Einführung: Vertrauen in Gottes Wort trotz Herausforderungen
Ist dein Glaube schon einmal sehr stark herausgefordert worden? Hat Gott dir schon einmal eine Situation zugemutet, in der Gehorsam bedeutete, gegen das zu handeln, woran dein Herz hing, was dir richtig und auch vernünftig erschien? Was befähigt uns, in solchen Situationen noch auf Gott zu vertrauen?
Ich bin davon überzeugt, dass das Einzige, was uns befähigt, in solchen Situationen an Gott festzuhalten, wenn das, was er sagt, scheinbar gegen das geht, was unser Herz und unsere Vernunft sagen, eine ganz tiefe Erkenntnis davon ist, wer Gott ist und wie Gott ist.
Unser heutiger Predigttext hat das Potenzial, uns zu radikalem Gehorsam zu befähigen und uns bereit zu machen, seinem Wort zu vertrauen – auch dann, wenn es scheinbar keinen Sinn macht. Er zeigt uns, wie groß Gottes Liebe ist und wie vertrauenswürdig er ist.
So möchte ich für uns beten, dass Gott uns die Ohren öffnet und die Herzen bereit macht, sein Wort so zu hören. Mögen wir neu befähigt werden, vielleicht überhaupt zum allerersten Mal, ihm wirklich bedingungslos zu vertrauen. Ich bete mit uns:
Himmlischer Vater, danke, dass wir wissen dürfen, dass das, was unsere Herzen sagen, und das, was unser Verstand sagt, nicht die letzte Wahrheit ist. Unsere Herzen können sich täuschen, unser Verstand kann sich täuschen, aber du täuschst dich nie und täuschst auch uns nicht. Denn du bist treu und gut, du bist vollkommen vertrauenswürdig.
Durch dein vollkommen vertrauenswürdiges Wort hilfst du uns, dich mehr zu erkennen. Darum möchte ich bitten, dass wir uns nicht mehr verletzen, sondern dass du uns hilfst zu begreifen, welches die Breite, die Länge, die Höhe und die Tiefe ist – auch die Liebe Christi, die alle Erkenntnis übertrifft.
Damit wir erfüllt werden, immer mehr mit der ganzen Gottesfülle, und bereit werden, so zu leben, wie du es für uns willst. Herr, wirke das durch dein mächtiges Wort. Und das beten wir im Namen Jesu Christi. Amen.
Kontext und Überblick der Predigtserie
Wir kommen heute in unserer Predigtserie, in der wir uns im ersten Buch Mose mit den Kapiteln beschäftigen, die uns den Glaubensweg Abrahams zeigen, zu Kapitel 22.
Letzte Woche hat Christian Klein hier gepredigt, während ich im Urlaub war. Ich habe seine Predigt gehört und sehr genossen und bin dafür dankbar.
In Kapitel 21 haben wir gesehen, wie Gott am Anfang dieses Kapitels das tut, worauf Abraham und Sarah schon so lange gewartet hatten. Nach Jahren und Jahrzehnten kam endlich der verheißene Sohn. Isaak wurde geboren, trotz des eigentlich viel zu hohen Alters von Sarah und Abraham. Was für eine Freude!
Doch unmittelbar danach blieb keine Zeit, diese Freude wirklich auszukosten. Abraham wurde gleich wieder vor große Herausforderungen gestellt. Im weiteren Verlauf von Kapitel 21 lesen wir von zwei Schwierigkeiten. Zuerst ist es sein Sohn mit der Magd Hagar, Ismael, der sich gegen den neugeborenen verheißenen Sohn wendet. Schließlich muss Abraham Hagar und Ismael in die Wüste schicken. Danach folgt eine Konfrontation mit Abimelech, die es zu lösen gilt.
Wir sehen also, dass das Erleben von Gottes großartiger Versorgung nicht bedeutet, dass danach alles einfach und konfliktfrei weitergeht. Und ich denke, das wissen wir. Das Erleben von Gottes Treue und großartiger Versorgung, die ich hoffe, wir alle schon erfahren haben, bedeutet nicht, dass das Leben von da an nur noch einfach ist und keine Konflikte mehr mit sich bringt.
Abraham hat das erlebt.
Heute kommen wir in Kapitel 22 zu einer noch viel größeren Herausforderung. Gott selbst würde Abrahams Glauben auf eine kaum vorstellbare Weise testen.
Nachdem wir in den letzten Kapiteln immer wieder gesehen haben, wie glaubensschwach und sündig Abraham doch immer wieder war, werden wir ihn heute als einen großen Glaubenshelden erleben.
Ich möchte den Predigttext 1. Mose 22, Verse 1-19, mit uns in vier Abschnitten betrachten. Ihr findet den Text auch im Gottesdienstblatt in der Mitte.
Nachdem wir diese vier Abschnitte betrachtet haben, möchte ich mit uns einen Schritt zurückgehen oder vielleicht auch einen Schritt nach vorne machen. So können wir erkennen, was dieser Text auch uns hier und heute zu sagen hat und wie er uns dazu befähigen kann, ähnlich wie Abraham Gott immer mehr zu vertrauen.
Die vier Abschnitte der Predigt
Zuerst die vier Abschnitte unserer Predigt: eine ernste Prüfung, ein erstaunlicher Gehorsam, eine erfreuliche Wendung und eine erneuerte Verheißung. Das sind die vier Punkte, die die ernste Prüfung umfassen.
Eine ernste Prüfung
Davon lesen wir in den ersten beiden Versen. Dort heißt es, nach diesen Geschichten versuchte – oder auch testete, prüfte – Gott Abraham und sprach zu ihm: „Abraham.“ Und er antwortete: „Hier bin ich.“
Und Gott sprach: „Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Moria und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde.“
Gott will, dass wir das, was jetzt kommt, richtig einordnen können. Deshalb lesen wir hier gleich zu Beginn, dass es sich um eine Glaubensprüfung handelt. Aber Abraham weiß das nicht. Für ihn ist das, was Gott ihm hier sagt, wohl kaum zu begreifen.
Nicht viele Jahre hat er auf den verheißenden Sohn gewartet. Irgendwann hat er die Geduld verloren und die Dinge mit der Magd Hagar in die eigene Hand genommen. So wurde Ismael gezeugt. Doch Gott hat ihm gesagt: „Das ist der falsche Weg.“ Er musste noch einmal 14 Jahre warten, und dann wurde ihm endlich Isaak geschenkt – ein Wunder und eine große Freude.
Diese Freude wurde bald getrübt, weil Ismael sich nun gegen Isaak stellte. Daraufhin wurde Ismael weggeschickt, und es blieb nur noch Isaak übrig. Er war der einzige Sohn, den Abraham nun hatte – der Sohn, den er über alles liebte. Abraham sah ihn aufwachsen, und nun war Isaak wohl ein Teenager.
Gott ruft Abraham, und wir können uns kaum vorstellen, was in diesem Moment in Abrahams Kopf vorgegangen sein mag. Sicherlich hat er nicht erwartet, was er dann hören würde: Er sollte nun diesen einen geliebten Sohn nehmen, drei Tagesreisen zu einem entfernten Ort gehen und ihn dort als Brandopfer auf einem Berg töten.
Das kann doch nicht sein! Das macht doch keinen Sinn! Durch diesen Sohn hat doch Gott selbst gesagt, sollen Menschenmassen kommen, viele Völker, eine große Nachkommenschaft.
Was muss in Abrahams Kopf los gewesen sein, als er diesen Auftrag Gottes hörte? Wir können uns ein kleines bisschen hineinversetzen, wenn wir uns vor Augen führen, wie es ist, Dinge zu haben, die wir uns sehnlich wünschen – oder sehnlich gewünscht haben. Dinge, für die wir vielleicht lange und inständig gebetet haben: eine gute Arbeitsstelle, einen Ehepartner, ein Kind – so wie bei Abraham und Sarah – oder einfach Gesundheit.
Vielleicht haben wir erlebt, dass Gott unsere Gebete für das, was wir uns so sehnlich gewünscht haben, tatsächlich erhört hat. Und dann kam doch alles ganz anders. Die Arbeitsstelle war gar nicht der große Segen, sondern wurde zur Last. Oder sie war ein großer Segen, doch dann kam plötzlich eine Kündigung.
Oder die Ehe, nach der wir uns so gesehnt haben und die vielleicht auch noch ganz froh begann, erweist sich auf einmal als ganz schwer. Oder die Schwangerschaft, für die wir so inständig gebetet haben, endet plötzlich. Oder die Krankheit, gegen die wir gebetet haben und bei der Gott scheinbare Heilung geschenkt hat, kommt zurück und ist schlimmer als zuvor.
Da kommt doch die Frage auf: „Gott, was soll das? Warum hörst du erst mein Gebet, nur um mir dann wieder zu nehmen, wonach ich mich doch so gesehnt habe?“
Können wir anfangen, uns ein bisschen hineinzufühlen in das, was in Abraham los gewesen sein muss? Und Abraham ist jetzt nicht einfach Opfer. Nein, sein geliebter Gott sagt ihm, er soll auch noch einen Anteil daran haben. Er soll seinen eingeborenen Sohn opfern.
Wie unvorstellbar groß und ernst diese Prüfung war!
Ein erstaunlicher Gehorsam
Ab Vers drei lesen wir, dass Abraham auf Gottes Auftrag mit erstaunlichem Gehorsam reagiert. In Vers drei heißt es: „Da stand Abraham früh am Morgen auf, gürtete seinen Esel, nahm zwei Knechte und seinen Sohn Isaak mit sich, spaltete Holz zum Brandopfer und machte sich auf den Weg zu dem Ort, von dem Gott ihm gesagt hatte.“
Am dritten Tag hob Abraham seine Augen auf, sah die Städte von ferne und sprach zu seinen Knechten: „Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen. Wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen.“ Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er nahm das Feuer und das Messer in seine Hand, und die beiden gingen miteinander.
Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: „Mein Vater.“ Abraham antwortete: „Hier bin ich, mein Sohn.“ Isaak fragte: „Siehe, hier ist Feuer und Holz, aber wo ist das Schaf zum Brandopfer?“ Abraham antwortete: „Mein Sohn, Gott wird sich ersehen oder wird uns versorgen ein Schaf zum Brandopfer.“ So gingen die beiden weiter.
Als sie an die Stätte kamen, die Gott ihm genannt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf. Dann band er seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar, oben auf das Holz, reckte seine Hand aus und fasste das Messer, um seinen Sohn zu schlachten.
Was für ein Gehorsam! Erstaunlich! Wir lesen hier, dass Abraham früh am Morgen aufsteht, um zu tun, wozu der Herr ihn gerufen hat. Ich kann mir vorstellen, dass die Versuchung riesengroß gewesen sein muss, liegen zu bleiben. Wer will an einem solchen Morgen schon früh aufstehen? Aber Abraham weiß wahrscheinlich, dass, wenn er zögert und wartet, er wahrscheinlich niemals losgehen würde.
Das kennen wir. Wie oft haben wir erkannt, was Gott von uns will – vielleicht durch eine Predigt, durch unser eigenes Bibelstudium oder in einer Zeit des Betens, in der Gott uns klar vor Augen führt, was er von uns erwartet? Doch oft ist es nicht ganz das, was wir eigentlich irgendwo auch noch in unserem Herzen wollen.
Wie oft haben wir uns vorgenommen: „Ja, das will ich jetzt so tun“, und dann nur für einen kleinen Moment gezögert. Und dann noch ein bisschen. Und schließlich haben wir es nie getan, obwohl wir eigentlich erkannt hatten, dass Gott es von uns wollte.
Die sprichwörtliche „lange Bank“ ist das Lieblingsmöbelstück des Teufels. Er will uns immer wieder dazu bringen, Dinge aufzuschieben, vor uns herzuschieben, bis die innere Überzeugung zum Gehorsam nachlässt. So tun wir dann nicht mehr das, was Gott eigentlich von uns will.
Aber genau das lässt Abraham nicht zu. Früh am Morgen steht er auf, nimmt Isaak und zwei Knechte und macht sich auf den Weg zu dem Ort, den der Herr ihm zeigen will. Drei Tage sind sie unterwegs. Drei Tage – das ist viel Zeit zum Nachdenken. Viel Zeit, um wieder umzukehren.
Auch das kennen wir: Wenn wir Zeit haben, über das nachzudenken, was Gott uns eigentlich sagt, fangen unser Herz, unsere Gedanken und unser Verstand an, unseren Gefühlen und Sorgen viel Raum zu geben. So wird der Entschluss, den wir getroffen hatten, abgeschwächt, bis wir schließlich doch nicht mehr das tun, was Gott gesagt hat. Weil wir mehr auf unsere Sorgen, unsere Gefühle und Gedanken hören als auf das, was Gott gesagt hat.
Aber Abraham setzt sein Vertrauen auf Gott. Er kennt seinen Gott. Er wusste, dass Gott ihm immer treu geblieben war, auch dann, als er selbst versagt hatte. Der Herr hatte immer wieder treu sein Wort gehalten.
Abraham kannte Gott. Er wusste: Gott ist mächtig, ihm ist nichts unmöglich, er ist treu und gut. Vieles verstand er nicht. Ganz sicher konnte er nicht verstehen, was Gott hier von ihm wollte. Aber eins wusste er sicher: Er wusste, wer Gott ist und wie Gott ist.
So wuchs in ihm die Erkenntnis, dass Gott Isaak selbst von den Toten zurückbringen könnte. Wir haben in der Schriftlesung gehört, dass Gott Abraham genau diese Überzeugung eingegeben hat. Abraham gewann die Überzeugung, dass der Herr ihm Isaak von den Toten zurückgeben würde, wenn er ihm nur treu folgte.
Auch das können wir von Abraham lernen: Wenn wir in schwierigen Phasen sind, in Zeiten, in denen vieles keinen Sinn macht, in denen wir mit allem Nachdenken, mit guten Ratschlägen und weisen Worten anderer Menschen einfach sagen müssen: „Das macht für mich keinen Sinn, ich verstehe nicht, warum Gott das zugelassen hat“, dann sollten wir uns auf das besinnen, was wir sicher wissen.
Statt in dem, was wir nicht verstehen, zu graben und Zweifeln, Sorgen, Ängsten, Nöten und Leid Raum zu geben, sollten wir uns an das klammern, was wir sicher wissen. So verlieren wir in der Dunkelheit nicht den Halt.
Das ist es, was Abraham tut. Er weiß: Gott ist treu, Gott ist ein guter Gott, Gott ist mächtig. Er hat keine Ahnung, wie das zu dem passt, was Gott ihm hier gerade gesagt hat, aber er weiß es, und er klammert sich daran.
Lasst uns so leben, dass wir unseren Sorgen nicht den Raum geben, unsere Gedanken zu bestimmen. Lasst uns das bekämpfen, indem wir uns immer wieder das predigen, was wir sicher von Gott wissen.
Das tat Abraham. Und so tat er, wozu ihn sein treuer, guter und mächtiger Gott aufgerufen hat. Er baute einen Altar, legte das Holz darauf, das Isaak den Berg hochgetragen hatte. Dann band er Isaak, legte ihn oben auf das Holz und nahm das Messer in die Hand – im festen Vertrauen auf Gott.
Eine erfreuliche Wendung
Und dann greift Gott ein. Das bringt uns zum dritten Abschnitt, zu einer erfreulichen Wendung im Geschehen.
Ich lese ab Vers elf: Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel zu und sprach: „Abraham, Abraham!“ Er antwortete: „Hier bin ich.“
Er sprach: „Leg deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts, denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und deinen einzigen Sohn nicht verschont hast um meinetwillen.“
Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke, mit seinen Hörnern hängen. Er ging hin, nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer anstelle seines Sohnes Isaak.
Abraham nannte die Stätte „Der Herr sieht“, was man noch heute so sagt, auf dem Berg, „da der Herr sieht“. Vielleicht besser übersetzt: „wo der Herr sorgt, für uns sorgt.“
Wir sehen hier also, dass Abrahams Bereitschaft, seinen eingeborenen Sohn zu opfern, im Vertrauen darauf, dass der Herr ihn ihm irgendwie zurückgeben würde, ausdrücklich gelobt wird.
Der Glaube Abrahams, der so oft nicht stark war, war eben nicht einfach nur etwas Abstraktes. Nein, sein Glaube offenbart sich hier in seinen Werken. Das war der Glaube. Wahrer Glaube zeigt sich in Werken.
Glaube, der nur ein Lippenbekenntnis ist, ist wertlos. Er rettet nichts und niemanden, er hat keinen Wert. Aber Abraham vertraut Gott, er glaubt Gott und handelt entsprechend.
Nachdem der Engel hier eingegriffen hat und Abraham für seinen Glauben, für seine aktive Gottesfurcht, wie sie auch beschrieben wird, lobt, sieht Abraham einen Widder, den er nun anstelle seines Sohnes opfern darf.
Könnt ihr euch vorstellen, was für ein frohes Opfer das gewesen sein muss? Der eine geliebte Sohn darf leben! Das, was Abraham so gefürchtet hatte und nicht verstehen konnte, löst sich hier auf.
Und hier sieht er: Der Herr versorgt. Er versorgt ein Opfer anstelle seines Sohnes.
So gibt Abraham dem Herrn einen neuen Namen: „Der Herr sieht“ oder besser übersetzt, wie es zum Beispiel die Schlachterübersetzung macht: „Der Herr versorgt.“
Der Herr hat versorgt und Isaak verschont. Stattdessen wird nun ein Widder geopfert.
Eine erneuerte Verheissung
Und so kommen wir zum vierten Abschnitt. In den Versen 15 bis 19 spricht der Herr erneut und gibt Abraham eine erneute Verheißung.
Der Engel des Herrn rief Abraham vom Himmel herab und sprach: „Ich habe bei mir selbst geschworen“, spricht der Herr, „weil du dies getan hast und deinen einzigen Sohn nicht verschont hast, will ich dein Geschlecht segnen und mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres. Deine Nachkommen, dein Same, sollen die Tore ihrer Feinde besetzen. Durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast.“
So kehrte Abraham zurück zu seinem Knecht, und sie machten sich auf und zogen gemeinsam nach Beerscheba. Abraham blieb dort.
Wir sehen hier, dass der Herr seine Verheißung erneuert. Am Anfang des Kapitels hatte es den Anschein, als könnte Abrams Gehorsam dazu führen, dass die Verheißung einer großen Nachkommenschaft in Gefahr gerät oder verloren geht. Doch nachdem Abram auf Gott vertraut und getan hatte, was Gott ihm gesagt hatte, erlebt er nun, dass ihm die Verheißung erneut bestätigt wird.
Ja, sie wird sogar noch ergänzt. Denn der Engel des Herrn spricht hier nicht nur davon, dass Abraham eine große Nachkommenschaft haben wird, sondern auch von seinem Nachkommen. Paulus erklärt im Galaterbrief, dass dies als Singular zu verstehen ist: der Same, der Nachkomme. Im Hebräischen gibt es diese Unterscheidung nicht, aber Paulus weiß im Galaterbrief, dass es um den Nachkommen geht.
Wir wissen, wer das ist: Jesus Christus. Er wird es sein, der die Feinde besiegen wird.
So kehrt Abraham mit Isaak an seiner Seite und einer erneuerten sowie erweiterten Verheißung Gottes im Gepäck nach Hause zurück. Wir sehen, Abraham hat seine Glaubensprüfung bestanden. Nach allem vorherigen Scheitern ist er nun tatsächlich ein großer Glaubensheld.
Das kann uns ein Vorbild sein und uns inspirieren, dem treuen und guten Gott ebenso zu vertrauen und ihm zu gehorchen, auch wenn er uns schwere Prüfungen auferlegt.
Die tiefere Bedeutung des Textes für unser Glaubensleben
Aber ich habe gesagt, ich glaube, das ist nicht alles, was der Text uns sagen will. Ich bin überzeugt, dass der Text uns zeigen möchte, wie wirklicher Glaube aussehen sollte. Ja, ich glaube, der Text ruft uns dazu auf, dem Vorbild Abrahams nachzufolgen.
Doch ich glaube, dieser Text will uns nicht nur etwas von Abraham zeigen, dem wir nacheifern sollen. Er will uns auch etwas über Gott selbst offenbaren, sodass wir im Vertrauen auf Gott gestärkt werden. Wenn wir erkennen, was dieser Text uns letztendlich über Gott lehren möchte, würde uns das befähigen, auch so zu glauben wie Abraham.
Dieser Text kann uns helfen, zu einer tieferen Erkenntnis von Gottes großer Liebe zu gelangen, sodass wir mit frohem Herzen ihm mehr vertrauen können. Denn das, wozu Abraham aufgerufen wird und was Gott letztendlich aber doch nicht von Abraham fordert, ist nur ein Abbild, ein Schatten von dem, was Gott selbst etwa zweitausend Jahre später für uns tun würde.
Lasst uns noch einmal über diese Geschichte nachdenken. Isaak wird hier beschrieben als der eine geliebte Sohn. Später, bei Jesu Taufe und bei seiner Verklärung auf dem Berg, hören wir, dass Gott Jesus Christus als seinen einen, geliebten Sohn bezeichnet.
Abram sollte hier dem heiligen Gott seinen Sohn opfern. Doch später sehen wir, dass der heilige Gott seinen Sohn für uns opfert. Wir sehen hier, dass der eine geliebte Sohn das Holz den Berg hochtragen soll, auf dem er sterben wird.
In Johannes 19 erklärt uns Johannes, dass der eine geliebte Sohn das Holz, das Kreuz, den Berg hochgetragen hat, auf dem er sterben wird. Während Gott für Isaak ein stellvertretendes Opfer zur Verfügung stellt, ist dieser andere eine geliebte Sohn selbst das stellvertretende Opfer.
In Vers 8 unseres Predigttextes haben wir gesehen, dass Abraham gemutmaßt hatte, dass der Herr selbst ein Lamm als Brandopfer zur Verfügung stellen würde. Und genau das tat er, als er seinen einen geliebten Sohn in diese Welt sandte. Johannes der Täufer sagte: „Siehe, das Lamm Gottes, das der Welt Sünden trägt.“
Abraham hatte den Mut, zu glauben, dass Gott seinen Sohn von den Toten auferwecken und ihm zurückgeben würde. Genau das tat der Herr, als er Jesus Christus am dritten Tag von den Toten auferweckte und er dann aufgefahren ist hin zu seinem Vater.
Ich hoffe, wir sehen, wie 1. Mose 22 uns nicht nur Abrahams Liebe für seinen Sohn und für seinen Gott zeigt, sondern uns auch ein Schatten ist von einer noch viel größeren Liebe – der Liebe Gottes für uns. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einen geliebten Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.
Unser Predigttext, unsere Predigtserie hat uns gezeigt, wie Abraham immer wieder an Gott zweifelte und versagte. Doch in unserem Predigttext heute sehen wir, wie Abrahams Glaube gereift ist. Warum? Weil Abraham immer mehr verstehen durfte, wie gut und treu Gott ist.
Und das hat ihn bereit gemacht, diesen großen Glaubenstest zu bestehen. Und, ihr Lieben, genau das wünsche ich uns: Bedenkt, wie groß Gottes Liebe für dich ist, für uns ist, und lasst uns immer mehr lernen, ihm zu vertrauen.
Ermutigung und Abschlussgebet
Darf ich uns einige Verse aus Römer 8 vorlesen? Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Und dann ab Vers 31: Was wollen wir nun hier sagen? Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
Vers 35: Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Paulus ist ganz realistisch, wie geschrieben steht: „Um deinet Willen werden wir den ganzen Tag getötet, wir sind geschlachtet wie Schafe.“ Aber – indem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat.
Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.
Aber ihr Lieben, lasst uns sehen, wie groß Gottes Liebe für uns ist. Er sandte seinen eingeborenen Sohn, um uns aus unseren Sünden und aus dieser sündigen und leidvollen Welt herauszuretten. Und durch den Glauben dürfen wir jetzt schon zu ihm gehören, zu seinem Friedensreich.
Eines Tages, eines Tages wird er, genau wie Abram es hier verheißt, den Feinden komplett den Garaus machen. Dann werden wir leben in einer Zeit, in der alles Leiden, alle Zweifel, alle Fragen und alles Nicht-Verstehen ein Ende haben wird. Dann wird unsere Freude vollkommen sein.
Gottes Liebe dürfen wir vertrauen. Gottes Liebe können wir vertrauen. Lasst uns ihn anbeten.
Großer Gott, danke, dass deine Liebe für uns so unvorstellbar groß ist. Herr, ich bekenne dir und glaube – ich spreche für viele unter uns –, wir können uns gar nicht vorstellen, wie groß deine Liebe, Gott Vater, für deinen eingeborenen Sohn Jesus Christus war und ist. Ich glaube, wir können uns gar nicht vorstellen, was es für dich bedeutet, deinen Sohn in das Leiden am Kreuz hinzugeben.
So danke ich dir, dass du uns durch Abraham und Isaak ein Bild davon gibst, damit wir uns ein bisschen hineinfühlen können in deine Liebe für uns. Eine Liebe, die tätig geworden ist, die geopfert hat. Ich ringe selbst damit, und ich bete für alle, denen es auch so geht, deine Liebe überhaupt zu begreifen.
Herr, hilf uns zu verstehen, dass du ein Gott bist, der uns so sehr liebt, sodass wir dir vertrauen – gerade auch in schweren Zeiten. Ich bete für die Geschwister unter uns, die vielleicht gerade jetzt ähnlich wie Abraham herausgefordert sind, dir zu vertrauen, weil Lebensumstände so schwierig sind, weil so viel Leid da sein mag, so vieles, was unsere Herzen und Gedanken nicht verstehen können.
Herr, ich bete, dass dein Trost und das Vertrauen auf dich unsere Herzen immer mehr erfüllen, sodass wir bereit werden, dir zu folgen und dir zu vertrauen, wo auch immer du uns hinführst und was auch immer du uns zumutest. Amen.