Herzlich willkommen an alle, die sich heute wieder hierher getraut haben!
Anscheinend hat der gestrige Abend bei vielen einen solchen Eindruck hinterlassen, dass sie sich heute nicht mehr trauen zu kommen.
Wir wollen uns heute eine weitere Familie in der Bibel anschauen, um daraus zu lernen. Ich habe das Thema überschrieben mit „Ehekrisen – Katastrophe oder Chance einer Beziehung“.
Alltag und erste Anzeichen von Krisen in Familien
Ich möchte kurz etwas vorlesen. Überschriftlich: Ich glaube, ich kriege eine Krise.
Ich halte es nicht mehr aus. Peter knallt die Tür ins Schloss und wirft die Schultasche in die Ecke. Der Meier nervt mich total. Immer dieser Sarkasmus, diese bissige Ironie. Er behandelt uns wie kleine Kinder. Ich glaube, ich kriege eine Krise.
Maulend verschwindet er in seinem Zimmer und dreht die Musikboxen voll auf.
Nachmittags kommt Inge aus der Musikschule. „So ein Stress, stell dir vor, Mam! Jetzt soll ich die langen Klavieretüden für die Aufführung jeden Tag achtmal durchüben. So ein Unsinn! Das packe ich nie. Ich glaube, ich kriege eine Krise.“
Kurz vor dem Abendessen kommt Fatih mit quietschenden Reifen von der Arbeit. „Lilli, das war ein Tag! Ich glaube, ich kriege eine Krise. Der Chef macht mir totalen Druck. Alles soll bis zur Messe fertig sein, dabei stecken wir sowieso schon bis zum Hals in der Arbeit.“
Peter macht die Musik leiser. „Du nervst mich, Inge, hör sofort mit dem Klimpern auf.“
„Jetzt fängst du auch noch an!“, tönt es stereo aus den Kinderzimmern.
Mama, fragt Tim leise, der sich in der Küche bis jetzt ziemlich bedeckt gehalten hat: „Darf ich auch eine Krise haben?“
„Ja“, seufzt die Mutter gedehnt, „wenn du groß bist und nicht aufpasst, kriegst du sicher auch eine.“
Ehekrisen als unvermeidlicher Teil des Lebens
Krisen
Wie ist das mit Krisen in unseren Familien? Wie können wir Krisen erkennen und überwinden? Wie gehen wir damit um, und wie vermeiden wir Krisen in unseren Familien?
Ich glaube, es gibt keine Ehe ohne Krise. Auch wenn man 40 Jahre verheiratet ist, kennt man sicherlich Situationen, in denen man sagt: Da hat es gekriselt.
Meine Frau und ich führen oft Gespräche mit Ehepaaren, die zu uns kommen und um Rat fragen. Vor ein paar Jahren war ich in einer Gemeinde und sprach über dieses Thema. Anschließend kam eine ältere Schwester auf mich zu, 82 Jahre alt. Sie erzählte, sie sei seit 52 Jahren verheiratet und habe seit 30 Jahren Krieg in der Ehe. Sie beklagte sich über ihren Mann.
Ich sagte zu ihr: „Ich rede jetzt nicht weiter mit dir. Bring morgen deinen Mann mit, dann reden wir zusammen.“ Tatsächlich kam sie am nächsten Abend mit ihrem Mann.
Nach der Stunde setzten wir uns nebenan zusammen. Die beiden machten sich gegenseitig Vorwürfe. Ich dachte: Ich bin hier im Kindergarten – 52 Jahre verheiratet und so ein Verhalten?
Ich fragte ihn: „Warum hast du eigentlich damals deine Frau geheiratet?“ Er antwortete: „Damals gab es kein anderes Mädchen in meiner Preislage in der Jugendgruppe.“ Da dachte ich nur: So ein Kompliment habe ich auch noch nicht gehört.
Dann fragte ich sie: „Und warum hast du ihn geheiratet?“ Sie sagte: „Meine Mutter dachte, das wäre der Richtige.“
Was fängt man mit so einem Paar an? Manchmal denke ich bei solchen Gesprächen, man sollte die beiden Köpfe nehmen und kräftig gegeneinander schütteln, damit sie wieder wach werden. Sie machen sich das Leben zur Hölle.
Man könnte viele Beispiele erzählen.
Unterschiedliche Paare und Herausforderungen im Zusammenleben
Ich weiß nicht, wie das bei euch ist. Ich kann jetzt ganz offen darüber sprechen, weil ich euch nicht persönlich kenne. Ihr könnt mir also nicht vorwerfen, dass ich eure Situation hier öffentlich mache. Wenn ihr euch angesprochen fühlt, dann nehmt es so.
Ich weiß nicht, wie ihr miteinander angefangen habt. Sicherlich kennt ihr auch die unterschiedlichsten Paare, die sich finden. Manchmal fragt man sich, wie sie überhaupt zueinander gefunden haben.
Vielleicht ist er so ein richtiger Teddybär, und sie eine kindliche Frau, die ihn anhimmelt. Er genießt das zunächst, doch mit der Zeit wird es ihm lästig, und die beiden leben sich auseinander.
Oder sie ist sehr belesen, hat Abitur gemacht, studiert, und er ist Handwerker. Es war damals Liebe auf den ersten Blick. Doch mit der Zeit merkt sie, dass sie sich mit ihm nicht unterhalten kann, und die beiden entfernen sich voneinander.
Ein anderes Ehepaar ist beide engagiert in der Gemeinde und arbeitet in verschiedenen Bereichen mit. Dann muss er sich beruflich sehr einsetzen, macht Überstunden, hört auf, in der Gemeinde mitzuarbeiten, und die beiden leben sich auseinander.
Umgang mit Eheproblemen und biblische Beispiele
Die Frage ist: Wie kann man helfen? Wie kann man schon frühzeitig erkennen, wo Gefahren lauern?
Ich bin dankbar, dass die Bibel durchaus Beispiele bringt, die wirklich aus dem Leben gegriffen sind. Vielleicht kennt ihr die Geschichte von David und seiner ersten großen Liebe mit Michal. Dort wird ausdrücklich gesagt, dass Michal ihn liebte. David war ja auch ein Held, hatte den Goliath erschlagen.
Außerdem sagt die Bibel, dass er sehr schön war – also ein richtiger „Bu“, ein ganz toller Mann, so wie man sich James Bond heute vorstellt. Und Michal fand das einfach hinreißend. Die beiden heirateten, und damit stieg David in seiner Karriere ziemlich hoch. Doch dann wurde er von seinem Schwiegervater verfolgt und musste fliehen.
Der Schwiegervater verheiratete Michal mit einem anderen Mann. Als David später König wurde, holte er sich seine Frau zurück. Als David dann die Bundeslade nach Jerusalem brachte, schaute Michal aus dem Fenster – und was steht da? Sie verachtete ihn.
Man fragt sich: Was ist daraus geworden? Woher kommt es, dass jemand, der vorher Feuer und Flamme war, plötzlich den anderen verachtet?
Wir merken: Bei den beiden stimmte es im Kern nicht. David war sehr gottesfürchtig, aber was war mit Michal? Sie hatten Hausgötzen. Die Grundlage stimmte also bei beiden nicht. Und wenn die Grundlage nicht stimmt, kann auch das Ziel nicht stimmen.
Ein anderes Beispiel sind Isaak und Rebekka. Vielleicht sagt der eine oder andere: „Ja, aber das ist doch so eine Bilderbuchgeschichte, wie die beiden sich gefunden haben.“
Ich weiß nicht, ob das so schön ist. Stell dir vor, dein Vater würde jemanden losschicken, um für dich eine Frau zu suchen. Wärst du da nicht auch nicht gerade begeistert? Obwohl es heißt, Isaak gewann sie lieb, ging es schief.
Ja, sie blieben beieinander und hatten Gefühle füreinander, aber sie sprachen nicht mehr miteinander. Vor allem beteten sie nicht miteinander. Er betete für seine Frau, und Gott erhörte sein Gebet, sodass sie Kinder bekamen. Sie betete, weil sie Schwierigkeiten in der Schwangerschaft hatte, und Gott erhörte auch ihr Gebet.
Aber wir lesen nicht, dass die beiden miteinander gebetet haben. Vielleicht ist das bei euch auch so – ich kenne euch nicht. Jeder hat sein eigenes Gebetsleben, aber man hat kein gemeinsames Gebetsleben.
Die Bedeutung von Liebe in der Ehe
Man kann sich fragen, was Liebe ist. Bei David und Michael wird gesagt, dass Liebe da war. Ebenso bei Isaak und Rebekka wird von Liebe gesprochen.
Habt ihr gestern Abend bei Adam und Eva aufgepasst? Steht dort etwas von Liebe? Nein.
Wo steht in der Bibel zum ersten Mal etwas von Liebe? Bibelquiz!
Bibelquiz zur ersten Erwähnung von Liebe
Das erste Mal, dass von Liebe die Rede ist, findet sich in 1. Mose 22. Dabei handelt es sich um die Begebenheit, in der Abraham mit Isaak nach Moria geht, um ihn zu opfern. Dort heißt es: „Nimm deinen Sohn, den du lieb hast.“
Dies ist das erste Mal, dass Liebe erwähnt wird, doch es geht dabei nicht um die Liebe zwischen Mann und Frau.
Man könnte nun einwenden: Ist Liebe nicht die Grundlage für eine eheliche Beziehung? Heute, wenn man junge Paare fragt, warum sie heiraten wollen, antworten sie oft: „Weil wir uns lieb haben.“ Wenn sie nach fünf Jahren wieder auseinandergehen und man fragt sie, warum, lautet die Antwort häufig: „Weil wir uns nicht mehr lieb haben.“ Daraus könnte man schließen, dass Liebe die Grundlage ist.
Doch Liebe ist ein Gefühl, und ein Gefühl kann nicht die Grundlage sein. Denn die Liebe im Mai ist anders als die Liebe im November, oder? Die Liebe, wenn der Mann gerade eine Gehaltserhöhung bekommen hat, unterscheidet sich sicherlich von der Liebe, wenn die Frau einen Unfall mit dem Auto hatte.
Liebe ist ein Gefühl, und Gefühle schwanken. Deshalb darf Liebe nicht die Basis oder Grundlage unserer Ehe sein.
Jetzt könnte man fragen: Hast du etwas gegen Liebe? Nein, keineswegs. Ich habe meine Frau sehr lieb. Aber Liebe ist sozusagen das Sahnehäubchen obendrauf und nicht die Basis.
Die wahre Grundlage einer Ehe
Was ist die Basis für eine glückliche und harmonische Ehe? Was hatten wir gestern bei Adam und Eva gesehen? Was wussten die beiden, als Gott sie zusammenführte?
Wir sind füreinander von Gott bestimmt. Das ist die Grundlage. Ich muss wissen, dass der andere von Gott für mich ist. Das kann natürlich nur jemand wissen, der gläubig ist. Ein anderer orientiert sich an seinen Gefühlen, und diese schwanken.
Wenn ich weiß, dass Gott uns zusammengeführt hat und wir zusammengehören, hält das auch dann, wenn die Liebe etwas abkühlt. Selbst wenn du merkst, dass deine Liebe etwas nachlässt, kann diese Gewissheit die Beziehung zusammenhalten.
Dann kann ich zurückkommen und sagen: „Herr, schenke mir die Liebe wieder zu meiner Frau, zu meinem Mann.“ Merkt ihr, Liebe ist das Schönste oben drauf, nicht das, was unten drunter liegt.
Ich glaube, das ist ganz wichtig. Wir sehen das auch bei Ehepaaren in der Bibel, wie David und Michal. Dort war Liebe da, aber später war sie weg.
Krisen verstehen und bewältigen
Woher kommen Krisen, und was ist überhaupt eine Krise?
Ihr kennt dieses Verkehrsschild – was bedeutet es? Fahrbahnverengung. Krisen sind also Entscheidungsengpässe im Leben. Sie entstehen, wenn Situationen eng werden. In unserem Leben gibt es manchmal ein inneres Kaputtsein, das über längere Zeit andauert. Das kann unterschiedliche Gründe haben, etwa durch den Beruf, durch Kindererziehung oder andere Belastungen. Dann wird es eng im Leben, und plötzlich kracht es.
Was passiert dann? Entweder führt die Krise zu einer Katastrophe oder zu mehr Harmonie. Das ist ähnlich wie bei einer Krankheit. Krankenschwestern und Ärzte wissen: Bei einer Krankheit gerät man in eine Krise. Wenn diese Krise überwunden ist, folgt hoffentlich das Aufatmen.
Die Frage ist also, wie wir auch in unseren ehelichen Krisen durch eine Krise hindurchkommen oder wie wir sie vorher vermeiden können. Krisen entstehen häufig durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen oder Meinungen.
Ich sagte gestern schon: Wir leben in einer Zeit, in der uns beigebracht wird, unsere Meinung durchzusetzen. Wenn man heute zu einem Psychologen oder Psychotherapeuten geht und sagt, man habe Schwierigkeiten in der Ehe, wird dieser oft raten: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Meinung durchkommt. Sie müssen sich behaupten und dafür sorgen, dass Sie zu Ihrem Recht kommen.
Früher oder später knallt es dann, oder? Davon leben Psychotherapeuten. Denn dann haben sie nicht nur einen Patienten, sondern auch den zweiten. Und dann erzählt der Therapeut beiden: „An eurer Krise sind die Schwiegereltern schuld.“ So bekommt er die nächsten Kunden.
Aber das sind eben Krisen – sie entstehen durch unterschiedliche Interessen und Meinungen.
Ursachen von Krisen in der Ehe
Ich möchte verschiedene Ursachen für Ehekrisen kurz aufführen.
Es gibt solche, die sich langsam entwickeln – eine schleichende Entwicklung. Das kann durch unterschiedliche Charaktereigenschaften oder Temperamente entstehen. In der Regel ist es so: Zwei Menschen lernen sich kennen, der eine ist vielleicht sehr phlegmatisch, der andere sehr temperamentvoll. Das ist besonders in der Verlobungszeit interessant. Doch wenn man dann heiratet, kann einem der Charakter des anderen auf die Nerven gehen. Die Ehefrau sagt vielleicht: „Er kommt nicht aus dem Quark.“ Oder der Mann sagt: „Sie ist immer in Bewegung. Kannst du nicht mal endlich ruhig sitzen bleiben?“
Unterschiedliche Charaktereigenschaften und Temperamente sowie eine mangelnde Ehebeziehung können solche Spannungen verursachen. Es gibt Männer, die während der Verlobungszeit richtige Kavaliere sind, aber sobald sie geheiratet haben, ist das vorbei. Sie haben erreicht, was sie wollten, und brauchen sich nicht mehr anzustrengen.
Auch unterschiedliche Meinungen, die lange unter den Teppich gekehrt wurden, können Probleme verursachen. Wenn man nicht offen miteinander spricht, wenn verschiedene Interessen auseinanderziehen oder unterschiedliche berufliche Entwicklungen stattfinden, kann das die Liebe vernachlässigen. Bequemlichkeit und Trägheit spielen dabei ebenfalls eine Rolle. Vielleicht haben beide Partner unterschiedliche geistliche oder geistige Entwicklungen. Wir werden uns gleich mit Abraham und Sarah beschäftigen, wo wir so etwas sehen.
Eine zweite mögliche Ursache ist persönliches falsches Verhalten. Das kann sein, dass einer immer auf seinem Recht beharrt und das letzte Wort haben will. Oder dass Streitsucht und Unversöhnlichkeit herrschen. Auch eine starke Bindung an die eigenen Eltern oder Schwiegereltern kann eine Ehe belasten. Manche Ehen sind schon daran zerbrochen, dass die Interessen der Eltern höher gewertet wurden als die der eigenen Frau oder des eigenen Mannes.
Geistige Fehlentwicklungen bis hin zu Perversität oder sexuelles Fehlverhalten innerhalb oder außerhalb der Ehe können ebenfalls Ursachen sein. Unterschiedliche Erziehungsprinzipien sind ein weiterer Punkt. Der eine Partner ist weich, der andere hart. Das sieht man häufig, besonders bei Isaak und Rebekka. Jeder hat sein Lieblingskind, und man spricht nicht mehr über die Erziehung, sondern jeder wuchstelt bei seinem Kind. Manche meinen, wenn der eine hart ist, müsse der andere das durch Weichheit ausgleichen.
Ich weiß, wir Männer neigen dazu, weich zu werden, wenn kleine Mädchen weinen. Ein Mann wird weich, wenn Tränen fließen. Das ist so, viele Frauen wissen das und nutzen es.
Eine dritte Möglichkeit sind plötzliche, unvorhersehbare Ereignisse, die zu einer Krise führen können. Zum Beispiel ein plötzliches geheimes Suchtverhalten. Ich kenne eine Ehe, in der mir in der Gemeinde auffiel, dass einer im Gesicht immer aufgedunsener wurde. Ich sagte zu ihm: „Ich möchte dich mal besuchen.“ Er wurde sofort fleckig am Hals und sehr nervös. Ich fragte: „Ist irgendwas?“ Er antwortete zögernd, dass ich ihn besuchen darf, seine Frau soll dabei sein.
Als ich kam, verschwand die Frau in der Küche, und wir setzten uns ins Wohnzimmer. Ich sagte: „Weißt du, ich möchte gleich sagen, was los ist, ich mache keine lange Vorrede. Ich habe den Eindruck, du hast Probleme mit Alkohol.“ Er wurde wieder nervös, zählte das Muster im Teppich und gab dann zu: „Ja, du hast Recht.“ Ich fragte, ob seine Frau beim weiteren Gespräch dabei sein soll. Er atmete tief durch und meinte: „Ja, vielleicht ist es doch besser.“ Dann kam sie herein, und ich sagte ihr: „Dein Mann wollte dir etwas sagen.“
Ihr könnt euch vorstellen, wie das Gespräch weiterging. Er sagte: „Schatz, ich muss dir beichten, ich habe Probleme mit Alkohol.“ Sie fing an zu weinen und sagte: „Das weiß ich seit zwei Jahren.“ Es gibt Ehepaare, die leben nahe beieinander, spielen aber Verstecken miteinander. Jeder meint, der andere wüsste nichts. Irgendwann knallt es dann.
Auch Krankheit, Todesfälle, Schicksalsschläge, Arbeitslosigkeit, Mitleidskrisen oder Wechseljahre können zu Krisen führen. Der Eintritt ins Rentenalter ist ebenfalls ein Punkt. Stell dir vor, dein Mann ist jeden Tag zu Hause. Manche finden das schrecklich. Wir haben das schon lange vorher geübt. Ich war selbständig und habe viel Zeit zu Hause gearbeitet. Ein Bruder in der Gemeinde fragte mich einmal: „Sag mal, wie hältst du das aus, den ganzen Tag mit deiner Frau zusammen?“ Ich habe ihn sehr komisch angeschaut und gesagt: „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.“ Aber anscheinend empfinden das manche ganz anders.
Wir könnten so durch die Bibel gehen und immer wieder Beispiele finden, die solche Situationen schildern. Denken wir an Elkanah und Hanna oder Ebimelech und Noomi, wo Krisen in den Ehen stattfanden und man sie eigentlich schon vorher hätte voraussehen können.
Es gibt auch geistliche Ursachen für Krisen. Zum Beispiel, wenn sich einer plötzlich nicht mehr geistlich weiterentwickelt und sich vom Herrn entfernt. Ein mangelndes Heiligungsleben kann zu Problemen führen. Oder wenn man eine falsche Einstellung zur biblischen Schöpferordnung hat. Wenn es kein gemeinsames Gebet und Gespräch gibt, kann das die Beziehung schwächen.
Denken wir an das tragische Ehepaar Nabal und Abigail. Er war Alkoholiker und ein cholerischer Mensch. Wie hält eine Frau eine solche Ehe aus?
Einführung in die Geschichte von Abraham und Sarah
Und wie gesagt, wir wollen jetzt ein Beispiel aus der Bibel nehmen und uns Abraham und Sarah anschauen.
Es kann sein, dass euer bisheriges Bild von Abraham, wenn ich euch etwas über die Ehe von Abraham und Sarah erzähle, verändert wird. Im Neuen Testament werden Abraham und auch Sarah in Hebräer 11 als Glaubenshelden genannt.
Mit diesem Bild gehen wir oft ins Alte Testament und betrachten die Geschichten dort nur durch diese Brille. Doch das Alte Testament berichtet uns eigentlich nicht in einer idealisierten Weise. Es zeigt, dass Abraham und Sarah Menschen wie du und ich waren – mit ihren Fehlern, ihren Sünden und ihren Schwächen.
Historischer Hintergrund und Gottes Begegnung mit Abraham
Ein bisschen Geschichte
Wir reisen viertausend Jahre zurück nach Ur in Chaldea, dem heutigen Irak. Diese Region war damals heiß umkämpft, unter anderem wegen der Ölquellen.
In Apostelgeschichte 7 berichtet Stephanus in seiner Rede vor dem Hohen Rat, wie Gott damals dem Vater Abraham begegnet ist, als dieser in Ur in Chaldea lebte. Dort heißt es: „Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham.“ Diese Begegnung veränderte Abrahams Leben völlig.
Ich weiß nicht, wie Gott ihm erschienen ist, aber es muss etwas Gewaltiges gewesen sein – ähnlich wie die Begegnung, die Paulus als Saulus vor Damaskus hatte. Diese Begegnung krempelte sein Leben komplett um. Abraham verließ daraufhin seine Heimat und machte sich auf den Weg.
Man muss sagen, er war kein Alternativer. Er verließ die gesamte Zivilisation. Ur in Chaldea war zur damaligen Zeit, ungefähr 2000 v. Chr., eine hochzivilisierte Stadt. Archäologische Ausgrabungen haben gezeigt, dass es dort mehrstöckige Häuser mit Warmwasser-Fußbodenheizungen gab. Zwar hatten sie noch kein Thermostat, aber immerhin war das alles sehr fortgeschritten.
Abraham war also kein Nomade, wie man ihn sich oft vorstellt. Er war Götzendiener, aber zivilisiert. Das gibt es auch heute noch – sehr zivilisierte Götzendiener. Die meisten haben so ein Götzenbild im Wohnzimmer, vor dem sie regelmäßig sitzen, oft mit einem bläulichen Schein.
Abraham macht sich also auf und verlässt Ur in Chaldea, seine Heimat. Doch er ist nicht ganz gehorsam. Gott hatte ihm gesagt: „Verlasse auch dein Vaterhaus.“ Das tat er nicht. Er nahm das Vaterhaus mit, also seinen Vater und Verwandte.
Die Folge war, dass er in Haran hängen blieb. Er zog den Euphrat aufwärts bis nach Mesopotamien, nach Haran, und blieb dort. Wie lange, wissen wir nicht. Erst als sein Vater Tarah stirbt, spricht Gott ihn erneut an: „Geh in das Land, das ich dir zeigen werde.“
Wer weiß, wie alt Abraham war, als Gott ihn aus Haran rief? Fünfundsiebzig. Vielleicht denkt man: „Ich habe ja noch ein bisschen Zeit.“ Wie alt bist du? Ich auch. Vielleicht sagt man: „Ich warte, bis ich fünfundsiebzig bin, um in die Nachfolge zu treten.“
Aber wie alt wurde Abraham? Hundertfünfundsiebzig. Wenn du also hundert Jahre in der Nachfolge des Herrn stehen willst, musst du früh anfangen.
Abraham macht sich also auf, nimmt seine Frau Sarah mit – sie war seine Halbschwester – sowie seinen Neffen Lot, der sehr weise war und offensichtlich die Führung übernommen hatte. Zusammen ziehen sie los.
Viele denken, Abraham sei zu diesem Zeitpunkt ein kleiner Bauer mit drei Schafen gewesen, so wie er oft in Kinderbibeln dargestellt wird. Aber die Bibel berichtet etwas anderes: Er war ein großer Grundbesitzer – nein, den Grund hatte er nicht, aber er besaß eine riesige Landwirtschaft mit Herden, Hirten und Mägden.
Kurz darauf wird berichtet, dass er einigen Königen nachjagte, um Lot zu befreien. Dabei hatte er über zweihundert hausgeborene Knechte, die mit dem Schwert umgehen konnten. Das muss eine riesige Zeltstadt gewesen sein, die da unterwegs war.
Wir haben also oft eine falsche Vorstellung von Abraham. Er war ein Agrarökonom, kein kleiner Bauer.
So zieht er nach Kanaan, wie Gott ihm gesagt hat. Gott hatte gesagt: „Komm in das Land, das ich dir zeigen werde.“ Wahrscheinlich dachte Abraham, dort gebe es genug Platz für seine Herden.
Doch als er dort ankommt, steht in 1. Mose 12, dass die Kanaaneer im Land wohnten. Kann man sich Abrahams Gesicht vorstellen? Die Kinnlade fällt herunter. War das die Verheißung Gottes?
Dann sagt Gott in diesem Moment: „Abraham, deinen Nachkommen werde ich dieses Land geben.“ Abraham antwortet: „Also ich noch nicht, ich bin jetzt nur Gast.“
Was sagt Hebräer 11 dazu? Abraham wohnte von da an bewusst in Zelten, weil er die Stadt erwartete, deren Baumeister Gott ist.
Abraham hätte sich ohne Weiteres, da er aus der Zivilisation kam, ein Haus bauen können. Aber bewusst wohnte er in Zelten, um deutlich zu machen: Ich bin nur auf der Durchreise.
Die Reise nach Ägypten und die Krise um Sarah
Und jetzt wollen wir gemeinsam die Bibel aufschlagen und den Bericht in 1. Mose 12 lesen. Ich beginne ab Vers 9. Vielleicht wundert ihr euch, dass ich bei der revidierten Übersetzung einen Vers vor der Zwischenüberschrift anfange. Die Zwischenüberschriften sind jedoch nicht unbedingt Gottes Wort, sondern wurden später eingefügt. Ich denke, dass Vers 9 dazu gehört.
Also, 1. Mose 12, ab Vers 9:
Dann brach Abraham auf und zog immer weiter nach Süden. Es entstand jedoch eine Hungersnot im Land. Deshalb zog Abraham nach Ägypten hinab, um dort als Fremder zu leben, denn die Hungersnot lag schwer auf dem Land.
Als er nahe daran war, nach Ägypten hineinzukommen, sagte er zu seiner Frau Sarai: „Sieh doch, ich weiß, dass du eine Frau von schönem Aussehen bist. Wenn die Ägypter dich sehen, werden sie sagen: ‚Sie ist seine Frau‘. Dann werden sie mich erschlagen und dich am Leben lassen. Sag doch, du seist meine Schwester, damit es mir um deinetwillen gut geht und meine Seele deinetwegen am Leben bleibt.“
Als Abraham nach Ägypten kam, sahen die Ägypter, dass die Frau sehr schön war. Die Hofbeamten des Pharao sahen sie und rühmten sie vor dem Pharao. Die Frau wurde in das Haus des Pharao geholt.
Er tat Abraham ihretwegen Gutes. Abraham bekam Schafe, Rinder, Eselknechte und Mägde, Eselhinden und Kamele.
Der Herr aber schlug den Pharao und sein Haus mit großen Plagen um Sarais Willen, der Frau Abrahams.
Da ließ der Pharao Abraham rufen und sagte: „Was hast du mir da angetan? Warum hast du mir nicht mitgeteilt, dass sie deine Frau ist? Warum hast du gesagt, sie sei meine Schwester, so dass ich sie mir zur Frau nahm? Nun siehe, da ist deine Frau. Nimm sie und geh!“
Der Pharao entbot Männer, die Abraham, seine Frau und alles, was er hatte, geleiteten.
Abraham zog aus Ägypten herauf, er und seine Frau und alles, was er hatte, und zog mit ihm nach Süden.
Abraham war sehr reich an Vieh, an Silber und an Gold. Er ging auf seinen Wegen vom Süden bis nach Bethel, zu der Stätte, wo sein Zelt am Anfang gewesen war, zwischen Bethel und Ai, zu der Stätte des Altars, den er dort vorher gemacht hatte. Abraham rief dort den Namen des Herrn an.
Soweit zunächst Gottes Wort.
Gummiband-Christen und geistliche Hungersnot
Das ist schon eine dramatische Geschichte. Kennt ihr Gummiband-Christen? Wisst ihr, was Gummiband-Christen sind?
Gummiband-Christen sind solche, die den Tag ihrer Bekehrung genau kennen und sich an diesem Tag beim Herrn Jesus festgemacht haben. Sie haben ihr Glaubensleben praktisch wie ein Gummiband an ihrem Bekehrungstag befestigt. Sie sagen: „Ich weiß um den Tag meiner Bekehrung.“
Dann ziehen sie sozusagen an diesem Gummiband und fragen sich: Wie weit kann ich mich von Gott entfernen, um noch Christ zu sein? Was darf ich als Christ noch? Darf ich als Christ Mercedes fahren? Darf ich als Christ nach Mallorca in den Urlaub fahren oder nach Dubai? Darf ich als Christ ins Kino gehen? Darf ich als Christ tanzen?
Kennt ihr diese Fragen? Vielleicht seid ihr aus dem Alter raus, aber irgendwann hat man diese Fragen doch gestellt, oder? Was darf ich als Christ? Das sind Fragen von Gummiband-Christen, die ausprobieren, wie weit sie sich entfernen können, ohne den Status als Christ zu verlieren. Man tastet also aus, wo die Peripherie des Christseins liegt – und nicht, wie nah man bei Jesus sein kann.
Ich glaube, diese Fragen kennt jeder aus seiner Jugend. Wenn ihr jetzt vielleicht selbst Teenager habt, kennt ihr sie von ihnen. Das sind Gummiband-Christen-Fragen. Und Abraham macht genau das.
Er war nach Kanaan gekommen, hatte dort einen Altar gebaut – zwischen Bethel und Ai. Dann testet er aus: Wie weit kann ich weggehen, bis wohin reicht der Bezirk, den Gott ihm gezeigt hat? Gott hatte ihm gesagt: „Komm in das Land, das ich dir zeigen werde.“ Abraham sucht die Peripherie.
Und was ist die Folge? In Vers 10 entsteht eine Hungersnot. Das ist eine ganz logische Folge: Je mehr ich mich von Jesus entferne in meinem Glaubensleben, desto mehr Hungersnot entsteht in meinem Herzen. Die Leute in deiner Umgebung, in der Gemeinde, merken das vielleicht noch nicht. Du kannst noch genauso fromm gucken.
Du weißt ganz genau: Wenn man in der Gemeinde sitzt, legt man den Kopf immer fünfzehn Grad schräg – das sieht sehr andächtig aus. Man schließt ein bisschen die Augen, dann denkt der Prediger vorne, man denkt nach. Das sieht immer sehr fromm aus, oder? Die Lieder kann man inzwischen auswendig, es sei denn, man singt aus dem roten Gesangbuch.
Aber merken wir nicht, dass wir nach außen hin so tun können, als wäre alles in Ordnung? Doch innerlich merkst du: Ich lebe auf dem Zahnfleisch. Wann hattest du das letzte Mal so einen richtig geistlichen Tag? So eine richtige Vollkostnahrung geistlich – und nicht nur Fast Food?
Ihr kennt doch Fast Food: Der Vers der Losung, mal eben draufgeguckt, morgens am Computer, kann man mal eben durchlesen und wegklicken. Ist das noch eine richtige stille Zeit? Das ist geistliches Fast Food. Aber wann hast du dich das letzte Mal wirklich mit dem Herrn beschäftigt?
Abraham zieht sich immer weiter von Gott weg, und es entsteht Hungersnot. Er hat einen riesigen Betrieb. Ich weiß nicht, wer von euch selbstständig ist – glückliche Leute. Aber stellt euch vor: Ihr seid selbstständig, habt eine Firma mit vielen Angestellten, und die Ressourcen werden geringer. Dann überlegt man, was man macht: Entweder Personalabbau oder man verlagert den Betrieb in ein Billiglohnland.
Es wird ausgesondert. Man nimmt das und verlagert den Betrieb. Abraham denkt auch so. Man hat den Eindruck, er hat Betriebswirtschaft studiert. Er sagt sich: „Hier ist alles abgegrast, ich brauche neue Weideflächen. Ich kann keinen Rollrasen kaufen und hinlegen, also muss ich meinen Betrieb nach Ägypten verlegen.“ Ganz logisch gedacht, oder?
Offensichtlich wollte er in seinem Betrieb keine große Kündigungswelle durchführen. So packte er alle Sachen ein. Das muss ein riesiger Viehtransport gewesen sein. Stellt euch vor, ein Transporter nach dem anderen mit dem ganzen Vieh von Abraham. Dann geht es auf der Autobahn Richtung Ägypten.
Der ganze Betrieb wird verlagert von Kanaan nach Ägypten. Stellt euch vor, ihr habt die Landkarte im Kopf: von Kanaan runter, Autobahn an der Mittelmeerküste entlang nach Ägypten. Kurz vor dem Suezkanal – den gab es damals ja noch nicht – der letzte Parkplatz an der Autobahn. Abraham hält mit seinem großen Truck an.
Was macht man immer, wenn man ins Ausland fährt? Heute ist das ja kein Problem hier in Europa. Aber ich kann mich noch gut daran erinnern, kurz vor der Wende in die Tschechoslowakei. Man fährt mit klopfendem Herzen bis zur Grenze, hält am letzten Parkplatz vor der Grenze an, geht einmal um das Auto herum und betet, dass Gott die Grenzbeamten mit Blindheit schlägt.
Man guckt noch einmal nach, ob man alle Papiere dabei hat. Dann setzt man sich wieder ins Auto und fährt mit klopfendem Herzen auf die freundlichen Grenzbeamten mit den Maschinengewehren zu. Abraham ist also kurz vor Ägypten.
Er hält mit dem Lkw auf dem Parkplatz, es ist gerade Sonnenuntergang. Könnt ihr euch vorstellen: Die Sonne geht im Westen unter – also von Ägypten her. Seine Frau sitzt auf dem Beifahrersitz, und er sieht sie so schön im Profil gegen die untergehende Sonne.
Da hätte man ein Poster daraus machen können, oder? Plötzlich schießt ihm ein Gedanke durch den Kopf. Er sagt: „Schatz, du bist schön. Schatz, du bist zu schön.“
Ihr lieben Brüder, wann habt ihr zum letzten Mal eurer Frau ein Kompliment gemacht? Damals auch im Standesamt, oder? Stellt euch vor: Abraham ist fünfundsiebzig und seine Frau ist fünfundsechzig. Das ist ein Kompliment, oder?
Und er sagt zu seiner Frau: „Sarah, du bist schön. Sarah, du bist zu schön. Wir fahren jetzt nach Ägypten.“
Die Täuschung und ihre Folgen
Wisst ihr, wie die Ägypter zu jener Zeit ausgesehen haben? Man kennt das ja von den Wandgemälden aus den Gräbern, oder? Die Ägypter waren damals normalerweise angestrichen, als Vertreter ihrer Farben. Also Kosmetik bis zu den Ohren und vollgehängt mit Schmuck – das war ägyptische Schönheit.
Jetzt müsst ihr euch vorstellen: Da kommt eine Frau aus Ur, naturbelassen. Das war eine Exotin, oder? Logisch, sie fiel auf. Abraham wird sich dessen bewusst und sagt: „Die gucken sich die Augen aus, wenn sie meine Frau sehen. Was mache ich?“ Jetzt einfach umkehren geht nicht, denn er hat den ganzen Betrieb hinter sich.
Dann kommt er auf eine Idee und sagt zu Sarah: „Gib mir mal deinen Ring, den brauchst du ja nicht. Du weißt, wir haben uns lieb, das haben wir ja im Herzen. Aber den Ring tun wir mal ins Portemonnaie, und es geht auch so.“ Muss ja nicht jeder gleich wissen, dass wir verheiratet sind. Und wenn jemand dich fragt, dann bist du meine Schwester. Das ist ja nicht gelogen, oder? Sie war seine Schwester.
Damals gab es das Gesetz noch nicht. Also sagt Abraham: „Du bist meine Schwester.“ Er erwartet nicht, dass sie lügt. Christen tun das nicht. Er sagt: „Ich muss am Leben bleiben.“ Warum ist es Abraham so wichtig, am Leben zu bleiben? Wegen der Verheißung. Gott hatte gesagt: Deinem Nachkommen werde ich das Land geben. Also muss ich hier aus Ägypten wieder herauskommen. Logisch.
Gott hatte es zugesagt, also ist Abraham auf der sicheren Seite. Aber was hat Abraham vergessen? Was haben wir gestern gesagt, was Ehe ist? Abraham hat so getan, als lebte er heute. Ehe ist nach Gottes Gedanken eine Einheit. Und wenn Gott gesagt hat: Deine Nachkommen, was meint Gott dann damit? Von Sarah, denn Gott hält sich ans Standesamt.
Abraham hat ganz modern gedacht: Ehe vertragen, dann kann man sich trennen, und die Sache ist erledigt. „Du bist du und ich bin ich, okay?“ Das ist aber nicht nach Gottes Gedanken. Merken wir: Abraham verleugnet seine Frau. Warum? Weil er die Einheit der Ehe vergisst. Das gibt es bis heute.
Ich weiß glücklicherweise nicht, wer von euch Vertreter ist. Wie viele Vertreter laufen mit dem Ring im Portemonnaie herum? Denn es ist leichter, ins Vorzimmer des Direktors zu kommen oder zum Kunden, wenn man keinen Ring an der Hand trägt. Dann kann man schon mal flotte Sprüche bei der Sekretärin loswerden, sich einschleimen und sagen: „Ach, weißt du, der Ring drückt immer so beim Autofahren am Lenkrad.“ Oder: „Ich bin da so allergisch.“ „Ich trage den Ring im Portemonnaie, und liebe Frau, ich trage dich ja im Herzen.“
Im Grunde verleugnen viele auch heute ihre Frau oder ihren Mann. Ich finde das schon dramatisch. Ich weiß nicht, wie Sarah reagiert hat, denn darüber steht nichts geschrieben. Als Abraham ihr diesen Vorschlag macht – „Du bist meine Schwester“ – stellt euch vor: Dann kommen die Hofbeamten des Pharao und machen den Heiratsantrag.
Das war eine Sache, oder? Abraham war schön bei dir, aber er war immer so ruhig im Zelt. Und jetzt bekomme ich ein goldenes Himmelbett, ich muss nicht mehr waschen, nicht mehr kochen, habe so viele Dienerinnen und Kosmetik – alles ist da, herrlich. Ich stolpere die Treppe hoch. Abraham denkt sich: „Ich hätte gar nicht gewusst, dass eine 65-jährige Frau noch so viel wert ist.“
Was der Pharao alles für seine Frau gibt! Einen rüstigen 50-Jährigen gegen zwei 25-Jährige tauschen wollte er, nur Abraham bekommt – was haben wir gelesen? – Eselinnen, Mägde, Knechte und so weiter. Fantastisch, oder? Und das wäre schiefgegangen, fürchterlich schiefgegangen, wenn Gott nicht seine Hand darüber gehalten hätte.
In wie viel Not hat nicht der gnädige Gott über uns seine Flügel gebreitet! Wenn Gott nicht eingegriffen hätte, hätte er nicht sagen können: „Abraham, das hast du dir selber eingebrockt. Sarah, jetzt guck zu, was du daraus machst.“ Gott hält seine Hand darüber. Warum? Weil er die Verheißung gegeben hatte.
Stellt euch vor, das wäre schiefgegangen. Was hätten wir machen müssen? Wir hätten aus Matthäus 1 die Geschlechterfolge des Herrn Jesus herausnehmen müssen. Das hätte nicht mehr gepasst. Abraham hat nicht überblickt, dass in diesem Punkt der Teufel kräftig am Werk war. Der Teufel schaute weiter. Abraham sah nur die gegenwärtige Situation.
Gott hält die Flügel darüber. Er bewahrt Abraham und Sarah. Und was ist dann die peinliche Situation? Pharao holt Abraham und sagt: „Birschchen, was hast du da mit mir gemacht?“ Kennt ihr solche Situationen, in denen ein Ungläubiger dir sagt, dass du als Christ verkehrt gehandelt hast? Peinlich ist das, oder? Sehr peinlich. Die wissen meistens viel besser, wie wir uns zu verhalten haben.
Wisst ihr, ich weiß, eine Situation ist ja harmlos, aber beim Autofahren ist das bei mir oft so: Man fährt in der Regel zehn Prozent schneller, als eigentlich erlaubt, oder? Weil man dem Nachfolgenden zeigen will, obwohl man den Fisch hinten drauf hat, dass Christen auch nicht von gestern sind – wir sind auch flotte Autofahrer.
Ich überhole jemanden, und kurz danach ist eine rote Ampel. Ich muss bremsen und denke: „Jetzt nicht in den Rückspiegel gucken, hoffentlich schafft der es noch mit der Bremse.“ Und er schafft es, kurz vor meiner Stoßstange. Ich schaue angestrengt auf die Ampel, da klopft es an meiner Scheibe. Ich gucke rüber, und mein Hintermann steht da mit hochrotem Kopf.
Damals hatte ich noch einen großen Spruch hinten auf dem Auto stehen, und er sagt: „Ich pfeife auf deinen Gott.“ Und ich dachte: „Jetzt kein Traktat weitergeben.“ Peinlich ist das, oder? Könnt ihr euch vorstellen, wie das war, als der Pharao zu Abraham sagt: „Was hast du mit mir gemacht?“
Dann bekommt Abraham Landesverbot, wird zur unerwünschten Person erklärt. Peinlich, Polizeieskorte bis zur Grenze. Könnt ihr euch diesen Zug vorstellen? Vorneweg Abraham wie ein geschlagener Dackel, der immer nur auf den Boden schaut und Kieselsteine zählt. Zwei Meter dahinter seine Frau mit hochrotem Kopf.
Fast hätte sie es geschafft, die Frau des größten Mannes der Welt zu sein. Stellt euch vor, Miss Bush! Und plötzlich abserviert. Du bist nur noch die Frau von diesem Nomaden. Wahrscheinlich hat Sarah den Rest ihres Lebens nur noch von Himmelbetten geträumt.
Könnt ihr euch die Belegschaft vorstellen? Fünf Meter dahinter kommt Lot. Der fand den Ausflug nach Ägypten prima, er fand das lustig. Das war ein netter Ausflug gewesen. Aber dahinter die Belegschaft: Psst, der Chef ist mies drauf. Und dann zieht dieser Schweigemarsch zurück bis zu dem Altar, wo am Anfang das Zelt gewesen ist – sein Zelt gewesen ist.
Folgen der Sünde und fehlende Versöhnung
Es ist schon tragisch, wenn man sich einmal überlegt: Was sind die Folgen von Abraham und Sarah? Wir sündigen nicht nur für uns allein.
Was waren die Folgen für Abraham? Man kann sagen, der Pharao war sehr kulant, denn er ließ ihm die Geschenke. So etwas findet man heute in der Welt kaum noch. Unter diesen Geschenken war eine Magd. Wie hieß sie? Hagar. Was war die Folge? Ismael. Und was ist die Folge bis heute? Der Streit im Nahen Osten. Das ist die Folge der Sünde Abrahams damals. Wahnsinn, oder? Wir sündigen nicht nur für uns allein.
Und wie sieht es mit den Folgen für Sarah aus? Die Sache mit Hagar hat ihr sehr zugesetzt. Sie explodiert und wirft die Frau hinaus. Was waren die Ursachen dieser Krise? Abraham hatte sich von Gott entfernt. Er dachte nicht mehr an Gottes Verheißung – zumindest nicht so, wie Gott es gedacht hatte. Er verließ den Bereich, den Gott ihm genannt hatte, und plante ohne Gott. Dabei dachte er zu kurz.
Wie viele tun das heute auch? Ich stelle das immer wieder fest, auch in gläubigen Kreisen: Wirst du arbeitslos, dann schaut man zuerst, wo man mehr verdienen kann, wo es am besten für einen selbst ist. Dann überlegt man, wo man mit der Familie wohnen könnte. Und erst zum Schluss fragt man sich, wo man in die Gemeinde gehen kann. Die Reihenfolge ist genauso wie bei Abraham: Man fragt nicht zuerst Gott: „Wo willst du mich haben?“
Vor vielen Jahren hat Karl Thewes an dieser Stelle gesagt: Baue dein Haus immer in der Nähe eines Altars. Das heißt, wenn ich den Beruf wechsle, muss ich zunächst schauen, wo es eine Gemeinde gibt. Oder ich muss die Aufgabe vom Herrn haben, irgendwo eine neue Gemeinde zu gründen.
Abraham hat sehr vernünftig gehandelt, aber ohne Gott. Und ich stelle das auch unter uns Christen immer wieder fest: Wir handeln oft vernünftig, aber ohne Gott. Abraham hat daraus nicht gelernt. Er ist zwar zu dem Altar zurückgegangen, und ich bin überzeugt, dass er dort Buße getan hat. Aber an keiner Stelle finden wir, dass er seine Frau um Vergebung gebeten hat oder dass es eine Versöhnung zwischen den beiden gab. Das ist schon tragisch.
Vielleicht ist euch schon mal aufgefallen: Einige Kapitel später, als Sarah stirbt, heißt es, Abraham machte sich auf, sie zu begraben. Wo hat er denn gewohnt, und wo ist sie gestorben? Das könnt ihr selbst nachschauen – das passt nicht in unser Bild von Abraham. Ganz offensichtlich haben die beiden nicht verarbeitet, was in Ägypten passiert ist.
Eine weitere Folge ist, dass sein Sohn Isaak ihm nachgemacht hat. Aber der Vater kannte es nicht besser. Er sagt von seiner Frau, als er bei den Philistern ist: „Das ist meine Schwester.“ Das war gelogen, denn sie war seine Cousine. Man merkt: Wir sündigen nicht nur für uns allein. Unsere Kinder werden unsere Fehler nachmachen, wenn wir ihnen nicht sagen, dass es ein Fehler war und dass wir Buße darüber getan haben.
Die Frage ist: Lernen wir daraus? Ich denke, dass Gottes Wort uns solche Geschichten aufschreibt, damit wir aus den Fehlern anderer lernen.
Umgang mit Enttäuschungen und Konflikten in der Ehe
Enttäuschungen in unseren Ehen entstehen auch heute. Wovor leugnest du deine Frau, deinen Mann? Wurden vielleicht deine Wünsche, die du hattest, nicht erfüllt? Hattest du falsche Erwartungen? Hast du dir deine Ehe anders vorgestellt? Hattest du ein falsches Bild von dem anderen? Oder wolltest du den anderen erziehen? Fehlte es an gemeinsamem Wachstum?
Wie sind unsere Reaktionen, wenn so etwas eintritt? Wir können so reagieren, wie Sarah es gemacht hat. Sarah hat geschluckt und alles in sich hineingefressen, und irgendwann hat es geknallt.
Unvergebene Schuld sind wie Tellerminen. Da wächst Gras drüber, aber wehe, du trittst drauf – andere explodieren sofort. Oder sie nörgeln. Nörgeln ist im Grunde eine Dauerexplosion auf geringer Sparflamme. Ihr kennt das.
Es gibt manche Ehen, da redet man nicht richtig miteinander, sondern brabbelt nur. Nörgeln. Und man meint, der andere müsste doch endlich begreifen, was ich meine. Doch der begreift nicht. Das schafft eine vergiftete Familienatmosphäre, und man erreicht genau das Gegenteil.
Vielleicht sagst du: Ich bestrafe sofort. Wie du mir, so ich dir. Er flieht in die Arbeit, wird Workaholic, und sie sagt: Dann kriegst du mich eben nicht mehr sexuell in Zucht.
Man redet nicht mehr miteinander, sondern nur noch über die Kinder. Das läuft dann am Mittagstisch so ab: „Sag deiner Mutter, sie soll mir mal die Kartoffeln reichen.“ Und sie antwortet: „Sag deinem Vater, sie kann sich selber holen.“
Man redet nicht mehr, man kommuniziert nur noch durch Zettel am Kühlschrank. „Dein Essen steht in der Mikrowelle.“ Die schlimmere Form ist dann der Zettel: „Dein Essen steht im Kochbuch auf Seite 523.“
Sagt er: „Dann kriegst du eben kein Haushaltsgeld mehr.“ Dann sagt sie: „Dann werde ich einen eigenen Job anfangen, dann habe ich mein Geld.“
Merken wir: Vergelten und Bestrafen löst eine Sache nicht.
Biblische Lösung für Krisenbewältigung
Was sagt die Bibel? Eigentlich ist die Lösung der Bibel zur Krisenbewältigung ganz einfach. In Epheser 4,26 heißt es: "Lasst die Sonne nicht untergehen über eurem Zorn."
Wir haben es heute gut, denn wir haben sogar ein Nachttischlämpchen, oder? Stell dir vor, man müsste nur bis zum Sonnenuntergang warten. Im Winter geht die Sonne schon früh unter, nicht wahr?
Wie funktioniert das? Wenn man über eine ungelöste Sache schläft, ist es am nächsten Tag oft noch schwerer, sie zu klären. Nach Wochen wird es fast unmöglich. Deshalb heißt es: Lasst die Sonne nicht untergehen über eurem Zorn!
Und wie sieht das im Alltag aus? Oft geht jeder in seine Koje und dreht sich zur Wand. Man merkt, dass der andere noch nicht schläft. "Schatz, schläfst du schon?"
Da kann ich nur sagen: Raus aus den Federn, auf die Knie und beten! Herr Jesus, hilf uns, dass wir zueinander finden, uns gegenseitig um Vergebung bitten und uns nicht rechtfertigen.
Lasst die Sonne nicht untergehen über eurem Zorn! So schläft man nicht nur besser, sondern hat auch den ganzen Tag über eine bereinigte Familienatmosphäre.
Eigentlich ist diese Regel ganz einfach. Und doch machen wir es uns so schwer.
Ehekrisen als Chance zur Erneuerung
Ehekrisen sind Chancen zur heilsamen Korrektur. Der Anlass einer Krise liegt immer in uns selbst.
Überprüfe deine Beziehung zu Gott. Buße, Umkehr, Gebet und ein Neuanfang helfen dabei.
Ebenso solltest du deine Beziehung zu deiner Frau oder deinem Mann überprüfen. Bittet um Vergebung und betet miteinander!
