Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 637: Der reiche Jüngling, Teil 3
Einführung in die Begegnung mit dem reichen Jüngling
Ein Oberster kommt zu Jesus, weil er wissen möchte, ob sein frommer Lebensstil ausreicht, um ins ewige Leben zu gelangen. Vor Jesus steht ein echter Gutmensch, der sich seiner Leistung bewusst ist.
Gute Werke sind in der Bibel eine wirklich heikle Angelegenheit. Wir sollen sie tun, aber gleichzeitig müssen wir sie aus der richtigen Haltung heraus tun. Vor Gott zählt nicht nur, was ich tue, sondern auch, warum ich etwas tue.
Kann ich gerecht leben, weil ich Gott liebe und ihm vertraue? Oder kann ich gerecht leben, weil es mir darum geht, mit Gott einen Deal einzugehen? Schon bei Hiob lesen wir dazu in Hiob 35,2-3: „Hältst du dies für recht, nennst du das meine Gerechtigkeit vor Gott? Wenn du fragst, was sie dir nützt, was hilft es mir, dass ich nicht sündige?“
Merk dir, wie es hier nicht nur um eine gerechte Tat geht, sondern um die Haltung dahinter. Wenn ich das Gute nur deshalb tue, weil ich mir davon einen Vorteil verspreche, dann ist das nicht das, was Gott will. So ein Verhalten hat mit echter Gerechtigkeit nichts zu tun.
Die Bedeutung von Gerechtigkeit als Beziehung
Warum nicht? Weil Gerechtigkeit mehr ist als nur rechtes Tun. Gerechtigkeit in der Bibel ist ein relationaler Begriff. Sie hat mit Beziehung zu tun. Es geht um Treue, Verlässlichkeit und Integrität – und zwar innerhalb von Beziehungen, sei es zu Gott oder zu den Mitmenschen.
Echte Gerechtigkeit zeigt sich zwar im rechten Handeln, hat aber ihren Ursprung in der rechten Herzenshaltung. Wenn das Gute nur aus Eigennutz getan wird, wird die Beziehung zu Gott entstellt. Sie wird zur reinen Zweckgemeinschaft. Gott wird dann nur noch als Vertragspartner gesehen – ganz anders als beim Gläubigen.
Der Gläubige lebt so gerecht, wie es ihm möglich ist, weil er Gott liebt und vertraut. Der Gerechte ist nie völlig gerecht, denn er sündigt immer noch. Dennoch lebt er so gerecht, wie es ihm möglich ist, weil er Gott liebt und vertraut. Und genau dieser Glaube ist es, den Gott sucht und anerkennt. Es sind nicht die gerechten Taten, die zählen.
Der Gerechte mag in Sünde fallen, aber weil er aus dem Wunsch heraus lebt, Gott zu gefallen und für Gott zu leben, spricht Gott ihm die Gerechtigkeit aufgrund des Glaubens zu. Die Frage ist also nicht, was ich tue, sondern warum ich tue, was ich tue.
Glaube als Grundlage des ewigen Lebens
Und wenn Paulus und Silas deshalb dem Kerkermeister auf seine Frage nach dem ewigen Leben antworten: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus“ (Apostelgeschichte 16,31), dann steckt in diesem Glauben an den Herrn Jesus die Aufforderung, Jesus nicht irgendwie, sondern als Gott und König zu vertrauen.
Paulus muss hier nicht noch hinzufügen: „Glaube an den Herrn Jesus und halte seine Gebote.“ Das ist unnötig, weil der gerechte Lebensstil die logische Folge des Vertrauens ist. Wer einem König vertraut, tut, was er sagt.
Die Gebote als Prüfstein
Wenn Jesus den Obersten jetzt auf die Gebote anspricht, geht es ihm zunächst darum, das Offensichtliche zu klären. Die Gebote, die er nennt, sind: Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht stehlen, du sollst kein falsches Zeugnis geben, du sollst nichts vorenthalten und ehre deinen Vater und deine Mutter!
Wir haben es hier im Wesentlichen mit Geboten aus den Zehn Geboten zu tun. Interessanterweise ist der Sabbat nicht dabei, obwohl dieser Feiertag von der religiösen Elite, zu der der Oberste gehörte, als besonders wichtig angesehen wurde. Stattdessen heißt es hier: „Du sollst nichts vorenthalten.“ Dieses Gebot ist merkwürdig, da es so nicht in den Zehn Geboten steht.
Es geht dabei um das Unterlassen sozialer Gerechtigkeit. Wenn jemand zum Beispiel Reichtum nicht teilt, Besitz hortet, Hilfe verweigert oder den Lohn vorenthält, ist genau das damit gemeint. Unrecht besteht eben auch darin, das Gute nicht zu tun, obwohl man dazu in der Lage wäre.
Hier geht es also um soziale Verantwortung, Mitgefühl und Barmherzigkeit. Es geht darum, den Nächsten so zu lieben wie sich selbst.
Das Zeugnis des reichen Jünglings
Matthäus 19, Verse 17-19:
„Wenn du aber ins Leben hineinkommen willst, so halte die Gebote.“ Er fragt ihn: „Welche?“
Jesus antwortete: „Diese: Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht stehlen, du sollst kein falsches Zeugnis geben. Ehre deinen Vater und deine Mutter, und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Nun der Clou: Markus 10, Vers 20:
Er aber sagte zu ihm: „Lehrer, dies alles habe ich befolgt von meiner Jugend an.“
Wow, was für ein Zeugnis! Und ich denke nicht, dass wir es hier mit einem Aufschneider zu tun haben. Hier hat jemand ein gerechtes Leben geführt – nicht sündlos, darum geht es nicht – aber eng an den Geboten Gottes ausgerichtet.
Paulus kann auf ganz ähnliche Weise für sich formulieren: Philipper 3, Vers 6:
„Der Gerechtigkeit nach, die im Gesetz ist, untadelig geworden.“
Die Suche nach dem fehlenden Element
Und trotzdem fühlt sich der Oberste noch nicht wohl. Ihm schwant, dass noch etwas fehlen könnte. Deshalb kommt er ja auch zu Jesus. Und deshalb fragt er explizit nach.
Matthäus 19,20: Der junge Mann spricht zu ihm: „Alles dies habe ich befolgt. Was fehlt mir noch?“
Tja, was könnte jemandem noch fehlen, der mit Eifer die Gebote Gottes hält? Kann ein Mensch denn mehr tun? Ist das Halten der Gebote nicht ein klarer Beleg dafür, dass dieser junge Mann gläubig ist und fit fürs Reich Gottes?
Warum sagt Jesus jetzt nicht: „Mein Freund, dir fehlt nichts. Mach dir keine Sorgen, das Reich Gottes steht dir offen. Mehr als gute Werke braucht es nicht.“ Warum?
Wie formuliert er stattdessen in Markus 10,21: „Jesus aber blickte ihn an, gewann ihn lieb und sprach zu ihm: ‚Eins fehlt dir.‘“
Die Herausforderung des Herzens
Was für ein Moment: Jesus schaut den jungen Mann an, gewinnt ihn lieb, und weil er ihn lieb hat, muss er die Bombe platzen lassen – eins fehlt dir.
Dieser Oberste ist kein Pharisäer, der Jesus eine Fangfrage stellt, um den ungeliebten Rabbi aus Galiläa bloßzustellen. Hier ist jemand, der ehrlich wissen will, was es braucht, um ins ewige Leben hineinzukommen.
Und hier ist jemand, der ein gutes Gespür für Recht und Gerechtigkeit hat und in seinem Leben schon eine Menge Gutes und Richtiges getan hat. Trotzdem ist das nicht genug. Es reicht wahrscheinlich, um in den Augen der Menschen bestehen zu können, aber Gott schaut tiefer. Er schaut auf das Herz, und dort gibt es einen dunklen Fleck.
Wir werden das in der nächsten Episode genauer betrachten. Eins fehlt dir – und das, was da fehlt, ist definitiv nicht noch eine weitere gute Tat.
Abschluss und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Überlege dir, was dem jungen Mann fehlen könnte. Was braucht es noch viel mehr als gute Werke?
Das war's für heute.
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Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
