haken ganz genau an die Stelle geht, wo er eine Schwachstelle vermutet, um uns weiterzuhelfen.
Dankbarkeit für Gottes Hilfe bei Schwachstellen
Und dieses Jahr, ganz gleich, was dich auch beschäftigt hat, sollte auch manche Mängel, einige lose Stellen in deinem geistlichen Leben und manches Loch deutlich machen.
Er hat das nicht als Besserwisser getan, nicht als Polizist, um uns zu verurteilen oder anzuklagen. Vielmehr wollte er uns weiterhelfen und sagen: Schau, hier möchte ich dir helfen. Denn wenn du dir nicht helfen lässt, wird es nicht besser.
Deshalb bin ich dankbar, auch für manche Mängel, die Gott mir im letzten Jahr aufgezeigt hat – auch in meinem Leben. Denn er will größeren Schaden vermeiden.
Wer darf Weisheit erbitten?
Wem schenkt Gott seine Weisheit?
Zunächst einmal dem, der Mangel hat und bereit ist, diesen zu erkennen. Zweitens heißt es weiter: Wer unter euch Weisheit mangelt, der bitte Gott darum.
Doch wer bittet? Es bittet derjenige, der Mangel hat, der nichts hat. Eine andere Übersetzung sagt an dieser Stelle, Gott gibt ohne Vorwurf. Er wird niemals sagen: „Das hätte ich jetzt langsam wissen können.“ Nein, er gibt nicht mit Vorwurf, sondern er gibt gerne. Er enthält uns nichts vor.
Denn er selbst hat uns in Situationen geführt, in denen unser Mangel offenbar wurde. Er kannte diesen Mangel bereits. So wie mein Zahnarzt mein Loch besser erkennt als ich, kennt der Herr meine schwachen Stellen. Er führt mich genau dorthin, weil er weiß: „Da hat Michael ein Loch.“ Dort will er mir helfen.
Deshalb wird er mir keinen Vorwurf machen, wenn ich mit diesem Loch zu ihm komme und ihn bitte, wenn meine Weisheit zu Ende ist.
Glaube als Voraussetzung für das Erbitten von Weisheit
Er hat noch eine Bedingung gesetzt, die im Vers sechs weiter ausgeführt wird: Erbitte im Glauben und zweifle nicht. Denn wer zweifelt, ist wie eine Welle im Meer, die vom Wind getrieben und bewegt wird.
Ein solcher Mensch soll nicht erwarten, von Gott etwas zu empfangen. Ein wankelmütiger Mensch ist unbeständig in all seinen Wegen.
Manche Bibeln übersetzen „wankelmütig“ auch mit „zwei geteilt“. Das beschreibt einen Menschen, der in seinem Leben ständig zwischen zwei Seiten schwankt. Im Griechischen heißt es „psychos“, was zwei Lebensentwürfe meint, die sich immer abwechseln.
Solche Menschen haben einen Willen, Gedanken und Gefühle, die nicht einheitlich vom Herrn geprägt sind.
Der Kampf zwischen geistlicher und weltlicher Prägung
Und das ist unsere aller Situation: Wir leben in dieser Welt, und diese Welt nimmt Einfluss auf uns. Das können wir nicht verhindern.
Wir werden nicht nur von Gott geprägt, sondern auch von dieser Welt. Nicht nur vom Herrn des Himmels, sondern auch vom Fürsten dieser Welt.
Mal sind wir offen für den Herrn, und manchmal stellen wir fest, dass wir unser Ohr diesen Lügnern geöffnet haben. Mal sind wir voller Vertrauen in den Herrn, dann wieder voller Angst oder voller Selbstvertrauen. Dieses Auf und Ab, das Diepsychos, wechselt sich ständig ab.
Mal sind wir geistlich, und dann alles andere als das. Mal haben wir die Weisheit von oben, von der Jakobus in Kapitel 3 schreibt. Dann haben wir manchmal aber auch die Weisheit von unten, die böse Früchte bringt.
Die Notwendigkeit der Rückkehr zu Gott
Deshalb ist es immer wieder wichtig, dass wir zum Herrn zurückkehren – mit unserer Lebenssituation, unseren Fragen, Zweifeln und Ängsten. Auch mit all dem, was wir nicht schaffen, nicht verstehen oder falsch gemacht haben, sollten wir zu ihm kommen.
Ebenso wichtig ist es, mit allem zu ihm zu kommen, worin wir aus eigener Überzeugung meinen, es besser zu wissen als unsere Lehrer, Eltern, Ehepartner oder Freunde.
Es ist entscheidend, dass wir vor Gott zur Ruhe kommen, ihn suchen und uns manchmal auch dazu durchringen, in Stille vor ihm zu verweilen.
Gottes Gegenwart in der Stille
Ich habe mich an Elija erinnert, dem Gott einmal begegnet ist. Zuerst kam ein Erdbeben, doch es heißt, Gott war nicht im Erdbeben. Dann folgte ein Sturm, der die Felsen zerriss, aber auch im Sturm war Gott nicht zu finden.
Danach kam ein Feuer, doch Gott war nicht im Feuer. Schließlich kam ein ganz sanfter Wind. In diesem sanften Wind zeigte sich die Gegenwart Gottes.
Wenn du Gottes Weisheit erfassen willst, ist es notwendig, immer wieder neu in diese Stille vor Gott zu treten. Nur so kann er zu Wort kommen. Dabei müssen die Stimmen in mir, die aufgewühlte Seele und auch alle Selbstüberzeugungen zum Schweigen gebracht werden, damit Gottes Wort hörbar wird.
Gott schenkt Weisheit denen, die ein ungeteiltes Herz haben und ihn suchen.
Rückblick auf das geistliche Wachstum im Jahr 2020
So war das Jahr 2020. Wir durften in der Weisheit Gottes wachsen. Dieses Wachstum geschah, indem wir unseren Mangel erkannten. Anders ist es nicht möglich. Du kannst nur in Gott wachsen, in dem Maß, wie du deinen eigenen Mangel erkennst.
Wir durften auch in Geduld wachsen. Vielleicht nicht so schnell, wie wir es uns gewünscht hätten. Doch manchmal lernten wir Geduld, indem wir unsere Gegenwehr gegen Gottes Weg erkannten. Wir blieben nicht geduldig unter dem, was er in unser Leben gelegt hat.
Auch im Glauben durften wir wachsen. Das geschah, indem wir das Vertrauen in uns selbst verloren, weil wir uns selbst enttäuscht haben. Zudem lernten wir, entschlossener zu werden und nicht mehr zweigeteilt zu sein. Stattdessen durften wir lernen, uns mehr als zuvor am Herrn festzuhalten.
Ich hoffe, dass du das sagen kannst. Und wenn nicht, dann bitte Gott darum für das nächste Jahr, dass die Freude an diesem Herrn und an seiner Weisheit dich mehr erfüllt als im Jahr zuvor.
Gottes Ziel für uns in schwierigen Zeiten
Gott hat uns Schwierigkeiten nicht geschickt, um uns fertig oder traurig zu machen, sondern damit wir mehr von Jesus erfüllt werden als zuvor. Das ist sein ganzes Anliegen. Er will, dass wir ihm näherkommen. Denn dort finden wir Erfüllung, Freude und Leben.
Deshalb dürfen wir ihm auch im neuen Jahr unseren Mangel bekennen – unseren Mangel an Weisheit und an Durchblick. Ebenso dürfen wir ihm unsere Schuld bekennen, sowohl gegenüber ihm als auch gegenüber Menschen.
Lasst uns mit diesem Vertrauen in das kommende Jahr gehen.
Ausblick und Ermutigung für das kommende Jahr
Der Direktor unseres Stuttgarter Gesundheitsamtes hat gesagt, er habe es nicht näher erklärt, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit, dass die schwerste Zeit erst noch kommen werde. Schwäbisch gesagt: Da ist noch das Zäpfle nonder.
Geht da noch etwas schwieriger? Ja, das gefällt uns nicht, wenn er Recht haben sollte. Aber unser Herr ist noch größer.
Wir haben in der Weisheit Gottes noch nicht ausgelernt. Deshalb wollen wir in die nächste Klasse gehen und im nächsten Schuljahr weiterlernen, um in der Weisheit Gottes erfüllt zu sein.
Schlussgebet und Dank
Lasst uns noch zusammen beten und uns dabei neigen.
Herr, auch im vergangenen Jahr waren wir oft wie dumme Schafe. Wie oft haben wir dich nicht verstanden oder missverstanden! Manchmal haben wir vielleicht gar nicht erst versucht, dich zu verstehen. Vielleicht waren wir zu sehr von uns selbst überzeugt oder zu sehr mit unseren eigenen Lösungsansätzen beschäftigt. Unsere Weisheit wurde dadurch immer wieder beschämt.
Danke, dass immer dann Friede eingekehrt ist, wenn wir zu dir gekommen sind, wenn wir auf dich gehört und dein Angesicht gesucht haben. Von ganzem Herzen danken wir dir, dass du uns ein reiches Ja gegeben hast. Danke für allen Segen, den wir persönlich oder als Gemeinde erleben durften, trotz mancher schwieriger Situationen.
Wo unser Herz sich nicht unter deine gewaltige Hand gedemütigt hat, bitten wir dich, Herr: Hilf uns, es im kommenden Jahr besser zu machen. Hilf uns, dir mehr als bisher zu vertrauen, um zu erleben: Der Herr, mein Gott, macht meine Finsternis Licht.
Danke, dass wir dieses Jahr in deine Hände zurücklegen dürfen. Wir dürfen gespannt sein, was du mit uns vorhast, was wir lernen und worüber wir staunen dürfen an göttlicher Weisheit – auch im kommenden Jahr.
Ich freue mich schon auf den Rückblick im nächsten Jahr, um deine Treue anzubeten. Dank sei dir, du treuer Herr. Amen.