Einen schönen guten Abend und herzlich willkommen zu unserem Abendvortrag zum Thema „Mit gutem Gewissen essen und trinken“.
Wenn man die Medien konsumiert, also entsprechende Dokumentationen und Ähnliches, dann fragt man sich manchmal: Herr Menschenskinder, hier sind irgendwelche Rückstände, dort gibt es Probleme mit der Tierhaltung. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass man kaum noch etwas mit gutem Gewissen essen oder trinken kann.
Oder man geht in den Bioladen, doch auch dort klingelt das Gewissen, wenn man die Preise sieht. Für ein ganz normales Brathähnchen zahlt man schnell 15 Euro oder mehr. Man kann es drehen und wenden, wie man will – die Frage drängt sich auf: Was kann man eigentlich noch als Christ mit gutem Gewissen essen und trinken?
Darum soll es heute Abend gehen. Wir wollen dieser Frage gemeinsam nachgehen.
Ich möchte das Thema anhand von vier Bereichen vorstellen: Erstens Essen und Trinken als Gabe Gottes, zweitens Essen und Trinken und Gottes Reich, drittens Essen und Trinken und Gottes Ehre und viertens schließlich Essen und Trinken in ethischer Verantwortung.
Kommen wir zum ersten Punkt: Essen und Trinken als Gabe Gottes. Gott gibt nur Gutes. Das heißt, Gott ist ein Gott, der Qualität schenkt. Schon im Paradies wurde gegessen und getrunken.
In 1. Mose 1,29 lesen wir: „Und Gott sprach: Seht da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise.“
Das ist sehr interessant. Offenkundig wurde tatsächlich im Paradies schon gegessen und getrunken, und wahrscheinlich auch mit großem Genuss.
Nur eins war ausgeschlossen, nämlich die verbotene Frucht. Die verbotene Frucht hat nichts mit einem Nahrungsverbot zu tun. Es ging hier nicht um die Frucht als solche, als Nahrungsmittel, sondern um die geistliche Bedeutung. Gott sagt an einem Punkt: „Okay, das alles dürft ihr, aber eben bei diesem einen Punkt nicht.“
Gott setzt Grenzen – das hat eine geistliche Bedeutung. Wie wir wissen, hängt das mit freiwilligem Gehorsam und all diesen Dingen zusammen. Der Mensch hat sich eben nicht daran gehalten. Aber es geht hier tatsächlich nicht um die Nahrungsaufnahme an sich.
Ein weiteres Merkmal, das ich in der Bibel sehe, ist die Freude am Guten. Genussfähigkeit gilt in der Bibel tatsächlich als Kennzeichen der Ebenbildlichkeit Gottes im Menschen.
In der Bibel wird der Mensch als Verbindung von Leib, Seele und Geist beschrieben. Der Mensch besteht nicht nur aus Seele und Geist, sondern ganz wesentlich auch aus Leib.
Dazu kommt die Ästhetik und Kreativität, die den Menschen ganz wesentlich vom Tier unterscheidet.
Jetzt mal Hand aufs Herz: Ich habe noch keinen einzigen Hund, keine Katze oder ein anderes Tier erlebt, das sich seine Speisen zubereitet. Die Löwin, der Tiger oder der Leopard gehen auf die Jagd, lauern und beißen in ihre lebende Beute hinein.
Da ist nichts von Kochbuch, nichts von Zubereiten und nichts von Würzen. Das macht eigentlich nur der Mensch.
Der Mensch bereitet sich gewissermaßen seine Speisen zu. Das Auge isst mit, und all diese Dinge – Ästhetik, Kreativität, verschiedene Geschmäcker – sind typisch für den Menschen.
Man kann sagen: Die Fähigkeit zum Genuss, also die Fähigkeit, das Schöne auch beim Essen wahrzunehmen, zeichnet den Menschen als Ebenbild Gottes aus.
Das zeigt, was mit der Ebenbildlichkeit Gottes in der Bibel gemeint ist: die ganz besondere Würde und Art des Menschen.
Der Mensch bereitet Speisen zu, benutzt Kochbücher und Rezepte und ordnet im Grunde das, was in der Natur vorfindlich ist, zu einem schönen Gericht zusammen.
Damit sind wir beim nächsten Thema, nämlich beim Genuss. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie den Begriff Genuss hören.
Es gab Zeiten – tatsächlich in der Theologie und Kirchengeschichte – da stand Genuss nicht an erster Stelle im Lebensablauf eines Menschen. Vielmehr galt damals eher der Begriff Askese, also freiwillige Armut, Verzicht und das Streben danach, die Dinge möglichst schlicht und einfach zu gestalten. Das ist durchaus auch ein biblischer und geistlicher Wert.
Allerdings sehen wir in der Schrift auch die andere Seite: Genussfähigkeit ist etwas Gutes. Genuss ist etwas, was Gott tatsächlich schenkt. Sehr schön zeigen das etliche Verse, etwa im Buch Prediger, aber auch an anderen Stellen. Ich werde gleich noch einiges dazu zeigen. Dort heißt es zum Beispiel: „Denn wer kann fröhlich essen und genießen ohne ihn?“ Das bedeutet, die Freude an Gottes Schöpfung und an dem, was Gott schenkt, führt dazu, dass man Dinge mit Freude genießen kann. Genuss an sich ist also nichts Böses – ganz im Gegenteil.
Wenn man Dinge genießen kann, vielleicht auch das Einfache oder das Schmackhafte, dann ist das etwas Gutes. Es muss ja nicht immer Hummer und Kaviar sein. Fröhlich essen und genießen – quasi im Namen Gottes – ist etwas Positives.
In Jesaja 55,2 lesen wir: „Warum zählt ihr Geld für das, was kein Brot ist, und euren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am köstlichen laben!“
Man kann sagen, in diesem prophetischen Text geht es nicht vorrangig ums Essen. Tatsächlich wird das Essen, das Köstliche und Gute hier als Vergleich benutzt, der auf geistliche Dinge hinweist – nämlich auf die geistlichen Güter, die Gott schenkt, wie Gnade, Barmherzigkeit, Erlösung und ähnliche Dinge.
Ähnliches sehen wir auch im Neuen Testament, wenn Jesus etwa sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“ oder „Ich bin das Wasser des Lebens“. Damit knüpft er an alltägliche Dinge und Bedürfnisse an und überträgt sie auf geistliche Dimensionen. Ähnlich ist es beim Weinstock und beim Wein, beim Abendmahl und all den Dingen, die wir praktisch aus der Bibel kennen.
Ein weiteres Beispiel ist Johannes 2, die Hochzeit zu Kana, wo Jesus tatsächlich Wasser zu Wein macht. Das wird manchmal in christlichen Kreisen schnell überlesen, aber es ist wichtig: Jesus macht für die Hochzeitsgäste Wasser zu Wein, weil der Wein ausgegangen war. Das bedeutet, die Gäste hatten bereits etwas getrunken – ich sage mal salopp, sie waren schon ein wenig angetrunken – und Jesus fügt noch zusätzlichen Wein hinzu, und zwar von bester Qualität.
Der Diener an der Hochzeit sagt sogar: Normalerweise gibt man zuerst den guten Wein, und wenn die Gäste weniger Geschmack differenzieren können, dann den schlechteren Wein. Jesus macht also Wasser zu Wein.
Natürlich ist das niemals ein Alibi für Trinkgelage. Darum geht es hier nicht. Wenn man sich vorstellt, wie die Verhältnismäßigkeit damals war, wird das deutlich: Bei einer antiken Hochzeit in Dörfern – und ich habe mir sagen lassen, dass das in ländlichen Gegenden und Dörfern bis heute teilweise so ist – war das ganze Dorf eingeladen, sowohl das Dorf der Braut als auch das des Bräutigams. Die Dörfer waren vermutlich nicht sehr groß, aber man kann schätzen, dass mindestens 200 bis 300 Leute zusammenkamen.
Dann ist die Verhältnismäßigkeit gegeben, dass 500, 600 oder 700 Liter Wein, verteilt auf 200 bis 300 Leute und auf einen ganzen Abend oder vielleicht sogar zwei bis drei Tage, nicht extrem sind.
Ein weiteres Beispiel finden wir in 1. Timotheus 6,17: „Den Reichen in dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz sein und auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu genießen.“
Das zeigt, dass Genuss als Geschenk Gottes nicht nur in den Sprüchen, Predigten und alttestamentlichen Texten vorkommt, sondern auch im Neuen Testament. Gott gibt uns gute Dinge, damit wir das Gute tatsächlich auch genießen können.
Sie spricht in diesem Zusammenhang auch von weiteren Aspekten, nämlich vom Begriff der Maßhaltigkeit oder des Maßhaltens, also einem maßvollen Genuss. Maßlosigkeit gilt in der Schrift stets – und das war übrigens auch im Alten Testament so – als Ausdruck eines gottlosen Lebensstils.
Entsprechend finden wir hier auch eine Grenzziehung bezüglich des Weingenusses, etwa in Epheser 5,18, wo es heißt: „Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen.“ Interessant ist hier der Gegensatz: Auf der einen Seite das ständige Betrunkensein und das daraus entstehende unordentliche Wesen. Jeder, der Alkoholiker kennt und die damit verbundenen Probleme sieht, weiß, wovon hier die Rede ist. Das ist keine Situation, in die Gott möchte, dass man gerät.
Dem gegenüber steht ein auf Jesus ausgerichtetes, vom Geist erfülltes Leben. Die Grenze ist also sehr wohl vorhanden. Genuss, auch von Alkohol, ist keine Sünde in der Bibel, definitiv nicht. Allerdings muss alles in einem Maß geschehen, in dem man sagen kann, es handelt sich nicht um Suchtkonsum. Vielmehr ist es der Geschmack des Guten, der Geschmack von Dingen, die Gott schenkt. Genuss wird als etwas Gutes verstanden – und in diesem Zusammenhang auch der Genuss von Alkohol, allerdings innerhalb eines Rahmens, der keine schwerwiegenden Folgen für die Persönlichkeit oder das Leben des Menschen hat. Vielmehr erfreut er den Menschen, zum Beispiel ein guter Wein zum Essen oder in unserer Kultur vielleicht auch ein gutes Bier.
Das stellt kein geistliches Problem dar. Ganz im Gegenteil: Wir können diesen Genuss als ein Geschenk Gottes wertschätzen. In 1. Petrus 4,3 heißt es: „Denn es ist genug, dass ihr die vergangene Zeit zugebracht habt nach heidnischem Willen, als ihr ein Leben führteet in Ausschweifung, Begierden, Trunkenheit, Fressenheit, Sauferei“ – so übersetzt Luther – „und gräulichem Götzendienst.“ Hier werden verschiedene Formen der Maßlosigkeit aufgezählt. Dazu gehört auch die Ausschweifung, die eine Form der Maßlosigkeit darstellt. Trunkenheit, Fresserei oder Völlerei sowie gräulicher Götzendienst sind alles Ausdrucksformen von Maßlosigkeit, die wiederum einen gottlosen Lebensstil kennzeichnen.
Ein weiteres Beispiel findet sich in Galater 5,21: Dort ist die Rede von Neidereien, Trinkgelagen, Völlereien und Ähnlichem. „Von diesen sage ich euch im Voraus, wie ich zuvor gesagt habe, dass die, die so etwas tun, das Reich Gottes nicht erben werden.“ Auch hier wird die Grenze bei der Maßlosigkeit gezogen, bei einem Leben, das sich mit solchen Dingen füllt. Völlerei und Verschwendung entsprechen nicht der Idee des Genusses, wie sie in der Bibel dargestellt wird. Sie entsprechen nicht dem Guten, das Gott uns schenkt.
Ein weiteres bekanntes Beispiel ist Belsazars Gastmahl im Buch Daniel. Dieses Fest zeigt, wie Maßlosigkeit auf die Spitze getrieben werden kann. Belsazar scheute nicht einmal davor zurück, die heiligen Geräte aus dem Tempel Israels zu missbrauchen. Daraufhin sprach Gott: „So, jetzt ist endgültig Schluss.“ Es folgte das berühmte Schrift an der Wand. Gott duldete diese Maßlosigkeit nicht.
Wir erinnern uns auch an die römischen Orgien in der Antike oder an Herodes, der sich sogar als Gott verehren ließ. Auch hier zeigt sich die absolute Maßlosigkeit als Ausdruck eines gottlosen Lebensstils. Dagegen wenden sich die genannten Bibelstellen. Sie richten sich nicht gegen Genuss an sich, sondern gegen grenzenlose Maßlosigkeit und Entgrenzung als Ausdruck eines gottlosen Lebensstils.
Qualität als Wesensmerkmal Gottes
Alles, was Gott gemacht hat, war von sehr guter Qualität. Auch im Hinblick auf Essen und Trinken gilt im Grunde das Ideal von Qualität, also gesundes Essen und Trinken.
Hier haben wir Beispiele, etwa Daniel und seine Freunde. Man könnte natürlich sagen, dass es hier auch um die Reinheitsgebote geht. Für jeden Israeliten war praktisch vorgeschrieben, was er essen darf und was nicht. Es gilt sozusagen, wenn man nach Israel kommt, noch heute das Prinzip des Koscheren, also im Hebräischen „koscher“, was bedeutet, wirklich rein zu essen – das, was nach den Reinheitsgeboten erlaubt ist.
Wir können jedoch davon ausgehen und vermuten, dass das, was in Babylon angeboten und verzehrt wurde, wahrscheinlich nicht das Gesündeste war. Es war vermutlich sehr opulent, wie man sich vorstellen kann. Daniel und seine Freunde baten darum, lieber Wasser und Gemüse zu bekommen. Sehr interessant ist, dass dies tatsächlich Wirkung zeigte.
Man kann diese Stelle natürlich nicht einfach als alleinige Referenz für einen veganen Lebensstil nehmen. Das wäre meines Erachtens ein theologischer Fehler. Es ist vielmehr ein Beispiel dafür, wie gesundes Essen in einer spezifischen Situation aussehen kann. Von der Textauslegung her kann man einzelne Stellen nicht verallgemeinern.
Zweitens: Essen und Trinken und Gottes Reich.
Auch das ist ein wichtiger Aspekt: Essen und Trinken ist nicht alles. Es ist nicht das Wichtigste, dass ich mir überlege, was ich jetzt leisten kann. Ich habe Menschen kennengelernt, bei denen man wirklich den Eindruck hat, dass das Thema gesunde Ernährung im Mittelpunkt steht. Es geht darum, wie viele Vitamine von dem und wie viele Vitamine von dem, hier noch und da noch, Kohlenhydrate, Fetteinheiten, Broteinheiten und was sonst noch alles. Das scheint das Wichtigste in ihrem Leben zu sein.
Da wird ständig im Internet oder in Zeitschriften nachgeschaut, wie es mit dem Essen und Trinken aussieht. Hier noch etwas Neues, dort noch etwas, es gibt einen speziellen Tee, der angeblich etwas bewirkt, hier noch etwas, da noch etwas. So entsteht der Eindruck, dass dieses Thema für manche Menschen fast religiöse Züge annimmt.
Genuss ja, Gott gibt etwas Gutes. Das haben wir im ersten Teil gesehen: Gott gibt uns die Möglichkeit und schenkt uns die Freude daran, Dinge zu haben und zu genießen – Freude an gutem Geschmack, an gut zubereitetem Essen, Freude an Qualität. Aber gesamtbiblisch gesehen ist das nicht das Wichtigste. Das Reich Gottes steht über allem.
„Trachtet zuerst nach Gottes Reich“, so lesen wir in Matthäus 6,25: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?“ Das heißt, es gibt in Anbindung an Jesus Christus eine viel größere, wichtigere und wertvollere Dimension als Essen und Trinken oder gar als die Kleidung.
Auch die Kleidung ist ein Beispiel. Ich kenne Menschen, die tauschen alle paar Monate ihre gesamte Garderobe aus. Das finde ich schon sehr interessant. Jeder kann natürlich machen, was er will. Aber man könnte den Eindruck gewinnen, dass der Wunsch, immer das Neueste und Angesagteste zu besitzen, sehr viel Kapazität im Denken, in der Ausrichtung und Gesinnung dieser Menschen einnimmt und einen großen Platz im Leben besitzt.
Gott gibt Gutes, ja. Gott ist auch nicht gegen modische Kleidung, Gott ist auch nicht gegen das Schöne. So nach dem Motto „fromme Frau grau in grau“ – ganz sicherlich nicht. Aber auch hier gilt: Es ist nicht das Wichtigste.
Es kann sein, dass wir in Situationen kommen, in denen wir tatsächlich sogar um Jesu Willen leiden. Dann sitzt man vielleicht irgendwo im Gefängnis bei Wasser und Brot. Aber Gottes Reich steht über allem. Das sehen wir bei Paulus, bei Petrus und in der Kirchengeschichte durchgängig. Menschen mussten um ihres Glaubens willen Nachteile in Kauf nehmen und wurden teilweise sehr stark und streng verfolgt.
Die Bibel und das Neue Testament kennen kein Märtyrerideal. Das ist nicht gemeint, und es ist auch nicht die Grundsituation. Aber wichtig ist die Verhältnismäßigkeit auch an dieser Stelle. Essen und Trinken, Kleidung und all diese äußeren Dinge sind gut, sie sind ein Geschenk Gottes. Gott gönnt uns Gutes, aber es ist nicht das Wichtigste.
Gottes Reich, Jesu Wille und sein Weg, der Gehorsam gegenüber dem Evangelium und all diese Dinge stehen definitiv über allem.
Im Alten Testament werden wir gleich noch ausführlicher über verschiedene Opfer sprechen. Eines dieser Opfer ist beispielsweise das Speisopfer. Es drückt im Grunde die Priorität aus. Gott sagt: Gib mir etwas von dem, was du hast. Das gilt ja sowieso bei den Opfern, die im Wesentlichen eine symbolische Bedeutung haben.
Das Speisopfer bedeutet: Ich gebe etwas als Zeichen des Dankes und der Hingabe. Opfern hat immer mit Hingabe zu tun. Ich gebe sozusagen Gott etwas zurück.
Diese Idee, diesen Gedanken haben wir tatsächlich auch im Neuen Testament. Wenn es darum geht, für das Reich Gottes etwas zu geben, zu teilen, in die Gemeinde etwas zu geben. Für manche ist hier das Ideal des Zehnten ein Leitmaß.
Im Neuen Testament haben wir tatsächlich die Möglichkeit – so hat Herr Deichmann, den ich vor vielen Jahren persönlich kennengelernt habe, in einer Predigt gesagt – als Christ darf man auch mehr geben. Wenn Herr Deichmann das sagt, bin ich sicher, dass er das wahrscheinlich in seinem Leben auch so gelebt hat.
Aber es geht hier nicht darum, möglichst viel Anerkennung zu bekommen oder sich gar Gottes Gnade und Zuwendung zu verdienen. Es ist ein Zeichen der Dankbarkeit. Ich teile, ich gebe etwas als Ausdruck der Dankbarkeit. Ich opfere etwas als Zeichen der Dankbarkeit. Das ist sozusagen die Kontinuität dieses Gedankens.
Schließlich heißt es im Neuen Testament in Römer 14,17: „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Hochinteressant.
Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist der Verzicht um des Reiches Gottes Willen. In der Bibel wird dieses Thema, wenn auch nicht so vorrangig, immer wieder im Zusammenhang mit dem Fasten erwähnt.
Hand aufs Herz: Wann haben wir das letzte Mal gefastet? Wann haben Sie das letzte Mal verzichtet um des Reiches Gottes Willen? Dabei ist Fasten im Grunde genommen eine Übung. Wenn wir fasten, dann verzichten wir nicht einfach nur, weil wir müssen. Vielmehr ist es eine Art Verzichtsübung. Wir verzichten bewusst zugunsten der Zeit. Die Zeit, die wir sonst mit Essen verbringen würden, nutzen wir dann, um in der Bibel zu lesen. Oder das Geld, das wir sparen, geben wir vielleicht für einen wohltätigen Zweck.
Man verbindet das Fasten also mit etwas anderem, das man anstelle des Essens tut, oder mit der Ersparnis von Zeit oder Geld, um damit etwas anderes zu unterstützen.
Verzicht um des Reiches Gottes Willen bedeutet jedoch auch die Möglichkeit von Entbehrungen. Maria und Joseph erlebten auf der Flucht mit dem Jesuskind solche Entbehrungen. Dabei ging es nicht darum, bewusst zu fasten, sondern es war eine entbehrungsreiche Zeit.
Es gibt Phasen im Leben, die von Entbehrungen geprägt sind. Die meisten von uns, die in den letzten Jahrzehnten geboren wurden, haben solche Zeiten wahrscheinlich nicht erlebt. Ich hoffe und wünsche mir, dass das auch so bleibt. Doch wir wissen natürlich nicht, wie die Zukunft aussieht.
In der Ukraine erleben die Menschen gerade etwas ganz anderes. Aufgrund kriegerischer Handlungen und feindlicher Angriffe sind sie unsäglichen Entbehrungen ausgesetzt. Entbehrungen, die wir uns in unserem Wohlfahrtsstaat kaum vorstellen können: Tage- und wochenlang kein Strom und keine Heizung bei den aktuellen Temperaturen.
Solche Entbehrungen kann es tatsächlich auch um Christi willen geben. So lesen wir in Philipper 4,12, wo Paulus, der viele unterschiedliche Lebenssituationen kennt, sagt: „Ich kann niedrig sein und kann hoch sein. Mir ist alles und jedes vertraut, beides: satt sein und hungern, Überfluss haben und Mangel leiden.“
In diesem Zusammenhang sagt er: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“ Manche reißen nur den letzten Teil heraus und verstehen es als „immer Sieg, Sieg, Sieg“. Aber hier geht es darum, dass man in Christus die unterschiedlichsten Lebenssituationen – sei es Mangel oder Überfluss – aus Gottes Hand annehmen und in seinem Leben durchtragen kann.
Dabei sind beide Seiten gemeint, nicht nur das Hungern, sondern auch der Überfluss. Auch Paulus kannte Zeiten des Überflusses, also Genuss und die Freude am Guten, auch an gutem Essen. Das war ihm wie allen anderen Aposteln der Urgemeinde nicht fremd.
Damit kommen wir zum dritten Punkt: Essen und Trinken und Gott ehren.
Die Frage, was wir grundsätzlich bedenkenlos essen und trinken können, wird immer wieder im Zusammenhang mit den sogenannten Speisegeboten gestellt. Besonders unter Christen und Menschen, die ernsthaft Christen sein wollen und sich bewusst an Gottes Wort orientieren, wird gefragt: Was sagt die Bibel eigentlich darüber, was man essen darf?
Zunächst einmal wissen wir, dass Gott uns Gutes gibt. Genuss ist in Ordnung, und maßvolles Verhalten in diesen Dingen ist der richtige Weg. Völlerei und Maßlosigkeit hingegen sind nicht gut. Zudem ist Essen und Trinken nicht alles; das Reich Gottes und die Ehre Gottes stehen darüber.
Doch es stellt sich die Frage: Wie ist es nun genau? Wie sieht es aus mit Schweinefleisch oder mit Schrimps? Wenn man sich die sogenannten Kaschrut, also die Speisegebote, genauer anschaut, ist das recht interessant. Wir wollen uns das näher ansehen und danach der Frage nachgehen, welche Reichweite die Kaschrut haben und inwieweit sie für uns heute noch Gültigkeit beanspruchen können.
Die Speisegebote, die Kaschrut genannt werden – der Name „koscher“ stammt vom gleichen hebräischen Wortstamm – unterscheiden grundsätzlich zwischen rein und unrein. Dabei bezieht sich die Unterscheidung nur auf Tiere, nicht auf Pflanzen.
Schauen wir uns das einmal genauer an, insbesondere den Text in 5. Mose 14. Als rein gelten zum Beispiel Rind, Lamm, Zicklein – das ist naheliegend – sowie Ziege. Auch der Damhirsch, die Gazelle, der Rehbock, Wildziege, Wisent, Wildschaf und Steinbock gelten als rein. Es sind alles Großtiere, die gespaltene Klauen haben und Wiederkäuer sind.
Außerdem gelten alle Tiere mit Flossen und Schuppen als rein. Ebenso gilt reines Geflügel als erlaubt. Das erklärt zum Beispiel, warum es beim Kebab Hähnchendöner gibt, denn der Islam hat diese Speisegebote aus dem Alten Testament übernommen. In Israel kennt man entsprechend Hähnchenfleisch und anderes reines Geflügel.
Interessant ist nun, was als unrein gilt, also was nicht verzehrt werden soll. Dazu gehören zum Beispiel das Kamel, der Hase und der Klippdachs. Obwohl der Hase tatsächlich ein Wiederkäuer ist – allerdings auf eine andere Art als Rinder, denn Hasen fressen ihre Ausscheidungen erneut, was für ihre Verdauung wichtig ist – gilt er als unrein, weil er keine gespaltenen Klauen hat.
Auch das Wildschwein gilt als unrein. Es ist kein Wiederkäuer, und genau das ist der Grund für seine Unreinheit, nicht etwa, weil es alles Mögliche frisst. Meerestiere ohne Flossen und Schuppen, wie Muscheln, Schrimps und Hummer, sind ebenfalls unrein. Preisliche Gründe spielen hier keine Rolle.
Weiterhin sind Aasgeier, Schwarzgeier und Bartgeier unrein, ebenso der Milan, verschiedene Bussardarten, alle Arten des Raben, verschiedene Eulenarten, Falkenarten, Kauzbienenfresser, die weiße Eule, Fischadler und Störche. Auch Fledermäuse und anderes fliegendes Kleingetier gelten als unrein.
Eine weitere Regel lautet, dass das Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter gekocht werden soll. Das ist ebenfalls sehr interessant.
Viele dieser Tiere, die für manche von uns durchaus zum Speiseplan gehören, sind hier als unrein qualifiziert. Die Frage ist nun: Was bedeutet das? Was ist der Sinn der Speisegebote im Alten Testament und für das Volk Israel?
Hier gibt es verschiedene Auslegungen. Drei jüdische rabbinische Sichtweisen möchte ich vorstellen. Maimonides sagt, die verbotenen Speisen schaden dem Körper. Gott hat sie verboten, weil sie ungesund sind. Ein anderer, Malbim, meint, sie schaden der Seele. Vielleicht haben beide Recht.
Die Kabbala, eine Form der jüdischen Mystik, sieht die Speisegesetze als Erziehung zur Herrschaft über die eigenen Gelüste. Sie helfen, aufkeimende Wünsche zu unterdrücken und verhindern, dass die Freude am Essen und Trinken als Zweck des menschlichen Daseins angesehen wird. Die Speisegebote wirken also erzieherisch, um die Wünsche im Zaum zu halten.
Wenn wir genauer in den biblischen Text hineinschauen, fällt etwas sehr Bedeutsames auf, das oft übersehen wird. Dort heißt es: „Das soll euch unrein sein.“ Im hebräischen Text wird das „euch“ besonders betont durch die Partikel „hu“: „tame hu lachem“ – „das soll euch unrein sein“. Das bedeutet, dass es nicht prinzipiell unrein ist, sondern speziell für euch, für Israel.
Diese Formulierung weist auf die Identität Israels als erwähltes Volk Gottes hin, in Erinnerung an den Sinaibund (2. Mose 19,5-6). Dort heißt es: „Ihr sollt ein Volk für mich sein.“ Im Hebräischen steht „li“, also „für mich“. Israel soll also ein Volk sein, das Gott dient und auf ihn ausgerichtet ist.
Daran lässt sich die Reichweite der Kaschrut erkennen. Wie auch Schabbat und Beschneidung sind sie wesentlich identitätsstiftend für Israel. Sie symbolisieren den Gedanken der Heiligkeit, der Auswahl und des Abgesondertseins vom Ganzen.
Indem Israel dieser göttlichen Auswahl folgt, indem es die Beschneidung vollzieht – ein Zeichen des Ablegens des Fleisches, wie es im Neuen Testament erklärt wird – und den Sabbat als besonderen Tag einhält, wird dieser Gedanke der Identität zum Ausdruck gebracht. Der Sabbat hat dabei nicht nur eine Bedeutung im Sinne der Schöpfungsordnung, sondern auch eine tiefe geistliche Bedeutung, die mit starken Sanktionen verbunden ist. So zeigt sich, wie wichtig diese Gebote für die Identität Israels waren und sind.
Fazit
Bei den Kaschrut, wie auch beim Sabbat und bei der Beschneidung, geht es nicht so sehr um das Essen oder die Speise an sich. Vielmehr steht hier eine geistliche Bedeutung im Vordergrund, nämlich der Gedanke der Auswahl, der repräsentiert und symbolisiert wird.
Wie kommt man darauf, dass das nicht grundsätzlich so sein sollte? Diese Frage verweist im Grunde genommen auf das sogenannte noachitische Urgebot. Dieses finden wir im ersten Buch Mose, Kapitel 9, sehr interessant beschrieben. Nach der Sintflut – Noah und seine Familie wurden gerettet, die Taube stieg aus – heißt es in 1. Mose 9: „Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und füllt die Erde.“ Damit wird im Grunde genommen das wiederholt, was am Anfang der Schöpfung zu Adam und Eva gesagt wurde und noch früher zu den Tieren.
Weiter heißt es dort: „Furcht und Schrecken vor euch sei über allen Tieren auf Erden und über allen Vögeln unter dem Himmel, über allem, was auf dem Erdboden wimmelt, und über allen Fischen im Meer; in eure Hände seien sie gegeben.“ Und nun kommt Vers 3, der besonders interessant ist: „Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise.“ Das bedeutet, alles ohne Einschränkung.
Das steht im Gegensatz zu den Einschränkungen, die wir bei den Kaschrut haben. So sind etwa der Hase oder das Kamel wieder erlaubt, ebenso alle Tiere, die im Zusammenhang mit den Kaschrut als unrein erklärt wurden beziehungsweise ausgesondert sind, sodass Israel sie nicht als Speise hat. „Wie das grüne Kraut habe ich es euch alles gegeben.“
Jetzt folgt aber eine Einschränkung in Vers 4: „Allein esset das Fleisch nicht mit seinem Blut, in dem sein Leben ist.“ Hier erinnern wir uns an Apostelgeschichte 15, das sogenannte Apostelkonzil beziehungsweise das Ergebnis dieses Konzils.
Dieses wird manchmal mit den Kaschrut, also den Speisegeboten, in Verbindung gebracht. Das halte ich jedoch für biblisch nicht begründbar. Apostelgeschichte 15 bezieht sich nicht auf die Kaschrut, sondern tatsächlich auf das noachitische Urgebot. Deshalb sollte es auch keine weiteren Einschränkungen bei den Speisen geben.
Den Heiden, also den aus den Heiden zum Glauben an Christus gekommenen Menschen, soll nichts weiter auferlegt werden als das Enthalten von Götzenopferfleisch, von Ersticktem, von Unzucht und vom Blut. Diese vier Dinge sind hochinteressant. Warum gerade das Blut? Weil es etwas Generelles ist, das im noachitischen Gebot grundsätzlich für alle Menschen gilt. Es gilt also nicht nur für Christen, sondern im Grunde für alle Menschen.
Der noachitische Bund wurde mit Noah geschlossen, von dem die Menschheit sich neu verbreitet hat. Im noachitischen Gebot heißt es: Ihr dürft alles essen, alles, was sich regt und lebt. Es ist eine Geschmackssache. In China nimmt man das offenbar besonders ernst, wie mir Geschäftsleute berichteten, die dort waren. Dort wird tatsächlich, vielleicht auch in anderen Kulturen, alles gegessen, was irgendwie zappelt.
Das ist natürlich eine Geschmacksfrage und keinesfalls vor Gott falsch oder ein Frevel oder eine Sünde. Mit Bezug auf das noachitische Urgebot, das allen Menschen gegeben ist, ist das völlig in Ordnung. Doch eine Sache dürfen wir nicht: Blut essen. Das ist auch der Grund, warum den Heiden gesagt wurde, sie sollen das Blut meiden – und deshalb auch das Erstickte, also nicht nur das ausgelaufene Blut, sondern auch das Blut, das noch in der Speise enthalten ist.
Das heißt, wenn wir Fleisch essen, soll es immer ausgeblutet sein, sodass kein Blut mehr darin ist. Manche sagen, wer isst denn ein Steak, bei dem ja im Grunde noch Blut drin ist, wenn es medium gegart ist? Ich bin kein Metzger oder Fachmann für solche Fragen, aber ich habe gehört, dass die Rückstände, die noch vorhanden sind, im Grunde kein Blut mehr sind, weil das Fleisch ja ausgeblutet ist. Es handelt sich dann nur noch um Fleischsaft, den man nicht herausbekommt, und das ist völlig in Ordnung.
Ein Medium-Steak ist daher aus dieser Sicht völlig akzeptabel. Dabei macht es eigentlich keinen Unterschied, ob das Steak medium oder durchgegart ist. Die Inhaltsstoffe bleiben gleich, sie sind nur in einem anderen Zustand durch die Erhitzung. Das ist nicht das Problem.
Wichtig ist nur, dass das Fleisch ausgeblutet ist. Wer auf die Jagd geht und wild erlegt, darf das Fleisch nicht essen, ohne es ausbluten zu lassen, wenn noch eingedicktes Blut darin ist. Das geht nicht. Gott sagt hier ganz klar: Das ist verboten. Das gilt selbstverständlich auch für Christen.
Abgesehen davon ist alles andere kein Problem und vor Gott völlig in Ordnung. Hier sehen wir den Unterschied: Beide Gebote stehen im Alten Testament, aber das eine ist bei Noah im ersten Buch Mose, Kapitel 9, und das andere sind die Kaschrut im fünften Buch Mose. Die Kaschrut enthalten die Einschränkungen für Israel, die sich aus der Erwählung und der Bestimmung Israels ergeben.
Wie sieht das Ganze nun im Neuen Testament aus? Im Neuen Testament gibt es sehr interessante Wendungen, auch im Hinblick auf die Speise. Was die Identität des Volkes Gottes betrifft, gilt hier etwas ganz anderes.
Die Identität des Volkes Gottes ist nicht mehr an äußere Merkmale gebunden, wie zum Beispiel die Beschneidung, das Halten des Sabbats, bestimmter Festtage oder an die Kaschrut. Wenn wir die Briefe des Paulus oder allgemein die Texte des Neuen Testaments betrachten, etwa auch den Hebräerbrief, wird immer wieder auf diese identitätsstiftenden Merkmale Bezug genommen.
Im Römerbrief wird deutlich: Der eine ist dies, der andere jenes, und so weiter. Auch das Thema, was man isst, wird angesprochen, zum Beispiel im ersten Korintherbrief im Zusammenhang mit Götzenopferfleisch. Die Identität hängt nicht mehr an äußeren Fragen. Die Identität des Gottesvolkes des neuen Bundes liegt ausschließlich in Christus begründet. Darin liegt auch die Erfüllung des Gesetzes und der Kaschrut, die Erfüllung der Identität – nämlich die Verbindung mit Christus, die unmittelbare Verbindung durch den Heiligen Geist.
Damit sind die Speisegebote und die damit zum Ausdruck gebrachte Identität in ihrem geistlichen Sinn, Ziel und Zweck in Christus vollständig erfüllt. Sie müssen von der Gemeinde Jesu nicht mehr eingehalten werden. Das gilt übrigens nicht nur für Heidenchristen, sondern die Briefe des Apostels Paulus richten sich an alle Christen, egal ob sie aus Israel oder aus den Heiden stammen. Allerdings gibt es Einschränkungen: Bestimmte Merkmale können von Judenchristen oder messianischen Juden, wie wir sie heute nennen würden, durchaus weiterhin beachtet werden.
Es ist also keine Sünde, sich an die Kaschrut zu halten. Manche Menschen in messianischen Gemeinden tun dies sogar mit großer Freude. Aber es hat keinen heilsvermittelnden oder gar identitätsstiftenden Sinn mehr. Die Identität des neutestamentlichen Gottesvolkes ist einzig und allein in Christus, in der Existenz en Christo, begründet.
So verstehen wir auch die entsprechenden Stellen bei Jesus und Paulus. Zum Beispiel heißt es: „Lasst euch von niemandem mehr ein schlechtes Gewissen machen wegen Speise und Trank. Denn alles ist nur ein Schatten des Zukünftigen, leibhaftig aber ist es in Christus.“ Hier haben wir genau diesen Gedanken. Auch die Kaschrut sind sozusagen ein Schatten des Zukünftigen, leibhaftig aber ist es in Christus. Die Identität, die damit zum Ausdruck gebracht wird, ist in Christus vollständig erfüllt, leibhaftig ist sie in Christus (Kolosser 2,16-17).
Im Hebräerbrief heißt es: „Dies sind nur äußerliche Satzungen über Speise und Trank, die bis zu der Zeit einer besseren Ordnung auferlegt sind.“ (Hebräer 9,10). Hochinteressant! Diese bessere Ordnung ist mit Christus gekommen, mit der Erfüllung in Christus, dem neuen Bund. Das ist die Ordnung, von der der Hebräerbrief spricht – ein Brief an die Hebräer, also an Menschen, die aus Israel kommen und ihre Identitätswurzeln im Alten Testament haben.
Die äußeren Satzungen waren bedeutsam und hatten ihre Bedeutung im alten Bund, denn Gott hat das so verfügt. Für den neuen Bund gilt das nicht mehr. Es ist in Christus erfüllt, was auf diese Weise zum Ausdruck gebracht werden sollte.
Ganz in dieser Linie überrascht es nicht, was Jesus zu diesem Thema sagt: „Was zum Mund hineingeht, das macht den Menschen nicht unrein, sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein.“ (Markus 7,19). Denn es geht nicht in sein Herz – das ist ja auch die Speise, was man isst und trinkt –, sondern in seinen Bauch und kommt wieder heraus in die Grube. Damit erklärte er alle Speisen für rein.
Das griechische Wort „pasa“ bedeutet „alle“. Wenn hier gesagt wird, dass er alle Speisen für rein erklärt, ist das im Grunde ein Rückbezug auf das noachitische Urgebot, wo Gott alle Tiere zur Speise gegeben hat, ohne Einschränkung. Das heißt, was mit der Kaschrut als Identität des Gottesvolkes des alten Bundes dazwischenkam, ist im neuen Bund erfüllt und damit überholt.
Im gleichen Sinne ist auch die Vision des Petrus in Apostelgeschichte 10,10-16 zu verstehen: Als er hungrig wurde, wollte er essen. Während man ihm etwas zubereitete, geriet er in Verzückung (im Griechischen „Ekstasis“) und sah den Himmel geöffnet und etwas wie ein großes leinernes Tuch herabkommen, das an vier Zipfeln auf die Erde niederging. Darin waren allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde und Vögel des Himmels.
Eine Stimme sagte zu ihm: „Steh auf, Petrus, schlachte und iss!“ Petrus aber antwortete: „O nein, Herr, ich habe noch nie etwas Verbotenes und Unreines gegessen.“ Die Stimme sprach zum zweiten Mal: „Was Gott gereinigt hat, das nenne du nicht verboten.“ Das geschah dreimal, und das Tuch wurde wieder hinaufgenommen in den Himmel.
Für Petrus war diese Situation undenkbar, denn er dachte noch so. Gott machte ihm auf diese drastische Weise klar: Was ich rein nenne, das darfst du nicht unrein nennen. Hier ist auch die Verbindung zur Markus 7-Stelle, wo Jesus alle Speisen für rein erklärt.
Dieser Text hat einen tiefergehenden geistlichen Sinn: Petrus konnte bedenkenlos zu dem Hauptmann gehen, denn ein gläubiger Israelit der damaligen Zeit ging nicht in das Haus eines Heiden, aus Angst, sich zu verunreinigen. Grundsätzlich knüpft diese Vision an den alttestamentlichen Gedanken von Identität und Reinheit an.
Die Identität des Gottesvolkes und der Gedanke der Reinheit sind nun jedoch keinesfalls mehr an äußere Merkmale gebunden, sondern einzig und allein an Christus. Das Evangelium geht hinaus zu allen Völkern, und alle Völker werden, wie es der Prophet Jesaja vorausgesagt hat, das Heil unseres Gottes sehen.
Im Alten Testament war dieser missionarische Gedanke nicht vorhanden. Israel sollte nicht in alle Welt hinausgehen. Das hat sich nun geändert. Das neutestamentliche Gottesvolk und seine Identität aus allen Nationen ist nicht mehr ethnisch oder auf ein bestimmtes Volk bezogen, sondern geistlich in Christus.
Entsprechend ziehen sich Verse, die diesen Grundgedanken aufgreifen, durch das gesamte Neue Testament. So heißt es in Hebräer 13,9: „Das Herz werde fest, welches geschieht durch Gnade, nicht durch Speisegebote, von denen keine Nutzen haben, die damit umgehen.“ Mit anderen Worten: Die Einhaltung von Speisegeboten bringt nichts, weil Sinn, Ziel und Zweck erfüllt sind und sie keine Bedeutung mehr haben.
Im Römer 14,6 steht: „Wer isst, der isst dem Herrn, denn er dankt Gott; und wer nicht isst, der isst dem Herrn nicht und dankt Gott auch.“ In 1. Timotheus 4,4 heißt es: „Denn jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichts Verwerfliches, wenn es mit Danksagung genommen wird.“
An ganz verschiedenen Stellen im Neuen Testament zieht sich der Rückbezug auf das noachitische Urgebot, gerade auch beim Essen und Trinken, durch alle Schriften. In 1. Korinther 8,8 heißt es: „Speise aber macht uns nicht angenehm vor Gott; weder sind wir, wenn wir nicht essen, geringer, noch sind wir, wenn wir essen, besser.“
Die Äußerlichkeiten spielen keine Rolle. Vor allem die Speisevorschriften, die Kaschrut, sind keinesfalls heilsrelevant. In Hebräer 13,9 wird nochmals betont: „Lasst euch nicht durch mancherlei fremde Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade, nicht durch Speisegebote, von denen keine Nutzen haben, die damit umgehen.“
Die Gültigkeit der Speisegebote für Christen wurde mit Hinweis auf Markus 7,19 schließlich auch vom Konzil von Nicäa im Jahr 325 nach Christus aufgehoben – eines der bedeutendsten Konzile der alten Kirche.
Summa summarum: Der geistliche Sinn der Speisegebote ist in Christus vollständig erfüllt. Deshalb ist ihre Einhaltung für Christen, egal ob Judenchrist oder Christ aus den Nationen, nicht bindend.
Kommen wir nun zur Frage: Fleisch – ja oder nein? Ist es nicht eigentlich biblisch, sich vegetarisch zu ernähren, also ohne Fleisch? Auch dazu finden sich einige Hinweise in der Bibel.
Grundsätzlich kann man sagen, dass Fleischkonsum in der Bibel keineswegs verwerflich oder problematisch ist. Im Paradies war es tatsächlich so, dass alle Pflanzen zur Nahrung dienen sollten. Gott sagt dort: „Ich habe euch gegeben alle Pflanzen usw. zu eurer Speise.“ Die Frage, die immer wieder gestellt wird, lautet: Kann man daraus ableiten, dass Gott Vegetarismus von uns will? Dass das die einzige oder wesentliche gottgefällige Art der Nahrungsaufnahme sei?
Hier kommen wir wieder zum noachitischen Urgebot. Das hatte ich bereits erwähnt, möchte es nun aber noch einmal ganz allgemein im Blick auf die Frage nach dem Fleischgenuss zeigen. Dabei verweise ich auf Vers 3, in dem Gott ausdrücklich zu Noah sagt – und damit im Grunde zu allen Menschen: „Alles, was sich regt und lebt, sei eure Speise.“ Damit gibt Gott den Menschen tierische Nahrung ganz grundsätzlich frei. Allerdings mit der Einschränkung, dass kein Blutgenuss erlaubt ist.
In Apostelgeschichte 15,28-29 lesen wir außerdem, dass man sich von Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktem und Unzucht fernhalten soll. Wenn man sich davor bewahrt, tut man recht. Betrachtet man die Apostelgeschichte 15 insgesamt, wird deutlich, dass die genannten Punkte vor allem darauf abzielen, die Verunehrung Gottes zu verhindern. Götzenopfer zum Beispiel. Wenn jemand Götzen ein Opfer bringt – was auch im Alten Testament als Verstoß gegen das erste Gebot gilt – verunehrt das Gott.
Der Verzehr von Blut ist ein Verstoß gegen das noachitische Urgebot. Das gilt ebenso für Ersticktes, weil darin noch Blut enthalten ist. Unzucht steht für sexuelle Unmoral und ist ebenfalls ein Verstoß gegen göttliche Gebote. Im Grunde sind das alles Dinge, die sehr wesentlich sind und die, wenn sie praktiziert werden, Gott verunehren und seine Ehre beeinträchtigen.
Diese Gebote gelten auch für Gläubige aus den Heiden. Sie können nicht einfach so leben, wie sie wollen, und gleichzeitig anderen Göttern dienen. Das ist ausgeschlossen. Ebenso wenig dürfen sie ihre Sexualität beliebig ausleben. Hier gilt das Gebot „Du sollst die Ehe nicht brechen“ ganz generell. Sexualität ist exklusiv für die Beziehung eines Mannes mit einer Frau bestimmt.
Christen sollen also nicht Götzen opfern – ganz einfach. Dabei ist jedoch wichtig zu verstehen, dass es nicht das Fleisch vom Götzenopfer ist, das verboten ist. Paulus sagt im 1. Korinther 8, dass man Götzenopferfleisch essen darf. Die Götzen sind ja nur Einbildungen ohne Macht. Das Problem liegt nicht im Fleisch selbst, sondern im geistlichen, religiösen Gedanken dahinter – nämlich dem Opfern an Götzen.
Blut ist geheiligt und steht für das Leben. Gott ist der Schöpfer des Lebens, und deshalb darf Blut weder vergossen noch verzehrt werden. Kein unschuldiges Blut darf vergossen werden. Das heißt: Blut ist Gott allein vorbehalten. Das zeigt sich auch bei verschiedenen Opfern. Im Neuen Testament wird der Gedanke des Blutes besonders wichtig im Versöhnungsgedanken: Christus hat sein Blut für uns vergossen.
Beim Erstickten ist das Problem, dass es nicht ausgeblutet ist, sodass das eingedickte Blut noch enthalten ist. Unzucht ist ein Oberbegriff für sexuelle Sünden. Dazu gehören Sex vor der Ehe, außerehelicher Sex und alle Formen von Sexualität außerhalb der Schöpfungsordnung zwischen Mann und Frau. Unzucht verachtet und verunehrt den Schöpfer.
Ein vierter und letzter Gedankengang betrifft Essen und Trinken in Verbindung mit ethischer Verantwortung.
Nun kommen wir zu den Fragen, die uns heute beschäftigen: Massentierhaltung, Pestizide und all diese Themen.
Wir wollen uns ansehen, inwieweit wir aus der Schrift ethische Rahmenbedingungen für eine verantwortungsbewusste Ernährung erkennen können. Dabei geht es darum, diese Erkenntnisse für uns abzuleiten und als Orientierung fruchtbar zu machen.
Zunächst einmal zu den ethischen Rahmenbedingungen bei der Produktion. Ein großes ethisches und zugleich problematisches Themenfeld ist die Massentierhaltung. Dabei ist es nicht grundsätzlich problematisch, Ställe mit vielen Tieren zu haben. Das eigentliche Problem liegt vielmehr in der übertriebenen Massentierhaltung. So gibt es beispielsweise Situationen, in denen Schweine so eng zusammengepfercht sind, dass sie keinen Platz mehr haben. Sie stehen praktisch wie Sardinen in der Dose auf engstem Raum zusammen und laufen Gefahr, sich selbst zu verletzen oder sogar totzutreten. Ähnliche Zustände gibt es auch bei Hühnern.
Solche Missstände wurden in letzter Zeit immer wieder durch investigativen Journalismus aufgedeckt. Grundsätzlich kann man sagen, dass jede Form von Tierhaltung – egal welche – immer eine Einschränkung der natürlichen Freiheit des Lebewesens bedeutet. Sobald ein Tier domestiziert wird, ist es nicht mehr in freier Wildbahn, selbst wenn es auf einer Wiese läuft. Das gilt für Pferde und Pferdeliebhaber genauso wie für alle anderen domestizierten Tiere.
Domestiziert zu sein bedeutet, dass die Tiere in der Nähe von Menschen oder in Haushalten gehalten werden, aber eben nicht in freier Wildbahn leben. Die Frage ist, ob diese Haltung prinzipiell schädlich für die Tiere ist. Sicherlich gibt es Tierhaltungen oder auch Haustierhaltungen von Hunden, Katzen, Vögeln und anderen, bei denen man sagen könnte, dass sie nicht immer artgerecht sind.
Neulich bin ich mit dem Zug unterwegs gewesen und habe eine erstaunliche Situation beobachtet: Eine Frau kam mit einem Kinderwagen, in dem sich kein Kind, sondern ein Hund befand. Für diese Frau schien der Hund offensichtlich eine Art Kindersatz zu sein. Das wirkte merkwürdig, und man fragt sich, ob die Haltung dieses Hundes zu Hause tatsächlich immer und in jeder Hinsicht artgerecht ist.
Es geht immer darum, die Haltung so zu gestalten, dass das Tier, auch wenn es nicht in freier Wildbahn lebt, möglichst nahe an einem artgerechten Umfeld gehalten wird – also eine artgerechte Tierhaltung. Daraus folgt, dass wirtschaftliche Tierhaltung keinesfalls per se verwerflich ist. Unethisch und verwerflich sind jedoch ganz eindeutig Haltungsformen, die die natürlich geschöpflichen Gegebenheiten missachten. Dabei geht es um die Rahmenbedingungen, in denen sich das Leben der Tiere natürlicherweise bewegt.
Tiere sind Geschöpfe Gottes. Wir dürfen sie nutzen, aber sie haben auch geschöpfliche Rahmenbedingungen, die es zu respektieren gilt. Wenn diese natürlichen Rahmenbedingungen wesentlich missachtet werden und dadurch Schmerzen oder Quälereien verursacht werden, dann entspricht das nicht dem Schöpfungsgedanken Gottes – weder für die Tiere noch für die gesamte Schöpfung.
Tierquälerei oder auch die Massentierhaltung sind deshalb unethisch, wenn sie zu starkem Leidensdruck führen. Wirtschaftliche Tierhaltung ist nicht per se verwerflich, aber wenn die Haltung so gestaltet ist, dass Tiere leiden und Tierquälerei verursacht wird, dann ist das eindeutig ethisch nicht vertretbar.
Ein weiteres Problem sehe ich beim Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Ähnlich wie bei Nutzpflanzen werden hier oft Pestizide, hohe Medikamentendosen und Antibiotika eingesetzt. Befürworter argumentieren, dass dies notwendig sei, um Ernteerträge zu sichern und bei hoher Bevölkerungsdichte die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Ein weiterer Punkt, der von Befürwortern ins Feld geführt wird, ist, dass Menschen mit geringem Einkommen durch günstige Preise überhaupt Fleisch konsumieren können. Demgegenüber stehen die Argumente der Gegner, die von Gewinnmaximierung auf Kosten der allgemeinen Gesundheit sprechen – ein wichtiger Aspekt, der bedacht werden muss.
Wenn man sich vorstellt, dass im Fleisch Antibiotika-Rückstände enthalten sind, die den Tieren zuvor verabreicht wurden, dann besteht die Gefahr, dass beim Menschen Resistenzen gegen bestimmte Krankheiten und Keime entstehen. Fachleute warnen deshalb vor dem starken Einsatz von Antibiotika in der Viehwirtschaft. Ebenso wird auf mögliche unabsehbare Langzeitschäden für Mensch und Natur hingewiesen.
So stehen sich zwei Seiten gegenüber: auf der einen Seite die Sicherung der Ernteerträge, Versorgungssicherheit und günstige Lebensmittel; auf der anderen Seite die Frage, wie weit diese Maßnahmen gehen dürfen und zu welchem Preis sie erfolgen.
Eine weitere Problemanzeige betrifft die Arbeitsbedingungen in der Lebensmittelproduktion. In letzter Zeit sind immer wieder Skandale an die Öffentlichkeit gekommen, die unwürdige und menschenverachtende Produktionsbedingungen in manchen Ländern aufzeigen. Beispiele sind der Bananenanbau, Kakao- und Kakaobutterproduktion sowie andere Agrarprodukte.
Dort gibt es Kinderarbeit, sklavenartige Arbeitsbedingungen und die Entrechtung der Arbeiter. Solche Missstände finden sich nicht nur in Katar, sondern an vielen Orten weltweit in der Nahrungsproduktion und Landwirtschaft. Häufig gibt es keinen Arbeitsschutz, und die Arbeitsbedingungen sind äußerst problematisch.
Die Frage, was wir tun können oder sollen, möchte ich anhand einiger Aspekte einer biblischen Konsumethik beleuchten. Wie können wir uns verhalten? Woran können wir uns orientieren, wenn wir nach ethischen Leitlinien fragen?
Zunächst möchte ich auf das ethische Dilemma hinweisen, dem wir nie entkommen. Es gibt keine absolut gute Landwirtschaft im Sinne des Absolut Guten, die frei von allen denkbaren Defiziten ist. Diese Welt ist eine gefallene Welt. Das zeigt sich auch in Bezug auf Nahrungsaufnahme, Tierhaltung und Ernährung. Der Acker trägt Dornen und Disteln, und wir werden unser Brot im Schweiße unseres Angesichts essen müssen.
Man spricht hier von der Zwiespältigkeit der Sündenstrukturen. Ein landwirtschaftlicher Segen, etwa dass viele Menschen ernährt werden können und die Dinge preisgünstig sind, wird immer mit einem Fluch erkauft. Ebenso wird jeder technische Segen durch einen technischen Fluch begleitet. Das ist das Dilemma.
Dieses Problem wird durch die rasch wachsende Weltbevölkerung noch verschärft. Wir leben nicht mehr im Paradies und müssen versuchen, die Dinge so gut wie möglich zu gestalten. Zu glauben, wir könnten diesem Dilemma entkommen und im Bereich Ernährung oder Nahrungsmittelproduktion paradiesische Zustände herstellen, halte ich für eine Utopie.
Überleben in der gefallenen Welt ist für den Menschen ohne Eingriff in die Natur, ohne Beeinflussung und durchaus auch ohne negative Auswirkungen oft nicht möglich. Das ist schwer zu akzeptieren, aber es nützt nichts.
Ein ähnliches Beispiel sind Elektroautos. Man sagt, das Heil liege im Elektroauto, und so könne man den Klimawandel überwinden. Doch auch hier verlagert sich das Problem nur. Es gibt etwa die Problematik der Arbeitsbedingungen der Menschen, die die Rohstoffe für Batterien abbauen – Kobalt, Lithium und andere. Diese Arbeitsbedingungen sind mitunter katastrophal.
Fachleute weisen zudem darauf hin, dass der energetische Mehrwert einer Elektrobatterie gegenüber einem Verbrennungsmotor erst nach etwa zehn Jahren beginnt. Ich bin kein Ingenieur und kann das nicht abschließend beurteilen, aber diese verschiedenen Stimmen zeigen, dass auch das Elektroauto nicht die absolute Lösung für die künftige Mobilität ist.
Hinzu kommt, dass die Batterie am Ende ihrer Lebensdauer noch entsorgt werden muss. Dieses Thema begegnet uns im Grunde auch im gesamten Bereich der Ernährung: das ethische Dilemma.
Jeder technische Segen, jede Wohlfahrt und Komfortsteigerung, die wir der Natur abringen, wird durch einen Fluch erkauft. Das sind die Dornen und Disteln unserer Existenz, denen wir nicht entkommen können.
Ansätze für ethisch verantwortungsvollen Konsum ...
Insbesondere im Hinblick auf Lebensmittel stellt sich die Frage: Mit welcher Einstellung sollten wir essen und trinken? Ich möchte einige Gedanken teilen und Anregungen geben, die ich in der Schrift finde.
Zunächst einmal ist da ganz grundsätzlich die Bereitschaft zum Teilen und Abgeben. Es heißt: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend und ohne Obdach sind, führe ins Haus. Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut.“ Dieser grundsätzliche Gedanke zeigt, dass die Dinge, die mir gegeben sind, mit Verantwortung verbunden sind. Wenn ich viel habe und ein anderer wenig oder zu wenig, gilt das Teilen als ein wesentlicher Wert. Die Frage, ob ich zum Teilen bereit bin, muss sich jeder selbst stellen.
Vielleicht kennen wir die Situation nicht, dass vor einem Geschäft jemand sitzt und bettelt. Gibt man dem Geld oder nicht? Jeder wird hier seinen eigenen Weg finden müssen. Ich persönlich bin dazu übergegangen, solchen Menschen etwas zu essen zu kaufen. Manche sagen, sie wollen das Geld nur für Alkohol ausgeben, und das mag sein. Aber ich habe für mich entschieden, wenn ich jemandem etwas geben möchte, dann kaufe ich ihm ein belegtes Brot oder etwas zu essen.
Eine andere Möglichkeit ist, an Hilfsorganisationen zu spenden, die anderen Menschen helfen. So ermöglicht man ihnen durch Zuwendungen Unterstützung. Das, was in der Bibel Almosen genannt wird, nennen wir heute Spenden. Die Wege sind in unserer Kultur andere, aber das Grundprinzip bleibt bestehen: die Möglichkeit, etwas Gutes für bedürftige Menschen zu tun. Das gilt nicht nur für die gegenwärtige Situation in der Ukraine, die sehr präsent in unseren Medien ist, sondern auch für viele andere Orte auf der Welt.
Ein weiterer Wert im Blick auf unseren Konsum ist Genügsamkeit. Sie steht im Gegensatz zu verschwenderischem Umgang oder Prassen. Genuss ist selbstverständlich erlaubt und wichtig, aber er wird in ein schönes geistliches Licht gestellt, wenn er mit Genügsamkeit verbunden ist. So heißt es in Lukas 15,13: „Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen, zog in ein fernes Land und brachte dort sein Erbteil durch.“ Das ist ein Beispiel für Prassen und Verschwendung.
Auch Judas 1,12 beschreibt Menschen als „Schandflecken bei euren Liebesmalen, prassen ohne Scheu, weiden sich selbst, sie sind Wolken ohne Wasser, vom Wind umhergetrieben, kahle, unfruchtbare Bäume.“ Diese Selbstbezogenheit, das egozentrische Raffen und die Raffgier stehen im Gegensatz zu einem verantwortungsvollen Umgang. Teilen mit anderen, etwas Gutes genießen, Schönes und Qualität schätzen – all das ist gut. Aber wenn es immer nur um mich geht oder um Verschwendung, ist das problematisch.
Ich finde es sehr schlimm, wie viele Tonnen an Lebensmitteln nicht nur jedes Jahr, sondern im Grunde genommen jeden Tag vernichtet werden – durch Verschwendung. Damit kommen wir zum nächsten Punkt: der verschwenderische Umgang und die bedenkenlose Wegwerfmentalität. Es ist wichtig, nicht mehr einzukaufen, als man verbraucht. Oft kauft man Dinge, denkt, man könnte sie nächste Woche verwenden, doch dann sind sie schlecht und werden weggeworfen.
Auch beim Essen sollte man sich nicht mehr auftun, als man essen kann. Ich war einmal auf Reisen in einem Hotel, als eine Touristengruppe ankam. Am nächsten Morgen stürzten sie sich auf das Buffet und packten ihre Teller riesig voll. Ich dachte: „Wow, die haben guten Appetit!“ Doch das Ende vom Lied war, dass sie nur einen Bruchteil dessen aßen, was sie sich aufgeladen hatten. Das Personal warf die Berge an Lebensmitteln in den Müll. Das hat mir persönlich sehr wehgetan. Das ist Prassen, Verschwendung und hat nichts mit Nachhaltigkeit oder Verantwortung zu tun.
Daher gilt: Sich nicht mehr auftun, als man essen kann – egal, ob im Hotel oder anderswo. Maßhalten, Ausgewogenheit in der Ernährung und Genügsamkeit sind wichtige biblische Werte. Ein weiterer Wert ist Nachhaltigkeit und Sparsamkeit. Sparsamkeit ist eine Tugend, aber Billigpreise sind nicht automatisch ein Wert. Ein niedriger Preis ist kein Wert an sich, sondern es geht um Qualität, Nachhaltigkeit, Genügsamkeit und Maßhalten.
Gleichzeitig ist Genuss erlaubt. Man darf sich auch mal etwas Gutes gönnen, wenn man es sich leisten kann. Das kann auch mal ein paar Euro mehr kosten und ist keineswegs verwerflich. Dabei sollte man aber dankbar sein und bewusst konsumieren. Nachhaltigkeit bedeutet auch, nach Regionalität, Qualität und Ökosiegeln zu fragen. Mittlerweile sind Ökoprodukte in Discountern oft gut erhältlich und nicht wesentlich teurer.
Natürlich kann nicht jeder seine Familieneinkäufe jeden Tag im Bio-Supermarkt erledigen – das können sich viele gar nicht leisten. Aber vielleicht kann man überlegen, wo man im Kleinen anfangen kann. Sparsamkeit ist gut, aber mit den richtigen Prioritäten. Gönne ich meinem Hobby oder meinem Auto mehr als meinem Körper? Das ist eine andere wichtige Frage.
Täglich zu McDonald’s zu gehen, ist sicherlich nicht die beste Idee für Körper und Gesundheit. Je naturnaher und naturbelassener die Lebensmittel sind, desto besser. So, wie Gott die Dinge geschaffen hat, sind sie am besten. Je mehr ein Lebensmittel verfälscht, verändert oder behandelt ist, desto ungünstiger ist das. Darauf weisen Fachleute immer wieder hin.
Ein gutes Beispiel ist Zucker: Zucker ist kein Teufelszeug, aber es kommt auf die Verhältnismäßigkeit an. Fruchtzucker im Apfel ist deutlich gesünder als verarbeiteter Zucker. Wenn ich einen Apfel esse, ist das besser, als wenn ich Zucker in verarbeiteter Form konsumiere.
Wir sollten das Essen aber niemals vergöttern. Es geht nicht nur um das richtige Essen, sondern das Reich Gottes steht darüber. Interessant ist die Hochkonjunktur der Kochsendungen. Gelegentlich schaue ich solche Sendungen auch gern und probiere Rezepte aus. Das finde ich interessant, aber für mich hat das keine Priorität. Lieber schaue ich Informationssendungen, die sich mit tagesaktuellen gesellschaftlichen Themen befassen.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir keinen Anstoß geben sollen. Es heißt: „Darum lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und der Erbauung untereinander.“ Zerstöre nicht um der Speise willen Gottes Werk. Es ist zwar alles rein, aber nicht alles ist gut für den, der es mit schlechtem Gewissen isst. Es ist besser, kein Fleisch zu essen, keinen Wein zu trinken und nichts zu tun, woran sich dein Bruder stößt. Auch das ist eine gute biblische Leitlinie an dieser Stelle.
Zum Schluss noch die Frage: Gibt es dämonisierte Lebensmittel? Wie sieht es aus mit Lebensmitteln, die aus dem Biobereich stammen, insbesondere biodynamisch, wie Lederprodukte und Ähnliches? Zum Beispiel Demeter-Produkte, um mal diese anthroposophisch ausgerichteten Dinge zu nennen. Sicherlich gibt es noch andere ähnliche Dinge.
Wenn diese Lebensmittel unter bestimmten esoterischen Rahmenbedingungen angebaut wurden, wie ist das dann? Darf ich sie essen oder nicht? Hier möchte ich auf 1. Korinther 8 verweisen. Dort haben wir ein ganz ähnliches Problem, allerdings in einer anderen Kultur mit einer anderen Kulturausrichtung, nämlich dem Götzenopferfleisch.
Dort heißt es: Was nun das Essen von Götzenopferfleisch angeht, so wissen wir, dass es keinen Götzen gibt und keinen Gott außer dem einen, nur einem Gott, durch den alle Dinge sind. Entscheidend an dieser Frage ist das Gewissen. Weil die Menschen bisher an die Götzen gewöhnt waren, essen sie das Fleisch als Götzenopfer, und ihr Gewissen wird dadurch befleckt, sagt Paulus.
Deshalb lautet die Weisung, dass man dem Schwachen nicht zum Anstoß werden sollte. Das gilt auch beim Alkoholkonsum. Wenn ich weiß, dass jemand ein trockener Alkoholiker ist, verzichte ich aus Rücksicht auf ihn. Ich kann also auch verzichten, um des anderen Willen.
Im Übrigen werden Dämonen nicht mit der Nahrung aufgenommen. Angenommen, ich habe jetzt eine Kartoffel, die unter esoterisch-okkulten Bedingungen angebaut wurde. Wenn ich diese Kartoffel ernte und koche – angenommen, da wäre tatsächlich ein Dämon daran oder sie wäre dämonisch belastet – was passiert dann mit dem Dämon?
Das ist doch eine spannende Frage. Wird der Dämon mitgekocht? Das ist eine absurde Vorstellung. Oder lässt der Dämon die Kartoffel so lange los und wartet gewissermaßen über dem Herd, bis die Kartoffel gar ist, um sie dann wieder zu besetzen und so mit der Kartoffel in mich hineinzukommen?
Das sind doch alles absurde und abstruse Gedanken. Dämonen werden nicht mit der Nahrung aufgenommen. Die Erde ist des Herrn und was darin ist, so lesen wir in Psalm 24. Die Kartoffel gehört zur Schöpfung Gottes. Sie gehört nicht dem Teufel und ist nicht von Dämonen besetzt. Deshalb brauchen wir uns darüber keine Sorgen zu machen.
Das eigentliche Problem beim Götzenopferfleisch ist der Aberglaube. Das ist das Problem: der Götzendienst und was ich gedanklich damit verbinde als Verstoß gegen das erste Gebot: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Darum geht es. Es geht um die geistliche Dimension, aber nicht um die Kartoffel.
Die Kartoffel kann ich essen. Deswegen kannst du auch einen Tee von Veleda trinken, das ist überhaupt kein Problem. Wo ist denn da das Problem? Der Tee ist der Tee, und die Blätter hat Gott geschaffen. Sie gehören zur Schöpfung Gottes, weil die Erde des Herrn ist und was darin ist.
Dankbar nehmen wir alle guten Gaben von Gott an. Alles kommt von Gott, von oben herab, vom Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel von Licht und Finsternis, sagt Gott.
Dank dem Vater allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Damit möchte ich schließen.
Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wenn Sie unsere Arbeit vom BSK unterstützen wollen, lade ich Sie sehr herzlich ein. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie uns in dieser Weihnachtszeit mit einer kleinen Spende und Zuwendung bedenken würden.
Ganz herzlichen Dank im Voraus dafür. Alles Gute, eine gesegnete Weihnachtszeit und Gottes Segen! Auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal!