Ich möchte heute Abend über folgendes Thema sprechen, nämlich über die Folgerungen aus dem im Lukasevangelium beschriebenen Gebetsleben des Herrn Jesus. Es geht darum, was wir lernen können, wenn wir das, was Lukas über das Gebet schreibt, einfach einmal hintereinanderlegen und uns anschauen, bei welchen Gelegenheiten Jesus eigentlich gebetet hat und was das für uns bedeutet.
Das Thema steht sehr nah an eurer Seminaraufgabe und bringt uns, denke ich, eine ganze Menge – auch für unser persönliches Leben, besonders für das Gebet.
Vielleicht schlagen wir gemeinsam die erste Stelle auf, das ist Lukas 3,21. Dort heißt es im Hinblick auf die Taufe unseres Herrn Jesus: „Es geschah aber, als das ganze Volk getauft wurde und Jesus getauft war und betete, dass der Himmel aufgetan wurde.“
Lukas ist der einzige der Evangelisten, der dieses Ereignis so beschreibt, dass Jesus betete. Die Taufe wird auch bei Markus und Matthäus beschrieben, aber dieser kleine Zusatz „und er betete“ ist nur bei Lukas zu finden. Lukas schreibt überhaupt mehr über das Gebet Jesu als irgendeiner der anderen Evangelisten. Und das ist irgendwie auch logisch.
Ihr erinnert euch vielleicht an das letzte Mal. Beim letzten Mal hatte ich versucht, kurz darzustellen, was die Absichten der einzelnen Evangelisten sind. Welche Facette des Charakters oder der Persönlichkeit Jesu sie besonders herausarbeiten. Das, was Lukas ganz stark in den Vordergrund stellt, ist der vollkommene Mensch Jesus Christus.
Zu einem vollkommenen Menschen gehört das Gebet. Ein vollkommener Mensch in Gottes Augen ist ein Mensch des Gebets. Deshalb macht es wirklich sehr viel Sinn, über das Gebetsleben Jesu gerade im Lukasevangelium einen kurzen Moment nachzudenken.
Gebet ist eine Form von Abhängigkeit. Um es genau zu nehmen, ist es vielleicht die edelste oder vornehmste Form der Abhängigkeit des Menschen überhaupt. Jesus ist uns darin ein Vorbild, dass er sich wie kein anderer von seinem Vater im Himmel abhängig gemacht hat und diese Abhängigkeit immer wieder auch in Worte gefasst hat.
Wenn wir beten, erkennen wir verschiedene Dinge an. Wir erkennen an, dass wir Gottes Absichten umsetzen sollten, dass Gottes Absichten für uns wichtig sind und im Mittelpunkt unseres Lebens stehen. Wir erkennen an, dass uns selbst Voraussetzungen fehlen, dass wir nicht alles aus eigener Kraft schaffen können. Deshalb beten wir ja – weil wir merken, dass es eine Einschränkung gibt, dass etwas gebraucht wird, was wir nicht haben.
Im Gebet bringen wir auch unsere Erwartung zum Ausdruck, dass Gott uns hilft. Insofern ist Gebet für einen Christen mehr als nur eine schmückende Beigabe, etwas, das man sagt: „Ein bisschen Beten gehört ja doch zum Leben dazu.“ Selbst Krankenkassen schreiben, dass betende Menschen gesünder sind. Warum sollten wir es also nicht auch tun?
Es ist auch etwas Wahres daran: Wenn jemand betet, ist er irgendwie ruhiger und gelassener. Aber eigentlich ist Gebet noch eine ganze Ecke mehr. Und...
Was ich euch heute Abend ganz kurz anreißen möchte, ist Jesus, der Beter – Jesus, der Mann, der in allen entscheidenden Situationen betet. Und dann möchte ich immer wieder die Frage stellen: Sind wir auch solche Leute, die in diesen entscheidenden Situationen beten? Oder ist es manchmal nicht doch so, dass wir es erst mal selber probieren und dann, wenn nichts mehr geht, das Gebet kommt? Das müssen wir uns im Einzelfall fragen.
Hier an der Stelle befindet sich Jesus bei seiner Taufe, kurz vor seinem eigentlichen öffentlichen Auftreten. Ihr habt das Leben Jesu jetzt zweimal gelesen, ihr wisst, dass Johannes der Täufer der Vorläufer ist, dass er Jesus tauft und dass dann nach der Taufe und nach der Versuchung – aber eigentlich schon mit der Versuchung – die öffentliche Wirksamkeit Jesu beginnt.
Wenn wir Jesus hier beten sehen, bevor sein eigentliches Wirken beginnt, dann merken wir, welche Prioritäten er setzt. Er setzt seine Priorität nicht auf das Gebet als das Letzte, was man halt noch an Hilfe hat, wenn gar nichts mehr anderes geht. So wie ich oft vor meinen Lateinklausuren gebetet habe, weil ich einfach nicht genug gelernt hatte und das auch wusste. Entsprechend dachte ich, naja, ich will nicht schon wieder eine Fünf schreiben, und Latein war meine schwache Seite, also habe ich noch gebetet.
Ihr könnt euch vorstellen, dass Gott nicht immer dieses Gebet erhört hat, weil er wollte mich ja auch irgendwo dazu bringen, dass ich lerne zu lernen. Damals war Wolfgang immer viel besser in Latein.
Warum betet Jesus, bevor er mit der eigenen Arbeit anfängt? Ja, einfach um uns zu zeigen, wie er seine Prioritäten setzt. Wenn wir große Aufgaben vor uns haben oder wenn wir uns großen Problemen stellen – und beide standen direkt vor Jesus –, und Jesus wusste das. Er wusste, welche Probleme in der Versuchung auf ihm zukommen würden. Er wusste, was an Aufgaben vor ihm lag. Dann müssen wir uns fragen, ob es nicht manchmal besser wäre, vielleicht ein bisschen weniger zu reden und zu diskutieren, uns nicht den Kopf zu zerbrechen über manche Fragen, sondern ob es nicht viel sinnvoller wäre, erst einmal still zu werden und zu beten.
Vielleicht noch als Vorbild an der Stelle: In der Apostelgeschichte, wenn ihr das durchgeht, werdet ihr feststellen, die Gemeinde war oft in Schwierigkeiten. Aber wisst ihr, was die Gemeinde auch oft gemacht hat? Gebetet. Da war Verfolgung, und die Gemeinde wird im Gebet angetroffen. Das beeindruckt mich wirklich tief, weil da so eine Summe oder eine Versammlung von Gläubigen ist, die Jesus ihnen vorgemacht hat, irgendwie nachmacht.
Wie geht es hier weiter? Jesus betet – und was passiert? Der Himmel wird aufgetan. Ich habe das mal so bezeichnet: Der Anlass war die Taufe, und die Schlussfolgerung ist die: Der Himmel wird aufgetan. Gebet tut den Himmel auf.
Was ich damit eigentlich meine, ist: Der Himmel und demzufolge auch der Segen des Himmels hat sich ein Stück weit vor den Menschen verschlossen. Wir leben in einer Welt, in der Kriege, Elend, Not, Krisen in Ehe, Krisen in Familien, Krisen in der Gesellschaft einfach zur Alltäglichkeit gehören. Und wir merken etwas davon, dass die Unabhängigkeit des Menschen von Gott ihn Stück für Stück in einen Ruin treibt – ob er das nun wahrhaben will oder nicht.
Der Mensch lebt, wie er will. Und er zahlt dafür auch den Preis, den Gott ihm vorhergesagt hat. Wahres Glück – ich hoffe, das kann jeder wirklich unterschreiben, der hier im Raum sitzt – wahres Glück heißt abhängig zu sein. Abhängig zu sein von Gott, abhängig zu sein auch in der Form, dass ich zugebe: Es ist nicht meine Kraft, es ist nicht meine Fähigkeit, nicht meine Intelligenz, dass es in meinem Leben läuft, sondern es ist meine Beziehung zu Gott, zu der ich immer wieder im Gebet kommen kann.
Und wenn wir überlegen, wo fängt eigentlich Leben mit Gott an? Dann sagen wir, na ja klar, bei der Bekehrung. Ja, aber was ist Bekehrung eigentlich? Also wenn man es mal reduziert, dann ist Bekehrung ein erster Schrei zu Gott. Aus tiefstem innerem Herzen schreit ein Mensch zu Gott und nimmt das Angebot der Gnade im Glauben an. Und in dem Moment tut sich im bildlichen Sinne tatsächlich ein Stück weit der Himmel auf für jeden einzelnen Menschen. Damit fängt das an. Damit fängt hier das öffentliche Wirken Jesu an, aber damit kann auch im Leben eines jeden Gläubigen eine ganz neue Dimension von Wirksamkeit anfangen, wenn wir beten und wenn wir bereit sind, diese Abhängigkeit, die real da ist und vor der wir eh nicht davonlaufen können, einfach anzunehmen.
Wo betet er noch? Das Zweite, wo er betet, ist Lukas 5, Vers 15-17. Wenn man das so liest – und ich lese es euch mal vor, Lukas 5, Vers 15-17 – dann merken wir ein bisschen von dem, was Jesus so zu tun hatte:
"Aber die Rede über ihn verbreitete sich umso mehr, und große Volksmengen versammelten sich, ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Er aber zog sich zurück und war in einsamen Gegenden und betete. Und es geschah an einem der Tage, dass er lehrte, und es saßen da Pharisäer und Gesetzeslehrer, die aus jedem Dorf von Galiläa und Judäa und aus Jerusalem gekommen waren, und des Herrn Kraft war da, um zu heilen."
Was hier deutlich wird, ist, wie der Dienst Jesu ablief. Bei Markus ist euch das mit Sicherheit nicht so deutlich geworden, da ist es so stakkatomäßig: Aktion, Aktion, Aktion. Das beschreibt die menschliche Seite Jesu. Wir merken, dass er eines gebraucht hat in seinem Dienst: immer wieder Zeiten des Sich-zurückziehens, Zeiten der Einsamkeit mit Gott und Zeiten des Gebets.
Ich denke, wir können etwas darüber lernen, wie Gebet und Dienst zusammenhängen. Wir können an der Stelle etwas darüber legen, dass die Kraft für unseren Dienst – und deswegen heißt die Überschrift hier auch „Gebet befähigt zum Dienst“ – nicht so sehr an unseren äußeren Fähigkeiten liegt, sondern darin, dass wir immer wieder ins Gebet eintauchen und aus dem Gebet heraus uns diese Kraft schenken lassen.
Natürlich weiß ich, dass wir als Menschen das gern anders hätten. Wir hätten gern die Kraft für uns, wir hätten es gerne, dass wir alles ohne Gebet schaffen, weil Gebet ist eine schwierige Sache, still zu werden vor Gott. Wir würden es lieber aus uns heraus schaffen. Aber Jesus macht uns vor, wo er seine Kraft herbekommt. Er muss anscheinend immer wieder auftanken im Gebet.
Was ich mich dabei frage, ist: Von welchen Aktivitäten erwarte ich persönlich eigentlich, dass ich auftanke? Also erwarte ich, dass ich auftanke, wenn ich irgendwie lange ausschlafe? Ich habe nichts gegen langes Ausschlafen, versteht mich nicht falsch, aber ich will einfach nur die Frage stellen: Wo erwarten wir eigentlich, aufzutanken? Wo erwarten wir eigentlich, so ein Aufgefülltwerden unserer inneren Akkus?
Ist es das, dass wir uns dann irgendwie zurückziehen und auf die faule Haut legen oder langen Urlaub machen? Jeder hat ja bestimmte Gedanken, was dazugehört. Was gehört dazu, um wirklich aufzutanken? Vielleicht sagt einer, na ja, ich spiele dann halt drei Stunden mit meiner H0-Bahn oder sonst irgendwas. Ich weiß nicht, was jeder einzelne macht. Vielleicht geht einer ins Kino, ein anderer sagt, für mich ist Solarium das A und O, und in einer Sauna hat mir gestern jemand erzählt, das würde ihn wahnsinnig weit bringen. Und das kann ich gut verstehen.
Ich bin jetzt auch nicht gegen diese Dinge, ich will einfach nur die Frage stellen: Kann es sein, dass wir manchmal unsere inneren Akkus auch dadurch aufladen könnten, vielleicht sogar noch stärker aufladen könnten, wenn wir die Zeit der Ruhe und des Sich-Zurückziehens auch im Gebet verbringen würden? Weil ich den Eindruck habe, dass Jesus es getan hat.
Und zweitens, was hier auch immer wieder deutlich wird in solchen Versen, ist unser Verhältnis zum Thema Erfahrung. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die evangelistischen Hauskreise da schlechter wurden, wo wir angefangen haben, weniger zu beten und mehr darauf zu vertrauen, dass wir jetzt schon eine ganze Menge Erfahrung haben und dachten, wir würden jetzt schon wissen, wie es geht.
Das war nicht falsch, wir hatten eine ganze Menge Erfahrung gemacht, nur dürfen wir deshalb das Gebet nicht vernachlässigen. Wichtig ist – und das ist auch das, was Jesus hier zeigt – egal wie viele Erfahrungen du in einer Sache hast, also du kannst der begnadigste Kindermitarbeiter sein, du kannst hunderttausend Mal jemandem das Evangelium erklärt haben anhand der Bibel, und trotzdem wirst du bei all der Erfahrung nie an den Punkt kommen, dass du sagen kannst, ich brauche das Gebet nicht.
Denn wenn einer Erfahrung hatte, wenn einer auf Know-how zurückblicken konnte, war es Jesus. Und Jesus braucht anscheinend Gebet, und deswegen können wir es uns einfach nicht leisten, im Dienst auf Gebet zu verzichten.
Ein weiterer Punkt befindet sich dann hier, Lukas 6, die Verse 12 und 13:
"Und es geschah in jenen Tagen, dass er auf den Berg hinausging, um zu beten, und er verbrachte die Nacht im Gebet zu Gott. Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger herzu, und er wählte aus ihnen zwölf, die er auch Apostel nannte."
In Lukas 6, Vers 12 und 13 geht es um die Berufung der Apostel. Der Punkt, den ich damit deutlich machen möchte, heißt: Gebet bereitet wichtige Entscheidungen vor.
Eigentlich müsste uns das auch klar sein, oder? Dass wir solche Entscheidungen wie hier, wo es darum geht, dass man – ich würde mal sagen – die geistlichen Führer der Christenheit beruft. Denn das waren ja im Wesentlichen die Leute, die danach in der Apostelgeschichte die Gemeinde gebaut haben – ganz wesentlich jedenfalls.
Wenn man die beruft, wenn man die Leute nimmt, die zum innersten Kern zählen sollen, dann kann man nicht leichtfertig damit umgehen. Das gilt heute noch: Man kann nicht leichtfertig in einer Gemeinde eine Führerschaft einsetzen, man kann nicht leichtfertig in einer Arbeit jemanden einfach oben dran setzen.
Das ist wirklich eine Entscheidung, die sollte im Gebet vorbereitet sein. Und da muss ich mich selber auch immer fragen: Wie ist das bei uns? Sind wir wirklich bereit, mal eine Nacht – oder wenigstens mal eine Stunde, das ist ja schon mal ein Ansatz – im Gebet zu verbringen, wenn wir eine wichtige Entscheidung zu fällen haben?
Ich denke an eure Wohnung zum Beispiel. Es ist eine wichtige Entscheidung, und man neigt so schnell dazu, so eine Sache aus dem Bauch heraus zu entscheiden, weil es so logisch klingt, es ist so einsichtig, und alle Argumente scheinen zu stimmen. Natürlich, der hat doch immer schon den Job gemacht, logisch.
Aber wie viel mehr hätte Jesus, der den Leuten ins Herz reinschauen konnte, an so einer Stelle sagen können: Na, ich kenne ihn doch, Jakobus ist es, Johannes ist es, Petrus ist es. Wie viel mehr hätte er das machen können? Und er macht es nicht. Jesus nimmt sich eine ganze Nacht für diese Entscheidung Zeit und betet und kommt dann wieder vom Berg herunter und sagt: So, jetzt kann ich auf der Grundlage dieser Nacht im Gebet meine Entscheidung fällen.
Und ich stelle mir halt persönlich die Frage, wie schnell sind wir dabei, ähnlich wichtige Entscheidungen zu fällen auf der Grundlage von viel weniger Gebet?
Jemand, der das genauso gemacht hat, war Mose. In 4. Mose 27 lesen wir davon, dass Mose Gott um einen Nachfolger bittet. Und eigentlich ist die Situation ganz komisch, denn hatte Mose denn nicht schon die ganze Zeit jemanden vorbereitet? Ich denke, der hat die ganze Zeit den Josua dabei, der ist im Zelt der Begegnung, der geht mit auf den Berg, der lernt all die Dinge, der kämpft sogar, der wird als Kundschafter ausgesandt, der hat all das erlebt.
Eigentlich hätte man sagen müssen: Lieber Gott, ich habe hier den Josua vorbereitet, bitteschön, der ist es doch jetzt, oder? Und Mose geht ganz anders ran, obwohl er diesen Mann vorbereitet hatte, ich sage mal, von seiner Seite aus getan hat, was er für richtig gehalten hat.
Er geht zu Gott und betet, und Gott ist es dann, der den Josua beruft. Mose schlägt ihn nicht vor, sondern Gott sagt: Nimm dir Josua. Vielleicht war es ein Stück weit in den Gedanken des Moses schon drin, aber er macht Gott keine Vorschriften, denn er betet, und er bekommt dann von Gott diesen Mann, diesen Nachfolger gezeigt, und Gott bestätigt Josua dann auch vor dem Volk.
Was wir merken, ist: Mose vertraut an dieser Stelle überhaupt nicht auf sein eigenes Wissen. Natürlich hätte er sagen können, ich weiß schon, was gut ist. Was macht er nicht? Er bittet Gott darum, dass er es ihm zeigt.
Und ähnlich dürfen wir auch vorgehen. Es gibt Entscheidungen, die wichtig sind: Welchen Beruf sollen wir wählen? Welchen Ehepartner sollen wir uns aussuchen? Wo sollen wir wohnen? Das ist in meinen Augen eine wirklich wichtige Entscheidung. Welchen Dienst in der Gemeinde sollen wir einnehmen?
Bei solchen Entscheidungen macht uns Jesus vor: Eine Nacht im Gebet oder – und ich will jetzt einfach diesen Standard nicht so hochhängen – einfach eine vernünftige Zeit des Suchens vor Gott, einfach mal des Rausgehens und des Mit-Gott-Redens und des Dinge-Bewegens und des Gott-Darum-Bittens, dass er einem zeigt, wo es langgehen soll, ist eigentlich bei Jesus die Norm.
Gott bereitet wichtige Entscheidungen vor.
Aber es ist noch mehr. Wenn wir Lukas 9 sehen, Lukas 9, Vers 18, dann spielt Gebet auch an anderer Stelle eine ganz entscheidende Rolle. Es heißt:
"Und es geschah, als er für sich allein betete, waren die Jünger bei ihm, und er fragte sie und sprach: Was sagen die Volksmengen, wer ich bin? Sie aber antworteten..."
Dann kommt das, wo die Jünger sich darüber äußern, dass Jesus der Messias ist und wo Jesus ihnen das auch klar macht.
Was ich hier zeigen möchte, ist Folgendes: Jesus betet, bevor er mit den Jüngern redet. Da würde man sagen, na ja gut, was soll das? Die Verbindung ist deshalb für mich interessant, weil die Verbindung an anderer Stelle in der Bibel auch auftaucht. Es ist die Verbindung auf der einen Seite Gebet und auf der anderen Seite Lehre – Gebet und Lehre.
Wir wollen das immer voneinander trennen, aber bei den Aposteln war es zum Beispiel so, dass sie die Diakone eingesetzt haben, zum Bedienen der Tische, wozu? Dazu, dass ihnen Zeit bleibt für Gebet und Lehre. Das sind zwei Begriffe, die eng beieinander gehalten werden müssen: Gebet und Lehre.
Ich könnte euch vorstellen, wie die Überschrift jetzt an der Stelle heißt: Gebet bereitet auch Lehre vor. Gebet ist nicht einfach unabhängig von der Lehre, oder die Lehre unabhängig vom Gebet.
In Kolosser 4, Vers 3 heißt es dazu folgendermaßen:
"Haltet fest am Gebet und betet zugleich auch für uns, dass Gott uns eine Tür des Wortes auftue, das Geheimnis des Christus zu reden."
Merkt ihr diese Verbindung? Haltet fest am Gebet und betet darum, dass Gott uns eine Tür des Wortes auftue, das Geheimnis des Christus zu reden.
Gebet bereitet die Lehre vor, und zwar in der Form, dass es Herzen vorbereitet, die Botschaft aufzunehmen.
Wir könnten wieder an der Stelle meinen: Na ja, wenn man nur ein gutes Material verwendet und die richtigen Illustrationen und dann vielleicht sich noch ein bisschen geschickt anstellt, einen Overhead-Projektor nimmt, ja, und wenn die Leute nur richtig zuhören, dann geht das schon.
Falsch! Wieder ist es so: Erst das Gebet, und dann kommt die Lehre.
Ich denke persönlich, es gilt nicht nur für eine Sonntagspredigt, es gilt nicht nur für den Jugendclub, die Kinderstunde, die Jungschararbeit, die Frauenstunde – wo auch immer man eben einen Beitrag bringt, es gilt für alles. Da, wo ich oder hier Bibelseminar, ja, das heißt, wir beten, dass Gott die Herzen der Zuhörer auftut, gerade weil wir uns abhängig machen, weil es eben nicht nur darum geht, was wir sagen, sondern dass das, was wir sagen, unterstützt wird, dass es auch ankommt in den Herzen, dass ein Stück weit Vorbereitung da ist in den Herzen.
Denn sonst können wir reden, was wir wollen, und es wird einfach abprallen. Und deswegen kommen wir auch bei Lehre nicht um Gebet herum.
Natürlich ist Gebet etwas, was jetzt nicht immer nur andere Leute betrifft. Und dass das so ist, das sehen wir im nächsten Punkt in Lukas 9,28-29. Es geht hier um die Verklärung.
"Es geschah aber etwa acht Tage nach diesen Worten, dass er Petrus und Johannes und Jakobus mitnahm und auf den Berg stieg."
Da haben wir es wieder: Um zu beten. Das eigentliche Ziel, warum Jesus auf den Berg gestiegen ist, war nicht, dass hier steht, er stieg auf den Berg, um verklärt zu werden. Nein, er stieg auf den Berg erst einmal, um zu beten.
Aber dann, indem er betete, heißt es in Vers 29:
"Und als er betete, veränderte sich das Aussehen seines Angesichts, und sein Gewand wurde weiß und strahlend."
Es ist das einzige Mal bei den verschiedenen Stellen, die wir heute Abend zum Gebet betrachten – es sind neun Stellen, neun unterschiedliche Stellen, wo wir lernen, wann Jesus gebetet hat –, das einzige Mal, dass das Gebet den Beter verändert.
Also in einem von neun Fällen betrifft das Gebet den Beter selber, in seiner Person.
Ich meine, dass man daraus auch ableiten darf, dass Gebet etwas ist, was nicht zuerst für uns ist. Also wenn wir beten, ist Beten etwas, was zuerst einmal für andere ist und dann erst für uns.
Und zweitens, dass Gebet deshalb auch nie ein Mittel sein kann, das wir einsetzen, um uns irgendwie so – soll ich das mal sagen? – ja, was wir so als spirituelle Übung praktizieren, wo wir sagen, es tut mir gut. Das, was ich vorhin mit der Krankenkasse andeutete, wenn ich sage, ich bete jetzt mal, weil das macht mich so schön ruhig und ausgeglichen, dann muss ich sagen, nee, das ist eigentlich noch kein Gebet.
Das ist vielleicht ein schöner Nebeneffekt vom Beten, und ich kenne das auch: Wenn man eine halbe Stunde gebetet hat, dann macht einen das schon ruhig, weil man eine ganze Menge an Last und an Sorgen, die so im Kopf drin sind, loslassen kann.
Aber das ist nicht eigentlich der Punkt, dass ich bete, damit es mir gut geht. Das ist nicht eigentlich der Punkt. Selbst wenn das ein Abfallprodukt davon sein sollte, bleibt es eben nur ein Nebenprodukt.
In erster Linie geht es darum, dass Gebet für andere da ist.
Aber hier an der Stelle, in der Verklärung, wird deutlich: Ja, Beten hat tatsächlich auch auf den Beter eine Auswirkung.
Oder anders ausgedrückt: Indem wir beten, indem wir uns mit Gebet beschäftigen, indem Gebet ein Stück weit normal wird für uns, verändern wir uns ganz logisch. Wir können gar nicht anders.
Du kannst nicht – und das ist ein geistlicher Grundsatz – du kannst nicht regelmäßig in die Gemeinschaft mit Gott eintreten, sei es durch Bibellesen, sei es durch Beten oder durch Gemeinschaft mit Gläubigen, ohne dass du dich veränderst.
Ihr kennt dieses Wort, 2. Korinther 3,18, dass wir in das Bild Christi verwandelt werden, einfach durch das Anschauen seiner Herrlichkeit. Wir schauen ihn an und werden verwandelt in dasselbe Bild.
Das heißt, wir können keine Gemeinschaft, keine echte tiefe Gemeinschaft mit Gott, unseren Geschwistern oder dem Wort Gottes pflegen, ohne dass uns das nicht immer auch mit verändert.
Ein Beispiel dafür ist auch wieder Mose, 2. Mose 34, Vers 29, wo er von dem Berg herunterkommt und er merkt das gar nicht, aber sein Gesicht strahlt. Da ist etwas verändert worden, weil er Gemeinschaft mit Gott hatte.
Manch einer von euch wird das vielleicht in ähnlicher Weise erfahren: Man geht irgendwie ein bisschen zerknirscht und grüblerisch ins Gebet rein, kniet sich nieder, und ich weiß nicht, wie lange ihr betet. Aber bei fünf Minuten Gebet ist mir das noch nicht so oft aufgefallen. Wenn es ein bisschen länger ist, dann schon, wenn man sich einfach ein bisschen Zeit nimmt auch fürs Gebet und merkt, dass das Herz aufgeht im Gebet, dass man danach aufsteht und man hat schon fast ein Strahlen im Gesicht.
Mir geht es manchmal so, dass man einfach zufriedener und ruhiger die Sachen abgeladen hat und man strahlt. Noch nicht so wie bei Mose, dass andere es sehen könnten und sagen: Jetzt können wir hier das Licht ausschalten, weil die strahlen so sehr, da brauchen wir nicht mehr. Das ist es vielleicht noch nicht, aber es findet einfach eine Veränderung statt.
Ich habe den Punkt so genannt: Das Gebet verändert den Beter. Ein einfaches geistliches Prinzip, wie viele Dinge im geistlichen Leben einfach sind.
Die nächste Stelle, auf die wir stoßen, wenn wir das Lukasevangelium nach den Gebeten des Herrn Jesus durchschauen, ist Lukas 11, Vers 1:
"Und es geschah, als er an einem Ort war und betete, da sprach, als er aufhörte, einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte."
Der Punkt ist einfach, oder? Gebet hat eine Vorbildfunktion hier. Die Jünger sehen Jesus beten, weil Jesus einfach ein vorbildliches Gebetsleben hatte. Indem sie ihn beten sehen, kommt bei ihnen der Wunsch hoch: So möchte ich auch beten können.
In der Vorbereitung am Freitagabend, als ich das so aufgeschrieben habe, in meinem Konzept, dachte ich mir: Na ja, wenn ich jemandem Beten beibringe, dann gehe ich mit ihm die Bibelstellen durch und sage ihm, wie er zu beten hat.
Aber ich habe es noch nie erlebt – und das ist jetzt wirklich etwas, wo ich das zugebe –, dass jemand zu mir kommt und sagt: Jürgen, sag mal, wie machst du das mit dem Gebet? So wie du betest, so möchte ich auch beten.
Und das könnten wir jetzt auf viele andere Bereiche übertragen. Wir sind immer sehr schnell dabei, den Leuten zu erklären, wie etwas geht. Anscheinend war Jesus sehr schnell dabei, den Leuten vorzuleben, wie etwas geht, und dann einfach sie kommen zu lassen, so wie hier beim Gebet.
Und die Frage, die für mich aufkommt, ist natürlich: Wenn ich meine Kinder da sitzen sehe, bin ich in meinem Leben jemand, sei es nun im Bereich Gebet oder in anderen Bereichen, wo Leute sagen können: Ja, du bist unser Vorbild? Ist das so? Und sind wir bereit, uns diesem Maßstab mal auch zu stellen, uns immer wieder auch zu fragen, ob wir da, wo wir Verantwortung haben, in den Gemeinden arbeiten oder in der Familie oder im Freundeskreis, ob unser Leben wirklich ein Vorbild ist?
Ich muss da für mich sagen, dass ich mich allzu oft mit Dingen zufrieden gegeben habe, wo ich sagte: Na ja, ich falle nicht auf, ich mache nichts falsch, ich bin zufrieden damit, wenn die Leute sehen, dass ich ein guter Mensch bin. Aber vorbildlich, so dass Leute richtig ins Fragen kommen, wo man fast schon ein bisschen exzentrisch ist, ja, so einer, der so ein bisschen merkwürdig ist, ja, wie kann der das da machen?
Ich weiß noch, ich war in Albanien mit Gene Gibson, und Gene hat die Angewohnheit, abends vorm Schlafengehen betet er noch mal. Und das zieht er durch. Ja, also da ist er einfach sehr, sehr extrem.
Wir haben geschlafen in der Küche, weil in der Küche noch Betten standen, und Gene war krank, und die Missionare saßen noch am Tisch und haben sich noch unterhalten, und Gene war einfach krank, und er ist sowieso schon alt und breit und hat an dem Tag auch zwei, dreimal gepredigt.
Trotzdem, wo er sich dann halt einfach in den Nachbarraum geschleppt hat, hat gebetet und ist wieder zurück ins Bett gefallen, und er wollte schlafen. Und er lag sowieso schon die ganze Zeit im Bett, aber jetzt wollte er schlafen.
Und alle unterhielten sich, und da stand er noch mal auf und kniete sich, dieser alte Mann, vor seinem Bett hin, faltete seine Hände und betete laut. Also nicht richtig laut, dass jeder es unbedingt hören will, aber so, dass man es hören konnte. Er hat gemerkt, er betet.
Und ich muss zugeben, dass die Gebete von Gene mich schon immer wieder beeindruckt haben, weil jemand, der fünfzig Jahre mit dem Herrn lebt, das ist schon noch mal was anderes. Zumindest empfinde ich es so.
Ich sehe ihn heute noch da, wo ich denke: Mann, du lässt dir wirklich deine Zeit mit deinem Gott, und es hat mich einfach beeindruckt und es hat mich persönlich motiviert, abends wieder mit Gebet anzufangen.
Es war nie so, dass mich jemand gezwungen hätte, abends vor dem Schlafengehen zu beten, ja, aber einfach, ich habe ihn heute noch vor mir, wie er da in dieser Küche auf dem Steinfussboden kurz bevor er dann endgültig ins Bett huscht noch betet, nur so ein paar Sätze.
Das hat sich so tief eingebrannt hier oben, dass es mir wirklich schwerfällt, abends ins Bett zu gehen, ohne zu beten.
Dieses eine Vorbild, weil ein Mann etwas getan hat, was er nie hätte tun müssen, aber wo er mit seinem Leben geprägt hat.
Und das ist das Gleiche, was auch Jesus tut.
Es hat jemand mal gesagt: Kein Christ hat ein tieferes geistliches Leben als sein Gebetsleben.
Unser Gebetsleben ist im eigentlichen Kern unser verborgenes Leben mit Gott.
Dienst ist immer offenbar, das sieht jeder. Das machen die meisten Leute gerne, vielleicht bis auf Putzdienst, der ist wahrscheinlich nicht so geliebt, und ich mache auch nicht so gerne die große Gruppe bei der Kinderbetreuung, wenn das jemand ganz ehrlich wissen will, da habe ich ein bisschen eine Abneigung.
Aber Dienst ist immer ein Stückchen offenbar.
Aber wisst ihr, wo es verborgen bleibt? Es bleibt verborgen an der Stelle, wo wir beten, wo wir in unserem Kämmerchen hinter uns zuschließen, damit die Kinder nicht reinkommen, das Telefon irgendwie abschalten. Da kann man auch den Stöpsel ziehen und dann einfach mal Ruhe haben und wo ich nie ein Lob von irgendeinem bekomme, weil es nie einer mitbekommt.
Das ist das verborgene Leben eines geistlichen Menschen.
Und an der Stelle können wir mitbekommen, wie tief unser geistliches Leben wirklich ist.
Praktizieren wir das oder praktizieren wir es nicht?
Vielleicht kennt ihr das auch: Das Erste, was man streicht, wenn man morgens keine Zeit mehr hat, ist das Gebet.
Also wenn man von der stillen Zeit noch irgendwas macht, dann huscht man schnell noch mal durch die Bibel. So mache ich es, ja, und das Gebet fällt dann halt hinten runter.
Da muss man sich schon fragen: Ist das richtig an der Stelle? Passt das zu einem vorbildlichen Leben? Passt das zu einem Leben, das behauptet, ich habe eine Beziehung zu Gott, wenn wir eventuell ganz, ganz schnell dabei sind, das Reden mit aufzugeben oder zu vernachlässigen?
Eine weitere Sache, über die ich auch noch nicht weiß, ob ihr das mal so seht: Die Jünger sagen, lehre uns beten. Habt ihr das schon mal gebetet: Herr Jesus, ich weiß eigentlich nicht, wie ich beten soll?
Mir ist das vor kurzem aufgefallen, als ich mich gefragt habe: Welche Gebetsanliegen soll ich eigentlich vor Gott bringen? Soll ich einfach nur irgendwas sagen? Oder gibt es da Sachen, die vielleicht mehr dran sind? Gibt es vielleicht Sachen in meinem Gebet, wo ich sagen würde, das ist völliger Nonsens, das macht man gar nicht, das will Gott gar nicht?
Da bin ich neu mit dem Wort konfrontiert worden, mit diesem Wort "Lehre uns beten", wo ich dann merke: Herr Jesus, ich weiß eigentlich an manchen Stellen gar nicht, wie ich beten soll.
Das ist nicht nur dann, wenn ich bei bestimmten Leuten in der Gebetsliste vorbeikomme und mich frage, inhaltlich, was brauchen die eigentlich, sondern dass ich mir überhaupt die Frage stelle: Beten? Ja, wie geht das eigentlich?
Natürlich weiß ich, dass wir das Vaterunser haben als ein Vorbildgebet, und dass im Vaterunser zuerst die Verherrlichung, die Anbetung Gottes kommt, dann die Anliegen Gottes und erst am Schluss meine eigenen. Das ist mir alles klar.
Aber trotzdem bleibt die Frage: Wissen wir eigentlich, wie Gott sich Gebet vorstellt und welche Auswirkung Gebet haben kann, was für eine Kraft im Gebet steht?
Eine Auswirkung vom Gebet lesen wir in der nächsten Stelle. Die nächste Stelle findet sich bei Lukas 22, Vers 31. Und es ist eine Auswirkung, die uns vielleicht erst einmal vom Hocker reißt, wenn wir uns das vor Augen führen, was das bedeutet:
"Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre, und wenn du einst zurückgekehrt bist, so stärke deine Brüder."
Simon, Simon, der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen.
Passt das in unser geistliches Weltbild hinein, so ein Gebet oder so eine Aussage? Ist es denn nicht so, dass Gott allmächtig ist? Warum lässt er es überhaupt zu, dass der Satan – ja, im Bild eines Sichtens, im Bild des Trennens und des Untersuchens und des Prüfens – hier die Apostel nimmt und kräftig durchschüttelt, dass er sie in Angst und Schrecken versetzt?
Wie kann das sein? Ist Gott nicht allmächtig? Warum bewahrt Gott seine Apostel nicht vor so einem brutalen Vorgehen? Warum lässt Gott das zu?
Die Antwort darauf: Gott lässt es zu, weil er etwas dagegen gestellt hat, weil er einen Schutzmechanismus aufgebaut hat, weil er einen Schutzschirm geschaffen hat, der uns theoretisch davor bewahrt, dass wir fallen.
Aber dieser Schutzschirm ist etwas Unsichtbares, wie bei Raumschiff Enterprise.
Unser Schutzschirm ist eigentlich unsichtbar, und wisst ihr, was unser Schutzschirm ist? Es ist das Gebet.
Was macht Jesus hier? Ich habe es so zusammengefasst: Gebet bewahrt den Bruder.
Ich habe gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört.
Jesus hat gebetet, als Mensch für den Menschen Simon Petrus, dass sein Glaube in einer Zeit der Verfolgung und der Anfechtung nicht aufhört.
Und wenn ihr wissen wollt, was unser geistlicher Schutzschirm ist, das, was uns gegenseitig davor bewahrt, geistlich zu fallen, was uns davor bewahrt, dass unser Glaube aufhört, dass wir in einer wirklich schwierigen Situation irgendwie alles hinwerfen und sagen: Das hat doch alles keinen Sinn mit dem Christsein – das, was uns bewahrt, ist tatsächlich das Gebet.
Dass wir auf die Knie gehen füreinander, dass wir für die beten, die in Not sind, und dass wir – worum beten? Sollen wir darum beten, dass er aus der Not rauskommt möglichst schnell? Ja, und das ist ja das, wofür Jesus zuallererst einmal betet: Dass der Glaube eines Christen in der Not nicht aufhört.
Ist das nicht interessant? Ich weiß nicht, wie oft wir dieses Gebet sprechen, wenn wir vielleicht mitbekommen, dass Reni im Moment wieder das eine Bein fast gelähmt hat und furchtbare Schmerzen hat, sich kaum bewegen kann.
Wenn wir so etwas mitbekommen und für sie beten, was ist unser erstes Gebet? Beten wir zuerst: Herr, mach sie doch bitte gesund und lass die Ärzte finden, was sie brauchen? Oder was sie jetzt braucht für ihr Bein und dass die Antibiotika anschlagen und endlich die Entzündung aus dem Bein rauskommt?
Ist das unser erstes Gebet? Oder ist es vielleicht sinnvoll, vor dem Hintergrund dieses vorbildlichen Verhaltens hier zu sagen: Vater im Himmel, wir merken, was das für eine Anfechtung auch für diese Frau sein muss, wenig Gemeinschaft, wenig Kraft, wenig nach draußen kommen. Bitte lass ihren Glauben nicht aufhören an der Stelle.
Das ist etwas ganz anderes.
Ich sage ja nicht, dass man das andere nicht auch beten darf. Das Einzige, was ich zeigen will, ist: Wenn Leute in Versuchung sind, wenn Leute angegriffen werden vom Teufel, wenn sie in Not kommen, was betet Jesus? Er betet: Vater im Himmel, lass den Glauben von Simon Petrus nicht aufhören.
Und es ist einfach eine geistliche Realität, dass der Satan die Gläubigen angreift.
Bitteschön, es ist so, dass Gott es zulässt, dass wir angegriffen werden.
Hier heißt es, dass der Satan begehrt hat, euch zu sichten. Das heißt, der Satan tritt vor den Thron Gottes und sagt: Ich würde gern mir den Paul mal richtig vornehmen. Darf ich das?
Und Gott sagt: Ja, erlaube ich dir.
Das ist das, was bei Hiob passiert ist. Der Teufel kommt und sagt zu Hiob, der so fest an dir hängt: Den würde ich mir ja gerne mal richtig schnappen. Du wirst sehen, wenn ich ihn habe, er wird abfallen, da ist nichts dahinter.
Und Gott sagt: Du kannst ihn prüfen, und er prüft ihn.
Was kommt am Ende raus? Es ist sehr viel dahinter. Dieser Mann hat eine echte Beziehung zu Gott, und er hält an ihm fest.
Oftmals wissen das nur die Männer, weil der Spruch im Männerklo hängt: Oftmals ist es so, dass wir besonders durch Leid und durch die Prüfungen, durch das Feuer des Leids, erst an dem Punkt der Reife ankommen, wo Gott mit uns persönlich hin will.
Aber damit wir diesen Punkt erreichen, brauchen wir unser Gebet.
Deswegen müssen wir die Hiobs in unserer Mitte immer wieder mit Gebet stützen und immer wieder da sein und sagen: Vater Himmel, wir bitten dich darum, dass ihr Glaube nicht aufhört.
Natürlich können wir auch darum beten, dass sie aus Not und Verfolgung herauskommen, ja, aber wir dürfen diese andere Seite nie vergessen.
Ein Beispiel dafür könnt ihr im Hebräerbrief nachlesen, auch wieder unser Herr.
Wenn wir heute hier sind und wenn ihr wissen wollt, was mich sicher macht, im Himmel anzukommen, das, was mich wirklich sicher macht, ja, dann möchte ich euch sagen:
Wirklich sicher macht mich das Wissen darum, dass im Himmel ein hoher Priester sitzt, nämlich Jesus, und dass die Bibel mir sagt, dass Jesus jeden Tag für mich vor Gott eintritt.
Das, was hier im Kleinen bei Petrus passiert im Blick auf diese eine Verfolgungszeit, das passiert Tag für Tag im Blick auf jeden Gläubigen im Himmel.
Und das ist das, was mich persönlich sicher macht, dass ich durch diese Welt mit all ihren Schwierigkeiten, mit all ihren Nöten durchkomme.
Die letzten beiden Stellen – Gebet bewahrt den Bruder –, die letzte und erst noch die vorletzte Stelle, sind eine sehr harte Sache, die mit Gebet vielleicht die andere Seite zeigt.
Jetzt haben wir betrachtet, was ist, wenn wir einen anderen leiden sehen. Und jetzt drehen wir die Sache um: Ok, jetzt stellen wir uns vor, wir sind derjenige, der leidet. Jetzt wissen wir, wie wir mit jemandem umgehen, der leidet. Und jetzt sind wir der Leidende.
Und wir schlagen gemeinsam auf Lukas 22 auf.
Wenn es eine Leidenserfahrung gab, die wirklich tief war, dann ist es die, die Lukas 22, Vers 40-44 beschrieben wird:
"Jesus betet in Gethsemane. Und er ging hinaus und begab sich der Gewohnheit nach auf den Ölberg. Es folgten ihm aber auch die Jünger. Als er aber an den Ort gekommen war, sprach er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung kommt. Und er zog sich zurück ungefähr einen Steinwurf weit von ihnen zurück und kniete nieder und betete und sprach: Vater, wenn du diesen Kelch von mir wegnehmen willst. Doch nicht mein Wille, sondern der Deine geschehe. Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel, der ihn stärkte. Und als er in ringendem Kampf war, betete er heftiger. Es wurde aber sein Schweiß wie große Blutstropfen, die auf die Erde herabfielen. Und er stand auf vom Gebet und kam zu den Jüngern und fand sie eingeschlafen vor Traurigkeit."
Gebet lässt uns den Willen Gottes annehmen.
Wenn wir an einer Stelle dieses Prinzip verwirklicht sehen, dann hier in Gethsemane.
Wenn wir Matthäus 26 hinzunehmen, wo die gleiche Geschichte nochmal berichtet wird, stellen wir fest: Jesus betet dreimal innig zu Gott. Er betet dreimal, bis ihm der Wille Gottes völlig klar war.
Es ist kein Spielzeuggebet hier, wo man sagt: Na ja, er wusste ja eh, was kommt.
Er meinte es völlig ernst. Wenn es irgendeinen Ausweg gegeben hätte, um das Leiden am Kreuz herum, wenn es irgendeine Möglichkeit gegeben hätte, die Heiligkeit Gottes in allumfassender Weise zu befriedigen, ohne diesen Weg gehen zu müssen, dann wäre Jesus vor diesem Weg an der Stelle umgekehrt.
Aber es gab keinen Weg.
Was in dem Gebet, in diesem Ringen im Gebet, im heftigen Ringen im Gebet ihm deutlich wurde, ist: Der Wille Gottes ist es, dass ich leide, dass ich diesen Weg der Schmerzen gehe, dass ich mich an einem römischen Folterinstrument annageln lasse und dort, nachdem man mich vorher schon ausgelacht, bespuckt, gegeißelt und gequält hat, dass ich dort mein Leben lasse.
Dazu ein klares Ja zu haben, das hat für Jesus den vollkommenen Menschen bedeutet.
Er musste beten, und er musste dieses klare Ja vom Herrn bekommen. Er musste wissen, dass das sein Weg ist, weil man nicht freiwillig einfach als Märtyrer stirbt, nur just for fun. Das ist kein Fun, da ist überhaupt nichts dabei. Er wäre gerne aus der Situation herausgekommen.
Aber nachdem er dreimal gebetet hat und nachdem ihm das klar war, steht er auf und tritt einer Gruppe von über sechshundert Soldaten entgegen und kann ganz furchtlos und ohne Angst an der Stelle noch reagieren.
Nachdem er dreimal gerungen hat und Gott ihm seinen Weg klar gemacht hat, kann er den Weg annehmen und ihn in einer Geradlinigkeit gehen, was uns wahrscheinlich schon verblüfft.
Ich hoffe, es verblüfft euch manchmal, mit welcher Geradlinigkeit Jesus den Willen Gottes tut.
Und im Gegensatz dazu: Was ist mit den Jüngern? Die Jünger haben geschlafen.
Jesus betet, und er tritt ohne Furcht diesen Soldaten entgegen.
Die Jünger schlafen, und was ist das Resultat? Vor Furcht laufen sie weg.
Jesus holt sich die Kraft, um diese Zeit durchzustehen, die Zeit der Anfechtung. Und er bekommt sie, er wird gestärkt.
Die Jünger verpassen die Situation, sie schlafen ein, sie bereiten sich nicht auf die Zeit der Verfolgung vor.
Und in dem Moment, wo sie in die Situation reinkommen, sind sie weg. Nicht mehr gesehen. Zum Teil muss sich Jesus bis nach Galiläa aufmachen, um sie da vom Fischen wieder zurückzuholen, weil sie einfach so verstört und so durcheinander sind, selbst noch nach der Auferstehung, dass sie das alles nicht zusammenkriegen und dann mal dies machen, mal jenes machen.
Eine Stelle, die mir hier immer wieder einfällt und die es auch wert ist, auswendig gelernt zu werden, steht in Philipper 4:
"Seid um nichts besorgt, sondern lasst in allem durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren in Christus Jesus."
Philipper 4, Vers 6 und 7.
Wenn ich es gelernt habe, im Gebet meine Sorgen abzugeben, dann ist es nicht nur einfach so, dass diese Sorgen weg sind. Das ist eine Sache.
Sondern dass ich einen übernatürlichen Frieden geschenkt bekomme, der mich in den Umständen, in denen ich mich befinde, bewahrt.
Das heißt ja nicht, dass wenn ich über Sorgen bete, dass die Sorgen dann, dass die ganzen Lebensumstände sich ändern und die Sorgen weg sind.
Aber in mein Leben kommt etwas hinein, was Jesus an der Stelle erlebt hat: Ein Friede, der mein Herz und auch meine Gedanken bewahrt in Christus Jesus.
Das habe ich nötig, weil mein Herz ist das aufgebrachte, und meine Gedanken wollen ständig sich um das Problem kreisen.
An der Stelle brauche ich Rettung – Rettung vor mir selber ein Stück weit – und diese Rettung kann nur von Gott kommen, wenn wir es lernen, in den schwierigen Situationen wie der Herr Jesus auf Gethsemane zu beten und den Willen Gottes anzunehmen, Gott unsere Sorgen zu nennen und dann den Frieden zu bekommen, den Gott genau solchen Leuten verheißt, die in der Not zu ihm kommen und ihn anbeten.
Dann können wir, wenn wir das gelernt haben, vielleicht noch den letzten Punkt betrachten.
Das ist dann das letzte Mal, dass Jesus im Lukasevangelium betet. Kapitel 23, Vers 34:
"Jesus aber sprach, und es ist ein Gebet: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."
Das ist ein Gebet.
Jesus hängt am Kreuz und hat irrsinnige Schmerzen, Atemnot, der Kopf platzt ihm wahrscheinlich fast, die Sonne scheint unbarmherzig auf ihn herunter.
Aber er betet: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."
1. Timotheus 2 ist ein ganz interessanter Zusammenhang.
Ich kann euch nicht erklären, wie die Sachen zusammenhängen, ich kann euch nur zeigen, dass es diesen Zusammenhang gibt.
Ab Vers 1 heißt es:
"Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit."
Und dann geht es weiter:
"Dies ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen."
Merkt ihr den Zusammenhang?
Er fängt mit Gebet an und er sagt: Betet, betet für alle Menschen, betet vor allem für die Menschen, die in der Gesellschaft eine besonders hohe Funktion einnehmen, die in besonderer Verantwortung stehen.
Betet für die Lehrer eurer Kinder, betet für euren Bürgermeister, für eure Stadtverordnetenversammlung, betet für euren Bundeskanzler und von mir aus für seinen Wirtschaftsminister und was weiß ich wen ihr noch alles kennt.
Betet für diese Leute, warum? Damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit, dass man uns nicht dabei behindert, unseren Glauben auszuleben.
Und wozu? Weil Gott ein Gott ist, der will nicht, dass wir ein ruhiges und stilles Leben für uns zurückgezogen führen in einer Gemeinde und unserer Kuschelecke, sondern der will, dass alle Menschen errettet werden.
Und das ist das, was uns Jesus hier vormacht: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."
Vater, hilf uns zu beten für die Menschen um uns herum, damit sie dich erkennen.
Und jetzt werdet ihr vielleicht mit Recht sagen: Aber Jürgen, du kannst doch niemandem zum Glauben hinbeten.
Ja, das stimmt.
Ich wünschte es mir manchmal. Ich wünschte mir manchmal eine Zauberformel, damit ein Mensch sich bekehrt. Weißt du so, eine Formel, und wenn man die spricht, dann bekehrt er sich garantiert.
Ja, hier gibt es ein paar Leute, die können dich verzweifeln, weil ich weiß nicht, wie lange und wie intensiv man da schon gebetet hat und der letzte Schritt kommt nicht.
Ich wünschte es mir manchmal, aber es ist nicht so, weil Gott jedem einzelnen Menschen die Verantwortung nicht abnimmt. Jeder muss sich persönlich bekehren, jeder muss persönlich den Schritt machen.
Aber was wir tun können, wir können doch schon mal ein paar Sachen vorbereiten, oder? Wir können doch schon mal beten für denjenigen, wir können doch schon mal Gott anflehen, dass er mit den richtigen Leuten in Kontakt kommt.
Wir können doch schon einmal darum beten, dass unsere Lebensumstände – und darum geht es hier übrigens in 1. Timotheus 2 – so positiv sind, so glücklich sind, dass wir mit ihm darüber reden können, dass wir nicht eingeschränkt werden in der Entfaltung unserer Religiosität, dass man nicht ständig gegen uns arbeitet, dass wir frei das Evangelium predigen können und dann vielleicht denjenigen auch erreichen, dass wir weiter Traktate verteilen und Straßenpredigten und Büchertische und Bibelseminare und was weiß ich noch alles machen können.
Das ist doch ein Gebet wert.
Warum? Weil Gott möchte, dass Menschen errettet werden.
Ich kann euch nicht sagen, wie mein Gebet dazu beiträgt, dass Menschen sich bekehren.
Und ich erlebe es oft genug, dass das Wort aus Johannes 3 hundert Prozent gilt: Der Geist weht, wo er will, nicht wo Jürgen Fischer will.
Ja, der Geist weht, wo er will, und er hilft den Menschen, irgendwie Gott schneller zu ergreifen, wo ich manchmal am wenigsten denke, und bei anderen dauert es einfach.
Weil Gott niemanden zwingt, weil Gott mit seiner Liebe die Menschen nie vergewaltigt.
Das ist nicht seine Sache.
Aber er zieht sie, und wir können an der Stelle Mitarbeiter der Gnade sein, und wir können solche sein, die Jesus ähnlich sind.
Deswegen mein letztes Zitat ist aus Jesaja 53, wo dieser Punkt, dass Jesus für seine Henker betet, so schön herauskommt.
Jesaja 53, Vers 12 heißt es:
"Er aber hat die Sünde vieler getragen und für die Verbrecher Fürbitte getan."
Und an der Stelle stehen wir einfach in seiner Linie.
Egal ob unsere Feinde, egal ob die Nachbarn, die uns das Leben schwer machen, egal ob die Arbeitskollegen, die es nur darauf abgesehen zu haben scheinen, uns immer wieder auf Arbeit eins auszuwischen oder sonst was – Jesus hat Fürbitte getan für die Verbrecher, für die, die ihn wirklich aufs Grausamste behandelt haben.
Und das ist unser Job.
Wir sollen vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel vollkommen ist.
Ich hoffe, dass die Punkte, die hier draußen dranstehen, die alle abgeleitet sind vom Gebetsleben unseres Herrn Jesus, euch ein Stückchen in eurem eigenen Gebetsleben vielleicht helfen oder motivieren.
Gebet tut den Himmel auf. Es öffnet uns den Zugang zu Gott.
Gebet befähigt uns erst zum wahren Dienst, immer wieder die Kraft zu haben für den alltäglichen und auch für den natürlich alltäglichen Gemeindedienst.
Gebet ist das Mittel, mit dem wir wichtige Entscheidungen vorbereiten.
Gebet ist das Mittel, mit dem wir das, was wir von uns geben, unsere Lehre tränken.
Gebet verändert uns.
Durch Gebet sind wir Vorbilder für andere.
Wir sind solche, die im Gebet füreinander einstehen.
Wenn wir sehen, da ist einer in Not, dann ist das unsere Sache, dann bauen wir quasi im Gebet den Schutzschirm für den anderen auf.
Aber Gebet ist auch das, was uns in der Not den Willen Gottes annehmen lässt.
Und Gebet ist das, was wir zur Verherrlichung Gottes tun – für unsere Feinde.
Aber es ist noch mehr. Wenn wir Lukas 9, Vers 18 sehen, spielt Gebet auch an anderer Stelle eine ganz entscheidende Rolle. Es heißt: „Und es geschah, als er für sich allein betete, waren die Jünger bei ihm, und er fragte sie und sprach: Was sagen die Volksmengen, wer ich bin?“ Sie antworteten, und dann kommt die Stelle, an der die Jünger sich darüber äußern, dass Jesus der Messias ist. Jesus macht ihnen das auch klar.
Was ich hier zeigen möchte, ist Folgendes: Jesus betet, bevor er mit den Jüngern redet. Man könnte sagen: Na ja, gut, was soll das? Die Verbindung ist für mich deshalb interessant, weil sie an anderer Stelle in der Bibel ebenfalls auftaucht. Es ist die Verbindung von Gebet auf der einen Seite und Lehre auf der anderen Seite – Gebet und Lehre.
Wir wollen das oft voneinander trennen. Bei den Aposteln war es jedoch so, dass sie die Diakone einsetzten, um die Tische zu bedienen – wozu? Damit ihnen Zeit bleibt für Gebet und Lehre. Das sind zwei Begriffe, die eng beieinander gehalten werden müssen: Gebet und Lehre.
Ich könnte euch vorstellen, wie die Überschrift an dieser Stelle lautet: Gebet bereitet auch Lehre vor. Gebet ist nicht einfach unabhängig von der Lehre, und die Lehre ist nicht unabhängig vom Gebet.
In Kolosser 4, Vers 3 heißt es dazu: „Haltet fest am Gebet und betet zugleich auch für uns, dass Gott uns eine Tür des Wortes auftue, das Geheimnis des Christus zu reden.“ Merkt ihr diese Verbindung? Haltet fest am Gebet und betet darum, dass Gott uns eine Tür des Wortes auftue, das Geheimnis des Christus zu reden.
Gebet bereitet die Lehre vor, und zwar in der Form, dass es Herzen vorbereitet, die Botschaft aufzunehmen. Man könnte an dieser Stelle meinen: Na ja, wenn man nur gutes Material verwendet, die richtigen Illustrationen hat und sich vielleicht noch ein bisschen geschickt anstellt – einen Overhead-Projektor nimmt –, und wenn die Leute nur richtig zuhören, dann geht das schon.
Falsch! Wieder ist es so: Erst das Gebet, dann kommt die Lehre. Ich denke persönlich, das gilt nicht nur für eine Sonntagspredigt. Es gilt nicht nur für den Jugendclub, die Kinderstunde, die Jungschararbeit oder die Frauenstunde – wo auch immer man einen Beitrag bringt, es gilt für alles.
Hier im Bibelseminar heißt das: Wir beten, dass Gott die Herzen der Zuhörer auftut. Gerade weil wir uns abhängig machen, weil es eben nicht nur darum geht, was wir sagen, sondern dass das, was wir sagen, unterstützt wird. Dass es auch ankommt in den Herzen. Dass ein Stück weit Vorbereitung da ist in den Herzen. Sonst können wir reden, was wir wollen – es wird einfach abprallen.
Deshalb kommen wir bei der Lehre nicht um das Gebet herum.
Natürlich betrifft Gebet nicht nur andere Menschen, sondern auch uns selbst. Das sehen wir im nächsten Punkt in Lukas 9,28-29, wo es um die Verklärung Jesu geht.
Etwa acht Tage nach den zuvor genannten Worten nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit und stieg auf einen Berg. Das eigentliche Ziel seines Aufstiegs war das Gebet. Es heißt nicht, dass er auf den Berg stieg, um verklärt zu werden. Nein, er stieg zunächst auf den Berg, um zu beten. Doch während er betete, veränderte sich sein Aussehen. In Vers 29 heißt es: „Und als er betete, veränderte sich das Aussehen seines Angesichts, und sein Gewand wurde weiß und strahlend.“
Unter den neun verschiedenen Stellen, die wir heute Abend zum Thema Gebet betrachten, ist dies die einzige, bei der das Gebet den Beter selbst verändert. In nur einem von neun Fällen betrifft das Gebet also die Person, die betet.
Daraus darf man auch ableiten, dass Gebet nicht in erster Linie für uns selbst ist. Wenn wir beten, dann ist das Gebet zunächst für andere da und erst danach für uns. Deshalb kann Gebet auch niemals ein Mittel sein, das wir einfach nur für uns selbst einsetzen – etwa als eine spirituelle Übung, mit der wir uns besser fühlen wollen.
Ich hatte das vorhin schon angedeutet, als ich das Beispiel mit der Krankenkasse nannte: Wenn jemand sagt, „Ich bete jetzt mal, weil das mich ruhig und ausgeglichen macht“, dann ist das eigentlich noch kein echtes Gebet. Das ist vielleicht ein schöner Nebeneffekt des Betens. Ich kenne das selbst: Wenn man eine halbe Stunde gebetet hat, dann wird man ruhig, weil man viele Lasten und Sorgen loslässt. Aber das ist nicht der eigentliche Sinn des Gebets. Das Ziel ist nicht, dass es uns gut geht. Selbst wenn das ein Ergebnis davon sein sollte, bleibt es nur ein Nebenprodukt.
In erster Linie geht es darum, dass Gebet für andere da ist. Doch an der Stelle der Verklärung wird deutlich: Beten hat tatsächlich auch eine Auswirkung auf den Beter.
Anders gesagt: Indem wir beten, uns mit Gebet beschäftigen und es zu einem normalen Teil unseres Lebens machen, verändern wir uns ganz logisch. Wir können gar nicht anders. Ein geistlicher Grundsatz lautet: Du kannst nicht regelmäßig Gemeinschaft mit Gott haben – sei es durch Bibellesen, Beten oder Gemeinschaft mit anderen Gläubigen – ohne dass du dich dabei veränderst.
Ihr kennt das Wort aus 2. Korinther 3,18: „Wir werden verwandelt in dasselbe Bild, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie es vom Herrn, dem Geist, ausgeht.“ Wir schauen auf Jesus und werden verwandelt in sein Bild.
Das bedeutet: Wir können keine echte, tiefe Gemeinschaft mit Gott, unseren Geschwistern oder dem Wort Gottes pflegen, ohne dass uns das verändert.
Ein weiteres Beispiel ist Mose. In 2. Mose 34,29 kommt er vom Berg herunter, ohne es selbst zu merken, aber sein Gesicht strahlt. Etwas hat sich verändert, weil er Gemeinschaft mit Gott hatte.
Manch einer von euch hat das vielleicht schon ähnlich erlebt: Man geht ein wenig zerknirscht und grüblerisch ins Gebet, kniet sich nieder und betet. Vielleicht fünf Minuten lang fällt einem das noch nicht so auf. Aber wenn man sich mehr Zeit nimmt und das Herz im Gebet aufgeht, dann steht man danach auf und hat fast ein Strahlen im Gesicht.
Mir geht es manchmal so: Ich fühle mich zufriedener und ruhiger, weil ich meine Lasten abgelegt habe, und ich strahle. Noch nicht so wie Mose, dass andere es sehen und sagen: „Jetzt können wir hier das Licht ausschalten, weil die so sehr strahlen.“ Das ist es vielleicht noch nicht, aber eine Veränderung findet statt.
Ich habe diesen Punkt so genannt: Das Gebet verändert den Beter. Ein einfaches geistliches Prinzip – so wie viele Dinge im geistlichen Leben einfach sind.
Die nächste Stelle, auf die wir stoßen, wenn wir das Lukasevangelium nach den Gebeten des Herrn Jesus durchsuchen, ist Lukas 11, Vers 1. Dort heißt es: „Und es geschah, als er an einem Ort war und betete, da sprach, als er aufhörte, einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte.“
Der Punkt ist einfach, oder? Gebet hat hier eine Vorbildfunktion. Die Jünger sehen Jesus beten, weil Jesus einfach ein vorbildliches Gebetsleben hatte. Indem sie ihn beten sehen, entsteht bei ihnen der Wunsch: So möchte ich auch beten können.
In der Vorbereitung am Freitagabend, als ich das so aufgeschrieben habe in meinem Konzept, dachte ich mir: Na ja, wenn ich jemandem Beten beibringe, dann gehe ich mit ihm die Bibelstellen durch und sage ihm, wie er zu beten hat. Aber ich habe es noch nie erlebt, und das ist jetzt wirklich etwas, wo ich das zugebe, dass jemand zu mir kommt und sagt: „Jürgen, sag mal, wie machst du das mit dem Gebet? So wie du betest, so möchte ich auch beten.“
Das könnten wir jetzt auf viele andere Bereiche übertragen. Wir sind immer sehr schnell dabei, den Leuten zu erklären, wie etwas geht. Anscheinend war Jesus sehr schnell dabei, den Leuten vorzuleben, wie etwas geht, und dann einfach sie kommen zu lassen – so wie hier beim Gebet.
Die Frage, die für mich aufkommt, ist natürlich: Wenn ich meine Kinder da sitzen sehe, bin ich in meinem Leben jemand, sei es nun im Bereich Gebet oder in anderen Bereichen, wo Leute sagen können: „Ja, du bist unser Vorbild.“ Ist das so? Sind wir bereit, uns diesem Maßstab mal auch zu stellen? Uns immer wieder zu fragen, ob wir da, wo wir Verantwortung haben – in den Gemeinden, in der Familie oder im Freundeskreis – wirklich ein Vorbild sind?
Ich muss da für mich sagen, dass ich mich allzu oft mit Dingen zufrieden gegeben habe, wo ich sagte: „Na ja, ich falle nicht auf, ich mache nichts falsch, ich bin zufrieden damit, wenn die Leute sehen, dass ich ein guter Mensch bin.“ Aber vorbildlich, so dass Leute richtig ins Fragen kommen, wo man fast schon ein bisschen exzentrisch ist, ja, so einer, der ein bisschen merkwürdig ist: „Wie kann der das da machen?“
Ich weiß noch, ich war in Albanien mit Gene Gibson. Gene hat die Angewohnheit, abends vor dem Schlafengehen noch einmal zu beten. Und das zieht er durch. Er ist da einfach sehr, sehr extrem. Wir haben in der Küche geschlafen, weil dort noch Betten standen. Gene war krank, und die Missionare saßen noch am Tisch und unterhielten sich. Gene war sowieso schon alt und breit und hatte an dem Tag zwei- oder dreimal gepredigt.
Trotzdem schleppte er sich in den Nachbarraum, predigte dort noch einmal und fiel dann wieder zurück ins Bett. Er wollte schlafen. Er lag sowieso schon die ganze Zeit im Bett, aber jetzt wollte er wirklich schlafen. Während alle sich unterhielten, stand er noch einmal auf, kniete sich vor seinem Bett nieder, faltete die Hände und betete laut. Nicht so laut, dass jeder es unbedingt hören wollte, aber so, dass man es hören konnte. Er betete.
Ich muss zugeben, dass die Gebete von Gene mich schon immer wieder beeindruckt haben. Jemand, der fünfzig Jahre mit dem Herrn lebt, das ist schon noch einmal etwas anderes. Zumindest empfinde ich es so. Ich sehe ihn heute noch vor mir, und denke: Mann, du lässt dir wirklich deine Zeit mit deinem Gott. Das hat mich einfach beeindruckt und persönlich motiviert, abends wieder mit dem Gebet anzufangen.
Es war nie so, dass mich jemand gezwungen hätte, abends vor dem Schlafengehen zu beten. Aber ich habe ihn heute noch vor mir, wie er da in dieser Küche auf dem Steinfussboden kurz bevor er endgültig ins Bett huscht, noch betet – nur so ein paar Sätze. Das hat sich so tief eingebrannt, dass es mir wirklich schwerfällt, abends ins Bett zu gehen, ohne zu beten.
Dieses eine Vorbild – weil ein Mann etwas getan hat, was er nie hätte tun müssen, aber wo er mit seinem Leben geprägt hat. Und das ist das Gleiche, was auch Jesus tut.
Es hat jemand mal gesagt: Kein Christ hat ein tieferes geistliches Leben als sein Gebetsleben. Unser Gebetsleben ist im eigentlichen Kern unser verborgenes Leben mit Gott. Dienst ist immer offenbar, das sieht jeder. Das machen die meisten Leute gerne, vielleicht bis auf den Putzdienst – der ist wahrscheinlich nicht so beliebt. Und ich mache auch nicht so gerne die große Gruppe bei der Kinderbetreuung, wenn das jemand ganz ehrlich wissen will. Da habe ich ein bisschen eine Abneigung.
Aber Dienst ist immer ein Stückchen offenbar. Wisst ihr, wo es verborgen bleibt? Dort, wo wir beten, wo wir in unserem Kämmerchen die Tür hinter uns zuschließen, damit die Kinder nicht reinkommen, das Telefon irgendwie abschalten – da kann man auch den Stecker ziehen – und einfach mal Ruhe haben. Dort, wo ich nie ein Lob von irgendjemandem bekomme, weil es nie jemand mitbekommt.
Das ist das verborgene Leben eines geistlichen Menschen. An dieser Stelle können wir mitbekommen, wie tief unser geistliches Leben wirklich ist. Praktizieren wir das oder praktizieren wir es nicht?
Vielleicht kennt ihr das auch: Das Erste, was man streicht, wenn man morgens keine Zeit mehr hat, ist das Gebet. Wenn man von der stillen Zeit noch irgendetwas macht, dann huscht man schnell noch einmal durch die Bibel. So mache ich es zumindest. Das Gebet fällt dann hinten runter.
Da muss man sich schon fragen: Ist das richtig? Passt das zu einem vorbildlichen Leben? Passt das zu einem Leben, das behauptet, ich habe eine Beziehung zu Gott, wenn wir ganz schnell dabei sind, das Reden mit Gott aufzugeben oder zu vernachlässigen?
Eine weitere Sache, über die ich auch noch nicht weiß, ob ihr das mal so seht: Die Jünger sagen, „Lehre uns beten.“ Habt ihr das schon mal gebetet: „Herr Jesus, ich weiß eigentlich nicht, wie ich beten soll“?
Mir ist das vor kurzem aufgefallen, als ich mich gefragt habe, welche Gebetsanliegen ich eigentlich vor Gott bringen soll. Soll ich einfach nur irgendetwas sagen? Oder gibt es da Sachen, die vielleicht mehr dran sind? Gibt es vielleicht Sachen in meinem Gebet, wo ich sagen würde: Das ist völliger Nonsens, das macht man gar nicht, das will Gott gar nicht?
Da bin ich neu mit dem Wort „Lehre uns beten“ konfrontiert worden. Ich merke: Herr Jesus, ich weiß an manchen Stellen gar nicht, wie ich beten soll. Das ist nicht nur dann so, wenn ich bei bestimmten Leuten in der Gebetsliste vorbeikomme und mich inhaltlich frage, was die eigentlich brauchen, sondern dass ich mir überhaupt die Frage stelle: Beten? Ja, wie geht das eigentlich?
Natürlich weiß ich, dass wir das Vaterunser als ein Vorbildgebet haben. Im Vaterunser kommt zuerst die Verherrlichung, die Anbetung Gottes, dann die Anliegen Gottes und erst am Schluss meine eigenen. Das ist mir alles klar.
Aber trotzdem bleibt die Frage: Wissen wir eigentlich, wie Gott sich Gebet vorstellt? Welche Auswirkung Gebet haben kann? Und welche Kraft im Gebet steht?
Eine Auswirkung des Gebets lesen wir in der nächsten Stelle, die sich bei Lukas 22,31 findet. Diese Auswirkung mag uns zunächst überraschen, wenn wir uns bewusst machen, was sie bedeutet.
Wir sind kurz vor Gethsemane. Jesus führt hier ein ganz persönliches Gespräch mit Petrus. Er sagt zu ihm: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du einst zurückgekehrt bist, so stärke deine Brüder.“ (Lukas 22,31)
Passt das in unser geistliches Weltbild, so ein Gebet oder eine solche Aussage? Ist es nicht so, dass Gott allmächtig ist? Warum lässt er überhaupt zu, dass der Satan – im Bild des Sichtens, Trennens, Untersuchens und Prüfens – die Apostel nimmt und kräftig durchschüttelt? Warum versetzt er sie in Angst und Schrecken? Wie kann das sein? Ist Gott nicht allmächtig? Warum bewahrt Gott seine Apostel nicht vor einem so brutalen Vorgehen? Warum lässt Gott das zu?
Die Antwort darauf lautet: Gott lässt es zu, weil er etwas dagegen gestellt hat. Er hat einen Schutzmechanismus aufgebaut, einen Schutzschirm geschaffen, der uns theoretisch davor bewahrt, dass wir fallen. Dieser Schutzschirm ist jedoch etwas Unsichtbares, ähnlich wie bei Raumschiff Enterprise. Unser Schutzschirm ist unsichtbar.
Wisst ihr, was unser Schutzschirm ist? Es ist das Gebet.
Was macht Jesus hier? Ich habe es so zusammengefasst: Gebet bewahrt den Bruder. Jesus hat als Mensch für den Menschen Simon Petrus gebetet, dass sein Glaube in einer Zeit der Verfolgung und Anfechtung nicht aufhört.
Wenn ihr wissen wollt, was unser geistlicher Schutzschirm ist, das, was uns gegenseitig davor bewahrt, geistlich zu fallen, was uns davor bewahrt, dass unser Glaube aufhört, dass wir in einer wirklich schwierigen Situation alles hinwerfen und sagen: „Das hat doch alles keinen Sinn mit dem Christsein“, dann ist es tatsächlich das Gebet.
Das Gebet, dass wir auf die Knie gehen füreinander, dass wir für die beten, die in Not sind. Und worum beten wir? Sollen wir darum beten, dass die Person möglichst schnell aus der Not herauskommt? Ja, das ist es auch. Aber das ist nicht das einzige.
Das ist ja das, wofür Jesus zuerst einmal betet: dass der Glaube eines Christen in der Not nicht aufhört.
Ist das nicht interessant? Ich weiß nicht, wie oft wir dieses Gebet sprechen, wenn wir mitbekommen, dass Reni im Moment wieder das eine Bein fast gelähmt hat, furchtbare Schmerzen hat und sich kaum bewegen kann. Wenn wir so etwas hören und für sie beten, was ist unser erstes Gebet? Beten wir zuerst: „Herr, mach sie doch bitte gesund und lass die Ärzte finden, was sie braucht“? Oder dass die Antibiotika anschlagen und endlich die Entzündung aus dem Bein verschwindet?
Ist das unser erstes Gebet? Oder ist es vielleicht sinnvoller, vor dem Hintergrund dieses vorbildlichen Verhaltens hier zu sagen: „Vater im Himmel, wir merken, was das für eine Anfechtung auch für diese Frau sein muss: wenig Gemeinschaft, wenig Kraft, wenig nach draußen kommen. Bitte lass ihren Glauben an dieser Stelle nicht aufhören.“
Das ist etwas ganz anderes.
Ich sage nicht, dass man das andere nicht auch beten darf. Das Einzige, was ich zeigen will, ist: Wenn Leute in Versuchung sind, wenn sie vom Teufel angegriffen werden, wenn sie in Not kommen, was betet Jesus? Er betet: „Vater im Himmel, lass den Glauben von Simon Petrus nicht aufhören.“
Es ist eine geistliche Realität, dass der Satan die Gläubigen angreift. Gott lässt es zu, dass wir angegriffen werden. Hier heißt es, dass der Satan begehrt hat, euch zu sichten. Das bedeutet, der Satan tritt vor den Thron Gottes und sagt: „Ich würde gern mir den Paul mal richtig vornehmen. Darf ich das?“ Und Gott sagt: „Ja, erlaube ich dir.“
Das ist das, was bei Hiob passiert ist. Der Teufel kommt und sagt: „Den Hiob, der so fest an dir hängt, den würde ich mir ja gerne mal richtig schnappen. Du wirst sehen, wenn ich ihn habe, wird er abfallen. Da ist nichts dahinter.“ Und Gott sagt: „Du kannst ihn prüfen.“ Und er prüft ihn.
Was kommt am Ende heraus? Es ist sehr viel dahinter. Dieser Mann hat eine echte Beziehung zu Gott und hält an ihm fest.
Oftmals wissen das nur die Männer, weil der Spruch im Männerklo hängt: Oftmals ist es so, dass wir erst durch Leid und Prüfungen, durch das Feuer des Leids an den Punkt der Reife kommen, an dem Gott mit uns persönlich hin will.
Aber damit wir diesen Punkt erreichen, brauchen wir unser Gebet.
Deshalb müssen wir die Hiobs in unserer Mitte immer wieder mit Gebet stützen, immer wieder da sein und sagen: „Vater im Himmel, wir bitten dich darum, dass ihr Glaube nicht aufhört.“
Natürlich können wir auch darum beten, dass sie aus Not und Verfolgung herauskommen. Ja, aber wir dürfen diese andere Seite nie vergessen.
Ein Beispiel dafür könnt ihr im Hebräerbrief nachlesen. Auch dort wird unser Herr beschrieben.
Wenn wir heute hier sind und wissen wollen, was mich sicher macht, im Himmel anzukommen, was mich wirklich sicher macht, dann möchte ich euch sagen: Es ist das Wissen darum, dass im Himmel ein hoher Priester sitzt, nämlich Jesus, und dass die Bibel mir sagt, dass Jesus jeden Tag für mich vor Gott eintritt.
Das, was hier im Kleinen bei Petrus passiert – im Blick auf diese eine Verfolgungszeit – das passiert Tag für Tag im Blick auf jeden Gläubigen im Himmel.
Und das ist es, was mich persönlich sicher macht: dass ich durch diese Welt mit all ihren Schwierigkeiten und Nöten durchkomme.
Die letzten beiden Stellen zeigen, dass Gebet den Bruder bewahrt. Die letzte und auch die vorletzte Stelle behandeln eine sehr harte Situation, die durch Gebet vielleicht auf der anderen Seite bewältigt werden kann.
Jetzt haben wir betrachtet, was passiert, wenn wir einen anderen leiden sehen. Drehen wir die Sache um: Stellen wir uns vor, wir sind derjenige, der leidet. Nun wissen wir, wie wir mit jemandem umgehen sollen, der leidet. Aber jetzt sind wir selbst der Leidende.
Schlagen wir gemeinsam Lukas 22 auf. Wenn es eine Leidenserfahrung gab, die wirklich tief war, dann ist es die, die in Lukas 22, Verse 40-44 beschrieben wird. Jesus betet in Gethsemane. Er ging hinaus und begab sich der Gewohnheit nach zum Ölberg. Es folgten ihm auch die Jünger. Als er den Ort erreicht hatte, sprach er zu ihnen: „Betet, dass ihr nicht in Versuchung geratet.“
Er zog sich etwa einen Steinwurf weit von ihnen zurück, kniete nieder und betete: „Vater, wenn du diesen Kelch von mir wegnehmen willst, so geschehe nicht mein Wille, sondern der Deine.“ Ein Engel erschien vom Himmel und stärkte ihn. Als er in ringendem Kampf war, betete er heftiger. Sein Schweiß wurde wie große Blutstropfen, die auf die Erde fielen.
Dann stand er vom Gebet auf, kam zu den Jüngern und fand sie eingeschlafen vor Traurigkeit.
Gebet lässt uns den Willen Gottes annehmen. Wenn wir an einer Stelle dieses Prinzip verwirklicht sehen, dann hier in Gethsemane. Wenn wir Matthäus 26 hinzunehmen, wo dieselbe Geschichte noch einmal berichtet wird, dann stellen wir fest: Jesus betet dreimal innig zu Gott. Er betet dreimal, bis ihm der Wille Gottes völlig klar war.
Es ist kein Spielzeuggebet, bei dem man denkt, er hätte ja sowieso gewusst, was kommt. Er meinte es völlig ernst. Wenn es irgendeinen Ausweg gegeben hätte, um das Leiden am Kreuz herumzukommen, wenn es irgendeine Möglichkeit gegeben hätte, die Heiligkeit Gottes in allumfassender Weise zu befriedigen, ohne diesen Weg gehen zu müssen, dann wäre Jesus an dieser Stelle umgekehrt.
Aber es gab keinen Weg. Was ihm im Gebet, in diesem Ringen, in diesem heftigen Ringen deutlich wurde, ist: Der Wille Gottes ist es, dass ich leide, dass ich diesen Weg der Schmerzen gehe. Dass ich mich an einem römischen Folterinstrument annageln lasse und dort, nachdem man mich vorher ausgelacht, bespuckt, gegeißelt und gequält hat, mein Leben lasse.
Dazu ein klares Ja zu haben, das bedeutete für Jesus, der vollkommen Mensch war, dass er beten musste. Er brauchte dieses klare Ja vom Herrn. Er musste wissen, dass das sein Weg ist. Man stirbt nicht freiwillig als Märtyrer, nur zum Spaß. Das ist kein Spaß, daran ist überhaupt nichts.
Jesus wäre gerne aus der Situation herausgekommen. Aber nachdem er dreimal gebetet hatte und ihm das klar war, steht er auf und tritt einer Gruppe von über sechshundert Soldaten furchtlos und ohne Angst entgegen. Nachdem er dreimal gerungen hat und Gott ihm seinen Weg klar gemacht hat, kann er diesen Weg annehmen und ihn mit einer Geradlinigkeit gehen, die uns wahrscheinlich verblüfft.
Ich hoffe, es verblüfft euch manchmal, mit welcher Geradlinigkeit Jesus den Willen Gottes tut.
Im Gegensatz dazu: Was ist mit den Jüngern? Sie schlafen. Jesus betet und tritt ohne Furcht den Soldaten entgegen. Die Jünger schlafen und was ist das Resultat? Vor Furcht laufen sie weg.
Jesus holt sich die Kraft, um diese Zeit der Anfechtung durchzustehen. Er bekommt diese Kraft und wird gestärkt. Die Jünger verpassen die Situation, sie schlafen ein und bereiten sich nicht auf die Zeit der Verfolgung vor. Und in dem Moment, in dem sie in die Situation kommen, sind sie weg, nicht mehr gesehen.
Zum Teil muss sich Jesus bis nach Galiläa aufmachen, um sie vom Fischen wieder zurückzuholen, weil sie so verstört und durcheinander sind – selbst noch nach der Auferstehung. Sie bringen das alles nicht zusammen und machen mal dies, mal das.
Eine Stelle, die mir hier immer wieder einfällt und die es wert ist, auswendig gelernt zu werden, steht in Philipper 4. Dort heißt es: „Seid um nichts besorgt, sondern lasst in allem durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.“
Und dann geht es weiter: „Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken bewahren in Christus Jesus.“ (Philipper 4,6-7)
Wenn ich gelernt habe, im Gebet meine Sorgen abzugeben, dann bedeutet das nicht nur, dass die Sorgen einfach weg sind. Das ist eine Sache. Sondern ich bekomme einen übernatürlichen Frieden geschenkt, der mich in den Umständen, in denen ich mich befinde, bewahrt.
Das heißt nicht, dass sich die ganzen Lebensumstände ändern und die Sorgen verschwinden, wenn ich über Sorgen bete. Aber in mein Leben kommt etwas hinein, was Jesus an dieser Stelle erlebt hat: ein Friede, der mein Herz und auch meine Gedanken bewahrt – in Christus Jesus.
Das habe ich nötig, weil mein Herz aufgebracht ist und meine Gedanken ständig um das Problem kreisen wollen. An dieser Stelle brauche ich Rettung – Rettung vor mir selbst, ein Stück weit. Diese Rettung kann nur von Gott kommen.
Wenn wir lernen, in schwierigen Situationen wie der Herr Jesus auf Gethsemane zu beten, den Willen Gottes anzunehmen, Gott unsere Sorgen zu nennen und dann den Frieden zu empfangen, den Gott genau solchen Menschen verheißt, die in der Not zu ihm kommen und ihn anbeten, dann erfahren wir diesen Frieden.
Und dann können wir, wenn wir das gelernt haben, vielleicht noch den letzten Punkt betrachten. Das ist das letzte Mal, dass Jesus im Lukasevangelium betet. In Kapitel 23, Vers 34 heißt es: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Dieses Gebet hat es in sich.
Plötzlich geht es nicht mehr um den Bruder, der in Not ist. Es geht auch nicht mehr darum, unseren Dienst vorzubereiten oder anderen Christen ein gutes Vorbild sein zu wollen. Es geht auch nicht mehr darum, dass wir selbst vielleicht in einer schwierigen Zeit sind. Jetzt geht es um Menschen, die unsere Feinde sind.
Jesus hängt am Kreuz, hat irrsinnige Schmerzen und Atemnot. Der Kopf platzt ihm wahrscheinlich fast, und die Sonne scheint unbarmherzig auf ihn herab. Trotzdem betet er: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23,34).
Ein interessanter Zusammenhang findet sich in 1. Timotheus 2. Ich kann euch nicht erklären, wie die Dinge genau zusammenhängen, aber ich kann zeigen, dass es diesen Zusammenhang gibt. Ab Vers 1 heißt es: „Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten und Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit.“
Dann geht es weiter: „Dies ist gut und angenehm vor unserem Heilandgott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ Merkt ihr den Zusammenhang? Er fängt mit Gebet an und sagt: Betet für alle Menschen, vor allem für die, die in der Gesellschaft eine besonders hohe Funktion einnehmen und in besonderer Verantwortung stehen.
Betet für die Lehrer eurer Kinder, für euren Bürgermeister, für eure Stadtverordnetenversammlung, für euren Bundeskanzler und von mir aus auch für seinen Wirtschaftsminister und alle anderen, die ihr kennt. Betet für diese Leute. Warum? Damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Damit man uns nicht daran hindert, unseren Glauben auszuleben.
Und wozu? Weil Gott ein Gott ist, der will, dass alle Menschen errettet werden. Er will nicht, dass wir ein ruhiges und stilles Leben für uns zurückgezogen in einer Gemeinde oder unserer Kuschelecke führen. Sondern er will, dass alle Menschen errettet werden.
Das ist es, was uns Jesus hier vormacht: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Vater, hilf uns zu beten für die Menschen um uns herum, damit sie dich erkennen.
Jetzt werdet ihr vielleicht mit Recht sagen: Aber Jürgen, du kannst doch niemandem zum Glauben hinbeten. Ja, das stimmt. Ich wünschte mir manchmal, es gäbe eine Zauberformel, mit der sich ein Mensch garantiert bekehrt. Ich wünschte mir manchmal eine Formel, die man spricht, und dann bekehrt sich jemand.
Es gibt ein paar Leute, die können einen verzweifeln lassen, weil man schon so lange und intensiv für sie gebetet hat, und der letzte Schritt kommt nicht. Ich wünschte es mir manchmal, aber es ist nicht so, weil Gott jedem einzelnen Menschen die Verantwortung nicht abnimmt. Jeder muss sich persönlich bekehren, jeder muss den Schritt selbst machen.
Aber was wir tun können, ist, schon mal ein paar Sachen vorzubereiten. Wir können für denjenigen beten. Wir können Gott anflehen, dass er mit den richtigen Leuten in Kontakt kommt. Wir können darum beten, dass unsere Lebensumstände – und darum geht es hier übrigens in 1. Timotheus 2 – so positiv und glücklich sind, dass wir mit ihm darüber reden können.
Dass wir nicht eingeschränkt werden in der Entfaltung unserer Religiosität, dass man nicht ständig gegen uns arbeitet, dass wir frei das Evangelium predigen können. Und dann vielleicht denjenigen auch erreichen, dass wir weiter Traktate verteilen, Straßenpredigten halten, Büchertische aufstellen, Bibelseminare veranstalten und was weiß ich noch alles machen können.
Das ist doch ein Gebet wert. Warum? Weil Gott möchte, dass Menschen errettet werden.
Ich kann euch nicht sagen, wie mein Gebet dazu beiträgt, dass Menschen sich bekehren. Ich erlebe es oft genug, dass das Wort aus Johannes 3 hundert Prozent gilt: Der Geist weht, wo er will, nicht wo Jürgen Fischer will. Ja, der Geist weht, wo er will, und er hilft den Menschen, Gott schneller zu ergreifen, manchmal an unerwarteten Stellen. Bei anderen dauert es einfach länger.
Weil Gott niemanden zwingt. Er vergewaltigt niemanden mit seiner Liebe. Das ist nicht seine Art. Aber er zieht die Menschen. Und wir können an dieser Stelle Mitarbeiter der Gnade sein. Wir können solche sein, die Jesus ähnlich sind.
Deshalb mein letztes Zitat aus Jesaja 53, wo dieser Punkt, dass Jesus für seine Henker betet, so schön herauskommt. Jesaja 53,12 heißt es: „Er aber hat die Sünde vieler getragen und für die Verbrecher Fürbitte getan.“
An dieser Stelle stehen wir einfach in seiner Linie. Egal ob unsere Feinde, egal ob die Nachbarn, die uns das Leben schwer machen, egal ob die Arbeitskollegen, die es nur darauf abgesehen haben, uns auf der Arbeit immer wieder eins auszuwischen.
Jesus hat Fürbitte getan für die Verbrecher, für die, die ihn aufs Grausamste behandelt haben. Und das ist unser Job. Wir sollen vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel vollkommen ist.
Ich hoffe, dass die Punkte, die hier draußen dranstehen und die alle vom Gebetsleben unseres Herrn Jesus abgeleitet sind, euch ein Stückchen in eurem eigenen Gebetsleben helfen oder motivieren.
Gebet tut den Himmel auf. Es öffnet uns den Zugang zu Gott. Gebet befähigt uns erst zum wahren Dienst, immer wieder die Kraft zu haben für den alltäglichen und auch für den Gemeindedienst.
Gebet ist das Mittel, mit dem wir wichtige Entscheidungen vorbereiten. Gebet ist das Mittel, mit dem wir das, was wir von uns geben – unsere Lehre – tränken.
Gebet verändert uns. Durch Gebet sind wir Vorbilder für andere. Wir sind solche, die im Gebet füreinander einstehen.
Wenn wir sehen, da ist einer in Not, dann ist das unsere Sache. Dann bauen wir quasi im Gebet den Schutzschirm für den anderen auf.
Aber Gebet ist auch das, was uns in der Not den Willen Gottes annehmen lässt. Und Gebet ist das, was wir zur Verherrlichung Gottes tun – auch für unsere Feinde.
Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
Seine App "Frogwords" gibt's für Android und iOS.
Jürgens aktuellste Gebets-Infos gibt's hier zum Lesen und Abonnieren.