Jesaja 40,1-11 in den ausgelegten Bibeln, Seite 681.
Manche haben gefragt, warum wir die Seitenzahl angeben. Wir freuen uns sehr, dass in unserem Gottesdienst immer Menschen dabei sind, die es nicht gewohnt sind, eine Bibel in der Hand zu halten.
Das ist für uns die größte Freude. Deshalb wollen wir immer zum Ausdruck bringen, dass es hier nicht um irgendeine menschliche Rede geht. Mit den Worten der Predigt wollen wir letztlich nur das Wort Gottes zum Klingen bringen.
Dieses Wort Gottes soll am Ende bei uns bleiben.
Gottes Trost und Verheißung an sein Volk
Kapitel 40, Vers 1:
Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott! Redet freundlich mit Jerusalem und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist. Denn sie hat doppelte Strafe von der Hand des Herrn für alle ihre Sünden empfangen.
Es ruft eine Stimme in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn für unseren Gott!
Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden. Was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden.
Denn die Herrlichkeit des Herrn wird offenbart, und alles Fleisch miteinander wird es sehen. Denn des Herrn Mund hat es geredet.
Es spricht eine Stimme: Predige!
Und ich sprach: Was soll ich predigen?
Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt. Denn des Herrn Atem bläst darein.
Ja, Gras ist das Volk, das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.
Zion – das ist eine Chiffre oder ein Codewort für die Gemeinde – Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg!
Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht, erhebe sie und fürchte dich nicht!
Sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott!
Siehe, da ist Gott der Herr, er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen.
Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her.
Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte.
Er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen.
Und die Mutterschafe wird er führen.
Herr, du musst uns dein Wort erklären und erleuchten. Amen!
Die bedrückte Stimmung vor Weihnachten und die Botschaft des Trostes
Liebe Schwestern und Brüder,
es gibt gar nicht so wenige unter uns, die in solchen Vorbereitungstagen auf Weihnachten bedrückt und traurig sind. Manche sind sogar regelrecht verzweifelt und sagen in einer dieser ganz vertrauten Stunden: „Das gibt für mich das traurigste Weihnachten meines Lebens.“ Der Schmerz, unter dem sie leiden, geht so tief, dass die Kerzen, die Tannenzweige, die Geschenke, die Süßigkeiten und all das nicht heilen oder zudecken können.
Wenn wir uns auf die Weihnachtstage vorbereiten, dann wollen wir uns auch bewusst machen, dass heute meiner Meinung nach mehr Menschen als in den zurückliegenden Jahren betrübt, traurig und auch ohne Hoffnung sind. Manche nicht einmal mit einem Funken von Hoffnung. Man muss ja nur einmal sehen, welche Wörter junge Menschen heute aussprechen. Sie sprechen vom Frust, von totaler Lustlosigkeit, vom „Nullbock“, vom Gefühl, dass es sich nicht mehr lohnt, irgendetwas anzupacken.
Vor ein paar Tagen war ich in einer Universitätsstadt zu einem evangelistischen Abend über das Thema „Wie man Christ wird“. Was mich in der offenen Aussprache überrascht hat, war, dass da plötzlich eine junge Studentin ganz offen sagte, dass sie es nicht aushält, allein in ihrem Zimmer ohne einen Menschen. Und sie konnte auch mit dem, was wir vom Glauben sagen, einfach nichts anfangen.
Dann ist da die große Angst vor der Zukunft. Das ist nicht bloß ideologisches Geschwätz, das gibt es heute auch. Aber wenn wir Eltern uns hineinversetzen, was das bedeutet: für einen jungen Menschen nicht zu wissen, ob man ihn überhaupt braucht oder ob er überflüssig ist mit seinen Gaben in unserer Welt, ob man ihn einfach draußen stehen lässt und sagt: „Du kriegst doch Geld, aber schaffen brauchst du nicht.“ Das macht Menschen so ohne Hoffnung.
Da bin ich so froh, dass das Wort Gottes immer viel tiefer ansetzt und die Menschen direkt anspricht: „Tröstet, tröstet mein Volk!“, spricht euer Gott. Gott hat eine Botschaft in diesen Weihnachtstagen, die jeden Menschen erreicht. Und es wird extra hinzugefügt, dass die Gemeinde und wir, die das Wort Gottes auslegen, Freudenboten sein sollen. Wir sollen diese Botschaft in diese Welt hinausrufen und nicht einfach bloß das klagende Heulen noch einmal anstimmen, sondern den Mutlosen, den Kranken, den Sterbenden, den Hoffnungslosen, denen, die nicht mehr weitermachen wollen, zurufen: „Dein Leben hat Sinn und dein Leben wird hell.“
Ich möchte das wieder ein wenig gliedern und zuerst darüber sprechen, auch wenn es Dürre und Wüste um uns ist. Ich muss noch einmal da stehen bleiben bei diesem Namen, den man der Gemeinde gibt: eine Freudenbotin zu sein. Ich weiß nicht, ob man das so schnell von uns erwartet, wenn man in unsere Versammlungen hineinkommt, dass wir fröhliche Leute sein sollen. Man kann das ja auch mit albernen Witzen machen oder Witze klopfen, aber das erreicht nicht, dass es fröhlich zugeht.
Die Frage ist, ob Menschen, die selbst ein sehr schweres Lebensschicksal haben, von einer Freude reden können, wie es in ihrer Dunkelheit hell wird, wie sie ihre Ängste überwinden können, dass sie es anderen erzählen. Deshalb wird hier aufgefordert: Steig auf einen hohen Berg, lass deine Stimme weit hinausschallen, schrei so laut du kannst. Nicht, weil das Schreien besonders schön ist, sondern weil es in die letzten Wohnungen, in die letzte Krankenstube dringen muss. Das muss jeder hören, was unsere Hoffnung ist und die große Weihnachtsfreude.
Was soll ich predigen?, fragt Jesaja. Warum? Er sagt, dass das alles, was er an göttlichem Trost sagen will, ihm angesichts der großen Traurigkeit der Welt wie billiges Gerede vorkommt. Er sagt: „Was soll ich denn sagen? Meine Worte kommen mir so kümmerlich vor.“ Geht es Ihnen nicht auch so, wenn Sie einem schwer leidgeprüften Menschen gegenüber sitzen und sagen: „Kann man das eigentlich mit so schlichten Worten bekennen?“
Jesaja gebraucht ein Bild, das für sich selbst spricht: „Alles Fleisch ist Gras“ (Jesaja 40,6). „Alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Feld.“ Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, denn des Herrn Atem bläst hinein (Jesaja 40,7). Es ist mir selbst dieses Jahr so gegangen, als wir Erntedank gefeiert haben, damals, als wir noch um das Leben unserer Tochter gebangt haben. Wir haben dort im Erntedankfest den Psalm 103 gelesen, wo genau das Gleiche noch einmal steht: „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht auf wie eine Blume auf dem Felde. Wenn der Wind darüber weht, so ist sie nimmer da in ihrer Stätte, kennt sie nicht mehr“ (Psalm 103,15-16).
Gott weiß, was für ein Machwerk wir sind. Er weiß, dass wir nur Staub sind. Das ist im Leben eine so erschütternde Erfahrung. Dieses Wort verstehen jetzt die, die in der Trauer leiden. Das verstehen die, die eine ganz schwere, nicht heilbare Krankheit mit sich an ihrem Leib tragen und unter ihrer Schwäche leiden. „Mein Leben ist wie Gras.“ Was bleibt denn da? Das vergeht ja alles.
Doch ich will hinzufügen: Es ist bestimmt nicht bloß vom Sterben und von der Krankheit die Rede. Das ist mit hineingenommen, aber es geht hier in diesem prophetischen Wort um die Erfahrung der Sinnlosigkeit des Lebens, so wie es ein moderner Mensch heute empfindet. Was man eigentlich anpackt und aufbaut, zerbricht. Und darum gehört das mit hinein: aus dem begeisterten Höhenflug der Weltentwicklung. Vor ein paar Jahren hat man das Wort ja noch so kühn gebraucht. Jeder junge Mensch hat einem entgegengehalten: „Wir wollen doch die Welt verändern!“ Und am Ende steht das erschütternde Bewusstwerden, dass alles, was wir schaffen, gar keinen Bestand hat und dass unsere so wunderbaren Absichtserklärungen gar keine Bedeutung haben.
Alles Fleisch ist wie Gras. Das, was der Mensch macht, ist eben Fleisch, fleischlich von dieser Welt. Selbst die höchsten, wunderbarsten Blüten, die dieses Fleisch treiben kann in der Geistesentwicklung, in der Wissenschaft, in der Kunst und in der Kultur, sind wie die Blume: Sie blühen wunderbar, und doch vergeht es vor der grausigen Realität dieser Welt.
Ich weiß gar nicht, ob wir das immer leugnen sollen, dass vielleicht manche Ängste der Zukunft doch Recht haben. Wer weiß denn so sicher, ob wir nicht in dunkle Zeiten hineingehen? Ich weiß es nicht. Nach dem, was das Wort Gottes sagt, ja.
Und es steht da, dass dieses Zerfallen und Zerbrechen der Schönheit, des Grases und der Blumen auf dem Felde nicht einfach etwas Ungewohntes ist. „Des Herrn Atem bläst hinein“ – das ist Gottes Gerichtsatem, Gottes heiliger Geist, der zerbrechen und zerfallen lässt die kühnen Träume der Menschen und immer wieder diese Hoffnungen, die aufgebaut werden, und diese kühnen Gedanken, was alles geschaffen werden wird. Und dann zerfällt es.
Davon rührt heute die Hoffnungslosigkeit unserer jungen Generation, dass sie nicht mehr wissen, wie es weitergeht, wenn der Wahn unserer modernen Zeit offenbar wird: dass wir eben die Welt gar nicht anders gestalten können und sie sich trotz so viel Fortschritt in ihrem Grund doch gar nicht geändert hat.
Ich möchte ein Beispiel nennen, an dem es uns vielleicht deutlich wird: 1939 hat ein Pastor der Berliner Stadtmission über diesen Abschnitt eine Reihe von Predigten gehalten und sie in einem kleinen Büchlein veröffentlicht. Hans Dannenbaum schrieb „Tröstet, tröstet mein Volk“. Es war kein einziges politisches Wort darin, nur die Feststellung, dass man heute das Trostamt in der Gemeinde wieder begreifen müsse. Das Büchlein wurde von der Gestapo beschlagnahmt und verboten, weil es der damaligen Begeisterung des Volkes am Anfang des Krieges widersprach. Es sei keine Zeit zum Trösten, sondern Zeit zum Siege feiern.
Vielleicht lassen wir uns manchmal immer wieder mitreißen von diesen großen Weltströmungen. Sie wissen ja, dass im Osten genau dies der Konflikt der bekennenden Christen mit dem Staat ist, wenn sie anfangen, von der Hinfälligkeit und Sünde des Menschen zu reden.
Denn dass wir Gras sind und die Blume verwelkt, das ist ja nicht bloß unsere Todverfallenheit, an der wir leiden, sondern letztlich eine Wurzel unserer Gottesferne. Weil wir sündige, von Gott gefallene Menschen sind, müssen wir sterben.
Es soll jetzt nicht der Eindruck entstehen, als ob wir durch die Welt ziehen und den Leuten ihre großen, leuchtenden Ziele madig machen wollten – bestimmt nicht. Wir müssen sie gar nicht madig machen. Wir können darauf warten, dass über kurz oder lang das alles zerbricht, weil das die Art dieser Welt ist.
Dieses Bild, das hier gebraucht wird, wollen wir noch mehr zum Klingen bringen: die biblischen Bilder vom Verdorren, vom Blühen und Verwelken. Das blüht wunderbar, man steht staunend davor, und nach kurzer Zeit ist nur noch dieses verdorrte Grashelmchen da und die welke Blüte, die den Kopf nach unten hängt.
Ich möchte mich an die jungen Leute wenden: Wenn ihr einmal kritisch die älteren Menschen anseht, dann seht ihr, wie ihr Leben gezeichnet ist. Aufblühendes Leben und im Alter die Resignation und Traurigkeit, dass es verflossen ist. Und darum will man am Grabe oft so gerne noch einmal das Rühmen hören, dass die Blume ewig leuchte – und das ist nicht wahr.
Wenn jemand ins Grab gelegt wird, dann stehen oft ein paar um das Grab herum, die sich freuen, dass sie jetzt den Posten kriegen und dass der Querulant, an dem man sich so oft gestritten hat und der einem so oft im Wege und unbequem war, endlich aus dem Weg geräumt ist.
Es ist ja gar nicht wahr, dass das alles bleibe, ewig bleibe, unvergessen bleibe.
Darum verstehen wir, dass Johannes der Täufer hinauszog in die Wüste. Warum in die Wüste? Was hat das für eine Bedeutung? Draußen ist es doch in der Wüste unheimlich, kein Wasser, keine Pflanzen. Das war nicht wie heute, wo unsere jungen Leute versuchen, in einem alternativen Leben etwas Lohnendes zu finden, sondern Johannes wollte sagen: Die Zivilisation ist nur eine welke Blüte. Die Kultur Jerusalems ist eine welke Blüte, und die Religiosität dort ist eine welke Blüte samt dem Tempelgottesdienst.
Liebe Schwestern und Brüder, wir wollen das auch sagen in unserer ganzen äußeren Kirchlichkeit: Meinen Sie, das bleibe bis in die Ewigkeit? Unsere Organisationen und die Gottesdienstformen werden doch wandeln. Um die geht es uns doch nicht.
Der Tempelvorhang, der nachher zerrissen ist, war damals schon brüchig. Darum hat Johannes den Tempelplatz verlassen, ist hinausgezogen und hat gesagt: Lenkt euren Blick weg von alledem, denn dort vergeht es.
Aber er hat von den Leuten gefordert, dass sie sich untertauchen lassen und sich unterstellen unter diesen Prozess des Sterbens und Vergehens. Und das muss jeder Mensch, wenn er wach werden will in seinem Leben, einmal bewusst tun.
Das ist für uns im Augenblick einer bewussten Glaubensentscheidung auch das Wichtige: dass ich mich vor Gott beuge unter die Todesverfallenheit meines Lebens. Ich bin nur eine verdorrende Graspflanze, eine kurz blühende Blüte, die dahin muss. Was ist mein Leben?
Darum verstehen wir, dass Jesaja sagt: „Was soll ich denn predigen?“ Ja, aber das Herrnwort bleibt ewiglich. Das Herrnwort bleibt ewiglich.
Darum geht es gar nicht so sehr um die großen, immer wieder neuen Menschheitsentwicklungen, die uns auch als Christen faszinieren, weil wir meinen, es werde vielleicht doch eine neue Entwicklung eingeleitet in unserer Zeit.
Das, was bleibt, ist, wenn Menschen sich bekehren, weg von dem brüchigen Lebensgrund, auf dem sie stehen, und dieses Wort Gottes wie ein Lebensmittel nehmen.
Wir haben heute Morgen gefrühstückt, ich hoffe, Sie haben gut gefrühstückt. Dann müssen Sie Nahrung zu sich nehmen, und diese Nahrung stärkt Ihren Leib, damit Sie sich wieder bewegen, handeln, arbeiten, gehen können. Sie müssen die Nahrung immer wieder neu zu sich nehmen. So lebt ein Mensch vom Wort Gottes.
Aber in der Bibel gibt es auch noch einen anderen Hinweis: Das Wort Gottes ist gleichsam die neue Basis, auf der man überhaupt nur leben kann. Denn das bleibt, wenn Ihr Leben völlig mit dem Wort Gottes übereinstimmt. Dann haben Sie eine Basis, auf der Sie ruhig und gesichert leben können.
Das ist doch das Große, wenn wir an einem Sterbebett einem Menschen, dessen Lebenskraft entschwindet, sagen: „Fürchte dich nicht, der Herr ist bei dir.“ Den 23. Psalm lesen: „Ob ich schon wanderte durchs finstere Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.“ Das bleibt doch, auch wenn mein Leib zerbricht. Das bleibt doch in der Krankheit.
Was mich manchmal so ergrimmt, ist, wenn selbstgläubige Leute sagen: „Wir wollen doch keine Bibelsprüche sagen.“ Ja, was denn sonst? Was bleibt denn in der Traurigkeit der Welt?
Das müssen Sie einmal nachlesen. Heute Nacht vor vierzig Jahren starb Jochen Klepper. Wie er in seinen letzten Lebenstagen, in denen das Leben seiner Frau und seiner Tochter auf dem Spiel stand, mit Eichmann sprach, sagte er: „Ich kann die Pfarrer mit ihren Predigen nicht mehr hören, wenn sie doch nur Gottesworte sagen würden, das einzige, was durchrettet durch die Dunkelheit der Welt.“
Das Wort Gottes ist so eine Kraftquelle. Aber nicht bloß, dass man es hört, sondern wenn es unser Leben durchdringt und unser Tun bestimmt, dann ist dieses Wort Gottes die Basis.
Man muss jetzt im Neuen Testament aufschlagen, im ersten Petrusbrief, Seite 230, 1. Petrus 1,23: „Ihr seid ja wiedergeboren“ – ich sage immer lieber „erneu geboren“, wegen des Missverständnisses mit der Wiedergeburt im Buddhismus –, „nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das immer bleibt.“ Denn alles Fleisch ist wie Gras.
Da wird ja noch einmal das Jesajawort aufgenommen: „Alles Fleisch ist wie Gras, und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume; das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen, aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Das ist das Wort, welches euch verkündigt worden ist.“
Da ist die Vergänglichkeit unseres Lebens überwunden, und das macht uns fest und gewiss, auch wenn es Wüste und Dürre um uns ist.
Müde und verzagt, kraftlos und ohne Hoffnung schöpfen wir aus dem Wort Gottes neue Kraft. Das heißt: aus dem Bibellesen, aus Ihrer persönlichen Stille, aus unseren Bibelstunden, aus unseren Gemeinschaftsstunden, da, wo wir uns sammeln, aus unseren Hauskreisen, da, wo wir uns zusprechen, im Brief oder im persönlichen Trösten, da im Wort Gottes: „Fürchte dich nicht, der Herr ist mit dir.“
Das Zweite: Auch wenn man sich ganz verlassen fühlt.
Ich will jetzt ein wenig raffen und vom Anderen reden. Jesaja spricht wieder in einem wunderbaren Bild davon, dass die Wüste, die uns so unbarmherzig und so unwirtlich immer wieder vorkommt, mit ihrer flimmernden Sonne und dem trostlos grauen Sand, plötzlich erfüllt ist von der Gegenwart Gottes.
Darum ist es nicht bloß so, dass das Wort Gottes in unser Ohr eindringt, sondern jetzt geht es noch darum, dass die Herrlichkeit Gottes in Ihrem Leben Platz machen will.
In der Wüste Ihres Lebens, da wo Sie sagen: „Bei mir sieht es so dunkel und trostlos aus, seitdem mein Mann gestorben ist“, „Bei mir sieht es so verzweifelt aus, seitdem meine Kinder mich im Streit verlassen haben“, und seitdem in Ihrem Leben so viel Böses geschehen ist, was Sie niederdrückt und das Sie kaum verwinden können in der Empfindsamkeit Ihres Herzens – in dieser Wüste will Gott seine Herrlichkeit offenbar machen.
Ihr Leben soll eine Hütte sein, wo Gott da ist.
Haben wir nicht oft ganz anders gehandelt? Wir haben gemeint, wir müssten uns nur einmal selber wehren und haben uns in diesen Stunden der Qual, der Traurigkeit und der Prüfung nicht gebeugt vor dem heiligen Gott und gesagt: „Herr, jetzt zieh du ein und mach du mein zerbrochenes, wüstes Leben neu zu einer Stätte deiner Herrlichkeit. Mach da eine Bahn, eine ebene Bahn unserem Gott.“
Räumen Sie weg, was jetzt das Kommen Jesu hindert!
Und das ist ja der Grund, dass sich das oft gar nicht erfüllt. In der Traurigkeit ist es nicht einfach so, dass Jesus einkehrt. Wir müssen die Hügel eben machen, die seinem Kommen im Wege stehen. Wir müssen unrechte Dinge bekennen.
Darum hat Johannes Recht mit seiner Botschaft. Es gehört mit hinein.
Seit Alters her stand Johannes der Täufer in der alten Kirche schon am dritten Adventssonntag zur Vorbereitung der gläubigen Christen, dass sie jetzt die Hügel wegräumen, den Streit wegtun in ihrem Leben, vor Gott Sünde bekennen und aussprechen, damit der Weg gebahnt werden kann und er einziehen kann.
Bereitet dem Herrn den Weg!
Er will einkehren, die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen.
Ich kann Ihnen das jetzt nicht beschreiben. Da müsste ich erzählen, wie sündige Menschen erleben, wie Gott ihr Fleisch, ihr irdisches Leben erfüllt mit seiner göttlichen Gegenwart, wenn er kommt, mit seinem Heiligen Geist unser ganzes Leben durchwirkt, uns nicht bloß unser Herz erfüllt, sondern unsere Hände tätig macht, unser Gemüt mit Freude erfüllt.
Das soll geschehen. Das ist das Trösten Gottes.
Und das Letzte: Auch wenn man nicht mehr zurechtkommt.
Da wird mir ganz wunderbar, wie persönlich das Wort plötzlich zu uns gesprochen ist.
Wir warten darauf, dass uns eine Kunde von Gott laut wird, wie die Welt weitergeht.
Das war damals in einer dunklen Stunde des Volkes Israel.
Und da vollzieht sich plötzlich eine Scheidung, dass Gottes Wort ruft und sammelt zu seiner Gemeinde.
Das Geheimnis müssen Sie einmal verstehen: Es gibt keine Gotteszusage und keine Segenszusage für unsere Weltgeschichte.
Da steht nur das Ernste darüber, dass diese Welt reift zum Gericht Gottes hin.
Aber mitten in dieser Weltgeschichte sammelt Gott sein Volk.
Gehören Sie irgendwo konkret zu einer Gemeinde?
Ich muss Ihnen das auch sagen: Wir laden Sie ein, sich auch noch viel näher anzuschließen in unsere Gebetsgruppen, in unsere Hauskreise.
Aber Sie müssen das nicht nur hier tun. Sie können das auch an einem anderen Ort tun – aber in einer lebendigen, gläubigen Gemeinde.
Denn es ist so wunderbar, wenn Gott sein Volk sammelt.
Davon heißt es hier am Ende dieses Abschnittes in Vers 10: „Euer Gott kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen, und er wird seine Herde sammeln.“
Ich weiß das immer wieder, wenn ich nur ein wenig weg bin zu einem Dienst auswärts.
Welche Freude das ist, wenn wir uns hier wieder sammeln!
Das ahnen Sie gar nicht, für mich persönlich, welche Stärkung und Ermutigung das ist.
Wie oft mir schon manche unserer jungen Leute Vorbild geworden sind im Glauben und mich angespornt haben, wie viel Kraft ich durch sie empfange.
Das ist das Geheimnis der Herde Gottes.
Und im Mittelpunkt dieser Herde Gottes steht der Hirte.
Das Bild ist so schön, wie er die Lämmchen auf seine Arme nimmt.
Dieses Bild ist ganz anders, als wir es vermuten, kein Scheltwort.
Er müsste doch eigentlich die Lämmer zusammenstauchen und sagen: „Ihr seid immer noch so mickrige Tiere, ja, keine Viecher, müsst ihr mal was werden, müsst ihr mal Wolle geben.“
Der Hirte hat Erbarmen mit den Schwachen, auch mit den Unsicheren.
Da steht ja im Gleichnis vom verlorenen Sohn, dass er ihn nicht zusammenbrüllt, sondern einen Kuss gibt ihm, dem schmutzigen Sohn, auf die Stirn.
So groß ist der gute Hirte, der sie in diesen Adventstagen erquicken will.
Das soll geschehen bei Ihnen, wenn Sie Frustrationen haben, wie man heute sagt, und müde sind und keine Hoffnung mehr haben.
Dass er dieses Lamm an sich zieht, ganz nah und einhüllt in sein Gewand, dass nichts mehr geschehen kann.
Das schönste Hirtenbild.
Und dass er die Mutterschafe führt – dass es schön ist, dass es Mutterschafe gibt, Mütter im Glauben.
Und das Schwerste, was geschehen kann, ist, wenn eine Mutter ihre Kinder nicht im Glauben führen kann.
Ein wunderbares Bild derer, die andere weiter betreuen, junge im Glauben Gekommene weiterführen zur Erkenntnis des Glaubens.
Er wird seine Herde weiden.
Das wird geschehen, dass das Volk Gottes in unserer Welt ist und sich sammelt in dieser Welt, mitten in all den Ängsten und Traurigkeiten, und fröhlich die wunderbaren Lieder singt.
Sie dürfen sich bergen in der mächtigen Hand des guten Hirten.
Amen.
Die Sinnlosigkeit des Lebens und die bleibende Kraft des Wortes Gottes
Was soll ich predigen?, fragt Jesaja. Warum sagt er das alles? Was er an göttlichem Trost sagen will, erscheint ihm angesichts der großen Traurigkeit der Welt wie ein so billiges Gerede. Er sagt: Was soll ich denn sagen? Meine Worte kommen mir so kümmerlich vor.
Geht es Ihnen nicht auch so, wenn Sie einem schwer Leidgeprüften gegenüber sitzen und sagen: Aber kann man das eigentlich mit so schlichten Worten jetzt bekennen? Jesaja benutzt ein Bild, das für sich selbst spricht: Alles Fleisch ist Gras (Jesaja 40,6). Alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Feld. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, denn der Hauch des Herrn bläst darauf.
Mir ist es selbst dieses Jahr so gegangen, als wir Erntedankfest gefeiert haben, damals, als wir noch um das Leben unserer Tochter gebangt haben. Dort, beim Erntedankfest, haben wir den Psalm 103 gelesen, wo genau dasselbe noch einmal steht: Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht auf wie eine Blume auf dem Felde. Wenn der Wind darüber weht, so ist sie nimmer da in ihrer Stätte, kennt sie nicht mehr (Psalm 103,15-16).
Gott weiß, was für ein Machwerk wir sind. Er weiß, dass wir nur Staub sind. Das ist im Leben eine so erschütternde Erfahrung. Dieses Wort verstehen jetzt die, die in der Trauer leiden. Das verstehen die, die eine ganz schwere, nicht heilbare Krankheit mit sich an ihrem Leib tragen und unter ihrer Schwäche leiden. Mein Leben ist wie Gras – was bleibt denn da? Das vergeht ja alles.
Doch ich will hinzufügen: Es geht hier bestimmt nicht nur um Sterben und Krankheit. Diese sind mit einbezogen, aber das prophetische Wort spricht vor allem von der Erfahrung der Sinnlosigkeit des Lebens, so wie sie ein moderner Mensch heute empfindet. Was man eigentlich anpackt und aufbaut, das zerbricht.
Darum gehört das mit hinein: Aus dem begeisterten Höhenflug der Weltentwicklung – vor ein paar Jahren hat man das Wort ja noch so kühn gebraucht – hat jeder junge Mensch einem entgegengehalten: Wir wollen doch die Welt verändern! Am Ende steht jedoch das erschütternde Bewusstwerden, dass alles, was wir schaffen, keinen Bestand hat. Unsere wunderbaren Absichtserklärungen haben keine Bedeutung.
Alles Fleisch ist wie Gras. Was der Mensch macht, ist eben Fleisch, fleischlich von dieser Welt. Selbst die höchsten, wunderbarsten Blüten, die dieses Fleisch treiben kann – in der Geistesentwicklung, in der Wissenschaft, in der Kunst und in der Kultur – sind wie die Blume: Sie blühen wunderbar, doch sie vergeht vor der grausigen Realität dieser Welt.
Ich weiß gar nicht, ob wir das immer leugnen sollten, dass vielleicht manche Ängste vor der Zukunft doch Recht haben. Wer weiß denn so sicher, ob wir nicht in dunkle Zeiten hineingehen? Ich weiß es nicht. Nach dem, was das Wort Gottes sagt, ja.
Es steht da, dass dieses Zerfallen und Zerbrechen der Schönheit, des Grases und der Blumen auf dem Felde nicht einfach etwas Ungewohntes ist. Der Hauch des Herrn bläst herein. Das ist Gottes Gerichtsatem, Gottes heiliger Geist, der zerbrechen und zerfallen lässt – die kühnen Träume der Menschen und immer wieder die Hoffnungen, die aufgebaut werden, und die kühnen Gedanken, was alles geschaffen werden wird. Und dann zerfällt es.
Davon rührt heute die Hoffnungslosigkeit unserer jungen Generation. Sie weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll, wenn der Wahn unserer modernen Zeit offenbar wird: dass wir die Welt gar nicht anders gestalten können. Und sie sieht, dass sie sich trotz so viel Fortschritt in ihrem Grund doch gar nicht geändert hat.
Die historische Perspektive und die Bedeutung der Gottesferne
Ich möchte ein Beispiel anführen, an dem es uns vielleicht deutlich werden kann.
Im Jahr 1939 hat ein Pastor der Berliner Stadtmission über diesen Abschnitt eine Reihe von Predigten gehalten und sie in einem kleinen Büchlein veröffentlicht. Hans Dannenbaum schrieb „Tröstet, tröstet mein Volk“.
In dem Büchlein war kein einziges politisches Wort enthalten. Es wurde lediglich betont, dass es heute eine Zeit sei, in der man das Trostamt in der Gemeinde wieder neu begreifen müsse.
Das Büchlein wurde von der Gestapo beschlagnahmt und verboten, weil es der damaligen Begeisterung des Volkes am Anfang des Krieges widersprach. Man meinte, es sei keine Zeit zum Trösten, sondern eine Zeit zum Feiern des Sieges.
Vielleicht lassen wir uns manchmal immer wieder von solchen großen Weltströmungen mitreißen. Sie wissen ja, dass im Osten genau dies der Konflikt der bekennenden Christen mit dem Staat ist, wenn sie anfangen, von der Hinfälligkeit und Sünde des Menschen zu reden.
Denn dass wir Gras sind und die Blume verwelkt, das ist nicht nur unsere Todverfallenheit, an der wir leiden. Es ist letztlich eine Wurzel unserer Gottesferne. Weil wir sündige, von Gott gefallene Menschen sind, müssen wir sterben.
Es soll nicht der Eindruck entstehen, als ob wir durch die Welt ziehen und den Leuten ihre großen, leuchtenden Ziele madig machen wollten. Bestimmt nicht. Wir müssen sie gar nicht madig machen. Wir können darauf warten, dass über kurz oder lang all das zerbricht, weil das die Art dieser Welt ist.
Dieses Bild, das hier gebraucht wird, wollen wir noch mehr zum Klingen bringen: die biblischen Bilder vom Verdorrten.
Es blüht wunderbar, man steht staunend davor, und nach kurzer Zeit ist nur noch dieses verdorrte Grashelmchen da und die welke Blüte, die den Kopf nach unten hängt.
Ich möchte mich an die jungen Leute wenden: Wenn ihr einmal kritisch die älteren Menschen betrachtet, dann seht ihr, wie ihr Leben gezeichnet ist. Aufblühendes Leben und im Alter die Resignation und Traurigkeit darüber, dass es verflossen ist.
Darum will man am Grabe oft so gerne das Rühmen noch einmal hören, dass die Blume ewig leuchte. Das ist jedoch nicht wahr.
Wenn jemand ins Grab gelegt wird, stehen oft nur ein paar Menschen um das Grab herum, die sich freuen, dass sie nun den Posten bekommen und dass derjenige, der ihnen so oft im Weg stand, endlich aus dem Weg geräumt ist — der Querulant, an dem man sich so gestritten hat.
Es ist nicht wahr, dass all das bleibe, ewig bleibe oder unvergessen bleibe.
Johannes der Täufer und die Vorbereitung auf das Kommen Gottes
Darum verstehen wir, dass Johannes der Täufer hinauszog in die Wüste. Warum ausgerechnet in die Wüste? Was hat das für eine Bedeutung? Draußen in der Wüste ist es doch unheimlich. Kein Wasser, keine Pflanzen.
Das war nicht so wie heute, wenn junge Leute versuchen, in der Natur ein alternatives Leben zu führen und daraus etwas Lohnendes zu gewinnen. Johannes wollte damit sagen: Die Zivilisation ist nur eine welke Blüte. Die Kultur Jerusalems ist eine welke Blüte, und die Religiosität dort ist ebenfalls eine welke Blüte – einschließlich des Tempelgottesdienstes.
Liebe Schwestern und Brüder, wir wollen das auch sagen: Unsere ganze äußere Kirchlichkeit – glauben Sie, die bleibe bis in die Ewigkeit? Unsere Organisationen und Gottesdienstformen werden sich doch wandeln. Darum geht es uns nicht.
Der Tempelvorhang, der später zerrissen wurde, war damals schon brüchig. Deshalb hat Johannes den Tempelplatz verlassen und ist hinausgezogen. Er sagte: Richtet euren Blick weg von allem, denn das vergeht dort.
Aber er forderte die Menschen auch auf, sich taufen zu lassen und sich diesem Prozess des Sterbens und Vergehens zu unterstellen. Das muss jeder Mensch einmal bewusst tun, wenn er in seinem Leben wach werden will.
Für uns ist das im Moment einer bewussten Glaubensentscheidung besonders wichtig: dass ich mich vor Gott beuge unter die Todesverfallenheit meines Lebens. Ich bin nur eine verdorrende Graspflanze, eine kurz blühende Blüte, die vergeht. Was ist mein Leben?
Darum verstehen wir auch, was Jesaja sagt: Was soll ich denn predigen? Doch das Wort des Herrn bleibt ewiglich. Das Wort des Herrn bleibt ewiglich.
Es geht also nicht um die großen, immer wieder neuen Menschheitsentwicklungen, die uns auch als Christen faszinieren, weil wir hoffen, dass in unserer Zeit eine neue Entwicklung eingeleitet wird.
Das, was bleibt, ist, dass Menschen sich bekehren – weg von dem brüchigen Lebensgrund, auf dem sie stehen – und das Wort Gottes als Nahrung annehmen. Wir haben heute Morgen gefrühstückt, ich hoffe, Sie haben gut gegessen. Danach brauchen Sie Nahrung, die Ihren Körper stärkt. So können Sie sich wieder bewegen, handeln, arbeiten und gehen.
Diese Nahrung müssen Sie immer wieder neu zu sich nehmen. So lebt ein Mensch vom Wort Gottes.
Das Wort Gottes als Grundlage des Lebens und der Hoffnung
In der Bibel gibt es einen weiteren Hinweis darauf, dass das Wort Gottes gewissermaßen die neue Grundlage ist, auf der man überhaupt nur leben kann. Diese Grundlage bleibt bestehen, wenn das Leben mit dem Wort Gottes völlig übereinstimmt. Wenn das der Fall ist, haben Menschen eine Basis, auf der sie ruhig und gesichert leben können.
Das ist doch das Große: Wenn wir an einem Sterbebett eines Menschen stehen, dessen Lebenskraft schwindet, können wir ihm sagen: Fürchte dich nicht, der Herr ist bei dir. Wir können den 23. Psalm lesen, zum Beispiel: „Ob ich auch wanderte im finsteren Tal...“ Das bleibt bestehen, auch wenn der Leib zerbricht. Dieses Wort bleibt in der Krankheit.
Was mich manchmal sehr ärgert, ist, wenn selbstgläubige Menschen sagen, sie wollten keine Bibelsprüche hören. Aber was bleibt denn sonst in der Traurigkeit der Welt? Das muss man einmal nachlesen. Es sind jetzt vierzig Jahre her, seit Jochen Klepper gestorben ist. In seinen letzten Lebenstagen, als es um das Leben seiner Frau und seiner Tochter ging und er mit Eichmann sprach, sagte er: „Ich kann die Pfarrer mit ihren Predigten nicht mehr hören. Wenn sie doch nur Gottes Wort sagen würden!“ Das ist das Einzige, was durch die Dunkelheit der Welt hindurchrettet.
Das Wort Gottes ist so eine Kraftquelle. Aber es reicht nicht, es nur zu hören. Wenn es unser Leben durchdringt und unser Tun bestimmt, dann ist dieses Wort Gottes die Grundlage.
Man muss jetzt im ersten Petrusbrief nachschlagen. Ich möchte Sie bitten, die Bibel dabei zu haben: Im Neuen Testament, Seite 230, 1. Petrus 1,23 steht: „Ihr seid ja wiedergeboren.“ Ich sage immer lieber „erneut geboren“ wegen des Missverständnisses der Wiedergeburt im Buddhismus. Nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das immer bleibt. Denn alles Fleisch ist wie Gras.
Hier wird auch das Wort aus Jesaja 40 aufgenommen: „Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Herrlichkeit wie die Blume des Grases. Das Gras verdorrt, und die Blume fällt ab, aber das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.“ Das ist das Wort, das euch verkündigt worden ist. Damit ist die Vergänglichkeit unseres Lebens überwunden.
Das macht uns fest und gewiss, auch wenn um uns Wüste und Dürre herrschen. Müde und verzagt, kraftlos und ohne Hoffnung schöpfen wir aus dem Wort Gottes neue Kraft. Das geschieht durch das Bibellesen, durch persönliche Stille, durch unsere Bibelstunden und Gemeinschaftsstunden, wo wir uns sammeln, durch Hauskreise, wo wir uns gegenseitig zusprechen, durch Briefe oder persönliches Trösten.
Da, im Wort Gottes, gilt: Fürchte dich nicht, der Herr ist mit dir.
Die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes in der Wüste des Lebens
Das Zweite, auch wenn man sich ganz verlassen fühlt. Ich will jetzt ein wenig zusammenfassen und vom Anderen sprechen.
Jesaja verwendet ein wunderbares Bild: Die Wüste, die uns so unbarmherzig und unwirtlich erscheint, mit ihrer flimmernden Sonne und dem trostlos grauen Sand, wird plötzlich erfüllt von der Gegenwart Gottes. Es geht nicht nur darum, dass das Wort Gottes in unser Ohr dringt, sondern darum, dass die Herrlichkeit Gottes in unserem Leben Platz machen will.
In der Wüste unseres Lebens, dort, wo wir sagen: „Bei mir sieht es so dunkel und trostlos aus, seit mein Mann gestorben ist“, oder „Bei mir sieht es so verzweifelt aus, seit meine Kinder mich im Streit verlassen haben“, und seitdem in unserem Leben so viel Böses geschehen ist, das uns niederdrückt und das wir kaum überwinden können in der Empfindsamkeit unseres Herzens – gerade in dieser Wüste will Gott seine Herrlichkeit offenbaren. Ihr Leben soll eine Hütte sein, in der Gott gegenwärtig ist.
Oft haben wir ganz anders gehandelt. Wir meinten, wir müssten uns nur selbst wehren und haben uns in diesen Stunden der Qual, der Traurigkeit und der Prüfung nicht vor dem heiligen Gott gebeugt. Wir haben nicht gesagt: „Herr, zieh du jetzt ein und mach mein zerbrochenes, wüstes Leben neu zu einer Stätte deiner Herrlichkeit. Mach eine Bahn, eine ebene Bahn für unseren Gott!“
Räumen Sie weg, was jetzt das Kommen Jesu hindert! Das ist der Grund, warum sich das oft gar nicht erfüllt. In der Traurigkeit kehrt Jesus nicht einfach so ein. Wir müssen die Hügel eben machen, die seinem Kommen im Wege stehen. Wir müssen unrechtmäßige Dinge bekennen.
Darum hat Johannes mit seiner Botschaft Recht. Es gehört seit Alters her dazu. In der alten Kirche stand Johannes der Täufer an diesem dritten Adventssonntag zur Vorbereitung der gläubigen Christen da, um sie aufzufordern, die Hügel wegzuräumen, den Streit in ihrem Leben zu beenden, vor Gott Sünde zu bekennen und auszusprechen, damit der Weg gebahnt werden kann und Jesus einziehen kann.
Bereitet dem Herrn den Weg! Er will einkehren. Die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen.
Ich kann Ihnen das jetzt nicht genau beschreiben. Dazu müsste ich erzählen, wie sündige Menschen erleben, wie Gott ihr Fleisch, ihr irdisches Leben mit seiner göttlichen Gegenwart erfüllt, wenn er kommt – mit seinem Heiligen Geist. Unser ganzes Leben wird durchwirkt. Er erfüllt uns nicht nur im Herzen, sondern macht unsere Hände tätig und erfüllt unser Gemüt mit Freude.
Das soll geschehen. Das ist das Trösten Gottes.
Gottes Herde und der gute Hirte
Und das Letzte: Auch wenn man nicht mehr zurechtkommt, wird mir ganz wunderbar bewusst, wie persönlich das Wort plötzlich zu uns gesprochen ist. Wir warten darauf, dass uns eine Kunde von Gott laut wird, wie die Welt weitergeht. Das war damals in einer dunklen Stunde des Volkes Israel so.
Da vollzieht sich plötzlich eine Scheidung, denn Gottes Wort ruft und sammelt zu seiner Gemeinde. Das Geheimnis müssen Sie einmal verstehen: Es gibt keine Gotteszusage und keine Segenszusage für unsere Weltgeschichte. Dort steht nur das Ernste darüber, dass diese Welt reift zum Gericht Gottes hin.
Aber mitten in dieser Weltgeschichte sammelt Gott sein Volk. Gehören Sie irgendwo konkret zu einer Gemeinde? Ich muss Ihnen das auch sagen: Wir laden Sie ein, sich noch viel näher anzuschließen – in unsere Gebetsgruppen, in unsere Hauskreise. Aber Sie müssen das nicht nur hier tun. Sie können das auch an einem anderen Ort tun, aber es muss eine lebendige, gläubige Gemeinde sein.
Da müssen Sie einen Anschluss haben, weil es so wunderbar ist, wenn Gott sein Volk sammelt. Davon heißt es hier am Ende dieses Abschnitts in Vers 10: „Euer Gott kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen, und er wird seine Herde sammeln.“
Ich weiß das immer wieder, wenn ich nur ein wenig weg bin zu einem Dienst auswärts, welche Freude es ist, wenn wir uns hier wieder sammeln. Das ahnen Sie gar nicht, welche Stärkung und Ermutigung das für mich persönlich ist. Wie oft sind mir schon manche unserer jungen Leute im Glauben Vorbild geworden und haben mich angespornt. Wie viel Kraft ich durch sie empfange – das ist das Geheimnis der Herde Gottes.
Im Mittelpunkt dieser Herde Gottes steht der Hirte. Das Bild ist so schön, wie er die Lämmer auf seine Arme nimmt. Dieses Bild ist ganz anders, als wir es vermuten. Kein Scheldwort! Er müsste doch eigentlich die Lämmer zusammenstauchen und sagen: „Ihr seid immer noch so mickrige Tiere, ja, nicht mal Viecher. Ihr müsst mal was werden, ihr müsst Wolle geben!“
Der Hirte aber hat Erbarmen mit den Schwachen, auch mit den Unsicheren. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn steht ja, dass er ihn nicht zusammenbrüllt, sondern ihm einen Kuss auf die Stirn gibt – dem schmuttligen Sohn. So groß ist der gute Hirte, der sie in diesen Adventstagen erquicken will.
Das soll bei Ihnen geschehen, wenn Sie Frustrationen haben, wie man heute sagt, und müde sind und keine Hoffnung mehr haben. Er zieht dieses Lamm ganz nah an sich und hüllt es in sein Gewand, sodass nichts mehr geschehen kann. Das ist das schönste Hirtenbild.
Er führt auch die Mutterschafe. Es ist schön, dass es Mutterschafe gibt – Mütter im Glauben. Und das Schwerste, was geschehen kann, ist, wenn eine Mutter ihre Kinder nicht im Glauben führen kann. Ein wunderbares Bild für jene, die andere weiter betreuen, junge im Glauben gekommene Menschen weiterführen zur Erkenntnis des Glaubens.
Er wird seine Herde weiden. Das wird geschehen, dass das Volk Gottes in unserer Welt ist und sich sammelt – mitten in all den Ängsten und Traurigkeiten. Und fröhlich die wunderbaren Lieder singt. Sie dürfen sich bergen in der mächtigen Hand des guten Hirten. Amen.