Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Powileit. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zugleich zum theologischen Denken anregen.
Uns wurde die Frage gestellt, wie man einer Person helfen kann, die in der Gemeinde nicht richtig ankommt und sich selbst nach Jahren dort nicht zugehörig fühlt. Diese Person bleibt zwar in der Gemeinde, ist aber überzeugt davon, dass es gut ist, sich einer Gemeinde anzuschließen.
Herr Thomas, hat diese Person noch nicht die richtige Gemeinde gefunden, oder was denkst du, was man da macht? Na ja, darüber sprechen wir ja im Podcast.
Zunächst einmal finde ich an der Frage und der Zusatzinformation, die du gegeben hast – oder diejenige, die die Frage gestellt hat, uns geschrieben hat – wirklich gut, dass die Person, nennen wir sie mal Anna, davon überzeugt ist, wie wichtig es ist, in einer Gemeinde zu sein. Und das stimmt. Ich finde es super, dass Anna das verstanden hat. Gemeinde ist ja nichts, was wir uns ausgedacht haben. Gemeinde hat Gott sich ausgedacht.
Gott will kein Solochristentum. Er hat uns mit anderen Christen in einer Gemeinde zusammengestellt. Ich denke da an Matthäus 16,18, wo der Herr Jesus verspricht: „Ich will meine Gemeinde bauen, und die Tore der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ Das zeigt, dass Jesus selbst hinter seiner Gemeinde steht.
Gemeinde ist von Gott dazu gedacht, ihn anzubeten, sich gegenseitig im Glauben zu fördern und Menschen, die Jesus noch nicht kennen, zum Glauben einzuladen. All das wünscht sich Gott von seiner Gemeinde. Dazu will er auch die Kraft geben, damit Gemeinde wirklich ein Bereich ist, in dem Gott das Sagen hat und in dem es nach seinem Wort geht.
Wir sind ja mit der Frage beschäftigt, wie Anna eine Gemeinde findet, die sie als ihre Heimat erlebt. Aber dass Anna diese Suche mit der Grundeinstellung angeht, es sei richtig, überhaupt in einer Gemeinde zu sein – auch wenn sie diese im Moment noch nicht als Heimat erlebt – das finde ich eine echt gute Grundeinstellung.
Bevor wir nun konkret auf die Situation eingehen, da die Person ja bereits in einer Gemeinde ist, möchte ich zunächst eine allgemeine Frage stellen, die du bereits angesprochen hast: Wenn ich eine neue Gemeinde suche, worauf sollte ich vor allem achten?
Das ist eine gute Frage. Dabei geht es nicht darum, wie lange der Worship dauert oder wie der Worship gestaltet ist, sondern vielmehr darum, von der eigentlichen Aufgabe der Gemeinde auszugehen. Die Hauptaufgabe einer Gemeinde ist es, Gottes Wort weiterzugeben. Dadurch soll den Christen geholfen werden, nach Gottes Wort zu leben und Jesus ähnlicher zu werden. Das ist die Kernaufgabe einer Gemeinde.
Daraus ergibt sich auch mein Hauptkriterium: Wie steht die Gemeindeleitung zu Gottes Wort? Ist es für sie verbindlich und ein nicht hinterfragbarer Maßstab? Wie sieht es mit der Predigt aus? Steht sie am Sonntagmorgen im Mittelpunkt oder ist sie eher eine Randerscheinung? Kann ich durch die Predigt geistlich satt werden?
Außerdem ist wichtig: Welche theologischen Überzeugungen hat die Gemeinde? Passen sie zu dem, was ich glaube? Welche Rolle spielt das Gebet? Werden die Christen in dieser Gemeinde mich geistlich herausfordern und fördern?
Das sind alles Fragen, die ich für enorm wichtig halte. Es kommt also in erster Linie auf das Predigen des Wortes Gottes, auf die lehrmäßigen Überzeugungen und auf das Miteinander an – also darauf, dass man sich gegenseitig motiviert, Jesus besser kennenzulernen und ihm zu folgen.
Wenn ich also auf der Suche nach einer Gemeinde bin, sollten diese Kriterien mich leiten.
Okay, jetzt wissen wir nicht, ob Anna hier in der Gemeinde ist, die nach deinen Definitionen in einem grünen Bereich unterwegs ist. Offensichtlich, das können wir sagen, fühlt sie sich in der Gemeinde nicht wohl.
Das stimmt, das stimmt. Aber auch wenn ich mich nicht wohlfühle, plädiere ich dafür, mich zu fragen: Warum fühle ich mich in der Gemeinde nicht zu Hause? Ich formuliere es jetzt mal anders.
Wenn meine Antwort ist, dass es lehrmäßig nicht passt oder die Predigten für mich eher geistliche Wassersuppe sind, dann hat das natürlich ein größeres Gewicht, als wenn es andere Gründe sind.
Aber auch wenn ich mich in einer Gemeinde nicht wohlfühle, muss ich mich trotzdem fragen: Bin ich geistlich gut versorgt? Kann ich durch die Predigten und die Gemeinschaft meinen Glauben vertiefen? Erfahre ich Korrektur?
Das ist für mich eine zentrale Frage: Ist das gegeben? Und wenn das nicht gegeben ist, kann es ja trotzdem sein, dass ich mich nicht wohlfühle. Darüber reden wir ja auch noch, was man dann machen kann.
Aber wenn diese Dinge nicht gegeben sind, würde ich mich vielleicht eher auf die Suche nach einer anderen Gemeinde machen.
Mir gefällt die Umformulierung der Frage, weil „Ich fühle mich nicht wohl“ wirklich etwas unbestimmt ist. Hingegen zwingt einen die Frage „Warum fühle ich mich nicht zuhause?“ eher dazu, konkret und objektiv über bestimmte Dinge nachzudenken.
Ich empfinde die Umformulierung so, dass man dann eher auf das Wesen der Gemeinde oder auf zwischenmenschliche Aspekte eingeht, die einem vielleicht nicht gefallen. Es können aber auch eigene Prägungen eine Rolle spielen, zum Beispiel der Musikstil, der nicht vertreten ist, oder bestimmte liturgische Formen, die man bevorzugt.
Manche mögen es beispielsweise ruhig, andere bevorzugen es laut – auch vor dem Gottesdienst. Ich kenne beides noch von einer Gemeindeversammlung, die wir vor einiger Zeit hatten. Dort sagte jemand, er wolle gerade, dass vor dem Gottesdienst laut gesprochen wird.
Ich persönlich gehöre eher zu denen, die still sind, wenn vorne die Folie gezeigt wird und man sich auf den Gottesdienst vorbereitet. Dann möchte ich mich sammeln. Mir ist das wichtig. Ich mache das nicht aus einem Gesetz heraus, nur weil eine Folie kommt, sondern weil ich es gut finde, dass man still wird und sich ausrichten kann.
Das ist eben verschieden. Die eine Frage betrifft mehr das Gefühl, wie man sich fühlt. Die andere trennt das und bezieht sich auf objektive Dinge.
Aber gut, nehmen wir an, die objektive Basis ist gegeben und die Person ist geistlich gut versorgt.
Nehmen wir das mal an, denn sonst würde man ja sagen: Wenn das Geistliche nicht stimmt, dann kann man schon überlegen, etwas zu suchen, oder? Ja, das denke ich auf jeden Fall.
Wenn es dann möglich ist – zum Beispiel, wenn ich in Mecklenburg-Vorpommern wohne – ist es auch schwierig. Ja, dann hat Gott die Person vielleicht an diesen Platz gestellt. Und ja, gut, es wird immer schwieriger.
Was ich so höre, fahren die Leute immer länger. Ja, das stimmt. Es verändert sich da einiges.
Okay, aber nehmen wir an, das wäre die Basis. Es geht jetzt darum, dass sie mit den Menschen dort noch nicht so warm geworden ist. Was kann sie dann machen?
Ja, du hast es schon gesagt. Ich versuche, dieses „Ich fühle mich nicht wohl“ zu konkretisieren, indem ich frage: Warum ist Gemeinde nicht mein Zuhause?
Du hast es im Grunde genommen schon gesagt. Vielleicht sind die Lieder, die gesungen werden, für manche Leute zu alt. Oder die Ernsthaftigkeit ist immer ein Thema. Für manche bedeutet Ernsthaftigkeit, dass alles geistlich sein muss. Andere sagen wiederum, das nimmt ihnen die Luft zum Atmen. Sie müssen auch mal lachen können oder so etwas in der Richtung.
Oder man kann mit den Leuten in der Gemeinde nicht so viel anfangen. Ich war mal in einer Gemeinde, wo jemand gesagt hat: „Ich kann mit den Leuten nichts anfangen.“ Und dann wurde ihm das sehr zum Vorwurf gemacht.
Was er meinte, war, dass er gemerkt hat, dass er vor den anderen nicht frei denken kann. Wenn er frei dachte, mussten manche Leute Herzmittel einwerfen. Aber er meinte es nicht gemein. Er hat einfach alles, was ihm in den Kopf kam – auch Kritisches – sozusagen über die Gemeinde gesagt.
Er wollte aber für die Gemeinde da sein. Das heißt, er konnte mit den Leuten nicht so viel anfangen. Er war der Praktiker, und andere Leute waren eher die Theoretiker. Sie haben lange überlegt, was sie machen. Er sagte: „Dann fass doch mal an, dann mach das doch mal.“
Das sind alles Gründe, warum man vielleicht in der Gemeinde nicht ganz so zurechtkommt. Ich glaube, es ist gut, sich bewusst zu machen, warum Gemeinde nicht Heimat ist.
Ja, die Punkte zu identifizieren – also, ob es um Musik geht oder einfach darum, wie ich rede und denke. Manche Menschen reden gern und diskutieren dabei, oder sie denken gern beim Reden und diskutieren auf eine andere Weise. Andere hingegen verarbeiten Dinge wochenlang für sich und sagen dann erst einen Satz dazu. In solchen Fällen muss man gut zuhören, damit das Gesagte auch wirklich stimmt.
Auch der Lebensstil spielt eine Rolle. Der eine ist eher der Praktiker, so wie ich zum Beispiel. Meine Ursprungsgemeinde war auch eher eine Arbeitergemeinde. Dort gab es durchaus Vorurteile gegenüber Menschen, die das Abitur hatten. Solche Personen wurden gleich ein wenig komisch angesehen.
Ich glaube, es ist ganz wichtig, das auch zu wissen.
Ich habe vor kurzem mit einer Frau gesprochen, die in eine andere Stadt gezogen ist, weil sie dort studiert. Sie erzählte mir von einer Gemeinde, in der sie war. Die Predigt fand sie eigentlich gut, aber sie bezeichnete die Gemeinde als eine „Hipster-Gemeinde“.
Das bedeutet, dass dort einige Männer waren, die fotografisch sehr talentiert sind. Das sieht man schon an der Homepage der Gemeinde, wenn man sie besucht. Außerdem waren einige der jungen Frauen, darunter auch sie selbst, wie Models gekleidet. Der Kleidungsstil in der Gemeinde war sehr gehoben.
Sie selbst sah eher normal aus, fühlte sich aber in der Gemeinde immer irgendwie negativ wahrgenommen. Deshalb ist sie dort nicht geblieben. Solche Faktoren spielen also eine Rolle.
In dieser Stadt gibt es mehrere Gemeinden. Wenn es keine andere Gemeinde gäbe, müsste man vielleicht damit leben. Aber ich habe sie sehr gut verstanden. Man muss eben immer das Gesamtpaket betrachten. Keine Gemeinde ist perfekt.
Aber wie gesagt, stimmen diese Grunddinge wie Predigt, Anbetung von Jesus und das Weitergeben der Botschaft auch.
Ist es eine Verkündigung, die eher einen Anstrengungsglauben provoziert? Also sozusagen zu sagen: „Ja, mach dich streng an“? Oder lebe ich ein Stück weit aus der Gnade? Das ist ja kein Widerspruch, sondern bedeutet, dass ich die Gnade in Anspruch nehmen will.
Ich glaube, es ist wichtig, was du gesagt hast: sich wirklich zu fragen, was es ist, das mir die Gemeinde immer noch fremd erscheinen lässt.
Bei der Gemeinde hatte ich sofort ein Bild im Kopf von den Models, die dort herumlaufen, und den entsprechenden Hipster-Jungs dazu. Dieses Bild ist sehr freundlich gemeint: Ich stellte mir eine ältere, etwa sechzigjährige, etwas beleibte Frau vor, die mit einem Kittel in der Küche steht und das Essen zubereitet. So eine richtig alte Mama, die den Laden aufgemischt hätte.
Sie hätte die ganzen jungen Mädchen genommen, sie an ihr Herz gedrückt und bekocht. Vielleicht hätte sie selbst nicht davon gegessen, aber das wäre egal gewesen. Sie hätte die jungen Frauen versorgt und wäre dabei auch mal streng gewesen. So eine Person hätte wirklich etwas verändern können, weil sie auf die Ebene der Liebe gekommen wäre, die auch die anderen brauchen.
Nur weil jemand Model ist, heißt das nicht automatisch, dass er oberflächlich ist. Auch in Bezug auf den Glauben muss das nicht so sein. Man muss da gar nichts Bestimmtes erwarten oder annehmen.
Die Frage ist, ob Anna so eine Person ist. Wo liegt die Grenze? Soll man bei solchen Dingen gleich weiterziehen? Was ist einem wichtig? Was würdest du in diesem Abwägungsfeld raten?
Wir spekulieren jetzt ein wenig, da wir die Situation nicht genau kennen. Ich selbst kenne die Situation nicht ganz genau, aber ich möchte es noch einmal zusammenfassen.
Zunächst sollte man sich darüber klarwerden, warum man die Gemeinde nicht als Heimat empfindet. Danach kann man überlegen, wie eine Änderung möglich ist.
Oft ist es so, dass Christen eine Gemeinde aufsuchen, um ihre Beziehung zu Gott zu fördern. Hoffentlich ist das der Grund, warum sie in eine Gemeinde kommen.
Wenn man jedoch in der Gemeinde keine Beziehung findet – wenn man im Gottesdienst nur nebeneinander sitzt und das Leben nicht miteinander teilt – dann wird die Gemeinde eben nicht zur Heimat.
Es ist eigentlich ganz normal, sich in einer Gemeinde wirklich zu Hause zu fühlen. Vor allem dann, wenn man keine Alternative hat, ist das die eigene Gemeinde.
Manchmal ist es aber auch so, dass man sich nicht zu Hause fühlt. Dann stellt sich die Frage: Was mache ich in so einem Fall? Das ist ja deine Frage.
Gott hat mich nicht nur in eine Gemeinde gestellt, um zu empfangen, sondern auch, um zu geben und meine Gaben einzusetzen, die Gott mir gegeben hat.
Das würde ich Anna schon fragen wollen: Wo dienst du anderen?
Es kann ja auch sein, dass niemand auf die Idee gekommen ist, Anna einzubinden. Vielleicht sagt sie selbst: „Ich sitze jetzt schon zwei Jahre hier, und niemand hat mich angesprochen.“ In diesem Fall würde ich sie ermutigen und sagen: „Anna, dann geh doch auf jemanden zu und frag ihn, wo du dich einbringen kannst.“
Das könnte zum Beispiel jemand aus der Gemeindeleitung sein. So wartest du nicht nur darauf, dass dich jemand anspricht, sondern du gehst aktiv auf andere zu.
Manchmal bewirkt genau dieser Einsatz, den ich in der Gemeinde bringe, sehr viel. Wenn ich mich in eine Gruppe einbringe, lerne ich Leute kennen. Wir haben ein gemeinsames Ziel, und wir dienen anderen Menschen. Das sind alles sehr wichtige Dinge.
Es kann sogar passieren, dass die Gemeinde dadurch mehr zu meiner Heimat wird. Vielleicht fühlt sie sich jetzt nicht wie Heimat an, weil Anna immer nur auf der Ersatzspielerbank sitzt. Sie wird nie ins Spiel gebracht, aber sagt auch nie selbst: „Ich möchte jetzt spielen.“
Ich glaube auch, dass wir als Gemeindeleitung hier umdenken mussten. Du weißt ja, früher ging es uns darum, zuerst eine Entscheidung für die Gemeinde zu treffen und dann sich im Dienst einzubringen.
Heute hat sich das, auch in unserer Denkweise und in der Gesellschaft, geändert. Es scheint zielführender zu sein, dass Menschen zunächst eine Diensterfahrung machen und dann motiviert sind, eine Entscheidung für die Gemeinde zu treffen.
Um in einer Gemeinde wirklich anzukommen, kann es sehr hilfreich sein, zu dienen und zu verstehen, dass Gott möchte, dass ich gebe. Es geht also nicht zuerst darum zu nehmen, sondern sich zu fragen: Wie kann der Herr Jesus mich gebrauchen? Nicht in erster Linie: Was kann ich alles in einer Gemeinde bekommen?
Dafür muss die Grundlage stimmen. Wir haben vorher per Definition festgelegt, dass die Gemeinde lehrmäßig und in anderen Bereichen in Ordnung sein muss. Sonst wäre der Schritt zu groß, sich in eine Gemeinde zu investieren, bei der man sich nicht sicher ist.
Natürlich gibt es auch Fälle, in denen das schwierig ist. Aber wenn man sich selbst hinterfragt und feststellt, dass es passt, sollte man nicht von dem Gedanken ausgehen, dass die anderen nicht kommen. Vielmehr sollte man überlegen, wo man sich einbringen kann und das dann auch wirklich tun.
Ich kenne nur wenige Gemeinden, die ablehnend reagieren, wenn sich jemand zum Dienen anbietet.
Man knüpft dort ganz normal Beziehungen. Es ist ja nicht jeder so extrovertiert, dass er sofort schnell Kontakte schließen kann.
Wenn man jedoch gemeinsam dient, gibt es immer eine Basis für Gespräche. So lernt man auch andere Menschen kennen. Das kann auch in kleinen Gruppen geschehen.
Man muss sich dabei nicht gleich für die Ewigkeit an den Dienst binden, sondern kann sich zunächst für kürzere Zeiträume engagieren.
Du hattest jetzt schon ein paar Punkte angesprochen, auch solche, die eher soziologischer Natur sind. Können wir vielleicht noch etwas mehr darüber sprechen?
Manchmal ist das tatsächlich ein Grund, warum ich Gemeinden nicht als Heimat empfinde. Zum Beispiel, wenn ich der einzige Single bin und alle anderen verheiratet sind, ist das natürlich schwierig für mich. In solchen Fällen kann ich versuchen, eine Gemeinde zu finden, in der mehr Singles sind. Das ist manchmal auch positiv, und ich würde das in solchen Situationen durchaus empfehlen.
Aber wenn ich merke, dass ich dort andere Abstriche machen muss, würde ich den Leuten raten, den Kontakt zu Ehepaaren zu suchen. Versuche, auch Kontakt zu deren Kindern aufzubauen. So konzentriere ich mich nicht nur auf die soziologischen Unterschiede, sondern auf das Gemeinsame: Wir sind zusammen unterwegs, dienen einem Herrn und haben unterschiedliche Lebenssituationen.
Ich kann von der Lebenssituation anderer profitieren, und sie können auch von meiner Lebenssituation profitieren. So entsteht ein gegenseitiger Austausch, der bereichernd ist.
Was wir natürlich bei uns auch immer wieder hören, ist, dass die Gemeinde sehr groß ist. Da kann man nicht so viel ändern, da kommen immer wieder Leute von außen.
Aber ich glaube, es ist auch meine Verantwortung, eine Kleingruppe oder einen Hauskreis zu suchen. Ich muss sagen: Ja, in dieser Gruppe möchte ich sein. Dort habe ich dann engere Kontakte.
Das kann man nicht für eine Person machen, das muss ich selbst tun. Ich muss verstehen, dass ich diese Kontakte in einer Kleingruppe brauche und dass ich dort die Beziehung auch aktiv suche.
Und wenn jemand von außen kommt, rate ich ihm immer wieder: Das Erste, was du tun solltest, ist, im Frühjahr an der Gemeindefreizeit teilzunehmen oder dort zu sein, wo die Leute sind – beim Sonntagskaffee, beim Grillen oder bei anderen Gelegenheiten. Komm einfach dazu.
Wenn ich nie dort bin, wo die Leute sind, werde ich logischerweise keine tiefen Beziehungen aufbauen können. Das klingt alles sehr logisch, aber manchmal denkt man gar nicht so darüber nach. Man erwartet immer, dass die anderen kommen und etwas tun.
Ein typisches Beispiel ist der Satz: „Was ist denn das für eine Gemeinde?“ Solch eine Aussage zeigt schon eine Distanz zur Gemeinde. Dabei soll es ja meine Gemeinde werden. Deshalb muss ich auch versuchen, Beziehungen in dieser Gemeinde aufzubauen.
Ich glaube, jede Gemeinde ist dafür offen. Aber es muss auch von beiden Seiten ausgehen.
Als du das mit den Singles und dem Anfreunden mit Ehepaaren gesagt hast, erinnerte ich mich an einen kleinen Artikel von Astrid Eichler. Sie ist Single und hat viele Jahre in der Singlearbeit gearbeitet. Ich glaube, sie hat diese Tätigkeit gerade beendet, aber ich möchte nichts unterstellen – vielleicht macht sie es auch noch weiter.
Den Artikel habe ich nicht mehr ganz im Kopf, aber eine Sache fand ich sehr interessant: Sie lebt in einer Art Lebensgemeinschaft, schrieb sie. Zuerst dachte ich, sie wohnen zusammen, aber das ist nicht so. Jeder wohnt getrennt, auch die Ehepaare, die dazugehören. Trotzdem tauschen sie sich regelmäßig aus, und das fand ich sehr spannend.
Astrid Eichler, die Singlearbeit macht und selbst Single ist, dürfte inzwischen schon in Richtung Rentenalter sein. Sie hat, soweit ich verstanden habe, keine Ambitionen mehr, in diesem Bereich aktiv zu sein. Für sie war es aber ganz wichtig, in einer engeren Art „Familie“ zu leben. Das hat sie auch umgesetzt, obwohl sie nicht zusammen wohnen, sondern mit, ich glaube, drei oder vier anderen Personen, mit denen sie diese Gemeinschaft aufgebaut hat.
Dieser Schritt war für sie ein aktiver und bewusster.
Das fällt natürlich nicht jedem ganz so leicht. Manche sind regelrecht überfordert und wissen nicht, was sie sagen sollen. Ich würde sagen, kleine Schritte sind hier wichtig.
Es ist schon ein Vorteil, wenn ich mal von der anderen Seite sprechen darf. Ich habe auch schon öfter überlegt: „Den kenne ich nicht, den spreche ich jetzt an.“ Dann musste ich ganz kurz etwas regeln, wirklich nur sehr kurz. Doch die Person war schon weg. Ich hatte praktisch nur 30 Sekunden, um sie anzusprechen, dann war sie schon aus der Gemeinde raus. Das macht es wirklich schwierig.
Bei uns gibt es zum Beispiel den Sonntagskaffee. Dort kann man sich einen Kaffee holen, sich einfach hinstellen und das drei- oder viermal probieren. Irgendwann findet man jemanden, mit dem man ins Gespräch kommen kann. Vielleicht klappt es nicht gleich beim ersten Mal, besonders wenn man nicht sehr kommunikativ ist. Aber nach ein paar Versuchen wird es besser.
Ich glaube, es ist auch gut, dafür konkret zu beten. Man kann sich das als Gebetsziel setzen und sagen: „Ich möchte jemanden aus der Gemeinde kennenlernen, den ich bisher noch nicht kenne.“ Das hilft wirklich sehr, weil man dann bewusster darauf achtet und in diese Richtung schaut.
Ja, das ist generell gut. Du hast mich aber an etwas erinnert. Es gibt ja Personen, die jeden Morgen beten: „Herr, lass mich diesen Tag zum Segen werden.“
So könnte man das auch beten: „Lass mich dem anderen zum Segen werden“ oder „Lass mich Kontakt knüpfen.“ Noch besser ist das Gebet: „Lass mich dem anderen zum Segen werden.“
Ich wollte die Latte jetzt so hochlegen, aber es ist oft so, dass man alles möglich macht und am Ende denkt: „Ach, man hätte ja beten können.“
Und komischerweise erhört Gott tatsächlich Gebet. Das vergisst man gern.
Nun wenden wir uns einer anderen Perspektive zu. Wir haben bereits einiges besprochen, was man in der Gemeinde tun kann. Doch was passiert, wenn es einfach nicht klappt?
In einem solchen Fall kann Anna sich natürlich umsehen und herausfinden, welche Gemeinden es noch in der Umgebung gibt. Vielleicht findet sie dort leichter Anschluss oder bessere Möglichkeiten, Beziehungen aufzubauen. Wenn sie eine passende Gemeinde findet, kann sie selbstverständlich auch wechseln.
Wichtig ist dabei, dass Anna am Herrn festgemacht ist und nicht an einer bestimmten Gemeinde. Das sollte klar sein. Wenn sie die Gemeinde wechselt, bleibt sie, bildlich gesprochen, in derselben „Firma“. Sie wechselt lediglich die „Filiale“.
Manche sagen vielleicht: „Wenn du von uns gehst, verlässt du auch den Glauben.“ Das stimmt jedoch nicht. Es ist durchaus möglich, zwischen verschiedenen Gemeinden zu wechseln, ohne den Glauben zu verlieren.
Und wenn Anna merkt, dass ihr die Heimatverbundenheit mit der Gemeinde enorm wichtig ist – also dass sie diese Verbundenheit unbedingt haben möchte – dann muss sie sich vielleicht auch überlegen, ob sie bereit ist, dafür einen höheren Preis zu zahlen.
Inwiefern?
Ich weiß zum Beispiel, dass wir, als wir jung waren, eine Gemeinde besucht haben, die uns sehr geholfen hat. Allerdings war diese Gemeinde neunzig Kilometer entfernt.
Wie heißt das? Du und Eva, als sie verheiratet war, oder war das eine andere Gruppe?
Nein, da war ich Single und noch nicht lange im Glauben. Wir haben diese Gemeinde besucht, die 90 Kilometer entfernt lag – eine Strecke. Das bedeutet, wir sind insgesamt 180 Kilometer zum Gottesdienst hin und zurück gefahren. Wir waren alle mehr oder weniger junge Leute und hatten schon im Auto eine coole Gemeinschaft.
Die Predigten waren für uns sehr hilfreich, und wir haben gemerkt, dass uns das wirklich weitergebracht hat. Natürlich haben wir den ganzen Sonntag in dieser Stadt und Gemeinde verbracht und sind erst abends nach Hause gefahren. Das war für uns sehr wichtig.
Kleingruppen und Ähnliches waren damals nicht wirklich möglich. Es gab auch kein Zoom, Teams oder andere digitale Möglichkeiten, um sich zu treffen. Es war ein hoher Preis, den wir gezahlt haben, aber es war uns das wert.
Ich glaube, dass man sich diese Frage auch mal stellen muss, wenn man sagt: Diese Heimatverbundenheit ist mir so wichtig, gerade in der jetzigen Phase meines Lebens. Welchen Preis bin ich bereit zu zahlen?
Manchmal können das dann auch viele Kilometer sein, die ich fahre. Aber ich würde sagen, das ist mir jetzt wichtig. Wenn ich vielleicht mal verheiratet bin und Kinder habe, dann sieht das schon anders aus – auch um der Kinder willen. Ich möchte sie ja später zur Jungschar oder Kindergruppe bringen. Wenn ich dann mit den Kindern eine große Strecke fahren muss, muss ich auch überlegen, welchen Preis ich bereit bin zu zahlen.
Manche machen das bei uns so, dass sie dann dreißig Kilometer fahren, aber keine hundertachtzig. Aber wir sind ja auch in einer anderen Gegend. Ich glaube, bei dir war das ja Norddeutschland, wo die Gemeinden etwas weiter verstreut sind als hier im Süden. Da muss man schon mehr Kilometer fahren. Hier kommst du mit dreißig bis fünfzig Kilometern aus, mehr brauchst du nicht.
Ich würde sagen, Anna, wechsel und sei dir einfach bewusst: Es kann dich einen Preis kosten, aber sei auch bereit, diesen Preis zu zahlen. Gerade wenn dir diese Gemeinde als Heimat so wichtig ist, kann das in deinem Leben etwas ganz Wesentliches sein. Du wirst nicht für immer mit dieser Gemeinde „verheiratet“ sein. Irgendwann ziehst du woanders hin. Aber vielleicht hat dich diese Zeit in der Gemeinde wirklich weitergebracht.
Ja gut, also ich freue mich gerade noch nicht so sehr auf das weite Fahren, aber ich sage jetzt nichts dagegen, weil es bei dir ein Teil deines Lebensweges ist.
Es hat schon Vorteile, vor Ort zu sein, das ist klar. Darüber braucht man nicht zu diskutieren. Übrigens kenne ich auch Personen oder Familien, die zwar weiter in ihre Gemeinde gefahren sind, aber unter der Woche die Kinder in die Jungschar vor Ort gebracht haben. Diese Jungschar war zwar nicht so toll, aber einfach so halbwegs akzeptabel.
Dann haben sie gesagt, gut, da ist auch mehr Gemeinschaftsspaß, und gläubig sind sie teilweise schon, wenigstens teilweise. Das andere deckt man dann in der Gemeinde ab. Wir reden ja nicht über das Ideal, sondern über Kompromisse.
Das ist klar, in der einen oder anderen Richtung. Und ich glaube, solche Kompromisse wird es im Leben immer wieder geben.
Jetzt hast du etwas erwähnt, das es früher nicht gab: Online-Gemeinden. Inzwischen kannst du Mitglied bestimmter Gemeinden werden, also online Mitglied sein. Manche Gemeinden bieten das inzwischen an. Und nicht nur eine, sondern mehrere. Ich habe es bisher nur von einer Gemeinde richtig erfahren, weil ich mich nicht intensiv damit beschäftige. Allerdings gibt es schon mehrere.
Neulich habe ich wieder von Online-Patenschaften gehört. Meine persönliche Meinung ist, dass Online-Angebote nur eine Überbrückung sein können. Sie dürfen kein Dauerzustand sein. Von Online-Gottesdiensten kann ich viel lernen. Ich schaue mir persönlich immer wieder Online-Gottesdienste an. Ganze Gottesdienste? Ja, ganze Gottesdienste von Gemeinden oder Predigten. Das kann eine Zusatznahrung sein, die ich dann aufnehme.
Aber ich kann mich bei einem Online-Gottesdienst oder in einer Online-Gemeinde nicht wirklich einbringen. Das ist etwas Wesentliches: Gott hat mir Gaben gegeben, um mich einzubringen. Jemand hat letztens gesagt: Überleg dir mal, ob der Online-Pastor an deinem Sterbebett vorbeikommt. Ich brauche einfach Gemeinschaft vor Ort. So hat Gott es auch gedacht. Online kann eine Gemeinde nicht ersetzen.
Wenn ich es auf die Predigt reduziere, ist diese möglicherweise besser als in meiner eigenen Gemeinde. Aber so wichtig die Predigt auch ist: Sie ist nicht alles. Gemeinde bedeutet Miteinander, sich gegenseitig zu korrigieren, einander zu helfen und, wie gesagt, die eigenen Gaben einzubringen.
Und deswegen kann ich nur motivieren: Wenn du keine Gemeinde hast, dann such dir eine.
Und wenn du, wie die Anna, bist, dann versuche mal, dich über Dienste in der Gemeinde einzubringen und aktiv Menschen kennenzulernen.
Wenn das alles nicht hilft, dann kannst du beten, dass Gott dir eine neue Gemeinde zeigt und dir die Kraft schenkt. Vielleicht auch, um in deiner alten Gemeinde ein tieferes Verhältnis zu Jesus zu bekommen, auch wenn das Verhältnis zu den Geschwistern so ist, dass du nicht richtig warm wirst.
Ich rede hier eher von Norddeutschland, wo du, wie du sagst, nicht die großen Möglichkeiten hast. Dann würde ich eher sagen: Bleib in deiner Gemeinde. Wie jeder Missionar versuche ich mir von außen Nahrung zu holen.
Aber ich glaube, es hat so viel Impact, wenn der Heilige Geist in meinem Leben da ist, ich einfach diene und andere vielleicht mitnehme. Dann kann es sein, dass sich die Gemeinde verändert.
Irgendwann fühle ich mich dann zu Hause, weil ich merke: Hey, das sind Leute, die haben auch Feuer gefangen dafür. Sie sagen: Wir wollen wirklich das tun, was Gott in seinem Wort sagt, und wir wollen von Herzen Jesus nachfolgen.
Gut, ja, beten wir dafür. Also betet ihr in solchen Situationen dafür. Ihr habt jetzt einige eigene Anregungen bekommen, genau.
Ich glaube, das sind schon genug Gedanken und Anregungen, um das Thema weiter zu verfolgen.
Dann schließen wir hiermit den Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart ab. Wir hoffen, ihr konntet erkennen, wie wichtig die Gemeinde Gottes ist – egal, wie schwierig es manchmal vor Ort sein mag.
Gott hat die Gemeinde gegeben; sie ist ein Leib, damit wir zusammen sind. Natürlich kann es nicht immer gut vor Ort sein. Es gibt schwierige Situationen. Deshalb ist es wichtig, dass wir wirklich dafür beten, eine Gemeinde zu finden, in der Gott dich haben möchte und wo du einen guten Weg findest.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, so wie heute, oder Anmerkungen zum Podcast, dann schreibt uns gerne unter podcast@eva-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen.